PEG-Sonde Ja oder Nein? - Caritasklinik St. Theresia
PEG-Sonde Ja oder Nein? - Caritasklinik St. Theresia
PEG-Sonde Ja oder Nein? - Caritasklinik St. Theresia
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Bei bestimmten Erkrankungen, die eine künstliche Ernährung<br />
erforderlich machen, ist dies aber nicht <strong>oder</strong> nur eingeschränkt<br />
möglich.<br />
Das bedeutet für den Patienten zusätzlich zu seiner Erkrankung<br />
eine weitere schwerwiegende Einschränkung der Lebensqualität.<br />
Ob eine <strong>PEG</strong> medizinisch indiziert ist, hängt ab vom angestrebten<br />
Behandlungsziel und davon, ob die <strong>PEG</strong> zur Erreichung<br />
dieses Ziels beitragen kann.<br />
Mögliche Behandlungsziele im Zusammenhang mit der <strong>PEG</strong><br />
sind Sicherung des Überlebens und Verbesserung der Lebensqualität.<br />
Das Behandlungsziel wird festgelegt vom behandelnden Arzt<br />
und vom Patienten <strong>oder</strong> seinem gesetzlichen Vertreter.<br />
Im Falle der Einwilligungsunfähigkeit spielen vorausgegangene<br />
Äußerungen des Patienten, seine religiösen Überzeugungen<br />
und seine persönlichen Wertvorstellungen eine Rolle.<br />
Die Durchführung einer künstlichen Ernährung durch eine <strong>PEG</strong><br />
gegen den erklärten <strong>oder</strong> mutmaßlichen Willen des Patienten<br />
ist als Körperverletzung einzustufen, die auch nicht mit dem<br />
Hinweis auf die Pflicht, Leben zu erhalten, zu schützen und<br />
zu pflegen gerechtfertigt werden kann.<br />
Checkliste Entscheidung <strong>PEG</strong>:<br />
Folgende Fragen könnten für eine Entscheidung hilfreich<br />
sein:<br />
• Was ist individuell für den Patienten am besten, was hätte er<br />
gewollt?<br />
• Welche Möglichkeiten werden dem Patienten durch Legen einer<br />
<strong>PEG</strong> eröffnet? (Teilnahme am Leben?)<br />
• Warum verweigert ein/e PatientIn die Nahrung? ( Körperliche<br />
Ursachen, Abneigung gegen bestimmtes Essen, Fortschreiten<br />
der Krankheit)<br />
• Welche Nebenwirkungen könnte die <strong>PEG</strong> für den Patienten haben?<br />
• Welche langfristigen Folgen gibt es?<br />
• Ist die <strong>PEG</strong> eine vorübergehende Maßnahme, kann durch ein<br />
regelmäßiges Schlucktraining wieder eine Nahrungsaufnahme<br />
auf natürlichem Weg ermöglicht werden?<br />
• Wie könnte die Situation in ein paar Monaten / in einem <strong>Ja</strong>hr aussehen?<br />
• Ist der zu erwartende Nutzen für den Patienten höher als die<br />
Einschränkung an Lebensqualität? (z.B. wenn auf Grund des Geisteszustandes<br />
eine Fixierung <strong>oder</strong> medikamentöse Ruhigstellung<br />
erforderlich wird)<br />
• Ab wann ist die Belastung dem Patienten nicht mehr zumutbar?<br />
• Ab welchem Zeitpunkt bedeutet eine Lebensverlängerung nur<br />
mehr eine Verlängerung des Leidens?<br />
• Wer hat sonst ein Interesse daran?<br />
Am besten ist es, wenn die Entscheidung für <strong>oder</strong> gegen eine<br />
<strong>PEG</strong> von allen Beteiligten gemeinsam und im Konsens getroffen<br />
wird.<br />
cts<br />
Caritas Trägergesellschaft<br />
Saarbrücken mbH<br />
christlichen Auftrag und professionelles<br />
Management miteinander vereint und eine<br />
breite Palette von sozialen Aufgaben<br />
erbringt in:<br />
Krankenhäusern<br />
Rehabilitations-/Kureinrichtungen<br />
Jugendhilfeeinrichtungen<br />
Seniorenzentren<br />
Kindertagesstätten<br />
(Fach-) Schulen<br />
Bildungseinrichtungen<br />
Sie sind in guten HändenEin caritatives Unternehmen, das<br />
Herausgeber:<br />
Klinisches Ethikkomitee<br />
der <strong>Caritasklinik</strong> <strong>St</strong>. <strong>Theresia</strong><br />
Saarbrücken<br />
und des<br />
Krankenhauses <strong>St</strong>. Josef<br />
Saarbrücken-Dudweiler<br />
Juli 2007<br />
Weitere Informationen zum<br />
Klinischen Ethik-Komitee<br />
erhalten Sie unter:<br />
www.caritasklinik.de<br />
und<br />
www.krankenhaus-dudweiler.de<br />
Caritas Trägergesellschaft<br />
Saarbrücken mbH<br />
Klinisches Ethik–Komitee<br />
der <strong>Caritasklinik</strong> <strong>St</strong>. <strong>Theresia</strong><br />
Saarbrücken<br />
und des<br />
Krankenhauses <strong>St</strong>. Josef<br />
Saarbrücken-Dudweiler<br />
Sie sind in guten Händen cts<br />
<strong>PEG</strong>-<strong>Sonde</strong> <strong>Ja</strong> <strong>oder</strong> <strong>Nein</strong>?<br />
Entscheidungshilfe in<br />
schwierigen Situationen
<strong>PEG</strong>-<strong>Sonde</strong> <strong>Ja</strong> <strong>oder</strong> <strong>Nein</strong>?<br />
cts<br />
<strong>Caritasklinik</strong> <strong>St</strong>. <strong>Theresia</strong><br />
Saarbrücken<br />
Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität des Saarlandes<br />
Liebe MitarbeiterInnen,<br />
liebe PatientInnen und Angehörige<br />
Hilde S. wird ins Krankenhaus eingewiesen. Die 87-Jährige<br />
leidet an Demenz. Sie ist schwer pflegebedürftig und<br />
sehr in sich zurückgezogen. Sie nimmt keinen von außen<br />
wahrnehmbaren Anteil mehr am Leben. In ihrem häuslichen<br />
Pflegebereich kann sie nicht mehr ausreichend Nahrung<br />
und Flüssigkeit zu sich nehmen. Nun soll im Krankenhaus<br />
eine <strong>PEG</strong> gelegt werden.<br />
Die Anfang der 80er <strong>Ja</strong>hre eingeführte Technik der perkutanen<br />
endoskopischen Gastrostomie (<strong>PEG</strong>), eine durch<br />
die Bauchdecke in den Magen <strong>oder</strong> Darm eingeführte<br />
<strong>Sonde</strong>, ermöglicht den breiten und langfristigen Einsatz<br />
von künstlicher Ernährung. Jährlich werden in Deutschland<br />
etwa 140 000 <strong>PEG</strong>- <strong>Sonde</strong>n gelegt, über 70 % bei<br />
Heimbewohnern, davon 50 % bei psychisch Kranken, vor<br />
allem bei demenzkranken Patienten.<br />
Oft sind die Patienten nicht fähig, ihren Willen mitzuteilen.<br />
Im Krankenhaus ruft die Entscheidung für eine <strong>PEG</strong><br />
in einigen Fällen ein ungutes Gefühl hervor: Unsicherheit,<br />
ob es die richtige Entscheidung ist; manchmal ist<br />
es auch eine einsam getroffene Entscheidung mit „Bauchweh“,<br />
jedenfalls keine Entscheidung, bei der alle Beteiligten<br />
ein gutes Gefühl haben.<br />
Ein sorgfältiges Abwägen vor dem Legen einer <strong>PEG</strong> ist<br />
notwendig, weil es ethisch und juristisch schwierig sein<br />
kann, eine enterale Ernährung bei liegender <strong>PEG</strong>- <strong>Sonde</strong><br />
zu beenden.<br />
Das Ethikkomitee hat unter Mitwirkung verschiedener<br />
Berufsgruppen und Disziplinen diese Handreichung erstellt.<br />
Sie will mit dazu beitragen, in schwierigen Situationen<br />
durch offene Gespräche zu einer für alle Beteiligten (Patient,<br />
Arzt, Team, Angehörige) guten Entscheidung zu kommen,<br />
indem sie das Thema <strong>PEG</strong> aus unterschiedlichen Perspektiven<br />
beleuchtet.<br />
Wenn eine Entscheidung mit einem „unguten“ Gefühl einhergeht,<br />
haben Sie die Möglichkeit das Ethikkomitee anzufragen.<br />
1. Was versteht man unter einer <strong>PEG</strong> ?<br />
Der Begriff <strong>PEG</strong> steht für perkutane endoskopische Gastrostomie.<br />
Durch die Bauchdecke (perkutan) wird unter Einsatz eines<br />
Untersuchungsgerätes, das zur Spiegeluntersuchung des<br />
Magens eingeführt wird (Endoskop), eine Ernährungsfistel<br />
(Gastrostomie) angelegt.<br />
Dieser Zugang dient der Ernährung sowie der Flüssigkeitszufuhr,<br />
ggf. auch der Verabreichung von Medikamenten.<br />
Die Anlage erfolgt unter örtlicher Betäubung der Punktionsstelle<br />
am Bauch sowie zusätzlich einer leichten Sedierung<br />
(Beruhigungsspritze).<br />
Die <strong>Sonde</strong> wird mit Hilfe eines Gastroskops (Gerät zur Magenspiegelung)<br />
durch die vordere Bauchwand gelegt.<br />
Spezielle innere und äußere Halteplatten verhindern später<br />
das Verrutschen der <strong>Sonde</strong>.<br />
Die <strong>PEG</strong>-<strong>Sonde</strong> kann unsichtbar unter der Kleidung getragen<br />
werden und schränkt die Beweglichkeit des Patienten nicht ein.<br />
Die normale Nahrungsaufnahme ist trotz Ernährungssonde<br />
möglich.<br />
Die <strong>PEG</strong>-<strong>Sonde</strong> kann jederzeit gastroskopisch entfernt werden.<br />
2. Mögliche Indikationen für die Anlage<br />
2. einer. <strong>PEG</strong>- <strong>Sonde</strong>*<br />
2.1 Onkologische Erkrankungen: z.B.<br />
<strong>St</strong>enosierende HNO Tumoren<br />
<strong>St</strong>enosierende Tumoren des Oesophagus (Speiseröhre)<br />
Im Einzelfall bei <strong>St</strong>rahlen- und/<strong>oder</strong> Chemotherapie mit<br />
Gewichtsverlust<br />
2.2 Neurologische Erkrankungen: Entweder als<br />
direkt neurogene Schluckstörung <strong>oder</strong> im<br />
Rahmen von Vigilanzstörungen <strong>oder</strong> Psychosyndromen<br />
Schlaganfall, je nach Schweregrad<br />
Schädel-Hirn-Trauma<br />
Apallisches Syndrom<br />
Akut und chronisch entzündliche ZNS-Erkrankungen (z.B.<br />
Encephalitis, MS)<br />
Degenerative ZNS Erkrankungen (z.B. ALS, Bulbärparalyse,<br />
Demenz ?)<br />
2.3 Sonstige Erkrankungen<br />
Wasting bei AIDS<br />
Rekonstruktive Gesichtschirurgie<br />
Prolongiertes Koma<br />
Polytrauma<br />
Hohes Querschnittsyndrom<br />
Chronische Magen- Darm- <strong>St</strong>enose <strong>oder</strong> Ileus (palliativ als<br />
Ableitung)<br />
Muskelerkrankungen, z.B. Muskeldystrophie auch bei Kindern<br />
2.4 Prinzipiell reversible Schluckstörungen <strong>oder</strong><br />
-behinderungen<br />
(in der Leitlinie der DGVS nicht genannt)<br />
Entzündliche, bestrahlungsbedingte <strong>oder</strong> postoperative<br />
mechanische Schluckbehinderung im HNO Bereich.<br />
Entzündliche, bestrahlungsbedingte <strong>oder</strong> postoperative<br />
mechanische Schluckbehinderung im Oesophagus (Speiseröhre).<br />
* Orientiert an den Richtlinien der DGVS (Deutsche Gesellschaft<br />
für Verdauungs- und <strong>St</strong>offwechselerkrankungen).<br />
3. Juristische Aspekte<br />
Das Legen einer <strong>PEG</strong> bedarf wie jede ärztliche Maßnahme<br />
der medizinischen Indikation und der Einwilligung des Patienten<br />
<strong>oder</strong> dessen gesetzlichen Vertreters nach vorausgegangener<br />
ausführlicher Aufklärung.<br />
Einwilligungsfähigkeit bedeutet nach deutschem Recht, dass<br />
der Patient die nötige „Einsichts- und <strong>St</strong>euerungsfähigkeit“<br />
hat, d.h. in der Lage ist, Folgen und Tragweite seiner Entscheidung<br />
geistig zu erfassen und seinen Willen nach dieser<br />
Einsicht zu bestimmen.<br />
Ist der Patient nicht einwilligungsfähig, ist grundsätzlich sein<br />
mutmaßlicher Wille durch den Arzt zu eruieren. Dazu können<br />
cts<br />
Krankenhaus <strong>St</strong>. Josef<br />
Saarbrücken-Dudweiler<br />
Angehörige befragt werden. Angehörige können aber<br />
nicht für den Patienten entscheiden.<br />
Liegt eine Patientenverfügung vor, ist der dort geäußerte<br />
Wille zu berücksichtigen, wenn er auf die vorliegende<br />
Situation zutrifft. Eine gesetzliche Regelung<br />
der Patientenverfügung besteht zur Zeit noch nicht.<br />
Wenn davon auszugehen ist, dass keine Einwilligungsfähigkeit<br />
vorliegt, ist, soweit kein Bevollmächtigter<br />
benannt ist, ein Betreuer durch das Vormundschaftsgericht<br />
zu bestellen, der stellvertretend für den<br />
Patienten entscheidet.<br />
Das Legen einer <strong>PEG</strong> ist eine in die Körperintegrität<br />
eingreifende ärztliche Maßnahme. Der Patient bzw.<br />
sein gesetzlicher Vertreter ist über Wesen, Bedeutung<br />
und Tragweite der Maßnahme einschließlich möglicher<br />
Komplikationen und Risiken aufzuklären. Die<br />
Aufklärung muss alternative Behandlungsmöglichkeiten<br />
(d.h. alternative Ernährungswege wie peripherer<br />
und zentraler venöser Zugang, Port, naso-gastrale<br />
Ernährungssonde) einschließlich des Verzichtes auf<br />
<strong>Sonde</strong>nernährung und dessen Folgen umfassen.<br />
Patient, Betreuer <strong>oder</strong> Bevollmächtigter, die vor der<br />
Entscheidung für <strong>oder</strong> gegen eine <strong>PEG</strong> stehen, sollen<br />
diese in Ruhe (Bedenkzeit) und ohne Druckausübung<br />
treffen können.<br />
Auch der nichteinwilligungsfähige Patient ist seinem<br />
Auffassungsvermögen gemäß über die geplanten Maßnahmen<br />
zu informieren.<br />
4. Ethische Aspekte zur künstlichen<br />
4. Ernährung und <strong>PEG</strong><br />
Gesunde Menschen können aus dem großen Angebot<br />
von Nahrungsmitteln wählen und sich ihrem persönlichen<br />
Geschmack entsprechend ernähren.<br />
Sie haben auch die Möglichkeit zur Teilnahme an den<br />
vielfältigen Formen des Soziallebens, die mit Essen<br />
und Trinken einhergehen.<br />
Dieses Recht haben auch kranke, alte und pflegebedürftige<br />
Menschen.