kdhn (Page 2) - Klinik Bavaria
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Adipositas – komplex behandelt<br />
Gemeinsames fachübergreifendes Handeln gegen das Übergewicht und dessen Folgen<br />
haben sich die Weißeritztal-<strong>Klinik</strong>en und die <strong>Klinik</strong> <strong>Bavaria</strong> Kreischa zum Ziel gesetzt.<br />
Erfolgreiche Gewichtsreduktion und damit die Erlangung funktioneller Verbesserungen bedarf<br />
nicht nur einer Strategie beim Betroffenen sondern auch bei den Leistungserbringern. Dem<br />
stellen wir uns gern. Mit den individuell angepassten Behandlungsmethoden in unseren auf<br />
Adipositasbehandlung spezialisierten Einrichtungen wollen wir den Patienten die Möglichkeit<br />
zur Reduktion des chronischen Übergewichts aufzeigen und sie dabei kompetent begleiten.<br />
In Deutschland soll nur noch etwa 1/3 der<br />
Bevölkerung Normalgewicht haben. Fast<br />
jeder Vierte leidet an einer behandlungsbedürftigen<br />
Adipositas, die mit einem BMI<br />
> 30 kg/m 2 gekennzeichnet wird. Sie ist<br />
gekennzeichnet durch einen krankhaft erhöhten<br />
Körperfettanteil. Sowohl die Weltgesundheitsorganisation<br />
als auch das<br />
Bundessozialgericht haben die Adipositas<br />
als Krankheit anerkannt. Ist Adipositas<br />
eine chronische „Volks-Krankheit“?<br />
Sie haben das sehr schön formuliert,<br />
Adipositas ist inzwischen eine chronische<br />
Krankheit und es ist eine chronische<br />
Volkskrankheit geworden. In<br />
Deutschland weisen inzwischen 23 %<br />
der Bevölkerung eine Adipositas, das<br />
heißt, einen BMI über 30 kg/m 2 auf. Die<br />
durch die Medien geisternden verschiedenen<br />
Zahlen zum Anteil von Adipositas<br />
in der Bevölkerung resultieren<br />
natürlich aus der Bezugsgröße.<br />
Schauen wir einmal auf das Normalgewicht,<br />
das mit einem BMI < 25 kg/m 2<br />
definiert ist, dann sind inzwischen<br />
unter 50 % der Deutschen noch normalgewichtig.<br />
Das heißt im Umkehrschluss,<br />
wenn man den BMI von<br />
25 kg/m 2 als Schnittpunkt nimmt, dass<br />
über 50 % der Deutschen übergewichtig<br />
und adipös sind.<br />
Das eigentliche Problem sind die Gewichtsklassen<br />
mit einem BMI über<br />
30 kg/m 2 , und dies sind eben inzwischen<br />
23 % der Bevölkerung. In diesen 23 % sind<br />
060 TOP-GESUNDHEITSFORUM<br />
etwas über 1 % und damit rund 1 Million<br />
Bundesbürger, die extrem übergewichtig<br />
sind mit einem BMI von 40 kg/m 2 und<br />
mehr.<br />
Welchen Stellenwert sehen Sie in Hinblick<br />
auf die psychosozialen Folgen extrem<br />
übergewichtiger Menschen, die ja oft ein<br />
negatives Selbstbild haben und regelrecht<br />
in die soziale Isolation geraten?<br />
Leider ist inzwischen in Deutschland<br />
auch wie in den meisten westlichen<br />
Industrienationen Adipositas ganz vordergründig<br />
eine Erkrankung der unteren<br />
sozialen Schichten, verbunden mit niedrigem<br />
Einkommen und niedrigem Bildungsniveau.<br />
Ganz klar ist damit ein negatives<br />
Selbstbild verbunden, sind negative Berufsaussichten<br />
assoziiert und die Betroffenen<br />
geraten durchaus relativ schnell in<br />
die soziale Isolation. Hier wird ganz offensichtlich,<br />
dass Prävention und Behandlung<br />
von Adipositas ein gesamtgesellschaftliches<br />
Problem ist.<br />
Was sind Ursachen von Adipositas und<br />
Übergewicht? Ist es der moderne „westliche“<br />
Lebensstil, also Fehlernährung und<br />
Bewegungsmangel, oder spielen auch<br />
familiäres Risiko und genetische Ursachen<br />
eine „gewichtige“ Rolle?<br />
Natürlich ist der „westliche“ Lebensstil<br />
eine wesentliche Ursache der Adipositas-<br />
Epidemie. Ohne vermehrte Kalorienzufuhr<br />
kommt keine Adipositas zustande.<br />
Das ist das erste Grundgesetz der Ther-<br />
2012<br />
modynamik und diese physikalischen<br />
Grundgesetze sind nicht einfach außer<br />
Kraft zu setzen. Trotzdem muss bemerkt Ostsachsen /<br />
werden, dass Adipositas lange Zeit als<br />
Ergebnis mangelnder Willenskraft und<br />
Dresden<br />
vermehrter Energiezufuhr galt, inzwischen<br />
wird Adipositas als komplexe Stoffwechselerkrankung<br />
angesehen, die mit<br />
einer Beeinträchtigung der Appetitsregulation<br />
und des Energiestoffwechsels einhergeht.<br />
Einen Erklärungsansatz im Hinblick auf<br />
genetische Ursachen bildet die sogenannte<br />
Gen-Drift-Hypothese. Danach haben<br />
sich entwicklungsgeschichtlich diejenigen<br />
Gene durchgesetzt, die eine möglichst<br />
effiziente Fettspeicherung gewährleisten.<br />
Was unter frühgeschichtlichen<br />
Lebensbedingungen ein Überlebensvorteil<br />
war, hat sich in Zeiten von Nahrungsüberangebot<br />
und mangelnder Bewegung<br />
zum Nachteil entwickelt. Unter unseren<br />
heutigen Bedingungen spielt natürlich<br />
der Bewegungsmangel eine ganz entscheidende<br />
Rolle.<br />
Es wird derzeit sehr viel über Schulbildung<br />
in den Medien diskutiert. Die Reduktion<br />
der Anzahl an Sportstunden ist<br />
aus Sicht der Adipositas-Epidemie mit<br />
ihren riesigen volkswirtschaftlichen Folgen<br />
ein Grundübel unserer Bildungspolitik.<br />
Kinder und Jugendliche, wie alle<br />
Erwachsenen müssen sich mehr bewegen.<br />
Die Politik sollte die Lebensmittelindustrie<br />
dazu zwingen, dass gesunde<br />
Lebensmittel hergestellt werden.<br />
KREISCHATOP-Gesundheitsforum<br />
Der jüngste Auswuchs der Verführung<br />
von Kindern und Jugendlichen sind die<br />
BAVARIA<br />
sog. Bubble-Tea-Shops.<br />
Aus medizinischer Sicht müsste die LINIK<br />
Verbraucherschutzministerin diese Shops<br />
sofort verbieten, da die Bubble-Tee-Sor- Foto:
TOP-Gesundheitsforum Dresden / Ostsachsen 2012<br />
Foto: LINIK BAVARIA KREISCHA<br />
ten einen gegenüber der üblichen Coca-<br />
Cola vielfach erhöhten Zuckergehalt aufweisen.<br />
Die <strong>Klinik</strong> <strong>Bavaria</strong> betreut auch so genannte<br />
„morbid Adipöse“ (Adipositas Grad III),<br />
mit einem BMI > 40 kg/m 2 im Rahmen<br />
einer professionellen und lebenslangen<br />
Therapie. Warum handelt es sich bei<br />
dieser Patientengruppe um eine eigenständige<br />
Krankheit?<br />
Patienten oder Übergewichtige mit einem<br />
BMI über 40 kg/m 2 sind aus unserer Sicht<br />
eine eigenständige Patientengruppe bzw.<br />
sogar eine eigenständige Krankheit. Inzwischen<br />
ist die Klassifizierung der Adipositas<br />
noch weiter fortgeschritten. Wir<br />
sprechen bei Patienten mit einem BMI<br />
> 50 kg/m 2 von Superobesitas und die<br />
Klassifizierung wird noch ausgefeilter,<br />
wenn Patienten mit einem Gewichtsindex<br />
von > 60 kg/m 2 auftreten. Bei diesen Gewichtsklassen<br />
sind in der Regel die Folgeerkrankungen<br />
aus dem Bereich des<br />
metabolisch-vaskulären Syndroms, d. h.<br />
eines Syndroms aus Stoffwechsel- und<br />
Gefäßerkrankungen, noch ausgeprägter<br />
als in den „niedrigeren“ Gewichtsklassen.<br />
Dies betrifft insbesondere den Diabetes<br />
mellitus, das sogenannte Schlafapnoe-<br />
Syndrom, die Herzinsuffizienz, Bluthochdruck<br />
in zum Teil ausgeprägten Formen,<br />
schwere Hüft- und Kniearthrosen und erheblicheWirbelsäulenabnutzungserkrankungen.<br />
Darüber hinaus sind bei diesen<br />
Patienten anstehende Operationen mit<br />
einem drastisch erhöhten Risiko durch<br />
das extreme Gewicht verbunden. Bei den<br />
extrem übergewichtigen Patienten kommt<br />
auch wieder ganz deutlich das 1. Grundgesetz<br />
der Thermodynamik ins Spiel.<br />
Nehmen wir einen Patienten, der 200 kg<br />
wiegt, dann ist seine Körperzusammensetzung<br />
in der Regel aus ca. 100 kg Muskelmasse<br />
und 100 kg Fettmasse bestehend.<br />
Ein solcher Patient isst, und führt<br />
Kalorien zu, um seine Muskelmasse zu<br />
erhalten. Das bedeutet, seine Kalorienzufuhr<br />
ist auf 100 kg Muskelmasse ausgerichtet.<br />
Dies bedeutet, das er in der Regel<br />
ca. 3000 bis 3500 kcal/Tag zuführen muss.<br />
Natürlich kann man hier annehmen, dass<br />
er sehr einfach abnehmen kann, da er ja<br />
einfach diese hohe Kalorienzufuhr nur zu<br />
reduzieren braucht. Dies würde sicherlich<br />
zu einer Reduktion der Fettmasse<br />
Satt essen und abnehmen. Ein Wunsch der bei richtiger Vorbereitung erfüllt werden kann. In der<br />
Lehrküche werden die Informationen aus Energiedichte-Tabellen, zum glykämischen Index und zu<br />
„flüssigen Kalorien“ in der Praxis an Beispielrezepten umgesetzt.<br />
führen, gleichzeitig aber auch die Muskelmasse<br />
drastisch reduzieren und damit<br />
den Gegenpart zur Energieaufnahme, die<br />
Energieabgabemechanismen, die praktisch<br />
hauptsächlich über die Muskulatur<br />
laufen, deutlich einschränken. Gewichtsreduktion<br />
ist also immer im Kontext des<br />
Energiehaushaltes zu sehen.<br />
Wie muss man sich das vorstellen –<br />
lebenslange Therapie?<br />
Im Zusammenhang mit den vorgenannten<br />
theoretischen Überlegungen ist auch die<br />
lebenslange Therapie der Adipositas zu<br />
sehen. Wenn die Patienten tatsächlich einmal<br />
erfolgreich abgenommen haben, was<br />
ohnehin aus den genannten Gründen<br />
eben sehr schwierig ist, müssen sie immer<br />
wieder von einem Team aufgefangen<br />
werden, das aus Ernährungsberatern,<br />
KLINIKEN UND FACHKRANKENHÄUSER<br />
Sporttherapeuten, Ärzten und Psychologen<br />
besteht, um eine ausreichende Motivation<br />
zur Gewichtserhaltung herzustellen,<br />
um immer wieder die sportliche<br />
Betätigung und Bewegungsförderung herzustellen,<br />
um das Ernährungsregime zu<br />
überprüfen und um die Begleiterkrankungen<br />
kompetent und effektiv behandeln<br />
zu können. Letztlich ist bisher unklar,<br />
ob unser Körper von vornherein auf einen<br />
sog. „Setpoint“ des Gewichts eingestellt<br />
ist. Wenn es einen solchen „Setpoint“ gibt,<br />
dann ist der Erhalt eines reduzierten<br />
Gewichts eine extrem schwierige Aufgabe<br />
für Patienten und Behandler.<br />
Rückfälle, wie sie immer wieder in<br />
Form von sog. Jojo-Mechanismen gesehen<br />
werden, müssen vermieden werden.<br />
Allem voran steht die gründliche Diagnose,<br />
um danach u. a. individuelle Diättherapiepläne<br />
erstellen zu können. Was<br />
versteht man unter einem „guten Futterverwerter“,<br />
und was wird in Übergewichtigengruppe<br />
„Essen mit Lust“ gemacht?<br />
Vor einer effektiven Behandlung muss<br />
natürlich eine gründliche Diagnose stehen.<br />
Diese muss verschiedene Komponenten<br />
beinhalten. Dabei ist ganz wichtig,<br />
die psychologische Exploration der<br />
Betroffenen, da hier Essstörungen, depressive<br />
Komponenten und viele weitere<br />
psychologische Komplikationen ausgeschlossen<br />
werden müssen. Diese müssen<br />
dann natürlich vordergründig behandelt<br />
werden.<br />
Genauso wichtig ist es, dass endokrinologische,<br />
das heißt Hormonerkrankungen,<br />
ausgeschlossen werden. Dies betrifft<br />
insbesondere Schilddrüse, Nebennieren<br />
und weitere Hormondrüsen. Schließlich<br />
sind wir durchaus darauf spezialisiert,<br />
die wenigen sogenannten „guten Futterverwerter“<br />
zu erkennen. Dazu führen wir<br />
die Grundumsatzmessung durch.<br />
Ein sogenannter „guter Futterverwerter“<br />
hat einen niedrigeren Grundumsatz<br />
als es seinem Sollwert entsprechen würde.<br />
Dieser Sollwert errechnet sich aus<br />
Alter, Körpergröße und Geschlecht. Wenn<br />
mein Energieumsatz niedriger als der<br />
Sollwert ist, kann es dazu führen, dass ich<br />
sozusagen „automatisch“ zunehme.<br />
In der Übergewichtigengruppe „Essen<br />
mit Lust“ geht es nicht nur ums Essen,<br />
sondern es geht um Diät, und spätestens<br />
hier soll dem Patienten klar werden, dass<br />
Diät aus dem Griechischen kommend<br />
TOP-GESUNDHEITSFORUM 061
KLINIKEN UND FACHKRANKENHÄUSER<br />
Lebensweise bedeutet. Inhalt dieser<br />
Gruppentherapie ist die Motivation zur<br />
Veränderung der Lebensweise auf Dauer.<br />
Die Änderung nicht als Zwang sondern<br />
als zufriedenstellenden Sinn zu empfinden.<br />
Dabei arbeiten Psychologen, Ernährungsberater,<br />
Sporttherapeuten und<br />
Ärzte im Team.<br />
Nicht wenige dieser Patienten gehen<br />
wegen insuffizienter Behandlung frühzeitig<br />
in Erwerbsunfähigkeit. Ist es möglich,<br />
schwergewichtige Patienten wieder in<br />
ein geregeltes Arbeitsleben zurückzuführen?<br />
Schwergewichtige Patienten und insbesondere<br />
die Patienten mit Adipositas<br />
Grad III, d. h. einem BMI > 40 kg/m 2 sollten<br />
mit einer effektiven Gewichtsreduktion<br />
auch den Weg in ein geregeltes Arbeitsleben<br />
zurückfinden. Dafür bietet eine spezialisierte<br />
Rehabilitationsklinik wie die<br />
<strong>Klinik</strong> <strong>Bavaria</strong> Kreischa mit ihrem Bereich<br />
der medizinisch-beruflichen Rehabilitation<br />
besonders gute Voraussetzungen.<br />
Genau für diese Patientengruppe haben<br />
wir ein spezielles Therapiekonzept entwickelt,<br />
dass letztlich sowohl die Diagnostik<br />
als auch die Therapie und die<br />
berufliche Rehabilitation beinhaltet.<br />
Übergewicht und Adipositas können nicht<br />
nur mit Ernährungsberatung langfristig<br />
bekämpft werden. Weitere wesentliche<br />
Bestandteile des Behandlungsplanes sind<br />
die Verhaltenstherapie und ganz besonders<br />
die Sport- und Bewegungstherapie.<br />
Das ist völlig richtig. Die Ernährungstherapie<br />
und die Kalorienbeschränkung,<br />
die Fettbeschränkung legen die Basis für<br />
die Gewichtsreduktion. Diese muss insbesondere<br />
durch ein ausgefeiltes Bewegungsprogramm<br />
und durch die Verhaltenstherapie<br />
begleitet werden.<br />
Wir haben ja bereits an der <strong>Klinik</strong><br />
<strong>Bavaria</strong> solche ambulanten Langzeitprogramme<br />
durchgeführt und haben gesehen,<br />
dass unsere Patienten in den ersten<br />
3 Monaten des Programms, das sich ganz<br />
intensiv um Ernährung, Bewegung und<br />
Verhalten kümmerte, im Durchschnitt<br />
10 kg abgenommen haben. In den restlichen<br />
9 Monaten kam kaum noch eine<br />
Gewichtsreduktion zustande, aber durch<br />
ein intensives Bewegungsprogramm mit<br />
2 x 2 Stunden Sport pro Woche konnte<br />
dieses Ausgangsgewicht gehalten werden.<br />
Ein Teil dieser Patienten kommen<br />
062 TOP-GESUNDHEITSFORUM<br />
Herr U. Dietrich<br />
FA für Innere Medizin, Diabetologie<br />
Chefarzt Allg. Innere Medizin, Diabetes<br />
Stoffwechsel und Endokrinologie<br />
KLINIK BAVARIA Kreischa<br />
An der Wolfsschlucht 1-2<br />
01731 Kreischa<br />
Sekretariat:<br />
Tel.: 035206 6-2969<br />
Fax: 035206 6-1241<br />
www.klinik-bavaria.de<br />
info@klinik-bavaria.de<br />
noch heute zum Sport, da sie Freude an<br />
der gemeinsamen Bewegung gefunden<br />
haben. Dies ist ein ganz wesentlicher<br />
Bestandteil der Adipositastherapieprogramme.<br />
In vielen Fernsehsendungen werden Radikaldiäten<br />
immer wieder thematisiert.<br />
Dabei wird auch das Magenband bzw. der<br />
Schlauchmagen angeführt. Morbid Adipöse<br />
werden auch an der <strong>Klinik</strong> <strong>Bavaria</strong><br />
auf adipositas-chirurgische Maßnahmen<br />
vorbereitet...<br />
Ja, den Begriff der sog. „Radikaldiäten“<br />
können wir eigentlich nicht mehr hören,<br />
da eine Gewichtsreduktion „ganz einfach<br />
machbar ist“. Wir kommen hier wieder<br />
auf die Grundgesetze der Thermodynamik<br />
zurück. Jeder übergewichtige Patient<br />
wird abnehmen, wenn seine Kalorienzufuhr<br />
etwa 600 kcal unter seinem<br />
Energieumsatz liegt. Dies würde bedeuten,<br />
dass man den Energieumsatz einigermaßen<br />
sicher kalkulieren kann. Wir tun<br />
Herr PD Dr. med. habil. M. Weck<br />
FA für Innere Medizin, Diabetologie,<br />
Notfallmedizin und<br />
Rehabilitationswesen<br />
Chefarzt Medizinische <strong>Klinik</strong> III<br />
Weißeritztal-<strong>Klinik</strong> GmbH Freital<br />
Bürgerstr. 7, 01705 Freital<br />
Sekretariat:<br />
Tel.: 0351 646-6232<br />
Fax: 0351 646-6243<br />
www.rhoen-klinikum-ag.com<br />
innere3@weisseritztal-kliniken.de<br />
das mit unserem Messgerät für den<br />
Grundumsatz. Anhand dieser Daten kalkulieren<br />
wir für jeden einzelnen Patienten<br />
die erforderliche Kalorienreduktion. Dies<br />
kann bedeuten, dass ein Mann mit 170 kg<br />
Körpergewicht bei einem Energieumsatz<br />
von 3000 kcal pro Tag durchaus mit 2400<br />
kcal Zufuhr abnehmen kann. Das bedeutet<br />
andererseits aber auch, dass die kleine<br />
Frau von unter 1,60 m mit 100 kg<br />
Körpergewicht und einem Umsatz von<br />
1500 kcal pro Tag durchaus auf unter<br />
1000 kcal ihre Zufuhr drosseln muss um<br />
abzunehmen. Dies ist dann eben keine<br />
Radikaldiät, sondern eine Ernährungstherapie<br />
des Übergewichts, die sich an physikalischen<br />
Grundregeln orientiert. Darüber<br />
hinaus ist natürlich der therapeutische<br />
Ansatz abhängig vom Ausmaß des<br />
Übergewichts.<br />
Wir werden uns alle sehr schnell einig<br />
sein, dass für Patienten mit der sogenannten<br />
Superobesitas, d. h. BMI > 50 kg/m 2 und<br />
vielleicht noch vorhandenen vielfachen<br />
TOP-Gesundheitsforum Dresden / Ostsachsen 2012<br />
Foto: LINIK BAVARIA KREISCHA
Foto: LINIK BAVARIA KREISCHA TOP-Gesundheitsforum Dresden / Ostsachsen 2012<br />
Begleiterkrankungen die chirurgische<br />
Therapie der Adipositas derzeit die Behandlung<br />
der Wahl ist. Die Behandlung<br />
mit einem Magenband wird praktisch<br />
nicht mehr durchgeführt, da die Effektivität<br />
einer solchen Therapievariante zu<br />
gering ausgeprägt ist. Moderne Methoden<br />
der Adipositas-Chirurgie beinhalten<br />
die Sleeve-Gastrektomie (Schlauchmagen)<br />
und den Magenbypass. Mit diesen<br />
Verfahren sind durchaus Gewichtsreduktionen<br />
von 50 bis 100 kg möglich.<br />
Es macht Sinn, dass derartige Patienten<br />
auch im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme<br />
auf die chirurgischen Therapieverfahren<br />
vorbereitet werden. Hier<br />
macht eine Kostumstellung mit einem<br />
hohen Anteil an Eiweiß in der Ernährung<br />
und wiederum Sport sehr viel Sinn, da<br />
dadurch beispielsweise das Lebervolumen<br />
um bis zu 25 % in 4 Wochen reduziert<br />
werden kann und somit für den<br />
Chirurgen sehr viel bessere Bedingungen<br />
geschaffen werden. Daneben dient der<br />
Aufenthalt in der Rehaklinik natürlich<br />
auch dazu, den Patienten intensiv auf das<br />
vor ihm liegende Leben als Patient nach<br />
chirurgischer Gewichtsreduktion zu<br />
schulen und vorzubereiten.<br />
Adipositas führt zu Diabetes, Bluthochdruck,<br />
Herzinfarkt, Schlaganfall, Darmkrebs,<br />
Arthrose, Schlafapnoe, Sterilität,<br />
Fehlgeburten und vieles mehr. Adipositas<br />
verkürzt das Leben und führt zu vorzeitigem<br />
Tod. Um Folgeerkrankungen durch<br />
starkes Übergewicht zu vermeiden, können<br />
die Kosten für chirurgische Behandlungen<br />
von den Krankenkassen im Einzelfall<br />
übernommen werden. Wie beantragt<br />
man solche Operationen beim<br />
Kostenträger?<br />
Wir arbeiten hier durchaus eng mit den<br />
von den sächsischen Krankenkassen zertifizierten<br />
und genehmigten <strong>Klinik</strong>en<br />
zusammen, die solche chirurgische Behandlungen<br />
ausführen dürfen. Das sind<br />
die Universität Leipzig, das <strong>Klinik</strong>um<br />
Auch bei der Bewegungstherapie sollten physikalische Gesetzmäßigkeiten Beachtung finden.<br />
So empfindet der adipöse Patient Bewegungen im Wasser aufgrund der Auftriebskraft als weniger<br />
belastend. Gleichzeitig erhöhen Gruppentherapien die Freude an der Bewegung.<br />
St. Georg Leipzig, das <strong>Klinik</strong>um Dresden-<br />
Neustadt und die Weißeritztal-<strong>Klinik</strong>en<br />
Freital-Dippoldiswalde.<br />
In der Regel müssen sich die Patienten<br />
mindestens einem 1-jährigen multimodalen<br />
Programm zur Gewichtsreduktion<br />
unterziehen, das die bereits ja hier besprochenen<br />
Komponenten Ernährungsumstellung,<br />
Sport und Verhaltenstherapie<br />
beinhalten muss.<br />
In Einzelfällen bei erheblichstem Übergewicht<br />
und vielfältigsten Folgeerkrankungen<br />
kann auch direkt ein Antrag für<br />
Kostenübernahme bei der Krankenkasse<br />
des Patienten gestellt werden. Dieser<br />
wird dann vom Medizinischen Dienst der<br />
Krankenkassen beurteilt und die entsprechende<br />
Entscheidung Patient und Arzt<br />
mitgeteilt.<br />
Letztlich handelt es sich also hier um<br />
ein Gutachten des behandelnden Arztes,<br />
dem außerdem ein Gutachten der Ernährungsberater<br />
sowie ein psychologisches<br />
Gutachten beigefügt sein müssen.<br />
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Das Magenband beseitigt aber nicht das<br />
auslösende Problem, das zu schwerem<br />
Übergewicht geführt hat. Gibt es trotzdem<br />
eine „Garantie“, dass man durch<br />
operative Verfahren wieder das Idealgewicht<br />
erreicht?<br />
Garantien gibt es bekanntermaßen in der<br />
Medizin nicht. Trotzdem sind die operativen<br />
Verfahren derzeit die effektivsten<br />
Behandlungsvarianten für extrem übergewichtige<br />
Patienten. Ganz besonders effektiv<br />
sind diese Verfahren für insulingemästete<br />
Diabetiker, die infolge der hochdosierten<br />
Insulinbehandlung (die ja wegen<br />
eines entgleisten Blutzuckers ausgeführt<br />
wird) zunehmen und auch ihr Gewicht<br />
nicht reduzieren können.<br />
Hier haben wir Patienten gesehen, die<br />
mit einer Ausgangsdosis von über 200<br />
Einheiten Insulin schließlich ohne Insulin<br />
ausgekommen sind. Einige wenige Patienten<br />
erreichen auch ihr Idealgewicht.<br />
Dies ist aber sicher nicht das Ziel, dass<br />
extrem Übergewichtige zum Idealgewicht<br />
gebracht werden, sondern Ziel ist, dass<br />
die Komplikationsdichte bei adipösen<br />
Patienten reduziert wird.<br />
Letztlich muss auch vermerkt werden,<br />
dass Langzeitdaten zu diesen Operationen<br />
ja noch nicht vorliegen.<br />
Wer dagegen sein Gewicht drastisch reduziert,<br />
kann nicht nur sein persönliches<br />
Risiko erheblich senken, auch ein Typ 2-<br />
Diabetes lässt sich durch die Gewichtsabnahme<br />
regulieren?<br />
Die Beziehung zwischen Körpergewicht<br />
und Typ 2-Diabetes ist praktisch linear ab<br />
einem BMI von 25 kg/m 2 . Insofern kann<br />
jeder Bundesbürger, der mit seinem Gewicht<br />
über diesem Wert liegt, durch eine<br />
Gewichtsreduktion sein Diabetesrisiko<br />
senken und je höher das Ausgangsgewicht<br />
liegt, umso drastischer wirksam<br />
ist diese Maßnahme. ■<br />
Das Interview führte Andreas Frädrich<br />
An der Wolfsschlucht 1-2<br />
01731 Kreischa<br />
www.klinik-bavaria.de<br />
TOP-GESUNDHEITSFORUM 063