nah dran 2009 - Kinderschutz eV
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Ausgabe <strong>2009</strong><br />
Zeitschrift des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. 9. Jahrgang Ausgabe <strong>2009</strong><br />
Denkanstöße:<br />
Kinderrechte in der Kinder- und Jugendhilfe<br />
Im Interview: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V. berichten<br />
Hand in Hand: Unternehmen engagieren sich<br />
Rückblick: Das Jahr 2008 in Zahlen
2<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
Inhalt<br />
4 Editorial<br />
5 Kinderrechte im Alltag der Kinder- und Jugendhilfe<br />
Jugendsozialarbeit an Schulen und<br />
berufsbezogene Jugendhilfe<br />
8 Unterstützung auf dem Weg ins Berufsleben<br />
Kindertagesstätten<br />
10 Die kindliche Lernentwicklung setzt<br />
emotionale Geborgenheit voraus<br />
Ambulante Erziehungshilfe für Gehörlose<br />
11 Wertvolle Unterstützung in einer<br />
hörenden Welt<br />
Beratung<br />
12 Kontakt-, Informations-, und Beratungsstelle für<br />
männliche Opfer sexueller Gewalt<br />
14 kids-hotline<br />
Tiergestützte Pädagogik und Therapie<br />
16 Paulihof – Heilende Pädagogik mit Tieren<br />
Heilpädagogische Tagesstätte<br />
18 Elternarbeit ergänzt die heilpädagogische<br />
Tagesbetreuung<br />
Schule zur sonderpädagogischen Förderung<br />
19 Mobile Sonderpädagogische Dienste<br />
an der Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />
Stationäre Erziehungsangebote und<br />
betreute Wohnformen<br />
20 Amalie-Nacken-Heim<br />
21 Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen und<br />
Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung<br />
22 Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen für<br />
Mutter/Vater und Kind<br />
23 NahRaum
Vormundschaft<br />
24 Vormundschaften für unbegleitete<br />
minderjährige Flüchtlinge<br />
Rechtliche Betreuung<br />
25 Lebenserfahrungen schenken und sammeln<br />
Engagement<br />
26 Hand in Hand – Unternehmensengagement<br />
beim <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
29 Wir sagen Danke<br />
30 Kurzmeldungen aus dem Verein<br />
32 Das Jahr 2008 in Zahlen<br />
34 Ihr Engagement<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
Liebherrstraße 5, 80538 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -0<br />
Fax (089) 23 17 16 -9969<br />
info@kinderschutz.de<br />
www.kinderschutz.de<br />
Verantwortlich für den Inhalt:<br />
Norbert Blesch, Geschäftsführer<br />
Redaktion dieser Ausgabe:<br />
Norbert Blesch, Annette Gans, Anja Hunsinger<br />
Grafik + Layout:<br />
sputniks werbeagentur GmbH, München<br />
Druck:<br />
Druckhaus Frank<br />
Bildquellen (u.a.)<br />
Titel: Xalanx – Fotolia.de<br />
S. 15: Jens Becker<br />
S. 16: Thorsten Naeser<br />
S. 22: Adrian Pelcz - Fotolia.de<br />
Beiträge (als Word-Dokument per eMail oder auf<br />
Datenträger) sind stets willkommen.<br />
eMail: <strong>nah</strong><strong>dran</strong>@kinderschutz.de<br />
Unaufgefordert zugesandte Manuskripte werden<br />
nicht zurückgesandt. Ein Anspruch auf Veröffentlichung<br />
besteht nicht.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong> erscheint nach Bedarf und wird kostenlos<br />
an Freunde, Förderer und Interessierte des<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V. verteilt. Ein Anspruch auf<br />
Belieferung besteht nicht.<br />
Nachdruck nur mit Genehmigung gestattet.<br />
© <strong>2009</strong><br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
3
4<br />
Editorial<br />
Liebe Leserinnen und Leser!<br />
Wir leben in einer globalisierten Welt. Der Zusammenbruch<br />
der Finanzmärkte und die in seiner Folge heraufbeschworene<br />
Krise haben Auswirkungen auf uns alle. Manche dieser<br />
Auswirkungen sind offensichtlich und manche eher unsichtbar.<br />
Die Landeshauptstadt München hat im April <strong>2009</strong> eine Haushaltssperre<br />
erlassen. Die Stadt befürchtet Einbrüche bei den<br />
Gewerbeein<strong>nah</strong>men und sieht sich deshalb zum Handeln<br />
gezwungen, was sich unmittelbar auf unsere tägliche Arbeit<br />
auswirkt. Angeblich sei die Kinder- und Jugendhilfe von den<br />
Sparmaß<strong>nah</strong>men nicht berührt. Doch wir beobachten bereits<br />
wieder verstärkt, dass bei der Entscheidung, welche Hilfe ein<br />
junger Menschen oder eine Familie bekommen soll, weniger<br />
die fachlich gebotene Notwendigkeit der Maß<strong>nah</strong>me im<br />
Vordergrund steht, sondern die Kosten, die eine solche Maß<strong>nah</strong>me<br />
verursacht. Was dabei rauskommt bewegt sich leider<br />
manchmal am Rande des fachlich Vertretbaren und Möglichen.<br />
Wenn wir die letzten Monate Revue passieren lassen und an<br />
die Ausschüttung milliardenschwerer Konjunkturpakete denken,<br />
stellt sich die Frage, wer die Schulden bezahlen soll, die uns<br />
dadurch als Hypothek mit auf den Weg gegeben werden.<br />
Klar ist, dass die zukünftige(n) Generation(en) mehr denn je<br />
in der Pflicht stehen werden. Die Heranwachsenden von heute<br />
werden gebraucht, um als zukünftige Steuerzahlerin und<br />
Steuerzahler ihren Beitrag zur Überwindung einer Krise zu<br />
leisten, die sie selbst nicht zu verantworten haben. Und dies<br />
berechtigt zu der Frage, ob die Investitionen, die wir gerade<br />
in diese Generation tätigen, tatsächlich ausreichend sind.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
Nach unserem Dafürhalten sind zwingend die Prioritäten zu<br />
verschieben. Wer nachhaltig investieren will, muss vor allem<br />
investieren in die Entwicklung und Förderung junger Menschen.<br />
Und es muss dafür Sorge getragen werden, dass<br />
insbesondere junge Menschen mit schwierigeren Ausgangsvoraussetzungen<br />
die gleichen Chancen erhalten.<br />
Jeder Euro, den wir heute in die Zukunft der nächsten<br />
Generation investieren, wird sich um ein Vielfaches bezahlt<br />
machen: Wenn Kinder zu selbstständigen, erwachsenen<br />
Persönlichkeiten werden, mit einer guten Ausbildung ausgestattet,<br />
in der Lage auch schwierige Situationen zu meistern<br />
und bereit, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.<br />
Hierzu leistet der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. den ihm möglichen Beitrag.<br />
Jedes gelungene Angebot der Beratung, Begleitung und<br />
Förderung junger Menschen und ihrer Familien bedeutet für<br />
uns, ihnen und damit uns allen Zukunft zu ermöglichen.<br />
Lesen Sie in dieser Jahresausgabe von <strong>nah</strong> <strong>dran</strong>, wie wir dies<br />
tun. Unter anderem lassen wir in Interviews unsere Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter zu Wort kommen, die Ihnen<br />
unmittelbar von ihrer Arbeit für Kinder, Jugendliche und<br />
Familien berichten.<br />
Norbert Blesch,<br />
Geschäftsführer des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.
Kinderrechte im Alltag<br />
der Kinder- und Jugendhilfe<br />
Einer Nachrichtenmeldung über ein vernachlässigtes<br />
Kind oder über einen Amoklauf folgt<br />
regelmäßig die öffentliche Diskussion darüber,<br />
ob Gesetze geändert oder verschärft werden<br />
müssen bis hin zur Frage, ob Kinderrechte in<br />
die Verfassung gehören oder nicht. Schaut man<br />
einmal genau hin, so wird jedoch deutlich: Wir<br />
haben bereits alle rechtlichen Möglichkeiten.<br />
Wir brauchen weder eine Verfassungsdiskussion<br />
noch Gesetzesänderungen. Was wir brauchen<br />
ist ein verändertes Handeln in der Kinderund<br />
Jugendhilfe. Wir müssen das rechtlich und<br />
fachlich Mögliche lediglich tun und dafür Sorge<br />
tragen, dass junge Menschen und ihre Familien<br />
zu dem Recht kommen, das ihnen zusteht.<br />
Welche Rechte haben ein junger<br />
Mensch und seine Familie?<br />
Grundgesetz, Bürgerliches Gesetzbuch und<br />
Sozialgesetzgebung sichern Kindern und Jugendlichen<br />
gemeinsam umfassende Rechte<br />
zu:<br />
■ Junge Menschen haben ein Recht auf<br />
Achtung und Schutz ihrer Würde, auf<br />
körperliche Unversehrtheit, auf Schutz<br />
vor Gefahren für ihr Wohl und auf<br />
Schutz vor Verwahrlosung.<br />
■ Junge Menschen haben ein Recht auf<br />
Förderung hin zu einer eigenverantwortlichen<br />
und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.<br />
Sie haben ein Recht auf Vermeidung<br />
oder Abbau von Benachteiligung<br />
sowie ein Recht auf Erhalt und Schaffung<br />
von positiven Lebensbedingungen.<br />
■ Junge Menschen haben ein Recht auf Erziehung<br />
(durch ihre Eltern) und sie haben<br />
ein Recht darauf, dass darüber gewacht<br />
wird.<br />
■ Dort, wo Eltern ihren Erziehungsauftrag<br />
aus welchen Gründen auch immer nicht<br />
alleine bewältigen können, haben Eltern<br />
und ihre Kinder Anspruch auf Beratung<br />
und Unterstützung.<br />
■ Schließlich hat ein junger Mensch auch<br />
Recht auf Schutz vor seinen Erziehungsberechtigten,<br />
wenn diese in ihrer Erziehungspflicht<br />
versagen.<br />
Würden diese Rechte wirklich ernst genommen,<br />
bräuchten wir keine Rechtedebatte. Die<br />
folgenden Beispiele zeigen jedoch, wie die<br />
Rechte der Kinder und Jugendlichen selbst im<br />
Alltag der Kinder- und Jugendhilfe leider oft zu<br />
häufig verletzt werden.<br />
Pflichtleistungen vor<br />
freiwilligen Leistungen<br />
Im allgemeinen Sprachgebrauch und in der<br />
Praxis wird unterschieden zwischen so genannten<br />
freiwilligen Leistungen und Pflichtleistungen<br />
der Kinder- und Jugendhilfe.<br />
Vereinfacht ausgedrückt liegt immer dann<br />
eine Pflichtleistung vor, wenn Eltern und/oder<br />
junge Menschen einer individuellen Unterstützung<br />
bedürfen um eine Notlage zu überwinden.<br />
Hierzu zählen beispielweise Hilfen<br />
wie Erziehungsberatung, heilpädagogische<br />
Tagesangebote oder auch die Heimerziehung.<br />
Je mehr solcher Pflichtleistungen erbracht<br />
und durch die Kommune finanziert werden<br />
müssen, desto weniger Geld bleibt jedoch<br />
übrig für die so genannten freiwilligen Leistungen.<br />
Bei diesen freiwilligen Leistungen<br />
handelt es sich aber in aller Regel genau um<br />
solche Leistungen, die dafür sorgen sollen,<br />
dass junge Menschen und Familien erst gar<br />
nicht in eine Notlage geraten. Dazu zählen<br />
Angebote der Jugendarbeit oder die Förderung<br />
der Jugendverbände ebenso wie das<br />
Recht jedes jungen Menschen auf Bildung.<br />
Wer sogenannte freiwillige Leistungen nachrangig<br />
zu Pflichtleistungen behandelt, missachtet<br />
den Willen des Gesetzgebers.<br />
Jugendamt als Anlaufstelle für<br />
Eltern und junge Menschen?<br />
Um ihr Recht auf Beratung und Unterstützung<br />
in Anspruch nehmen zu können, müssen Eltern<br />
und junge Menschen sich jederzeit und<br />
in allen Angelegenheiten der Erziehung und<br />
Entwicklung an das Jugendamt wenden können.<br />
Was sich so einfach liest, erweist sich in<br />
der Praxis als hehres Ziel. Es setzt nämlich voraus<br />
zu wissen, dass es das Jugendamt überhaupt<br />
gibt, welche Aufgaben es hat und wo<br />
es zu finden ist. Wer sich nicht auskennt, der<br />
kann auch sein Recht nicht wahrnehmen.<br />
Was aber tun Kommunen dafür, dass jede Bürgerin<br />
und jeder Bürger diese Informationen erhält,<br />
unabhängig von Bildungsniveau, Migrationshintergrund<br />
oder Zugang zu (elektronischen)<br />
Informationsmedien? Es ist anzunehmen,<br />
dass die Mehrheit der rat- und<br />
hilfesuchenden Kinder, Jugendlichen und Familien<br />
sich eben gerade nicht auskennt. Darüber<br />
hinaus steht dem Recht, sich jederzeit<br />
und in allen Angelegenheiten an das Jugendamt<br />
wenden zu dürfen, häufig entgegen, dass<br />
die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner<br />
im Jugendamt eben keine (jeder)zeit haben<br />
– wie sollten sie auch bei der personellen Ausstattung,<br />
die man ihnen zugesteht.<br />
Schließlich stellt sich die Frage, wie bereitwillig<br />
sich Bürgerinnen und Bürgern an ein Jugendamt<br />
wenden das dazu da ist, Kinder aus<br />
der Familie zu nehmen, wenn sie geschlagen<br />
werden oder hungern müssen? So nämlich lautet<br />
die „Selbstdarstellung“ des Jugendamtes<br />
beispielsweise im Einbürgerungstest der Bundesrepublik<br />
Deutschland (Frage 258). Der<br />
Schutzauftrag des Jugendamtes soll hier nicht<br />
in Abrede gestellt werden. Aber ist dieser<br />
Schutzauftrag wirklich der zentrale Aspekt,<br />
den es derart hervorzutun gilt? Führt diese<br />
Selbstdarstellung nicht eher zu der Grundhaltung,<br />
dass man mit einem solchen Amt besser<br />
nichts zu tun haben möchte?<br />
Geeignete und notwendige Hilfe<br />
für den Einzelfall<br />
Geeignete Unterstützung für Eltern und junge<br />
Menschen muss sich von Fall zu Fall am Bedarf<br />
orientieren. Entscheidend sind dabei die einzelfallbezogenen<br />
Parameter „geeignet“ und<br />
„notwendig“. In der Praxis und in Anbetracht<br />
des allgemeinen Sparzwangs sind es jedoch<br />
häufig andere Steuerungsparameter, nach denen<br />
über die „geeignete“ Hilfe entschieden<br />
wird: Gesteuert wird beispielsweise über den<br />
Versorgungsrichtwert. Diese Kennzahl legt fest,<br />
wie viele Kinder gleichzeitig stationär unter-<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
5
6<br />
gebracht werden dürfen. Sie führt allerdings<br />
zu einem Drehtüreffekt, ähnlich wie in der<br />
überfüllten Diskothek: Erst wenn ein Gast gegangen<br />
ist, kann der nächste hineingelassen<br />
werden. Wer so handelt begeht unterm Strich<br />
Rechtsbruch, denn das Recht auf eine geeignete<br />
Hilfe kann und darf nicht unter dem Vorbehalt<br />
einer finanziellen Grenze stehen.<br />
Beteiligung an der Erschließung<br />
der Hilfe<br />
Eltern und junge Menschen müssen an der Erschließung<br />
der für ihre Situation geeigneten<br />
Hilfe beteiligt werden. Beteiligung bedeutet<br />
Mitsprache und Mit-Gestaltungsmöglichkeit.<br />
Sie bedeutet auch, zu Dingen Nein sagen zu<br />
können. Beteiligung wird jedoch schwierig,<br />
wenn die Vorstellung einer Mitarbeiterin oder<br />
eines Mitarbeiters im Jugendamt darüber, was<br />
im Einzelfall zu tun ist, ausschließlich auf dem<br />
reichhaltigen Erfahrungsschatz beruht, ganz<br />
nach dem Motto „Wir wissen schon was richtig<br />
ist!“, „Das kennen wir schon!“, „Das ist ein<br />
klassischer Fall von …..“. Den klassischen Fall<br />
gibt es weder in der Erziehungshilfe noch anderswo,<br />
wo es um menschliche Schicksale und<br />
Lebenslagen geht. Beteiligung setzt voraus,<br />
dass der junge Mensch oder seine Eltern verstehen<br />
um was es geht. Sie ist daher für viele<br />
Menschen <strong>nah</strong>ezu unmöglich, die beispielsweise<br />
einem anderen Kulturkreis entstammen,<br />
die andere Werte haben oder die sich schwer<br />
tun mit unserer sehr verwaltungsorientierten<br />
Sprache. Bürgerinnen und Bürger aufgrund ihres<br />
Intellekts oder ihres Bildungshintergrunds<br />
wissend oder unwissend in ihren Beteiligungsmöglichkeiten<br />
einzuschränken bedeutet,<br />
ihnen ein grundlegendes Recht zu verwehren.<br />
Denkanstöße für die Zukunft<br />
der Kinder- und Jugendhilfe<br />
Diese Beispiele machen eines deutlich: Rechte<br />
von Kindern und Jugendlichen sind keine<br />
Verfassungsfrage. Die Fragen, die zu klären<br />
sind, und die Aufgaben, die anstehen, sind andere.<br />
Ob junge Menschen zu ihrem Recht kommen,<br />
ist eine Frage des Handelns und zwar auf<br />
den unterschiedlichen Ebenen: Politik, Verwaltung,<br />
Jugendhilfeträger sowie jeder einzelnen<br />
Bürgerin bzw. jedes einzelnen Bürgers.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
Eine Frage des Gleichgewichts<br />
Die Kinder- und Jugendhilfe beginnt zu spät.<br />
Das Kinder- und Jugendhilfegesetz ist kein<br />
„Feuerwehreinsatzplan“. Es ist ein Leistungsgesetz<br />
mit dem Ziel der Förderung junger Menschen<br />
und ihrer Familien. Wenn uns Kinder<br />
und deren Familien etwas wert sind, darf es<br />
kein „Entweder-Oder“ geben. Dann brauchen<br />
wir ein System des „Sowohl-als-auch“. Ein ausgewogenes<br />
Konzept von Prävention und Intervention.<br />
Wir brauchen sowohl die generalisierte<br />
und eher präventiv wirkende Jugendhilfe<br />
als auch die hochgradig spezialisierten<br />
intervenierenden Angebote.<br />
Eine Frage der Ressourcen<br />
Wenn uns junge Menschen und ihre Familien<br />
das wert sind, was sie uns wert sein sollten,<br />
dann brauchen wir ein Investitionsprogramm<br />
des Sozialen: Eine bessere Ausstattung der<br />
Jugendämter und Sozialdienste, eine bessere<br />
Ausstattung der Schulen unter anderem<br />
auch mit Jugendhilfeleistungen und ausreichend<br />
finanzielle Mittel sowohl für die so<br />
genannten freiwilligen Leistungen als auch<br />
für die Pflichtleistungen. Geeignete Hilfen<br />
im Einzelfall anbieten zu können setzt auch<br />
voraus, dass die Angebotslandschaft sowohl<br />
ausreichend spezialisiert als auch flexibel ist,<br />
um auf die individuellen Bedürfnisse junger<br />
Menschen passende Antworten geben zu<br />
können. Und schließlich muss es ausreichend<br />
Angebote geben. Das bedeutet auch, dass<br />
nicht jeder Platz zu jeder Zeit ausgelastet<br />
sein kann. Ein gewisses Maß an „Vorratshaltung“<br />
ist notwendig, damit geeignete Hilfen<br />
grundsätzlich gewährleistet sind.<br />
Eine Frage der Verantwortung<br />
Schließlich brauchen wir eine neue Kultur der<br />
Verantwortung – und zwar nicht nur in der<br />
Kinder- und Jugendhilfe. Jede und jeder muss<br />
geleitet sein von der Maxime, dass Kinder und<br />
Jugendliche das höchste Gut unserer Gesellschaft<br />
sind und dass das Gemeinwesen verantwortlich<br />
für ihre Entwicklung ist. Die<br />
Verantwortung der Kindergärtnerin endet<br />
ebenso wenig an der Gruppentüre, wie die der<br />
Lehrkraft an der Klassenzimmertüre. Die<br />
Verantwortung des Kinderarztes nicht am<br />
Ausgang der Praxis und die der Erziehungsberatungsstelle<br />
nicht am Ende des Beratungsgespräches.<br />
Es bedarf der Sozialen<br />
Arbeit um Netzwerke gut zu spannen und<br />
um mit ihren Methoden die gegenseitigen<br />
Vorbehalte der unterschiedlichen Berufsgruppen<br />
zu überwinden.<br />
Schließlich ist Verantwortung auch eine<br />
Bürgerpflicht. Die beginnt bereits damit<br />
hinzuschauen, wenn eine Mutter ihrem Kind<br />
erlaubt, in der U-Bahn mit Straßenschuhen<br />
auf der Sitzbank herumzuturnen. Verantwortung<br />
heißt auch, sich fürsorgend trauen<br />
nachzufragen, wenn das Kind des Nachbarn<br />
nachts ständig schreit.<br />
Eine Frage des Wertes<br />
Was grundsätzlich gilt, gilt auch für eine gelungene<br />
Kinder-, Jugend- und Familienpolitik.<br />
Wir müssen uns positionieren: Was sind uns<br />
junge Menschen und deren Familien wert?<br />
Und was ist erforderlich, um diesen Wert zu<br />
sichern? Ein ausführlicher Wertediskurs um<br />
Antworten darauf zu finden erfordert Zeit, die<br />
wir uns nehmen sollten und die Bereitschaft<br />
aller Beteiligten zum vorbehaltlosen Diskurs,<br />
die wir wagen sollten.<br />
Es gibt Wichtigeres zu tun, als über die Verfassungsfrage<br />
zu debattieren. Wagen wir den<br />
Sprung hin zum Bekenntnis, dass das höchste<br />
Gut einer freiheitlichen Gesellschaft ihre<br />
jungen Menschen sind. Sie tragen eine Gesellschaft<br />
in ihre Zukunft. Sie müssten es uns wert<br />
sein, dass wir alle rechtlichen Möglichkeiten<br />
ausschöpfen und ihnen das geben, worauf sie<br />
einen Anspruch haben: Ein Recht auf Zukunft!<br />
Norbert Blesch<br />
Dieser Artikel fasst eine Rede zum Thema „Kinderrecht(e)<br />
im Alltag – Kinderrechte in die Landesverfassung<br />
aufnehmen und was das für Auswirkungen<br />
hat“ zusammen, die Norbert Blesch im Rahmen des<br />
„Sondergipfels der Kinder- und Jugendhilfe Berlin“<br />
im Herbst 2008 hielt. Der vollständige Wortlaut ist<br />
auf unserer Internetseite www.kinderschutz.de zu<br />
finden in der Rubrik „Service“ – „Zur Kinder- und<br />
Jugendhilfe“.
8<br />
Jugendsozialarbeit an Schulen und berufsbezogene Jugendhilfe<br />
Unterstützung auf dem Weg ins Berufsleben<br />
Fachgespräch mit Julia Tröger-Hierl aus dem Projekt Job-in Dachau und Christian Eder von der berufsbezogenen<br />
Jugendsozialarbeit an der Wörthschule<br />
Seit wann bestehen Ihre Projekte und<br />
wie können Sie die jungen Menschen<br />
bei ihrem Weg ins Berufsleben unterstützen?<br />
TRÖGER-HIERL: Job-in Dachau gibt es<br />
seit zwei Jahren. In verschiedenen Vorgängerprojekten<br />
habe ich insgesamt neun<br />
Jahre in der Region Dachau im Bereich<br />
Übergang Schule-Beruf gearbeitet. Meine<br />
Kollegin Frau Wohlleben-Deiler und ich<br />
betreuen zwölf Hauptschulen im Landkreis<br />
Dachau und erreichen damit rund 1.200<br />
Schülerinnen und Schüler. In der 8. Klasse<br />
führen wir in den Schulen Berufsvorbereitungstrainings<br />
durch: Wie bewerbe ich<br />
mich, was gilt es zu tun auf dem Weg ins<br />
Berufsleben? Nach diesen Einheiten können<br />
sich etwa 20% der Schülerinnen und<br />
Schüler mit Hilfe ihrer Eltern selbständig<br />
bewerben. Die restlichen 80% benötigen<br />
danach noch weitere Unterstützung, dies<br />
findet meist in Form von Einzelterminen<br />
mit den Jugendlichen bei meiner Kollegin<br />
und mir statt.<br />
EDER: Seit September 2008 gibt es die<br />
Jade-Stelle für die Jugendsozialarbeit der<br />
Wörthschule als Erweiterung der Jugendsozialarbeit,<br />
in der ich vorher gearbeitet<br />
habe. Ich bin direkt an der Schule tätig.<br />
Deshalb sind die Wege zu den Lehrerinnen<br />
und Lehrern kurz und unkompliziert.<br />
Ungefähr 90 Schülerinnen und Schüler<br />
erreiche ich durch meine Arbeit. Teilweise<br />
entsteht eine sehr enge Bindung und die<br />
Betreuung kann über den Berufsfindungs-<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
prozess hinaus gehen. Viele<br />
der von uns betreuten<br />
Schülerinnen und Schüler<br />
leben erst seit einem Jahr<br />
in Deutschland. Vom<br />
sprachlichen Stand sind<br />
sie daher nicht ausbildungsreif.<br />
Bei diesen jungen<br />
Menschen geht es<br />
nicht darum, sie „in eine<br />
Ausbildung zu prügeln“,<br />
sondern herauszufinden,<br />
was vom Leistungsniveau<br />
her passt und was sie noch brauchen. Viele<br />
benötigen dabei einfach nur Zeit, um<br />
ihre Sprachkenntnisse zu erweitern und<br />
die hiesigen kulturellen Gegebenheiten<br />
kennen und verstehen zu lernen.<br />
Wie sehen die Berufschancen für junge<br />
Menschen aus, die eine Hauptschule<br />
besuchen?<br />
TRÖGER-HIERL: Aus meiner Sicht haben<br />
Hauptschülerinnen und Hauptschüler gute<br />
Chancen auf einen Ausbildungsplatz. Ich<br />
halte es für ein Gerücht, dass sie am Arbeitsmarkt<br />
leer ausgehen. Das widerspricht<br />
sämtlichen Erfahrungen unserer Arbeit.<br />
EDER: Ich sehe es etwas anders. Es gibt<br />
durchaus Ausbildungsplätze – gerade im<br />
Handwerk, doch je niedriger der Bildungsabschluss,<br />
desto schwieriger ist es gerade für<br />
Hauptschülerinnen und Hauptschüler einen<br />
Ausbildungsplatz in ihrem Traumberuf zu erhalten.<br />
Sie müssen viele Umwege machen.<br />
TRÖGER-HIERL: Da muss man mit Kreativität<br />
dagegen halten. Gut, ein Hauptschüler<br />
möchte KFZ-Mechantroniker werden,<br />
aber er hat nicht die entsprechenden<br />
Noten. Dann macht er als ersten Schritt<br />
eine Ausbildung zum Metallbauer. Diese<br />
dauert drei Jahre. Danach hat er einen ordentlichen<br />
technisch-handwerklichen Beruf<br />
erlernt und unter Umständen sogar<br />
noch die mittlere Reife erworben. Gleichzeitig<br />
ist er fit im Rechnen und Zeichnen<br />
Job-in Dachau<br />
Job-in Dachau ist ein Kooperationsprojekt des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. mit dem Landkreis<br />
Dachau und der Bundesagentur für Arbeit. Hauptschulabsolventinnen und -absolventen<br />
der zwölf Hauptschulen im Landkreis Dachau werden bei ihrem Übergang<br />
von der Schule in die Ausbildungs- bzw. Arbeitswelt unterstützt.<br />
Zwei pädagogische Fachkräfte begleiten Schülerinnen und Schüler in den Bereichen<br />
Berufsorientierung und –wahl, Ausbildungsplatzsuche, Bewerbung und Berufspraktika.<br />
Schulen, Ausbildungsbetrieben und Unternehmen stehen die Mitarbeiterinnen<br />
von Job-in Dachau auf Wunsch mit Rat und Tat zur Seite.<br />
Job-in Dachau<br />
Münchner Straße 11, 85221 Dachau, Tel. (089) 23 17 16 -8720, job-in@kinderschutz.de<br />
Kreppe: Berufsbezogene Jugendsozialarbeit (Jade)<br />
Im Schuljahr 2008/<strong>2009</strong> entstand ein neues Angebot in den Räumlichkeiten der<br />
Kreppe im Münchner Stadtteil Haidhausen: ein Bewerbungstrainingsangebot für<br />
Jugendliche aus der Wörthschule.<br />
Eine pädagogische Fachkraft des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. berät die Schülerinnen und Schüler<br />
beim Übergang von der Schule in den Beruf. Sie bietet sozialpädagogische Hilfen für<br />
sozial benachteiligte junge Menschen bei der Eingliederung in die Arbeitswelt an.<br />
Kreppe<br />
Berufsbezogene Jugendsozialarbeit (Jade)<br />
An der Kreppe 5, 81667 München, Tel. (089) 23 17 16 -7611, kreppe-jade@kinderschutz.de
geworden. Er kann nun mit Spaß und Leidenschaft<br />
Metallbauer sein oder aber eine<br />
weitere Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker<br />
– mit einer Lehrzeitverkürzung –<br />
beginnen.<br />
Bei der Berufswahl hat es sich als sehr<br />
hilfreich herausgestellt, wenn die jungen<br />
Menschen eine Ausbildung absolvieren,<br />
die einen Tick unter ihrem Leistungsniveau<br />
liegt. Dann haben sie die Chance, dort<br />
richtig gut zu sein. Dabei setzt ein ungeheurer<br />
Reifeprozess ein und sie haben die<br />
lange vermissten Erfolgserlebnisse.<br />
EDER: Das Selbstbewusstsein ist ein wichtiger<br />
Schlüssel. Wir haben zum Teil verhaltensauffällige<br />
Jugendliche. Wenn diese dann<br />
aber beispielsweise ein Praktikum gemacht<br />
haben, sind sie hinterher oftmals wie verwandelt.<br />
Verhaltensauffälligkeiten sind häufig<br />
auch ein Zeichen für mangelndes Selbstbewusstsein.<br />
Positive Praktikumserlebnisse<br />
motivieren solche Schülerinnen und Schüler<br />
oftmals nachhaltig.<br />
Was sind die besonderen Herausforderungen<br />
für Hauptschülerinnen und<br />
Hauptschülern bei der Ausbildungsplatzsuche?<br />
EDER: Im gesamten Bewerbungsprozess<br />
sind oftmals viele schwierige Hindernisse<br />
von den Schülerinnen und Schülern zu<br />
überwinden. Beispielsweise muss auf der<br />
Internetseite der Agentur für Arbeit eine<br />
18-stellige Referenznummer eingegeben<br />
werden, um zu den Adressdaten der Arbeitsstelle<br />
zu gelangen.<br />
TRÖGER-HIERL: Damit sind die Jungendlichen<br />
vielfach überfordert! Viele Arbeitgeber<br />
stellen das Bewerbungssystem auf<br />
Onlinebewerbungen um. Das ist hochkomplex<br />
und für die Schüler nicht ohne Hilfe zu<br />
bewältigen. Sie müssen ihr Bild einscannen,<br />
es ins entsprechende Format konvertieren,<br />
die richtige Schriftgröße verwenden etc.<br />
EDER: Das wird immer stärker auf unsere<br />
Jugendlichen zukommen.<br />
TRÖGER-HIERL: Ja, aber auch eine<br />
„normale“ Bewerbung ist eine komplizier-<br />
te Angelegenheit. Es setzt viel formales<br />
Wissen und Transferleistungen voraus,<br />
womit sich viele Schülerinnen und Schüler<br />
häufig schwer tun.<br />
Was sind die Stärken „Ihrer Jugendlichen“<br />
beim Übergang von der Schule in<br />
die Arbeitswelt?<br />
EDER: Hauptschüler sind oftmals sehr<br />
bodenständig. Sie haben eine nette umgängliche<br />
Art, Charme und sind praktisch<br />
begabt. Sie können meist mehr, als man<br />
ihnen zutraut.<br />
TRÖGER-HIERL: Mehr als sie sich selbst<br />
oft zutrauen! Oft sind sie sehr authentisch,<br />
besonders die Mädchen können sehr liebevoll<br />
und fürsorglich sein. Die Geschichten<br />
hinter den Jugendlichen treiben einem<br />
manchmal die Tränen in die Augen. Da gibt<br />
es Schüler die pflegen ihre Eltern, kümmern<br />
sich um ihre kleineren Geschwister und<br />
beißen sich trotzdem durch.<br />
EDER: Sie haben meist vielfältige Kompetenzen,<br />
die auf den ersten Blick kaum<br />
jemand wahrnimmt.<br />
Was passiert, wenn kein Ausbildungsplatz<br />
gefunden wurde?<br />
TRÖGER-HIERL: Die Agentur für Arbeit<br />
hat ein Bündel von Maß<strong>nah</strong>men, um den<br />
Jugendlichen ohne Abschluss mit Qualifizierungsmaß<strong>nah</strong>men<br />
in den Beruf zu helfen.<br />
EDER: Bei uns wird ein sehr großer Teil<br />
der Schülerinnen und Schüler in diese<br />
Maß<strong>nah</strong>men des Arbeitsamtes vermittelt.<br />
Dabei spielen beispielsweise die sprachlichen<br />
Voraussetzungen eine Rolle. Ziel<br />
kann sein, sie in Deutsch so fit zu machen,<br />
dass sie in der Berufsschule bestehen können.<br />
Praktika sind ebenfalls ein wichtiger<br />
Aspekt. Dort haben die jungen Menschen<br />
die Möglichkeit zu testen, was ihnen<br />
besonders taugt und in welche Richtung<br />
es beruflich wirklich gehen soll.<br />
TRÖGER-HIERL: Egal welche Maß<strong>nah</strong>me<br />
durchgeführt wird, es ist für jeden einzelnen<br />
wichtig ein klares Ziel vor Augen zu<br />
haben, damit sie darauf hinarbeiten können.<br />
Zahlen und Standorte<br />
Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. bietet an folgenden Schulen<br />
in München und im Landkreis Dachau Jugendsozialarbeit<br />
und/oder offene Ganztagsbetreuung an:<br />
Hauptschule an der Wörthstraße<br />
Jugendsozialarbeit Wörthschule<br />
Wörthstraße 2<br />
81667 München<br />
Tel. (089) 45 86 75 88<br />
woerthschule@kinderschutz.de<br />
Schule zur individuellen Lernförderung<br />
in der Kirchenstraße<br />
Jugendsozialarbeit Förderschule Kirchenstraße<br />
Kirchenstraße 13<br />
81675 München<br />
Tel. (089) 41 94 23 -29<br />
fs-kirchenstrasse@kinderschutz.de<br />
Sozialpädagogisches Förderzentrum-Ost<br />
Jugendsozialarbeit Förderzentrum München-Ost<br />
Astrid-Lindgren-Straße 5<br />
81829 München<br />
Tel. (089) 233 -47434<br />
fz-muenchen-ost@kinderschutz.de<br />
Förderzentrum München-Mitte 1<br />
Jugendsozialarbeit Förderzentrum<br />
München-Mitte 1<br />
Dachauer Straße 98<br />
80335 München<br />
Tel. (089) 121 16 39 -24<br />
fz-muenchen-mitte1@kinderschutz.de<br />
Schule zur individuellen Lernförderung<br />
in der Herrnstraße<br />
Jugendsozialarbeit Förderschule Herrnstraße<br />
Herrnstraße 21<br />
80539 München<br />
Tel. (089) 233 -20428<br />
fs-herrnstrasse@kinderschutz.de<br />
Sonderpädagogisches Förderzentrum Dachau<br />
Schülerzentrum am Schlossberg<br />
Dr.-Engert-Straße 9<br />
85221 Dachau<br />
Tel. (089) 23 17 16 -8820<br />
sz-schlossberg@kinderschutz.de<br />
Hauptschule Markt Indersdorf<br />
Jugendsozialarbeit Hauptschule<br />
Markt Indersdorf<br />
Wittelsbacherring 15<br />
85229 Markt Indersdorf<br />
Tel. (08136) 93 12 22<br />
hs-markt-indersdorf@kinderschutz.de<br />
Hauptschule Dachau-Süd<br />
Jugendsozialarbeit Hauptschule Dachau-Süd<br />
Eduard-Ziegler-Straße 3<br />
85221 Dachau<br />
Tel. (08131) 332 79 95<br />
hs-dachau-sued@kinderschutz.de<br />
34 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in<br />
diesem Bereich tätig.<br />
Rund 1.780 Schülerinnen und Schüler wurden<br />
2008 im Rahmen der Angebote an Schulen<br />
betreut und gefördert.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong> 9
10<br />
Kindertagesstätten<br />
Die kindliche Lernentwicklung<br />
setzt emotionale<br />
Geborgenheit voraus<br />
Lena ist drei Jahre alt und neu in der Kindertagesstätte. Sie weicht ihrer Erzieherin<br />
nicht von der Seite. David ist da schon ganz anders drauf. Er ist fast fünf und<br />
damit ein alter Hase in der Kita. Er tobt gerne im Garten mit den anderen Kindern<br />
und will meist mitspielen, wenn andere gerade ein Spiel aufgebaut haben. Typsache,<br />
könnte man sagen und sicherlich auch eine Frage des Alters. Aber auch eine Frage<br />
der emotionalen Geborgenheit und Sicherheit, die Kinder empfinden. Und die<br />
entwickelt sich bei jedem kleinen Menschen ganz individuell.<br />
Tanja Aumann, Leiterin des Bereichs<br />
Kindertagesstätten, weiß, dass Kinder<br />
sich geborgen fühlen müssen, bevor sie<br />
hinaus ziehen um die Welt zu entdecken.<br />
Dies wird in den Kindertagesstätten des<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V. mit einfachen aber<br />
entscheidenden Prinzipien erreicht: zum<br />
einen durch feste Bezugspersonen. Jedes<br />
Kind weiß genau, welche Erzieherin<br />
verlässlich und konstant in seiner Gruppe<br />
ist. Sie empfängt das Kind jeden Morgen<br />
und ist immer da, um zu trösten, Fragen zu<br />
beantworten und zu helfen. Wichtig sind<br />
darüber hinaus Regelmäßigkeiten, an<br />
denen sich die Kinder orientieren können<br />
wie z.B. gleichbleibende Rituale im Tagesablauf:<br />
der Morgenkreis, das gemeinsame<br />
Mittagessen, die Ruhepause am Nachmittag<br />
und der Abschlusskreis bevor die<br />
Kinder von ihren Eltern abgeholt werden.<br />
Ein maßgeblicher Bestandteil des Konzeptes<br />
ist das Stammgruppenprinzip, bei<br />
dem jedes Kind zunächst einer ganz<br />
bestimmten Gruppe angehört und weiß,<br />
hier – in der blauen Gruppe, in der<br />
Regenbogen-Gruppe oder in der Taka-<br />
Tuka-Gruppe – habe ich meinen Platz! Erst<br />
wenn Kinder eine sichere Basis haben,<br />
beginnt das teiloffene Konzept, bei dem<br />
sich die Kinder gruppenübergreifende<br />
Angebote aussuchen und neues Terrain<br />
entdecken.<br />
Ohne E kein L<br />
In einem Umfeld emotionaler Geborgenheit<br />
und Stabilität sind Kinder bereit und<br />
fähig zu lernen. Die Kindertagesstätte<br />
bietet ein großes Lernfeld für das Sozial-<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
verhalten: Die Kinder lernen Freundschaften<br />
aufzubauen, Konflikte auszutragen,<br />
sich etwas zu trauen sowie für andere da<br />
zu sein und Dinge gemeinsam zu machen.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt in den Kindergartenjahren<br />
ist die Förderung der Grobund<br />
Feinmotorik durch Bewegung, Spiele<br />
und kreative Angebote. Wahrnehmung,<br />
Koordination und Geschicklichkeit werden<br />
sowohl beim Rennen, Hüpfen, Tanzen,<br />
Balancieren und Klettern geschult, als<br />
auch beim Umgang mit Schere und Stift,<br />
beim Kleben und Falten. Wesentliches<br />
Lernfeld sind auch die kognitiven Fähigkeiten,<br />
das Denk- und Konzentrationsvermögen.<br />
Die Kinder lernen Musik und<br />
Rhythmus kennen, die Wiedergabe einer<br />
Geschichte oder eines Erlebnisses, begreifen<br />
kleine Experimente. Das Lernen in der<br />
Kita erfolgt in hohem Maße durch wortwörtliches<br />
„Begreifen“, durch befühlen,<br />
riechen und schmecken der Dinge.<br />
In der Diskussion um den „Bildungswahn“<br />
im Kindergarten greift Tanja Aumann auf<br />
die Worte von Astrid Lindgren zurück:<br />
„Kinder sollten mehr spielen, als viele<br />
Kinder es heutzutage tun. Denn wenn man<br />
genügend spielt, solange man klein ist,<br />
dann trägt man Schätze mit sich herum,<br />
aus denen man später sein ganzes Leben<br />
lang schöpfen kann.“ Spielen, das sei der<br />
„Hauptberuf“ von Kindern. Durch Spielen<br />
lernen Kinder, setzen sich aktiv mit ihrer<br />
Umwelt und ihren Erlebnisse auseinander<br />
und teilen sich mit. Spielen soll Spaß<br />
machen mit dem Ziel, für das Leben wichtige<br />
Lernerfahrungen zu machen.<br />
Zahlen und Standorte<br />
Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. betreibt fünf<br />
Kindertagesstätten in München:<br />
Kindertagesstätte Berg am Laim<br />
(3 Kindergartengruppen und 1 Hortgruppe)<br />
St.-Michael-Straße 77<br />
81671 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7930<br />
kita-berg-am-laim@kinderschutz.de<br />
Kindertagesstätte Fingerkrautanger<br />
(2 Kindergartengruppen und 1 Hortgruppe)<br />
Fingerkrautanger 4<br />
80937 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7730<br />
kita-fingerkrautanger@kinderschutz.de<br />
Kindertagesstätte Lotte Wetter<br />
(3 Kindergartengruppen)<br />
Elisabeth-Mann-Borgese-Straße 35<br />
81829 München<br />
Tel. (089) 43 75 98 72<br />
Kita-lotte-wetter@kinderschutz.de<br />
Kindertagesstätte Michael-Huber-Weg<br />
(2 Kindergartengruppen)<br />
Michael-Huber-Weg 28<br />
81667 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7330<br />
kita-michael-huber-weg@kinderschutz.de<br />
Kindertagesstätte Parkstadt Schwabing<br />
(3 Kindergartengruppen)<br />
Lilly-Reich-Straße 14<br />
80807 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7230<br />
kita-parkstadt-schwabing@kinderschutz.de<br />
37 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in<br />
diesem Bereich tätig.<br />
Rund 260 Kinder im Alter von 3 bis 10 Jahren<br />
wurden 2008 in den Kindergarten- und<br />
Hortgruppen betreut und gefördert.
Ambulante Erziehungshilfe für Gehörlose<br />
Wertvolle Unterstützung in<br />
einer hörenden Welt<br />
Nach 19 Jahren entschied sich eine 40jährige<br />
Mutter von vier Kindern endgültig<br />
dazu, sich von ihrem gewalttätigen und<br />
spielsüchtigen Ehemann zu trennen und<br />
von nun an das Leben und die Erziehung<br />
ihrer Kinder alleine zu bewältigen. Auch<br />
in ganz normalen Familien ist eine Trennung<br />
ein schwerer Schritt, der viel Kraft<br />
und Mut kostet. Doch in diesem Fall kam<br />
noch ein weiteres Detail hinzu – die in Zukunft<br />
alleinerziehende Mutter ist gehörlos.<br />
Aufgaben, mit denen die meisten Gehörlosen<br />
gut zurecht kommen, können andere<br />
vor große Probleme stellen. Im Fall der<br />
nun alleinerziehenden Mutter hatte sich<br />
früher beispielsweise immer der Mann um<br />
Behördengänge oder den Kontakt mit den<br />
Schulen der Kinder gekümmert. Weil seine<br />
Frau in der „hörenden Welt“ nie auf<br />
sich alleine gestellt war, traf sie in der<br />
neuen Situation als Alleinsorgende auf<br />
zahlreiche Hindernisse. Wie kann sie ohne<br />
ihren Ex-Mann als Übersetzer eine Wohnung<br />
mieten? Wie soll sie an Elternabenden<br />
in den Schulen teilnehmen, ohne ihre<br />
Kinder als Dolmetscherersatz zu überfordern?<br />
Hilfestellung bei allen Fragen<br />
des Alltags<br />
Mit ihren Fragen wandte sich die Mutter<br />
an das Jugendamt, das sie an die Ambulante<br />
Erziehungshilfe (AEH) für Gehörlose<br />
des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. vermittelte. Dieses<br />
in München einmalige Angebot für Gehörlose<br />
unterstützt Familien im häuslichen<br />
Umfeld, die Hilfe bei der Erziehung und<br />
der Alltagsbewältigung benötigen. Die<br />
Mitarbeiterinnen begleiteten die alleinerziehende<br />
Mutter während der beschwerlichen<br />
Zeit des Scheidungsverfahrens bis<br />
hin zur Stabilisierung der neuen Lebensverhältnisse<br />
kontinuierlich. Sie informierten<br />
die Frau auch, welche Hilfsangebote<br />
ihr generell zustanden und ermutigten sie,<br />
häufiger einen Dolmetscher hinzuzuziehen.<br />
Denn wie zahlreiche Gehörlose hat-<br />
te auch sie bislang Hemmungen, einen<br />
Dritten in persönlichen Angelegenheiten<br />
ins Vertrauen zu ziehen. Ebenso befand sie<br />
sich über ihren Anspruch auf Kosten-<br />
erstattung im Unklaren und schreckte vor<br />
den teils langen Organisations- und Wartezeiten<br />
zurück. Hier bauten die Mitarbeiterinnen<br />
der AEH gemeinsam mit ihrer<br />
Klientin deren Vorurteile und Ängste ab,<br />
unterstützten sie in ihrem Alltag und<br />
halfen in Erziehungsfragen weiter. Heute<br />
gelingt es der kleinen Familie sehr gut, ihr<br />
gemeinsames Leben alleine zu meistern.<br />
Anlaufstelle für Gehörlose<br />
aus ganz München<br />
Drei Pädagoginnen beschäftigt der <strong>Kinderschutz</strong><br />
e.V. in der AEH für Gehörlose.<br />
Die Mitarbeiterinnen betreuen Kinder und<br />
deren Eltern in ganz München.<br />
Kelly Randler und Anke Klingemann sind<br />
selbst gehörlos, die hörende Gerti<br />
Schaupp-Böhm beherrscht die Gebärdensprache<br />
und kann zwischen den unterschiedlichen<br />
Welten der Hörenden und<br />
Nicht-Hörenden vermitteln. Eine Betreuung<br />
der Klienten durch Mitarbeiterinnen,<br />
die selbst gehörlos sind, ist besonders<br />
wertvoll. Zum einen verläuft die sprachliche<br />
Verständigung ohne einen vermittelnden<br />
Dolmetscher einfacher und direkter.<br />
Außerdem befinden sich die Gehörlosen<br />
in derselben Lebenswelt. Dadurch fällt<br />
es ihnen oftmals leichter, die Probleme<br />
und Konflikte der Familien zu verstehen.<br />
Gehörlose Menschen benötigen barrierefreien<br />
Zugang zu Informationen und Beratung.<br />
Dies ist nur möglich, wenn eine<br />
gebärdensprachkompetente Betreuung<br />
gesichert ist, Gebärdensprachdolmetscherinnen<br />
und -dolmetscher zur Verfügung<br />
stehen und technische Informationsmöglichkeiten<br />
bereitstehen. Die soziale Unterstützung<br />
und Versorgung von Gehörlosen<br />
in München ist in dieser Hinsicht noch lückenhaft.<br />
Für viele Bereiche existieren entweder<br />
gar keine Fachdienste, oder der Zu-<br />
gang zu ihnen ist so kompliziert, dass die<br />
Hilfesuchenden sofort abgeschreckt werden.<br />
Deshalb setzt sich die AEH für Gehörlose<br />
für eine stärkere Vernetzung der<br />
bestehenden Hilfsangebote ein und wirkt<br />
darauf hin, die bestehenden Lücken zu<br />
verringern. Mit ihrer Arbeit öffnet diese<br />
spezielle AEH nicht hörenden Eltern und<br />
ihren Kindern Türen zu Hilfsangeboten, die<br />
ihnen im Normalfall versperrt bleibt.<br />
Zahlen und Standorte<br />
In fünf Münchner Sozialregionen bietet der<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V. in Kooperation mit anderen<br />
Trägern der Kinder- und Jugendhilfe Ambulante<br />
Erziehungshilfe an. Das Angebot für Gehörlose<br />
ist überregional für Familien, Kinder und<br />
Jugendliche aus allen Stadtbezirken.<br />
Ambulante Erziehungshilfe<br />
Au/Haidhausen/Bogenhausen<br />
Muspillistraße 21<br />
81925 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7310<br />
aeh5-13@kinderschutz.de<br />
Ambulante Erziehungshilfe Hasenbergl/<br />
Feldmoching<br />
Walter-Sedlmayr-Platz 9<br />
80995 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7510<br />
aeh24@kinderschutz.de<br />
Ambulante Erziehungshilfe Milbertshofen/<br />
Am Hart/Harthof<br />
Milbertshofener Straße 12<br />
80807 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7110<br />
aeh11@kinderschutz.de<br />
Ambulante Erziehungshilfe Ramersdorf/Perlach<br />
Feichtstraße 5<br />
81735 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7410<br />
aeh16@kinderschutz.de<br />
Ambulante Erziehungshilfe<br />
Schwabing/Freimann<br />
Heidemannstraße 25-27<br />
80939 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7210<br />
aeh4-12@kinderschutz.de<br />
Ambulante Erziehungshilfe für Gehörlose<br />
Milbertshofener Straße 12<br />
80807 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7110<br />
Bildtel. (089) 23 17 16 -7126<br />
aeh-gehoerlose@kinderschutz.de<br />
73 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in<br />
diesem Bereich tätig.<br />
319 Kinder, Jugendliche und deren Familien<br />
wurden 2008 im Rahmen der Angebote betreut<br />
und begleitet.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
11
12<br />
Beratung<br />
Kontakt-, Informations- und Beratungsstelle<br />
für männliche Opfer sexueller Gewalt (kibs)<br />
Offensichtlich unsichtbar –<br />
sexuelle Gewalt gegen Jungen<br />
Die Kontakt-, Informations- und Beratungsstelle für männliche Opfer sexueller<br />
Gewalt (kibs) hilft Jungen und jungen Männern, die von sexueller Gewalt betroffen<br />
sind oder waren, durch persönliche Information, Beratung und Betreuung. Die Idee<br />
zur Gründung stammt ursprünglich von Ulrike Tümmler-Wanger. Sie machte in<br />
ihrer langjährigen sozialpädagogischen Tätigkeit mit Jugendlichen immer wieder die<br />
Erfahrung, dass für Jungen, die von sexueller Gewalt betroffen waren, keinerlei<br />
Hilfsangebote bestanden. Seit 1999 leitet Frau Tümmler-Wanger die Beratungsstelle.<br />
Zusammen mit ihrem Kollegen Stefan Port gibt sie tiefere Einblicke in die<br />
Arbeit von kibs.<br />
Wie hilft kibs Jungen, die Opfer sexueller<br />
Gewalt geworden sind?<br />
TÜMMLER-WANGER: Das Angebot von<br />
kibs richtet sich in erster Linie an die betroffenen<br />
Jungen, aber auch an deren<br />
Eltern, Geschwister, Freunde. Die Aufdeckung<br />
sexuellen Missbrauchs oder der<br />
Verdacht allein stürzt meist das gesamte<br />
Umfeld in eine Krise, deshalb müssen<br />
sie ebenfalls in den Hilfsangeboten mit<br />
bedacht werden. Beim Verdachtsfall<br />
kommt in der Regel die Mutter oder ein<br />
Angehöriger in unsere Beratungsstelle.<br />
Es wird dann gemeinsam – unter Einbezug<br />
des Helfersystems – versucht, die<br />
Verdachtsmomente abzuklären. Verschiedene<br />
Beobachtungen werden zusammen<br />
getragen, um sich ein Bild machen<br />
zu können.<br />
PORT: Wir versuchen dann wieder Ruhe<br />
ins System zu bringen. Der aufgeregten<br />
Mutter zu helfen, dass sie wieder handlungsfähig<br />
wird. Dadurch gehen auch die<br />
Auffälligkeiten des Jungen zurück. Das<br />
Helfersystem wird ebenfalls dahingehend<br />
beraten, dass es nicht mit in die<br />
Krise fällt und sich nicht durch den<br />
Missbrauchsfall überfordert fühlt. Dies<br />
wirkt sich wiederum positiv auf den Jungen<br />
aus. Die Arbeit mit dem gesamten<br />
System ist ein langwieriger Prozess. Je<br />
nach Bedarf werden für den betroffenen<br />
Jungen individuell Hilfen eingeleitet.<br />
Bei den älteren Jungen zwischen 12 und<br />
17 Jahren gestaltet es sich meist sehr<br />
schwierig, weil die eher das Gefühl vermitteln:<br />
„Das war o.k. Ich pack das<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
schon. Ich komme damit alleine klar. Ich<br />
brauche keine Hilfe.“ Dann müssen wir<br />
sehr kreativ sein, um sie mit unseren Angeboten<br />
zu erreichen.<br />
Wie sieht dieses „kreative Hilfsangebot“<br />
für die betroffenen Jungen aus?<br />
TÜMMLER-WANGER: Wir stellen beispielsweise<br />
nicht die Erwartung an die<br />
Jungen, dass sie unbedingt in die Beratungsstelle<br />
kommen. Wir treffen uns<br />
dann oft an Plätzen, welche die Jungen<br />
vorschlagen, die für sie unverfänglich<br />
sind – im Fastfood-Restaurant, im Café…<br />
Wir vermitteln ihnen sehr schnell, dass<br />
sie die Inhalte der Gespräche bestimmen,<br />
dass sie uns nichts erzählen müssen,<br />
dass wir sie nicht „ausquetschen“ werden<br />
und sie Tempo und Inhalt der Beratung<br />
bestimmen. Wir haben im Laufe der<br />
Zeit gelernt, wie wichtig es ist bei der<br />
Terminvergabe flexibel zu sein. Wir<br />
machen keinen Druck, wenn Termine<br />
kurzfristig abgesagt, verschoben oder<br />
vergessen werden. Viele brauchen erfahrungsgemäß<br />
länger, um sich auf die<br />
Hilfe einlassen zu können.<br />
Was können Sie zur generellen Versorgung<br />
von Jungen die Opfer sexueller<br />
Gewalt geworden sind in Deutschland<br />
und Bayern sagen?<br />
TÜMMLER-WANGER: Deutschlandweit<br />
können wir immer noch sagen, dass wir<br />
in dieser geschlechtsspezifischen Form<br />
einzigartig sind. Es gibt mittlerweile -<br />
zum Glück - auch anderswo Angebote<br />
für Jungen. Doch richten sie sich meist<br />
nicht in dieser Ausschließlichkeit an die<br />
Opfer, sondern sind eher in Kombinationen<br />
mit anderen Maß<strong>nah</strong>men zu sehen.<br />
In Bayern gibt es die wenigsten Angebote.<br />
Das führte dazu, dass wir Anfragen<br />
aus ganz Bayern erhalten. Dadurch<br />
ist ein Modellprojekt mit Erziehungsberatungsstellen<br />
entstanden.<br />
Wie wurde das Modellprojekt mit den<br />
Erziehungsberatungsstellen umgesetzt?<br />
TÜMMLER-WANGER: Wir haben Erziehungsberatungsstellen<br />
bayernweit zur<br />
Thematik sexuelle Gewalt an Jungen geschult.<br />
Wir versuchen nun Anfragen an<br />
Kolleginnen und Kollegen dieser Erziehungsberatungsstellen<br />
zu vermitteln.<br />
Wir stehen mit ihnen in engem Kontakt<br />
und versuchen die Betroffenen dort anzubinden.<br />
PORT: Es ist ein Netzwerk entstanden.<br />
Wir kommen in die Region der Erziehungsberatungsstelle<br />
und stellen dort<br />
im Arbeitskreis unsere Arbeit vor. Dadurch<br />
können wir die Kolleginnen und<br />
Kollegen stärker für diese Thematik sensibilisieren.<br />
Was können die Erziehungsberatungsstellen<br />
leisten und wo stößt diese Arbeit<br />
an ihre Grenzen?<br />
TÜMMLER-WANGER: Die Erziehungsberatungsstellen<br />
haben ein sehr breitgefächertes<br />
Angebot und sind für alle<br />
Auffälligkeiten von Kindern und Erziehungsfragen<br />
zuständig. Sie haben dabei
nicht diesen speziellen geschlechtsspezifischen<br />
Ansatz wie wir und verfügen<br />
oftmals nicht über die Flexibilität und<br />
Kapazitäten, um mit den Jungen so intensiv<br />
zu arbeiten und auf das Umfeld<br />
eingehen zu können. Auf Wunsch kann<br />
kibs ebenfalls die Prozessvorbereitung<br />
und Begleitung leisten. Dies wäre für die<br />
Erziehungsberatungsstellen in diesem<br />
Umfang nicht leistbar. Ein wichtiges Anliegen<br />
ist für uns die Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Wir beteiligen uns an Broschüren,<br />
schreiben Fachartikel, bieten Fortbildungen<br />
an und organisieren Fachtage.<br />
Dies wird auch weiterhin eine Aufgabe<br />
von kibs bleiben. Durch die Zusammenarbeit<br />
ist eine bessere Vernetzung mit<br />
den Erziehungsberatungsstellen entstanden,<br />
wovon die Klienten letztendlich<br />
profitieren.<br />
Worin liegen die größten Herausforderungen<br />
Ihrer Arbeit?<br />
TÜMMLER-WANGER: Wir kämpfen immer<br />
noch mit dem Tabu, dass auch Jungen<br />
Opfer sexueller Gewalt werden können.<br />
Dies zu brechen ist eine der größten<br />
Herausforderungen unserer Arbeit.<br />
Wir investieren unter anderem deshalb<br />
viel Zeit in Fortbildungen und Öffentlichkeitsarbeit.<br />
PORT: Dies ist deshalb so wichtig, damit<br />
es für Jungen leichter wird sich anzuvertrauen<br />
und von den Erwachsenen<br />
eher eine Wahrnehmung für Missbrauch<br />
an Jungen entsteht.<br />
Was wünschen Sie sich für die<br />
Zukunft?<br />
PORT: Es wäre wünschenswert<br />
über die Medien, das<br />
Fernsehen, das Radio, die<br />
Presse auf dieses Thema aufmerksam<br />
zu machen – ohne<br />
dass dem erst ein dramatischer<br />
Fall von Kindesmissbrauch<br />
vorangehen muss –<br />
dass die Fachkräfte zu Wort<br />
kommen, um dieses Thema<br />
breit zu streuen und in der Öffentlichkeit<br />
zu verankern. In<br />
den Medien wird leider oftmals<br />
das Bild vermittelt, dass<br />
die Männer gar keine Opfer sein können<br />
und wenn dann hat es ihnen Spaß gemacht.<br />
TÜMMLER-WANGER: Ganz wichtig<br />
wäre es, dass es für Fachkräfte irgendwann<br />
selbstverständlich wird, bei einem<br />
auffälligen Verhalten eines Jungen auch<br />
immer möglichen Missbrauch als Ursache<br />
in Betracht zu ziehen.<br />
Und wir wünschen uns eine stabile Finanzierung<br />
des Angebotes. Wir erhalten<br />
eine Regelfinanzierung der Landeshauptstadt<br />
München, die rund 60% unsere<br />
Kosten deckt. Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
trägt 1,5 Personalstellen selbst, weil die<br />
Nachfrage derart groß ist. Wir können<br />
und wollen die Betroffenen mit ihren Erlebnissen<br />
nicht alleine lassen. Die Finanzierungssituation<br />
muss sich aber ändern,<br />
damit wir langfristig den Opfern<br />
sexueller Gewalt helfen können. Ein<br />
Lichtblick dabei ist eine großzügige aber<br />
einmalige Förderung durch Sternstunden<br />
e.V.<br />
Natürlich wäre unser großer Wunsch,<br />
dass für Opfer bayernweit ein (kibs-) Angebot<br />
zur Verfügung stünde. Ebenso<br />
wichtig wäre zusätzliches Personal, um<br />
alle Anfragen bedienen zu können.<br />
Die Anfragesituation ist in den letzten<br />
Jahren kontinuierlich gestiegen. Besonders<br />
die Fachberatungen von Institutionen<br />
nehmen stark zu. Aufgrund unserer<br />
begrenzten Kapazitäten können wir leider<br />
nicht alle Fälle aufnehmen und müssen<br />
mit Wartelisten arbeiten.<br />
Stefan Port und Ulrike Tümmler-Wanger beraten männliche<br />
Opfer sexueller Gewalt.<br />
kibs lädt ein zur Fachtagung<br />
zum Thema “Jungen als Opfer<br />
sexualisierter Gewalt” am<br />
19. und 20. November <strong>2009</strong><br />
in München<br />
Veranstalter der Fachtagung sind kibs,<br />
das Deutsche Jugendinstitut (DJI) und<br />
die Hochschule Landshut. Sie wird<br />
unterstützt vom Bayerischen Staatsministerium<br />
für Arbeit und Sozialordnung,<br />
Familie und Frauen. Weitere Infor ma -<br />
tionen zur Veranstaltung und Anmeldung<br />
unter www.kinderschutz.de /www.kibs.de.<br />
Zahlen und Standort<br />
3 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
512 Klienten und Fachkräfte wurden 2008 von<br />
kibs betreut und informiert<br />
Im Rahmen von Fortbildungen und Informationsveranstaltungen<br />
konnten 2008 rund 770<br />
Fachkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie<br />
Interessierte erreicht werden.<br />
kibs<br />
Kathi-Kobus-Straße 9<br />
80797 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9120<br />
mail@kibs.de<br />
KIM (Beratung für Mädchen und Jungen bei<br />
sexuellen Gewalterfahrungen)<br />
Ludwigstraße 4<br />
82256 Fürstenfeldbruck<br />
Tel. (08141) 35 72 87<br />
info@kim-ffb.de<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
13
14<br />
Beratung<br />
kids-hotline<br />
Onlineberatung für Kinder<br />
und Jugendliche<br />
Ein Interview mit Projektleiterin Emily Engelhardt<br />
„Meine Mitschüler mobben mich, was<br />
kann ich tun?“ schrieb die damals 15-jährige<br />
Marie in das Online-Forum der kidshotline,<br />
einer Internet-Beratungsstelle für<br />
Jugendliche. „Ständig lachen die anderen<br />
über mich und schließen mich aus. Ich bin<br />
verzweifelt.“ Sofort reagierte ein Berater<br />
der kids-hotline auf ihren Hilferuf, <strong>nah</strong>m<br />
sie und ihr Anliegen ernst und arbeitete<br />
gemeinsam mit ihr an Lösungsmöglichkeiten<br />
für ihr Problem. Nach und nach verringerten<br />
sich Maries Beiträge im Forum<br />
und es kamen positive Rückmeldungen,<br />
dass sich die Lage bei ihr in der Klasse<br />
gebessert habe.<br />
Heute, zwei Jahre später, sitzt Marie auf<br />
der anderen Seite. Als sogenannte „Peer“-<br />
Beraterin hilft sie Jugendlichen mit demselben<br />
oder anderen Problemen. Durch<br />
ihre eigenen Erfahrungen und die Tatsache<br />
geprägt, dass sie sich erfolgreich aus der<br />
Mobbing-Falle befreien konnte, steht sie<br />
nun anderen Betroffenen mit Rat und Tat<br />
zur Seite: “Ihr könnt es schaffen, dass das<br />
Mobbing aufhört!“<br />
Einstiegsseite in die Forenberatung: Foren sind virtuelle Pinnwände<br />
auf der Webseite der kids-hotline. Kinder und Jugendliche<br />
auf der Suche nach Unterstützung und Beratung können ihre<br />
Fragen öffentlich und für jeden lesbar hier „anheften“. Die Antworten<br />
der User und des Berater-Teams werden der jeweiligen<br />
Frage zugeordnet.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
Genauso wie der verzweifelten Marie<br />
konnte die kids-hotline bereits vielen Jugendlichen<br />
zwischen 14 und 21 Jahren<br />
helfen, aktiv ihre Probleme zu bewältigen.<br />
Über 19.000 User haben sich inzwischen<br />
bei der kids-hotline registriert und so die<br />
Möglichkeit im Forum, in Einzel- oder<br />
Chatberatung alle ihre Fragen loszuwerden.<br />
Sei es das erste Verliebstein, Probleme<br />
mit den Eltern oder traumatische Erlebnisse<br />
wie sexueller Missbrauch – die<br />
kids-hotline antwortet innerhalb von 24<br />
Stunden auf jede Anfrage.<br />
Dieses Engagement bleibt nicht unentdeckt<br />
– 2008 erhielt die kids-hotline als<br />
erstes soziales Beratungsangebot den<br />
Grimme Online Award. Emily Engelhardt,<br />
die Leiterin der Internet-Beratungsstelle,<br />
<strong>nah</strong>m die Auszeichnung persönlich entgegen.<br />
Was bedeutet der Gewinn des Grimme<br />
Online Award für die kids-hotline?<br />
Es ist eine riesige Anerkennung unserer<br />
Arbeit! Wir haben uns alle sehr gefreut,<br />
aus den vielen tollen Projekten ausgewählt<br />
zu werden. Dank dieses renommierten<br />
Preises haben wir auch viel Aufmerksamkeit<br />
in der Öffentlichkeit<br />
erhalten. Der Gewinn des<br />
World-Summit-Award<br />
Germany <strong>2009</strong> ist daraus<br />
hervorgegangen, durch den<br />
wir nun auf internationaler<br />
Ebene für den World-<br />
Summit-Award nominiert<br />
sind, einem von der UNO<br />
ins Leben gerufenen Medienpreis.<br />
Warum wurde gerade<br />
die kids-hotline für den<br />
Grimme Online Award ausgewählt?<br />
Was uns von anderen Anbietern,<br />
die Ähnliches machen<br />
abhebt und uns ein-<br />
zigartig macht ist, dass wir Hilfe im Netz<br />
anbieten und dabei stark mit Ehrenamtlichen<br />
und Peers, das sind jugendliche Beraterinnen<br />
und Berater, zusammenarbeiten.<br />
Die Ehrenamtlichen decken genau die Zeiten<br />
ab, in denen Online-Beratung in Anspruch<br />
genommen wird. In den Abendstunden,<br />
an Wochenenden, in den Ferienzeiten<br />
und an Feiertagen sind sie aktiv, wo<br />
andere Beratungsanbieter häufig nicht besetzt<br />
sind.<br />
Und was ist das Besondere an der Konzeption<br />
eurer Beratung?<br />
Die öffentlichen Foren, die jedem die Möglichkeit<br />
bieten, unsere Seite zu besuchen<br />
und erstmal zu schauen: was machen die<br />
da, was krieg ich für Beratung und bin ich<br />
dort in guten Händen? Dann können die<br />
Jugendlichen jederzeit ihre individuellen<br />
Anfragen stellen. Es gibt auch viele Besucherinnen<br />
und Besucher unserer Seite, die<br />
nie selber schreiben, aber sicher viel mitlesen<br />
und sich bereits dadurch Antworten<br />
auf ihre Fragen holen können.<br />
Wir sind dadurch ein sehr offenes Angebot,<br />
mit einer sehr niedrigen Zugangsschwelle.<br />
Ihr arbeitet mit 70 Ehrenamtlichen<br />
zusammen, die viel Freizeit für die kidshotline<br />
opfern, im Durchschnitt fünf bis<br />
zehn Stunden die Woche. Warum<br />
investieren sie ihre Zeit gerade in die<br />
kids-hotline?<br />
Unseren ehrenamtlichen Fachberaterinnen<br />
und -beratern gebührt wirklich große<br />
Anerkennung für ihr Engagement. Manche<br />
sind bereits seit sechs Jahren bei uns
tätig. Sie arbeiten deshalb so gerne für die<br />
kids-hotline, weil sich schnell sichtbare<br />
Erfolge in der Beratungsarbeit zeigen. Dies<br />
und die Tatsache, im Team für eine gute<br />
Sache zu arbeiten, gibt ein gutes Gefühl.<br />
Außerdem qualifizieren wir sie kostenlos<br />
zur professionellen Onlineberatung und<br />
die Arbeitszeiten sind sehr flexibel.<br />
Wie wird die Qualität der ehrenamtlichen<br />
Beratung gesichert?<br />
Voraussetzung für die ehrenamtliche Beratung<br />
bei kids-hotline ist ein fachlicher<br />
Hintergrund im Bereich der Pädagogik, der<br />
Psychologie oder verwandten Fachrichtungen.<br />
Außerdem durchlaufen die Ehrenamtlichen<br />
ein Bewerbungsverfahren<br />
und am Anfang eine Testphase, in der sie<br />
schauen können, ob sie sich die Arbeit so<br />
vorgestellt haben und ob sie fähig sind,<br />
sie zu leisten. Im Anschluss werden sie<br />
ausgiebig geschult, um wirklich fit in der<br />
Onlineberatung zu sein. Während ihrer Arbeit<br />
werden sie durch Supervision und gemeinsame<br />
Fallbesprechungen unterstützt.<br />
Euer Konzept ist sehr erfolgreich. Können<br />
andere Beratungsangebote von euren Erfahrungen<br />
profitieren? Besteht ein Austausch<br />
mit anderen Beratungsangeboten?<br />
Ja, wir sind dabei ein Netzwerk zwischen<br />
den Beratungsstellen aufzubauen, um eine<br />
EinBlick<br />
engere Zusammenarbeit zu ermöglichen.<br />
In diesem Rahmen findet im September<br />
<strong>2009</strong> bereits zum zweiten Mal das „Fachforum<br />
Onlineberatung“ statt. Außerdem<br />
kann sich jeder an uns wenden, der Hilfe<br />
bei der Erstellung eines Konzepts zur<br />
Onlineberatung braucht.<br />
Was sind die Zukunftspläne der kidshotline?<br />
<strong>2009</strong> werden wir zehn Jahre alt. Da wird<br />
es Zeit für eine Neugestaltung unserer Seite.<br />
Wir werden sie optisch in neuem Glanz<br />
erstrahlen lassen, aber auch inhaltliche Erweiterungen<br />
stehen auf dem Programm.<br />
Wir wollen unser Angebot noch leichter<br />
für Jüngere zugänglich machen und auch<br />
bildungsfernere Jugendliche noch stärker<br />
erreichen.<br />
Unsere große Vision ist es, unser Beratungsnetzwerk<br />
auszubauen. Je mehr Hilfsangebote<br />
Hand in Hand zusammenarbeiten,<br />
umso erfolgreicher können wir den<br />
Jugendlichen bei ihren Problemen helfen.<br />
Die Beratung der kids-hotline ist kostenlos<br />
und es gibt auch keine Werbung<br />
auf der Website. Wie wird das Angebot<br />
finanziert?<br />
Öffentliche Gelder stehen uns leider gar<br />
nicht zur Verfügung. Wir werden finanziell<br />
von einigen privaten Förderern und<br />
Sponsoren unterstützt, wofür wir sehr<br />
dankbar sind. Den Löwenanteil übernimmt<br />
der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. Damit<br />
kommen wir zurzeit zwar gerade so über<br />
die Runden und können das nötigste<br />
finanzieren. Doch eigentlich reicht das<br />
bei Weitem nicht aus. Eine gesicherte<br />
und auf längere Sicht planbare Finanzierung<br />
wäre eine große Erleichterung<br />
für die kids-hotline und würde es uns<br />
ermöglichen, noch mehr junge Menschen<br />
zu erreichen.<br />
Zahlen und Standort<br />
3 Fachkräfte in Voll- und Teilzeit<br />
sind bei der kids-hotline tätig.<br />
Rund 70 ehrenamtliche Beraterinnen und Berater<br />
investieren über 2.500 Stunden monatlich in die<br />
Online-Beratung – davon 15 Peers im Alter<br />
zwischen 14 und 21 Jahren.<br />
Rund 1.900 neue User haben sich 2008<br />
registriert und sich mit ihren Fragen an die<br />
kids-hotline gewandt.<br />
kids-hotline<br />
Kathi-Kobus-Straße 9<br />
80797 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9950<br />
info@kids-hotline.de<br />
Kids-hotline als erstes soziales Beratungsangebot mit dem<br />
Grimme Online Award ausgezeichnet<br />
Seit 2001 zeichnet<br />
das Adolf-<br />
Grimme-Institut<br />
jährlich Internetangebote,<br />
die<br />
durch hervorragende<br />
Qualität überzeugen, mit dem<br />
Grimme Online Award aus. Eine unabhängige<br />
Nominierungskommission und Jury<br />
aus Fachleuten bewertet sowohl nach<br />
inhaltlichen, funktionalen und gestalterischen<br />
Aspekten. Neben den internetspezifischen<br />
Bewertungsmaßstäben spielen<br />
journalistische Qualität, soziale Verant-<br />
wortung und gesellschaftliche Relevanz<br />
eine Rolle bei der Auswahl.<br />
Wie die kids-hotline in der Kategorie „Wissen<br />
und Bildung“ überzeugt hat, wird in<br />
der Begründung der Jury deutlich. Kein anderes<br />
Medium leiste ein professionelles<br />
Hilfsangebot im Web „in solch passgenauer,<br />
effizienter und (…) niedrigschwelliger<br />
Weise. Dass eine solche Beratungsstelle im<br />
Web nur mit hoher Verlässlichkeit, Kontinuität<br />
und mit großem Engagement sinnvoll<br />
ist, liegt auf der Hand – die ‚kids-hotline’<br />
leistet dies in vorbildlicher Weise.“<br />
Emily Engelhardt (Leiterin kids-hotline, 2 v. links),<br />
Norbert Blesch (Geschäftsführer <strong>Kinderschutz</strong><br />
e.V., Mitte), Triz Heider (Konzept und Technik kidshotline,<br />
rechts) sowie zwei Berater der Online -<br />
beratungsstelle nehmen den Grimme Online<br />
Award entgegen.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
15
16<br />
Tiergestützte Pädagogik und Therapie<br />
Paulihof – Heilende Pädagogik mit Tieren<br />
Tiere helfen Kindern,<br />
neuen Mut zu fassen<br />
Ein Pferd ist ein Pferd und ein Spiegel ist<br />
ein Spiegel. Manchmal aber ist ein Pferd<br />
auch ein Spiegel. Das ist natürlich nicht<br />
wortwörtlich gemeint. Fritz bleibt immer<br />
ein Pferd. In der Begegnung mit Kindern<br />
und Jugendlichen auf dem Paulihof spiegelt<br />
sein Verhalten jedoch das der jungen<br />
Menschen wider, die mit ihm eine Beziehung<br />
aufzubauen versuchen. Immer dann,<br />
wenn ihn der 13 Jahre alte Hannes beispielsweise<br />
ungeduldig und ruppig am Zügel<br />
zieht, wird Fritz stur und bewegt sich<br />
keinen Zentimeter weiter. Nein, er möchte<br />
sich lieber freundlich bitten lassen,<br />
durch den Hindernisparcours zu traben.<br />
Ruft die 12-jährige Paula den Apfelschimmel<br />
jedoch nur schüchtern und zögerlich,<br />
so bewegt er sich auch nicht vom<br />
Fleck. Das Tier braucht klare Ansagen, denen<br />
es folgen und eine führende Hand, der<br />
es vertrauen kann.<br />
Auf dem Paulihof leben verunsicherte, enttäuschte,<br />
oft vollkommen verschlossene<br />
und scheinbar unzugängliche Kinder und<br />
Jugendliche. Viele haben in ihrer Familie<br />
nicht die notwendige Zuwendung und Sicherheit<br />
erfahren, die ein Kind zur gesunden<br />
Entwicklung braucht. Oder sie haben<br />
sogar einen tragischen Verlust, Gewalt<br />
oder Misshandlungen erlebt. Die Kinder<br />
können diese Erlebnisse nicht aus eigener<br />
Kraft bewältigen, was in ihrem auffälligen<br />
Verhalten zum Ausdruck kommt. Wenn sie<br />
beispielsweise ungezügelte Aggressivität<br />
oder extreme Verschlossenheit an den Tag<br />
legen, stoßen sie damit auf Unverständnis<br />
in ihrer Umgebung. Als Folge haben viele<br />
von ihnen das Vertrauen in sich und andere<br />
Menschen verloren und fühlen sich<br />
völlig isoliert.<br />
Hofleiterin Ulrike Heigenmooser, ihr pädagogisches<br />
Team und eine vielfältige<br />
Tierschar nehmen diese Kinder unvoreingenommen<br />
an. Tageweise oder für mehrere<br />
Monate finden sie auf dem Paulihof einen<br />
geschützten Ort, an dem sie in der Begegnung<br />
mit Haus- und Hoftieren sich<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
selbst erkennen lernen, Selbstwertgefühl<br />
entwickeln und aus ihren emotionalen und<br />
psychischen Krisen herausfinden können.<br />
Pferde, Esel, Schafe, Ziegen, Gänse und<br />
viele Tiere mehr sind Mittler in diesem<br />
Prozess. Die Kinder bauen behutsam Kontakt<br />
zu den vierbeinigen oder gefiederten<br />
Co-Therapeuten auf und lernen dabei,<br />
Ängste zu überwinden, Mut zu fassen und<br />
Verantwortung zu übernehmen.<br />
Tiere sind authentische und<br />
verlässliche Partner<br />
Das Konzept, nach dem junge Menschen<br />
auf dem Hof bei Augsburg betreut und gefördert<br />
werden, heißt tiergestützte Pädagogik.<br />
Dabei stehen die Anbahnung und<br />
Gestaltung von Beziehungen zwischen<br />
Mensch und Tier im Mittelpunkt. Sie lernen,<br />
die im Umgang mit den Tieren gemachten<br />
Erfahrungen auf den Umgang<br />
mit anderen Menschen zu übertragen. Die<br />
tierischen Co-Therapeuten nehmen dabei<br />
unterschiedliche Rollen ein: Sie sind vertrauensvolle<br />
Freunde, folgsame Begleiter,<br />
geduldige Lehrer oder eben untrügliche<br />
Spiegel der Kinder. Tierpädagogin Ulrike<br />
Heigenmooser erklärt, warum Tiere so gut<br />
dabei helfen können, wieder Vertrauen<br />
und Sicherheit zu erlangen: „Tiere begegnen<br />
uns vollkommen unverstellt und spielen<br />
uns Menschen nichts vor. Das spüren<br />
Kinder sofort. Tiere nehmen uns bedingungslos<br />
an, so wie wir sind und sie beurteilen<br />
uns nicht nach Äußerlichkeiten,<br />
Erfahrungen oder Werten. Sie sind völlig<br />
unvoreingenommen und geben uns vor<br />
allem immer wieder eine neue Chance.“<br />
Tiere ebnen den Weg zu Gefühlen<br />
Wenn Kinder missbraucht oder misshandelt<br />
wurden, können sie Berührungen von<br />
Menschen häufig nicht mehr zulassen. Sie<br />
haben Angst vor zu viel Nähe und weichen<br />
zurück. Ein Tier zu streicheln, von<br />
sich aus auf eine Ziege oder einen Esel zuzugehen,<br />
die Hand auszustrecken und das<br />
Fell zu berühren ist leichter. Es ist der erste<br />
Schritt, wieder Nähe zu empfinden und<br />
zu genießen. Auch coole Jungs, deren Un<strong>nah</strong>barkeit<br />
häufig einfach ein Schutz vor<br />
weiteren Verletzungen ist, wenden sich<br />
den Tieren oft ungeahnt zärtlich zu. Sie<br />
kuscheln sich zum Beispiel ans weiche Fell,<br />
wenn gerade keiner hinschaut und sie sich<br />
unbeobachtet fühlen.
Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase<br />
werden die Kinder und Jugendlichen auf<br />
dem Hof in die Versorgung und Pflege der<br />
Tiere eingebunden. Wenn Hannes die Hufe<br />
von Fritz auskratzen soll, sieht das auf<br />
den ersten Blick nicht besonders spektakulär<br />
aus. Doch hinter fast jeder Aufgabe<br />
auf dem Paulihof steht eine Absicht. Was<br />
die Hufpflege mit Therapie oder Pädagogik<br />
zu tun hat, macht Pädagogin Heigenmooser<br />
schnell deutlich: „Um die Hufe,<br />
natürlich unter Anleitung, auskratzen zu<br />
können, muss Hannes erst einmal eine sichere<br />
Position zum Pferd einnehmen und<br />
einen festen Stand finden. Das bedeutet,<br />
er muss auf sich Acht geben, aber auch<br />
das Sicherheitsbedürfnis von Fritz wahrnehmen<br />
und respektieren. Dann muss er<br />
das Säubern der Hufe sorgfältig und geduldig<br />
bis zum Schluss durchführen. Das<br />
macht er auch gewissenhaft, denn Hannes<br />
hat gelernt, dass saubere Hufe wichtig<br />
sind für Fritz, damit er schmerzfrei laufen<br />
kann und keine Hufkrankheit bekommt.“<br />
Manchen Kindern werden auf<br />
dem Paulihof erstmals verantwortungsvolle<br />
Aufgaben zugetraut. „Die Kinder<br />
EinBlick<br />
merken schnell, dass sie hier gebraucht<br />
werden und dass das Wohlbefinden der<br />
Tiere auch von ihrer Achtsamkeit abhängt“,<br />
berichtet Ulrike Heigenmooser.<br />
Ausbildung und Ausgleich<br />
der Tiere<br />
Die Tiere auf dem Paulihof sind Lebewesen<br />
mit Empfindungen und Bedürfnissen. Sie<br />
sind keine „Medizin“, die einfach mehrmals<br />
täglich geschluckt werden kann und die<br />
dann wirkt. Die Tiere dürfen nicht „benutzt“<br />
werden, sonst werden sie krank und stumpf<br />
und können nicht mehr freundlich und gelassen<br />
auf die Kinder zugehen. In jedem Fall<br />
brauchen die tierischen Co-Therapeuten<br />
Fürsorge und Pflege sowie genügend Raum<br />
und Zeit, sich auch von Anspannungen und<br />
Stress zu erholen. Ulrike Heigenmooser hat<br />
daher höchste Ansprüche an die Haltung<br />
und Versorgung der Tiere sowie an ihre<br />
Ausbildung. „Nur wenn es den Tieren gut<br />
geht, können sie sich auf die Beziehungsarbeit<br />
mit den Menschen einlassen. Dies<br />
erfordert Zeit, Geduld, Liebe – und Geld für<br />
den Unterhalt der Tiere, für Futter, Imp-<br />
fungen und die tierärztliche Versorgung.“<br />
Trotz dieses Aufwands ist tiergestützte Pädagogik<br />
mit heimischen Haus- und Hoftieren<br />
im Vergleich zur Delfintherapie beispielsweise<br />
in Florida eine kostengünstige<br />
Hilfe – und vor allem eine nachhaltige!<br />
Zum einen ist keine lange und kostspielige<br />
Anreise für Kind und Familie notwendig.<br />
Zum anderen haben Kinder und Jugendliche<br />
nicht nur ein einmaliges Tiererlebnis<br />
in vollkommen alltagsferner Umgebung,<br />
sondern sie haben die Möglichkeit,<br />
eine intensive Beziehung zum Tier aufzubauen,<br />
das sie auf dem mühsamen Weg<br />
heraus aus der Isolation begleitet.<br />
Zahlen und Standort<br />
10 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
41 Kinder, Jugendliche und ihre Familien wurden<br />
2008 im Rahmen eines dauerhaften Aufenthaltes<br />
oder Gruppenbesuchen auf dem Paulihof betreut.<br />
Paulihof – Heilende Pädagogik mit Tieren<br />
Reifersdorfer Straße 2<br />
86556 Kühbach/Unterbernbach<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7810 oder<br />
(08257) 99 78 33<br />
paulihof@kinderschutz.de<br />
Schauspielerin Uschi Glas weiht Spielhaus auf dem Paulihof<br />
ein und quizzt bei Jörg Pilawa für den <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
Der letztjährige Tag der offenen Tür auf<br />
dem Paulihof konnte mit gleich zwei prominenten<br />
Besucherinnen aufwarten.<br />
Schirmherrin Claudia Jung ist auf dem Hof<br />
schon ein vertrauter Gast – liegt die heilpädagogische<br />
Einrichtung doch in ihrer<br />
Gerolsbacher Nachbarschaft. Schauspielerin<br />
Uschi Glas, die dem <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
schon viele Jahre verbunden ist, war zum<br />
ersten Mal auf dem Paulihof zu Gast.<br />
Ihr Besuch in Kühbach/Unterbernbach<br />
hatte einen besonderen Anlass: Uschi Glas<br />
war gekommen, um das von ihr gestiftete<br />
Spielhaus persönlich einzuweihen. Das<br />
gemütliche Blockhaus lädt die stationär<br />
und ambulant auf dem Paulihof betreu-<br />
ten Kinder und Jugendlichen ein zum<br />
Spielen, Basteln und Verweilen. Ein kleiner<br />
Spielplatz mit Rutsche und Sandkiste<br />
machen diesen neuen Entdeckungsraum<br />
auf dem Paulihof komplett.<br />
Wenige Wochen nach dem Tag der<br />
offenen Tür trat Uschi Glas an der Seite<br />
ihres TV-Partners Elmar Wepper noch<br />
einmal für den <strong>Kinderschutz</strong> e.V. an.<br />
5.000,- Euro erquizzte das Paar mit<br />
cleveren Antworten beim Jörg Pilawa<br />
Star-Quiz für den Verein. Überzeugt von<br />
den Chancen, die Kinder und Jugendliche<br />
dort erhalten, widmete Uschi Glas auch<br />
diesen Gewinn dem Paulihof – Heilende<br />
Pädagogik für Tiere.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
17
18<br />
Heilpädagogische Tagesstätte<br />
Elternarbeit ergänzt die heilpädagogische<br />
Tagesbetreuung<br />
Die Heilpädagogische Tagestätte (HPT) in Dachau besteht aus einer Gruppe für<br />
Kinder im Vorschulalter und zwei Gruppen für Schulkinder. 24 Kinder im Alter von<br />
drei bis 14 Jahren werden hier dauerhaft tagsüber pädagogisch und therapeutisch<br />
betreut. Das bedeutet auch: Bis zu 24 Familien sind in die sozialpädagogische<br />
Arbeit einbezogen. Die so genannte teil-stationäre Betreuung ermöglicht, dass die<br />
Kinder weiterhin in der Familie und in ihrem sozialen Umfeld leben können. Sie<br />
verlangt von den Eltern jedoch auch, dass sie aktiv an der Verbesserung ihrer<br />
Familiensituation mitwirken und die Schwierigkeiten langfristig bewältigen, die<br />
die heilpädagogische Betreuung notwendig macht.<br />
Ein stabiles Haus<br />
Man kann sich die Elternarbeit in der HPT<br />
wie ein Einfamilienhaus vorstellen. Vertrauen<br />
und Offenheit sind das notwendige<br />
Fundament für eine gelungene Elternund<br />
Familienarbeit. Grundlegende Aufgabe<br />
ist es daher, gegenseitiges Vertrauen<br />
zwischen den Angehörigen und den pädagogischen<br />
und psychologischen Fachkräften<br />
aufzubauen und zu festigen. Die<br />
verpflichtenden Eltern- und Familiengespräche<br />
sind die tragenden Wände und<br />
Decken. Weitere Angebote sind zusätzlich<br />
und freiwillig: Hausbesuche, Elternseminare,<br />
Elterntrainings und themenbezogene<br />
Elternabende sind wie Zimmer. Die<br />
Eltern bestimmen, inwieweit sie die Räume<br />
nutzen und ausgestalten wollen.<br />
Gemeinsame Feste und der jährliche<br />
Familientag sind Terrasse und Balkon –<br />
Freiflächen auf denen man sich in der<br />
Freizeit ungezwungen begegnen und<br />
austauschen kann.<br />
Vielfältige Herausforderungen<br />
Die meisten betreuten Kinder haben in<br />
ihren jungen Jahren bereits Verlust, Krankheit<br />
oder Gewalt erfahren oder im engsten<br />
Umfeld erlebt. In jeder vierten Familie ist<br />
Sucht ein Problem, in bei<strong>nah</strong>e jeder dritten<br />
ist ein Elternteil psychisch erkrankt. Diese<br />
Umstände belasten alle Familienmitglieder.<br />
Ziel der Elternarbeit ist es in diesen<br />
Fällen beispielsweise, die Eltern selbst zu<br />
einer Therapie zu motivieren. Erschwert<br />
wird die Arbeit mit den Familien dann,<br />
wenn auch noch Sprachbarrieren und<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
unterschiedliche kulturelle Hintergründe<br />
und Wertvorstellungen hinzu kommen. Die<br />
Hälfte der betreuten Kinder und Familien<br />
hat einen so genannten Migrationshintergrund.<br />
Sie stammen zum Beispiel aus<br />
Vietnam, Syrien, dem Irak oder der Türkei.<br />
Hier sind Respekt und Toleranz sowie ein<br />
gegenseitiges Aufeinanderzugehen nötig,<br />
um gemeinsame Ziele und Erziehungsmaßstäbe<br />
zu entwickeln.<br />
Elternarbeit passt sich den<br />
Lebenswelten an<br />
Lebenswelten von Familien verändern<br />
sich zunehmend schneller. Dies fordert<br />
Eltern in ihrer Anpassungsfähigkeit immer<br />
wieder aufs Neue heraus. Aber auch<br />
das Helfersystem muss kontinuierlich<br />
geeignete Maß<strong>nah</strong>men zur Unterstützung<br />
der Familien weiterentwickeln. Eine<br />
Form, Eltern mit Rat und Lösungsmöglichkeiten<br />
zu erreichen ist das Elternseminar,<br />
das die HPT seit 2007 einmal im<br />
Jahr als Ganztagsveranstaltung durchführt.<br />
Hilfreich für die teilnehmenden<br />
Eltern ist nicht nur die Klärung von<br />
Erziehungsfragen, sondern vor allem<br />
auch die gemeinsame Suche nach<br />
Lösungen. Gezielte und individuelle<br />
Elterntrainings können helfen, Verkrustungen<br />
in der Familie aufzubrechen und<br />
die Erziehungsfähigkeit der Eltern zu<br />
stärken. Eine weitere Maß<strong>nah</strong>me, die die<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der<br />
HPT gerne in Dachau umsetzen würden,<br />
ist die so genannte aufsuchende Familienarbeit.<br />
Dadurch könnten die gemeinsam<br />
im Schutz- und Lernraum der HPT<br />
Gemeinsame Erlebnisse wie diese Wanderung<br />
am “Familientag” stärken die sozialen Kontakte<br />
und fördern den Austausch zwischen den Familien<br />
sowie mit den Betreuerinnen und<br />
Betreuern der HPT.<br />
erarbeiteten Ziele und bereits erzielten<br />
Fortschritte besser in das Zuhause der<br />
Familien übertragen werden. Eine Entscheidung<br />
des Jugendamtes darüber, ob<br />
diese Form der Familienunterstützung<br />
realisiert werden kann, steht noch aus.<br />
Zahlen und Standort<br />
17 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in<br />
diesem Bereich tätig.<br />
27 Kinder wurden 2008 in den<br />
Gruppen der Heilpädagogischen<br />
Tagesstätte und in Sonderbetreuungsformen<br />
betreut und gefördert.<br />
Heilpädagogische Tagesstätte<br />
Hermann-Stockmann-Straße 13<br />
85221 Dachau<br />
Tel. (08131) 332 06 31<br />
hpt@kinderschutz.de
Schule zur sonderpädagogischen Förderung<br />
Mobile Sonderpädagogische Dienste (MSD)<br />
an der Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />
Gemeinsam Schule machen<br />
Die Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule des<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V. ist eine staatlich anerkannte<br />
Schule zur sonderpädagogischen<br />
Förderung. Hier werden Kinder und Jugendliche<br />
mit normaler Intelligenz unterrichtet,<br />
die Entwicklungsverzögerungen<br />
aufweisen und unter mangelndem Selbstwertgefühl,<br />
großen Unsicherheiten, Versagensängsten<br />
oder anderen Auffälligkeiten<br />
leiden. Die Unterrichtsinhalte richten sich<br />
nach dem amtlichen Grund- und Hauptschullehrplan,<br />
unter Berücksichtigung der<br />
besonderen Erfordernisse der einzelnen<br />
Schülerinnen und Schüler.<br />
Die Lehrkräfte der Dr.-Elisabeth-Bamberger-<br />
Schule haben sich durch ihre langjährigen<br />
Erfahrungen ein Spezialwissen angeeignet,<br />
das sie im Rahmen des „Mobilen<br />
Sonderpädagogischen Dienstes“ (MSD)<br />
anderen Schulen zur Verfügung stellen.<br />
Der MSD ist im Bayerischen Erziehungsund<br />
Unterrichtsgesetz verankert. Ziel ist<br />
es, den Unterricht an den Regelschulen zu<br />
unterstützen, wenn dort in einer Klasse<br />
bei Kindern und Jugendlichen ein sonderpädagogischer<br />
Förderbedarf deutlich wird.<br />
Durch den MSD soll erreicht werden, dass<br />
solche Schülerinnen und Schüler in ihrer<br />
Klasse verbleiben können und nicht zu<br />
einer Förderschule wechseln müssen. Dieser<br />
Auftrag wird durch die Dr.-Elisabeth-<br />
Bamberger-Schule seit Jahren in verschiedener<br />
Art und Weise erfolgreich umgesetzt.<br />
Auf Anfrage der Regelschule<br />
besuchen die Lehrkräfte der Dr.-Elisabeth-<br />
Bamberger-Schule die betroffenen Kinder<br />
und Lehrer direkt in deren Schule. Dort<br />
sind sie in die Diagnose und Förderplanung<br />
eingebunden. Sie beraten die Lehrkräfte,<br />
Eltern sowie Schülerinnen und<br />
Schüler, koordinieren Fördermaß<strong>nah</strong>men<br />
und führen Fortbildungen für die Schule<br />
durch.<br />
Alternatives Schulisches Angebot<br />
Wenn Kinder in einer Schulklasse verhaltensaufällig<br />
werden, kann es hierfür<br />
unterschiedliche Gründe geben. Die Schule<br />
versucht darauf wirksame Antworten und<br />
Hilfen zu geben und kann im Rahmen des<br />
MSD das „Alternative Schulische Angebot“<br />
(AsA) einsetzen. Je fünf Wochenstunden<br />
stehen jeweils der Lehrkraft der Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />
und der Regelschule<br />
für diese schulinterne Maß<strong>nah</strong>me<br />
zur Verfügung. Beide wirken kooperativ<br />
zusammen. Sie unterstützen die Schülerinnen<br />
und Schüler, die betroffenen Klassen,<br />
die Lehrkräfte oder auch die Eltern<br />
und suchen gemeinsam nach einem<br />
Lösungsweg. Dadurch soll eine Manifestierung<br />
der Verhaltensauffälligkeiten<br />
verhindert werden. Gemeinsam werden<br />
Strategien bei Schülerkonflikten, Mobbing,<br />
Lehrer-Schüler-Konflikten oder Spannungen<br />
innerhalb der Klasse entwickelt.<br />
Genauso stehen Verhaltensauffälligkeiten<br />
bis hin zu ausgeprägtem Störverhalten,<br />
Lernprobleme, Leistungsverweigerung,<br />
Schulangst oder Schuleschwänzen im<br />
Blickpunkt. Es werden Lösungen gesucht,<br />
damit Schülerinnen und Schüler wieder<br />
gut in das Klassensystem eingebunden<br />
werden können und Fördermaß<strong>nah</strong>men<br />
eingeleitet. Aus dieser Zusammenarbeit<br />
sind nachhaltige Partnerschaften zwischen<br />
den Schulen entstanden. So wird intensiv<br />
an den Schwierigkeiten in der Regelschule<br />
gearbeitet und gleichzeitig können<br />
Rückführungen von Schülerinnen und<br />
Schülern der Dr.-Elisabeth-Bamberger-<br />
Schule an die Regelschule begleitet und<br />
erfolgreich in die Wege geleitet werden.<br />
Beratung im Mobilen Sonderpädagogischen<br />
Dienst – Autismus<br />
Ein spezialisierter MSD ist der Mobile<br />
Sonderpädagogische Dienst – Autismus<br />
für Oberbayern, der an der Dr.-Elisabeth-<br />
Bamberger-Schule koordiniert wird. Dieser<br />
Dienst richtet sich an Schülerinnen und<br />
Schüler mit der Diagnose Autismus-Spektrum-Störung.<br />
Dabei werden sowohl die<br />
jungen Menschen selbst als auch ihre<br />
Eltern, Lehrkräfte sowie Mitschülerinnen<br />
und Mitschüler in der Bewältigung des<br />
Unterrichtsalltags mit einem autistischen<br />
jungen Menschen unterstützt. Der<br />
MSD-Autismus steht allen Schularten zur<br />
Verfügung. Informationen dazu bietet die<br />
Internetseite www.msd-autismus.de.<br />
Zahlen und Standort<br />
21 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in der<br />
Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule und in der<br />
Stütz- und Förderklasse tätig. 3 der Lehrkräfte<br />
unterstützen zusätzlich im Mobilen Sonderpädagogischen<br />
Dienst örtliche Grund-, Hauptund<br />
Realschulen sowie das Förderzentrum in<br />
Dachau.<br />
67 Schüler besuchten 2008 die<br />
Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule.<br />
Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />
Hermann-Stockmann-Straße 13<br />
85221 Dachau<br />
Tel. (089) 23 17 16 -8910<br />
bamberger-schule@kinderschutz.de<br />
Stütz- und Förderklassen<br />
Hermann-Stockmann-Straße 13<br />
85221 Dachau<br />
Tel. (089) 23 17 16 -8310<br />
sfk@kinderschutz.de<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
19
20<br />
Stationäre Erziehungsangebote und betreute Wohnformen<br />
Amalie-Nacken-Heim<br />
Der Arzt kommt ins Haus<br />
Sie sind verhaltensauffällig, weisen<br />
Sozialisierungsdefizite auf oder sind in<br />
ihrer persönlichen Entwicklung verzögert.<br />
Gemeint sind die rund 40 Jungen, die<br />
im Amalie-Nacken-Heim ein Zuhause<br />
gefunden haben und größtenteils die<br />
Dr.-Elisabeth-Bamberger-Förderschule<br />
des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. besuchen. Viele<br />
von ihnen sind nicht nur sozial belastet,<br />
sondern auch psychisch auffällig und<br />
befinden sich in kinder- und jugendpsychiatrischer<br />
Behandlung.<br />
Um die Jungen therapeutisch und medizinisch<br />
noch besser zu versorgen und sie bei<br />
der Bewältigung ihrer individuellen Probleme<br />
zu unterstützen, haben Schule und<br />
Jugendhilfe in Dachau vor einiger Zeit einen<br />
denkbar einfachen, aber sehr wirksamen<br />
Weg eingeschlagen: Einmal im Monat<br />
kommen zwei Kinder- und Jugendpsychiater<br />
ins Haus und halten ihre Sprechstunde<br />
vor Ort. Davon profitieren beide<br />
Seiten. Die Ärzte bekommen einen umfas-<br />
EinBlick<br />
Disney bringt Farbe ins Haus<br />
Triste Zimmer, unrenovierte Bäder, freudlose<br />
Aufenthaltsräume – damit war im<br />
Amalie-Nacken-Heim im April letzten Jahres<br />
Schluss! An einem einzigen Tag wirbelten<br />
rund 150 Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter der Walt Disney Company<br />
Deutschland durch das Dachauer Heim<br />
und gaben den Wohngruppen, dem Ein-<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
senderen Einblick in die Situation der jungen<br />
Patienten als in ihrer Praxis, da sie<br />
auch die Gelegenheit haben, mit den Betreuerinnen<br />
und Betreuern des Heims, den<br />
unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrern<br />
der Förderschule sowie gelegentlich mit<br />
den Eltern zu sprechen. Aufgrund der konzentrierten<br />
Vorbereitung der Haustermine<br />
durch die Pädagoginnen und Pädagogen<br />
und durch den Wegfall von Fahrzeiten zu<br />
einer Praxis spart das Betreuungsteam<br />
Zeit, die es an anderer Stelle wieder in die<br />
sozialpädagogische Arbeit investieren<br />
kann. Es hat sich zudem gezeigt, dass die<br />
Therapietreue, das heißt die Befolgung der<br />
ärztlichen Anweisungen und Empfehlungen,<br />
aufgrund der turnusmäßigen Arztbesuche<br />
steigt. Die regelmäßigen Kurzvisiten<br />
vereinfachen beispielsweise auch die<br />
Einstellung auf bestimmte Medikamente,<br />
die sonst häufig stationär erfolgen muss.<br />
Generell können die stationären Aufenthalte<br />
in der Klinik aufgrund der laufenden<br />
ambulanten Begleitung durch die Kinder-<br />
gangsbereich sowie dem Garten ein neues<br />
Gesicht. Angefangen von Malerarbeiten<br />
über die Dekoration der Zimmer bis<br />
hin zur Renovierung alter Bäder und der<br />
Bepflanzung von Balkonen und Garten<br />
packten die “Disney VoluntEARS” unter<br />
Anleitung professioneller Handwerker<br />
tatkräftig zu. Dass es dabei bunt zuging,<br />
ist bei einem Partner wie Disney selbstredend.<br />
Groß war daher auch die Begeisterung<br />
der im Heim lebenden Kinder und<br />
Jugendlichen, die in den Genuss der neuen<br />
Ausstattung und des frischen Anstrichs<br />
kamen.<br />
Normalerweise finden Renovierungsarbeiten<br />
im laufenden Betrieb statt, so dass<br />
vielfach nur Mängel behoben werden<br />
können. Eine umfangreiche Renovierung,<br />
wie sie durch die Hilfe der Walt Disney<br />
und Jugendpsychiater reduziert werden.<br />
Das wirkt sich nicht nur positiv auf das<br />
Gesundheitsbudget aus, sondern kommt<br />
vor allem den Kindern und Jugendlichen<br />
zugute: Sie bleiben in den Bezugsrahmen<br />
ihrer Wohngruppe und in die kontinuierlichen<br />
Maß<strong>nah</strong>men der Jugendhilfe eingebunden.<br />
Die Therapie im Rahmen des<br />
Hausbesuchs entlastet die jungen Patienten<br />
schließlich auch dahingehend, dass sie<br />
sich in ihrer gewohnten Umgebung aussprechen<br />
können und belastende und<br />
schmerzliche Themen nicht im fremden<br />
Umfeld einer Praxis oder Klinik offenbaren<br />
müssen. Durch die genannten positiven<br />
Auswirkungen der ambulanten psychiatrischen<br />
Betreuung vor Ort – die so<br />
übrigens auch in einer wissenschaftlichen<br />
Studie der Universitätsklinik Ulm zu diesem<br />
Ansatz bestätigt wurden – zeigt sich<br />
einmal mehr: Die Bereitschaft des <strong>Kinderschutz</strong><br />
e.V., in der Jugendhilfe neue und<br />
innovative Wege zum Wohl der Klienten<br />
zu gehen, zahlt sich aus.<br />
Company stattfand, hatte es bisher noch<br />
nicht gegeben. Die Umgestaltung des Heimes<br />
haben die jungen Heimbewohner mit<br />
entworfen. Die Dachauer Hilfsaktion war<br />
Teil des “Disney VoluntEARS Tages”, einer<br />
internationalen von Disney jährlich durchgeführten<br />
Wohltätigkeits-Initiative.<br />
Zahlen und Standort<br />
36 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit<br />
in dem Bereich tätig.<br />
43 Kinder und Jugendliche zwischen 9<br />
und 16 Jahren lebten 2008 im<br />
Amalie-Nacken-Heim.<br />
Amalie-Nacken-Heim<br />
Hermann-Stockmann-Straße 13<br />
85221Dachau<br />
Tel. (089) 23 17 16 -8410<br />
amalie-nacken-heim@kinderschutz.de
Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen (SBW)<br />
und Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung (ISE)<br />
Ist Jugendhilfe für junge Volljährige<br />
noch notwendig?<br />
Im Rahmen des Sozialpädagogisch Betreuten<br />
Wohnens (SBW) und der Intensiven<br />
Sozialpädagogischen Einzelbetreuung (ISE)<br />
begleitet der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. junge Menschen<br />
ab dem 16. Lebensjahr auf dem Weg<br />
ins Erwachsenenleben. In Zeiten, in denen<br />
die Kommunen über Sparmaß<strong>nah</strong>men<br />
nachdenken, wird jedoch regelmäßig<br />
darüber diskutiert, ob es diese Form der<br />
Betreuung für junge Volljährige überhaupt<br />
noch geben soll. Die sozialpädagogischen<br />
Fachkräfte des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. sagen<br />
dazu ganz klar: Ja, für benachteiligte<br />
Heranwachsende ist eine gezielte Unterstützung<br />
auch über das 18. Lebensjahr<br />
hinaus notwendig!<br />
Erwachsenwerden mit Hindernissen<br />
Junge Volljährige befinden sich in einer<br />
kritischen Lebensphase. Sie stehen vor der<br />
Aufgabe, sich aus ihren bisherigen mal<br />
mehr, mal weniger fürsorglichen familiären<br />
Strukturen herauslösen und auf eigenen<br />
Beinen stehen zu müssen. Auch in beruflicher<br />
Hinsicht stehen sie vor weitreichenden<br />
Entscheidungen und Veränderungen,<br />
die für jeden jungen Menschen eine<br />
enorme Herausforderung bedeuten.<br />
Was für jeden Heranwachsenden gilt, gilt<br />
für die von SBW und ISE betreuten in besonderer<br />
Weise. Viele von ihnen kennen<br />
keine verlässlichen Beziehungen oder<br />
mussten erleben, wie diese abgerissen<br />
sind, beispielsweise durch Scheidung, Tod<br />
der Eltern oder durch Flucht. Häufig sind<br />
sie in konfliktbelasteten Familien aufgewachsen,<br />
viele bereits in Heimen oder<br />
Jugendwohngruppen. Aufgrund des<br />
mangelnden sozialen Rückhalts lernen sie<br />
nur mühsam, dass eine Herausforderung<br />
nicht gleich ein unüberwindbares Problem<br />
darstellt. Wenn diese Heranwachsenden<br />
auf ihrem Weg zur Selbständigkeit keine<br />
Förderung erhalten laufen sie Gefahr, einen<br />
„falschen Weg“ einzuschlagen: Schul-<br />
abbruch, keine Ausbildung, Arbeitslosigkeit,<br />
Mangel an Perspektiven, Frustration…<br />
die Abwärtsspirale kann tief reichen.<br />
Durch Förderung<br />
und Beziehung reifen<br />
Die Voraussetzungen für einen selbstbewussten<br />
und verantwortungsvollen Weg<br />
ins Erwachsenenleben sind bei den meisten<br />
Betreuten alles andere als günstig. Sie<br />
haben häufig wenig Selbstvertrauen,<br />
wenig Lebensmut und wenig Zuversicht,<br />
ihren Lebensweg selbst bestimmen zu<br />
können. Gesundheitliche Schwierigkeiten,<br />
Essstörungen beispielsweise oder psychische<br />
Erkrankungen erschweren es vielen,<br />
die Energie für die nötigen Anstrengungen<br />
aufzubringen. Probleme in der Schule<br />
und die Aussicht, ohne qualifizierenden<br />
Schulabschluss da zu stehen, sind Folgen.<br />
Mangelnde Frustrationstoleranz, Aggressivität<br />
und das Unvermögen, sich in andere<br />
Menschen einzufühlen und deren<br />
Verhalten zu verstehen, sind häufig<br />
weitere Merkmale.<br />
Die Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen<br />
des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. versuchen,<br />
eine vertrauensvolle und verlässliche<br />
Beziehung zu den jungen Menschen aufzubauen,<br />
die Voraussetzung für die notwendigen<br />
positiven Entwicklungsprozesse<br />
ist. Im Rahmen der Jugendhilfemaß<strong>nah</strong>men<br />
SBW und ISE erhalten die jungen<br />
Menschen nicht nur sozialpädagogische<br />
Unterstützung. Ihnen wird auch ein eigener<br />
Wohnraum zur Verfügung gestellt, in dem<br />
sie eigenständiges Leben üben können.<br />
Dabei werden sie ganz praktisch in den<br />
jeweils relevanten Lebensbereichen<br />
unterstützt. Sie lernen beispielsweise, eine<br />
Wohnung einzurichten und sauber zu<br />
halten. Auch wie sie mit Geld umgehen<br />
können, um Schulden zu vermeiden, oder<br />
wie Behördenbriefe zu verstehen und<br />
rechtzeitig zu beantworten sind. Für viele<br />
ist es entscheidend, passende Lernstrategien<br />
zu entwickeln und mit ihren Lehrerinnen<br />
und Lehrern oder Ausbilderinnen<br />
und Ausbildern im Kontakt zu sein. Gesundheit,<br />
medizinische und therapeutische<br />
Versorgung sowie eine ausgewogene<br />
Ernährungsweise sind ebenfalls Themen,<br />
bei denen die jungen Erwachsenen Rat<br />
und Unterstützung erhalten. Nicht zuletzt<br />
geht es im Rahmen der Betreuung auch<br />
darum, Freizeit sinnvoll zu gestalten und<br />
mit der Familie und dem sonstigen sozialen<br />
Umfeld neue Formen der Auseinandersetzung<br />
zu finden.<br />
Rechtzeitige und ausreichende Hilfen können<br />
bei diesen jungen Menschen darüber<br />
entscheiden, ob ihnen der Einstieg in die<br />
Erwachsenengesellschaft gelingt, oder ob<br />
sie dauerhaft in Perspektivlosigkeit,<br />
Zukunftsangst, Dauerarbeitslosigkeit,<br />
Subkulturen oder in die Kriminalität abrutschen.<br />
In diesen Fällen lägen die<br />
Folgekosten für die Gesellschaft um ein<br />
Vielfaches über dem, was eine Hilfe wie<br />
SWB und ISE kostet.<br />
Zahlen und Standort<br />
28 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in<br />
diesem Bereich tätig.<br />
55 Jugendliche und junge Erwachsene wurden<br />
2008 im Rahmen des Angebotes betreut.<br />
Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen /<br />
Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung<br />
Kathi-Kobus-Straße 11<br />
80797München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9010<br />
sbw-ise@kinderschutz.de<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
21
22<br />
Stationäre Erziehungsangebote und betreute Wohnformen<br />
Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen für Mutter / Vater und Kind (MVK)<br />
Bindung fürs Leben<br />
Die Schlange an der Drogeriemarktkasse<br />
ist lang, die Wartenden werden ungeduldig.<br />
Ausgerechnet jetzt fängt auch<br />
noch ein kleiner Junge, der eben noch<br />
süß in seinem Kinderwagen geplappert<br />
hat, an zu quengeln. Kurz darauf weint<br />
er und steigert sich dann so richtig in<br />
seine Schreitirade hinein. Während viele<br />
Mütter scheinbar intuitiv wissen, wie<br />
sie angemessen reagieren können,<br />
flippen andere regelrecht aus. Wie<br />
Mütter sich in einer solchen Situation<br />
verhalten, hängt unter anderem von<br />
ihrer Fähigkeit ab, eine gute Bindung<br />
und eine gesunde Beziehung zu ihrem<br />
Kind aufzubauen. Diese vermeintlich<br />
intuitive Fähigkeit geht in der Gesellschaft<br />
jedoch zunehmend verloren bzw.<br />
wird von vielen jungen Menschen nicht<br />
mehr ausreichend entwickelt.<br />
Die Ursachen dafür sind vielfältig. Renate<br />
Langbein, Leiterin des Angebotes MVK,<br />
spricht davon, dass die Erziehungsfähigkeit<br />
ihrer Klientinnen häufig „verstellt“ ist,<br />
beispielsweise gehemmt durch negative<br />
persönliche Erfahrungen, aber auch überflutet<br />
durch unzählige Reize. Die jungen<br />
Eltern haben oftmals keine Werte, keine<br />
eigenen Ideale für die Erziehung ihrer Kinder,<br />
an denen sie sich orientieren können.<br />
Vermeintlich pädagogische Sendungen wie<br />
„Die Super Nanny“ leisten hier keinen<br />
Ersatz. Eine gute Bindung zu ihrem Kind<br />
herzustellen fällt insbesondere auch den<br />
jungen Erwachsenen schwer, die selbst<br />
noch nicht gefestigt sind. Oder die mit<br />
Problemen wie Arbeitslosigkeit, Verschuldung<br />
und Sucht zu kämpfen haben; oder<br />
die durch traumatische Erlebnisse in der<br />
eigenen Lebensgeschichte belastet sind<br />
wie Verlust, Gewalt oder sexuellem Missbrauch.<br />
Viele junge Mütter, die bei MVK<br />
Unterstützung erhalten, haben in ihrer<br />
eigenen Kindheit oftmals selbst nicht<br />
erfahren, wie es ist gut umsorgt zu werden.<br />
Wenn die eigenen Bedürfnisse in frühester<br />
Kindheit nicht erfüllt wurden, eine Mutter<br />
beispielsweise Unsicherheit, Distanz, Einsamkeit<br />
oder Verwirrung als Kind erlebt<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
hat, dann wirkt sich das sehr wahrscheinlich<br />
auch negativ auf die Art aus, wie sie<br />
mit ihren Kindern umgeht.<br />
Wann hat eine Mutter nun eine gesunde<br />
und förderliche Beziehung zu ihrem Kind?<br />
Wenn sie ihm zugewandt ist und seine<br />
Signale deuten und darauf stimmig reagieren<br />
kann. Und wenn sie ihrerseits Signale<br />
aussendet, die dem Kind vermitteln:<br />
Bei mir bist du sicher, du bist mir wichtig<br />
und ich sorge mich um deine Bedürfnisse.<br />
Kinder sind insbesondere im Säuglingsund<br />
Kleinkindalter darauf angewiesen,<br />
dass die wichtigsten Bezugspersonen, in der<br />
Regel die Eltern, diese Fürsorge ausstrahlen.<br />
Ansonsten können sich bei den Kindern<br />
bereits früh Störungen wie verminderte<br />
Stresstoleranz, Aufmerksamkeitsschwierigkeiten<br />
oder eine distanzlose Anhänglichkeit<br />
auch gegenüber fremden Menschen<br />
entwickeln. Besondere Anfälligkeit für<br />
Krankheiten oder eine verlangsamte Entwicklung<br />
der motorischen, kognitiven und<br />
sozialen Fähigkeiten können ebenfalls Folgen<br />
sein.<br />
25 alleinsorgende junge Mütter ab dem<br />
16. Lebensjahr werden von Renate Langbein<br />
und ihren Kolleginnen in der Mutter/<br />
Vater-Kind-Einrichtung betreut. Die klei-<br />
nen Familien leben entweder in einer eigenen<br />
Wohnung oder zwei Mütter mit<br />
Kind(ern) zusammen in einer Wohngemeinschaft.<br />
Sie alle benötigen auf die eine<br />
oder andere Weise Unterstützung dabei,<br />
eine sichere und förderliche Eltern-Kind-<br />
Bindung herzustellen. Der Schwerpunkt<br />
der sozialpädagogischen Betreuung liegt<br />
bei MVK daher bewusst auf dieser Aufgabe.<br />
Das beginnt schon dabei, die Mütter anzuleiten,<br />
beim Stillen eine Beziehung, d.h.<br />
Nähe zu ihrem Säugling herzustellen.<br />
Dadurch, dass sie das Kind anschauen, es<br />
berühren und auch sich selbst entspannen.<br />
Für viele Frauen ist es beispielsweise nicht<br />
selbstverständlich, den Fernseher dabei<br />
auch einmal auszuschalten. Ihnen ist nicht<br />
bewusst, dass sie sich und das Kind damit<br />
einer dauernden Reizüberflutung aussetzen,<br />
die den Beziehungsaufbau stört. Die<br />
Sozialpädagoginnen begleiten die Mütter<br />
auch in Alltagssituationen, wie zum Beispiel<br />
beim Einkaufen. Dabei werden<br />
scheinbar problematische Situationen wie<br />
das Anstehen an der Supermarktkasse<br />
gemeinsam trainiert. Jede Mutter erhält<br />
eine intensive pädagogische Einzelbetreuung,<br />
ausreichend um ihre Lebensumwelt<br />
kennenzulernen, sie ganz praktisch zu<br />
unterstützen und ihr in Einzelgesprächen<br />
mit Rat und Information zur Seite zu stehen.<br />
Gruppenangebote, wie zum Beispiel eine<br />
Nähgruppe, bei denen sich die Mütter ungezwungen<br />
untereinander austauschen<br />
und gleichzeitig spezielle Fertigkeiten<br />
erwerben können, ergänzen die Einzelbetreuung.<br />
Zahlen und Standort<br />
14 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
25 Mütter und Väter wurden mit ihren Kindern<br />
2008 betreut und begleitet.<br />
Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen<br />
für Mutter / Vater und Kind<br />
Olga-Heerdegen-Haus<br />
Heimperthstraße 13<br />
80935 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9010<br />
mvk@kinderschutz.de
NahRaum<br />
Eine Chance für die Familie<br />
Wenn es in der Familie Schwierigkeiten<br />
gibt, ist eine zeitweise „Krisenauszeit“<br />
zum Wohl des Kindes manchmal sinnvoll.<br />
Kinder und Jugendliche aus dem<br />
Münchner Norden können in diesem Fall<br />
seit September 2007 für einige Monate<br />
in der Wohngruppe NahRaum leben. Das<br />
einmalige Betreuungsprojekt steht in<br />
einer 3-jährigen Modellphase auf dem<br />
Prüfstand. Voraussichtlich 2010 ziehen<br />
das Stadtjugendamt, die an der Entwicklung<br />
und Umsetzung beteiligten<br />
Münchner Sozialbürgerhäuser Feldmoching/Hasenbergl<br />
sowie Milbertshofen/<br />
Am Hart/Harthof, die Kooperationspartner<br />
im Stadtteil und der <strong>Kinderschutz</strong><br />
e.V. als Träger des Angebotes ihre<br />
Bilanz.<br />
Längstens sechs Monate leben die Kinder<br />
und Jugendlichen im Alter zwischen sechs<br />
und 14 Jahren in der stationären Wohngruppe.<br />
Dabei sind sie nicht aus ihrem sozialen<br />
Umfeld heraus gerissen, sondern<br />
gehen weiterhin in ihre Schulen oder<br />
Kindergärten, treffen dort Freunde und die<br />
ihnen vertrauten Menschen. NahRaum<br />
bietet somit Eltern, aber auch den Sozial-<br />
arbeiterinnen und Sozialarbeitern in den<br />
Sozialbürgerhäusern, die im Krisenfall eine<br />
Entscheidung für eine geeignete Hilfemöglichkeit<br />
treffen müssen, eine neuartige<br />
Chance. Sie können Kindern, Jugendlichen<br />
und deren Eltern durch die Unterbringung<br />
in der Wohngruppe NahRaum, die in jedem<br />
Fall mit der Begleitung der Gesamtfamilie<br />
durch die Ambulante Erziehungshilfe<br />
kombiniert ist, eine intensive Unterstützung<br />
anbieten. Gleichzeitig erhalten<br />
Eltern die Möglichkeit, in wenigen Monaten<br />
eine Klärung ihrer familiären Situation zu<br />
erreichen und nicht selten kann ein langfristiger<br />
und für das Sozialsystem kostspieligerer<br />
Heimaufenthalt verhindert<br />
werden.<br />
Einsicht nehmen in der Auszeit<br />
Damit das gelingen kann, arbeiten die<br />
Eltern gemeinsam mit dem pädagogischen<br />
Team aktiv an den notwendigen Veränderungen.<br />
„Clearing“ ist der Fachbegriff für<br />
das was in den ersten Wochen in Nah-<br />
Raum geschieht – oder schlicht: die<br />
Klärung der familiären Situation mit dem<br />
Ziel die Ursache für die benannten Probleme<br />
zu betrachten, um<br />
gezielte pädagogische<br />
Interventionen anhand von<br />
Erziehungsplänen anbieten<br />
zu können. Von Anfang an<br />
sind die Eltern in diesen<br />
Prozess eingebunden, so<br />
dass sie in der Verantwortung<br />
für ihr Kind bleiben<br />
oder diese neu stärken und<br />
die familiären Bindungen<br />
aufrechterhalten werden.<br />
Die Eltern nehmen aktiv<br />
am Leben ihres Kindes und<br />
somit am Gruppenalltag<br />
von NahRaum teil, in dem<br />
sie z.B. an der Vorbereitung<br />
und Gestaltung der Mahlzeiten<br />
sowie der Planung<br />
und Durchführung von<br />
Ausflügen beteiligt sind,<br />
aber auch vor Ort Anlei-<br />
tung zu Spiel und Beschäftigung mit dem<br />
Kind oder Hausaufgabenhilfe und Lernunterstützung<br />
erhalten. Den in aller Regel<br />
aufgeschlossenen Eltern wird durch Vorleben<br />
und Gespräche auf Augenhöhe vermittelt,<br />
wie sie ihr Familienleben gestalten<br />
können und welche Strukturen Kindern Sicherheit<br />
und Orientierung geben. Das Vertrauen<br />
und die Offenheit, die ihnen die Sozialpädagoginnen,<br />
-pädagogen und Therapeuten<br />
in NahRaum entgegen bringen, ermutigen<br />
die Väter und Mütter, die Lösung<br />
ihrer Probleme selbst in die Hand zu nehmen.<br />
Erste Schritte auf einem neuen Weg<br />
Für Rosemarie Spiel, Gruppenleiterin von<br />
NahRaum, geht das Konzept nach den Erfahrungen<br />
der ersten eineinhalb Jahre auf.<br />
„Die meisten Kinder und Jugendlichen<br />
können nach einigen Monaten zu ihren<br />
Eltern zurückkehren. Wir erleben, dass<br />
sowohl die Kinder als auch die Eltern gute<br />
Erfahrungen und Anregungen für ihr Zusammenleben<br />
aus NahRaum mitnehmen.“<br />
Darauf, dass nicht nur die Kinder, sondern<br />
auch Mütter und Väter sich bei NahRaum<br />
wohl fühlen, sind sie und ihr Team zu<br />
Recht stolz. „Manchmal fragen Kinder<br />
sogar, ob Mama und Papa nicht hier einziehen<br />
können,“ berichtet Frau Spiel. „Das<br />
bestätigt uns darin, dass die Kinder durch<br />
die Auszeit in NahRaum nicht von ihren<br />
Eltern entfernt und entfremdet werden,<br />
sondern sich die Familien einander wieder<br />
annähern.“<br />
Zahlen und Standort<br />
13 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit<br />
in diesem Bereich tätig.<br />
16 Kinder, Jugendliche und deren Familien<br />
wurden 2008 im Rahmen des Projekts unterstützt<br />
und begleitet.<br />
NahRaum<br />
Olga-Heerdegen-Haus<br />
Heimperthstraße 13a<br />
80935 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7540<br />
<strong>nah</strong>raum@kinderschutz.de<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
23
24<br />
Vormundschaft<br />
Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge<br />
Lotsen auf einem hoffnungsvollen<br />
Weg ins Ungewisse<br />
Jamil war 15, als sich sein Leben radikal<br />
wendete. Damals fiel der junge Afghane<br />
den Taliban in die Hände, die ihn in ein<br />
Ausbildungslager für Selbstmordattentäter<br />
verschleppten. Seit die muslimischen<br />
Fundamentalisten zunehmend<br />
wieder an Einfluss gewinnen, rekrutieren<br />
sie 10- bis 17-Jährige dazu, ihr Leben für<br />
den fundamentalistischen Glauben zu<br />
opfern. Besonders Jungen, die nicht die<br />
Madrasa, die Koranschule besuchen, leben<br />
in weiten Teilen des Landes gefährlich.<br />
Viele von ihnen wurden bereits von der<br />
Straße weg entführt, um in Camps zu<br />
Märtyrern „ausgebildet“ zu werden.<br />
Johanna Auer-Göpfert und Beate Matzken<br />
führen beim <strong>Kinderschutz</strong> e.V. Vormundschaften<br />
für unbegleitete minderjährige<br />
Flüchtlinge. In dieser Rolle begleitet<br />
Juristin Matzken den mittlerweile 16-jährigen<br />
Jamil auf seinem Weg in Deutschland<br />
bis er volljährig ist. Als er hier in<br />
München ankam, hatte er eine lange,<br />
zermürbende und angsterfüllte Flucht<br />
hinter sich. Jamil hatte das Glück, dem<br />
Taliban-Camp nach einer Woche entfliehen<br />
zu können. Kurz darauf legte seine Familie<br />
das Schicksal des Jungen in die Hände von<br />
Schleppern, die ihn nach Deutschland und<br />
damit in Sicherheit fernab der Heimat<br />
bringen sollten. Johanna Auer-Göpfert und<br />
Beate Matzken betreuen zwischenzeitlich<br />
immer mehr Jugendliche, die alleine aus<br />
dem Irak oder aus Afghanistan in die Bundesrepublik<br />
geflüchtet sind. Es ist nicht<br />
der Traum von Karriere und Wohlstand, der<br />
sie in die westliche Welt treibt, sondern<br />
der schlichte Wille zu überleben.<br />
Zwischen 10.000 und 15.000 Dollar muss<br />
die Familie irgendwie aufbringen um einen<br />
Schlepper zu bezahlen, der Menschen<br />
wie Vieh auf einem wochenlangen,<br />
manchmal sogar monatelangen Landweg<br />
über die Grenzen transportiert und am<br />
Zielort irgendwo absetzt. Krieg, Verfolgung,<br />
lebensbedrohliche Armut – das sind<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
die Gründe für das eigentlich Unbegreifliche:<br />
dass Eltern in den Krisengebieten dieser<br />
Welt ihre noch minderjährigen Söhne und<br />
Töchter ganz alleine auf einen gefährlichen<br />
Weg ins Ungewisse schicken.<br />
Halt für die Seele und Bildung<br />
für die Perspektive<br />
Sprachlos, haltlos, orientierungslos – so<br />
finden sich zahllose Flüchtlinge auch in<br />
München wieder. Im Bürgerlichen Gesetzbuch<br />
ist geregelt, dass Minderjährige,<br />
die nicht unter elterlicher Sorge stehen,<br />
einen vom Vormundschaftsgericht bestellten<br />
Vormund erhalten bis zur Erlangung<br />
der Volljährigkeit. Formal gesehen<br />
haben die beiden Vormunde des <strong>Kinderschutz</strong><br />
e.V. vor allem zwei Aufgaben: sich<br />
um eine Vermittlung der jungen Menschen<br />
in Jugendhilfemaß<strong>nah</strong>men zu<br />
kümmern und sie juristisch durch das<br />
Asylbewerberverfahren zu begleiten. Der<br />
weitere Lebensweg der entwurzelten<br />
Flüchtlinge hängt maßgeblich vom Engagement<br />
ihrer sorgeberechtigten Vertreter<br />
ab. So ist es den beiden Juristinnen zunächst<br />
ein großes Anliegen, ihren Schützlingen<br />
eine kind- oder jugendgerechte<br />
Unterbringung und Betreuung zu organisieren<br />
– auch wenn es dafür permanent<br />
an Plätzen mangelt. Die meisten jungen<br />
Flüchtlinge benötigen darüber hinaus<br />
Therapie, um qualvolle Fluchterlebnisse,<br />
die Bedrohungen in ihrem Heimatland<br />
und die Sorge um die Daheimgebliebenen<br />
zu bewältigen.<br />
Darüber hinaus setzen sich die beiden<br />
Vormunde dafür ein, den jungen Flüchtlingen<br />
Zugang zu Bildung und damit<br />
überhaupt Perspektiven für eine Integration<br />
zu verschaffen. So versuchen sie,<br />
auch die nicht mehr schulpflichtigen über<br />
16-Jährigen noch in Bildungsmaß<strong>nah</strong>men<br />
zu vermitteln. Dort lernen die jungen<br />
Flüchtlinge zunächst Deutsch, haben aber<br />
auch die Möglichkeit, einen qualifizie-<br />
Johanna Auer-Göpfert im Gespräch mit drei<br />
ihrer Mündel, die alleine nach Deutschland<br />
geflüchtet sind.<br />
renden Schulabschluss und damit Aussichten<br />
auf eine Ausbildung zu erhalten.<br />
Ehrenamtliche willkommen<br />
Johanna Auer-Göpfert und Beate Matzken<br />
sind froh, wenn sie jeden der ihnen<br />
anvertrauten jungen Menschen einmal im<br />
Monat persönlich treffen können. Für eine<br />
intensivere Förderung reicht die Zeit<br />
meist leider nicht. Die beiden möchten<br />
daher freiwillige „Paten“ dazu motivieren,<br />
die Jugendlichen für einige Stunden im<br />
Monat zu begleiten. Ehrenamtliche können<br />
die Flüchtlinge insbesondere durch<br />
Nachhilfe fördern, aber auch im Rahmen<br />
gemeinsamer Unternehmungen unterstützen,<br />
sich in Deutschland besser zurecht<br />
zu finden.<br />
Zahlen und Standort<br />
Außer den Vormundschaften für minderjährige<br />
Flüchtlinge führt der Verein noch weitere<br />
Vormundschaften und Pflegschaften.<br />
4 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit<br />
in diesem Bereich tätig.<br />
140 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene<br />
wurden 2008 als Mündel betreut und begleitet.<br />
Vormundschaft<br />
Liebherrstraße 5<br />
80538 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9710<br />
vormundschaft@kinderschutz.de
Rechtliche Betreuung<br />
Lebenserfahrung schenken<br />
und sammeln<br />
Mehr als 40 ehrenamtliche rechtliche Betreuerinnen und Betreuer begleitet und<br />
berät Veronika Vaitl vom Betreuungsverein des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. Einer von ihnen<br />
ist Christian Trabold, 46 Jahre, verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern.<br />
Er engagiert sich bereits seit zehn Jahren ehrenamtlich als rechtlicher Betreuer.<br />
Herr Trabold, zurzeit führen Sie die<br />
rechtliche Betreuung für zwei ältere<br />
Damen und einen Mann. Was ist Ihre<br />
Aufgabe dabei?<br />
Ich unterstütze sie in allen möglichen<br />
Angelegenheiten, die mit Bürokratie oder<br />
Behörden zu tun haben. Zum Beispiel stelle<br />
ich für sie Anträge bei Krankenkassen,<br />
etwa für die Zuzahlungsbefreiung, oder<br />
auch bei Versicherungen und Behörden.<br />
Ich kümmere mich bei der einen Dame um<br />
alles was ihre Heimunterbringung betrifft.<br />
Ich vereinbare auch Arzttermine und begleite<br />
die Betreuten wenn nötig dorthin<br />
und ich kümmere mich um ihre finanziellen<br />
Angelegenheiten. Ich übernehme also<br />
die Dinge, um die sie sich selbst nicht<br />
mehr sorgen können.<br />
Warum können die betreuten Menschen<br />
diese Aufgaben nicht mehr selbst erfüllen?<br />
Zum Teil, weil sie einfach alt sind und daher<br />
geistig oder körperlich nicht mehr in<br />
der Lage. Vieles ist mit der Zeit auch so<br />
komplex geworden, dass alte Menschen<br />
damit überfordert sind. Allein ein Antrag<br />
auf Zuzahlungsbefreiung bei der Krankenkasse<br />
kann ihnen Schwierigkeiten bereiten.<br />
Eine meiner Betreuten ist fast<br />
blind, lebt aber noch zuhause. Natürlich<br />
kann sie da vieles nicht mehr alleine erledigen.<br />
Briefe lesen, Rechnungen begleichen<br />
oder auch Geld holen, all das muss<br />
dann jemand für sie machen. Ich habe<br />
aber auch schon mal einen jungen Mann<br />
betreut, der psychisch krank ist und deshalb<br />
jemanden braucht, der ihn rechtlich<br />
vertritt. In der Regel haben alle diese<br />
Menschen keine Angehörigen mehr und<br />
auch keine Bekannten, die sie unterstützen<br />
können. Daher bestellt das Vormundschaftsgericht<br />
einen fremden rechtlichen<br />
Betreuer für sie.<br />
Wie ist Ihr Verhältnis zu den betreuten<br />
Menschen?<br />
Es entsteht automatisch eine Beziehung,<br />
auch wenn man sich „nur“ um ihre rechtlichen<br />
Angelegenheiten kümmert. Und<br />
man bekommt selbstverständlich einiges<br />
aus der Lebensgeschichte der Menschen<br />
mit. Ich versuche für meine Betreuten<br />
wenn möglich auch mehr zu tun als nur<br />
das Allernötigste. Sie können mich beispielsweise<br />
jederzeit anrufen. Wenn eine<br />
zum Beispiel Einlagen braucht, dann kümmere<br />
ich mich darum. Da sag ich nicht:<br />
Das geht mich nichts an. Oder wenn meine<br />
blinde Betreute gerne mal das Grab ihres<br />
Mannes besuchen möchte, dann fahre<br />
ich mit ihr zum Friedhof. Wer soll das<br />
denn sonst machen?<br />
Welche Unterstützung bietet Ihnen der<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V.?<br />
Ich kann mich mit jeder Frage und mit<br />
jedem Problem im Rahmen meiner<br />
Betreuungen an den Verein wenden und<br />
bekomme auch sehr schnell Antwort.<br />
Besonders anfangs war ich darauf<br />
angewiesen, denn vieles wusste ich erstmal<br />
nicht. Wo und wie ich zum Beispiel<br />
eine höhere Pflegestufe beantrage, all<br />
solche Sachen musste ich erfragen. Da<br />
ist es schon gut, eine persönliche Ansprechpartnerin<br />
zu haben und nicht alles<br />
selbst recherchieren zu müssen. Ganz am<br />
Anfang meiner Betreuungen haben wir<br />
uns auch die individuellen Bereiche und<br />
Bedürfnisse jedes Betreuten gemeinsam<br />
angeschaut und geklärt, was zu tun ist.<br />
Außerdem gibt es hier im Verein alle vier<br />
Wochen den Betreuerstammtisch, bei<br />
dem immer ein bestimmtes Thema im<br />
Mittelpunkt steht und bei dem wir<br />
Ehrenamtlichen uns austauschen können.<br />
Sie investieren viel Zeit und Energie in<br />
Ihr Ehrenamt. Profitieren Sie selbst<br />
auch davon?<br />
Auf jeden Fall! Die meisten sind sehr dankbar,<br />
dass ich sie besuche und mich kümmere. Außerdem<br />
ist es eine persönliche Bestätigung,<br />
wenn ich etwas so durchsetzen kann, wie ich<br />
es mir vorgestellt habe. Es macht mir Spaß,<br />
etwas für die Menschen zu bewegen und ihnen<br />
sagen zu können: Wenn es irgendwo<br />
klemmt, bin ich da und helfe. Auch in meiner<br />
eigenen Familie kam mir meine Erfahrung<br />
schon zugute. Zuletzt, als meine Mutter im<br />
Krankenhaus war und wir eine Vorsorgevollmacht<br />
erstellt haben. Abgesehen davon wünsche<br />
ich mir aber auch, dass jemand diese<br />
Aufgaben mal für mich übernimmt, wenn ich<br />
nicht mehr in der Lage sein sollte, mich selbst<br />
um meine Angelegenheiten zu kümmern.<br />
Möchten Sie sich über Vorsorgemöglichkeiten<br />
informieren? Oder können<br />
Sie sich vorstellen, selbst ehrenamtlich<br />
eine rechtliche Betreuung zu<br />
übernehmen?<br />
Dann ist unsere hauptamtliche<br />
Betreuerin Veronika Vaitl die richtige<br />
Ansprechpartnerin. Sie steht Ihnen<br />
gerne für ein ausführ liches Gespräch<br />
zur Verfügung:<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9732,<br />
v.vaitl@kinderschutz.de<br />
Zahlen und Standort<br />
3 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
76 Erwachsene wurden 2008 rechtlich betreut.<br />
54 ehrenamtliche rechtliche Betreuerinnen<br />
und Betreuer wurden informiert, geschult<br />
und bei ihrer Aufgabe begleitet.<br />
Rechtliche Betreuung<br />
Liebherrstraße 5<br />
80538 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9710<br />
betreuung@kinderschutz.de<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
25
26<br />
Engagement<br />
Hand in Hand<br />
Unternehmensengagement beim <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
Immer mehr Unternehmen zeigen gesellschaftliche Verantwortung, auch bekannt<br />
unter dem Begriff „Corporate Social Responsibility“ (CSR). Die Möglichkeiten dazu<br />
sind vielfältig, sei es etwa durch Spendenaktionen, Sponsoring oder Aktionstage,<br />
bei welchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unternehmen zur Durchführung<br />
eines sozialen Projektes freigestellt werden. Von dieser Art der Kooperation profitiert<br />
sowohl das Wirtschaftsunternehmen als auch die soziale Einrichtung:<br />
Die Betriebe können soziale Verantwortung demonstrieren und dadurch ihr Firmenimage<br />
nach innen und nach außen stärken. Das gemeinsame Wirken für einen<br />
guten Zweck motiviert die Beschäftigten und fördert ihre sozialen Kompetenzen wie<br />
etwa Team- oder Handlungsfähigkeit. Viele Unternehmen setzen sozialverantwortliche<br />
Aktivitäten daher bereits als festen Bestandteil ihrer Personalschulung<br />
ein. Der soziale Partner wird bei der Durchführung eines Projektes unterstützt,<br />
welches er ohne finanzielle Beihilfe bzw. den ehrenamtlichen Einsatz der Beschäftigten<br />
nicht verwirklichen könnte. Auch der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. konnte im Jahr 2008<br />
dank der Hilfe engagierter Firmen einige Aktionen in die Tat umsetzen.<br />
Engagement im Rahmen des Führungskräfteprogramms<br />
Vermittelt durch den Verein Lichterkette<br />
unterstützte die Allianz Deutschland AG<br />
im Frühjahr zwei Projekte für Jugendliche<br />
des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. Nachwuchsführungskräfte<br />
der Allianz ließen im März gemeinsam<br />
mit Schülerinnen und Schülern<br />
in den Räumen der Jugendsozialarbeit der<br />
Schule Kirchenstraße eine Wohlfühlecke<br />
mit selbstgebauten Regalen als Raumteiler,<br />
einer gemütlichen Sitzecke und einer<br />
raffinierten Beleuchtung entstehen. Durch<br />
diese und die neu gestrichenen Wände in<br />
Büro und Gruppenraum entstand eine angenehme<br />
Atmosphäre, in der sich die Jugendlichen<br />
geborgen fühlen können.<br />
Disney VoluntEARS-Tag<br />
Freiwillige Helfer sorgten im Amalie-Nacken-Heim<br />
für strahlende Kinderaugen. Im<br />
Rahmen des „Disney VoluntEARS“-Tag<br />
stellten 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
der Disney Company Deutschland<br />
eine sehr gut geplante und koordinierte<br />
Renovierungsaktion auf die Beine, bei der<br />
sie sich gleichzeitig in ihrer Teamfähigkeit<br />
üben konnten. So verhalfen sie den Räumen<br />
dreier Wohngruppen, dem Eingang,<br />
dem Treppenhaus und der Dachterrasse<br />
des Heims zu neuem Glanz.<br />
Am Ende des Projektes waren beide Seiten<br />
sichtlich zufrieden mit dem Ergebnis.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
Im April kam das Engagement der Allianz<br />
zwölf Schülern der Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />
zugute. Zur Vorbereitung auf<br />
das Berufsleben und die Ausbildungsplatzsuche,<br />
die für Förderschüler eine besonders<br />
große Herausforderung bedeutet,<br />
führten angehende Führungskräfte ein<br />
eintägiges Bewerbungstraining durch. Sie<br />
standen mit Praxis-Tipps parat, wie man<br />
sich ansprechend in einer Bewerbungsmappe<br />
vorstellen kann, trainierten in Rollenspielen<br />
Bewerbungsgespräche und halfen<br />
den jungen Berufstätigen von morgen<br />
mit ausführlichem Feedback weiter.<br />
Neben der sehr positiven Resonanz von<br />
“Natürlich freuen sich die Kinder sehr über<br />
diesen Tapetenwechsel. Gerade für unsere<br />
Kinder ist es wichtig, in einem wohnlichen<br />
und freundlichen Umfeld zu leben.<br />
Durch den Einsatz von Disney wurde der<br />
schon seit längerem fällige<br />
Neuanstrich nun möglich,”<br />
erklärte Gudrun Brunold,<br />
die Leiterin des Amalie-<br />
Nacken-Heims. Für Astrid<br />
Piskora, verantwortlich für<br />
den Bereich Community<br />
Affairs bei Disney Deutschland,<br />
gehört soziales En-<br />
Seiten der Schule profitierte auch die Allianz<br />
von der Zusammenarbeit. Sowohl alle<br />
beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />
als auch die Verantwortlichen des<br />
Führungskräfteprogramms betrachteten<br />
die Projekte als wertvolle Bereicherung des<br />
Personaltrainings. Die Beschäftigten lernten<br />
eine ganz andere Lebenswelt kennen<br />
und bewährten sich in ungewohnten Situationen.<br />
Unter anderem berichteten die<br />
Süddeutsche Zeitung und das ZDF-Mittagsmagazin<br />
vom erfolgreichen Engagement<br />
des Unternehmens.<br />
gagement einfach dazu: „Die Wohltätigkeitsarbeit<br />
ist seit jeher eine Disney-<br />
Tradition. Es macht uns große Freude, dort<br />
wo unser Unternehmen ansässig ist, etwas<br />
zurück zu geben“.
NVIDIA – technische Ausstattung fürs Bewerbungstraining<br />
Dieselbe Meinung vertritt Guido Bischoff,<br />
Marketing Manager von NVIDIA, einem<br />
Hersteller visueller Computer-Technologien.<br />
Im Herbst 2008 unterstützte die IT-<br />
Firma das Berufsorientierungsprojekt der<br />
Wörthschule mit einem PC-Workshop.<br />
Gemäß dem Motto „Der kann was“ bauten<br />
sechs Schüler der neunten Klassen<br />
gemeinsam mit dem NVIDIA-Team vier<br />
Computer gebrauchsfertig zusammen.<br />
Das engagierte NVIDIA-Personal warb<br />
hierfür die PC-Komponenten fast vollständig<br />
als Sachspenden von ihren Geschäftspartnern<br />
ein, auf die die Begeisterung<br />
für die Aktion übergesprungen war.<br />
Das Projekt bereicherte den Schulalltag<br />
der Hauptschüler sehr. Die praktische<br />
Arbeit verschaffte ihnen Erfolgserlebnisse.<br />
Die Schüler gewannen an Selbstvertrauen,<br />
da sie sehen konnten, welche Fähigkeiten<br />
in ihnen stecken. Die teilweise ausländi-<br />
schen Jugendlichen der Wörthschule<br />
waren überrascht zu sehen, dass auch unter<br />
den IT-Profis unterschiedliche Kulturen<br />
vertreten waren. Sie demonstrierten, dass<br />
dies für eine erfolgreiche Karriere kein<br />
Hindernis sein muss.<br />
Babcock & Brown – Vielfältiges Kooperationsprogramm<br />
Ihr Engagement wirkt<br />
Durch die vielen guten Erfahrungen bestätigt,<br />
möchte der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. auch<br />
in Zukunft die Zusammenarbeit mit Unternehmen<br />
fortführen. Der Sozialstaat<br />
wird dabei nicht aus der Verantwortung<br />
entlassen, doch dort, wo besonderer Bedarf<br />
herrscht, reichen die öffentlichen Gelder<br />
oft nicht aus. Wirtschaftskooperationen<br />
bieten die Chance vorhandene ücken<br />
zu schließen. Dabei sind die Unterstüt-<br />
Eine ganz besondere Kooperation verband<br />
den <strong>Kinderschutz</strong> e.V. mit dem Münchner<br />
Standort der australischen Investmentgesellschaft<br />
Babcock & Brown. Das ganze<br />
Jahr über unterstützte das Unternehmen<br />
ein ausgewähltes Projekt: Die Kooperation<br />
zwischen der Dr.-Elisabeth-Bamberger-<br />
Schule und dem Amalie-Nacken-Heim.<br />
Eine großzügige Unternehmensspende,<br />
Mitarbeiterspenden und das sogenannte<br />
„matched giving“, bei dem von Beschäftigten<br />
gespendete Beträge vom Unter-<br />
zungsmöglichkeiten vielfältig und entstehen<br />
im Dialog zwischen Verein und Unternehmen.<br />
So können die Firmen gezielt<br />
helfen, den Kindern neue Hoffnung schenken<br />
und selbst davon profitieren.<br />
Sie möchten unsere Arbeit unterstützen?<br />
Wir freuen uns auf Ihr Engagement in<br />
einem Förderprojekt, das Ihre Unterstützung<br />
braucht. Im Gespräch mit Ihnen klä-<br />
Zum Jahresende organisierten die NVIDIA<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine<br />
kleine Weihnachtsfeier mit einem erlebnisreichen<br />
Computer-Spiele-Turnier für<br />
zwölf junge Menschen der Wörthschule.<br />
nehmen nochmals verdoppelt werden,<br />
ermöglichten den Kindern endlich lang<br />
ersehnte Ferienfahrten und die Anschaffung<br />
neuer Computer sowie Spiele und<br />
Bücher. Beim großen Fußballturnier „Kick<br />
am See“ in Gmund am Tegernsee lernten<br />
sich Wohltäterinnen und Wohltäter von<br />
Babcock & Brown und die Kinder, denen<br />
die Zuwendungen zugute gekommen waren,<br />
gegenseitig kennen und teilten miteinander<br />
die Freude am Sport.<br />
ren wir gerne die jeweiligen Vorstellungen<br />
und Möglichkeiten für eine Kooperation.<br />
Ihre Ansprechpartnerin ist<br />
Annette Gans<br />
Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9923<br />
fundraising@kinderschutz.de<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
27
Wir sagen Danke<br />
Damit unsere Konzepte gelingen und unsere motivierten und professionellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Arbeit<br />
mit Kindern, Jugendlichen und Familien ihre Ziele erreichen können, bedarf es der Unterstützung vieler. Nicht nur, dass unsere<br />
Bemühungen Hand in Hand gehen müssen mit den Leistungen anderer Institutionen und Organisationen. Auch und vor allem<br />
finanziell brauchen wir in Zeiten stets zu knapper Sozialbudgets Hilfe bei der Umsetzung unserer Projekte. Glücklicherweise<br />
werden wir dabei von einer Vielzahl an Förderern unterstützt, die unsere Arbeit schätzen und sich gerne engagieren.<br />
Wir danken unseren<br />
■ Mitgliedern<br />
■ Fördermitgliedern<br />
■ Tierpatinnen und Tierpaten<br />
■ Spenderinnen und Spendern,<br />
die mit ihren kleinen und großen Beiträgen<br />
unsere Bemühungen zum Wohle von<br />
Kindern, Jugendlichen und Familien unterstützen.<br />
Unseren Dank richten wir auch<br />
an alle Stiftungen und Organisationen,<br />
Vereine und Initiativen sowie an Spender<br />
und Kooperationspartner aus der Wirtschaft<br />
– insbesondere an all die Personen,<br />
die das Engagement initiiert und eine<br />
Zusammenarbeit möglich gemacht und<br />
tatkräftig unterstützt haben. Ohne ihr<br />
Engagement könnte so manches Projekt<br />
nicht realisiert und so mancher notleidenden<br />
Familie nicht geholfen werden.<br />
Stiftungen, Organisationen<br />
und Initiativen<br />
■ Aktion Mensch<br />
■ Aktion für das Leben e.V.<br />
■ Bundesagentur für Arbeit<br />
■ Charlotte und Werner Herrmann<br />
Stiftung<br />
■ Children for a better world e.V.<br />
■ Claudia Jung Fanclub<br />
■ Dachauer Kleidersalon<br />
■ Deutsche Kinderhilfe e.V.<br />
■ Deutscher Paritätischer<br />
Wohlfahrtsverband<br />
■ Diakonie- und Förderverein<br />
St. Johannes e.V.<br />
■ Dr. Elly Staegmeyr-Stiftung<br />
■ Georg und Walburga Heitzinger Stiftung<br />
■ GlücksSpirale<br />
■ Herrmann & Minna Gebler Stiftung<br />
■ KAB Hand in Hand<br />
■ Katholischer Frauenbund Dachau<br />
■ Klientenzentrierte Problemberatung<br />
■ Lichterkette e.V.<br />
■ Prof. Hermann Auer Stiftung<br />
■ Sportfreunde Aying 1948 e.V.<br />
■ Sternstunden e.V.<br />
■ Stiftung Antenne Bayern hilft<br />
■ Stiftungsverwaltung der<br />
Landeshauptstadt München<br />
■ SZ Adventskalender für<br />
gute Werke e.V.<br />
■ Katholische Pfarrgemeinde<br />
St. Johann Baptist<br />
Unternehmen<br />
■ ACE - Schneider<br />
■ Allianz Deutschland AG<br />
■ Autodesk GmbH<br />
■ Babcock & Brown GmbH<br />
■ Bank für Sozialwirtschaft<br />
■ BBBank eG<br />
■ BMW Group<br />
■ Ceratissimo AG<br />
■ Climaplan GmbH<br />
■ D&B Deutschland GmbH<br />
■ Deutsche Plasser Baumaschinen GmbH<br />
■ E.ON Energie AG<br />
■ EADS Deutschland GmbH<br />
■ FD TEXTIL OHG<br />
■ Formion GmbH<br />
■ GeBE C&P GmbH<br />
■ Gerhard Mann GmbH & Co. KG<br />
■ Gewinn-Sparverein der<br />
Sparda Bank München e.V.<br />
■ Golfhotel Kaiserin Elisabeth<br />
■ GWG Gemeinnützige Wohnstättenund<br />
Siedlungsgesellschaft<br />
■ Koch Universal Music<br />
■ M+D Dienstleistungs GmbH<br />
■ MAN Nutzfahrzeuge AG<br />
■ Model Holding AG<br />
■ MPA. Marketing und<br />
PR Agentur GmbH<br />
■ Münchener Rückversicherungs-<br />
Gesellschaft<br />
■ Münchner Merkur<br />
■ MW Office<br />
■ Nvidia GmbH<br />
■ Oberammergau und<br />
DER Reisebüro OHG<br />
■ PlatinMond Media GmbH<br />
■ pro aurum GmbH & Co. KG<br />
■ Raechl & Mentil Werkzeugmaschinen-<br />
Service GmbH<br />
■ Siemens AG<br />
■ Sparda Bank München eG<br />
■ Sparkasse Dachau<br />
■ spectramed Messe & Event Design<br />
Werbeagentur GmbH<br />
■ sputniks werbeagentur GmbH<br />
■ Stadtsparkasse München<br />
■ State Street Bank<br />
■ STMicroelectronics GmbH<br />
■ The Walt Disney Company<br />
Germany GmbH<br />
■ Versicherungskammer Bayern<br />
■ Yellowspace smart solutions<br />
Darüber hinaus gilt unser Dank<br />
■ den Kommunen und den Bezirken<br />
■ den Gerichten und Staatsanwaltschaften<br />
für die Zuweisung von Geldauflagen<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
29
30<br />
Kurzmeldungen aus dem Verein<br />
Neues und Bewährtes im <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
10 Jahre Schülerzentrum am Schlossberg<br />
Seit über einem Jahrzehnt bietet der <strong>Kinderschutz</strong><br />
e.V. am Sonderpädagogischen<br />
Förderzentrum in Dachau Jugendsozialarbeit<br />
an. Im Schülerzentrum am Schlossberg<br />
werden Schülerinnen und Schüler so auch<br />
nach dem Unterricht betreut und gezielt<br />
gefördert. Ziel des Schülerzentrums damals<br />
wie heute ist es, benachteiligte<br />
Kinder und Jugendliche zu integrieren und<br />
die Schule als Ort einer gemeinsamen<br />
Sozial- und Lebenswelt zu erleben. Das<br />
10-jährige Jubiläum wurde im Oktober<br />
2008 ausgiebig gefeiert – mit Schülerinnen<br />
und Schülern, Eltern, Lehrkräften, dem<br />
sozialpädagogischen Team und Wegbe-<br />
Im September 2008 <strong>nah</strong>m die Kindertagesstätte<br />
Berg am Laim ihren Betrieb auf.<br />
In drei Kindergartengruppen und einer<br />
Hortgruppe werden Kinder aus dem<br />
Münchner Osten betreut. Eine weitere und<br />
gleiterinnen und Wegbegleitern der Kooperation.<br />
Gewürdigt wurde dabei besonders<br />
die Pionierleistung, die Schulleitung,<br />
Lehrkräfte und das sozialpädagogische<br />
Team des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. mit ihrer<br />
Kooperation geleistet haben. Denn selbstverständlich<br />
ist ein Ineinandergreifen von<br />
Schule und Jugendhilfe nach wie vor nicht.<br />
Zu unterschiedlich scheinen die beiden<br />
Systeme, in denen die Partner verankert<br />
sind, zu unterschiedlich die Regeln und<br />
Riten, denen sie jeweils folgen (müssen).<br />
Gabriele Oswald-Kammerer, Direktorin des<br />
Sonderpädagogischen Förderzentrums,<br />
fand im Rahmen der Festrede daher auch<br />
somit fünfte Kindertagesstätte in Betriebsträgerschaft<br />
des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
öffnet im Spätsommer dieses Jahres in der<br />
Messestadt Riem ihre Türen. Der Kindergarten<br />
wird zu Ehren des im letzten Jahr<br />
einen sehr treffenden Vergleich für die<br />
erfolgreiche Zusammenarbeit. Sie sei wie<br />
die Erziehung eines Kindes, die ein Paar<br />
gemeinsam meistern müsse: Jeder Elternteil<br />
bringe selbst unterschiedliche Werte,<br />
Kindheits- und Jugenderfahrungen mit.<br />
Die Herausforderung sei es, die unterschiedlichen<br />
Ansichten und Erfahrungen<br />
auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen<br />
und davon zu profitieren. Dem <strong>Kinderschutz</strong><br />
e.V. und dem Sonderpädagogischen<br />
Förderzentrum sei dies in den vergangenen<br />
10 Jahren gut gelungen.<br />
Betriebsträgerschaft für weitere Kindertagesstätten übernommen<br />
Jugendsozialarbeit in der Sozialregion Landkreis<br />
Dachau ausgeweitet<br />
Zum Schuljahresbeginn 2008/<strong>2009</strong><br />
startete die Jugendsozialarbeit an der<br />
Hauptschule Dachau Süd. Durch das<br />
Angebot werden rund 257 Schülerinnen<br />
und Schüler erreicht. Schon „nicht mehr<br />
wegzudenken“ ist die seit Anfang 2008<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
geleistete Jugendsozialarbeit an der<br />
Hauptschule Markt Indersdorf. Dies<br />
betonte Schuldirektor Thomas Frey zum<br />
einjährigen Bestehen des Angebots. Insgesamt<br />
531 Kindern und Jugendlichen<br />
steht das Angebot dort zur Verfügung.<br />
verstorbenen Ehrenvorstandsmitglieds des<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V. den Namen „Lotte Wetter“<br />
tragen.<br />
Zum Arbeitsschwerpunkt gehören Sozialtrainings<br />
in den Klassen und die gemeinsame<br />
Zusammenarbeit mit den<br />
Eltern, die verstärkt von den Lehrkräften<br />
nachgefragt wird.
KIM - Beratungsstelle für Mädchen und Jungen bei sexuellen<br />
Gewalterfahrungen in FFB offiziell eröffnet<br />
Im Februar 2008 <strong>nah</strong>m die gemeinsam von<br />
IMMA e.V. und dem <strong>Kinderschutz</strong> e.V. angebotene<br />
Beratungsstelle KIM – Beratung<br />
für Mädchen und Jungen bei sexuellen<br />
Gewalterfahrungen in Fürstenfeldbruck<br />
ihre Tätigkeit auf. Zur offiziellen Eröffnungsfeier<br />
im September zogen die beiden<br />
Träger eine erste Bilanz. In den ersten<br />
Monaten lag der Aufgabenschwerpunkt<br />
von KIM auf der Bekanntmachung und<br />
Vernetzung des Angebotes: Jugendamt,<br />
Erziehungsberatung, Frauenhaus, Polizei –<br />
sie alle zeigten großes Interesse und<br />
Kooperationsbereitschaft. Nach einem<br />
halben Jahr Informations- und Beratungsarbeit<br />
zeichnete sich jedoch bereits deutlich<br />
ab, dass der Zulauf die Kapazitäten<br />
der Beratungsstelle weit übersteigt. Der<br />
Dachauer Kleidersalon<br />
macht erlebnisreiche Ferienaktionen möglich<br />
Seit Jahren trägt der Dachauer Kleider -<br />
salon dazu bei, dass die Kinder der Heilpädagogischen<br />
Tagesstätte an besonderen<br />
Freizeitaktionen teilnehmen können. Ob<br />
Kunstprojekt, Besuch der Augsburger<br />
Puppenkiste oder Zirkuswerkstatt: Ohne<br />
das Engagement der Kleidersalon-Damen<br />
wären die Ferien der betreuten Kinder und<br />
Jugendlichen nur halb so erlebnisreich.<br />
2008 wurde mit Hilfe der Kleidersalon-<br />
Spende ein mehrtägiger Bildhauer-Workshop<br />
realisiert: Drei Tage lang drehte sich<br />
im Landatelier der Künstlerin Christiane<br />
Demenat alles rund um den Stein. Zunächst<br />
erfuhren die Nachwuchsbildhauer<br />
Wissenswertes über die verschiedenen<br />
Steinarten, ihre Herkunft, Bearbeitbarkeit<br />
und Kraftwirkung. Dann ging’s an die<br />
Werkzeuge: Die Kinder gestalteten ihre<br />
eigenen Kraftsteine und entdeckten dabei<br />
ihre kreativen Talente und handwerklichen<br />
Fähigkeiten. Teils im Atelier, teils bei<br />
Sonnenschein unter freiem Himmel wurden<br />
Specksteine gesägt, behauen, geklopft,<br />
geschliffen und poliert. Jedes Kind konnte<br />
am Ende der Ferienkunstaktion mindestens<br />
einen persönlich geschaffenen Kraftstein<br />
nach Hause mitnehmen. Wertvollstes<br />
Stück ist der gemeinsam geformte<br />
HPT-Stein, der nun in den Räumen der<br />
Antrag, das Angebot daher möglichst<br />
schnell zu erweitern, stieß im Landkreis<br />
Fürstenfeldbruck auf offene Ohren. In<br />
Kürze teilt sich das zweiköpfige Beratungsteam<br />
einen größeren Stundenkuchen<br />
und steht dann mit 22 Stunden in der Woche<br />
für Beratung der betroffenen Kinder und<br />
Jugendlichen, Information und Vernetzung<br />
zur Verfügung.<br />
Heilpädagogischen Tagesstätte einen<br />
würdigen Platz gefunden hat und die<br />
Kinder an ihr kreatives Potenzial erinnert,<br />
wenn das Selbstvertrauen sie mal wieder<br />
im Stich lässt.<br />
Der Second-Hand-Kleidermarkt von Frauen<br />
für Frauen findet bereits seit 2006 regelmäßig<br />
im Ludwig-Thoma-Haus in Dachau<br />
statt, jeweils im Frühjahr und im Herbst.<br />
Die genauen Termine sind im Vorfeld unter<br />
www.kinderschutz.de angekündigt. Den<br />
Erlös des Modemarktes spenden die Organisatorinnen<br />
traditionell den Angeboten der<br />
Sozialregion Dachau.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
31
32<br />
Das Jahr 2008 in Zahlen<br />
Wieviele Menschen haben wir erreicht?<br />
2008 hat der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. mit seinen Betreuungs- und<br />
Beratungsangeboten weit über 7.000 Menschen erreicht.<br />
Einzelne Kinder, Jugendliche,<br />
junge Erwachsene<br />
Kinder und ihre Familien<br />
Fachkräfte<br />
Erwachsene Betreute<br />
Davon…<br />
... durch unsere Beratungsangebote<br />
... durch schulische Angebote und<br />
Angebote in Schulen<br />
... durch Einrichtungen und Angebote<br />
der Kinder- und Jugendhilfe<br />
... durch Einrichtungen der<br />
Kindertagesbetreuung<br />
... durch Wahrnehmung rechtlicher<br />
Betreuungen und Vormundschaften<br />
Ehrenamt<br />
Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. qualifizierte darüber hinaus engagierte Menschen für ein Ehrenamt: Bei der Online-Beratung kids-hotline<br />
wurden fortlaufend 70 mitwirkende Ehrenamtliche bei ihrem Engagement begleitet und geschult. Im Bereich rechtliche Betreuung<br />
wurden 54 Menschen informiert und beraten.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
5.233<br />
1.198<br />
773<br />
76<br />
3.185<br />
3.048<br />
570<br />
261<br />
216
Beschäftigte 1994 bis 2008<br />
350 Beschäftigte<br />
Vollzeitstellenanteil<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
119<br />
1994<br />
130<br />
1995<br />
136<br />
1996<br />
Ein<strong>nah</strong>men und Ausgaben<br />
145<br />
1997<br />
Woher kommen unsere Ein<strong>nah</strong>men?<br />
153<br />
1998<br />
Erträge aus stationären und<br />
teilstationären Leistungen<br />
159<br />
1999<br />
Wofür geben wir wieviel aus?<br />
160<br />
2000<br />
Erträge aus ambulanten Leistungen<br />
Öffentliche Zuschüsse<br />
Spenden, Sponsoring, Bußgelder<br />
(Teilnehmer/innen-)beiträge Betreute<br />
Sonstige Erträge<br />
Personalkosten der Angebote und<br />
Einrichtungen<br />
Betreuungskosten<br />
Verwaltungskosten (zentrale Dienste,<br />
Büro- und Verwaltungsbedarf)<br />
Hauskosten<br />
Investitionskosten und Abschreibung<br />
KFZ- und Fahrtkosten<br />
175 212<br />
2001<br />
2002<br />
217<br />
2003<br />
232<br />
2004<br />
8.185.445 €<br />
2.698.708 €<br />
3.252.778 €<br />
355.387 €<br />
316.787 €<br />
567.072 €<br />
10.587.108 €<br />
1.992.989 €<br />
1.265.393 €<br />
835.692 €<br />
491.809 €<br />
137.670 €<br />
2005<br />
235 275<br />
207<br />
2006<br />
53%<br />
18%<br />
21%<br />
2%<br />
2%<br />
4%<br />
70%<br />
13%<br />
8%<br />
5%<br />
3%<br />
1%<br />
Sonstige Kosten 51.978 €
34<br />
Ihr Engagement<br />
Kinder haben ein Recht auf Hilfe und Unterstützung. Diesem Grundsatz wollen wir Rechnung tragen, auch wenn die zur Verfügung<br />
stehenden öffentlichen Mittel nicht ausreichen oder ganz fehlen.<br />
Um Kindern, Jugendlichen und Familien zeit<strong>nah</strong> und zielgenau helfen zu können, entwickeln wir unsere Angebote laufend weiter.<br />
Darüber hinaus müssen junge Menschen und Familien, die durch das soziale Netz fallen, in akuten Notsituationen die Hilfe erhalten,<br />
die sie brauchen.<br />
Damit wir Kindern, Jugendlichen und Familien neue Perspektiven bieten können, brauchen wir Ihre Hilfe.<br />
Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit!<br />
Mit einer Spende:<br />
Sie können zweckgebunden für ein bestimmtes Angebot oder eines<br />
unserer „Förderprojekte“ spenden. Oder Sie überlassen uns die<br />
Entscheidung: Wir wissen, wo Ihre Spende am nötigsten gebraucht<br />
wird. Sie können auch in Ihrem persönlichen Umfeld um<br />
Spenden für den <strong>Kinderschutz</strong> e.V. bitten. Anlass dafür bieten<br />
Mit einer Fördermitgliedschaft:<br />
Als Fördermitglied unterstützen Sie den <strong>Kinderschutz</strong> e.V. dauerhaft<br />
und helfen uns dabei, die verfügbaren Mittel besser planen zu können.<br />
Schon ab 5 Euro im Monat begleiten Sie Kinder und Jugendliche auf<br />
Mit einem Unternehmensengagement<br />
Unternehmen können unsere Arbeit auf vielfältige Weise unterstützen,<br />
beispielsweise durch Geldspenden, die Durchführung von<br />
Spendenaktionen, Sachmittel, freiwilliges Engagement ihrer<br />
Diese Förderprojekte brauchen Ihre besondere Unterstützung:<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
beispielsweise Geburtstage, Jubiläen, Betriebsfeiern oder Hochzeiten.<br />
Wenn Sie von unserer Arbeit überzeugt sind, gelingt es<br />
Ihnen sicherlich auch Freunde, Verwandte oder Ihr Kollegium zum<br />
Helfen zu motivieren. Gerne unterstützen wir Sie und stellen<br />
Ihnen Informationsmaterial zur Verfügung.<br />
Ihrem Weg in die Zukunft. Entscheiden Sie selbst: Soll Ihre regelmäßige<br />
Spende einem ausgewählten Projekt zugute kommen, oder soll der Verein<br />
das Geld dort einsetzen, wo es am dringendsten gebraucht wird?<br />
Beschäftigten, Fachwissen oder Sponsoring. Lesen Sie mehr dazu<br />
im Artikel auf Seite 26.<br />
Die Möglichkeiten, sich mit einer Spende oder einer Förder mitgliedschaft zu engagieren haben Sie auch auf unserer Internetseite<br />
www.kinderschutz.de unter „Ihr Engagement“.<br />
Jugendsozialarbeit<br />
an Schulen (Seite 8)<br />
kibs<br />
(Seite 12)<br />
kids-hotline<br />
(Seite 14)<br />
Damit Sie wissen, wie Ihr Engagement wirkt, informieren wir Sie über die Aktivitäten des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
Wenn Sie Fragen oder Anregungen haben, erreichen Sie unsere Spenderbetreuung unter<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9923<br />
Fax (089) 23 17 16 -9919<br />
fundraising@kinderschutz.de<br />
Helfen Sie uns zu helfen! Ihr Beitrag kommt an.<br />
Paulihof<br />
(Seite 16)<br />
Spendenkonto des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
Kontonummer 7 818 307, BLZ 700 205 00 bei der Bank für Sozialwirtschaft
Tierpatenschaften auf dem Paulihof<br />
Das stete Training und die Versorgung der Tiere auf dem Paulihof<br />
sind eine wichtige Voraussetzung, um erfolgreich mit den jungen<br />
Menschen arbeiten zu können. Dabei sind Zeit, Geduld und Liebe<br />
ebenso notwendig wie ausreichende finanzielle Mittel für die<br />
laufenden Kosten vom Futter bis zur tierärztlichen Versorgung.<br />
Deshalb ist der Paulihof dauerhaft auf die Unterstützung von<br />
Förderern angewiesen. Eine besondere Möglichkeit dazu ist die<br />
Über<strong>nah</strong>me einer Tierpatenschaft für einzelne Tiere auf dem<br />
Was Ihre Patenschaft bedeutet<br />
■ Sie erklären sich bereit, ein Tier gezielt finanziell zu<br />
unterstützen<br />
■ Sie tragen mit Ihrer regelmäßigen Spende zur Finanzierung<br />
der laufenden Kosten für das Tier bei (Futter, Impfungen,<br />
Wurmkuren, Scherer, Hufschmied etc.)<br />
■ Sie unterstützen die Ausbildung des Tieres für dessen<br />
therapeutischen Einsatz<br />
■ Sie haben am Patenschaftswochenende die Möglichkeit,<br />
Ihr Patentier zu besuchen<br />
■ Sie erhalten eine Patenschaftsurkunde<br />
Paulihof. Die Schlagersängerin Claudia Jung und ihre Tochter Anna<br />
gehören beispielsweise zu den Unterstützern des Paulihofs.<br />
So über<strong>nah</strong>m die Sängerin am Patentag im November 2007 die<br />
offizielle Schirmherrschaft für das Projekt und ihre Tochter ist<br />
stolze Patin des verschmusten Ziegenbocks Ivan geworden. Für die<br />
Paten werden regelmäßig Patentage veranstaltet, an denen sie die<br />
Möglichkeit haben persönlichen Kontakt zu ihrem Patentier aufzunehmen.<br />
Übernehmen Sie eine Patenschaft<br />
■ für einen gefiederten Freund (Gans, Henne, Hahn...):<br />
mit einer Spende ab 25 Euro im Jahr<br />
■ für einen treuen Vierbeiner (Hund, Schaf, Schwein...):<br />
mit einer Spende ab 50 Euro im Jahr<br />
■ für einen starken Rücken (Pferd, Pony, Esel...):<br />
mit einer Spende ab 100 Euro im Jahr<br />
Natürlich können Sie eine Tierpatenschaft auch verschenken.<br />
Gruppen wie Klassen, Vereine oder Firmen können ebenfalls<br />
Patenschaften übernehmen.<br />
Weitere Informationen zur Tierpatenschaft finden Sie auch auf unserer Internetseite<br />
www.kinderschutz.de.<br />
Drei Fragen an Paulihof-Schirmherrin<br />
Claudia Jung<br />
Warum haben Sie die Schirmherrschaft für den Paulihof übernommen?<br />
Weil mich die tiergestützte Therapie fasziniert. Ich merke doch an mir selbst, was für eine<br />
positive Wirkung Tiere immer wieder auf den Menschen haben. Das sollte man sich,<br />
gerade im Umgang mit Benachteiligten, noch viel stärker zu Nutze machen.<br />
Was erleben Sie, wenn Sie den Paulihof besuchen?<br />
Glückliche, zufriedene Kinder, die sich freuen und stolz sind, wenn man ihnen etwas zutraut<br />
und sie Verantwortung übernehmen lässt.<br />
Wie können Menschen, die den Paulihof wichtig finden, die Arbeit vor Ort und die<br />
Kinder die dort betreut werden unterstützen?<br />
Beispielsweise durch Über<strong>nah</strong>me einer Tierpatenschaft. Jeder, der sich<br />
informieren möchte, kann den Paulihof auch gerne an einem „Tag der<br />
offenen Tür” besuchen und sich selbst einen Eindruck von diesem<br />
„kleinen Stückchen Paradies für Kinder und Tiere” verschaffen.<br />
Claudia Jung,<br />
Schirmherrin des Paulihofs<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong> 35
OFFENSICHTLICH<br />
UNSICHTBAR!<br />
SEXUELLER MISSBRAUCH AN JUNGEN IST NOCH<br />
IMMER EIN TABUTHEMA! WWW.KIBS.DE