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Unfall in der Führanlage

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Rechts-<br />

<strong>Unfall</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Führanlage</strong><br />

Haftet <strong>der</strong> Stallbesitzer; wenn sich das Pensionspferd <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Führanlage</strong> verletzt?<br />

Zum Service vieler Pferde-Pensionsställe<br />

gehört seit langer Zeit e<strong>in</strong>e <strong>Führanlage</strong>.<br />

Dass die Nutzung nicht ganz ungefährlich<br />

ist, weiß eigentlichje<strong>der</strong> Pferdehalter. Zwar<br />

s<strong>in</strong>d schwerwiegende Verletzungen bei<br />

Pferden <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Führanlage</strong> eher selten, im<br />

Schadensfall aber wird regelmäßig <strong>der</strong><br />

Stall<strong>in</strong>haber zur Verantwortung gezogen_<br />

Die Erfahrung, für die Folgen von <strong>in</strong> <strong>der</strong> Führ-<br />

anlage se<strong>in</strong>es Pferde-Pensionsbetriebs erlitte-<br />

nen Verletzungen e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>gestellten Pferdes<br />

haften zu sollen, machte <strong>der</strong> Beklagte e<strong>in</strong>es<br />

beim Landgericht Saarbrücken geführten<br />

Rechtsstreites. Er bot gegen e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ges Ent-<br />

gelt die Nutzung <strong>der</strong> <strong>Führanlage</strong> an, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

gleichzeitig vier Pferde auf e<strong>in</strong>er Kreisbahn be-<br />

wegt werden konnten. Die "Abteile" für die<br />

Pferde wurden getrennt durch e<strong>in</strong> aus Metall-<br />

draht gefertigtem Gitter mit e<strong>in</strong>em Stahlrohr-<br />

rahmen. Das Pferd <strong>der</strong> Kläger<strong>in</strong> hatte durch<br />

dieses Gitter geschlagen und sich dadurch<br />

schwer wiegende Verletzungen zugezogen. Sie<br />

verlangte vom Stall<strong>in</strong>haber Ersatz <strong>der</strong> Tierarzt-<br />

kosten mit <strong>der</strong> Begründung, die Konstruktion<br />

<strong>der</strong> <strong>Führanlage</strong> sei nicht ordnungsgemäß ge-<br />

wesen. Das Gitter, <strong>in</strong> welchem sich ihr Pferd<br />

mit e<strong>in</strong>er H<strong>in</strong>tergliedmaße verfangen hatte,<br />

98 Rj 10/11<br />

habe schon vor dem <strong>Unfall</strong> Beschädigungen<br />

aufgewiesen. Sie selbst habe die Unsicherheit<br />

und Gefährlichkeit <strong>der</strong> Anlage nicht erkennen<br />

können, während <strong>der</strong> Stall<strong>in</strong>haber grob fahr-<br />

lässig den Schaden verursacht habe.<br />

Dem hielt <strong>der</strong> Stallbetreiber entgegen, dass die<br />

Gitter <strong>der</strong> <strong>Führanlage</strong> üblichen Beanspruchun-<br />

gen durchaus standhielten. Es sei nie e<strong>in</strong> ande-<br />

res Pferd zu Schaden gekommen. Die Stute <strong>der</strong><br />

Kläger<strong>in</strong> sei zu wenig bewegt worden, habe zu-<br />

dem die notorische Unart gehabt, auszuschla-<br />

gen.<br />

In dem Fall kam h<strong>in</strong>zu, dass nach Angaben des<br />

Beklagten <strong>der</strong> Kläger<strong>in</strong> untersagt worden war,<br />

die <strong>Führanlage</strong> zu nutzen wegen des auffälli-<br />

gen Verhaltens ihrer Stute.<br />

Das Urteil des Landgerichts<br />

Das Landgericht (LG)sah sich zunächst e<strong>in</strong>mal<br />

veranlasst, den Sachverhalt aufzuklären. Es<br />

hatte allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong> Gutachten dazu e<strong>in</strong>geholt,<br />

ob nun die <strong>Führanlage</strong> technisch dem neu esten<br />

Stand entsprochen hatte. Vielmehr wurden Zeu-<br />

gen zu <strong>der</strong> Frage gehört, ob <strong>der</strong> Kläger<strong>in</strong> tat-<br />

sächlich die Nutzung <strong>der</strong> <strong>Führanlage</strong> untersagt<br />

worden war. Das hatten die Zeugen bestätigt.<br />

Insoweit liegt natürlich e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Fall-<br />

konstellation vor. Allerd<strong>in</strong>gs sah das LG auch<br />

"Nach ständiger Rechtsrr-<br />

chung des Bundesgen<br />

hofs ist <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong><br />

Gefahrenlage - gleich<br />

eher Art - schafft, g=<br />

sätzlich verpflichtet, -<br />

notwendigen und zum -<br />

ren Vorkehrungen zu ;::-=<br />

fen, um e<strong>in</strong>e Schädlg.z<br />

an<strong>der</strong>er möglichst zu<br />

h<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Die rechtlich _<br />

bote ne Verkehrssichert<br />

umfasst diejenigen _!:...<br />

nahmen, die e<strong>in</strong> umsi -<br />

ger und verständiger<br />

vernünftigen Grenzen •<br />

sichtig denken<strong>der</strong> Me<br />

für notwendig und aus=<br />

chend hält, um an<strong>der</strong>e<br />

Schäden zu bewahren. ~<br />

halb muss nicht für -<br />

denkbaren Mögllchkeze<br />

e<strong>in</strong>es Schadenseimr.-<br />

Vorsorge getroffen we<br />

Es s<strong>in</strong>d vielmehr nur -<br />

Vorkehrungen zu tr~<br />

die geeignet s<strong>in</strong>d, die<br />

digung an<strong>der</strong>er tUM<br />

abzuwenden."<br />

Der zitierte Maßstab wäre dann letztlich "'""<br />

scheidend gewesen für die Frage, ob die V<br />

anlage sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>wandfreien Zu=<br />

befunden hat. Das LG me<strong>in</strong>te, dass gener<br />

e<strong>in</strong>e Haftung des Beklagten als Betreiber -<br />

<strong>Führanlage</strong> <strong>in</strong> Betracht komme. Im konkret-<br />

Fall jedoch trete e<strong>in</strong> etwaiges Verschulden --<br />

Beklagten gegenüber e<strong>in</strong>em ganz überwi _<br />

den Eigenverschulden <strong>der</strong> Kläger<strong>in</strong> zurück..<br />

Letztlich entscheidend war daher <strong>der</strong> E<strong>in</strong><br />

des Beklagten, dass er <strong>der</strong> Kläger<strong>in</strong> die _zung<br />

<strong>der</strong> <strong>Führanlage</strong> untersagt hatte. Die =gen<br />

hatten e<strong>in</strong> solches Verbot bestätigt, =<br />

Stall<strong>in</strong>haber sah sich dazu veranlasst, weh -<br />

Stute <strong>der</strong> Kläger<strong>in</strong> zum Ausschlagen neigte. -<br />

her sowohl das Pferd als auch die Führar;<br />

jeweils gefährdet waren.<br />

Das Mitverschulden<br />

Veranlassung, sich<br />

grundsätzlichen Anfor;<br />

rungen ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>zus-<br />

zen. Es me<strong>in</strong>te:<br />

Dass sich die Klägern über das ausgespr<br />

Verbot h<strong>in</strong>weggesetzt hatte, wurde ihr als<br />

verschulden angerechnet. Bei e<strong>in</strong>em SchCu=.<br />

fall führt die Anrechnung e<strong>in</strong>es Mitversehuka<br />

des Geschädigten zu e<strong>in</strong>er Schadensteilung<br />

e<strong>in</strong>em Wegfall <strong>der</strong> Schadensersatzpflicht<br />

zu e<strong>in</strong>er vollen Haftung des Schädigers. -<br />

weit hat das Gericht jeweils e<strong>in</strong>e Abwägung<br />

zunehmen. E<strong>in</strong> Schadensersatzanspruch


det letztlich dann aus, wenn e<strong>in</strong> Verschulden des Schädigers gegen-<br />

über dem Mitverschulden des Geschädigten zurücktreten würde - so<br />

das LG. Genau das sei hier <strong>der</strong> Fall. Für die Kläger<strong>in</strong> habe das ausge-<br />

sprochene Verbot Anlass se<strong>in</strong> müssen, auf die Nutzung <strong>der</strong> Führan-<br />

lage gänzlich zu verzichten. Wenn sie dennoch ihr Pferd <strong>in</strong> <strong>der</strong> Führ-<br />

anlage bewegt habe, könne das nur dah<strong>in</strong> verstanden werden, dass<br />

das Risiko bewusst <strong>in</strong> Kauf genommen worden sei.<br />

Das Berufungsverfahren<br />

Die Kläger<strong>in</strong> des Rechtsstreites griff das Urteil des LG an. Das Saar-<br />

ländische Oberlandesgericht bestätigte, dass grundsätzlich <strong>der</strong> Be-<br />

rreiber e<strong>in</strong>er <strong>Führanlage</strong> gegenüber berechtigten Benutzern für die<br />

Verkehrssicherheit <strong>der</strong> Anlage e<strong>in</strong>zustehen habe. Es sei se<strong>in</strong>e Ver-<br />

pflichtung, diejenigen Maßnahmen durchzuführen, die e<strong>in</strong> umsichti-<br />

ger und verständiger, <strong>in</strong> den vernünftigen Grenzen vorsichtiger Be-<br />

rreiber e<strong>in</strong>er solchen Anlage im Rahmen des Zumutbaren für not-<br />

wendig und ausreichend halten müsse, um Pferdehalter vor Schäden<br />

zu bewahren.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs sei anerkannt. dass absolute Sicherheit nicht gefor<strong>der</strong>t<br />

werden könne.<br />

Das OLG g<strong>in</strong>g noch weiter als das Landgericht. Nach se<strong>in</strong>er Auffas-<br />

sung fehlte es bereits an dem Beweis, dass e<strong>in</strong> möglicherweise nicht<br />

.erkehrssicherer Zustand <strong>der</strong> automatischen <strong>Führanlage</strong> für die<br />

"erletzung des e<strong>in</strong>gestellten Pferdes ursächlich geworden sei. Wenn<br />

nämlich e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> Gitter e<strong>in</strong>en Schaden aufgewiesen habe, so sei das<br />

alle<strong>in</strong> nicht ausreichend, um e<strong>in</strong>e Schadensersatzpflicht des Stall<strong>in</strong>-<br />

iabers anzunehmen. Vielmehr müsse die Kläger<strong>in</strong> konkret darlegen,<br />

dass die Vorbeschädigung sich ausgewirkt habe. Das OLGschränkte<br />

ie Verkehrssicherungspflicht des Stall<strong>in</strong>habers dah<strong>in</strong>gehend e<strong>in</strong>,<br />

dass selbst bei absolut ordnungsgemäßer Ausgestaltung <strong>der</strong> Führ-<br />

anlage Schadensfälle nicht generell vermieden werden könnten. Es<br />

äbe ke<strong>in</strong>en allgeme<strong>in</strong>en Erfahrungssatz. dass beson<strong>der</strong>s ternpera-<br />

ntvolle o<strong>der</strong> auch <strong>in</strong> Panik geratende Pferde unabhängig davon,<br />

ie häufig und heftig sie mit <strong>der</strong> H<strong>in</strong>terhand ausschlagen, e<strong>in</strong> Intak-<br />

Gitter nicht so beschädigen könnten, dass sie sich dar<strong>in</strong> verfan-<br />

n und verletzen würden. Diese Auffassung ersche<strong>in</strong>t durchaus le-<br />

nsnah, zumalletztlichjedem Pferdehalter bekannt ist, dass es e<strong>in</strong>e<br />

ferdehaltung ohne Risiko nicht gibt. Selbst die Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> ei-<br />

er Box, die technisch e<strong>in</strong>wandfrei e<strong>in</strong>gerichtet ist. schließt e<strong>in</strong> Ver-<br />

ngsrisiko beispielsweise durch Festliegen nicht aus.<br />

OLG ließ allerd<strong>in</strong>gs auch die Argumentation des Landgerichts<br />

- ten. Es sei - so das OLG - allgeme<strong>in</strong> anerkannt. dass <strong>der</strong> Stall <strong>in</strong>-<br />

- er berechtigt sei. ..den Kreis <strong>der</strong> befugten Teilnehmer zu be-<br />

hränken mit <strong>der</strong> Folge, dass er ke<strong>in</strong>e Sicherungsmaßnahmen zu-<br />

ensten unbefugter Personen ergreifen müsse". Die Verkehrssiehe-<br />

gspflicht des Stall<strong>in</strong>habers kommt daher letztlich nur denjenigen<br />

=gute, die berechtigterweise die <strong>Führanlage</strong> nutzen.<br />

noch: Die Kläger<strong>in</strong> hatte <strong>in</strong> <strong>der</strong> mündlichen Verhandlung letzt-<br />

- e<strong>in</strong>geräumt. bereits vor dem <strong>Unfall</strong> erkannt zu haben, dass sich<br />

Pferd aufgrund des Zustandes <strong>der</strong> <strong>Führanlage</strong> ernsthaft verlet-<br />

könne. Dar<strong>in</strong> sah das OLG e<strong>in</strong> <strong>der</strong>art krasses Eigenverschulden.<br />

die Haftung wegen e<strong>in</strong>es möglicherweise nicht verkehrssiehe-<br />

Zustandes <strong>der</strong> <strong>Führanlage</strong> entfalle. Es sei e<strong>in</strong> klassischer Fall des<br />

erschuldens gegen sich selbst". Wörtlich me<strong>in</strong>te das OLG:..Es kann<br />

Kopfschütteln auslösen, wenn e<strong>in</strong> Pferdehalter die Anweisung<br />

ilt, se<strong>in</strong> Tier <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e automatische <strong>Führanlage</strong> zu br<strong>in</strong>gen, von<br />

er genau weiß, dass sie sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em technisch so schlechten Zu-<br />

;cl bef<strong>in</strong>det. dass se<strong>in</strong> unbeaufsichtigtes Pferd sich dort ernsthaft<br />

- tzen kann." Dem ist nichts h<strong>in</strong>zuzufügen. Das OLG hat letztlich<br />

ie Eigenverantwortlichkeit des Pferde halters er<strong>in</strong>nert.<br />

Dr. Dietrich Plewe, Rechtsanwalt<br />

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