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nah dran 2009 - Kinderschutz eV

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Ausgabe <strong>2009</strong><br />

Zeitschrift des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. 9. Jahrgang Ausgabe <strong>2009</strong><br />

Denkanstöße:<br />

Kinderrechte in der Kinder- und Jugendhilfe<br />

Im Interview: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V. berichten<br />

Hand in Hand: Unternehmen engagieren sich<br />

Rückblick: Das Jahr 2008 in Zahlen


2<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

Inhalt<br />

4 Editorial<br />

5 Kinderrechte im Alltag der Kinder- und Jugendhilfe<br />

Jugendsozialarbeit an Schulen und<br />

berufsbezogene Jugendhilfe<br />

8 Unterstützung auf dem Weg ins Berufsleben<br />

Kindertagesstätten<br />

10 Die kindliche Lernentwicklung setzt<br />

emotionale Geborgenheit voraus<br />

Ambulante Erziehungshilfe für Gehörlose<br />

11 Wertvolle Unterstützung in einer<br />

hörenden Welt<br />

Beratung<br />

12 Kontakt-, Informations-, und Beratungsstelle für<br />

männliche Opfer sexueller Gewalt<br />

14 kids-hotline<br />

Tiergestützte Pädagogik und Therapie<br />

16 Paulihof – Heilende Pädagogik mit Tieren<br />

Heilpädagogische Tagesstätte<br />

18 Elternarbeit ergänzt die heilpädagogische<br />

Tagesbetreuung<br />

Schule zur sonderpädagogischen Förderung<br />

19 Mobile Sonderpädagogische Dienste<br />

an der Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />

Stationäre Erziehungsangebote und<br />

betreute Wohnformen<br />

20 Amalie-Nacken-Heim<br />

21 Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen und<br />

Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung<br />

22 Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen für<br />

Mutter/Vater und Kind<br />

23 NahRaum


Vormundschaft<br />

24 Vormundschaften für unbegleitete<br />

minderjährige Flüchtlinge<br />

Rechtliche Betreuung<br />

25 Lebenserfahrungen schenken und sammeln<br />

Engagement<br />

26 Hand in Hand – Unternehmensengagement<br />

beim <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

29 Wir sagen Danke<br />

30 Kurzmeldungen aus dem Verein<br />

32 Das Jahr 2008 in Zahlen<br />

34 Ihr Engagement<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

Liebherrstraße 5, 80538 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -0<br />

Fax (089) 23 17 16 -9969<br />

info@kinderschutz.de<br />

www.kinderschutz.de<br />

Verantwortlich für den Inhalt:<br />

Norbert Blesch, Geschäftsführer<br />

Redaktion dieser Ausgabe:<br />

Norbert Blesch, Annette Gans, Anja Hunsinger<br />

Grafik + Layout:<br />

sputniks werbeagentur GmbH, München<br />

Druck:<br />

Druckhaus Frank<br />

Bildquellen (u.a.)<br />

Titel: Xalanx – Fotolia.de<br />

S. 15: Jens Becker<br />

S. 16: Thorsten Naeser<br />

S. 22: Adrian Pelcz - Fotolia.de<br />

Beiträge (als Word-Dokument per eMail oder auf<br />

Datenträger) sind stets willkommen.<br />

eMail: <strong>nah</strong><strong>dran</strong>@kinderschutz.de<br />

Unaufgefordert zugesandte Manuskripte werden<br />

nicht zurückgesandt. Ein Anspruch auf Veröffentlichung<br />

besteht nicht.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong> erscheint nach Bedarf und wird kostenlos<br />

an Freunde, Förderer und Interessierte des<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V. verteilt. Ein Anspruch auf<br />

Belieferung besteht nicht.<br />

Nachdruck nur mit Genehmigung gestattet.<br />

© <strong>2009</strong><br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

3


4<br />

Editorial<br />

Liebe Leserinnen und Leser!<br />

Wir leben in einer globalisierten Welt. Der Zusammenbruch<br />

der Finanzmärkte und die in seiner Folge heraufbeschworene<br />

Krise haben Auswirkungen auf uns alle. Manche dieser<br />

Auswirkungen sind offensichtlich und manche eher unsichtbar.<br />

Die Landeshauptstadt München hat im April <strong>2009</strong> eine Haushaltssperre<br />

erlassen. Die Stadt befürchtet Einbrüche bei den<br />

Gewerbeein<strong>nah</strong>men und sieht sich deshalb zum Handeln<br />

gezwungen, was sich unmittelbar auf unsere tägliche Arbeit<br />

auswirkt. Angeblich sei die Kinder- und Jugendhilfe von den<br />

Sparmaß<strong>nah</strong>men nicht berührt. Doch wir beobachten bereits<br />

wieder verstärkt, dass bei der Entscheidung, welche Hilfe ein<br />

junger Menschen oder eine Familie bekommen soll, weniger<br />

die fachlich gebotene Notwendigkeit der Maß<strong>nah</strong>me im<br />

Vordergrund steht, sondern die Kosten, die eine solche Maß<strong>nah</strong>me<br />

verursacht. Was dabei rauskommt bewegt sich leider<br />

manchmal am Rande des fachlich Vertretbaren und Möglichen.<br />

Wenn wir die letzten Monate Revue passieren lassen und an<br />

die Ausschüttung milliardenschwerer Konjunkturpakete denken,<br />

stellt sich die Frage, wer die Schulden bezahlen soll, die uns<br />

dadurch als Hypothek mit auf den Weg gegeben werden.<br />

Klar ist, dass die zukünftige(n) Generation(en) mehr denn je<br />

in der Pflicht stehen werden. Die Heranwachsenden von heute<br />

werden gebraucht, um als zukünftige Steuerzahlerin und<br />

Steuerzahler ihren Beitrag zur Überwindung einer Krise zu<br />

leisten, die sie selbst nicht zu verantworten haben. Und dies<br />

berechtigt zu der Frage, ob die Investitionen, die wir gerade<br />

in diese Generation tätigen, tatsächlich ausreichend sind.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

Nach unserem Dafürhalten sind zwingend die Prioritäten zu<br />

verschieben. Wer nachhaltig investieren will, muss vor allem<br />

investieren in die Entwicklung und Förderung junger Menschen.<br />

Und es muss dafür Sorge getragen werden, dass<br />

insbesondere junge Menschen mit schwierigeren Ausgangsvoraussetzungen<br />

die gleichen Chancen erhalten.<br />

Jeder Euro, den wir heute in die Zukunft der nächsten<br />

Generation investieren, wird sich um ein Vielfaches bezahlt<br />

machen: Wenn Kinder zu selbstständigen, erwachsenen<br />

Persönlichkeiten werden, mit einer guten Ausbildung ausgestattet,<br />

in der Lage auch schwierige Situationen zu meistern<br />

und bereit, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.<br />

Hierzu leistet der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. den ihm möglichen Beitrag.<br />

Jedes gelungene Angebot der Beratung, Begleitung und<br />

Förderung junger Menschen und ihrer Familien bedeutet für<br />

uns, ihnen und damit uns allen Zukunft zu ermöglichen.<br />

Lesen Sie in dieser Jahresausgabe von <strong>nah</strong> <strong>dran</strong>, wie wir dies<br />

tun. Unter anderem lassen wir in Interviews unsere Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter zu Wort kommen, die Ihnen<br />

unmittelbar von ihrer Arbeit für Kinder, Jugendliche und<br />

Familien berichten.<br />

Norbert Blesch,<br />

Geschäftsführer des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.


Kinderrechte im Alltag<br />

der Kinder- und Jugendhilfe<br />

Einer Nachrichtenmeldung über ein vernachlässigtes<br />

Kind oder über einen Amoklauf folgt<br />

regelmäßig die öffentliche Diskussion darüber,<br />

ob Gesetze geändert oder verschärft werden<br />

müssen bis hin zur Frage, ob Kinderrechte in<br />

die Verfassung gehören oder nicht. Schaut man<br />

einmal genau hin, so wird jedoch deutlich: Wir<br />

haben bereits alle rechtlichen Möglichkeiten.<br />

Wir brauchen weder eine Verfassungsdiskussion<br />

noch Gesetzesänderungen. Was wir brauchen<br />

ist ein verändertes Handeln in der Kinderund<br />

Jugendhilfe. Wir müssen das rechtlich und<br />

fachlich Mögliche lediglich tun und dafür Sorge<br />

tragen, dass junge Menschen und ihre Familien<br />

zu dem Recht kommen, das ihnen zusteht.<br />

Welche Rechte haben ein junger<br />

Mensch und seine Familie?<br />

Grundgesetz, Bürgerliches Gesetzbuch und<br />

Sozialgesetzgebung sichern Kindern und Jugendlichen<br />

gemeinsam umfassende Rechte<br />

zu:<br />

■ Junge Menschen haben ein Recht auf<br />

Achtung und Schutz ihrer Würde, auf<br />

körperliche Unversehrtheit, auf Schutz<br />

vor Gefahren für ihr Wohl und auf<br />

Schutz vor Verwahrlosung.<br />

■ Junge Menschen haben ein Recht auf<br />

Förderung hin zu einer eigenverantwortlichen<br />

und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.<br />

Sie haben ein Recht auf Vermeidung<br />

oder Abbau von Benachteiligung<br />

sowie ein Recht auf Erhalt und Schaffung<br />

von positiven Lebensbedingungen.<br />

■ Junge Menschen haben ein Recht auf Erziehung<br />

(durch ihre Eltern) und sie haben<br />

ein Recht darauf, dass darüber gewacht<br />

wird.<br />

■ Dort, wo Eltern ihren Erziehungsauftrag<br />

aus welchen Gründen auch immer nicht<br />

alleine bewältigen können, haben Eltern<br />

und ihre Kinder Anspruch auf Beratung<br />

und Unterstützung.<br />

■ Schließlich hat ein junger Mensch auch<br />

Recht auf Schutz vor seinen Erziehungsberechtigten,<br />

wenn diese in ihrer Erziehungspflicht<br />

versagen.<br />

Würden diese Rechte wirklich ernst genommen,<br />

bräuchten wir keine Rechtedebatte. Die<br />

folgenden Beispiele zeigen jedoch, wie die<br />

Rechte der Kinder und Jugendlichen selbst im<br />

Alltag der Kinder- und Jugendhilfe leider oft zu<br />

häufig verletzt werden.<br />

Pflichtleistungen vor<br />

freiwilligen Leistungen<br />

Im allgemeinen Sprachgebrauch und in der<br />

Praxis wird unterschieden zwischen so genannten<br />

freiwilligen Leistungen und Pflichtleistungen<br />

der Kinder- und Jugendhilfe.<br />

Vereinfacht ausgedrückt liegt immer dann<br />

eine Pflichtleistung vor, wenn Eltern und/oder<br />

junge Menschen einer individuellen Unterstützung<br />

bedürfen um eine Notlage zu überwinden.<br />

Hierzu zählen beispielweise Hilfen<br />

wie Erziehungsberatung, heilpädagogische<br />

Tagesangebote oder auch die Heimerziehung.<br />

Je mehr solcher Pflichtleistungen erbracht<br />

und durch die Kommune finanziert werden<br />

müssen, desto weniger Geld bleibt jedoch<br />

übrig für die so genannten freiwilligen Leistungen.<br />

Bei diesen freiwilligen Leistungen<br />

handelt es sich aber in aller Regel genau um<br />

solche Leistungen, die dafür sorgen sollen,<br />

dass junge Menschen und Familien erst gar<br />

nicht in eine Notlage geraten. Dazu zählen<br />

Angebote der Jugendarbeit oder die Förderung<br />

der Jugendverbände ebenso wie das<br />

Recht jedes jungen Menschen auf Bildung.<br />

Wer sogenannte freiwillige Leistungen nachrangig<br />

zu Pflichtleistungen behandelt, missachtet<br />

den Willen des Gesetzgebers.<br />

Jugendamt als Anlaufstelle für<br />

Eltern und junge Menschen?<br />

Um ihr Recht auf Beratung und Unterstützung<br />

in Anspruch nehmen zu können, müssen Eltern<br />

und junge Menschen sich jederzeit und<br />

in allen Angelegenheiten der Erziehung und<br />

Entwicklung an das Jugendamt wenden können.<br />

Was sich so einfach liest, erweist sich in<br />

der Praxis als hehres Ziel. Es setzt nämlich voraus<br />

zu wissen, dass es das Jugendamt überhaupt<br />

gibt, welche Aufgaben es hat und wo<br />

es zu finden ist. Wer sich nicht auskennt, der<br />

kann auch sein Recht nicht wahrnehmen.<br />

Was aber tun Kommunen dafür, dass jede Bürgerin<br />

und jeder Bürger diese Informationen erhält,<br />

unabhängig von Bildungsniveau, Migrationshintergrund<br />

oder Zugang zu (elektronischen)<br />

Informationsmedien? Es ist anzunehmen,<br />

dass die Mehrheit der rat- und<br />

hilfesuchenden Kinder, Jugendlichen und Familien<br />

sich eben gerade nicht auskennt. Darüber<br />

hinaus steht dem Recht, sich jederzeit<br />

und in allen Angelegenheiten an das Jugendamt<br />

wenden zu dürfen, häufig entgegen, dass<br />

die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner<br />

im Jugendamt eben keine (jeder)zeit haben<br />

– wie sollten sie auch bei der personellen Ausstattung,<br />

die man ihnen zugesteht.<br />

Schließlich stellt sich die Frage, wie bereitwillig<br />

sich Bürgerinnen und Bürgern an ein Jugendamt<br />

wenden das dazu da ist, Kinder aus<br />

der Familie zu nehmen, wenn sie geschlagen<br />

werden oder hungern müssen? So nämlich lautet<br />

die „Selbstdarstellung“ des Jugendamtes<br />

beispielsweise im Einbürgerungstest der Bundesrepublik<br />

Deutschland (Frage 258). Der<br />

Schutzauftrag des Jugendamtes soll hier nicht<br />

in Abrede gestellt werden. Aber ist dieser<br />

Schutzauftrag wirklich der zentrale Aspekt,<br />

den es derart hervorzutun gilt? Führt diese<br />

Selbstdarstellung nicht eher zu der Grundhaltung,<br />

dass man mit einem solchen Amt besser<br />

nichts zu tun haben möchte?<br />

Geeignete und notwendige Hilfe<br />

für den Einzelfall<br />

Geeignete Unterstützung für Eltern und junge<br />

Menschen muss sich von Fall zu Fall am Bedarf<br />

orientieren. Entscheidend sind dabei die einzelfallbezogenen<br />

Parameter „geeignet“ und<br />

„notwendig“. In der Praxis und in Anbetracht<br />

des allgemeinen Sparzwangs sind es jedoch<br />

häufig andere Steuerungsparameter, nach denen<br />

über die „geeignete“ Hilfe entschieden<br />

wird: Gesteuert wird beispielsweise über den<br />

Versorgungsrichtwert. Diese Kennzahl legt fest,<br />

wie viele Kinder gleichzeitig stationär unter-<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

5


6<br />

gebracht werden dürfen. Sie führt allerdings<br />

zu einem Drehtüreffekt, ähnlich wie in der<br />

überfüllten Diskothek: Erst wenn ein Gast gegangen<br />

ist, kann der nächste hineingelassen<br />

werden. Wer so handelt begeht unterm Strich<br />

Rechtsbruch, denn das Recht auf eine geeignete<br />

Hilfe kann und darf nicht unter dem Vorbehalt<br />

einer finanziellen Grenze stehen.<br />

Beteiligung an der Erschließung<br />

der Hilfe<br />

Eltern und junge Menschen müssen an der Erschließung<br />

der für ihre Situation geeigneten<br />

Hilfe beteiligt werden. Beteiligung bedeutet<br />

Mitsprache und Mit-Gestaltungsmöglichkeit.<br />

Sie bedeutet auch, zu Dingen Nein sagen zu<br />

können. Beteiligung wird jedoch schwierig,<br />

wenn die Vorstellung einer Mitarbeiterin oder<br />

eines Mitarbeiters im Jugendamt darüber, was<br />

im Einzelfall zu tun ist, ausschließlich auf dem<br />

reichhaltigen Erfahrungsschatz beruht, ganz<br />

nach dem Motto „Wir wissen schon was richtig<br />

ist!“, „Das kennen wir schon!“, „Das ist ein<br />

klassischer Fall von …..“. Den klassischen Fall<br />

gibt es weder in der Erziehungshilfe noch anderswo,<br />

wo es um menschliche Schicksale und<br />

Lebenslagen geht. Beteiligung setzt voraus,<br />

dass der junge Mensch oder seine Eltern verstehen<br />

um was es geht. Sie ist daher für viele<br />

Menschen <strong>nah</strong>ezu unmöglich, die beispielsweise<br />

einem anderen Kulturkreis entstammen,<br />

die andere Werte haben oder die sich schwer<br />

tun mit unserer sehr verwaltungsorientierten<br />

Sprache. Bürgerinnen und Bürger aufgrund ihres<br />

Intellekts oder ihres Bildungshintergrunds<br />

wissend oder unwissend in ihren Beteiligungsmöglichkeiten<br />

einzuschränken bedeutet,<br />

ihnen ein grundlegendes Recht zu verwehren.<br />

Denkanstöße für die Zukunft<br />

der Kinder- und Jugendhilfe<br />

Diese Beispiele machen eines deutlich: Rechte<br />

von Kindern und Jugendlichen sind keine<br />

Verfassungsfrage. Die Fragen, die zu klären<br />

sind, und die Aufgaben, die anstehen, sind andere.<br />

Ob junge Menschen zu ihrem Recht kommen,<br />

ist eine Frage des Handelns und zwar auf<br />

den unterschiedlichen Ebenen: Politik, Verwaltung,<br />

Jugendhilfeträger sowie jeder einzelnen<br />

Bürgerin bzw. jedes einzelnen Bürgers.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

Eine Frage des Gleichgewichts<br />

Die Kinder- und Jugendhilfe beginnt zu spät.<br />

Das Kinder- und Jugendhilfegesetz ist kein<br />

„Feuerwehreinsatzplan“. Es ist ein Leistungsgesetz<br />

mit dem Ziel der Förderung junger Menschen<br />

und ihrer Familien. Wenn uns Kinder<br />

und deren Familien etwas wert sind, darf es<br />

kein „Entweder-Oder“ geben. Dann brauchen<br />

wir ein System des „Sowohl-als-auch“. Ein ausgewogenes<br />

Konzept von Prävention und Intervention.<br />

Wir brauchen sowohl die generalisierte<br />

und eher präventiv wirkende Jugendhilfe<br />

als auch die hochgradig spezialisierten<br />

intervenierenden Angebote.<br />

Eine Frage der Ressourcen<br />

Wenn uns junge Menschen und ihre Familien<br />

das wert sind, was sie uns wert sein sollten,<br />

dann brauchen wir ein Investitionsprogramm<br />

des Sozialen: Eine bessere Ausstattung der<br />

Jugendämter und Sozialdienste, eine bessere<br />

Ausstattung der Schulen unter anderem<br />

auch mit Jugendhilfeleistungen und ausreichend<br />

finanzielle Mittel sowohl für die so<br />

genannten freiwilligen Leistungen als auch<br />

für die Pflichtleistungen. Geeignete Hilfen<br />

im Einzelfall anbieten zu können setzt auch<br />

voraus, dass die Angebotslandschaft sowohl<br />

ausreichend spezialisiert als auch flexibel ist,<br />

um auf die individuellen Bedürfnisse junger<br />

Menschen passende Antworten geben zu<br />

können. Und schließlich muss es ausreichend<br />

Angebote geben. Das bedeutet auch, dass<br />

nicht jeder Platz zu jeder Zeit ausgelastet<br />

sein kann. Ein gewisses Maß an „Vorratshaltung“<br />

ist notwendig, damit geeignete Hilfen<br />

grundsätzlich gewährleistet sind.<br />

Eine Frage der Verantwortung<br />

Schließlich brauchen wir eine neue Kultur der<br />

Verantwortung – und zwar nicht nur in der<br />

Kinder- und Jugendhilfe. Jede und jeder muss<br />

geleitet sein von der Maxime, dass Kinder und<br />

Jugendliche das höchste Gut unserer Gesellschaft<br />

sind und dass das Gemeinwesen verantwortlich<br />

für ihre Entwicklung ist. Die<br />

Verantwortung der Kindergärtnerin endet<br />

ebenso wenig an der Gruppentüre, wie die der<br />

Lehrkraft an der Klassenzimmertüre. Die<br />

Verantwortung des Kinderarztes nicht am<br />

Ausgang der Praxis und die der Erziehungsberatungsstelle<br />

nicht am Ende des Beratungsgespräches.<br />

Es bedarf der Sozialen<br />

Arbeit um Netzwerke gut zu spannen und<br />

um mit ihren Methoden die gegenseitigen<br />

Vorbehalte der unterschiedlichen Berufsgruppen<br />

zu überwinden.<br />

Schließlich ist Verantwortung auch eine<br />

Bürgerpflicht. Die beginnt bereits damit<br />

hinzuschauen, wenn eine Mutter ihrem Kind<br />

erlaubt, in der U-Bahn mit Straßenschuhen<br />

auf der Sitzbank herumzuturnen. Verantwortung<br />

heißt auch, sich fürsorgend trauen<br />

nachzufragen, wenn das Kind des Nachbarn<br />

nachts ständig schreit.<br />

Eine Frage des Wertes<br />

Was grundsätzlich gilt, gilt auch für eine gelungene<br />

Kinder-, Jugend- und Familienpolitik.<br />

Wir müssen uns positionieren: Was sind uns<br />

junge Menschen und deren Familien wert?<br />

Und was ist erforderlich, um diesen Wert zu<br />

sichern? Ein ausführlicher Wertediskurs um<br />

Antworten darauf zu finden erfordert Zeit, die<br />

wir uns nehmen sollten und die Bereitschaft<br />

aller Beteiligten zum vorbehaltlosen Diskurs,<br />

die wir wagen sollten.<br />

Es gibt Wichtigeres zu tun, als über die Verfassungsfrage<br />

zu debattieren. Wagen wir den<br />

Sprung hin zum Bekenntnis, dass das höchste<br />

Gut einer freiheitlichen Gesellschaft ihre<br />

jungen Menschen sind. Sie tragen eine Gesellschaft<br />

in ihre Zukunft. Sie müssten es uns wert<br />

sein, dass wir alle rechtlichen Möglichkeiten<br />

ausschöpfen und ihnen das geben, worauf sie<br />

einen Anspruch haben: Ein Recht auf Zukunft!<br />

Norbert Blesch<br />

Dieser Artikel fasst eine Rede zum Thema „Kinderrecht(e)<br />

im Alltag – Kinderrechte in die Landesverfassung<br />

aufnehmen und was das für Auswirkungen<br />

hat“ zusammen, die Norbert Blesch im Rahmen des<br />

„Sondergipfels der Kinder- und Jugendhilfe Berlin“<br />

im Herbst 2008 hielt. Der vollständige Wortlaut ist<br />

auf unserer Internetseite www.kinderschutz.de zu<br />

finden in der Rubrik „Service“ – „Zur Kinder- und<br />

Jugendhilfe“.


8<br />

Jugendsozialarbeit an Schulen und berufsbezogene Jugendhilfe<br />

Unterstützung auf dem Weg ins Berufsleben<br />

Fachgespräch mit Julia Tröger-Hierl aus dem Projekt Job-in Dachau und Christian Eder von der berufsbezogenen<br />

Jugendsozialarbeit an der Wörthschule<br />

Seit wann bestehen Ihre Projekte und<br />

wie können Sie die jungen Menschen<br />

bei ihrem Weg ins Berufsleben unterstützen?<br />

TRÖGER-HIERL: Job-in Dachau gibt es<br />

seit zwei Jahren. In verschiedenen Vorgängerprojekten<br />

habe ich insgesamt neun<br />

Jahre in der Region Dachau im Bereich<br />

Übergang Schule-Beruf gearbeitet. Meine<br />

Kollegin Frau Wohlleben-Deiler und ich<br />

betreuen zwölf Hauptschulen im Landkreis<br />

Dachau und erreichen damit rund 1.200<br />

Schülerinnen und Schüler. In der 8. Klasse<br />

führen wir in den Schulen Berufsvorbereitungstrainings<br />

durch: Wie bewerbe ich<br />

mich, was gilt es zu tun auf dem Weg ins<br />

Berufsleben? Nach diesen Einheiten können<br />

sich etwa 20% der Schülerinnen und<br />

Schüler mit Hilfe ihrer Eltern selbständig<br />

bewerben. Die restlichen 80% benötigen<br />

danach noch weitere Unterstützung, dies<br />

findet meist in Form von Einzelterminen<br />

mit den Jugendlichen bei meiner Kollegin<br />

und mir statt.<br />

EDER: Seit September 2008 gibt es die<br />

Jade-Stelle für die Jugendsozialarbeit der<br />

Wörthschule als Erweiterung der Jugendsozialarbeit,<br />

in der ich vorher gearbeitet<br />

habe. Ich bin direkt an der Schule tätig.<br />

Deshalb sind die Wege zu den Lehrerinnen<br />

und Lehrern kurz und unkompliziert.<br />

Ungefähr 90 Schülerinnen und Schüler<br />

erreiche ich durch meine Arbeit. Teilweise<br />

entsteht eine sehr enge Bindung und die<br />

Betreuung kann über den Berufsfindungs-<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

prozess hinaus gehen. Viele<br />

der von uns betreuten<br />

Schülerinnen und Schüler<br />

leben erst seit einem Jahr<br />

in Deutschland. Vom<br />

sprachlichen Stand sind<br />

sie daher nicht ausbildungsreif.<br />

Bei diesen jungen<br />

Menschen geht es<br />

nicht darum, sie „in eine<br />

Ausbildung zu prügeln“,<br />

sondern herauszufinden,<br />

was vom Leistungsniveau<br />

her passt und was sie noch brauchen. Viele<br />

benötigen dabei einfach nur Zeit, um<br />

ihre Sprachkenntnisse zu erweitern und<br />

die hiesigen kulturellen Gegebenheiten<br />

kennen und verstehen zu lernen.<br />

Wie sehen die Berufschancen für junge<br />

Menschen aus, die eine Hauptschule<br />

besuchen?<br />

TRÖGER-HIERL: Aus meiner Sicht haben<br />

Hauptschülerinnen und Hauptschüler gute<br />

Chancen auf einen Ausbildungsplatz. Ich<br />

halte es für ein Gerücht, dass sie am Arbeitsmarkt<br />

leer ausgehen. Das widerspricht<br />

sämtlichen Erfahrungen unserer Arbeit.<br />

EDER: Ich sehe es etwas anders. Es gibt<br />

durchaus Ausbildungsplätze – gerade im<br />

Handwerk, doch je niedriger der Bildungsabschluss,<br />

desto schwieriger ist es gerade für<br />

Hauptschülerinnen und Hauptschüler einen<br />

Ausbildungsplatz in ihrem Traumberuf zu erhalten.<br />

Sie müssen viele Umwege machen.<br />

TRÖGER-HIERL: Da muss man mit Kreativität<br />

dagegen halten. Gut, ein Hauptschüler<br />

möchte KFZ-Mechantroniker werden,<br />

aber er hat nicht die entsprechenden<br />

Noten. Dann macht er als ersten Schritt<br />

eine Ausbildung zum Metallbauer. Diese<br />

dauert drei Jahre. Danach hat er einen ordentlichen<br />

technisch-handwerklichen Beruf<br />

erlernt und unter Umständen sogar<br />

noch die mittlere Reife erworben. Gleichzeitig<br />

ist er fit im Rechnen und Zeichnen<br />

Job-in Dachau<br />

Job-in Dachau ist ein Kooperationsprojekt des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. mit dem Landkreis<br />

Dachau und der Bundesagentur für Arbeit. Hauptschulabsolventinnen und -absolventen<br />

der zwölf Hauptschulen im Landkreis Dachau werden bei ihrem Übergang<br />

von der Schule in die Ausbildungs- bzw. Arbeitswelt unterstützt.<br />

Zwei pädagogische Fachkräfte begleiten Schülerinnen und Schüler in den Bereichen<br />

Berufsorientierung und –wahl, Ausbildungsplatzsuche, Bewerbung und Berufspraktika.<br />

Schulen, Ausbildungsbetrieben und Unternehmen stehen die Mitarbeiterinnen<br />

von Job-in Dachau auf Wunsch mit Rat und Tat zur Seite.<br />

Job-in Dachau<br />

Münchner Straße 11, 85221 Dachau, Tel. (089) 23 17 16 -8720, job-in@kinderschutz.de<br />

Kreppe: Berufsbezogene Jugendsozialarbeit (Jade)<br />

Im Schuljahr 2008/<strong>2009</strong> entstand ein neues Angebot in den Räumlichkeiten der<br />

Kreppe im Münchner Stadtteil Haidhausen: ein Bewerbungstrainingsangebot für<br />

Jugendliche aus der Wörthschule.<br />

Eine pädagogische Fachkraft des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. berät die Schülerinnen und Schüler<br />

beim Übergang von der Schule in den Beruf. Sie bietet sozialpädagogische Hilfen für<br />

sozial benachteiligte junge Menschen bei der Eingliederung in die Arbeitswelt an.<br />

Kreppe<br />

Berufsbezogene Jugendsozialarbeit (Jade)<br />

An der Kreppe 5, 81667 München, Tel. (089) 23 17 16 -7611, kreppe-jade@kinderschutz.de


geworden. Er kann nun mit Spaß und Leidenschaft<br />

Metallbauer sein oder aber eine<br />

weitere Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker<br />

– mit einer Lehrzeitverkürzung –<br />

beginnen.<br />

Bei der Berufswahl hat es sich als sehr<br />

hilfreich herausgestellt, wenn die jungen<br />

Menschen eine Ausbildung absolvieren,<br />

die einen Tick unter ihrem Leistungsniveau<br />

liegt. Dann haben sie die Chance, dort<br />

richtig gut zu sein. Dabei setzt ein ungeheurer<br />

Reifeprozess ein und sie haben die<br />

lange vermissten Erfolgserlebnisse.<br />

EDER: Das Selbstbewusstsein ist ein wichtiger<br />

Schlüssel. Wir haben zum Teil verhaltensauffällige<br />

Jugendliche. Wenn diese dann<br />

aber beispielsweise ein Praktikum gemacht<br />

haben, sind sie hinterher oftmals wie verwandelt.<br />

Verhaltensauffälligkeiten sind häufig<br />

auch ein Zeichen für mangelndes Selbstbewusstsein.<br />

Positive Praktikumserlebnisse<br />

motivieren solche Schülerinnen und Schüler<br />

oftmals nachhaltig.<br />

Was sind die besonderen Herausforderungen<br />

für Hauptschülerinnen und<br />

Hauptschülern bei der Ausbildungsplatzsuche?<br />

EDER: Im gesamten Bewerbungsprozess<br />

sind oftmals viele schwierige Hindernisse<br />

von den Schülerinnen und Schülern zu<br />

überwinden. Beispielsweise muss auf der<br />

Internetseite der Agentur für Arbeit eine<br />

18-stellige Referenznummer eingegeben<br />

werden, um zu den Adressdaten der Arbeitsstelle<br />

zu gelangen.<br />

TRÖGER-HIERL: Damit sind die Jungendlichen<br />

vielfach überfordert! Viele Arbeitgeber<br />

stellen das Bewerbungssystem auf<br />

Onlinebewerbungen um. Das ist hochkomplex<br />

und für die Schüler nicht ohne Hilfe zu<br />

bewältigen. Sie müssen ihr Bild einscannen,<br />

es ins entsprechende Format konvertieren,<br />

die richtige Schriftgröße verwenden etc.<br />

EDER: Das wird immer stärker auf unsere<br />

Jugendlichen zukommen.<br />

TRÖGER-HIERL: Ja, aber auch eine<br />

„normale“ Bewerbung ist eine komplizier-<br />

te Angelegenheit. Es setzt viel formales<br />

Wissen und Transferleistungen voraus,<br />

womit sich viele Schülerinnen und Schüler<br />

häufig schwer tun.<br />

Was sind die Stärken „Ihrer Jugendlichen“<br />

beim Übergang von der Schule in<br />

die Arbeitswelt?<br />

EDER: Hauptschüler sind oftmals sehr<br />

bodenständig. Sie haben eine nette umgängliche<br />

Art, Charme und sind praktisch<br />

begabt. Sie können meist mehr, als man<br />

ihnen zutraut.<br />

TRÖGER-HIERL: Mehr als sie sich selbst<br />

oft zutrauen! Oft sind sie sehr authentisch,<br />

besonders die Mädchen können sehr liebevoll<br />

und fürsorglich sein. Die Geschichten<br />

hinter den Jugendlichen treiben einem<br />

manchmal die Tränen in die Augen. Da gibt<br />

es Schüler die pflegen ihre Eltern, kümmern<br />

sich um ihre kleineren Geschwister und<br />

beißen sich trotzdem durch.<br />

EDER: Sie haben meist vielfältige Kompetenzen,<br />

die auf den ersten Blick kaum<br />

jemand wahrnimmt.<br />

Was passiert, wenn kein Ausbildungsplatz<br />

gefunden wurde?<br />

TRÖGER-HIERL: Die Agentur für Arbeit<br />

hat ein Bündel von Maß<strong>nah</strong>men, um den<br />

Jugendlichen ohne Abschluss mit Qualifizierungsmaß<strong>nah</strong>men<br />

in den Beruf zu helfen.<br />

EDER: Bei uns wird ein sehr großer Teil<br />

der Schülerinnen und Schüler in diese<br />

Maß<strong>nah</strong>men des Arbeitsamtes vermittelt.<br />

Dabei spielen beispielsweise die sprachlichen<br />

Voraussetzungen eine Rolle. Ziel<br />

kann sein, sie in Deutsch so fit zu machen,<br />

dass sie in der Berufsschule bestehen können.<br />

Praktika sind ebenfalls ein wichtiger<br />

Aspekt. Dort haben die jungen Menschen<br />

die Möglichkeit zu testen, was ihnen<br />

besonders taugt und in welche Richtung<br />

es beruflich wirklich gehen soll.<br />

TRÖGER-HIERL: Egal welche Maß<strong>nah</strong>me<br />

durchgeführt wird, es ist für jeden einzelnen<br />

wichtig ein klares Ziel vor Augen zu<br />

haben, damit sie darauf hinarbeiten können.<br />

Zahlen und Standorte<br />

Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. bietet an folgenden Schulen<br />

in München und im Landkreis Dachau Jugendsozialarbeit<br />

und/oder offene Ganztagsbetreuung an:<br />

Hauptschule an der Wörthstraße<br />

Jugendsozialarbeit Wörthschule<br />

Wörthstraße 2<br />

81667 München<br />

Tel. (089) 45 86 75 88<br />

woerthschule@kinderschutz.de<br />

Schule zur individuellen Lernförderung<br />

in der Kirchenstraße<br />

Jugendsozialarbeit Förderschule Kirchenstraße<br />

Kirchenstraße 13<br />

81675 München<br />

Tel. (089) 41 94 23 -29<br />

fs-kirchenstrasse@kinderschutz.de<br />

Sozialpädagogisches Förderzentrum-Ost<br />

Jugendsozialarbeit Förderzentrum München-Ost<br />

Astrid-Lindgren-Straße 5<br />

81829 München<br />

Tel. (089) 233 -47434<br />

fz-muenchen-ost@kinderschutz.de<br />

Förderzentrum München-Mitte 1<br />

Jugendsozialarbeit Förderzentrum<br />

München-Mitte 1<br />

Dachauer Straße 98<br />

80335 München<br />

Tel. (089) 121 16 39 -24<br />

fz-muenchen-mitte1@kinderschutz.de<br />

Schule zur individuellen Lernförderung<br />

in der Herrnstraße<br />

Jugendsozialarbeit Förderschule Herrnstraße<br />

Herrnstraße 21<br />

80539 München<br />

Tel. (089) 233 -20428<br />

fs-herrnstrasse@kinderschutz.de<br />

Sonderpädagogisches Förderzentrum Dachau<br />

Schülerzentrum am Schlossberg<br />

Dr.-Engert-Straße 9<br />

85221 Dachau<br />

Tel. (089) 23 17 16 -8820<br />

sz-schlossberg@kinderschutz.de<br />

Hauptschule Markt Indersdorf<br />

Jugendsozialarbeit Hauptschule<br />

Markt Indersdorf<br />

Wittelsbacherring 15<br />

85229 Markt Indersdorf<br />

Tel. (08136) 93 12 22<br />

hs-markt-indersdorf@kinderschutz.de<br />

Hauptschule Dachau-Süd<br />

Jugendsozialarbeit Hauptschule Dachau-Süd<br />

Eduard-Ziegler-Straße 3<br />

85221 Dachau<br />

Tel. (08131) 332 79 95<br />

hs-dachau-sued@kinderschutz.de<br />

34 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in<br />

diesem Bereich tätig.<br />

Rund 1.780 Schülerinnen und Schüler wurden<br />

2008 im Rahmen der Angebote an Schulen<br />

betreut und gefördert.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong> 9


10<br />

Kindertagesstätten<br />

Die kindliche Lernentwicklung<br />

setzt emotionale<br />

Geborgenheit voraus<br />

Lena ist drei Jahre alt und neu in der Kindertagesstätte. Sie weicht ihrer Erzieherin<br />

nicht von der Seite. David ist da schon ganz anders drauf. Er ist fast fünf und<br />

damit ein alter Hase in der Kita. Er tobt gerne im Garten mit den anderen Kindern<br />

und will meist mitspielen, wenn andere gerade ein Spiel aufgebaut haben. Typsache,<br />

könnte man sagen und sicherlich auch eine Frage des Alters. Aber auch eine Frage<br />

der emotionalen Geborgenheit und Sicherheit, die Kinder empfinden. Und die<br />

entwickelt sich bei jedem kleinen Menschen ganz individuell.<br />

Tanja Aumann, Leiterin des Bereichs<br />

Kindertagesstätten, weiß, dass Kinder<br />

sich geborgen fühlen müssen, bevor sie<br />

hinaus ziehen um die Welt zu entdecken.<br />

Dies wird in den Kindertagesstätten des<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V. mit einfachen aber<br />

entscheidenden Prinzipien erreicht: zum<br />

einen durch feste Bezugspersonen. Jedes<br />

Kind weiß genau, welche Erzieherin<br />

verlässlich und konstant in seiner Gruppe<br />

ist. Sie empfängt das Kind jeden Morgen<br />

und ist immer da, um zu trösten, Fragen zu<br />

beantworten und zu helfen. Wichtig sind<br />

darüber hinaus Regelmäßigkeiten, an<br />

denen sich die Kinder orientieren können<br />

wie z.B. gleichbleibende Rituale im Tagesablauf:<br />

der Morgenkreis, das gemeinsame<br />

Mittagessen, die Ruhepause am Nachmittag<br />

und der Abschlusskreis bevor die<br />

Kinder von ihren Eltern abgeholt werden.<br />

Ein maßgeblicher Bestandteil des Konzeptes<br />

ist das Stammgruppenprinzip, bei<br />

dem jedes Kind zunächst einer ganz<br />

bestimmten Gruppe angehört und weiß,<br />

hier – in der blauen Gruppe, in der<br />

Regenbogen-Gruppe oder in der Taka-<br />

Tuka-Gruppe – habe ich meinen Platz! Erst<br />

wenn Kinder eine sichere Basis haben,<br />

beginnt das teiloffene Konzept, bei dem<br />

sich die Kinder gruppenübergreifende<br />

Angebote aussuchen und neues Terrain<br />

entdecken.<br />

Ohne E kein L<br />

In einem Umfeld emotionaler Geborgenheit<br />

und Stabilität sind Kinder bereit und<br />

fähig zu lernen. Die Kindertagesstätte<br />

bietet ein großes Lernfeld für das Sozial-<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

verhalten: Die Kinder lernen Freundschaften<br />

aufzubauen, Konflikte auszutragen,<br />

sich etwas zu trauen sowie für andere da<br />

zu sein und Dinge gemeinsam zu machen.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt in den Kindergartenjahren<br />

ist die Förderung der Grobund<br />

Feinmotorik durch Bewegung, Spiele<br />

und kreative Angebote. Wahrnehmung,<br />

Koordination und Geschicklichkeit werden<br />

sowohl beim Rennen, Hüpfen, Tanzen,<br />

Balancieren und Klettern geschult, als<br />

auch beim Umgang mit Schere und Stift,<br />

beim Kleben und Falten. Wesentliches<br />

Lernfeld sind auch die kognitiven Fähigkeiten,<br />

das Denk- und Konzentrationsvermögen.<br />

Die Kinder lernen Musik und<br />

Rhythmus kennen, die Wiedergabe einer<br />

Geschichte oder eines Erlebnisses, begreifen<br />

kleine Experimente. Das Lernen in der<br />

Kita erfolgt in hohem Maße durch wortwörtliches<br />

„Begreifen“, durch befühlen,<br />

riechen und schmecken der Dinge.<br />

In der Diskussion um den „Bildungswahn“<br />

im Kindergarten greift Tanja Aumann auf<br />

die Worte von Astrid Lindgren zurück:<br />

„Kinder sollten mehr spielen, als viele<br />

Kinder es heutzutage tun. Denn wenn man<br />

genügend spielt, solange man klein ist,<br />

dann trägt man Schätze mit sich herum,<br />

aus denen man später sein ganzes Leben<br />

lang schöpfen kann.“ Spielen, das sei der<br />

„Hauptberuf“ von Kindern. Durch Spielen<br />

lernen Kinder, setzen sich aktiv mit ihrer<br />

Umwelt und ihren Erlebnisse auseinander<br />

und teilen sich mit. Spielen soll Spaß<br />

machen mit dem Ziel, für das Leben wichtige<br />

Lernerfahrungen zu machen.<br />

Zahlen und Standorte<br />

Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. betreibt fünf<br />

Kindertagesstätten in München:<br />

Kindertagesstätte Berg am Laim<br />

(3 Kindergartengruppen und 1 Hortgruppe)<br />

St.-Michael-Straße 77<br />

81671 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7930<br />

kita-berg-am-laim@kinderschutz.de<br />

Kindertagesstätte Fingerkrautanger<br />

(2 Kindergartengruppen und 1 Hortgruppe)<br />

Fingerkrautanger 4<br />

80937 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7730<br />

kita-fingerkrautanger@kinderschutz.de<br />

Kindertagesstätte Lotte Wetter<br />

(3 Kindergartengruppen)<br />

Elisabeth-Mann-Borgese-Straße 35<br />

81829 München<br />

Tel. (089) 43 75 98 72<br />

Kita-lotte-wetter@kinderschutz.de<br />

Kindertagesstätte Michael-Huber-Weg<br />

(2 Kindergartengruppen)<br />

Michael-Huber-Weg 28<br />

81667 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7330<br />

kita-michael-huber-weg@kinderschutz.de<br />

Kindertagesstätte Parkstadt Schwabing<br />

(3 Kindergartengruppen)<br />

Lilly-Reich-Straße 14<br />

80807 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7230<br />

kita-parkstadt-schwabing@kinderschutz.de<br />

37 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in<br />

diesem Bereich tätig.<br />

Rund 260 Kinder im Alter von 3 bis 10 Jahren<br />

wurden 2008 in den Kindergarten- und<br />

Hortgruppen betreut und gefördert.


Ambulante Erziehungshilfe für Gehörlose<br />

Wertvolle Unterstützung in<br />

einer hörenden Welt<br />

Nach 19 Jahren entschied sich eine 40jährige<br />

Mutter von vier Kindern endgültig<br />

dazu, sich von ihrem gewalttätigen und<br />

spielsüchtigen Ehemann zu trennen und<br />

von nun an das Leben und die Erziehung<br />

ihrer Kinder alleine zu bewältigen. Auch<br />

in ganz normalen Familien ist eine Trennung<br />

ein schwerer Schritt, der viel Kraft<br />

und Mut kostet. Doch in diesem Fall kam<br />

noch ein weiteres Detail hinzu – die in Zukunft<br />

alleinerziehende Mutter ist gehörlos.<br />

Aufgaben, mit denen die meisten Gehörlosen<br />

gut zurecht kommen, können andere<br />

vor große Probleme stellen. Im Fall der<br />

nun alleinerziehenden Mutter hatte sich<br />

früher beispielsweise immer der Mann um<br />

Behördengänge oder den Kontakt mit den<br />

Schulen der Kinder gekümmert. Weil seine<br />

Frau in der „hörenden Welt“ nie auf<br />

sich alleine gestellt war, traf sie in der<br />

neuen Situation als Alleinsorgende auf<br />

zahlreiche Hindernisse. Wie kann sie ohne<br />

ihren Ex-Mann als Übersetzer eine Wohnung<br />

mieten? Wie soll sie an Elternabenden<br />

in den Schulen teilnehmen, ohne ihre<br />

Kinder als Dolmetscherersatz zu überfordern?<br />

Hilfestellung bei allen Fragen<br />

des Alltags<br />

Mit ihren Fragen wandte sich die Mutter<br />

an das Jugendamt, das sie an die Ambulante<br />

Erziehungshilfe (AEH) für Gehörlose<br />

des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. vermittelte. Dieses<br />

in München einmalige Angebot für Gehörlose<br />

unterstützt Familien im häuslichen<br />

Umfeld, die Hilfe bei der Erziehung und<br />

der Alltagsbewältigung benötigen. Die<br />

Mitarbeiterinnen begleiteten die alleinerziehende<br />

Mutter während der beschwerlichen<br />

Zeit des Scheidungsverfahrens bis<br />

hin zur Stabilisierung der neuen Lebensverhältnisse<br />

kontinuierlich. Sie informierten<br />

die Frau auch, welche Hilfsangebote<br />

ihr generell zustanden und ermutigten sie,<br />

häufiger einen Dolmetscher hinzuzuziehen.<br />

Denn wie zahlreiche Gehörlose hat-<br />

te auch sie bislang Hemmungen, einen<br />

Dritten in persönlichen Angelegenheiten<br />

ins Vertrauen zu ziehen. Ebenso befand sie<br />

sich über ihren Anspruch auf Kosten-<br />

erstattung im Unklaren und schreckte vor<br />

den teils langen Organisations- und Wartezeiten<br />

zurück. Hier bauten die Mitarbeiterinnen<br />

der AEH gemeinsam mit ihrer<br />

Klientin deren Vorurteile und Ängste ab,<br />

unterstützten sie in ihrem Alltag und<br />

halfen in Erziehungsfragen weiter. Heute<br />

gelingt es der kleinen Familie sehr gut, ihr<br />

gemeinsames Leben alleine zu meistern.<br />

Anlaufstelle für Gehörlose<br />

aus ganz München<br />

Drei Pädagoginnen beschäftigt der <strong>Kinderschutz</strong><br />

e.V. in der AEH für Gehörlose.<br />

Die Mitarbeiterinnen betreuen Kinder und<br />

deren Eltern in ganz München.<br />

Kelly Randler und Anke Klingemann sind<br />

selbst gehörlos, die hörende Gerti<br />

Schaupp-Böhm beherrscht die Gebärdensprache<br />

und kann zwischen den unterschiedlichen<br />

Welten der Hörenden und<br />

Nicht-Hörenden vermitteln. Eine Betreuung<br />

der Klienten durch Mitarbeiterinnen,<br />

die selbst gehörlos sind, ist besonders<br />

wertvoll. Zum einen verläuft die sprachliche<br />

Verständigung ohne einen vermittelnden<br />

Dolmetscher einfacher und direkter.<br />

Außerdem befinden sich die Gehörlosen<br />

in derselben Lebenswelt. Dadurch fällt<br />

es ihnen oftmals leichter, die Probleme<br />

und Konflikte der Familien zu verstehen.<br />

Gehörlose Menschen benötigen barrierefreien<br />

Zugang zu Informationen und Beratung.<br />

Dies ist nur möglich, wenn eine<br />

gebärdensprachkompetente Betreuung<br />

gesichert ist, Gebärdensprachdolmetscherinnen<br />

und -dolmetscher zur Verfügung<br />

stehen und technische Informationsmöglichkeiten<br />

bereitstehen. Die soziale Unterstützung<br />

und Versorgung von Gehörlosen<br />

in München ist in dieser Hinsicht noch lückenhaft.<br />

Für viele Bereiche existieren entweder<br />

gar keine Fachdienste, oder der Zu-<br />

gang zu ihnen ist so kompliziert, dass die<br />

Hilfesuchenden sofort abgeschreckt werden.<br />

Deshalb setzt sich die AEH für Gehörlose<br />

für eine stärkere Vernetzung der<br />

bestehenden Hilfsangebote ein und wirkt<br />

darauf hin, die bestehenden Lücken zu<br />

verringern. Mit ihrer Arbeit öffnet diese<br />

spezielle AEH nicht hörenden Eltern und<br />

ihren Kindern Türen zu Hilfsangeboten, die<br />

ihnen im Normalfall versperrt bleibt.<br />

Zahlen und Standorte<br />

In fünf Münchner Sozialregionen bietet der<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V. in Kooperation mit anderen<br />

Trägern der Kinder- und Jugendhilfe Ambulante<br />

Erziehungshilfe an. Das Angebot für Gehörlose<br />

ist überregional für Familien, Kinder und<br />

Jugendliche aus allen Stadtbezirken.<br />

Ambulante Erziehungshilfe<br />

Au/Haidhausen/Bogenhausen<br />

Muspillistraße 21<br />

81925 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7310<br />

aeh5-13@kinderschutz.de<br />

Ambulante Erziehungshilfe Hasenbergl/<br />

Feldmoching<br />

Walter-Sedlmayr-Platz 9<br />

80995 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7510<br />

aeh24@kinderschutz.de<br />

Ambulante Erziehungshilfe Milbertshofen/<br />

Am Hart/Harthof<br />

Milbertshofener Straße 12<br />

80807 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7110<br />

aeh11@kinderschutz.de<br />

Ambulante Erziehungshilfe Ramersdorf/Perlach<br />

Feichtstraße 5<br />

81735 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7410<br />

aeh16@kinderschutz.de<br />

Ambulante Erziehungshilfe<br />

Schwabing/Freimann<br />

Heidemannstraße 25-27<br />

80939 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7210<br />

aeh4-12@kinderschutz.de<br />

Ambulante Erziehungshilfe für Gehörlose<br />

Milbertshofener Straße 12<br />

80807 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7110<br />

Bildtel. (089) 23 17 16 -7126<br />

aeh-gehoerlose@kinderschutz.de<br />

73 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in<br />

diesem Bereich tätig.<br />

319 Kinder, Jugendliche und deren Familien<br />

wurden 2008 im Rahmen der Angebote betreut<br />

und begleitet.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

11


12<br />

Beratung<br />

Kontakt-, Informations- und Beratungsstelle<br />

für männliche Opfer sexueller Gewalt (kibs)<br />

Offensichtlich unsichtbar –<br />

sexuelle Gewalt gegen Jungen<br />

Die Kontakt-, Informations- und Beratungsstelle für männliche Opfer sexueller<br />

Gewalt (kibs) hilft Jungen und jungen Männern, die von sexueller Gewalt betroffen<br />

sind oder waren, durch persönliche Information, Beratung und Betreuung. Die Idee<br />

zur Gründung stammt ursprünglich von Ulrike Tümmler-Wanger. Sie machte in<br />

ihrer langjährigen sozialpädagogischen Tätigkeit mit Jugendlichen immer wieder die<br />

Erfahrung, dass für Jungen, die von sexueller Gewalt betroffen waren, keinerlei<br />

Hilfsangebote bestanden. Seit 1999 leitet Frau Tümmler-Wanger die Beratungsstelle.<br />

Zusammen mit ihrem Kollegen Stefan Port gibt sie tiefere Einblicke in die<br />

Arbeit von kibs.<br />

Wie hilft kibs Jungen, die Opfer sexueller<br />

Gewalt geworden sind?<br />

TÜMMLER-WANGER: Das Angebot von<br />

kibs richtet sich in erster Linie an die betroffenen<br />

Jungen, aber auch an deren<br />

Eltern, Geschwister, Freunde. Die Aufdeckung<br />

sexuellen Missbrauchs oder der<br />

Verdacht allein stürzt meist das gesamte<br />

Umfeld in eine Krise, deshalb müssen<br />

sie ebenfalls in den Hilfsangeboten mit<br />

bedacht werden. Beim Verdachtsfall<br />

kommt in der Regel die Mutter oder ein<br />

Angehöriger in unsere Beratungsstelle.<br />

Es wird dann gemeinsam – unter Einbezug<br />

des Helfersystems – versucht, die<br />

Verdachtsmomente abzuklären. Verschiedene<br />

Beobachtungen werden zusammen<br />

getragen, um sich ein Bild machen<br />

zu können.<br />

PORT: Wir versuchen dann wieder Ruhe<br />

ins System zu bringen. Der aufgeregten<br />

Mutter zu helfen, dass sie wieder handlungsfähig<br />

wird. Dadurch gehen auch die<br />

Auffälligkeiten des Jungen zurück. Das<br />

Helfersystem wird ebenfalls dahingehend<br />

beraten, dass es nicht mit in die<br />

Krise fällt und sich nicht durch den<br />

Missbrauchsfall überfordert fühlt. Dies<br />

wirkt sich wiederum positiv auf den Jungen<br />

aus. Die Arbeit mit dem gesamten<br />

System ist ein langwieriger Prozess. Je<br />

nach Bedarf werden für den betroffenen<br />

Jungen individuell Hilfen eingeleitet.<br />

Bei den älteren Jungen zwischen 12 und<br />

17 Jahren gestaltet es sich meist sehr<br />

schwierig, weil die eher das Gefühl vermitteln:<br />

„Das war o.k. Ich pack das<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

schon. Ich komme damit alleine klar. Ich<br />

brauche keine Hilfe.“ Dann müssen wir<br />

sehr kreativ sein, um sie mit unseren Angeboten<br />

zu erreichen.<br />

Wie sieht dieses „kreative Hilfsangebot“<br />

für die betroffenen Jungen aus?<br />

TÜMMLER-WANGER: Wir stellen beispielsweise<br />

nicht die Erwartung an die<br />

Jungen, dass sie unbedingt in die Beratungsstelle<br />

kommen. Wir treffen uns<br />

dann oft an Plätzen, welche die Jungen<br />

vorschlagen, die für sie unverfänglich<br />

sind – im Fastfood-Restaurant, im Café…<br />

Wir vermitteln ihnen sehr schnell, dass<br />

sie die Inhalte der Gespräche bestimmen,<br />

dass sie uns nichts erzählen müssen,<br />

dass wir sie nicht „ausquetschen“ werden<br />

und sie Tempo und Inhalt der Beratung<br />

bestimmen. Wir haben im Laufe der<br />

Zeit gelernt, wie wichtig es ist bei der<br />

Terminvergabe flexibel zu sein. Wir<br />

machen keinen Druck, wenn Termine<br />

kurzfristig abgesagt, verschoben oder<br />

vergessen werden. Viele brauchen erfahrungsgemäß<br />

länger, um sich auf die<br />

Hilfe einlassen zu können.<br />

Was können Sie zur generellen Versorgung<br />

von Jungen die Opfer sexueller<br />

Gewalt geworden sind in Deutschland<br />

und Bayern sagen?<br />

TÜMMLER-WANGER: Deutschlandweit<br />

können wir immer noch sagen, dass wir<br />

in dieser geschlechtsspezifischen Form<br />

einzigartig sind. Es gibt mittlerweile -<br />

zum Glück - auch anderswo Angebote<br />

für Jungen. Doch richten sie sich meist<br />

nicht in dieser Ausschließlichkeit an die<br />

Opfer, sondern sind eher in Kombinationen<br />

mit anderen Maß<strong>nah</strong>men zu sehen.<br />

In Bayern gibt es die wenigsten Angebote.<br />

Das führte dazu, dass wir Anfragen<br />

aus ganz Bayern erhalten. Dadurch<br />

ist ein Modellprojekt mit Erziehungsberatungsstellen<br />

entstanden.<br />

Wie wurde das Modellprojekt mit den<br />

Erziehungsberatungsstellen umgesetzt?<br />

TÜMMLER-WANGER: Wir haben Erziehungsberatungsstellen<br />

bayernweit zur<br />

Thematik sexuelle Gewalt an Jungen geschult.<br />

Wir versuchen nun Anfragen an<br />

Kolleginnen und Kollegen dieser Erziehungsberatungsstellen<br />

zu vermitteln.<br />

Wir stehen mit ihnen in engem Kontakt<br />

und versuchen die Betroffenen dort anzubinden.<br />

PORT: Es ist ein Netzwerk entstanden.<br />

Wir kommen in die Region der Erziehungsberatungsstelle<br />

und stellen dort<br />

im Arbeitskreis unsere Arbeit vor. Dadurch<br />

können wir die Kolleginnen und<br />

Kollegen stärker für diese Thematik sensibilisieren.<br />

Was können die Erziehungsberatungsstellen<br />

leisten und wo stößt diese Arbeit<br />

an ihre Grenzen?<br />

TÜMMLER-WANGER: Die Erziehungsberatungsstellen<br />

haben ein sehr breitgefächertes<br />

Angebot und sind für alle<br />

Auffälligkeiten von Kindern und Erziehungsfragen<br />

zuständig. Sie haben dabei


nicht diesen speziellen geschlechtsspezifischen<br />

Ansatz wie wir und verfügen<br />

oftmals nicht über die Flexibilität und<br />

Kapazitäten, um mit den Jungen so intensiv<br />

zu arbeiten und auf das Umfeld<br />

eingehen zu können. Auf Wunsch kann<br />

kibs ebenfalls die Prozessvorbereitung<br />

und Begleitung leisten. Dies wäre für die<br />

Erziehungsberatungsstellen in diesem<br />

Umfang nicht leistbar. Ein wichtiges Anliegen<br />

ist für uns die Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Wir beteiligen uns an Broschüren,<br />

schreiben Fachartikel, bieten Fortbildungen<br />

an und organisieren Fachtage.<br />

Dies wird auch weiterhin eine Aufgabe<br />

von kibs bleiben. Durch die Zusammenarbeit<br />

ist eine bessere Vernetzung mit<br />

den Erziehungsberatungsstellen entstanden,<br />

wovon die Klienten letztendlich<br />

profitieren.<br />

Worin liegen die größten Herausforderungen<br />

Ihrer Arbeit?<br />

TÜMMLER-WANGER: Wir kämpfen immer<br />

noch mit dem Tabu, dass auch Jungen<br />

Opfer sexueller Gewalt werden können.<br />

Dies zu brechen ist eine der größten<br />

Herausforderungen unserer Arbeit.<br />

Wir investieren unter anderem deshalb<br />

viel Zeit in Fortbildungen und Öffentlichkeitsarbeit.<br />

PORT: Dies ist deshalb so wichtig, damit<br />

es für Jungen leichter wird sich anzuvertrauen<br />

und von den Erwachsenen<br />

eher eine Wahrnehmung für Missbrauch<br />

an Jungen entsteht.<br />

Was wünschen Sie sich für die<br />

Zukunft?<br />

PORT: Es wäre wünschenswert<br />

über die Medien, das<br />

Fernsehen, das Radio, die<br />

Presse auf dieses Thema aufmerksam<br />

zu machen – ohne<br />

dass dem erst ein dramatischer<br />

Fall von Kindesmissbrauch<br />

vorangehen muss –<br />

dass die Fachkräfte zu Wort<br />

kommen, um dieses Thema<br />

breit zu streuen und in der Öffentlichkeit<br />

zu verankern. In<br />

den Medien wird leider oftmals<br />

das Bild vermittelt, dass<br />

die Männer gar keine Opfer sein können<br />

und wenn dann hat es ihnen Spaß gemacht.<br />

TÜMMLER-WANGER: Ganz wichtig<br />

wäre es, dass es für Fachkräfte irgendwann<br />

selbstverständlich wird, bei einem<br />

auffälligen Verhalten eines Jungen auch<br />

immer möglichen Missbrauch als Ursache<br />

in Betracht zu ziehen.<br />

Und wir wünschen uns eine stabile Finanzierung<br />

des Angebotes. Wir erhalten<br />

eine Regelfinanzierung der Landeshauptstadt<br />

München, die rund 60% unsere<br />

Kosten deckt. Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

trägt 1,5 Personalstellen selbst, weil die<br />

Nachfrage derart groß ist. Wir können<br />

und wollen die Betroffenen mit ihren Erlebnissen<br />

nicht alleine lassen. Die Finanzierungssituation<br />

muss sich aber ändern,<br />

damit wir langfristig den Opfern<br />

sexueller Gewalt helfen können. Ein<br />

Lichtblick dabei ist eine großzügige aber<br />

einmalige Förderung durch Sternstunden<br />

e.V.<br />

Natürlich wäre unser großer Wunsch,<br />

dass für Opfer bayernweit ein (kibs-) Angebot<br />

zur Verfügung stünde. Ebenso<br />

wichtig wäre zusätzliches Personal, um<br />

alle Anfragen bedienen zu können.<br />

Die Anfragesituation ist in den letzten<br />

Jahren kontinuierlich gestiegen. Besonders<br />

die Fachberatungen von Institutionen<br />

nehmen stark zu. Aufgrund unserer<br />

begrenzten Kapazitäten können wir leider<br />

nicht alle Fälle aufnehmen und müssen<br />

mit Wartelisten arbeiten.<br />

Stefan Port und Ulrike Tümmler-Wanger beraten männliche<br />

Opfer sexueller Gewalt.<br />

kibs lädt ein zur Fachtagung<br />

zum Thema “Jungen als Opfer<br />

sexualisierter Gewalt” am<br />

19. und 20. November <strong>2009</strong><br />

in München<br />

Veranstalter der Fachtagung sind kibs,<br />

das Deutsche Jugendinstitut (DJI) und<br />

die Hochschule Landshut. Sie wird<br />

unterstützt vom Bayerischen Staatsministerium<br />

für Arbeit und Sozialordnung,<br />

Familie und Frauen. Weitere Infor ma -<br />

tionen zur Veranstaltung und Anmeldung<br />

unter www.kinderschutz.de /www.kibs.de.<br />

Zahlen und Standort<br />

3 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />

Bereich tätig.<br />

512 Klienten und Fachkräfte wurden 2008 von<br />

kibs betreut und informiert<br />

Im Rahmen von Fortbildungen und Informationsveranstaltungen<br />

konnten 2008 rund 770<br />

Fachkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie<br />

Interessierte erreicht werden.<br />

kibs<br />

Kathi-Kobus-Straße 9<br />

80797 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9120<br />

mail@kibs.de<br />

KIM (Beratung für Mädchen und Jungen bei<br />

sexuellen Gewalterfahrungen)<br />

Ludwigstraße 4<br />

82256 Fürstenfeldbruck<br />

Tel. (08141) 35 72 87<br />

info@kim-ffb.de<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

13


14<br />

Beratung<br />

kids-hotline<br />

Onlineberatung für Kinder<br />

und Jugendliche<br />

Ein Interview mit Projektleiterin Emily Engelhardt<br />

„Meine Mitschüler mobben mich, was<br />

kann ich tun?“ schrieb die damals 15-jährige<br />

Marie in das Online-Forum der kidshotline,<br />

einer Internet-Beratungsstelle für<br />

Jugendliche. „Ständig lachen die anderen<br />

über mich und schließen mich aus. Ich bin<br />

verzweifelt.“ Sofort reagierte ein Berater<br />

der kids-hotline auf ihren Hilferuf, <strong>nah</strong>m<br />

sie und ihr Anliegen ernst und arbeitete<br />

gemeinsam mit ihr an Lösungsmöglichkeiten<br />

für ihr Problem. Nach und nach verringerten<br />

sich Maries Beiträge im Forum<br />

und es kamen positive Rückmeldungen,<br />

dass sich die Lage bei ihr in der Klasse<br />

gebessert habe.<br />

Heute, zwei Jahre später, sitzt Marie auf<br />

der anderen Seite. Als sogenannte „Peer“-<br />

Beraterin hilft sie Jugendlichen mit demselben<br />

oder anderen Problemen. Durch<br />

ihre eigenen Erfahrungen und die Tatsache<br />

geprägt, dass sie sich erfolgreich aus der<br />

Mobbing-Falle befreien konnte, steht sie<br />

nun anderen Betroffenen mit Rat und Tat<br />

zur Seite: “Ihr könnt es schaffen, dass das<br />

Mobbing aufhört!“<br />

Einstiegsseite in die Forenberatung: Foren sind virtuelle Pinnwände<br />

auf der Webseite der kids-hotline. Kinder und Jugendliche<br />

auf der Suche nach Unterstützung und Beratung können ihre<br />

Fragen öffentlich und für jeden lesbar hier „anheften“. Die Antworten<br />

der User und des Berater-Teams werden der jeweiligen<br />

Frage zugeordnet.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

Genauso wie der verzweifelten Marie<br />

konnte die kids-hotline bereits vielen Jugendlichen<br />

zwischen 14 und 21 Jahren<br />

helfen, aktiv ihre Probleme zu bewältigen.<br />

Über 19.000 User haben sich inzwischen<br />

bei der kids-hotline registriert und so die<br />

Möglichkeit im Forum, in Einzel- oder<br />

Chatberatung alle ihre Fragen loszuwerden.<br />

Sei es das erste Verliebstein, Probleme<br />

mit den Eltern oder traumatische Erlebnisse<br />

wie sexueller Missbrauch – die<br />

kids-hotline antwortet innerhalb von 24<br />

Stunden auf jede Anfrage.<br />

Dieses Engagement bleibt nicht unentdeckt<br />

– 2008 erhielt die kids-hotline als<br />

erstes soziales Beratungsangebot den<br />

Grimme Online Award. Emily Engelhardt,<br />

die Leiterin der Internet-Beratungsstelle,<br />

<strong>nah</strong>m die Auszeichnung persönlich entgegen.<br />

Was bedeutet der Gewinn des Grimme<br />

Online Award für die kids-hotline?<br />

Es ist eine riesige Anerkennung unserer<br />

Arbeit! Wir haben uns alle sehr gefreut,<br />

aus den vielen tollen Projekten ausgewählt<br />

zu werden. Dank dieses renommierten<br />

Preises haben wir auch viel Aufmerksamkeit<br />

in der Öffentlichkeit<br />

erhalten. Der Gewinn des<br />

World-Summit-Award<br />

Germany <strong>2009</strong> ist daraus<br />

hervorgegangen, durch den<br />

wir nun auf internationaler<br />

Ebene für den World-<br />

Summit-Award nominiert<br />

sind, einem von der UNO<br />

ins Leben gerufenen Medienpreis.<br />

Warum wurde gerade<br />

die kids-hotline für den<br />

Grimme Online Award ausgewählt?<br />

Was uns von anderen Anbietern,<br />

die Ähnliches machen<br />

abhebt und uns ein-<br />

zigartig macht ist, dass wir Hilfe im Netz<br />

anbieten und dabei stark mit Ehrenamtlichen<br />

und Peers, das sind jugendliche Beraterinnen<br />

und Berater, zusammenarbeiten.<br />

Die Ehrenamtlichen decken genau die Zeiten<br />

ab, in denen Online-Beratung in Anspruch<br />

genommen wird. In den Abendstunden,<br />

an Wochenenden, in den Ferienzeiten<br />

und an Feiertagen sind sie aktiv, wo<br />

andere Beratungsanbieter häufig nicht besetzt<br />

sind.<br />

Und was ist das Besondere an der Konzeption<br />

eurer Beratung?<br />

Die öffentlichen Foren, die jedem die Möglichkeit<br />

bieten, unsere Seite zu besuchen<br />

und erstmal zu schauen: was machen die<br />

da, was krieg ich für Beratung und bin ich<br />

dort in guten Händen? Dann können die<br />

Jugendlichen jederzeit ihre individuellen<br />

Anfragen stellen. Es gibt auch viele Besucherinnen<br />

und Besucher unserer Seite, die<br />

nie selber schreiben, aber sicher viel mitlesen<br />

und sich bereits dadurch Antworten<br />

auf ihre Fragen holen können.<br />

Wir sind dadurch ein sehr offenes Angebot,<br />

mit einer sehr niedrigen Zugangsschwelle.<br />

Ihr arbeitet mit 70 Ehrenamtlichen<br />

zusammen, die viel Freizeit für die kidshotline<br />

opfern, im Durchschnitt fünf bis<br />

zehn Stunden die Woche. Warum<br />

investieren sie ihre Zeit gerade in die<br />

kids-hotline?<br />

Unseren ehrenamtlichen Fachberaterinnen<br />

und -beratern gebührt wirklich große<br />

Anerkennung für ihr Engagement. Manche<br />

sind bereits seit sechs Jahren bei uns


tätig. Sie arbeiten deshalb so gerne für die<br />

kids-hotline, weil sich schnell sichtbare<br />

Erfolge in der Beratungsarbeit zeigen. Dies<br />

und die Tatsache, im Team für eine gute<br />

Sache zu arbeiten, gibt ein gutes Gefühl.<br />

Außerdem qualifizieren wir sie kostenlos<br />

zur professionellen Onlineberatung und<br />

die Arbeitszeiten sind sehr flexibel.<br />

Wie wird die Qualität der ehrenamtlichen<br />

Beratung gesichert?<br />

Voraussetzung für die ehrenamtliche Beratung<br />

bei kids-hotline ist ein fachlicher<br />

Hintergrund im Bereich der Pädagogik, der<br />

Psychologie oder verwandten Fachrichtungen.<br />

Außerdem durchlaufen die Ehrenamtlichen<br />

ein Bewerbungsverfahren<br />

und am Anfang eine Testphase, in der sie<br />

schauen können, ob sie sich die Arbeit so<br />

vorgestellt haben und ob sie fähig sind,<br />

sie zu leisten. Im Anschluss werden sie<br />

ausgiebig geschult, um wirklich fit in der<br />

Onlineberatung zu sein. Während ihrer Arbeit<br />

werden sie durch Supervision und gemeinsame<br />

Fallbesprechungen unterstützt.<br />

Euer Konzept ist sehr erfolgreich. Können<br />

andere Beratungsangebote von euren Erfahrungen<br />

profitieren? Besteht ein Austausch<br />

mit anderen Beratungsangeboten?<br />

Ja, wir sind dabei ein Netzwerk zwischen<br />

den Beratungsstellen aufzubauen, um eine<br />

EinBlick<br />

engere Zusammenarbeit zu ermöglichen.<br />

In diesem Rahmen findet im September<br />

<strong>2009</strong> bereits zum zweiten Mal das „Fachforum<br />

Onlineberatung“ statt. Außerdem<br />

kann sich jeder an uns wenden, der Hilfe<br />

bei der Erstellung eines Konzepts zur<br />

Onlineberatung braucht.<br />

Was sind die Zukunftspläne der kidshotline?<br />

<strong>2009</strong> werden wir zehn Jahre alt. Da wird<br />

es Zeit für eine Neugestaltung unserer Seite.<br />

Wir werden sie optisch in neuem Glanz<br />

erstrahlen lassen, aber auch inhaltliche Erweiterungen<br />

stehen auf dem Programm.<br />

Wir wollen unser Angebot noch leichter<br />

für Jüngere zugänglich machen und auch<br />

bildungsfernere Jugendliche noch stärker<br />

erreichen.<br />

Unsere große Vision ist es, unser Beratungsnetzwerk<br />

auszubauen. Je mehr Hilfsangebote<br />

Hand in Hand zusammenarbeiten,<br />

umso erfolgreicher können wir den<br />

Jugendlichen bei ihren Problemen helfen.<br />

Die Beratung der kids-hotline ist kostenlos<br />

und es gibt auch keine Werbung<br />

auf der Website. Wie wird das Angebot<br />

finanziert?<br />

Öffentliche Gelder stehen uns leider gar<br />

nicht zur Verfügung. Wir werden finanziell<br />

von einigen privaten Förderern und<br />

Sponsoren unterstützt, wofür wir sehr<br />

dankbar sind. Den Löwenanteil übernimmt<br />

der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. Damit<br />

kommen wir zurzeit zwar gerade so über<br />

die Runden und können das nötigste<br />

finanzieren. Doch eigentlich reicht das<br />

bei Weitem nicht aus. Eine gesicherte<br />

und auf längere Sicht planbare Finanzierung<br />

wäre eine große Erleichterung<br />

für die kids-hotline und würde es uns<br />

ermöglichen, noch mehr junge Menschen<br />

zu erreichen.<br />

Zahlen und Standort<br />

3 Fachkräfte in Voll- und Teilzeit<br />

sind bei der kids-hotline tätig.<br />

Rund 70 ehrenamtliche Beraterinnen und Berater<br />

investieren über 2.500 Stunden monatlich in die<br />

Online-Beratung – davon 15 Peers im Alter<br />

zwischen 14 und 21 Jahren.<br />

Rund 1.900 neue User haben sich 2008<br />

registriert und sich mit ihren Fragen an die<br />

kids-hotline gewandt.<br />

kids-hotline<br />

Kathi-Kobus-Straße 9<br />

80797 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9950<br />

info@kids-hotline.de<br />

Kids-hotline als erstes soziales Beratungsangebot mit dem<br />

Grimme Online Award ausgezeichnet<br />

Seit 2001 zeichnet<br />

das Adolf-<br />

Grimme-Institut<br />

jährlich Internetangebote,<br />

die<br />

durch hervorragende<br />

Qualität überzeugen, mit dem<br />

Grimme Online Award aus. Eine unabhängige<br />

Nominierungskommission und Jury<br />

aus Fachleuten bewertet sowohl nach<br />

inhaltlichen, funktionalen und gestalterischen<br />

Aspekten. Neben den internetspezifischen<br />

Bewertungsmaßstäben spielen<br />

journalistische Qualität, soziale Verant-<br />

wortung und gesellschaftliche Relevanz<br />

eine Rolle bei der Auswahl.<br />

Wie die kids-hotline in der Kategorie „Wissen<br />

und Bildung“ überzeugt hat, wird in<br />

der Begründung der Jury deutlich. Kein anderes<br />

Medium leiste ein professionelles<br />

Hilfsangebot im Web „in solch passgenauer,<br />

effizienter und (…) niedrigschwelliger<br />

Weise. Dass eine solche Beratungsstelle im<br />

Web nur mit hoher Verlässlichkeit, Kontinuität<br />

und mit großem Engagement sinnvoll<br />

ist, liegt auf der Hand – die ‚kids-hotline’<br />

leistet dies in vorbildlicher Weise.“<br />

Emily Engelhardt (Leiterin kids-hotline, 2 v. links),<br />

Norbert Blesch (Geschäftsführer <strong>Kinderschutz</strong><br />

e.V., Mitte), Triz Heider (Konzept und Technik kidshotline,<br />

rechts) sowie zwei Berater der Online -<br />

beratungsstelle nehmen den Grimme Online<br />

Award entgegen.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

15


16<br />

Tiergestützte Pädagogik und Therapie<br />

Paulihof – Heilende Pädagogik mit Tieren<br />

Tiere helfen Kindern,<br />

neuen Mut zu fassen<br />

Ein Pferd ist ein Pferd und ein Spiegel ist<br />

ein Spiegel. Manchmal aber ist ein Pferd<br />

auch ein Spiegel. Das ist natürlich nicht<br />

wortwörtlich gemeint. Fritz bleibt immer<br />

ein Pferd. In der Begegnung mit Kindern<br />

und Jugendlichen auf dem Paulihof spiegelt<br />

sein Verhalten jedoch das der jungen<br />

Menschen wider, die mit ihm eine Beziehung<br />

aufzubauen versuchen. Immer dann,<br />

wenn ihn der 13 Jahre alte Hannes beispielsweise<br />

ungeduldig und ruppig am Zügel<br />

zieht, wird Fritz stur und bewegt sich<br />

keinen Zentimeter weiter. Nein, er möchte<br />

sich lieber freundlich bitten lassen,<br />

durch den Hindernisparcours zu traben.<br />

Ruft die 12-jährige Paula den Apfelschimmel<br />

jedoch nur schüchtern und zögerlich,<br />

so bewegt er sich auch nicht vom<br />

Fleck. Das Tier braucht klare Ansagen, denen<br />

es folgen und eine führende Hand, der<br />

es vertrauen kann.<br />

Auf dem Paulihof leben verunsicherte, enttäuschte,<br />

oft vollkommen verschlossene<br />

und scheinbar unzugängliche Kinder und<br />

Jugendliche. Viele haben in ihrer Familie<br />

nicht die notwendige Zuwendung und Sicherheit<br />

erfahren, die ein Kind zur gesunden<br />

Entwicklung braucht. Oder sie haben<br />

sogar einen tragischen Verlust, Gewalt<br />

oder Misshandlungen erlebt. Die Kinder<br />

können diese Erlebnisse nicht aus eigener<br />

Kraft bewältigen, was in ihrem auffälligen<br />

Verhalten zum Ausdruck kommt. Wenn sie<br />

beispielsweise ungezügelte Aggressivität<br />

oder extreme Verschlossenheit an den Tag<br />

legen, stoßen sie damit auf Unverständnis<br />

in ihrer Umgebung. Als Folge haben viele<br />

von ihnen das Vertrauen in sich und andere<br />

Menschen verloren und fühlen sich<br />

völlig isoliert.<br />

Hofleiterin Ulrike Heigenmooser, ihr pädagogisches<br />

Team und eine vielfältige<br />

Tierschar nehmen diese Kinder unvoreingenommen<br />

an. Tageweise oder für mehrere<br />

Monate finden sie auf dem Paulihof einen<br />

geschützten Ort, an dem sie in der Begegnung<br />

mit Haus- und Hoftieren sich<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

selbst erkennen lernen, Selbstwertgefühl<br />

entwickeln und aus ihren emotionalen und<br />

psychischen Krisen herausfinden können.<br />

Pferde, Esel, Schafe, Ziegen, Gänse und<br />

viele Tiere mehr sind Mittler in diesem<br />

Prozess. Die Kinder bauen behutsam Kontakt<br />

zu den vierbeinigen oder gefiederten<br />

Co-Therapeuten auf und lernen dabei,<br />

Ängste zu überwinden, Mut zu fassen und<br />

Verantwortung zu übernehmen.<br />

Tiere sind authentische und<br />

verlässliche Partner<br />

Das Konzept, nach dem junge Menschen<br />

auf dem Hof bei Augsburg betreut und gefördert<br />

werden, heißt tiergestützte Pädagogik.<br />

Dabei stehen die Anbahnung und<br />

Gestaltung von Beziehungen zwischen<br />

Mensch und Tier im Mittelpunkt. Sie lernen,<br />

die im Umgang mit den Tieren gemachten<br />

Erfahrungen auf den Umgang<br />

mit anderen Menschen zu übertragen. Die<br />

tierischen Co-Therapeuten nehmen dabei<br />

unterschiedliche Rollen ein: Sie sind vertrauensvolle<br />

Freunde, folgsame Begleiter,<br />

geduldige Lehrer oder eben untrügliche<br />

Spiegel der Kinder. Tierpädagogin Ulrike<br />

Heigenmooser erklärt, warum Tiere so gut<br />

dabei helfen können, wieder Vertrauen<br />

und Sicherheit zu erlangen: „Tiere begegnen<br />

uns vollkommen unverstellt und spielen<br />

uns Menschen nichts vor. Das spüren<br />

Kinder sofort. Tiere nehmen uns bedingungslos<br />

an, so wie wir sind und sie beurteilen<br />

uns nicht nach Äußerlichkeiten,<br />

Erfahrungen oder Werten. Sie sind völlig<br />

unvoreingenommen und geben uns vor<br />

allem immer wieder eine neue Chance.“<br />

Tiere ebnen den Weg zu Gefühlen<br />

Wenn Kinder missbraucht oder misshandelt<br />

wurden, können sie Berührungen von<br />

Menschen häufig nicht mehr zulassen. Sie<br />

haben Angst vor zu viel Nähe und weichen<br />

zurück. Ein Tier zu streicheln, von<br />

sich aus auf eine Ziege oder einen Esel zuzugehen,<br />

die Hand auszustrecken und das<br />

Fell zu berühren ist leichter. Es ist der erste<br />

Schritt, wieder Nähe zu empfinden und<br />

zu genießen. Auch coole Jungs, deren Un<strong>nah</strong>barkeit<br />

häufig einfach ein Schutz vor<br />

weiteren Verletzungen ist, wenden sich<br />

den Tieren oft ungeahnt zärtlich zu. Sie<br />

kuscheln sich zum Beispiel ans weiche Fell,<br />

wenn gerade keiner hinschaut und sie sich<br />

unbeobachtet fühlen.


Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase<br />

werden die Kinder und Jugendlichen auf<br />

dem Hof in die Versorgung und Pflege der<br />

Tiere eingebunden. Wenn Hannes die Hufe<br />

von Fritz auskratzen soll, sieht das auf<br />

den ersten Blick nicht besonders spektakulär<br />

aus. Doch hinter fast jeder Aufgabe<br />

auf dem Paulihof steht eine Absicht. Was<br />

die Hufpflege mit Therapie oder Pädagogik<br />

zu tun hat, macht Pädagogin Heigenmooser<br />

schnell deutlich: „Um die Hufe,<br />

natürlich unter Anleitung, auskratzen zu<br />

können, muss Hannes erst einmal eine sichere<br />

Position zum Pferd einnehmen und<br />

einen festen Stand finden. Das bedeutet,<br />

er muss auf sich Acht geben, aber auch<br />

das Sicherheitsbedürfnis von Fritz wahrnehmen<br />

und respektieren. Dann muss er<br />

das Säubern der Hufe sorgfältig und geduldig<br />

bis zum Schluss durchführen. Das<br />

macht er auch gewissenhaft, denn Hannes<br />

hat gelernt, dass saubere Hufe wichtig<br />

sind für Fritz, damit er schmerzfrei laufen<br />

kann und keine Hufkrankheit bekommt.“<br />

Manchen Kindern werden auf<br />

dem Paulihof erstmals verantwortungsvolle<br />

Aufgaben zugetraut. „Die Kinder<br />

EinBlick<br />

merken schnell, dass sie hier gebraucht<br />

werden und dass das Wohlbefinden der<br />

Tiere auch von ihrer Achtsamkeit abhängt“,<br />

berichtet Ulrike Heigenmooser.<br />

Ausbildung und Ausgleich<br />

der Tiere<br />

Die Tiere auf dem Paulihof sind Lebewesen<br />

mit Empfindungen und Bedürfnissen. Sie<br />

sind keine „Medizin“, die einfach mehrmals<br />

täglich geschluckt werden kann und die<br />

dann wirkt. Die Tiere dürfen nicht „benutzt“<br />

werden, sonst werden sie krank und stumpf<br />

und können nicht mehr freundlich und gelassen<br />

auf die Kinder zugehen. In jedem Fall<br />

brauchen die tierischen Co-Therapeuten<br />

Fürsorge und Pflege sowie genügend Raum<br />

und Zeit, sich auch von Anspannungen und<br />

Stress zu erholen. Ulrike Heigenmooser hat<br />

daher höchste Ansprüche an die Haltung<br />

und Versorgung der Tiere sowie an ihre<br />

Ausbildung. „Nur wenn es den Tieren gut<br />

geht, können sie sich auf die Beziehungsarbeit<br />

mit den Menschen einlassen. Dies<br />

erfordert Zeit, Geduld, Liebe – und Geld für<br />

den Unterhalt der Tiere, für Futter, Imp-<br />

fungen und die tierärztliche Versorgung.“<br />

Trotz dieses Aufwands ist tiergestützte Pädagogik<br />

mit heimischen Haus- und Hoftieren<br />

im Vergleich zur Delfintherapie beispielsweise<br />

in Florida eine kostengünstige<br />

Hilfe – und vor allem eine nachhaltige!<br />

Zum einen ist keine lange und kostspielige<br />

Anreise für Kind und Familie notwendig.<br />

Zum anderen haben Kinder und Jugendliche<br />

nicht nur ein einmaliges Tiererlebnis<br />

in vollkommen alltagsferner Umgebung,<br />

sondern sie haben die Möglichkeit,<br />

eine intensive Beziehung zum Tier aufzubauen,<br />

das sie auf dem mühsamen Weg<br />

heraus aus der Isolation begleitet.<br />

Zahlen und Standort<br />

10 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />

Bereich tätig.<br />

41 Kinder, Jugendliche und ihre Familien wurden<br />

2008 im Rahmen eines dauerhaften Aufenthaltes<br />

oder Gruppenbesuchen auf dem Paulihof betreut.<br />

Paulihof – Heilende Pädagogik mit Tieren<br />

Reifersdorfer Straße 2<br />

86556 Kühbach/Unterbernbach<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7810 oder<br />

(08257) 99 78 33<br />

paulihof@kinderschutz.de<br />

Schauspielerin Uschi Glas weiht Spielhaus auf dem Paulihof<br />

ein und quizzt bei Jörg Pilawa für den <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

Der letztjährige Tag der offenen Tür auf<br />

dem Paulihof konnte mit gleich zwei prominenten<br />

Besucherinnen aufwarten.<br />

Schirmherrin Claudia Jung ist auf dem Hof<br />

schon ein vertrauter Gast – liegt die heilpädagogische<br />

Einrichtung doch in ihrer<br />

Gerolsbacher Nachbarschaft. Schauspielerin<br />

Uschi Glas, die dem <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

schon viele Jahre verbunden ist, war zum<br />

ersten Mal auf dem Paulihof zu Gast.<br />

Ihr Besuch in Kühbach/Unterbernbach<br />

hatte einen besonderen Anlass: Uschi Glas<br />

war gekommen, um das von ihr gestiftete<br />

Spielhaus persönlich einzuweihen. Das<br />

gemütliche Blockhaus lädt die stationär<br />

und ambulant auf dem Paulihof betreu-<br />

ten Kinder und Jugendlichen ein zum<br />

Spielen, Basteln und Verweilen. Ein kleiner<br />

Spielplatz mit Rutsche und Sandkiste<br />

machen diesen neuen Entdeckungsraum<br />

auf dem Paulihof komplett.<br />

Wenige Wochen nach dem Tag der<br />

offenen Tür trat Uschi Glas an der Seite<br />

ihres TV-Partners Elmar Wepper noch<br />

einmal für den <strong>Kinderschutz</strong> e.V. an.<br />

5.000,- Euro erquizzte das Paar mit<br />

cleveren Antworten beim Jörg Pilawa<br />

Star-Quiz für den Verein. Überzeugt von<br />

den Chancen, die Kinder und Jugendliche<br />

dort erhalten, widmete Uschi Glas auch<br />

diesen Gewinn dem Paulihof – Heilende<br />

Pädagogik für Tiere.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

17


18<br />

Heilpädagogische Tagesstätte<br />

Elternarbeit ergänzt die heilpädagogische<br />

Tagesbetreuung<br />

Die Heilpädagogische Tagestätte (HPT) in Dachau besteht aus einer Gruppe für<br />

Kinder im Vorschulalter und zwei Gruppen für Schulkinder. 24 Kinder im Alter von<br />

drei bis 14 Jahren werden hier dauerhaft tagsüber pädagogisch und therapeutisch<br />

betreut. Das bedeutet auch: Bis zu 24 Familien sind in die sozialpädagogische<br />

Arbeit einbezogen. Die so genannte teil-stationäre Betreuung ermöglicht, dass die<br />

Kinder weiterhin in der Familie und in ihrem sozialen Umfeld leben können. Sie<br />

verlangt von den Eltern jedoch auch, dass sie aktiv an der Verbesserung ihrer<br />

Familiensituation mitwirken und die Schwierigkeiten langfristig bewältigen, die<br />

die heilpädagogische Betreuung notwendig macht.<br />

Ein stabiles Haus<br />

Man kann sich die Elternarbeit in der HPT<br />

wie ein Einfamilienhaus vorstellen. Vertrauen<br />

und Offenheit sind das notwendige<br />

Fundament für eine gelungene Elternund<br />

Familienarbeit. Grundlegende Aufgabe<br />

ist es daher, gegenseitiges Vertrauen<br />

zwischen den Angehörigen und den pädagogischen<br />

und psychologischen Fachkräften<br />

aufzubauen und zu festigen. Die<br />

verpflichtenden Eltern- und Familiengespräche<br />

sind die tragenden Wände und<br />

Decken. Weitere Angebote sind zusätzlich<br />

und freiwillig: Hausbesuche, Elternseminare,<br />

Elterntrainings und themenbezogene<br />

Elternabende sind wie Zimmer. Die<br />

Eltern bestimmen, inwieweit sie die Räume<br />

nutzen und ausgestalten wollen.<br />

Gemeinsame Feste und der jährliche<br />

Familientag sind Terrasse und Balkon –<br />

Freiflächen auf denen man sich in der<br />

Freizeit ungezwungen begegnen und<br />

austauschen kann.<br />

Vielfältige Herausforderungen<br />

Die meisten betreuten Kinder haben in<br />

ihren jungen Jahren bereits Verlust, Krankheit<br />

oder Gewalt erfahren oder im engsten<br />

Umfeld erlebt. In jeder vierten Familie ist<br />

Sucht ein Problem, in bei<strong>nah</strong>e jeder dritten<br />

ist ein Elternteil psychisch erkrankt. Diese<br />

Umstände belasten alle Familienmitglieder.<br />

Ziel der Elternarbeit ist es in diesen<br />

Fällen beispielsweise, die Eltern selbst zu<br />

einer Therapie zu motivieren. Erschwert<br />

wird die Arbeit mit den Familien dann,<br />

wenn auch noch Sprachbarrieren und<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

unterschiedliche kulturelle Hintergründe<br />

und Wertvorstellungen hinzu kommen. Die<br />

Hälfte der betreuten Kinder und Familien<br />

hat einen so genannten Migrationshintergrund.<br />

Sie stammen zum Beispiel aus<br />

Vietnam, Syrien, dem Irak oder der Türkei.<br />

Hier sind Respekt und Toleranz sowie ein<br />

gegenseitiges Aufeinanderzugehen nötig,<br />

um gemeinsame Ziele und Erziehungsmaßstäbe<br />

zu entwickeln.<br />

Elternarbeit passt sich den<br />

Lebenswelten an<br />

Lebenswelten von Familien verändern<br />

sich zunehmend schneller. Dies fordert<br />

Eltern in ihrer Anpassungsfähigkeit immer<br />

wieder aufs Neue heraus. Aber auch<br />

das Helfersystem muss kontinuierlich<br />

geeignete Maß<strong>nah</strong>men zur Unterstützung<br />

der Familien weiterentwickeln. Eine<br />

Form, Eltern mit Rat und Lösungsmöglichkeiten<br />

zu erreichen ist das Elternseminar,<br />

das die HPT seit 2007 einmal im<br />

Jahr als Ganztagsveranstaltung durchführt.<br />

Hilfreich für die teilnehmenden<br />

Eltern ist nicht nur die Klärung von<br />

Erziehungsfragen, sondern vor allem<br />

auch die gemeinsame Suche nach<br />

Lösungen. Gezielte und individuelle<br />

Elterntrainings können helfen, Verkrustungen<br />

in der Familie aufzubrechen und<br />

die Erziehungsfähigkeit der Eltern zu<br />

stärken. Eine weitere Maß<strong>nah</strong>me, die die<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der<br />

HPT gerne in Dachau umsetzen würden,<br />

ist die so genannte aufsuchende Familienarbeit.<br />

Dadurch könnten die gemeinsam<br />

im Schutz- und Lernraum der HPT<br />

Gemeinsame Erlebnisse wie diese Wanderung<br />

am “Familientag” stärken die sozialen Kontakte<br />

und fördern den Austausch zwischen den Familien<br />

sowie mit den Betreuerinnen und<br />

Betreuern der HPT.<br />

erarbeiteten Ziele und bereits erzielten<br />

Fortschritte besser in das Zuhause der<br />

Familien übertragen werden. Eine Entscheidung<br />

des Jugendamtes darüber, ob<br />

diese Form der Familienunterstützung<br />

realisiert werden kann, steht noch aus.<br />

Zahlen und Standort<br />

17 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in<br />

diesem Bereich tätig.<br />

27 Kinder wurden 2008 in den<br />

Gruppen der Heilpädagogischen<br />

Tagesstätte und in Sonderbetreuungsformen<br />

betreut und gefördert.<br />

Heilpädagogische Tagesstätte<br />

Hermann-Stockmann-Straße 13<br />

85221 Dachau<br />

Tel. (08131) 332 06 31<br />

hpt@kinderschutz.de


Schule zur sonderpädagogischen Förderung<br />

Mobile Sonderpädagogische Dienste (MSD)<br />

an der Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />

Gemeinsam Schule machen<br />

Die Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule des<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V. ist eine staatlich anerkannte<br />

Schule zur sonderpädagogischen<br />

Förderung. Hier werden Kinder und Jugendliche<br />

mit normaler Intelligenz unterrichtet,<br />

die Entwicklungsverzögerungen<br />

aufweisen und unter mangelndem Selbstwertgefühl,<br />

großen Unsicherheiten, Versagensängsten<br />

oder anderen Auffälligkeiten<br />

leiden. Die Unterrichtsinhalte richten sich<br />

nach dem amtlichen Grund- und Hauptschullehrplan,<br />

unter Berücksichtigung der<br />

besonderen Erfordernisse der einzelnen<br />

Schülerinnen und Schüler.<br />

Die Lehrkräfte der Dr.-Elisabeth-Bamberger-<br />

Schule haben sich durch ihre langjährigen<br />

Erfahrungen ein Spezialwissen angeeignet,<br />

das sie im Rahmen des „Mobilen<br />

Sonderpädagogischen Dienstes“ (MSD)<br />

anderen Schulen zur Verfügung stellen.<br />

Der MSD ist im Bayerischen Erziehungsund<br />

Unterrichtsgesetz verankert. Ziel ist<br />

es, den Unterricht an den Regelschulen zu<br />

unterstützen, wenn dort in einer Klasse<br />

bei Kindern und Jugendlichen ein sonderpädagogischer<br />

Förderbedarf deutlich wird.<br />

Durch den MSD soll erreicht werden, dass<br />

solche Schülerinnen und Schüler in ihrer<br />

Klasse verbleiben können und nicht zu<br />

einer Förderschule wechseln müssen. Dieser<br />

Auftrag wird durch die Dr.-Elisabeth-<br />

Bamberger-Schule seit Jahren in verschiedener<br />

Art und Weise erfolgreich umgesetzt.<br />

Auf Anfrage der Regelschule<br />

besuchen die Lehrkräfte der Dr.-Elisabeth-<br />

Bamberger-Schule die betroffenen Kinder<br />

und Lehrer direkt in deren Schule. Dort<br />

sind sie in die Diagnose und Förderplanung<br />

eingebunden. Sie beraten die Lehrkräfte,<br />

Eltern sowie Schülerinnen und<br />

Schüler, koordinieren Fördermaß<strong>nah</strong>men<br />

und führen Fortbildungen für die Schule<br />

durch.<br />

Alternatives Schulisches Angebot<br />

Wenn Kinder in einer Schulklasse verhaltensaufällig<br />

werden, kann es hierfür<br />

unterschiedliche Gründe geben. Die Schule<br />

versucht darauf wirksame Antworten und<br />

Hilfen zu geben und kann im Rahmen des<br />

MSD das „Alternative Schulische Angebot“<br />

(AsA) einsetzen. Je fünf Wochenstunden<br />

stehen jeweils der Lehrkraft der Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />

und der Regelschule<br />

für diese schulinterne Maß<strong>nah</strong>me<br />

zur Verfügung. Beide wirken kooperativ<br />

zusammen. Sie unterstützen die Schülerinnen<br />

und Schüler, die betroffenen Klassen,<br />

die Lehrkräfte oder auch die Eltern<br />

und suchen gemeinsam nach einem<br />

Lösungsweg. Dadurch soll eine Manifestierung<br />

der Verhaltensauffälligkeiten<br />

verhindert werden. Gemeinsam werden<br />

Strategien bei Schülerkonflikten, Mobbing,<br />

Lehrer-Schüler-Konflikten oder Spannungen<br />

innerhalb der Klasse entwickelt.<br />

Genauso stehen Verhaltensauffälligkeiten<br />

bis hin zu ausgeprägtem Störverhalten,<br />

Lernprobleme, Leistungsverweigerung,<br />

Schulangst oder Schuleschwänzen im<br />

Blickpunkt. Es werden Lösungen gesucht,<br />

damit Schülerinnen und Schüler wieder<br />

gut in das Klassensystem eingebunden<br />

werden können und Fördermaß<strong>nah</strong>men<br />

eingeleitet. Aus dieser Zusammenarbeit<br />

sind nachhaltige Partnerschaften zwischen<br />

den Schulen entstanden. So wird intensiv<br />

an den Schwierigkeiten in der Regelschule<br />

gearbeitet und gleichzeitig können<br />

Rückführungen von Schülerinnen und<br />

Schülern der Dr.-Elisabeth-Bamberger-<br />

Schule an die Regelschule begleitet und<br />

erfolgreich in die Wege geleitet werden.<br />

Beratung im Mobilen Sonderpädagogischen<br />

Dienst – Autismus<br />

Ein spezialisierter MSD ist der Mobile<br />

Sonderpädagogische Dienst – Autismus<br />

für Oberbayern, der an der Dr.-Elisabeth-<br />

Bamberger-Schule koordiniert wird. Dieser<br />

Dienst richtet sich an Schülerinnen und<br />

Schüler mit der Diagnose Autismus-Spektrum-Störung.<br />

Dabei werden sowohl die<br />

jungen Menschen selbst als auch ihre<br />

Eltern, Lehrkräfte sowie Mitschülerinnen<br />

und Mitschüler in der Bewältigung des<br />

Unterrichtsalltags mit einem autistischen<br />

jungen Menschen unterstützt. Der<br />

MSD-Autismus steht allen Schularten zur<br />

Verfügung. Informationen dazu bietet die<br />

Internetseite www.msd-autismus.de.<br />

Zahlen und Standort<br />

21 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in der<br />

Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule und in der<br />

Stütz- und Förderklasse tätig. 3 der Lehrkräfte<br />

unterstützen zusätzlich im Mobilen Sonderpädagogischen<br />

Dienst örtliche Grund-, Hauptund<br />

Realschulen sowie das Förderzentrum in<br />

Dachau.<br />

67 Schüler besuchten 2008 die<br />

Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule.<br />

Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />

Hermann-Stockmann-Straße 13<br />

85221 Dachau<br />

Tel. (089) 23 17 16 -8910<br />

bamberger-schule@kinderschutz.de<br />

Stütz- und Förderklassen<br />

Hermann-Stockmann-Straße 13<br />

85221 Dachau<br />

Tel. (089) 23 17 16 -8310<br />

sfk@kinderschutz.de<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

19


20<br />

Stationäre Erziehungsangebote und betreute Wohnformen<br />

Amalie-Nacken-Heim<br />

Der Arzt kommt ins Haus<br />

Sie sind verhaltensauffällig, weisen<br />

Sozialisierungsdefizite auf oder sind in<br />

ihrer persönlichen Entwicklung verzögert.<br />

Gemeint sind die rund 40 Jungen, die<br />

im Amalie-Nacken-Heim ein Zuhause<br />

gefunden haben und größtenteils die<br />

Dr.-Elisabeth-Bamberger-Förderschule<br />

des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. besuchen. Viele<br />

von ihnen sind nicht nur sozial belastet,<br />

sondern auch psychisch auffällig und<br />

befinden sich in kinder- und jugendpsychiatrischer<br />

Behandlung.<br />

Um die Jungen therapeutisch und medizinisch<br />

noch besser zu versorgen und sie bei<br />

der Bewältigung ihrer individuellen Probleme<br />

zu unterstützen, haben Schule und<br />

Jugendhilfe in Dachau vor einiger Zeit einen<br />

denkbar einfachen, aber sehr wirksamen<br />

Weg eingeschlagen: Einmal im Monat<br />

kommen zwei Kinder- und Jugendpsychiater<br />

ins Haus und halten ihre Sprechstunde<br />

vor Ort. Davon profitieren beide<br />

Seiten. Die Ärzte bekommen einen umfas-<br />

EinBlick<br />

Disney bringt Farbe ins Haus<br />

Triste Zimmer, unrenovierte Bäder, freudlose<br />

Aufenthaltsräume – damit war im<br />

Amalie-Nacken-Heim im April letzten Jahres<br />

Schluss! An einem einzigen Tag wirbelten<br />

rund 150 Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter der Walt Disney Company<br />

Deutschland durch das Dachauer Heim<br />

und gaben den Wohngruppen, dem Ein-<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

senderen Einblick in die Situation der jungen<br />

Patienten als in ihrer Praxis, da sie<br />

auch die Gelegenheit haben, mit den Betreuerinnen<br />

und Betreuern des Heims, den<br />

unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrern<br />

der Förderschule sowie gelegentlich mit<br />

den Eltern zu sprechen. Aufgrund der konzentrierten<br />

Vorbereitung der Haustermine<br />

durch die Pädagoginnen und Pädagogen<br />

und durch den Wegfall von Fahrzeiten zu<br />

einer Praxis spart das Betreuungsteam<br />

Zeit, die es an anderer Stelle wieder in die<br />

sozialpädagogische Arbeit investieren<br />

kann. Es hat sich zudem gezeigt, dass die<br />

Therapietreue, das heißt die Befolgung der<br />

ärztlichen Anweisungen und Empfehlungen,<br />

aufgrund der turnusmäßigen Arztbesuche<br />

steigt. Die regelmäßigen Kurzvisiten<br />

vereinfachen beispielsweise auch die<br />

Einstellung auf bestimmte Medikamente,<br />

die sonst häufig stationär erfolgen muss.<br />

Generell können die stationären Aufenthalte<br />

in der Klinik aufgrund der laufenden<br />

ambulanten Begleitung durch die Kinder-<br />

gangsbereich sowie dem Garten ein neues<br />

Gesicht. Angefangen von Malerarbeiten<br />

über die Dekoration der Zimmer bis<br />

hin zur Renovierung alter Bäder und der<br />

Bepflanzung von Balkonen und Garten<br />

packten die “Disney VoluntEARS” unter<br />

Anleitung professioneller Handwerker<br />

tatkräftig zu. Dass es dabei bunt zuging,<br />

ist bei einem Partner wie Disney selbstredend.<br />

Groß war daher auch die Begeisterung<br />

der im Heim lebenden Kinder und<br />

Jugendlichen, die in den Genuss der neuen<br />

Ausstattung und des frischen Anstrichs<br />

kamen.<br />

Normalerweise finden Renovierungsarbeiten<br />

im laufenden Betrieb statt, so dass<br />

vielfach nur Mängel behoben werden<br />

können. Eine umfangreiche Renovierung,<br />

wie sie durch die Hilfe der Walt Disney<br />

und Jugendpsychiater reduziert werden.<br />

Das wirkt sich nicht nur positiv auf das<br />

Gesundheitsbudget aus, sondern kommt<br />

vor allem den Kindern und Jugendlichen<br />

zugute: Sie bleiben in den Bezugsrahmen<br />

ihrer Wohngruppe und in die kontinuierlichen<br />

Maß<strong>nah</strong>men der Jugendhilfe eingebunden.<br />

Die Therapie im Rahmen des<br />

Hausbesuchs entlastet die jungen Patienten<br />

schließlich auch dahingehend, dass sie<br />

sich in ihrer gewohnten Umgebung aussprechen<br />

können und belastende und<br />

schmerzliche Themen nicht im fremden<br />

Umfeld einer Praxis oder Klinik offenbaren<br />

müssen. Durch die genannten positiven<br />

Auswirkungen der ambulanten psychiatrischen<br />

Betreuung vor Ort – die so<br />

übrigens auch in einer wissenschaftlichen<br />

Studie der Universitätsklinik Ulm zu diesem<br />

Ansatz bestätigt wurden – zeigt sich<br />

einmal mehr: Die Bereitschaft des <strong>Kinderschutz</strong><br />

e.V., in der Jugendhilfe neue und<br />

innovative Wege zum Wohl der Klienten<br />

zu gehen, zahlt sich aus.<br />

Company stattfand, hatte es bisher noch<br />

nicht gegeben. Die Umgestaltung des Heimes<br />

haben die jungen Heimbewohner mit<br />

entworfen. Die Dachauer Hilfsaktion war<br />

Teil des “Disney VoluntEARS Tages”, einer<br />

internationalen von Disney jährlich durchgeführten<br />

Wohltätigkeits-Initiative.<br />

Zahlen und Standort<br />

36 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit<br />

in dem Bereich tätig.<br />

43 Kinder und Jugendliche zwischen 9<br />

und 16 Jahren lebten 2008 im<br />

Amalie-Nacken-Heim.<br />

Amalie-Nacken-Heim<br />

Hermann-Stockmann-Straße 13<br />

85221Dachau<br />

Tel. (089) 23 17 16 -8410<br />

amalie-nacken-heim@kinderschutz.de


Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen (SBW)<br />

und Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung (ISE)<br />

Ist Jugendhilfe für junge Volljährige<br />

noch notwendig?<br />

Im Rahmen des Sozialpädagogisch Betreuten<br />

Wohnens (SBW) und der Intensiven<br />

Sozialpädagogischen Einzelbetreuung (ISE)<br />

begleitet der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. junge Menschen<br />

ab dem 16. Lebensjahr auf dem Weg<br />

ins Erwachsenenleben. In Zeiten, in denen<br />

die Kommunen über Sparmaß<strong>nah</strong>men<br />

nachdenken, wird jedoch regelmäßig<br />

darüber diskutiert, ob es diese Form der<br />

Betreuung für junge Volljährige überhaupt<br />

noch geben soll. Die sozialpädagogischen<br />

Fachkräfte des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. sagen<br />

dazu ganz klar: Ja, für benachteiligte<br />

Heranwachsende ist eine gezielte Unterstützung<br />

auch über das 18. Lebensjahr<br />

hinaus notwendig!<br />

Erwachsenwerden mit Hindernissen<br />

Junge Volljährige befinden sich in einer<br />

kritischen Lebensphase. Sie stehen vor der<br />

Aufgabe, sich aus ihren bisherigen mal<br />

mehr, mal weniger fürsorglichen familiären<br />

Strukturen herauslösen und auf eigenen<br />

Beinen stehen zu müssen. Auch in beruflicher<br />

Hinsicht stehen sie vor weitreichenden<br />

Entscheidungen und Veränderungen,<br />

die für jeden jungen Menschen eine<br />

enorme Herausforderung bedeuten.<br />

Was für jeden Heranwachsenden gilt, gilt<br />

für die von SBW und ISE betreuten in besonderer<br />

Weise. Viele von ihnen kennen<br />

keine verlässlichen Beziehungen oder<br />

mussten erleben, wie diese abgerissen<br />

sind, beispielsweise durch Scheidung, Tod<br />

der Eltern oder durch Flucht. Häufig sind<br />

sie in konfliktbelasteten Familien aufgewachsen,<br />

viele bereits in Heimen oder<br />

Jugendwohngruppen. Aufgrund des<br />

mangelnden sozialen Rückhalts lernen sie<br />

nur mühsam, dass eine Herausforderung<br />

nicht gleich ein unüberwindbares Problem<br />

darstellt. Wenn diese Heranwachsenden<br />

auf ihrem Weg zur Selbständigkeit keine<br />

Förderung erhalten laufen sie Gefahr, einen<br />

„falschen Weg“ einzuschlagen: Schul-<br />

abbruch, keine Ausbildung, Arbeitslosigkeit,<br />

Mangel an Perspektiven, Frustration…<br />

die Abwärtsspirale kann tief reichen.<br />

Durch Förderung<br />

und Beziehung reifen<br />

Die Voraussetzungen für einen selbstbewussten<br />

und verantwortungsvollen Weg<br />

ins Erwachsenenleben sind bei den meisten<br />

Betreuten alles andere als günstig. Sie<br />

haben häufig wenig Selbstvertrauen,<br />

wenig Lebensmut und wenig Zuversicht,<br />

ihren Lebensweg selbst bestimmen zu<br />

können. Gesundheitliche Schwierigkeiten,<br />

Essstörungen beispielsweise oder psychische<br />

Erkrankungen erschweren es vielen,<br />

die Energie für die nötigen Anstrengungen<br />

aufzubringen. Probleme in der Schule<br />

und die Aussicht, ohne qualifizierenden<br />

Schulabschluss da zu stehen, sind Folgen.<br />

Mangelnde Frustrationstoleranz, Aggressivität<br />

und das Unvermögen, sich in andere<br />

Menschen einzufühlen und deren<br />

Verhalten zu verstehen, sind häufig<br />

weitere Merkmale.<br />

Die Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen<br />

des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. versuchen,<br />

eine vertrauensvolle und verlässliche<br />

Beziehung zu den jungen Menschen aufzubauen,<br />

die Voraussetzung für die notwendigen<br />

positiven Entwicklungsprozesse<br />

ist. Im Rahmen der Jugendhilfemaß<strong>nah</strong>men<br />

SBW und ISE erhalten die jungen<br />

Menschen nicht nur sozialpädagogische<br />

Unterstützung. Ihnen wird auch ein eigener<br />

Wohnraum zur Verfügung gestellt, in dem<br />

sie eigenständiges Leben üben können.<br />

Dabei werden sie ganz praktisch in den<br />

jeweils relevanten Lebensbereichen<br />

unterstützt. Sie lernen beispielsweise, eine<br />

Wohnung einzurichten und sauber zu<br />

halten. Auch wie sie mit Geld umgehen<br />

können, um Schulden zu vermeiden, oder<br />

wie Behördenbriefe zu verstehen und<br />

rechtzeitig zu beantworten sind. Für viele<br />

ist es entscheidend, passende Lernstrategien<br />

zu entwickeln und mit ihren Lehrerinnen<br />

und Lehrern oder Ausbilderinnen<br />

und Ausbildern im Kontakt zu sein. Gesundheit,<br />

medizinische und therapeutische<br />

Versorgung sowie eine ausgewogene<br />

Ernährungsweise sind ebenfalls Themen,<br />

bei denen die jungen Erwachsenen Rat<br />

und Unterstützung erhalten. Nicht zuletzt<br />

geht es im Rahmen der Betreuung auch<br />

darum, Freizeit sinnvoll zu gestalten und<br />

mit der Familie und dem sonstigen sozialen<br />

Umfeld neue Formen der Auseinandersetzung<br />

zu finden.<br />

Rechtzeitige und ausreichende Hilfen können<br />

bei diesen jungen Menschen darüber<br />

entscheiden, ob ihnen der Einstieg in die<br />

Erwachsenengesellschaft gelingt, oder ob<br />

sie dauerhaft in Perspektivlosigkeit,<br />

Zukunftsangst, Dauerarbeitslosigkeit,<br />

Subkulturen oder in die Kriminalität abrutschen.<br />

In diesen Fällen lägen die<br />

Folgekosten für die Gesellschaft um ein<br />

Vielfaches über dem, was eine Hilfe wie<br />

SWB und ISE kostet.<br />

Zahlen und Standort<br />

28 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in<br />

diesem Bereich tätig.<br />

55 Jugendliche und junge Erwachsene wurden<br />

2008 im Rahmen des Angebotes betreut.<br />

Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen /<br />

Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung<br />

Kathi-Kobus-Straße 11<br />

80797München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9010<br />

sbw-ise@kinderschutz.de<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

21


22<br />

Stationäre Erziehungsangebote und betreute Wohnformen<br />

Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen für Mutter / Vater und Kind (MVK)<br />

Bindung fürs Leben<br />

Die Schlange an der Drogeriemarktkasse<br />

ist lang, die Wartenden werden ungeduldig.<br />

Ausgerechnet jetzt fängt auch<br />

noch ein kleiner Junge, der eben noch<br />

süß in seinem Kinderwagen geplappert<br />

hat, an zu quengeln. Kurz darauf weint<br />

er und steigert sich dann so richtig in<br />

seine Schreitirade hinein. Während viele<br />

Mütter scheinbar intuitiv wissen, wie<br />

sie angemessen reagieren können,<br />

flippen andere regelrecht aus. Wie<br />

Mütter sich in einer solchen Situation<br />

verhalten, hängt unter anderem von<br />

ihrer Fähigkeit ab, eine gute Bindung<br />

und eine gesunde Beziehung zu ihrem<br />

Kind aufzubauen. Diese vermeintlich<br />

intuitive Fähigkeit geht in der Gesellschaft<br />

jedoch zunehmend verloren bzw.<br />

wird von vielen jungen Menschen nicht<br />

mehr ausreichend entwickelt.<br />

Die Ursachen dafür sind vielfältig. Renate<br />

Langbein, Leiterin des Angebotes MVK,<br />

spricht davon, dass die Erziehungsfähigkeit<br />

ihrer Klientinnen häufig „verstellt“ ist,<br />

beispielsweise gehemmt durch negative<br />

persönliche Erfahrungen, aber auch überflutet<br />

durch unzählige Reize. Die jungen<br />

Eltern haben oftmals keine Werte, keine<br />

eigenen Ideale für die Erziehung ihrer Kinder,<br />

an denen sie sich orientieren können.<br />

Vermeintlich pädagogische Sendungen wie<br />

„Die Super Nanny“ leisten hier keinen<br />

Ersatz. Eine gute Bindung zu ihrem Kind<br />

herzustellen fällt insbesondere auch den<br />

jungen Erwachsenen schwer, die selbst<br />

noch nicht gefestigt sind. Oder die mit<br />

Problemen wie Arbeitslosigkeit, Verschuldung<br />

und Sucht zu kämpfen haben; oder<br />

die durch traumatische Erlebnisse in der<br />

eigenen Lebensgeschichte belastet sind<br />

wie Verlust, Gewalt oder sexuellem Missbrauch.<br />

Viele junge Mütter, die bei MVK<br />

Unterstützung erhalten, haben in ihrer<br />

eigenen Kindheit oftmals selbst nicht<br />

erfahren, wie es ist gut umsorgt zu werden.<br />

Wenn die eigenen Bedürfnisse in frühester<br />

Kindheit nicht erfüllt wurden, eine Mutter<br />

beispielsweise Unsicherheit, Distanz, Einsamkeit<br />

oder Verwirrung als Kind erlebt<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

hat, dann wirkt sich das sehr wahrscheinlich<br />

auch negativ auf die Art aus, wie sie<br />

mit ihren Kindern umgeht.<br />

Wann hat eine Mutter nun eine gesunde<br />

und förderliche Beziehung zu ihrem Kind?<br />

Wenn sie ihm zugewandt ist und seine<br />

Signale deuten und darauf stimmig reagieren<br />

kann. Und wenn sie ihrerseits Signale<br />

aussendet, die dem Kind vermitteln:<br />

Bei mir bist du sicher, du bist mir wichtig<br />

und ich sorge mich um deine Bedürfnisse.<br />

Kinder sind insbesondere im Säuglingsund<br />

Kleinkindalter darauf angewiesen,<br />

dass die wichtigsten Bezugspersonen, in der<br />

Regel die Eltern, diese Fürsorge ausstrahlen.<br />

Ansonsten können sich bei den Kindern<br />

bereits früh Störungen wie verminderte<br />

Stresstoleranz, Aufmerksamkeitsschwierigkeiten<br />

oder eine distanzlose Anhänglichkeit<br />

auch gegenüber fremden Menschen<br />

entwickeln. Besondere Anfälligkeit für<br />

Krankheiten oder eine verlangsamte Entwicklung<br />

der motorischen, kognitiven und<br />

sozialen Fähigkeiten können ebenfalls Folgen<br />

sein.<br />

25 alleinsorgende junge Mütter ab dem<br />

16. Lebensjahr werden von Renate Langbein<br />

und ihren Kolleginnen in der Mutter/<br />

Vater-Kind-Einrichtung betreut. Die klei-<br />

nen Familien leben entweder in einer eigenen<br />

Wohnung oder zwei Mütter mit<br />

Kind(ern) zusammen in einer Wohngemeinschaft.<br />

Sie alle benötigen auf die eine<br />

oder andere Weise Unterstützung dabei,<br />

eine sichere und förderliche Eltern-Kind-<br />

Bindung herzustellen. Der Schwerpunkt<br />

der sozialpädagogischen Betreuung liegt<br />

bei MVK daher bewusst auf dieser Aufgabe.<br />

Das beginnt schon dabei, die Mütter anzuleiten,<br />

beim Stillen eine Beziehung, d.h.<br />

Nähe zu ihrem Säugling herzustellen.<br />

Dadurch, dass sie das Kind anschauen, es<br />

berühren und auch sich selbst entspannen.<br />

Für viele Frauen ist es beispielsweise nicht<br />

selbstverständlich, den Fernseher dabei<br />

auch einmal auszuschalten. Ihnen ist nicht<br />

bewusst, dass sie sich und das Kind damit<br />

einer dauernden Reizüberflutung aussetzen,<br />

die den Beziehungsaufbau stört. Die<br />

Sozialpädagoginnen begleiten die Mütter<br />

auch in Alltagssituationen, wie zum Beispiel<br />

beim Einkaufen. Dabei werden<br />

scheinbar problematische Situationen wie<br />

das Anstehen an der Supermarktkasse<br />

gemeinsam trainiert. Jede Mutter erhält<br />

eine intensive pädagogische Einzelbetreuung,<br />

ausreichend um ihre Lebensumwelt<br />

kennenzulernen, sie ganz praktisch zu<br />

unterstützen und ihr in Einzelgesprächen<br />

mit Rat und Information zur Seite zu stehen.<br />

Gruppenangebote, wie zum Beispiel eine<br />

Nähgruppe, bei denen sich die Mütter ungezwungen<br />

untereinander austauschen<br />

und gleichzeitig spezielle Fertigkeiten<br />

erwerben können, ergänzen die Einzelbetreuung.<br />

Zahlen und Standort<br />

14 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />

Bereich tätig.<br />

25 Mütter und Väter wurden mit ihren Kindern<br />

2008 betreut und begleitet.<br />

Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen<br />

für Mutter / Vater und Kind<br />

Olga-Heerdegen-Haus<br />

Heimperthstraße 13<br />

80935 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9010<br />

mvk@kinderschutz.de


NahRaum<br />

Eine Chance für die Familie<br />

Wenn es in der Familie Schwierigkeiten<br />

gibt, ist eine zeitweise „Krisenauszeit“<br />

zum Wohl des Kindes manchmal sinnvoll.<br />

Kinder und Jugendliche aus dem<br />

Münchner Norden können in diesem Fall<br />

seit September 2007 für einige Monate<br />

in der Wohngruppe NahRaum leben. Das<br />

einmalige Betreuungsprojekt steht in<br />

einer 3-jährigen Modellphase auf dem<br />

Prüfstand. Voraussichtlich 2010 ziehen<br />

das Stadtjugendamt, die an der Entwicklung<br />

und Umsetzung beteiligten<br />

Münchner Sozialbürgerhäuser Feldmoching/Hasenbergl<br />

sowie Milbertshofen/<br />

Am Hart/Harthof, die Kooperationspartner<br />

im Stadtteil und der <strong>Kinderschutz</strong><br />

e.V. als Träger des Angebotes ihre<br />

Bilanz.<br />

Längstens sechs Monate leben die Kinder<br />

und Jugendlichen im Alter zwischen sechs<br />

und 14 Jahren in der stationären Wohngruppe.<br />

Dabei sind sie nicht aus ihrem sozialen<br />

Umfeld heraus gerissen, sondern<br />

gehen weiterhin in ihre Schulen oder<br />

Kindergärten, treffen dort Freunde und die<br />

ihnen vertrauten Menschen. NahRaum<br />

bietet somit Eltern, aber auch den Sozial-<br />

arbeiterinnen und Sozialarbeitern in den<br />

Sozialbürgerhäusern, die im Krisenfall eine<br />

Entscheidung für eine geeignete Hilfemöglichkeit<br />

treffen müssen, eine neuartige<br />

Chance. Sie können Kindern, Jugendlichen<br />

und deren Eltern durch die Unterbringung<br />

in der Wohngruppe NahRaum, die in jedem<br />

Fall mit der Begleitung der Gesamtfamilie<br />

durch die Ambulante Erziehungshilfe<br />

kombiniert ist, eine intensive Unterstützung<br />

anbieten. Gleichzeitig erhalten<br />

Eltern die Möglichkeit, in wenigen Monaten<br />

eine Klärung ihrer familiären Situation zu<br />

erreichen und nicht selten kann ein langfristiger<br />

und für das Sozialsystem kostspieligerer<br />

Heimaufenthalt verhindert<br />

werden.<br />

Einsicht nehmen in der Auszeit<br />

Damit das gelingen kann, arbeiten die<br />

Eltern gemeinsam mit dem pädagogischen<br />

Team aktiv an den notwendigen Veränderungen.<br />

„Clearing“ ist der Fachbegriff für<br />

das was in den ersten Wochen in Nah-<br />

Raum geschieht – oder schlicht: die<br />

Klärung der familiären Situation mit dem<br />

Ziel die Ursache für die benannten Probleme<br />

zu betrachten, um<br />

gezielte pädagogische<br />

Interventionen anhand von<br />

Erziehungsplänen anbieten<br />

zu können. Von Anfang an<br />

sind die Eltern in diesen<br />

Prozess eingebunden, so<br />

dass sie in der Verantwortung<br />

für ihr Kind bleiben<br />

oder diese neu stärken und<br />

die familiären Bindungen<br />

aufrechterhalten werden.<br />

Die Eltern nehmen aktiv<br />

am Leben ihres Kindes und<br />

somit am Gruppenalltag<br />

von NahRaum teil, in dem<br />

sie z.B. an der Vorbereitung<br />

und Gestaltung der Mahlzeiten<br />

sowie der Planung<br />

und Durchführung von<br />

Ausflügen beteiligt sind,<br />

aber auch vor Ort Anlei-<br />

tung zu Spiel und Beschäftigung mit dem<br />

Kind oder Hausaufgabenhilfe und Lernunterstützung<br />

erhalten. Den in aller Regel<br />

aufgeschlossenen Eltern wird durch Vorleben<br />

und Gespräche auf Augenhöhe vermittelt,<br />

wie sie ihr Familienleben gestalten<br />

können und welche Strukturen Kindern Sicherheit<br />

und Orientierung geben. Das Vertrauen<br />

und die Offenheit, die ihnen die Sozialpädagoginnen,<br />

-pädagogen und Therapeuten<br />

in NahRaum entgegen bringen, ermutigen<br />

die Väter und Mütter, die Lösung<br />

ihrer Probleme selbst in die Hand zu nehmen.<br />

Erste Schritte auf einem neuen Weg<br />

Für Rosemarie Spiel, Gruppenleiterin von<br />

NahRaum, geht das Konzept nach den Erfahrungen<br />

der ersten eineinhalb Jahre auf.<br />

„Die meisten Kinder und Jugendlichen<br />

können nach einigen Monaten zu ihren<br />

Eltern zurückkehren. Wir erleben, dass<br />

sowohl die Kinder als auch die Eltern gute<br />

Erfahrungen und Anregungen für ihr Zusammenleben<br />

aus NahRaum mitnehmen.“<br />

Darauf, dass nicht nur die Kinder, sondern<br />

auch Mütter und Väter sich bei NahRaum<br />

wohl fühlen, sind sie und ihr Team zu<br />

Recht stolz. „Manchmal fragen Kinder<br />

sogar, ob Mama und Papa nicht hier einziehen<br />

können,“ berichtet Frau Spiel. „Das<br />

bestätigt uns darin, dass die Kinder durch<br />

die Auszeit in NahRaum nicht von ihren<br />

Eltern entfernt und entfremdet werden,<br />

sondern sich die Familien einander wieder<br />

annähern.“<br />

Zahlen und Standort<br />

13 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit<br />

in diesem Bereich tätig.<br />

16 Kinder, Jugendliche und deren Familien<br />

wurden 2008 im Rahmen des Projekts unterstützt<br />

und begleitet.<br />

NahRaum<br />

Olga-Heerdegen-Haus<br />

Heimperthstraße 13a<br />

80935 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7540<br />

<strong>nah</strong>raum@kinderschutz.de<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

23


24<br />

Vormundschaft<br />

Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge<br />

Lotsen auf einem hoffnungsvollen<br />

Weg ins Ungewisse<br />

Jamil war 15, als sich sein Leben radikal<br />

wendete. Damals fiel der junge Afghane<br />

den Taliban in die Hände, die ihn in ein<br />

Ausbildungslager für Selbstmordattentäter<br />

verschleppten. Seit die muslimischen<br />

Fundamentalisten zunehmend<br />

wieder an Einfluss gewinnen, rekrutieren<br />

sie 10- bis 17-Jährige dazu, ihr Leben für<br />

den fundamentalistischen Glauben zu<br />

opfern. Besonders Jungen, die nicht die<br />

Madrasa, die Koranschule besuchen, leben<br />

in weiten Teilen des Landes gefährlich.<br />

Viele von ihnen wurden bereits von der<br />

Straße weg entführt, um in Camps zu<br />

Märtyrern „ausgebildet“ zu werden.<br />

Johanna Auer-Göpfert und Beate Matzken<br />

führen beim <strong>Kinderschutz</strong> e.V. Vormundschaften<br />

für unbegleitete minderjährige<br />

Flüchtlinge. In dieser Rolle begleitet<br />

Juristin Matzken den mittlerweile 16-jährigen<br />

Jamil auf seinem Weg in Deutschland<br />

bis er volljährig ist. Als er hier in<br />

München ankam, hatte er eine lange,<br />

zermürbende und angsterfüllte Flucht<br />

hinter sich. Jamil hatte das Glück, dem<br />

Taliban-Camp nach einer Woche entfliehen<br />

zu können. Kurz darauf legte seine Familie<br />

das Schicksal des Jungen in die Hände von<br />

Schleppern, die ihn nach Deutschland und<br />

damit in Sicherheit fernab der Heimat<br />

bringen sollten. Johanna Auer-Göpfert und<br />

Beate Matzken betreuen zwischenzeitlich<br />

immer mehr Jugendliche, die alleine aus<br />

dem Irak oder aus Afghanistan in die Bundesrepublik<br />

geflüchtet sind. Es ist nicht<br />

der Traum von Karriere und Wohlstand, der<br />

sie in die westliche Welt treibt, sondern<br />

der schlichte Wille zu überleben.<br />

Zwischen 10.000 und 15.000 Dollar muss<br />

die Familie irgendwie aufbringen um einen<br />

Schlepper zu bezahlen, der Menschen<br />

wie Vieh auf einem wochenlangen,<br />

manchmal sogar monatelangen Landweg<br />

über die Grenzen transportiert und am<br />

Zielort irgendwo absetzt. Krieg, Verfolgung,<br />

lebensbedrohliche Armut – das sind<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

die Gründe für das eigentlich Unbegreifliche:<br />

dass Eltern in den Krisengebieten dieser<br />

Welt ihre noch minderjährigen Söhne und<br />

Töchter ganz alleine auf einen gefährlichen<br />

Weg ins Ungewisse schicken.<br />

Halt für die Seele und Bildung<br />

für die Perspektive<br />

Sprachlos, haltlos, orientierungslos – so<br />

finden sich zahllose Flüchtlinge auch in<br />

München wieder. Im Bürgerlichen Gesetzbuch<br />

ist geregelt, dass Minderjährige,<br />

die nicht unter elterlicher Sorge stehen,<br />

einen vom Vormundschaftsgericht bestellten<br />

Vormund erhalten bis zur Erlangung<br />

der Volljährigkeit. Formal gesehen<br />

haben die beiden Vormunde des <strong>Kinderschutz</strong><br />

e.V. vor allem zwei Aufgaben: sich<br />

um eine Vermittlung der jungen Menschen<br />

in Jugendhilfemaß<strong>nah</strong>men zu<br />

kümmern und sie juristisch durch das<br />

Asylbewerberverfahren zu begleiten. Der<br />

weitere Lebensweg der entwurzelten<br />

Flüchtlinge hängt maßgeblich vom Engagement<br />

ihrer sorgeberechtigten Vertreter<br />

ab. So ist es den beiden Juristinnen zunächst<br />

ein großes Anliegen, ihren Schützlingen<br />

eine kind- oder jugendgerechte<br />

Unterbringung und Betreuung zu organisieren<br />

– auch wenn es dafür permanent<br />

an Plätzen mangelt. Die meisten jungen<br />

Flüchtlinge benötigen darüber hinaus<br />

Therapie, um qualvolle Fluchterlebnisse,<br />

die Bedrohungen in ihrem Heimatland<br />

und die Sorge um die Daheimgebliebenen<br />

zu bewältigen.<br />

Darüber hinaus setzen sich die beiden<br />

Vormunde dafür ein, den jungen Flüchtlingen<br />

Zugang zu Bildung und damit<br />

überhaupt Perspektiven für eine Integration<br />

zu verschaffen. So versuchen sie,<br />

auch die nicht mehr schulpflichtigen über<br />

16-Jährigen noch in Bildungsmaß<strong>nah</strong>men<br />

zu vermitteln. Dort lernen die jungen<br />

Flüchtlinge zunächst Deutsch, haben aber<br />

auch die Möglichkeit, einen qualifizie-<br />

Johanna Auer-Göpfert im Gespräch mit drei<br />

ihrer Mündel, die alleine nach Deutschland<br />

geflüchtet sind.<br />

renden Schulabschluss und damit Aussichten<br />

auf eine Ausbildung zu erhalten.<br />

Ehrenamtliche willkommen<br />

Johanna Auer-Göpfert und Beate Matzken<br />

sind froh, wenn sie jeden der ihnen<br />

anvertrauten jungen Menschen einmal im<br />

Monat persönlich treffen können. Für eine<br />

intensivere Förderung reicht die Zeit<br />

meist leider nicht. Die beiden möchten<br />

daher freiwillige „Paten“ dazu motivieren,<br />

die Jugendlichen für einige Stunden im<br />

Monat zu begleiten. Ehrenamtliche können<br />

die Flüchtlinge insbesondere durch<br />

Nachhilfe fördern, aber auch im Rahmen<br />

gemeinsamer Unternehmungen unterstützen,<br />

sich in Deutschland besser zurecht<br />

zu finden.<br />

Zahlen und Standort<br />

Außer den Vormundschaften für minderjährige<br />

Flüchtlinge führt der Verein noch weitere<br />

Vormundschaften und Pflegschaften.<br />

4 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit<br />

in diesem Bereich tätig.<br />

140 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene<br />

wurden 2008 als Mündel betreut und begleitet.<br />

Vormundschaft<br />

Liebherrstraße 5<br />

80538 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9710<br />

vormundschaft@kinderschutz.de


Rechtliche Betreuung<br />

Lebenserfahrung schenken<br />

und sammeln<br />

Mehr als 40 ehrenamtliche rechtliche Betreuerinnen und Betreuer begleitet und<br />

berät Veronika Vaitl vom Betreuungsverein des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. Einer von ihnen<br />

ist Christian Trabold, 46 Jahre, verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern.<br />

Er engagiert sich bereits seit zehn Jahren ehrenamtlich als rechtlicher Betreuer.<br />

Herr Trabold, zurzeit führen Sie die<br />

rechtliche Betreuung für zwei ältere<br />

Damen und einen Mann. Was ist Ihre<br />

Aufgabe dabei?<br />

Ich unterstütze sie in allen möglichen<br />

Angelegenheiten, die mit Bürokratie oder<br />

Behörden zu tun haben. Zum Beispiel stelle<br />

ich für sie Anträge bei Krankenkassen,<br />

etwa für die Zuzahlungsbefreiung, oder<br />

auch bei Versicherungen und Behörden.<br />

Ich kümmere mich bei der einen Dame um<br />

alles was ihre Heimunterbringung betrifft.<br />

Ich vereinbare auch Arzttermine und begleite<br />

die Betreuten wenn nötig dorthin<br />

und ich kümmere mich um ihre finanziellen<br />

Angelegenheiten. Ich übernehme also<br />

die Dinge, um die sie sich selbst nicht<br />

mehr sorgen können.<br />

Warum können die betreuten Menschen<br />

diese Aufgaben nicht mehr selbst erfüllen?<br />

Zum Teil, weil sie einfach alt sind und daher<br />

geistig oder körperlich nicht mehr in<br />

der Lage. Vieles ist mit der Zeit auch so<br />

komplex geworden, dass alte Menschen<br />

damit überfordert sind. Allein ein Antrag<br />

auf Zuzahlungsbefreiung bei der Krankenkasse<br />

kann ihnen Schwierigkeiten bereiten.<br />

Eine meiner Betreuten ist fast<br />

blind, lebt aber noch zuhause. Natürlich<br />

kann sie da vieles nicht mehr alleine erledigen.<br />

Briefe lesen, Rechnungen begleichen<br />

oder auch Geld holen, all das muss<br />

dann jemand für sie machen. Ich habe<br />

aber auch schon mal einen jungen Mann<br />

betreut, der psychisch krank ist und deshalb<br />

jemanden braucht, der ihn rechtlich<br />

vertritt. In der Regel haben alle diese<br />

Menschen keine Angehörigen mehr und<br />

auch keine Bekannten, die sie unterstützen<br />

können. Daher bestellt das Vormundschaftsgericht<br />

einen fremden rechtlichen<br />

Betreuer für sie.<br />

Wie ist Ihr Verhältnis zu den betreuten<br />

Menschen?<br />

Es entsteht automatisch eine Beziehung,<br />

auch wenn man sich „nur“ um ihre rechtlichen<br />

Angelegenheiten kümmert. Und<br />

man bekommt selbstverständlich einiges<br />

aus der Lebensgeschichte der Menschen<br />

mit. Ich versuche für meine Betreuten<br />

wenn möglich auch mehr zu tun als nur<br />

das Allernötigste. Sie können mich beispielsweise<br />

jederzeit anrufen. Wenn eine<br />

zum Beispiel Einlagen braucht, dann kümmere<br />

ich mich darum. Da sag ich nicht:<br />

Das geht mich nichts an. Oder wenn meine<br />

blinde Betreute gerne mal das Grab ihres<br />

Mannes besuchen möchte, dann fahre<br />

ich mit ihr zum Friedhof. Wer soll das<br />

denn sonst machen?<br />

Welche Unterstützung bietet Ihnen der<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V.?<br />

Ich kann mich mit jeder Frage und mit<br />

jedem Problem im Rahmen meiner<br />

Betreuungen an den Verein wenden und<br />

bekomme auch sehr schnell Antwort.<br />

Besonders anfangs war ich darauf<br />

angewiesen, denn vieles wusste ich erstmal<br />

nicht. Wo und wie ich zum Beispiel<br />

eine höhere Pflegestufe beantrage, all<br />

solche Sachen musste ich erfragen. Da<br />

ist es schon gut, eine persönliche Ansprechpartnerin<br />

zu haben und nicht alles<br />

selbst recherchieren zu müssen. Ganz am<br />

Anfang meiner Betreuungen haben wir<br />

uns auch die individuellen Bereiche und<br />

Bedürfnisse jedes Betreuten gemeinsam<br />

angeschaut und geklärt, was zu tun ist.<br />

Außerdem gibt es hier im Verein alle vier<br />

Wochen den Betreuerstammtisch, bei<br />

dem immer ein bestimmtes Thema im<br />

Mittelpunkt steht und bei dem wir<br />

Ehrenamtlichen uns austauschen können.<br />

Sie investieren viel Zeit und Energie in<br />

Ihr Ehrenamt. Profitieren Sie selbst<br />

auch davon?<br />

Auf jeden Fall! Die meisten sind sehr dankbar,<br />

dass ich sie besuche und mich kümmere. Außerdem<br />

ist es eine persönliche Bestätigung,<br />

wenn ich etwas so durchsetzen kann, wie ich<br />

es mir vorgestellt habe. Es macht mir Spaß,<br />

etwas für die Menschen zu bewegen und ihnen<br />

sagen zu können: Wenn es irgendwo<br />

klemmt, bin ich da und helfe. Auch in meiner<br />

eigenen Familie kam mir meine Erfahrung<br />

schon zugute. Zuletzt, als meine Mutter im<br />

Krankenhaus war und wir eine Vorsorgevollmacht<br />

erstellt haben. Abgesehen davon wünsche<br />

ich mir aber auch, dass jemand diese<br />

Aufgaben mal für mich übernimmt, wenn ich<br />

nicht mehr in der Lage sein sollte, mich selbst<br />

um meine Angelegenheiten zu kümmern.<br />

Möchten Sie sich über Vorsorgemöglichkeiten<br />

informieren? Oder können<br />

Sie sich vorstellen, selbst ehrenamtlich<br />

eine rechtliche Betreuung zu<br />

übernehmen?<br />

Dann ist unsere hauptamtliche<br />

Betreuerin Veronika Vaitl die richtige<br />

Ansprechpartnerin. Sie steht Ihnen<br />

gerne für ein ausführ liches Gespräch<br />

zur Verfügung:<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9732,<br />

v.vaitl@kinderschutz.de<br />

Zahlen und Standort<br />

3 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />

Bereich tätig.<br />

76 Erwachsene wurden 2008 rechtlich betreut.<br />

54 ehrenamtliche rechtliche Betreuerinnen<br />

und Betreuer wurden informiert, geschult<br />

und bei ihrer Aufgabe begleitet.<br />

Rechtliche Betreuung<br />

Liebherrstraße 5<br />

80538 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9710<br />

betreuung@kinderschutz.de<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

25


26<br />

Engagement<br />

Hand in Hand<br />

Unternehmensengagement beim <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

Immer mehr Unternehmen zeigen gesellschaftliche Verantwortung, auch bekannt<br />

unter dem Begriff „Corporate Social Responsibility“ (CSR). Die Möglichkeiten dazu<br />

sind vielfältig, sei es etwa durch Spendenaktionen, Sponsoring oder Aktionstage,<br />

bei welchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unternehmen zur Durchführung<br />

eines sozialen Projektes freigestellt werden. Von dieser Art der Kooperation profitiert<br />

sowohl das Wirtschaftsunternehmen als auch die soziale Einrichtung:<br />

Die Betriebe können soziale Verantwortung demonstrieren und dadurch ihr Firmenimage<br />

nach innen und nach außen stärken. Das gemeinsame Wirken für einen<br />

guten Zweck motiviert die Beschäftigten und fördert ihre sozialen Kompetenzen wie<br />

etwa Team- oder Handlungsfähigkeit. Viele Unternehmen setzen sozialverantwortliche<br />

Aktivitäten daher bereits als festen Bestandteil ihrer Personalschulung<br />

ein. Der soziale Partner wird bei der Durchführung eines Projektes unterstützt,<br />

welches er ohne finanzielle Beihilfe bzw. den ehrenamtlichen Einsatz der Beschäftigten<br />

nicht verwirklichen könnte. Auch der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. konnte im Jahr 2008<br />

dank der Hilfe engagierter Firmen einige Aktionen in die Tat umsetzen.<br />

Engagement im Rahmen des Führungskräfteprogramms<br />

Vermittelt durch den Verein Lichterkette<br />

unterstützte die Allianz Deutschland AG<br />

im Frühjahr zwei Projekte für Jugendliche<br />

des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. Nachwuchsführungskräfte<br />

der Allianz ließen im März gemeinsam<br />

mit Schülerinnen und Schülern<br />

in den Räumen der Jugendsozialarbeit der<br />

Schule Kirchenstraße eine Wohlfühlecke<br />

mit selbstgebauten Regalen als Raumteiler,<br />

einer gemütlichen Sitzecke und einer<br />

raffinierten Beleuchtung entstehen. Durch<br />

diese und die neu gestrichenen Wände in<br />

Büro und Gruppenraum entstand eine angenehme<br />

Atmosphäre, in der sich die Jugendlichen<br />

geborgen fühlen können.<br />

Disney VoluntEARS-Tag<br />

Freiwillige Helfer sorgten im Amalie-Nacken-Heim<br />

für strahlende Kinderaugen. Im<br />

Rahmen des „Disney VoluntEARS“-Tag<br />

stellten 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

der Disney Company Deutschland<br />

eine sehr gut geplante und koordinierte<br />

Renovierungsaktion auf die Beine, bei der<br />

sie sich gleichzeitig in ihrer Teamfähigkeit<br />

üben konnten. So verhalfen sie den Räumen<br />

dreier Wohngruppen, dem Eingang,<br />

dem Treppenhaus und der Dachterrasse<br />

des Heims zu neuem Glanz.<br />

Am Ende des Projektes waren beide Seiten<br />

sichtlich zufrieden mit dem Ergebnis.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

Im April kam das Engagement der Allianz<br />

zwölf Schülern der Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />

zugute. Zur Vorbereitung auf<br />

das Berufsleben und die Ausbildungsplatzsuche,<br />

die für Förderschüler eine besonders<br />

große Herausforderung bedeutet,<br />

führten angehende Führungskräfte ein<br />

eintägiges Bewerbungstraining durch. Sie<br />

standen mit Praxis-Tipps parat, wie man<br />

sich ansprechend in einer Bewerbungsmappe<br />

vorstellen kann, trainierten in Rollenspielen<br />

Bewerbungsgespräche und halfen<br />

den jungen Berufstätigen von morgen<br />

mit ausführlichem Feedback weiter.<br />

Neben der sehr positiven Resonanz von<br />

“Natürlich freuen sich die Kinder sehr über<br />

diesen Tapetenwechsel. Gerade für unsere<br />

Kinder ist es wichtig, in einem wohnlichen<br />

und freundlichen Umfeld zu leben.<br />

Durch den Einsatz von Disney wurde der<br />

schon seit längerem fällige<br />

Neuanstrich nun möglich,”<br />

erklärte Gudrun Brunold,<br />

die Leiterin des Amalie-<br />

Nacken-Heims. Für Astrid<br />

Piskora, verantwortlich für<br />

den Bereich Community<br />

Affairs bei Disney Deutschland,<br />

gehört soziales En-<br />

Seiten der Schule profitierte auch die Allianz<br />

von der Zusammenarbeit. Sowohl alle<br />

beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />

als auch die Verantwortlichen des<br />

Führungskräfteprogramms betrachteten<br />

die Projekte als wertvolle Bereicherung des<br />

Personaltrainings. Die Beschäftigten lernten<br />

eine ganz andere Lebenswelt kennen<br />

und bewährten sich in ungewohnten Situationen.<br />

Unter anderem berichteten die<br />

Süddeutsche Zeitung und das ZDF-Mittagsmagazin<br />

vom erfolgreichen Engagement<br />

des Unternehmens.<br />

gagement einfach dazu: „Die Wohltätigkeitsarbeit<br />

ist seit jeher eine Disney-<br />

Tradition. Es macht uns große Freude, dort<br />

wo unser Unternehmen ansässig ist, etwas<br />

zurück zu geben“.


NVIDIA – technische Ausstattung fürs Bewerbungstraining<br />

Dieselbe Meinung vertritt Guido Bischoff,<br />

Marketing Manager von NVIDIA, einem<br />

Hersteller visueller Computer-Technologien.<br />

Im Herbst 2008 unterstützte die IT-<br />

Firma das Berufsorientierungsprojekt der<br />

Wörthschule mit einem PC-Workshop.<br />

Gemäß dem Motto „Der kann was“ bauten<br />

sechs Schüler der neunten Klassen<br />

gemeinsam mit dem NVIDIA-Team vier<br />

Computer gebrauchsfertig zusammen.<br />

Das engagierte NVIDIA-Personal warb<br />

hierfür die PC-Komponenten fast vollständig<br />

als Sachspenden von ihren Geschäftspartnern<br />

ein, auf die die Begeisterung<br />

für die Aktion übergesprungen war.<br />

Das Projekt bereicherte den Schulalltag<br />

der Hauptschüler sehr. Die praktische<br />

Arbeit verschaffte ihnen Erfolgserlebnisse.<br />

Die Schüler gewannen an Selbstvertrauen,<br />

da sie sehen konnten, welche Fähigkeiten<br />

in ihnen stecken. Die teilweise ausländi-<br />

schen Jugendlichen der Wörthschule<br />

waren überrascht zu sehen, dass auch unter<br />

den IT-Profis unterschiedliche Kulturen<br />

vertreten waren. Sie demonstrierten, dass<br />

dies für eine erfolgreiche Karriere kein<br />

Hindernis sein muss.<br />

Babcock & Brown – Vielfältiges Kooperationsprogramm<br />

Ihr Engagement wirkt<br />

Durch die vielen guten Erfahrungen bestätigt,<br />

möchte der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. auch<br />

in Zukunft die Zusammenarbeit mit Unternehmen<br />

fortführen. Der Sozialstaat<br />

wird dabei nicht aus der Verantwortung<br />

entlassen, doch dort, wo besonderer Bedarf<br />

herrscht, reichen die öffentlichen Gelder<br />

oft nicht aus. Wirtschaftskooperationen<br />

bieten die Chance vorhandene ücken<br />

zu schließen. Dabei sind die Unterstüt-<br />

Eine ganz besondere Kooperation verband<br />

den <strong>Kinderschutz</strong> e.V. mit dem Münchner<br />

Standort der australischen Investmentgesellschaft<br />

Babcock & Brown. Das ganze<br />

Jahr über unterstützte das Unternehmen<br />

ein ausgewähltes Projekt: Die Kooperation<br />

zwischen der Dr.-Elisabeth-Bamberger-<br />

Schule und dem Amalie-Nacken-Heim.<br />

Eine großzügige Unternehmensspende,<br />

Mitarbeiterspenden und das sogenannte<br />

„matched giving“, bei dem von Beschäftigten<br />

gespendete Beträge vom Unter-<br />

zungsmöglichkeiten vielfältig und entstehen<br />

im Dialog zwischen Verein und Unternehmen.<br />

So können die Firmen gezielt<br />

helfen, den Kindern neue Hoffnung schenken<br />

und selbst davon profitieren.<br />

Sie möchten unsere Arbeit unterstützen?<br />

Wir freuen uns auf Ihr Engagement in<br />

einem Förderprojekt, das Ihre Unterstützung<br />

braucht. Im Gespräch mit Ihnen klä-<br />

Zum Jahresende organisierten die NVIDIA<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine<br />

kleine Weihnachtsfeier mit einem erlebnisreichen<br />

Computer-Spiele-Turnier für<br />

zwölf junge Menschen der Wörthschule.<br />

nehmen nochmals verdoppelt werden,<br />

ermöglichten den Kindern endlich lang<br />

ersehnte Ferienfahrten und die Anschaffung<br />

neuer Computer sowie Spiele und<br />

Bücher. Beim großen Fußballturnier „Kick<br />

am See“ in Gmund am Tegernsee lernten<br />

sich Wohltäterinnen und Wohltäter von<br />

Babcock & Brown und die Kinder, denen<br />

die Zuwendungen zugute gekommen waren,<br />

gegenseitig kennen und teilten miteinander<br />

die Freude am Sport.<br />

ren wir gerne die jeweiligen Vorstellungen<br />

und Möglichkeiten für eine Kooperation.<br />

Ihre Ansprechpartnerin ist<br />

Annette Gans<br />

Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9923<br />

fundraising@kinderschutz.de<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

27


Wir sagen Danke<br />

Damit unsere Konzepte gelingen und unsere motivierten und professionellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Arbeit<br />

mit Kindern, Jugendlichen und Familien ihre Ziele erreichen können, bedarf es der Unterstützung vieler. Nicht nur, dass unsere<br />

Bemühungen Hand in Hand gehen müssen mit den Leistungen anderer Institutionen und Organisationen. Auch und vor allem<br />

finanziell brauchen wir in Zeiten stets zu knapper Sozialbudgets Hilfe bei der Umsetzung unserer Projekte. Glücklicherweise<br />

werden wir dabei von einer Vielzahl an Förderern unterstützt, die unsere Arbeit schätzen und sich gerne engagieren.<br />

Wir danken unseren<br />

■ Mitgliedern<br />

■ Fördermitgliedern<br />

■ Tierpatinnen und Tierpaten<br />

■ Spenderinnen und Spendern,<br />

die mit ihren kleinen und großen Beiträgen<br />

unsere Bemühungen zum Wohle von<br />

Kindern, Jugendlichen und Familien unterstützen.<br />

Unseren Dank richten wir auch<br />

an alle Stiftungen und Organisationen,<br />

Vereine und Initiativen sowie an Spender<br />

und Kooperationspartner aus der Wirtschaft<br />

– insbesondere an all die Personen,<br />

die das Engagement initiiert und eine<br />

Zusammenarbeit möglich gemacht und<br />

tatkräftig unterstützt haben. Ohne ihr<br />

Engagement könnte so manches Projekt<br />

nicht realisiert und so mancher notleidenden<br />

Familie nicht geholfen werden.<br />

Stiftungen, Organisationen<br />

und Initiativen<br />

■ Aktion Mensch<br />

■ Aktion für das Leben e.V.<br />

■ Bundesagentur für Arbeit<br />

■ Charlotte und Werner Herrmann<br />

Stiftung<br />

■ Children for a better world e.V.<br />

■ Claudia Jung Fanclub<br />

■ Dachauer Kleidersalon<br />

■ Deutsche Kinderhilfe e.V.<br />

■ Deutscher Paritätischer<br />

Wohlfahrtsverband<br />

■ Diakonie- und Förderverein<br />

St. Johannes e.V.<br />

■ Dr. Elly Staegmeyr-Stiftung<br />

■ Georg und Walburga Heitzinger Stiftung<br />

■ GlücksSpirale<br />

■ Herrmann & Minna Gebler Stiftung<br />

■ KAB Hand in Hand<br />

■ Katholischer Frauenbund Dachau<br />

■ Klientenzentrierte Problemberatung<br />

■ Lichterkette e.V.<br />

■ Prof. Hermann Auer Stiftung<br />

■ Sportfreunde Aying 1948 e.V.<br />

■ Sternstunden e.V.<br />

■ Stiftung Antenne Bayern hilft<br />

■ Stiftungsverwaltung der<br />

Landeshauptstadt München<br />

■ SZ Adventskalender für<br />

gute Werke e.V.<br />

■ Katholische Pfarrgemeinde<br />

St. Johann Baptist<br />

Unternehmen<br />

■ ACE - Schneider<br />

■ Allianz Deutschland AG<br />

■ Autodesk GmbH<br />

■ Babcock & Brown GmbH<br />

■ Bank für Sozialwirtschaft<br />

■ BBBank eG<br />

■ BMW Group<br />

■ Ceratissimo AG<br />

■ Climaplan GmbH<br />

■ D&B Deutschland GmbH<br />

■ Deutsche Plasser Baumaschinen GmbH<br />

■ E.ON Energie AG<br />

■ EADS Deutschland GmbH<br />

■ FD TEXTIL OHG<br />

■ Formion GmbH<br />

■ GeBE C&P GmbH<br />

■ Gerhard Mann GmbH & Co. KG<br />

■ Gewinn-Sparverein der<br />

Sparda Bank München e.V.<br />

■ Golfhotel Kaiserin Elisabeth<br />

■ GWG Gemeinnützige Wohnstättenund<br />

Siedlungsgesellschaft<br />

■ Koch Universal Music<br />

■ M+D Dienstleistungs GmbH<br />

■ MAN Nutzfahrzeuge AG<br />

■ Model Holding AG<br />

■ MPA. Marketing und<br />

PR Agentur GmbH<br />

■ Münchener Rückversicherungs-<br />

Gesellschaft<br />

■ Münchner Merkur<br />

■ MW Office<br />

■ Nvidia GmbH<br />

■ Oberammergau und<br />

DER Reisebüro OHG<br />

■ PlatinMond Media GmbH<br />

■ pro aurum GmbH & Co. KG<br />

■ Raechl & Mentil Werkzeugmaschinen-<br />

Service GmbH<br />

■ Siemens AG<br />

■ Sparda Bank München eG<br />

■ Sparkasse Dachau<br />

■ spectramed Messe & Event Design<br />

Werbeagentur GmbH<br />

■ sputniks werbeagentur GmbH<br />

■ Stadtsparkasse München<br />

■ State Street Bank<br />

■ STMicroelectronics GmbH<br />

■ The Walt Disney Company<br />

Germany GmbH<br />

■ Versicherungskammer Bayern<br />

■ Yellowspace smart solutions<br />

Darüber hinaus gilt unser Dank<br />

■ den Kommunen und den Bezirken<br />

■ den Gerichten und Staatsanwaltschaften<br />

für die Zuweisung von Geldauflagen<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

29


30<br />

Kurzmeldungen aus dem Verein<br />

Neues und Bewährtes im <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

10 Jahre Schülerzentrum am Schlossberg<br />

Seit über einem Jahrzehnt bietet der <strong>Kinderschutz</strong><br />

e.V. am Sonderpädagogischen<br />

Förderzentrum in Dachau Jugendsozialarbeit<br />

an. Im Schülerzentrum am Schlossberg<br />

werden Schülerinnen und Schüler so auch<br />

nach dem Unterricht betreut und gezielt<br />

gefördert. Ziel des Schülerzentrums damals<br />

wie heute ist es, benachteiligte<br />

Kinder und Jugendliche zu integrieren und<br />

die Schule als Ort einer gemeinsamen<br />

Sozial- und Lebenswelt zu erleben. Das<br />

10-jährige Jubiläum wurde im Oktober<br />

2008 ausgiebig gefeiert – mit Schülerinnen<br />

und Schülern, Eltern, Lehrkräften, dem<br />

sozialpädagogischen Team und Wegbe-<br />

Im September 2008 <strong>nah</strong>m die Kindertagesstätte<br />

Berg am Laim ihren Betrieb auf.<br />

In drei Kindergartengruppen und einer<br />

Hortgruppe werden Kinder aus dem<br />

Münchner Osten betreut. Eine weitere und<br />

gleiterinnen und Wegbegleitern der Kooperation.<br />

Gewürdigt wurde dabei besonders<br />

die Pionierleistung, die Schulleitung,<br />

Lehrkräfte und das sozialpädagogische<br />

Team des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. mit ihrer<br />

Kooperation geleistet haben. Denn selbstverständlich<br />

ist ein Ineinandergreifen von<br />

Schule und Jugendhilfe nach wie vor nicht.<br />

Zu unterschiedlich scheinen die beiden<br />

Systeme, in denen die Partner verankert<br />

sind, zu unterschiedlich die Regeln und<br />

Riten, denen sie jeweils folgen (müssen).<br />

Gabriele Oswald-Kammerer, Direktorin des<br />

Sonderpädagogischen Förderzentrums,<br />

fand im Rahmen der Festrede daher auch<br />

somit fünfte Kindertagesstätte in Betriebsträgerschaft<br />

des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

öffnet im Spätsommer dieses Jahres in der<br />

Messestadt Riem ihre Türen. Der Kindergarten<br />

wird zu Ehren des im letzten Jahr<br />

einen sehr treffenden Vergleich für die<br />

erfolgreiche Zusammenarbeit. Sie sei wie<br />

die Erziehung eines Kindes, die ein Paar<br />

gemeinsam meistern müsse: Jeder Elternteil<br />

bringe selbst unterschiedliche Werte,<br />

Kindheits- und Jugenderfahrungen mit.<br />

Die Herausforderung sei es, die unterschiedlichen<br />

Ansichten und Erfahrungen<br />

auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen<br />

und davon zu profitieren. Dem <strong>Kinderschutz</strong><br />

e.V. und dem Sonderpädagogischen<br />

Förderzentrum sei dies in den vergangenen<br />

10 Jahren gut gelungen.<br />

Betriebsträgerschaft für weitere Kindertagesstätten übernommen<br />

Jugendsozialarbeit in der Sozialregion Landkreis<br />

Dachau ausgeweitet<br />

Zum Schuljahresbeginn 2008/<strong>2009</strong><br />

startete die Jugendsozialarbeit an der<br />

Hauptschule Dachau Süd. Durch das<br />

Angebot werden rund 257 Schülerinnen<br />

und Schüler erreicht. Schon „nicht mehr<br />

wegzudenken“ ist die seit Anfang 2008<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

geleistete Jugendsozialarbeit an der<br />

Hauptschule Markt Indersdorf. Dies<br />

betonte Schuldirektor Thomas Frey zum<br />

einjährigen Bestehen des Angebots. Insgesamt<br />

531 Kindern und Jugendlichen<br />

steht das Angebot dort zur Verfügung.<br />

verstorbenen Ehrenvorstandsmitglieds des<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V. den Namen „Lotte Wetter“<br />

tragen.<br />

Zum Arbeitsschwerpunkt gehören Sozialtrainings<br />

in den Klassen und die gemeinsame<br />

Zusammenarbeit mit den<br />

Eltern, die verstärkt von den Lehrkräften<br />

nachgefragt wird.


KIM - Beratungsstelle für Mädchen und Jungen bei sexuellen<br />

Gewalterfahrungen in FFB offiziell eröffnet<br />

Im Februar 2008 <strong>nah</strong>m die gemeinsam von<br />

IMMA e.V. und dem <strong>Kinderschutz</strong> e.V. angebotene<br />

Beratungsstelle KIM – Beratung<br />

für Mädchen und Jungen bei sexuellen<br />

Gewalterfahrungen in Fürstenfeldbruck<br />

ihre Tätigkeit auf. Zur offiziellen Eröffnungsfeier<br />

im September zogen die beiden<br />

Träger eine erste Bilanz. In den ersten<br />

Monaten lag der Aufgabenschwerpunkt<br />

von KIM auf der Bekanntmachung und<br />

Vernetzung des Angebotes: Jugendamt,<br />

Erziehungsberatung, Frauenhaus, Polizei –<br />

sie alle zeigten großes Interesse und<br />

Kooperationsbereitschaft. Nach einem<br />

halben Jahr Informations- und Beratungsarbeit<br />

zeichnete sich jedoch bereits deutlich<br />

ab, dass der Zulauf die Kapazitäten<br />

der Beratungsstelle weit übersteigt. Der<br />

Dachauer Kleidersalon<br />

macht erlebnisreiche Ferienaktionen möglich<br />

Seit Jahren trägt der Dachauer Kleider -<br />

salon dazu bei, dass die Kinder der Heilpädagogischen<br />

Tagesstätte an besonderen<br />

Freizeitaktionen teilnehmen können. Ob<br />

Kunstprojekt, Besuch der Augsburger<br />

Puppenkiste oder Zirkuswerkstatt: Ohne<br />

das Engagement der Kleidersalon-Damen<br />

wären die Ferien der betreuten Kinder und<br />

Jugendlichen nur halb so erlebnisreich.<br />

2008 wurde mit Hilfe der Kleidersalon-<br />

Spende ein mehrtägiger Bildhauer-Workshop<br />

realisiert: Drei Tage lang drehte sich<br />

im Landatelier der Künstlerin Christiane<br />

Demenat alles rund um den Stein. Zunächst<br />

erfuhren die Nachwuchsbildhauer<br />

Wissenswertes über die verschiedenen<br />

Steinarten, ihre Herkunft, Bearbeitbarkeit<br />

und Kraftwirkung. Dann ging’s an die<br />

Werkzeuge: Die Kinder gestalteten ihre<br />

eigenen Kraftsteine und entdeckten dabei<br />

ihre kreativen Talente und handwerklichen<br />

Fähigkeiten. Teils im Atelier, teils bei<br />

Sonnenschein unter freiem Himmel wurden<br />

Specksteine gesägt, behauen, geklopft,<br />

geschliffen und poliert. Jedes Kind konnte<br />

am Ende der Ferienkunstaktion mindestens<br />

einen persönlich geschaffenen Kraftstein<br />

nach Hause mitnehmen. Wertvollstes<br />

Stück ist der gemeinsam geformte<br />

HPT-Stein, der nun in den Räumen der<br />

Antrag, das Angebot daher möglichst<br />

schnell zu erweitern, stieß im Landkreis<br />

Fürstenfeldbruck auf offene Ohren. In<br />

Kürze teilt sich das zweiköpfige Beratungsteam<br />

einen größeren Stundenkuchen<br />

und steht dann mit 22 Stunden in der Woche<br />

für Beratung der betroffenen Kinder und<br />

Jugendlichen, Information und Vernetzung<br />

zur Verfügung.<br />

Heilpädagogischen Tagesstätte einen<br />

würdigen Platz gefunden hat und die<br />

Kinder an ihr kreatives Potenzial erinnert,<br />

wenn das Selbstvertrauen sie mal wieder<br />

im Stich lässt.<br />

Der Second-Hand-Kleidermarkt von Frauen<br />

für Frauen findet bereits seit 2006 regelmäßig<br />

im Ludwig-Thoma-Haus in Dachau<br />

statt, jeweils im Frühjahr und im Herbst.<br />

Die genauen Termine sind im Vorfeld unter<br />

www.kinderschutz.de angekündigt. Den<br />

Erlös des Modemarktes spenden die Organisatorinnen<br />

traditionell den Angeboten der<br />

Sozialregion Dachau.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

31


32<br />

Das Jahr 2008 in Zahlen<br />

Wieviele Menschen haben wir erreicht?<br />

2008 hat der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. mit seinen Betreuungs- und<br />

Beratungsangeboten weit über 7.000 Menschen erreicht.<br />

Einzelne Kinder, Jugendliche,<br />

junge Erwachsene<br />

Kinder und ihre Familien<br />

Fachkräfte<br />

Erwachsene Betreute<br />

Davon…<br />

... durch unsere Beratungsangebote<br />

... durch schulische Angebote und<br />

Angebote in Schulen<br />

... durch Einrichtungen und Angebote<br />

der Kinder- und Jugendhilfe<br />

... durch Einrichtungen der<br />

Kindertagesbetreuung<br />

... durch Wahrnehmung rechtlicher<br />

Betreuungen und Vormundschaften<br />

Ehrenamt<br />

Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. qualifizierte darüber hinaus engagierte Menschen für ein Ehrenamt: Bei der Online-Beratung kids-hotline<br />

wurden fortlaufend 70 mitwirkende Ehrenamtliche bei ihrem Engagement begleitet und geschult. Im Bereich rechtliche Betreuung<br />

wurden 54 Menschen informiert und beraten.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

5.233<br />

1.198<br />

773<br />

76<br />

3.185<br />

3.048<br />

570<br />

261<br />

216


Beschäftigte 1994 bis 2008<br />

350 Beschäftigte<br />

Vollzeitstellenanteil<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

119<br />

1994<br />

130<br />

1995<br />

136<br />

1996<br />

Ein<strong>nah</strong>men und Ausgaben<br />

145<br />

1997<br />

Woher kommen unsere Ein<strong>nah</strong>men?<br />

153<br />

1998<br />

Erträge aus stationären und<br />

teilstationären Leistungen<br />

159<br />

1999<br />

Wofür geben wir wieviel aus?<br />

160<br />

2000<br />

Erträge aus ambulanten Leistungen<br />

Öffentliche Zuschüsse<br />

Spenden, Sponsoring, Bußgelder<br />

(Teilnehmer/innen-)beiträge Betreute<br />

Sonstige Erträge<br />

Personalkosten der Angebote und<br />

Einrichtungen<br />

Betreuungskosten<br />

Verwaltungskosten (zentrale Dienste,<br />

Büro- und Verwaltungsbedarf)<br />

Hauskosten<br />

Investitionskosten und Abschreibung<br />

KFZ- und Fahrtkosten<br />

175 212<br />

2001<br />

2002<br />

217<br />

2003<br />

232<br />

2004<br />

8.185.445 €<br />

2.698.708 €<br />

3.252.778 €<br />

355.387 €<br />

316.787 €<br />

567.072 €<br />

10.587.108 €<br />

1.992.989 €<br />

1.265.393 €<br />

835.692 €<br />

491.809 €<br />

137.670 €<br />

2005<br />

235 275<br />

207<br />

2006<br />

53%<br />

18%<br />

21%<br />

2%<br />

2%<br />

4%<br />

70%<br />

13%<br />

8%<br />

5%<br />

3%<br />

1%<br />

Sonstige Kosten 51.978 €


34<br />

Ihr Engagement<br />

Kinder haben ein Recht auf Hilfe und Unterstützung. Diesem Grundsatz wollen wir Rechnung tragen, auch wenn die zur Verfügung<br />

stehenden öffentlichen Mittel nicht ausreichen oder ganz fehlen.<br />

Um Kindern, Jugendlichen und Familien zeit<strong>nah</strong> und zielgenau helfen zu können, entwickeln wir unsere Angebote laufend weiter.<br />

Darüber hinaus müssen junge Menschen und Familien, die durch das soziale Netz fallen, in akuten Notsituationen die Hilfe erhalten,<br />

die sie brauchen.<br />

Damit wir Kindern, Jugendlichen und Familien neue Perspektiven bieten können, brauchen wir Ihre Hilfe.<br />

Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit!<br />

Mit einer Spende:<br />

Sie können zweckgebunden für ein bestimmtes Angebot oder eines<br />

unserer „Förderprojekte“ spenden. Oder Sie überlassen uns die<br />

Entscheidung: Wir wissen, wo Ihre Spende am nötigsten gebraucht<br />

wird. Sie können auch in Ihrem persönlichen Umfeld um<br />

Spenden für den <strong>Kinderschutz</strong> e.V. bitten. Anlass dafür bieten<br />

Mit einer Fördermitgliedschaft:<br />

Als Fördermitglied unterstützen Sie den <strong>Kinderschutz</strong> e.V. dauerhaft<br />

und helfen uns dabei, die verfügbaren Mittel besser planen zu können.<br />

Schon ab 5 Euro im Monat begleiten Sie Kinder und Jugendliche auf<br />

Mit einem Unternehmensengagement<br />

Unternehmen können unsere Arbeit auf vielfältige Weise unterstützen,<br />

beispielsweise durch Geldspenden, die Durchführung von<br />

Spendenaktionen, Sachmittel, freiwilliges Engagement ihrer<br />

Diese Förderprojekte brauchen Ihre besondere Unterstützung:<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

beispielsweise Geburtstage, Jubiläen, Betriebsfeiern oder Hochzeiten.<br />

Wenn Sie von unserer Arbeit überzeugt sind, gelingt es<br />

Ihnen sicherlich auch Freunde, Verwandte oder Ihr Kollegium zum<br />

Helfen zu motivieren. Gerne unterstützen wir Sie und stellen<br />

Ihnen Informationsmaterial zur Verfügung.<br />

Ihrem Weg in die Zukunft. Entscheiden Sie selbst: Soll Ihre regelmäßige<br />

Spende einem ausgewählten Projekt zugute kommen, oder soll der Verein<br />

das Geld dort einsetzen, wo es am dringendsten gebraucht wird?<br />

Beschäftigten, Fachwissen oder Sponsoring. Lesen Sie mehr dazu<br />

im Artikel auf Seite 26.<br />

Die Möglichkeiten, sich mit einer Spende oder einer Förder mitgliedschaft zu engagieren haben Sie auch auf unserer Internetseite<br />

www.kinderschutz.de unter „Ihr Engagement“.<br />

Jugendsozialarbeit<br />

an Schulen (Seite 8)<br />

kibs<br />

(Seite 12)<br />

kids-hotline<br />

(Seite 14)<br />

Damit Sie wissen, wie Ihr Engagement wirkt, informieren wir Sie über die Aktivitäten des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

Wenn Sie Fragen oder Anregungen haben, erreichen Sie unsere Spenderbetreuung unter<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9923<br />

Fax (089) 23 17 16 -9919<br />

fundraising@kinderschutz.de<br />

Helfen Sie uns zu helfen! Ihr Beitrag kommt an.<br />

Paulihof<br />

(Seite 16)<br />

Spendenkonto des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

Kontonummer 7 818 307, BLZ 700 205 00 bei der Bank für Sozialwirtschaft


Tierpatenschaften auf dem Paulihof<br />

Das stete Training und die Versorgung der Tiere auf dem Paulihof<br />

sind eine wichtige Voraussetzung, um erfolgreich mit den jungen<br />

Menschen arbeiten zu können. Dabei sind Zeit, Geduld und Liebe<br />

ebenso notwendig wie ausreichende finanzielle Mittel für die<br />

laufenden Kosten vom Futter bis zur tierärztlichen Versorgung.<br />

Deshalb ist der Paulihof dauerhaft auf die Unterstützung von<br />

Förderern angewiesen. Eine besondere Möglichkeit dazu ist die<br />

Über<strong>nah</strong>me einer Tierpatenschaft für einzelne Tiere auf dem<br />

Was Ihre Patenschaft bedeutet<br />

■ Sie erklären sich bereit, ein Tier gezielt finanziell zu<br />

unterstützen<br />

■ Sie tragen mit Ihrer regelmäßigen Spende zur Finanzierung<br />

der laufenden Kosten für das Tier bei (Futter, Impfungen,<br />

Wurmkuren, Scherer, Hufschmied etc.)<br />

■ Sie unterstützen die Ausbildung des Tieres für dessen<br />

therapeutischen Einsatz<br />

■ Sie haben am Patenschaftswochenende die Möglichkeit,<br />

Ihr Patentier zu besuchen<br />

■ Sie erhalten eine Patenschaftsurkunde<br />

Paulihof. Die Schlagersängerin Claudia Jung und ihre Tochter Anna<br />

gehören beispielsweise zu den Unterstützern des Paulihofs.<br />

So über<strong>nah</strong>m die Sängerin am Patentag im November 2007 die<br />

offizielle Schirmherrschaft für das Projekt und ihre Tochter ist<br />

stolze Patin des verschmusten Ziegenbocks Ivan geworden. Für die<br />

Paten werden regelmäßig Patentage veranstaltet, an denen sie die<br />

Möglichkeit haben persönlichen Kontakt zu ihrem Patentier aufzunehmen.<br />

Übernehmen Sie eine Patenschaft<br />

■ für einen gefiederten Freund (Gans, Henne, Hahn...):<br />

mit einer Spende ab 25 Euro im Jahr<br />

■ für einen treuen Vierbeiner (Hund, Schaf, Schwein...):<br />

mit einer Spende ab 50 Euro im Jahr<br />

■ für einen starken Rücken (Pferd, Pony, Esel...):<br />

mit einer Spende ab 100 Euro im Jahr<br />

Natürlich können Sie eine Tierpatenschaft auch verschenken.<br />

Gruppen wie Klassen, Vereine oder Firmen können ebenfalls<br />

Patenschaften übernehmen.<br />

Weitere Informationen zur Tierpatenschaft finden Sie auch auf unserer Internetseite<br />

www.kinderschutz.de.<br />

Drei Fragen an Paulihof-Schirmherrin<br />

Claudia Jung<br />

Warum haben Sie die Schirmherrschaft für den Paulihof übernommen?<br />

Weil mich die tiergestützte Therapie fasziniert. Ich merke doch an mir selbst, was für eine<br />

positive Wirkung Tiere immer wieder auf den Menschen haben. Das sollte man sich,<br />

gerade im Umgang mit Benachteiligten, noch viel stärker zu Nutze machen.<br />

Was erleben Sie, wenn Sie den Paulihof besuchen?<br />

Glückliche, zufriedene Kinder, die sich freuen und stolz sind, wenn man ihnen etwas zutraut<br />

und sie Verantwortung übernehmen lässt.<br />

Wie können Menschen, die den Paulihof wichtig finden, die Arbeit vor Ort und die<br />

Kinder die dort betreut werden unterstützen?<br />

Beispielsweise durch Über<strong>nah</strong>me einer Tierpatenschaft. Jeder, der sich<br />

informieren möchte, kann den Paulihof auch gerne an einem „Tag der<br />

offenen Tür” besuchen und sich selbst einen Eindruck von diesem<br />

„kleinen Stückchen Paradies für Kinder und Tiere” verschaffen.<br />

Claudia Jung,<br />

Schirmherrin des Paulihofs<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong> 35


OFFENSICHTLICH<br />

UNSICHTBAR!<br />

SEXUELLER MISSBRAUCH AN JUNGEN IST NOCH<br />

IMMER EIN TABUTHEMA! WWW.KIBS.DE

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