nah dran 2009 - Kinderschutz eV
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Stationäre Erziehungsangebote und betreute Wohnformen<br />
Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen für Mutter / Vater und Kind (MVK)<br />
Bindung fürs Leben<br />
Die Schlange an der Drogeriemarktkasse<br />
ist lang, die Wartenden werden ungeduldig.<br />
Ausgerechnet jetzt fängt auch<br />
noch ein kleiner Junge, der eben noch<br />
süß in seinem Kinderwagen geplappert<br />
hat, an zu quengeln. Kurz darauf weint<br />
er und steigert sich dann so richtig in<br />
seine Schreitirade hinein. Während viele<br />
Mütter scheinbar intuitiv wissen, wie<br />
sie angemessen reagieren können,<br />
flippen andere regelrecht aus. Wie<br />
Mütter sich in einer solchen Situation<br />
verhalten, hängt unter anderem von<br />
ihrer Fähigkeit ab, eine gute Bindung<br />
und eine gesunde Beziehung zu ihrem<br />
Kind aufzubauen. Diese vermeintlich<br />
intuitive Fähigkeit geht in der Gesellschaft<br />
jedoch zunehmend verloren bzw.<br />
wird von vielen jungen Menschen nicht<br />
mehr ausreichend entwickelt.<br />
Die Ursachen dafür sind vielfältig. Renate<br />
Langbein, Leiterin des Angebotes MVK,<br />
spricht davon, dass die Erziehungsfähigkeit<br />
ihrer Klientinnen häufig „verstellt“ ist,<br />
beispielsweise gehemmt durch negative<br />
persönliche Erfahrungen, aber auch überflutet<br />
durch unzählige Reize. Die jungen<br />
Eltern haben oftmals keine Werte, keine<br />
eigenen Ideale für die Erziehung ihrer Kinder,<br />
an denen sie sich orientieren können.<br />
Vermeintlich pädagogische Sendungen wie<br />
„Die Super Nanny“ leisten hier keinen<br />
Ersatz. Eine gute Bindung zu ihrem Kind<br />
herzustellen fällt insbesondere auch den<br />
jungen Erwachsenen schwer, die selbst<br />
noch nicht gefestigt sind. Oder die mit<br />
Problemen wie Arbeitslosigkeit, Verschuldung<br />
und Sucht zu kämpfen haben; oder<br />
die durch traumatische Erlebnisse in der<br />
eigenen Lebensgeschichte belastet sind<br />
wie Verlust, Gewalt oder sexuellem Missbrauch.<br />
Viele junge Mütter, die bei MVK<br />
Unterstützung erhalten, haben in ihrer<br />
eigenen Kindheit oftmals selbst nicht<br />
erfahren, wie es ist gut umsorgt zu werden.<br />
Wenn die eigenen Bedürfnisse in frühester<br />
Kindheit nicht erfüllt wurden, eine Mutter<br />
beispielsweise Unsicherheit, Distanz, Einsamkeit<br />
oder Verwirrung als Kind erlebt<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
hat, dann wirkt sich das sehr wahrscheinlich<br />
auch negativ auf die Art aus, wie sie<br />
mit ihren Kindern umgeht.<br />
Wann hat eine Mutter nun eine gesunde<br />
und förderliche Beziehung zu ihrem Kind?<br />
Wenn sie ihm zugewandt ist und seine<br />
Signale deuten und darauf stimmig reagieren<br />
kann. Und wenn sie ihrerseits Signale<br />
aussendet, die dem Kind vermitteln:<br />
Bei mir bist du sicher, du bist mir wichtig<br />
und ich sorge mich um deine Bedürfnisse.<br />
Kinder sind insbesondere im Säuglingsund<br />
Kleinkindalter darauf angewiesen,<br />
dass die wichtigsten Bezugspersonen, in der<br />
Regel die Eltern, diese Fürsorge ausstrahlen.<br />
Ansonsten können sich bei den Kindern<br />
bereits früh Störungen wie verminderte<br />
Stresstoleranz, Aufmerksamkeitsschwierigkeiten<br />
oder eine distanzlose Anhänglichkeit<br />
auch gegenüber fremden Menschen<br />
entwickeln. Besondere Anfälligkeit für<br />
Krankheiten oder eine verlangsamte Entwicklung<br />
der motorischen, kognitiven und<br />
sozialen Fähigkeiten können ebenfalls Folgen<br />
sein.<br />
25 alleinsorgende junge Mütter ab dem<br />
16. Lebensjahr werden von Renate Langbein<br />
und ihren Kolleginnen in der Mutter/<br />
Vater-Kind-Einrichtung betreut. Die klei-<br />
nen Familien leben entweder in einer eigenen<br />
Wohnung oder zwei Mütter mit<br />
Kind(ern) zusammen in einer Wohngemeinschaft.<br />
Sie alle benötigen auf die eine<br />
oder andere Weise Unterstützung dabei,<br />
eine sichere und förderliche Eltern-Kind-<br />
Bindung herzustellen. Der Schwerpunkt<br />
der sozialpädagogischen Betreuung liegt<br />
bei MVK daher bewusst auf dieser Aufgabe.<br />
Das beginnt schon dabei, die Mütter anzuleiten,<br />
beim Stillen eine Beziehung, d.h.<br />
Nähe zu ihrem Säugling herzustellen.<br />
Dadurch, dass sie das Kind anschauen, es<br />
berühren und auch sich selbst entspannen.<br />
Für viele Frauen ist es beispielsweise nicht<br />
selbstverständlich, den Fernseher dabei<br />
auch einmal auszuschalten. Ihnen ist nicht<br />
bewusst, dass sie sich und das Kind damit<br />
einer dauernden Reizüberflutung aussetzen,<br />
die den Beziehungsaufbau stört. Die<br />
Sozialpädagoginnen begleiten die Mütter<br />
auch in Alltagssituationen, wie zum Beispiel<br />
beim Einkaufen. Dabei werden<br />
scheinbar problematische Situationen wie<br />
das Anstehen an der Supermarktkasse<br />
gemeinsam trainiert. Jede Mutter erhält<br />
eine intensive pädagogische Einzelbetreuung,<br />
ausreichend um ihre Lebensumwelt<br />
kennenzulernen, sie ganz praktisch zu<br />
unterstützen und ihr in Einzelgesprächen<br />
mit Rat und Information zur Seite zu stehen.<br />
Gruppenangebote, wie zum Beispiel eine<br />
Nähgruppe, bei denen sich die Mütter ungezwungen<br />
untereinander austauschen<br />
und gleichzeitig spezielle Fertigkeiten<br />
erwerben können, ergänzen die Einzelbetreuung.<br />
Zahlen und Standort<br />
14 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
25 Mütter und Väter wurden mit ihren Kindern<br />
2008 betreut und begleitet.<br />
Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen<br />
für Mutter / Vater und Kind<br />
Olga-Heerdegen-Haus<br />
Heimperthstraße 13<br />
80935 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9010<br />
mvk@kinderschutz.de