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nah dran - Ausgabe 2008 - Kinderschutz eV

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24<br />

Stationäre Erziehungsangebote und betreute Wohnformen<br />

Amalie-Nacken-Heim<br />

In der Heimat auf Zeit keimen Vertrauen<br />

und Zukunftsperspektiven<br />

Wenn Kinder sich auffällig oder antisozial<br />

verhalten, ist das meist ein Hilfeschrei.<br />

Oftmals ist unsere Gesellschaft aber so<br />

laut, dass wir solche Schreie nicht wahrnehmen.<br />

Die Hilferufe der rund vierzig<br />

Jungen, die im Amalie-Nacken-Heim ein<br />

Zuhause finden, wurden gehört. Hier<br />

erhalten sie Hilfe und Förderung in ihrer<br />

individuellen Krise. Sie lernen und erfahren<br />

in einer vertrauensvollen und geborgenen<br />

Umgebung das, worauf sie in ihrem<br />

bekannten Umfeld vielfach keine Chance<br />

hätten: Vertrauen, Erfolg, Selbstwert -<br />

gefühl, Motivation, einen Schulabschluss<br />

und Perspektiven. Das ist besonders in jungen<br />

Jahren notwendig, um nicht in einen<br />

Lebens(kreis)lauf aus Misserfolgen und<br />

Verzweiflung zu geraten, der dann allzu<br />

oft in Isolation oder sogar Gewalt mündet.<br />

Die Jungen im Alter zwischen sieben und<br />

15 Jahren leben zu maximal neunt in den<br />

heilpädagogischen und therapeutischen<br />

Wohngruppen des Heims. Das bisherige<br />

(Familien-)Leben dieser Kinder und<br />

Jugendlichen ist oft gekennzeichnet von<br />

Beziehungsabbrüchen und seelischen<br />

Verletzungen. Viele haben Scheidung,<br />

Gewalt oder Sucht im Elternhaus erlebt.<br />

Andere leiden aufgrund ihrer Persönlichkeitsstrukturen<br />

unter sozialen und emotionalen<br />

Defiziten. Verhaltensauffälligkeiten<br />

und Entwicklungsstörungen können<br />

sowohl Folge als auch Ursache sein, dass<br />

Eltern vollkommen mit ihrer Erziehungsaufgabe<br />

überfordert sind.<br />

Grenzen schaffen Halt und<br />

Sicherheit<br />

Mittwochnachmittag im Amalie-Nacken-<br />

Heim. Boris kommt gerade von einem<br />

therapeutischen Familiengespräch in seine<br />

Wohngruppe zurück. Er braucht jetzt<br />

unbedingt Ablenkung. Die anderen Jungs<br />

haben sich um den Tischkicker geschart.<br />

Die Plätze in einem der beiden Kickerteams<br />

sind heiß begehrt. Darum wird lautstark<br />

verhandelt, wer wie lange spielen<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

darf. Betreuer Martin lässt das die Jungs<br />

unter sich ausmachen, solange keiner<br />

unfair oder zu aggressiv wird. Die Jungen<br />

würden nach der ruhigen Hausaufgabenstunde<br />

am liebsten auf dem Bolzplatz<br />

toben, sich miteinander messen und ihre<br />

Muskeln spielen lassen. Doch an diesem<br />

verregneten Tag muss Mini-Fußball genügen<br />

– bis in zwei Stunden endlich der<br />

wöchentliche Videoabend beginnt.<br />

Die Jungen führen im Amalie-Nacken-<br />

Heim ein sehr strukturiertes Leben. Pädagogische<br />

Rituale, Regeln in den Gruppen<br />

aber auch feste Vereinbarungen mit den<br />

einzelnen Kindern und Jugendlichen sowie<br />

den Familien sind zentraler Bestandteil der<br />

heilpädagogischen und therapeutischen<br />

Maß<strong>nah</strong>men. Was einem Außenstehenden<br />

übertrieben streng erscheinen mag ist genau<br />

das, was diese Jungen brauchen: einen<br />

verlässlichen Rahmen, an dessen Grenzen<br />

sie schon einmal stoßen, der ihnen jedoch<br />

Halt und Sicherheit gibt. Dafür erfahren<br />

sie hier auch persönliche Verlässlichkeit,<br />

Geborgenheit und Verständnis.<br />

Kind und Familie<br />

auf den Weg helfen<br />

Vorrangiges Ziel ist es, durch gleichzeitige<br />

intensive Elternarbeit die Erziehungs -<br />

fähigkeit in der Familie des einzelnen Kindes<br />

zu stärken, so dass eine Rückkehr<br />

möglich ist. Doch auch die Entwicklung<br />

der Jungen während des Heimaufenthalts<br />

wird in den altersgemischten Gruppen gefördert.<br />

Sie erleben soziales Zusammen-<br />

leben mit allen Bereicherungen, Rücksichten<br />

und Pflichten. Rechtzeitig aufstehen,<br />

Körperpflege, Kleidungswechsel,<br />

Ordnung halten, Saubermachen, Umgang<br />

mit Taschengeld, Einkaufen, Kochen etc. –<br />

all dies wird eingeübt und macht die<br />

jungen Menschen „alltagstauglich“.<br />

Etwa zwei Drittel der Jungen besuchen die<br />

benachbarte Dr.-Elisabeth-Bamberger-<br />

Schule, eine Schule zur Erziehungshilfe.<br />

Lehrkräfte und Fachkräfte des Heims<br />

können dadurch eng zusammen wirken in<br />

der Betreuung der Kinder: Nicht nur, indem<br />

sie die individuellen Förderpläne<br />

gemeinsam erarbeiten und sich regelmäßig<br />

über die Situation in Schule, Heim und<br />

Familie austauschen. Jugendhilfe hält<br />

direkt Einzug in den Unterricht der<br />

Förderschüler. Wenn die Jungs im Fach<br />

„Sozialtraining“ lernen, Krisen zu reflektieren<br />

und in Konfliktsituationen fair<br />

miteinander umzugehen, dann lernen sie<br />

nicht für die Schule und nicht (nur) für<br />

das Miteinander im Heim – sondern für<br />

ihr Leben.<br />

Zahlen und Standort<br />

39 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in dem<br />

Bereich tätig.<br />

61 Kinder und Jugendliche zwischen<br />

9 und 16 Jahren wohnten 2007 im<br />

Amalie-Nacken-Heim.<br />

Amalie-Nacken-Heim<br />

Hermann-Stockmann-Straße 13<br />

85221 Dachau<br />

Tel. (089) 23 17 16 -8410<br />

amalie-nacken-heim@kinderschutz.de

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