nah dran - Ausgabe 2008 - Kinderschutz eV
nah dran - Ausgabe 2008 - Kinderschutz eV nah dran - Ausgabe 2008 - Kinderschutz eV
Ausgabe 2008 Zeitschrift des Kinderschutz e.V. 8. Jahrgang Ausgabe 2008 Traditionsbewusst und zukunftsweisend: Wir heißen wieder Kinderschutz e.V. Im Überblick: Alle Angebote von AEH bis Vormundschaft Neues aus dem Verein: Zuwachs für den Kinderschutz e.V. Rückblick: Das Jahr 2007 in Zahlen
- Seite 2 und 3: 2 nah dran Inhalt 4 Editorial 5 Wir
- Seite 4 und 5: 4 Editorial Liebe Leserin, lieber L
- Seite 6 und 7: 6 Jugendsozialarbeit an Schulen und
- Seite 8: 8 Jugendsozialarbeit an Schulen und
- Seite 11 und 12: Multikulturelles Miteinander Die kl
- Seite 13 und 14: Chatberatung. Wichtig ist, dass die
- Seite 15 und 16: EinBlick „Ich werde es sagen!“
- Seite 17 und 18: Das Projekt „Kinder- und Familien
- Seite 19 und 20: EinBlick Ohne Netz und doppelten Bo
- Seite 21 und 22: gewinnen und sich auf den Kontakt m
- Seite 23 und 24: gesiedelt ist. Fünf bis sechs Grun
- Seite 25 und 26: Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen
- Seite 27 und 28: Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen
- Seite 29 und 30: Vormundschaft Vormundschaften und P
- Seite 31 und 32: Wir sagen Danke Damit unsere Konzep
- Seite 33 und 34: Neue Standorte der Jugendsozialarbe
- Seite 35 und 36: Am 1. Februar 1949 nahm Lotte Wette
- Seite 37 und 38: Beschäftigte 1994 bis 2007 350 300
- Seite 39: OFFENSICHTLICH UNSICHTBAR! SEXUELLE
<strong>Ausgabe</strong> <strong>2008</strong><br />
Zeitschrift des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. 8. Jahrgang <strong>Ausgabe</strong> <strong>2008</strong><br />
Traditionsbewusst und zukunftsweisend:<br />
Wir heißen wieder <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
Im Überblick: Alle Angebote von AEH bis Vormundschaft<br />
Neues aus dem Verein: Zuwachs für den <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
Rückblick: Das Jahr 2007 in Zahlen
2<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
Inhalt<br />
4 Editorial<br />
5 Wir heißen wieder <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
Jugendsozialarbeit an Schulen und<br />
berufsbezogene Jugendhilfe<br />
6 Jugendsozialarbeit an Schulen<br />
8 Job in Dachau<br />
Kindertagesstätten<br />
10 Spielerisch Fördern und Fordern<br />
Beratung<br />
12 kids-hotline<br />
14 kibs<br />
Ambulante Erziehungshilfe<br />
16 Familien stärken und<br />
Herausforderungen meistern<br />
Heilpädagogische Tagesstätte<br />
18 Verhaltensauffällige Kinder erfahren ihre<br />
Stärken und Grenzen<br />
Tiergestützte Pädagogik und Therapie<br />
20 Paulihof – Heilende Pädagogik mit Tieren<br />
Schule zur sonderpädagogischen Förderung<br />
22 Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />
1 + 1 = Eins<br />
22 Zukunftsweisende Integration von Schule<br />
und Jugendhilfe<br />
Stationäre Erziehungsangebote und<br />
betreute Wohnformen<br />
24 Amalie-Nacken-Heim<br />
25 Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen (SBW)<br />
und Intensive Sozialpädagogische<br />
Einzelbetreuung (ISE)
26 Kurt-Seelmann-Wohngruppen<br />
27 Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen für<br />
Mutter/Vater und Kind (MVK)<br />
28 NahRaum<br />
Vormundschaft<br />
29 Auf die Weichenstellung kommt es an<br />
29 Allein in einem fremden Land<br />
Rechtliche Betreuung<br />
30 Profis und Ehrenamtliche organisieren Leben<br />
31 Wir sagen Danke<br />
32 Neues aus dem Verein<br />
34 Zum Gedenken an Lotte Wetter<br />
36 Das Jahr 2007 in Zahlen<br />
38 Ihr Engagement<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
Liebherrstraße 5, 80538 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -0<br />
Fax (089) 23 17 16 -9969<br />
info@kinderschutz.de<br />
www.kinderschutz.de<br />
Verantwortlich für den Inhalt:<br />
Norbert Blesch, Geschäftsführer<br />
Redaktion dieser <strong>Ausgabe</strong>:<br />
Norbert Blesch, Annette Gans, Anja Hunsinger<br />
Grafik + Layout:<br />
sputniks werbeagentur GmbH, München<br />
Druck:<br />
Print 24<br />
Beiträge (als Word-Dokument per eMail oder auf<br />
Datenträger) sind stets willkommen.<br />
eMail: <strong>nah</strong><strong>dran</strong>@kinderschutz.de<br />
Unaufgefordert zugesandte Manuskripte werden<br />
nicht zurückgesandt. Ein Anspruch auf Veröffentlichung<br />
besteht nicht.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong> erscheint nach Bedarf und wird kostenlos<br />
an Freunde, Förderer und Interessierte des<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V. verteilt. Ein Anspruch auf<br />
Belieferung besteht nicht.<br />
Nachdruck nur mit Genehmigung gestattet.<br />
© <strong>2008</strong><br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
3
4<br />
Editorial<br />
Liebe Leserin, lieber Leser!<br />
In Bayern läuft in diesen Tagen die Wahlkampfmaschine an.<br />
Und ein Blick in die Bundespolitik lässt vermuten, dass der<br />
Wahlkampf nie ganz aufgehört hat. Unsere Volksvertreterinnen<br />
und –vertreter lassen uns mal wieder vermehrt teilhaben<br />
an ihren Gedanken und Vorstellungen. Jede und jeder einzelne<br />
von uns wird am Ende die Feststellung treffen müssen,<br />
wo das gesprochene Wort letztlich dann doch nur ein hohles<br />
Lippenbekenntnis war.<br />
Zur Zeit wird bundesweit darüber diskutiert, ob Kinderrechte<br />
in die Verfassung aufgenommen werden sollen oder nicht.<br />
Sicherlich eine spannende Diskussion für Verfassungsrechtler.<br />
Aber würde sich die Situation von Kindern und Jugendlichen<br />
in Deutschland tatsächlich dadurch verbessern? Wäre<br />
ein Sozialstaat, der auch ohne verfasste Kinderrechte Kinder<br />
und Jugendliche ernst nimmt nicht mehr wert als ein Sozialstaat<br />
mit verfassten Kinderrechten, in dem eine<br />
nachhaltige Verbesserung von Entwicklungs- und Zukunftschancen<br />
junger Menschen von der Kassenlage abhängig ist?<br />
Kein Lippenbekenntnis wäre es, wenn in Zukunft unter Investitionsförderung<br />
nicht ausschließlich die Förderung von<br />
Zukunftstechnologie verstanden würde, sondern weit davor<br />
die Förderung unserer jungen Generationen. Kein Lippenbe-<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
kenntnis wäre es, wenn die öffentlichen Haushalte so ausgestattet<br />
wären, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
in den Jugendämtern Zeit hätten, sich wirklich um „ihre“ Familien<br />
zu kümmern und nicht unter der Aktenlast von bis zu<br />
150 „Fällen“ zusammenbrechen würden. Kein Lippenbekenntnis<br />
wäre es, wenn die Angebote der Bildung, Erziehung<br />
und Unterstützung von Kindern und Familien an deren indivuellen<br />
Situation orientiert bedarfsgerecht ausgestaltet werden<br />
könnten.<br />
Wir brauchen weniger Lippenbekenntnisse als praktisches<br />
Handeln. Wir brauchen keine selbst ernannten „Stimmen für<br />
Kinderrechte“ sondern vielmehr aktiv handelnde Entscheidungsträger/innen,<br />
für die junge Menschen und Familien<br />
wirklich etwas WERT sind und die die Voraussetzung schaffen,<br />
damit in die Zukunft investiert werden kann. Das ist <strong>Kinderschutz</strong>arbeit<br />
von heute für morgen.<br />
Norbert Blesch
Traditionsbewusst und zukunftsweisend für Kinder und Familien<br />
Wir heißen wieder <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
In der über 100-jährigen Geschichte des<br />
Vereins kommt dem 23. November 2007<br />
eine besondere Bedeutung zu: Die Mitgliederversammlung<br />
beschloss einstimmig,<br />
den Namen des Vereins zu ändern.<br />
Mittlerweile ist der Verein unter seinem<br />
neuen Namen im Vereinsregister eingetragen<br />
und heißt fortan <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
Damit kehrt der Verein nach genau 60<br />
Jahren zu seinem Gründungsnamen aus<br />
dem Jahre 1901 zurück, der nach dem<br />
zweiten Weltkrieg 1948 zu <strong>Kinderschutz</strong><br />
und Mutterschutz e.V. umbenannt wurde.<br />
Damals hatte der <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
zusätzlich die Aufgaben des Mutterschutz<br />
e.V. übernommen und damit seine Zielsetzung<br />
erweitert: Zusätzlich zu den<br />
Kindern rückten die Mütter, die nach dem<br />
Krieg überwiegend alleine die Erziehungsverantwortung<br />
zu tragen hatten, in den<br />
Fokus und wurden in die Beratung und<br />
Betreuung einbezogen. Denn damals wie<br />
heute bedeutete Kinderhilfe auch immer<br />
„Familienhilfe“.<br />
Mit der Rückkehr zum Namen <strong>Kinderschutz</strong><br />
e.V. grenzen wir Mütter bzw. Eltern<br />
nun keineswegs wieder aus. Vielmehr ist es<br />
für uns selbstverständlich, dass Elternarbeit<br />
ein wichtiger Erfolgsfaktor für<br />
gelungene Kinder- und Jugendhilfe ist. Die<br />
„Reduzierung“ unseres Namens auf die<br />
Begriffe Kinder und Schutz bedeutet<br />
daher mit Blick auf die Vielfalt der<br />
Angebote des Vereins keine inhaltliche<br />
Verkürzung. Sie schärft hingegen unser<br />
Profil und steht für unsere inhaltliche<br />
Ausrichtung.<br />
Mit der Fokussierung auf den Begriff<br />
Kinder stehen wir ein für unsere Überzeugung,<br />
dass soziale Arbeit umso wirksamer<br />
ist, je eher (junge) Menschen<br />
erreicht werden können. Kinder- und<br />
Jugendhilfe ist im Idealfall so aufgestellt,<br />
dass ihre Angebote junge Menschen so<br />
rechtzeitig erreichen, dass durch gezielte<br />
Förderung und Ansprache Lebenschancen<br />
verbessert werden.<br />
Die Zielgruppe, die durch die Angebote des<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V. erreicht wird, erstreckt<br />
sich gleichwertig vom Kleinkind bis zum<br />
jungen Volljährigen. Die Elternarbeit ist<br />
dabei Dreh- und Angelpunkt, um gemeinsam<br />
neue Perspektiven für die Kinder und<br />
Familien zu entwickeln. Bewusst hat sich<br />
der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. im Jahre 2002 dazu<br />
entschlossen, die Betriebsträgerschaft von<br />
Kindertagesstätten zu übernehmen.<br />
Dadurch können wir Familien in einem<br />
Stadium erreichen, in denen eher präventiv<br />
und fördernd als nachsorgend und intervenierend<br />
gearbeitet werden kann. Ein<br />
Grundsatz, der für alle Angebote des<br />
Vereins gilt: Die bestmögliche Unterstützung<br />
ist immer die, die so frühzeitig wie<br />
möglich angeboten werden kann.<br />
Jedes gelungene Angebot der Beratung,<br />
Begleitung und Förderung von Kindern<br />
und Familien bedeutet für uns, dass<br />
Zukunft möglich wird. Und Zukunft<br />
ermöglichen ist letztlich die präventive<br />
Form von Schutz.<br />
<strong>Kinderschutz</strong> soll und kann heißen, „es gar<br />
nicht so weit kommen zu lassen“, heißt<br />
aber auch, dort mit aller Klarheit und<br />
Konsequenz einzugreifen, wo das Wohl<br />
von Kindern gefährdet ist. Dass dies<br />
dringend geboten ist, zeigen leider die<br />
Fälle verwahrloster Kinder oder sogar<br />
Kindstötungen, die seit vielen Monaten<br />
das Interesse der Medien auf sich ziehen.<br />
Sie machen deutlich, wie eng die Herausforderungen<br />
des <strong>Kinderschutz</strong>es verknüpft<br />
sind mit den Lebensbedingungen von<br />
Familien und guten Angeboten der Beratung,<br />
Begleitung und Bildung von Kindern<br />
und Familien.<br />
<strong>Kinderschutz</strong> <strong>2008</strong> heißt daher<br />
immer<br />
■ da sein für die Jüngsten und da sein<br />
für die, die – aus welchen Gründen<br />
auch immer – mehr brauchen, weil in<br />
ihrer (jungen) Geschichte Dinge<br />
einfach schief gelaufen sind.<br />
■ sich starkmachen für positive Lebens-<br />
bedingungen von jungen Menschen<br />
und ihren Familien.<br />
■ dafür sorgen, dass junge Menschen zu<br />
eigenständigen Persönlichkeiten<br />
werden, die sich in Achtung ihrer<br />
Mitmenschen zu tragenden Säulen der<br />
Gesellschaft entwickeln.<br />
Die Jahresausgabe <strong>2008</strong> gibt Ihnen einen<br />
Einblick, wie wir <strong>Kinderschutz</strong> verstehen<br />
und aktiv betreiben. In dieser <strong>Ausgabe</strong><br />
finden Sie eine Gesamtschau auf die<br />
Angebotspalette des <strong>Kinderschutz</strong> e.V., mit<br />
der wir 2007 über 5.000 Kinder, Jugend -<br />
liche und Familien erreichen und Fachkräfte<br />
unterstützen konnten.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
5
6<br />
Jugendsozialarbeit an Schulen und berufsbezogene Jugendhilfe<br />
Jugendsozialarbeit an Schulen<br />
Zuhören, hinsehen und<br />
gemeinsam Lösungen finden<br />
Die Hauptschule rückt immer mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Beklagt<br />
werden das mangelhafte Bildungsniveau und die nicht ausreichenden sozialen<br />
Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Für diese jungen Menschen ist es meist<br />
ein schwieriger Weg in das Berufs- und Erwachsenenleben. Es besteht ein hoher<br />
Bedarf an Anleitung und Betreuung, der weit über die Möglichkeiten des überwiegend<br />
kognitiv ausgerichteten Schulunterrichts hinausgeht. Viele Schülerinnen<br />
und Schüler werden ab der 5. Klasse am Nachmittag sich selbst überlassen, oft ohne<br />
Mittagessen oder Hilfestellung.<br />
In München und Dachau bietet der<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V. seit vielen Jahren<br />
Jugendsozialarbeit an Schulen an. Diese<br />
Betreuung hilft, im Kontext Schule auftretende<br />
Konflikte und Spannungen zu<br />
reduzieren und ihnen präventiv entgegenzuwirken.<br />
Gleichzeitig gibt es Betreuungsangebote<br />
am Nachmittag, die vom<br />
warmen Mittagessen bis zur Freizeitaktivität<br />
die Grundversorgung und Förderung<br />
der Kinder beinhalten. Am Vormittag<br />
bieten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
Berufsvorbereitungseinheiten und Sozialtraining<br />
an. Die pädagogischen Fachkräfte<br />
arbeiten mit einzelnen Schülern, die<br />
besondere Unterstützung benötigen.<br />
Gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen<br />
werden Lösungsmöglichkeiten für<br />
die jeweilige Problemlage entwickelt.<br />
Als Mira beispielsweise neu in die 6. Klasse<br />
kam, war sie sehr still und zurückhaltend.<br />
Sie fehlte häufig wegen Krankheit<br />
Unter fachkundiger Anleitung lernen die Jugendlichen das 1x1 der Fahrradreparatur.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
und kam auch im Winter mit leichter<br />
Sommerbekleidung zur Schule. Der Versuch<br />
von Lehrern und Jugendsozialarbeit,<br />
mit der Familie Kontakt aufzunehmen,<br />
scheiterte an den mangelnden Deutschkenntnissen<br />
der Mutter. Mit Hilfe einer<br />
Dolmetscherin konnte schließlich ein<br />
gemeinsamer Termin mit der Mitarbeiterin<br />
der Jugendsozialarbeit und der Familie in<br />
deren Wohnung vereinbart werden. Dabei<br />
stellte sich heraus, dass die Familie sehr<br />
isoliert lebt. Mira und ihre Mutter waren<br />
erst vor drei Jahren nach Deutschland<br />
nachgezogen. Die Familie hatte keinerlei<br />
Kontakt zu anderen Familien. Miras Vater<br />
arbeitete für einen Hungerlohn in<br />
Doppelschicht. Mit einem halbjährigen<br />
Zwillingspaar war die Mutter überlastet.<br />
Im gemeinsamen Gespräch konnte die<br />
Familie überzeugt werden Hilfe anzunehmen.<br />
Die Mutter hat Kontakt zur Frauenberatung<br />
für Migrantinnen aufgenommen.<br />
Kindergeld und Elterngeld wurden<br />
beantragt und die<br />
Mutter nimmt mittlerweile<br />
an einem<br />
Deutschkurs mit Kinderbetreuung<br />
teil.<br />
Mira geht jetzt in die<br />
Ganztagsbetreuung<br />
der Jugendsozialarbeit<br />
an ihrer Schule.<br />
Regelmäßig kommt<br />
sie zum kostenlosen<br />
Frühstück, welches –<br />
genauso wie ihr<br />
Mittagessen - aus<br />
Spenden finanziert<br />
wird.<br />
Engagiert legen die Schülerinnen und Schüler bei<br />
der Neugestaltung des Schülergartens Hand an.<br />
Grundversorgung und Förderung<br />
Nach Unterrichtsende nehmen Kinder, die<br />
zur offenen Ganztagsbetreuung oder zur<br />
Mittagsbetreuung angemeldet sind, ein<br />
gemeinsames Essen ein und machen anschließend<br />
in betreuten Kleingruppen<br />
Hausaufgaben. Im Anschluss gibt es Sportund<br />
Spielangebote.<br />
Ein Schwerpunkt der Arbeit an den Schulen<br />
liegt auf der Berufsvorbereitung der<br />
Schülerinnen und Schüler. So werden<br />
verschiedenste Projekte, beispielsweise die<br />
Neugestaltung des Schülergartens, ein<br />
Fahrradworkshop, ein Schülercafé oder ein<br />
Fähigkeitenparcours, angeboten. Dort<br />
können die jungen Menschen bestehende<br />
Fähigkeiten weiterentwickeln und trainieren<br />
sowie neue entdecken.<br />
Da Jugendsozialarbeit an Schulen und die<br />
offene Ganztagsbetreuung keine Pflichtleistung<br />
nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz<br />
sind, wird vielfach unter<br />
improvisierten Bedingungen gearbeitet. Es<br />
gibt nur einen Gruppenraum indem auch<br />
gegessen wird, die Hausaufgabengruppen<br />
verteilen sich auf einzelne Klassenzimmer,<br />
für die Hausaufgabenbetreuung und die<br />
Spiel- und Sportangebote können nur<br />
Hilfskräfte finanziert werden.<br />
Durch Spenden von Stiftungen und engagierten<br />
Bürgerinnen und Bürgern aus<br />
München und dem Landkreis Dachau<br />
werden Familien unterstützt, die das Mittagessen<br />
der Kinder nicht bezahlen können.
EinBlick Zahlen und Standorte<br />
Frühstück, kostenlos, für alle, mit Musik<br />
Auf den Tischen im Schülercafé stehen Brotkörbe,<br />
Obst, Honig, Joghurt, Marmelade. Der<br />
Duft von frischen Brezn, Blumen und Kerzen<br />
machen das Frühstücksambiente perfekt. Im<br />
Hintergrund läuft leise HipHop-Musik. Seit<br />
viertel nach sieben trudeln hier Schülerinnen<br />
und Schüler der Wörthschule ein, setzen sich<br />
an den gedeckten Frühstückstisch und lassen<br />
es sich schmecken. Das Angebot, das täglich<br />
bis zu 30 Schülerinnen und Schüler der<br />
Hauptschule gerne annehmen, hat eigentlich<br />
einen traurigen Hintergrund: Viele Jugendliche<br />
starten den Schultag mit leerem<br />
Magen. Zu Hause fällt das Frühstück aus,<br />
weil die finanziellen Mittel in der Familie<br />
knapp sind. Ab der Mitte des Monats wird an<br />
Lebensmitteln gespart. Oder das Frühstück<br />
zu Hause fällt aus, weil sich niemand darum<br />
kümmert oder schlicht aus Zeitgründen<br />
bzw. Bequemlichkeit der Schülerinnen und<br />
Schüler. „Uns ist wichtig, dass die Kinder versorgt<br />
sind. Die Gründe, weshalb sie zum<br />
Frühstück kommen, sind erst einmal nachrangig“,<br />
erklärt die Schulsozialarbeiterin<br />
Martina von Dewitz des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
Die Folgen von unzureichender Nahrungsversorgung<br />
erleben die Lehrerinnen und<br />
Lehrer im Unterricht: Unkonzentriertheit<br />
und Schlappheit machen sich bemerkbar –<br />
Zeichen von Unterzuckerung. Gesund ist<br />
das nicht. Und nachdem ein Schüler sogar<br />
vom Stuhl gekippt ist, hat der damalige<br />
Rektor Martin Winter die Initiative ergriffen:<br />
Schluss mit dem Hunger an seiner<br />
Schule! Zusammen mit dem Team der<br />
Schulsozialarbeit vom <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
hat er das Schulfrühstück ins Leben gerufen.<br />
Seither lädt ein buntes Plakat am<br />
Schuleingang zum täglichen Frühstück im<br />
Schülercafé ein. Hier treffen sich Schülerinnen<br />
und Schüler eine gute halbe Stunde<br />
vor Unterrichtsbeginn. Einer der<br />
wenigen Orte, an dem sie sich klassenübergreifend<br />
begegnen und austauschen.<br />
„Die Hackordnung, die sonst oft auf dem<br />
Schulhof herrscht, ist hier aufgehoben“,<br />
erzählt Nina Diemer, die das Frühstücksangebot<br />
morgens organisiert und betreut.<br />
„Hier kann jeder herkommen und muss<br />
sich nicht blöd fühlen, wenn er sich den<br />
Euro für die Frühstücksemmel am Kiosk<br />
nicht leisten kann.“<br />
Nina Diemer setzt sich meist eine Weile<br />
an den Tisch dazu und hat ein offenes Ohr<br />
für die Fragen und Erzählungen der Jugendlichen.<br />
Wenn sie für das Frühstück<br />
einkaufen geht, berücksichtigt sie auch<br />
Wünsche der Schülerinnen und Schüler:<br />
Schokocreme gehört für die Kids auf den<br />
Tisch. Ist kein Joghurt mehr da, gibt’s lange<br />
Gesichter. Müsli kommt nicht so gut an.<br />
Manche lernen beim Schulfrühstück erstmals<br />
eine „Frühstückskultur“ kennen. Ein<br />
Schüler hat hier zum ersten Mal Erdbeeren<br />
gesehen, einer vorher noch nie Vollkornbrot<br />
gegessen. Die Schülerinnen und Schüler<br />
sind nicht nur für den Moment versorgt,<br />
sie haben hier auch ein Vorbild und lernen,<br />
wie man sich ausgewogen ernähren<br />
kann.<br />
Die Lebensmittel für das Frühstück werden<br />
zum Teil von der Münchner Tafel e.V.<br />
zur Verfügung gestellt, zum Teil werden<br />
sie aus eigenen Mitteln der Schulsozialarbeit<br />
eingekauft. Die Kinder- und Jugendstiftung<br />
der Stadt München hat einen<br />
Zuschuss gegeben. Doch die finanzielle<br />
Sicherung des Frühstücksangebots ist<br />
nicht einfach. „Neben Geldspenden zur<br />
Finanzierung des Frühstücks würden uns<br />
auch Lebensmittelspenden, beispielsweise<br />
von einer Bäckerei oder einem Supermarkt<br />
weiterhelfen“, sagt Martina von Dewitz.<br />
Schön wäre, wenn sich auch andere Schulen<br />
ein Vorbild am Schulfrühstück an der<br />
Wörthschule nähmen. Meist mangelt es<br />
jedoch nicht an der Idee und am Willen,<br />
sondern an der Finanzierung… Der Bedarf<br />
ist jedenfalls da!<br />
Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. bietet an folgenden Schulen<br />
in München und im Landkreis Dachau Jugendsozialarbeit<br />
und/oder offene Ganztagsbetreuung an:<br />
Hauptschule an der Wörthstraße<br />
Jugendsozialarbeit Wörthschule<br />
Wörthstraße 2<br />
81667 München<br />
Tel. (089) 45 86 75 88<br />
woerthschule@kinderschutz.de<br />
Schule zur individuellen Lernförderung in der<br />
Kirchenstraße<br />
Jugendsozialarbeit Förderschule Kirchenstraße<br />
Kirchenstraße 13<br />
81675 München<br />
Tel. (089) 41 94 23 -29<br />
kirchenstrasse@kinderschutz.de<br />
Sozialpädagogisches Förderzentrum-Ost<br />
Jugendsozialarbeit Förderzentrum München-Ost<br />
Astrid-Lindgren-Straße 5<br />
81829 München<br />
Tel. (089) 233 -47434<br />
foerderzentrum-muenchen-ost@kinderschutz.de<br />
Schule zur individuellen Lernförderung in der<br />
Dachauer Straße<br />
Jugendsozialarbeit Förderschule<br />
Dachauer Straße<br />
Dachauer Straße 98<br />
80335 München<br />
Tel. (089) 121 16 39 -24<br />
dachauer-strasse@kinderschutz.de<br />
Schule zur individuellen Lernförderung in der<br />
Herrnstraße<br />
Jugendsozialarbeit Förderschule Herrnstraße<br />
Herrnstraße 21<br />
80539 München<br />
Tel. (089) 233 -20428<br />
herrnstrasse@kinderschutz.de<br />
Sonderpädagogisches Förderzentrum Dachau<br />
Schülerzentrum am Schlossberg<br />
Dr.-Engert-Straße 9<br />
85221 Dachau<br />
Tel. (089) 23 17 16 -8820<br />
schuelerzentrum.schlossberg@kinderschutz.de<br />
Hauptschule Markt Indersdorf<br />
Jugendsozialarbeit Hauptschule<br />
Markt Indersdorf<br />
Wittelsbacherring 15<br />
85229 Markt Indersdorf<br />
Tel. (08136) 93 12 20<br />
hauptschule-markt-indersdorf@kinderschutz.de<br />
Die Zentrale der Münchner Jugendsozialarbeit an<br />
Schulen ist die Kreppe, ein Herbergshäuschen in<br />
Haidhausen, das für alle Schulen und die AEH ein<br />
verbindendes Element ist. Die Kreppe ist Ort für<br />
über die Arbeit in den Schulen hinausgehende<br />
Gruppenarbeit und Teambesprechungen, und es<br />
wird ein Schülercafé angeboten.<br />
Kreppe<br />
An der Kreppe 5<br />
81667 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7610<br />
kreppe@kinderschutz.de<br />
31 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
Rund 750 Schülerinnen und Schüler wurden<br />
2007 im Rahmen der Angebote an Schulen<br />
betreut und gefördert.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
7
8<br />
Jugendsozialarbeit an Schulen und berufsbezogene Jugendhilfe<br />
Job in Dachau<br />
Berufsperspektive im Landkreis Dachau<br />
„Job-in Dachau“ heißt das im Mai 2007<br />
gestartete Gemeinschaftsprojekt des<br />
Landkreises Dachau, der Arbeitsagentur<br />
(AA) München und des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
So ganz neu ist das Projekt eigentlich gar<br />
nicht, denn schon seit sieben Jahren<br />
unterstützt der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. junge<br />
Menschen bei ihrem Weg ins Berufsleben.<br />
Im Mittelpunkt von Job-in Dachau steht<br />
die intensive Begleitung Jugendlicher bei<br />
ihrem Übergang von der Schule in die Ausbildungs-<br />
bzw. Arbeitswelt. Zwei sozialpädagogische<br />
Fachkräfte des Vereins<br />
begleiten die Schulen, Schülerinnen und<br />
Schüler sowie Ausbildungsbetriebe bei der<br />
Suche bzw. Vermittlung von Ausbildungsund<br />
Praktikumsplätzen.<br />
Insgesamt neun Hauptschulen im Landkreis<br />
Dachau profitieren von der individuellen<br />
Berufsvorbereitung des erprobten<br />
Projektes. Beeindruckend ist die Zahl der<br />
Schülerinnen und Schüler, die von Job-in<br />
Dachau betreut werden: insgesamt ca. 860<br />
Schülerinnen und Schüler in 39 Klassen<br />
der Jahrgangsstufen 7 bis 9. Eindrucksvoll<br />
ist auch die Vermittlungsquote: Nach den<br />
ersten vier Monaten konnten bereits 111<br />
Jugendliche in Ausbildung vermittelt werden.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
Zum Start des Projekts wurde Job-in<br />
Dachau in den Abschlussklassen der teilnehmenden<br />
Schulen vorgestellt und mit<br />
den noch unversorgten Jugendlichen möglichst<br />
rasch Einzeltermine vereinbart.<br />
Dabei war unter anderem ein junger Mann<br />
aus dem Kosovo, dessen Familie von Hartz<br />
IV lebt. Er hatte sich noch nicht beworben,<br />
doch die Mitarbeiterin des Projekts<br />
konnte ihn sehr schnell motivieren. In<br />
gemeinsamen Gesprächen entwickelte er<br />
eine berufliche Perspektive. Mit Unterstützung<br />
seiner Betreuerin erstellte er<br />
Bewerbungsunterlagen und fand rasch eine<br />
Ausbildungsstelle als medizinischer Fachangestellter.<br />
Er hat seine Probezeit gut<br />
gemeistert.<br />
Die Ausbildungsstelle als Hotelfachmann in der Tasche und ein süßes Dankeschön für Julia Tröger-Hierl<br />
„Uns geht es darum, die spezifischen<br />
Fähigkeiten junger Menschen auszuloten<br />
durch Praktikumsplätze und Vermittlung<br />
zwischen Schule und Wirtschaft“, so Julia<br />
Tröger-Hierl, die Projektleiterin von<br />
Job-in Dachau. Die pädagogischen Fachkräfte<br />
sind für die jungen Menschen Lotsen<br />
und Motivatoren auf dem Weg zum<br />
passenden Beruf. Vielfach müssen sich die<br />
Schülerinnen und Schüler von illusorischen<br />
Wunschvorstellungen verabschieden und<br />
zu einer realistischen Einschätzung der<br />
eigenen Fähigkeiten gelangen. „Eine Fünf<br />
in Mathe und dann Mechatroniker werden<br />
wollen – das geht halt nicht“, erklärt Julia<br />
Tröger-Hierl.<br />
Den Praktika kommt hierbei eine besondere<br />
Bedeutung zu. Bereits in der noch<br />
verbleibenden Schulzeit können Schülerinnen<br />
und Schüler einerseits und Ausbildungsbetriebe<br />
andererseits sich im Rahmen<br />
der Praktika gegenseitig kennenlernen.<br />
Bei der Ausgestaltung der Praktika<br />
finden die individuellen Bedürfnisse der<br />
Betriebe besondere Berücksichtigung, z.B.<br />
Form und Dauer der Praktika können<br />
flexibel gestaltet werden. „Ein Praktikum<br />
beispielsweise im sozialen Bereich kann<br />
ungeahnte Vorlieben und Fähigkeiten und<br />
somit viel Spaß an einem Beruf in diesem<br />
Bereich zutage fördern“, erklärt die<br />
Projektmitarbeiterin Patricia Wohlleben-<br />
Deiler. Die sozialpädagogischen Fachkräfte<br />
begleiten während des Praktikums sowohl<br />
die Schülerin bzw. den Schüler als auch<br />
den Praktikumsbetrieb.<br />
Die vernetzte Zusammenarbeit mit den<br />
Hauptschulen im Landkreis, den Projektpartnern<br />
- dem Landratsamt und der Arbeitsagentur<br />
für Arbeit in Dachau - sowie<br />
der regionalen Wirtschaft ist Basis für den<br />
Erfolg der Arbeit.<br />
Zahlen und Standort<br />
2 Fachkräfte sind in diesem Bereich tätig.<br />
2007 wurden rund…<br />
- 860 Schülerinnen und Schüler im Rahmen von<br />
Schulbesuchen informiert und beraten.<br />
- 180 Einzelberatungen geleistet.<br />
- 10 Schülerinnen und Schüler in Ausbildung<br />
vermittelt.<br />
Job-in Dachau<br />
Münchner Straße 11<br />
85221 Dachau<br />
Tel. (089) 23 17 16 -8720<br />
job-in@kinderschutz.de
10<br />
Kindertagesstätten<br />
Spielerisch Fördern<br />
und Fordern<br />
Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. hat die Betriebsträgerschaft für drei Kindertagesstätten der<br />
Landeshauptstadt München übernommen. Die Arbeit in den Kindertagesstätten<br />
des Vereins ist auf die Bedürfnisse der Kinder ausgerichtet und an die Richtlinien<br />
des Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplanes angelehnt. Im Mittelpunkt steht<br />
die ganzheitliche Förderung der Kinder in ihrer gesamten Persönlichkeit und Entwicklung.<br />
Im Spiel als Hauptmethode der pädagogischen Arbeit werden durch freies<br />
Handeln und angeleitete Angebote Lernprozesse angeregt, die die Kinder aktiv<br />
selbst mit gestalten.<br />
Der Tag beginnt in den Kindertagesstätten<br />
um 9 Uhr mit dem „Morgenkreis“. „Guten<br />
Tag liebe Leute, guten Tag. Wir spielen<br />
wieder heute, wer ist da“, tönt es fröhlich<br />
über den Gang. Im Lied werden alle Kinder<br />
persönlich begrüßt: „…der Luca ist da, die<br />
Sophie-Marie ist da, die Raihana ist da…“<br />
Solche festen Rituale geben den Kindern<br />
Sicherheit, fördern das Gemeinschaftsgefühl<br />
und die Sprachentwicklung. Nach der<br />
Begrüßung dürfen die Kleinen ihre<br />
Wünsche in die Gestaltung des Tages<br />
einbringen. Die Kinder haben vielfältige<br />
Vorstellungen, angefangen vom Basteln<br />
von Flugzeugen, über Singen und Malen,<br />
bis zur Erkundung von Natur- und<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
Alltagsphänomen wie „Wo wohnt die<br />
Spinne und was macht sie?“<br />
Freiräume zur Entwicklung<br />
Die Kinder haben ihre festen Gruppen,<br />
doch das „teil-offene Betreuungskonzept“<br />
ermöglicht, dass sie sich auch außerhalb<br />
der Gruppe neue Spiel- und Erfahrungsräume<br />
erschließen können. Entstanden ist<br />
diese pädagogische Umorientierung im<br />
Rahmen eines Konzepttages, an dem die<br />
pädagogischen Fachkräfte beleuchteten,<br />
was gut im Alltag funktioniert und was<br />
weiter verbessert werden könnte. Im<br />
Tagesablauf konzentrierte sich beispiels-<br />
weise sehr viel auf die Gruppe, es war oft<br />
sehr laut und es fehlten Rückzugs -<br />
möglichkeiten für die Kinder. Im Rahmen<br />
der Teilöffnung wurden deshalb „Lernangebote<br />
auf dem Gang“ eingeführt. Die<br />
Kinder können 1,5 Stunden am Vor- und<br />
Nachmittag an verschiedenen Spiel- und<br />
Beschäftigungsgruppen, wie beispielsweise<br />
der „Bewegungsbaustelle“ oder „Kochund<br />
Backgruppe“ teilnehmen, sie können<br />
aber auch alleine spielen oder andere<br />
Gruppen besuchen. Die Autonomie und<br />
das Selbstbewusstsein der Kinder werden<br />
durch dieses Angebot gestärkt und gleichzeitig<br />
konzentriert sich nicht mehr alles<br />
auf den begrenzten Gruppenraum.
Multikulturelles Miteinander<br />
Die kleinen Besucherinnen und Besucher<br />
der Kindertagesstätten stammen aus 22<br />
verschiedenen Nationen. Eine wesentliche<br />
Aufgabe ist daher die Integration von Kindern<br />
und Familien mit Migrationshintergrund.<br />
Im pädagogischen Alltag werden<br />
interkulturelle Begegnungen gelebt – wie<br />
beispielsweise bei der Kinderolympiade im<br />
Rahmen der 5-Jahr-Feier der Kindertagesstätte<br />
Parkstatt Schwabing: Das Fest<br />
wurde mit der Entzündung des olympischen<br />
Feuers und dem feierlichen Einzug<br />
der Nachwuchsathleten zu den Nationalhymnen<br />
aller im Kindergarten vertretenen<br />
Nationen gestartet.<br />
Besonders bewährt hat sich das „Förderkonzept“<br />
der Kindertagesstätten. Mit vielfältigen<br />
Angeboten unterstützt eine<br />
Förder-Erzieherin die bedarfsorientierte<br />
individuelle Förderung einzelner Kinder. So<br />
findet z.B. eine gezielte Sprachförderung<br />
in Kleingruppen statt. Die Kinder lernen<br />
vom Ergreifen zum Begreifen: Beim<br />
Verkleiden und Wühlen in der Kleiderkiste<br />
erfassen die Kinder beispielsweise die<br />
Begrifflichkeiten vom „Pullover“ bis zur<br />
„Strumpfhose“ mit verschiedenen Sinnen.<br />
Die Einheiten zur Vorschul-Erziehung und<br />
der Vorkurs Deutsch sollen die Kinder<br />
optimal auf den Übergang in die Grundschule<br />
vorbereiten. Projektgruppen und<br />
gruppenübergreifende Angebote in den<br />
Bereichen musisch-kreative Entwicklung,<br />
Gesellschaft für Sportförderung sorgt<br />
mit Sponsoren für neue Sportgeräte<br />
Turnen und Sport sind wichtiger Bestandteil<br />
der pädagogischen Arbeit und Förderung<br />
in der Kindertagesstätte Parkstadt<br />
Schwabing. Durch die Sportangebote werden<br />
die motorischen Fähigkeiten, Kraft,<br />
Geschicklichkeit, Beweglichkeit und<br />
Ausdauer der Kinder spielerisch trainiert.<br />
Dabei stehen der Spaß an der Bewegung<br />
und das Wohlbefinden der Kinder im<br />
Mittelpunkt.<br />
Die Gesellschaft für Sportförderung (GFS)<br />
konnte zehn engagierte Unternehmen<br />
mobilisieren, die Anschaffung von neuen<br />
Sportgeräten in einem Gesamtwert von<br />
1.551 Euro zu sponsern. Vom Gymnastikball<br />
über einen Bewegungsparcours bis hin<br />
zu vielfältigen Geschicklichkeitsgeräten<br />
konnte das Sportgeräteangebot der Kindertagesstätte<br />
erweitert werden. Die neuen<br />
Geräte sind mobil einsetzbar und können<br />
für verschiedenste Sportübungen in der<br />
Turnhalle, im Garten und in den Gruppenräumen<br />
genutzt werden. Die Kinder und<br />
Erzieherinnen freuten sich sehr über diese<br />
Förderung der sportlichen Aktivitäten<br />
in der Kindertagesstätte. Dabei gilt ein<br />
herzlicher Dank allen Sponsoren dieser<br />
gelungenen Aktion!<br />
Sprachen, Naturwissenschaften und<br />
Bewegungserziehung unterstützen das<br />
Lernverhalten sowie die Denkfähigkeit und<br />
fördern die Fein- und Grobmotorik.<br />
Hortgruppe für Grundschulkinder<br />
Grundschülerinnen und Grundschüler bis<br />
zehn Jahre besuchen die Hortgruppe in der<br />
Kindertagesstätte Fingerkrautanger. Hier<br />
steht der Übergang vom Kindergarten zur<br />
Schule im Mittelpunkt: Die Kinder werden<br />
beim Lernen unterstützt, in ihrer Selbständigkeit<br />
gefördert und können gemeinsam<br />
ihre Freizeit mit altersgerechten<br />
Aktivitäten verbringen.<br />
Die Weiterentwicklung der pädagogischen<br />
Arbeit der Kindertagesstätten steht nicht<br />
still, denn die Ausrichtung der Arbeit auf<br />
die Bedürfnisse von Kindern und Eltern ist<br />
ein fortwährender Prozess. So werden<br />
<strong>2008</strong> die interkulturelle Erziehung, die<br />
Elternarbeit und die Netzwerkarbeit mit<br />
dem Jugendamt und anderen sozialen<br />
Einrichtungen in den jeweiligen Stadtvierteln<br />
intensiviert werden.<br />
Zahlen und Standorte<br />
Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. betreibt drei Kindertagesstätten<br />
in München:<br />
Kindertagesstätte Parkstadt Schwabing<br />
(3 Kindergartengruppen)<br />
Lilly-Reich-Straße 14<br />
80807 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7230<br />
kita-parkstadt-schwabing@kinderschutz.de<br />
Kindertagesstätte Fingerkrautanger<br />
(2 Kindergartengruppen und 1 Hortgruppe)<br />
Fingerkrautanger 4<br />
80937 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7730<br />
kita-fingerkrautanger@kinderschutz.de<br />
Kindertagesstätte Michael-Huber-Weg<br />
(2 Kindergartengruppen)<br />
Michael-Huber-Weg 28<br />
81667 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7330<br />
kita-michael-huber-weg@kinderschutz.de<br />
29 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
Rund 165 Kinder im Alter von 3 bis 10 Jahren<br />
wurden 2007 in den Kindergarten- und<br />
Hortgruppen betreut und gefördert.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
11
12<br />
Beratung<br />
kids-hotline<br />
24 Stunden geöffnet -<br />
Anonyme und kostenlose<br />
Beratung im Internet<br />
Acht von zehn Kindern und Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren sind fast<br />
täglich online: Sie „treffen“ Freunde, mailen, chatten, skypen, spielen, shoppen,<br />
lernen, hören Musik, schauen Videos … und suchen bei persönlichen Problemen<br />
Rat und Hilfe. Die kids-hotline ist da wo die Jugendlichen sind – im Internet. Unter<br />
www.kids-hotline.de bietet das Projekt des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. jungen Menschen<br />
schnelle, unkomplizierte und kompetente Hilfestellungen bei allen Fragen und<br />
Problemen in ihrer jeweiligen Lebenssituation.<br />
Für die Kinder und Jugendlichen ist dieser<br />
„virtuelle“ Ort oftmals ein Anker in stürmischer<br />
See. Hier fühlen sie sich ernst genommen<br />
und können – im Schutz des<br />
anonymen Nicknames, ein Phantasiename,<br />
den sich die jungen Menschen geben – offen<br />
über ihre Schwierigkeiten und Fragen<br />
„sprechen“ bzw. vielmehr schreiben. Wie<br />
beispielsweise die 15-jährige Carla, die im<br />
Forum verzweifelt berichtet, wie sehr sie<br />
unter Mobbing in der Schule leidet: „Angefangen<br />
hat es schon in der Grundschule.<br />
Meine Klassenkameraden haben mich<br />
geärgert und wegen meiner Kleidung gehänselt.<br />
Als ich auf eine neue Schule kam,<br />
war ich noch voller Hoffnung, dass sich<br />
jetzt etwas ändern würde. Aber jetzt ist<br />
alles noch viel schlimmer als vorher. Ich<br />
fühle mich ständig unter Druck gesetzt<br />
und meine schulischen Leistungen lassen<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
auch zu wünschen übrig. Ich will das diesmal<br />
aber wirklich schaffen! Kann mir jemand<br />
einen Rat geben? Ehrlich gesagt<br />
denke ich manchmal schon an Selbstmord…“<br />
Bürgerschaftliches<br />
Engagement<br />
Einstiegsseite in die Forenberatung: Foren sind virtuelle Pinnwände<br />
auf der Webseite der kids-hotline. Kinder und Jugendliche<br />
auf der Suche nach Unterstützung und Beratung können ihre<br />
Fragen öffentlich und für jeden lesbar hier „anheften“. Die Antworten<br />
der User und des Berater-Teams werden der jeweiligen<br />
Frage zugeordnet.<br />
Das Team, das sich den Sorgen und Nöten<br />
der Kinder und Jugendlichen annimmt,<br />
setzt sich aus erwachsenen Fachberaterinnen<br />
und -beratern sowie Peers, also<br />
gleichaltrigen Jugendlichen zusammen.<br />
Sie alle arbeiten ehrenamtlich mit bei der<br />
kids-hotline. Im Fachteam finden sich vom<br />
Sozialarbeiter oder Therapeuten über die<br />
Lehrerin und Ärztin bis hin zum Pfarrer die<br />
verschiedensten Professionen wieder. Alle<br />
bringen ihr spezielles Fachwissen aber<br />
auch schlicht ihre Lebenserfahrung<br />
ein. Die Peers<br />
werden fachlich betreut,<br />
sie kennen die Lebenswelt<br />
der User aus eigener Erfahrung<br />
am besten und begegnen<br />
den Ratsuchenden<br />
auf Augenhöhe. Oftmals<br />
schließen sich Jugendliche<br />
dem Peer-Team an, die<br />
selbst einmal bei kids-hotline<br />
gut beraten wurden. In<br />
jede „Beitragskette“ im Forum<br />
können sich auch an-<br />
dere registrierte junge<br />
Menschen „beratend“ einbringen.<br />
So manch einem<br />
Hilfesuchenden hat so die<br />
Lösungsstrategie eines<br />
„Leidensgenossen“ oder „-genossin“ schon<br />
weiter geholfen.<br />
Hilfestellung in allen<br />
Lebenssituationen<br />
Mobbing ist nur eines der vielen Themen,<br />
zu denen die Kinder und Jugendlichen ihre<br />
Fragen und Beiträge „posten“, also für<br />
alle anderen sichtbar in die Foren schreiben.<br />
In über 20 Foren finden Beratungen<br />
zu den verschiedensten Themen statt, die<br />
Heranwachsende bewegen: von Liebeskummer,<br />
Pubertät, Ärger und Stress in der<br />
Familie bis hin zu Suchtproblemen und sexueller<br />
Gewalt. Die mittlerweile fast<br />
140.000 Forenbeiträge geben nicht nur<br />
den aktiv Ratsuchenden Hilfestellung. Sie<br />
können auch von Besucherinnen und<br />
Besuchern der Internetseite gelesen werden.<br />
Somit profitieren Jugendliche, die sich<br />
in ähnlichen Situationen befinden, vom<br />
Meinungs- und Erfahrungsaustausch der<br />
anderen.<br />
Die kids-hotline bietet seit ihrer Gründung<br />
1999 jugendgerechte Beratung mit hohen<br />
pädagogischen Standards durch die Verbindung<br />
von Fachkompetenz in Beratung<br />
und Online-Kommunikationstechniken. Sie<br />
ist mit mehr als 380 neuen Anfragen im<br />
Monat das größte deutschsprachige<br />
Online-Beratungsangebot für junge<br />
Menschen. Über 17.800 Kinder und<br />
Jugendliche haben sich inzwischen als<br />
User der kids-hotline registriert, um bei ihren<br />
Problemen Rat und Hilfe zu bekommen.<br />
Die Online-Beratung erfolgt über offene<br />
Foren, geschützte Einzelberatung sowie
Chatberatung. Wichtig ist, dass die<br />
Ratsuchenden möglichst schnell Hilfe<br />
erhalten. Auf www.kids-hotline.de ist rund<br />
um die Uhr jemand erreichbar, der den<br />
Kindern und Jugendlichen hilft, Antworten<br />
auf ihre Fragen zu finden und sie bei<br />
der Lösung ihrer Probleme unterstützt.<br />
Die kids-hotline wird nicht öffentlich gefördert.<br />
Um die technische Infrastruktur<br />
stellen und weiter entwickeln zu können<br />
und vor allem um die Ehrenamtlichen<br />
auszubilden und zu coachen, ist sie zu<br />
100% auf Spendenmittel und Sponsorengelder<br />
angewiesen.<br />
ki-konzept – Lösungen und<br />
Konzepte für Onlineberatung<br />
Die Arbeit in der Online-Beratungsstelle<br />
EinBlick<br />
Projekt „Anders zuhören“<br />
Die kids-hotline konnte im vergangenen<br />
Jahr neben ihrem „Tagesgeschäft“ – der<br />
Beratung junger Menschen im Internet –<br />
ein ganz besonderes Projekt umsetzen: die<br />
Ausbildung körperbehinderter Jugendlicher<br />
zu Peer-Beraterinnen und –Beratern<br />
für die kids-hotline. Peers sind speziell geschulte<br />
Jugendliche, die die Ratsuchenden,<br />
die sich an die kids-hotline wenden,<br />
auf Augenhöhe beraten. Das Medium Internet<br />
bietet den Projektmitgliedern eine<br />
Möglichkeit diese Augenhöhe – unabhängig<br />
von körperlichen Behinderungen und<br />
den damit oftmals verbundenen Einschränkungen<br />
der Kontaktauf<strong>nah</strong>me bzw.<br />
der Teil<strong>nah</strong>me am gesellschaftlichen Leben<br />
– zu erreichen. Als Partner für dieses<br />
Projekt konnten die Rummelsberger Dienste<br />
gewonnen werden. Fünf Jugendliche<br />
zwischen 15 und 25 Jahren aus der Einrichtung<br />
„Wichernhaus“ in Altdorf <strong>nah</strong>men<br />
an der Schulung teil.<br />
Gemeinsam mit dem bestehenden Peer-<br />
Team wurde ein Mentoren-Konzept entwickelt,<br />
so dass alle neuen Peers eine<br />
Mentorin bzw. einen Mentor erhielten, die<br />
kids-hotline zeigt seit neun<br />
Jahren, dass das Internet eine<br />
geeignete Infrastruktur<br />
für den Austausch zwischen<br />
Beratenden und Hilfesuchenden<br />
ist. Als know-how-<br />
Träger für Online-Beratung<br />
und Anbieter einer ausgereiften<br />
webbasierten Kommunikationsplattform<br />
berät und<br />
unterstützt das kids-hotline-<br />
Team auch andere soziale<br />
Einrichtungen, Schulen und<br />
Hochschulen in allen Fragen<br />
zur Online-Beratung mit Konzepten,<br />
Schulungen und Workshops. So können<br />
Synergien geschaffen werden. Nicht jeder<br />
muss „das Rad neu erfinden“. Unter<br />
www.ki-konzept.de können sich interessierte<br />
Einrichtungen umfassend darüber<br />
sie auf den ersten Schritten durch die kidshotline<br />
begleiteten. So wurden gleich zu<br />
Beginn des Projektes persönliche Kontakte<br />
geknüpft, die auch weiterhin bestehen.<br />
Nach Abschluss der Ausbildung wurden<br />
die Peers in das Team der kids-hotline<br />
integriert. Hierdurch entstanden wertvolle<br />
Synergien: Zum einen bekamen die Projektteilnehmerinnen<br />
und -teilnehmer die<br />
Möglichkeit, nicht nur andere behinderte<br />
und nicht-behinderte Beraterinnen und<br />
Berater kennen zu lernen, sondern auch<br />
gemeinsam mit dem bestehenden Team<br />
„Gutes zu tun“ und jugendliche Ratsuchende<br />
im Internet zu beraten. Zum<br />
anderen profitiert das bestehende kidshotline<br />
Beratungsteam von neuen Ein -<br />
blicken, die die Körperbehinderten aus<br />
ihrer Lebenserfahrung mitbringen. Hemmschwellen<br />
gegenüber Behinderten können<br />
dabei abgebaut werden; Erfahrungen von<br />
denen auch alle Ratsuchenden der kidshotline<br />
profitieren.<br />
Für den Sommer <strong>2008</strong> ist ein Treffen der<br />
„alten“ kids-hotline Peer-Beraterinnen und<br />
Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kidshotline:<br />
Sie unterstützen die jungen Menschen mit ihrer Zeit und<br />
ihrem Know-How.<br />
informieren, wie sie ein eigenes Online-<br />
Beratungsangebot umsetzen können und<br />
mit welchen Dienstleistungen das Team<br />
der kids-hotline ihnen den Weg zur Realisierung<br />
ebnet.<br />
–berater mit den „neuen“ Peers geplant.<br />
Hier sollen alle Beteiligten zum ersten Mal<br />
außerhalb der „virtuellen Welt“ aufeinander<br />
treffen. Ein von allen Jugendlichen mit<br />
großer Spannung erwarteter Moment.<br />
Derzeit werden noch finanzielle Förderer<br />
für die Ermöglichung dieses Treffen<br />
gesucht.<br />
Zahlen und Standort<br />
3 Fachkräfte in Voll- und Teilzeit sind bei der<br />
kids-hotline tätig.<br />
Rund 70 ehrenamtliche Beraterinnen und Berater<br />
investieren über 2.500 Stunden monatlich in die<br />
Online-Beratung – davon 15 Peers im Alter<br />
zwischen 14 und 21 Jahren.<br />
2.000 neue User registrieren sich durchschnittlich<br />
in einem Jahr und wenden sich mit ihren<br />
Fragen an die kids-hotline.<br />
kids-hotline<br />
Kathi-Kobus-Straße 9<br />
80797 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9950<br />
info@kids-hotline.de<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
13
14<br />
Beratung<br />
kibs<br />
Tabuthema: Sexuelle Gewalt<br />
gegen Jungen<br />
Die Kontakt-, Informations- und Beratungsstelle für männliche Opfer sexueller<br />
Gewalt bis 21 Jahre (kibs) des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. ist bisher bayernweit die einzige<br />
Anlaufstelle speziell für männliche Opfer sexueller Gewalt. Die Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter von kibs betreuen Jungen bis 21 Jahre, die sexuelle Gewalt erlebt haben.<br />
Vielfach werden über die Opfer und deren Angehörige hinaus auch weitere<br />
Bezugspersonen in den Beratungsprozess mit einbezogen, zum Beispiel Lehrkräfte<br />
oder pädagogische Fachkräfte aus dem Hilfesystem oder dem Jugendamt. Zusätzlich<br />
berät kibs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sozialer Einrichtungen wie beispielsweise<br />
Kindergärten, Heilpädagogische Tagesstätten, Horte, Freizeiteinrichtungen,<br />
Vereine und Schulen.<br />
Statistisch gesehen hat in jeder Schulklasse<br />
mindestens ein Junge sexuellen<br />
Missbrauch erlebt. Denn – was kaum<br />
jemand ahnt – jeder fünfte bis achte<br />
Junge wird Opfer sexueller Gewalt. Doch<br />
die Taten und das Leiden der Jungen<br />
bleiben zumeist im Dunkeln. Das<br />
Schweigen der Opfer trifft auf die mangelnde<br />
Bereitschaft ihrer Umgebung,<br />
sexuellen Missbrauch an Jungen überhaupt<br />
als Realität anzuerkennen.<br />
Jedes Opfer hat seine individuelle<br />
Geschichte. Deshalb ist das Unterstützungsangebot<br />
von kibs speziell auf die<br />
Situation des einzelnen Kindes oder Jugendlichen<br />
bezogen. Und dennoch gibt es<br />
Gemeinsamkeiten, die viele männliche Opfer<br />
sexueller Gewalt teilen. Entweder, weil sie<br />
noch zu klein sind oder aber jungentypisch<br />
„nicht gern reden“, ist es nicht leicht, an sie<br />
„heranzukommen“. So bedarf es für die<br />
Hilfe von Betroffenen immer wieder nonverbaler<br />
Methoden, wie z.B. Musiktherapie<br />
oder erlebnispädagogische Angebote.<br />
Beratung und Begleitung<br />
Etwa die Hälfte der Jungen, die Unterstützung<br />
von kibs erhalten, sind zwischen drei<br />
und zehn Jahre alt. Die Täter stammen meist<br />
aus dem sozialen Umfeld – aus dem Freundes-,<br />
Familien- oder Bekanntenkreis.<br />
Da es den Missbrauchten schwer fällt, mit<br />
Bezugspersonen über ihre Situation zu<br />
sprechen, ist es für viele hilfreich, anonym<br />
über das Internet oder telefonisch Kontakt<br />
aufnehmen und um Unterstützung bitten<br />
zu können.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
Das Angebot von kibs reicht von der Verdachtsabklärung<br />
bis zur Krisenintervention.<br />
Die Beratung und Begleitung der Opfer und<br />
Angehörigen kann durch Familien-, Trauma-<br />
und Musiktherapie unterstützt werden.<br />
Gleichzeitig werden therapeutische Kindergruppen,<br />
erlebnispädagogische Gruppenangebote<br />
und Selbstbehauptungstrainings für<br />
die Opfer angeboten. Wenn es zum für die<br />
Jungen vielfach belastenden Gerichtsprozess<br />
kommt, können die männlichen Opfer<br />
bei Prozessvorbereitung, -begleitung und<br />
-nachbereitung auf das Hilfsangebot der<br />
Beratungsstelle zurückgreifen.<br />
Fachberatung und<br />
Multiplikatorenarbeit<br />
kibs wird von Fachkräften meist dann hinzugezogen,<br />
wenn der Missbrauch bereits<br />
geschehen ist und das Opfer, die Familie,<br />
der Kindergarten oder die Schule akut<br />
Unterstützung benötigen. Deshalb trägt kibs<br />
durch entsprechende Fortbildungen und<br />
Vorträge zur Sensibilisierung von Fachkräften<br />
bei, mit dem Ziel, dass diese rechtzeitiger<br />
auf missbrauchte oder gefährdete<br />
Jungen aufmerksam werden und geeignete<br />
Maß<strong>nah</strong>men einleiten können.<br />
Im Rahmen eines Modellprojektes zur<br />
bayernweiten Schulung der Erziehungsberatungsstellen<br />
und Notrufe leistet kibs<br />
wichtige Multiplikatorenarbeit im Auftrag<br />
des bayerischen Sozialministeriums.<br />
kibs war gemeinsam mit dem Arbeitskreis<br />
„Runder Tisch gegen Männergewalt“ und<br />
der Gleichstellungsstelle der Landeshauptstadt<br />
München aktiv an der Erstellung und<br />
Veröffentlichung der Opferschutzbroschüre:<br />
„Opfer stärken – Verfahrensrechte nutzen,<br />
Opfer stärken im Strafrecht“ beteiligt.<br />
KIM – eine Kooperation von<br />
IMMA und kibs<br />
Nachdem sich der Kinder- und Jugendhilfeausschuss<br />
im Landkreis Fürstenfeldbruck<br />
seit sieben Jahren mit dem Thema<br />
Fachberatung bei sexueller Gewalt an<br />
Kindern und Jugendlichen beschäftig hatte<br />
und regelmäßig an der Finanzierung<br />
gescheitert war, stand der Beschluss Anfang<br />
2007 endlich fest: Fürstenfeldbruck<br />
bekommt eine Einrichtung, die Kinder und<br />
Jugendliche berät, die Opfer von sexueller<br />
Gewalt geworden sind.<br />
Im Frühjahr 2007 wurde einstimmig<br />
beschlossen, diese Aufgabe an IMMA e.V.,<br />
Initiative für Münchner Mädchen und kibs<br />
zu übertragen. Im Dezember 2007 wurde in<br />
Fürstenfeldbruck der Vertrag unterzeichnet.<br />
Die neue Beratungsstelle heißt KIM und<br />
unterstützt Mädchen und Jungen mit<br />
sexuellen Gewalterfahrungen, ihre Bezugspersonen<br />
sowie Fachkräfte – sowohl bei<br />
erlebter Gewalt als auch bei der Verdachtabklärung.<br />
Seit Februar <strong>2008</strong> finden jeweils<br />
donnerstags die Sprechzeiten im Zentrum<br />
von Fürstenfeldbruck statt. Mit dem vom<br />
Kreistag bewilligten Zuschuss von 25.000<br />
Euro jährlich können rund zehn Beratungsstunden<br />
pro Woche angeboten werden, das<br />
ist zunächst nur ein Tropfen auf den heißen<br />
Stein – aber es ist ein Anfang.
EinBlick<br />
„Ich werde es sagen!“ – oder:<br />
Wie man sexuellen Missbrauch an<br />
Jungen besprechbar macht<br />
Das Bühnenstück „Ich werde es sagen“ ist<br />
eine Produktion der theaterpädagogischen<br />
werkstatt Osnabrück in Zusammenarbeit<br />
mit dem Hamburger Verein Dunkelziffer<br />
e.V. – Hilfe für sexuell missbrauchte Kinder.<br />
Es entstand auf der Grundlage des autobiographischen<br />
Romans von Kristian Ditlev<br />
Jansen. Während das Thema sexuelle<br />
Gewalt gegen Mädchen und Frauen schon<br />
mehrfach bearbeitet wurde, ist „Ich werde<br />
es sagen“ die erste deutsche Bühnen -<br />
inszenierung, die sich mit den Erlebnissen<br />
eines missbrauchten Jungen auseinandersetzt.<br />
In Kooperation mit der Landeshauptstadt<br />
München holte kibs „Ich werde es sagen“<br />
im März 2007 nach München. Die erste<br />
Münchner Aufführung diente dazu, pädagogischen,<br />
therapeutischen und psycho-<br />
logischen Fachkräften aus allen Bereichen<br />
(Schulen, Beratungsstellen, Jugendhilfe<br />
u.a.) das Stück vorzustellen und die<br />
Thematik an sie heranzutragen. Gleichzeitig<br />
sollten sie ermutigt werden, das Stück<br />
zusammen mit ihrer Klasse oder Kinder-/<br />
Jugendgruppe anzuschauen als Grundlage<br />
dafür, das stark tabuisierte Thema überhaupt<br />
besprechbar zu machen. Die Theaterproduktion<br />
tourt durch Deutschland<br />
und kann von Schulen und anderen (sozial-)<br />
pädagogischen Einrichtungen für eine individuelle<br />
Vorstellung gebucht werden. So<br />
hat beispielweise eine Aufführung in der<br />
Carl-Spitzweg-Realschule in Allach stattgefunden.<br />
In den Nachbereitungen mit<br />
den Fachkräften von kibs zeigten sowohl<br />
die Schülerinnen als auch die Schüler eine<br />
große Offenheit in der Auseinander -<br />
setzung mit diesem schwierigen Thema.<br />
Zahlen und Standort<br />
4 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
855 Klienten und Fachkräfte wurden 2007 von<br />
kibs betreut und informiert.<br />
Davon<br />
– 288 betroffene Jungen<br />
– 141 Angehörige<br />
– 426 Fachkräfte<br />
27 Fortbildungen und Informationsveranstaltungen<br />
wurden 2007 durchgeführt.<br />
Rund 620 Fachkräfte, Schülerinnen und Schüler<br />
sowie Interessierte wurden damit erreicht.<br />
kibs<br />
Kathi-Kobus-Straße 9<br />
80797 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9120<br />
mail@kibs.de<br />
KIM<br />
Beratung für Mädchen und Jungen bei sexuellen<br />
Gewalterfahrungen<br />
Ludwigstraße 4<br />
82256 Fürstenfeldbruck<br />
Tel. (08141) 35 72 87<br />
info@kim-ffb.de<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
15
16<br />
Ambulante Erziehungshilfe<br />
Familien stärken und<br />
Herausforderungen meistern<br />
Ambulante Erziehungshilfe (AEH) ist eine Hilfe nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz.<br />
Übergeordnetes Ziel der AEH ist es, die Familien zu befähigen, ihr<br />
Leben wieder selbständig und den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechend<br />
zu gestalten. Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. bietet im Auftrag des Stadtjugendamtes<br />
München in 5 von 13 Sozialregionen in München dieses sozialräumlich orientierte<br />
Erziehungsangebot an. Neben der sozialräumlichen AEH bietet der <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
auch AEH für Familien an, die von Gehörlosigkeit betroffen sind.<br />
Die pädagogische Hilfe findet im Lebensraum<br />
der Familien, in den Wohnungen der<br />
Betroffenen oder aber den Räumlichkeiten<br />
des Vereins statt. Zusätzlich zu den vielfältigen<br />
Einzelkontakten mit der Familie<br />
gibt es unterstützende Gruppenangebote.<br />
Neben der Arbeit mit den Familien und deren<br />
Kindern wirken die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter der AEH an der Gestaltung<br />
des Sozialraums mit und sind somit an der<br />
Entwicklung des Stadtbezirks aktiv beteiligt.<br />
Der 14-jährige Johannes und seine Familie<br />
werden bereits seit einem Jahr von einer<br />
Mitarbeiterin des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. betreut.<br />
Die Zusammenarbeit mit der Familie begann,<br />
nachdem der Junge mehrmals beim<br />
Ladendiebstahl erwischt wurde. Johannes<br />
und seine Eltern vereinbarten zusammen<br />
mit dem Jugendamt und hinzugezogenen<br />
Jugendhilfe-Einrichtungen die Einleitung<br />
einer Ambulanten Erziehungshilfe.<br />
Beide Eltern haben mehrere Jobs und sind<br />
kaum zuhause. Johannes war meist sich<br />
selbst überlassen und nicht ausreichend<br />
versorgt. Der Junge hatte sich einer<br />
Jugendclique angeschlossen, die immer<br />
wieder Diebstähle begeht und nur noch<br />
sporadisch die Schule besucht.<br />
Die Mitarbeiterin der AEH muss im ersten<br />
Schritt Johannes und seine Eltern überzeugen,<br />
dass eine ernsthafte Gefährdung<br />
vorliegt und an der Situation gearbeitet<br />
werden muss. Für die Familie ist es schwierig,<br />
sich auf die Hilfe von außen einzulassen.<br />
Ihre Betreuerin sucht nach verschiedenen<br />
Ansatzpunkten: Wer ist noch in Johannes<br />
Clique? Gibt es einen Lehrer, dem Johannes<br />
vertraut? Was in teressiert Johannes? Wo<br />
würden die Eltern Entlastung spüren? Welche<br />
Träume hatten sie für ihre Kinder? Mit<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
den Eltern und Johannes werden regelmäßige<br />
Besprechungen vereinbart. Gleichzeitig<br />
erhalten die Eltern eine Einladung zu den<br />
Mehrfamilienangeboten des Vereins. Im<br />
Hintergrund gibt es zahlreiche Kontakte zur<br />
Schule, zum Jugendpolizisten und zur Streetwork,<br />
die ebenfalls daran arbeitet, Kontakt<br />
zu der Clique von Johannes aufzubauen.<br />
Es gelingt, Johannes für die erlebnispädagogischen<br />
Angebote in der Region zu<br />
begeistern. Er beteiligt sich an Höhlenerkundungen,<br />
fährt mit zum Fischen und ist<br />
langsam bereit, an den wöchentlichen<br />
Gruppentreffen teilzunehmen. So entsteht<br />
im Lauf von mehreren Monaten ein Vertrauensverhältnis<br />
zwischen ihm und der Mitarbeiterin<br />
der AEH. Er beginnt, mit ihr über<br />
seine Situation und die Zukunft zu sprechen.<br />
Die Eltern tun sich immer noch schwer.<br />
Vereinbarte Termine werden kurz vorher abgesagt.<br />
Trotzdem bewegt sich einiges in der<br />
Familie. Johannes nimmt auf Veranlassung<br />
der AEH inzwischen an einem Nachmittagsbetreuungsprogramm<br />
an seiner Hauptschule<br />
teil, so dass er in seinem Tagesablauf - unabhängig<br />
von den Eltern - Struktur erfährt.<br />
Der Junge erhält in der Schule Frühstück und<br />
Mittagessen. Er erledigt dort seine Hausaufgaben<br />
und nimmt an den verschieden Freizeitangeboten<br />
der Nachmittagsbetreuung teil.<br />
Einmal wöchentlich kommt Johannes zur<br />
Jugendgruppe in die Außenstelle der AEH<br />
und bespricht im Anschluss daran mit der<br />
AEH-Mitarbeiterin seine Schwierigkeiten,<br />
aber auch Erfolge. Die Schulleistungen des<br />
Jungen haben sich in der Zwischenzeit stark<br />
verbessert. Johannes hat neue Freunde<br />
gefunden und nimmt regelmäßig am Unterricht<br />
teil. Diese Erfolgserlebnisse motivieren<br />
ihn und entlasten auch das Zusammenleben<br />
mit seinen Eltern. Ihnen fallen die Erfolge<br />
ihres Sohnes auf. So beginnen auch sie zu<br />
ihrer Betreuerin Vertrauen zu fassen. Sie<br />
verstehen Gesprächsangebote und begleitende<br />
Elternveranstaltungen immer stärker<br />
als Chance, die dazu dienen ihre Familiensituation<br />
zu verbessern.<br />
Interkulturelles<br />
Qualitätsmanagement<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AEH<br />
haben eine zweijährige Ausbildung zum<br />
Interkulturellen Qualitätsmanagement mit<br />
Erfolg abgeschlossen. Ziel der von der<br />
Landeshauptstadt München angebotenen<br />
Ausbildung ist die Intensivierung und Qualifizierung<br />
der interkulturellen Arbeit mit<br />
Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund.<br />
Im Rahmen von verschiedensten<br />
multikulturellen Projekten haben<br />
die pädagogischen Fachkräfte ihre neuen<br />
Erfahrungen bereits in die Praxis einbringen<br />
können. So feierten Klientinnen und Klienten<br />
gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern der AEH unter dem Motto<br />
“Vielfalt erleben“ ein interkulturelles Fest.<br />
Ein Länderbazar sowie ein internationales<br />
Buffet machten unter anderem die kulturelle<br />
Vielfalt erlebbar.
Das Projekt „Kinder- und Familienleben in<br />
Ramersdorf-Perlach - Hilfe und Unterstützung<br />
für Kinder und ihre Eltern von<br />
Geburt an“ wurde gemeinsam mit dem<br />
Sozialbürgerhaus Ramersdorf-Perlach, der<br />
Abteilung Kindertagesbetreuung des Stadt-<br />
EinBlick<br />
jugendamtes sowie anderen Kooperationspartnerinnen<br />
und -partnern der AEH im<br />
Sozialraum initiiert. Gemeinsam wird daran<br />
gearbeitet, die Angebote im Stadtteil<br />
besser miteinander zu vernetzen. Unter<br />
anderem werden die Abläufe und Schnitt-<br />
Kinder / Kunst / Kultur<br />
Sommer-Kunstprojekt der AEH<br />
Hasenbergl/Feldmoching in<br />
Kooperation mit E.ON Energie<br />
Staffeleien, Becher mit Pinseln, bekleckste<br />
Unterlagen und Farbtuben – wie im Atelier<br />
sah es aus inmitten des schicken Ambientes<br />
der Konzernzentrale von E.ON Energie.<br />
Die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe<br />
der Kinder und Jugendlichen, die<br />
am Sommer-Kunstprojekt der Ambulanten<br />
Erziehungshilfe Hasenbergl/Feldmoching<br />
des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. teil<strong>nah</strong>men, hinterließen<br />
in Form und Farbe ihre Spuren in<br />
den Bildern der jungen Menschen. Das<br />
Kunstprojekt, das in Kooperation mit E.ON<br />
Energie durchgeführt wurde, zeigte, was<br />
die Kinder im Hasenbergl bewegt. Im Rahmen<br />
des Projektes „Kinder / Kunst / Kultur“<br />
erhielten fünfzehn Kinder und Jugendliche<br />
im Alter von acht bis sechzehn Jahren aus<br />
sozial belasteten und aus Migrantenfamilien<br />
die Möglichkeit, kreativ-gestalterisch<br />
tätig zu sein. Im Vorfeld der „Schaffensphase“<br />
bei E.ON hatte die Künstlergruppe<br />
nicht nur ihre Leinwände selbst aufgezogen,<br />
sondern sich auch mit ihrem kulturellen<br />
Hintergrund beschäftigt. Beim „Nachmittag<br />
der Kulturen“, zu dem Kinder und Eltern in<br />
die Ambulante Erziehungshilfe eingeladen<br />
waren, konnten zum Beispiel eine traditionelle<br />
afrikanische Kaffeezeremonie<br />
bestaunt und folkloristische Tänze gelernt<br />
werden. Minarette, ein Kaffeekrug, eine<br />
Tempeltänzerin – zahlreiche Motive spiegelten<br />
denn auch die Einflüsse der verschiedenen<br />
Herkunftskulturen der Kinder<br />
wider. Auch Impressionen aus einem<br />
gemeinsamen Besuch des Völkerkundemuseums<br />
flossen in die Bilder ein, beispielsweise<br />
in die Darstellungen eines Buddhakopfes<br />
oder einer afrikanischen Maske.<br />
Zum krönenden Abschluss fand eine Werkschau<br />
und Versteigerung auf der E.ON-<br />
Piazza statt, bei der die Kinder und<br />
Jugendlichen ihre Werke mit Stolz präsentierten.<br />
Rund vierzig phantasievolle Werke<br />
der jungen Künstlerinnen und Künstler<br />
kamen dabei unter<br />
den Hammer. Der<br />
Erlös der Versteigerung<br />
in Höhe von<br />
rund 2.200 Euro<br />
floss direkt in die<br />
Arbeit des „Offenen<br />
Ateliers“ für Kinder<br />
und Jugendliche im<br />
Hasenbergl und ermöglichte<br />
die Weiterführung<br />
des kreativen<br />
Sozialprojektes.<br />
stellen in der Zusammenarbeit der unterschiedlichen<br />
Hilfsangebote optimiert,<br />
damit Eltern und Kinder unkomplizierter<br />
individuelle Hilfe und Unterstützung<br />
erhalten können.<br />
Zahlen und Standorte<br />
In fünf Münchner Sozialregionen bietet der<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V. in Kooperation mit anderen<br />
Trägern der Kinder- und Jugendhilfe Ambulante<br />
Erziehungshilfe an.<br />
Ambulante Erziehungshilfe<br />
Schwabing/Freimann<br />
Heidemannstraße 25-27<br />
80939 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7210<br />
aeh4-12@kinderschutz.de<br />
Ambulante Erziehungshilfe<br />
Au/Haidhausen/Bogenhausen<br />
Muspillistraße 21<br />
81925 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7310<br />
aeh5-13@kinderschutz.de<br />
Ambulante Erziehungshilfe Milbertshofen/<br />
Am Hart/Harthof<br />
Milbertshofener Straße 12<br />
80807 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7110<br />
aeh11@kinderschutz.de<br />
Ambulante Erziehungshilfe Ramersdorf/Perlach<br />
Feichtstraße 5<br />
81735 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7410<br />
aeh16@kinderschutz.de<br />
Ambulante Erziehungshilfe Hasenbergl/<br />
Feldmoching<br />
Walter-Sedlmayr-Platz 9<br />
80995 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7510<br />
aeh24@kinderschutz.de<br />
Außerdem bietet der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. Ambulante<br />
Erziehungshilfe speziell für Familien an,<br />
die von Gehörlosigkeit betroffen sind. Die „AEH<br />
für Gehörlose“ ist keiner bestimmten Sozialregion<br />
zugeordnet, sie arbeitet überregional und betreut<br />
Familien, Kinder und Jugendliche aus allen<br />
Stadtbezirken.<br />
Ambulante Erziehungshilfe für Gehörlose<br />
Milbertshofener Straße 12<br />
80807 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7110<br />
Bildtel. (089) 23 17 16 -7126<br />
aeh-gehoerlose@kinderschutz.de<br />
70 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
256 Kinder, Jugendliche und deren Familien<br />
wurden 2007 im Rahmen der Angebote betreut<br />
und begleitet.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
17
18<br />
Heilpädagogische Tagesstätte<br />
Verhaltensauffällige Kinder<br />
erfahren ihre Stärken und<br />
Grenzen<br />
Die Heilpädagogische Tagesstätte (HPT) in Dachau besteht aus einem heilpädagogischen<br />
Kindergarten für Vorschulkinder ab drei Jahre sowie aus zwei Gruppen für<br />
Grund- und Hauptschüler bis 14 Jahre. Hier erhalten verhaltensauffällige und in<br />
ihrer Entwicklung verzögerte Kinder tagsüber intensive pädagogische und therapeutische<br />
Betreuung. Gleichzeitig wird ihnen ermöglicht, weiter in ihrer Familie und<br />
in ihrem sozialen Umfeld zu leben.<br />
Grund für die Auf<strong>nah</strong>me in die HPT sind<br />
meist Auffälligkeiten im Sozialverhalten<br />
der Kinder. Sie reagieren oft unangemessen<br />
auf harmlos scheinende Situationen,<br />
sind aggressiv, verschlossen oder verweigern<br />
sich total. Infolgedessen haben sie<br />
nicht selten auch erhebliche Schulprobleme.<br />
Die Ursachen für diese Verhaltensauffälligkeiten<br />
sind vielfältig und liegen oft im<br />
familiären Umfeld.<br />
Raus aus dem Teufelskreis<br />
Viele Kinder haben schon mehrfach Enttäuschungen<br />
und Zurückweisungen erlebt,<br />
kämpfen mit Selbstzweifeln und können<br />
die ersehnte Zuwendung nicht zulassen.<br />
In den meisten Fällen sind die Eltern mit<br />
dieser Situation überfordert. Sie haben das<br />
Gefühl, versagt zu haben und können ihre<br />
Kinder selbst nicht mehr unterstützen.<br />
Als Oliver beispielsweise vor einem Jahr in<br />
die HPT kam, wirkte er verzweifelt und<br />
vereinsamt. Seine Grundschulzeugnisse<br />
waren schlecht, doch seine alleinstehende<br />
Mutter hatte weder die Zeit noch die Kraft,<br />
ihn ausreichend zu fördern. Oliver spielte<br />
kaum mit anderen Kindern, aus Angst vor<br />
Zurückweisung und Hänseleien. Durch die<br />
immer wiederkehrenden Misserfolge geriet<br />
er in einen Teufelskreis aus Misserfolgen,<br />
negativem Selbstwertgefühl und weiteren<br />
Rückschlägen.<br />
Das Ziel der HPT-Betreuung ist es zum einen,<br />
dem Kind bei der Überwindung seiner<br />
Schwierigkeiten zu helfen. Gleichzeitig<br />
wird die Familie durch intensive Elternarbeit<br />
stabilisiert mit dem Ziel, dass sie ihre<br />
Erziehungsaufgaben zukünftig eigenstän-<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
dig bewältigen können. In neun von zehn<br />
Fällen gelingt es, dass durch die Arbeit der<br />
HPT auf eine stationäre Unterbringung z.B.<br />
in einem Heim verzichtet werden kann<br />
und das Kind im familiären Umfeld wieder<br />
guten Anschluss findet.<br />
Klare Strukturen schaffen<br />
Sicherheit und Erfolge<br />
In der HPT erleben Kinder einen strukturierten<br />
Tag. Regelmäßige „Programmpunkte“<br />
wie das gemeinsame Mittagessen,<br />
Hausaufgabenzeiten oder eine wöchentliche<br />
Kinderkonferenz geben ihnen einen<br />
sicheren Rahmen. Es gibt Regeln, die sie<br />
beachten müssen und Anreize, sie einzuhalten.<br />
Montags versammeln sich z.B. die<br />
Kinder der Gruppe 2 zur Taschengeldverteilung.<br />
Für „gutes Verhalten“ gibt es bis<br />
zu zwei Euro in die Spardose. Worauf gespart<br />
wird, schreiben die Kinder vorher auf.<br />
Der Reihe nach beurteilen sie selbst ihr<br />
Verhalten in der vergangenen Woche, die<br />
beiden Betreuer ergänzen oder korrigieren<br />
aus ihrer Sicht: Wie war der Umgang mit<br />
Erwachsenen und den anderen Kindern?<br />
Wurden die Hausaufgaben immer gemacht?<br />
Hat jeder sein „Amt“ erfüllt – z.B.<br />
den Küchendienst erledigt oder die Fenster<br />
abends geschlossen? Hat jeder mit<br />
mindestens drei anderen Kindern verschiedene<br />
Spiele gespielt? Hatte jeder eine<br />
Uhr dabei? Oder hat jemand sogar etwas<br />
besonderes für die Gruppe geleistet? Für<br />
jede erfüllte Aufgabe oder eingehaltene<br />
Regel gibt es 25 Cent in die Spardose, 50<br />
Cent können sich alle „verdienen“, die sich<br />
„keinen großen Schmarrn“ geleistet haben<br />
– z.B. Nachsitzen oder einen Schulverweis.<br />
Oliver hat in einem Jahr viel gelernt. Er<br />
hat erkannt, dass er Dinge beherrscht, auf<br />
die er stolz sein kann. Seine Erfolgserlebnisse<br />
haben ihn ermutigt, auch die nicht<br />
so einfachen Aufgaben anzupacken. Auch<br />
wenn es hin und wieder mal Rückschläge<br />
gibt, eine fünf in Deutsch oder Tränen<br />
wenn jemand ihn einen Feigling schimpft,<br />
Oliver hat gelernt, nicht aufzugeben und<br />
sich Fehler ein- und zuzugestehen. Er weiß<br />
jetzt, dass er trotzdem geliebt und respektiert<br />
wird.
EinBlick<br />
Ohne Netz und doppelten Boden<br />
Die Kinder der HPT sind eine ausgemachte<br />
Rasselbande. Alle auf einem Haufen<br />
sind sie kaum zu bändigen und es kommt<br />
nicht oft vor, dass sie zusammen mit<br />
Feuereifer an einer Sache <strong>dran</strong> bleiben.<br />
Sechs Tage im Sommer gaben jedoch<br />
Mirjam Avellis, Andreas Schanz und Tom<br />
Tak Jana den Ton in den Gruppen an und<br />
begeisterten sie für die fremde Welt des<br />
Zirkus. Die drei Gäste sind Zirkusprofis, die<br />
es verstehen, ihr Publikum mit Clownerie,<br />
Zauberei und Akrobatik in ihren Bann zu<br />
ziehen. In einem Zirkusworkshop weckten<br />
sie in den rund 25 Kindern der HPT komödiantisches<br />
Talent, magische Präzision und<br />
körperliche Geschicklichkeit.<br />
Nach tagelangem konzentriertem Training<br />
präsentierten die jungen Künstler dann<br />
beim Sommerfest der HPT endlich ihr Können.<br />
Vor den neugierigen Augen der Eltern,<br />
Geschwister, Freunde und Lehrer hieß es<br />
endlich: „Manege frei!“. Die wendigen<br />
Akrobaten und fantasievollen Clowns<br />
brachten das Publikum mit ihren Einlagen<br />
zum Lachen und geheimnisvolle Zauberer<br />
versetzten die Zuschauer mit unglaublichen<br />
Tricks in Erstaunen.<br />
Das Zirkusprojekt mit abschließendem<br />
Manegenspektakel war das unangefochtene<br />
Highlight des Jahres. Die HPT wäre<br />
jedoch keine Jugendhilfeeinrichtung, wenn<br />
neben Spaß und Unterhaltung nicht auch<br />
pädagogische Ziele verfolgt würden. Die<br />
Fantasie stößt Türen auf, die für gewöhnlich<br />
verschlossen bleiben. In der Gestalt<br />
eines Zirkusakteurs erkennen<br />
sie im darstellenden<br />
Spiel Verhaltensweisen<br />
des Menschen: ungeschickt<br />
oder geschickt<br />
sein, ängstlich, mutig,<br />
neugierig, gleichgültig,<br />
groß, klein, dumm, klug,<br />
nachdenklich… Sie lernen,<br />
sich in andere Lebenssituationenhineinzuversetzen.<br />
Dies erleichtert<br />
ihnen einen verständnisvolleren<br />
und aufgeschlossenen<br />
Umgang<br />
gegenüber ihren Mitmenschen.<br />
Die Profi-Artistin, die die<br />
Kinder anleitete, war vollauf<br />
begeistert vom Proben<br />
mit den Nachwuchstalenten:<br />
„Sie lassen sich<br />
darauf ein, ganz andere<br />
Seiten an sich selbst zu<br />
entdecken und stecken<br />
voller Überraschungen.“<br />
Viele bringen hier verborgene<br />
Talente zutage<br />
und können sich<br />
uneingeschränkt und<br />
ohne Selbstzweifel über<br />
Szenenapplaus und Lob<br />
freuen. Und sie erkennen, dass intensive<br />
Übung und Ausdauer zum Erfolg führen.<br />
Das Zirkusprojekt konnte Dank finanzieller<br />
Mittel aus der Spendenaktion „Der Merkur<br />
hilft Kindern“ und einer großzügigen<br />
Spende des „Dachauer Kleidersalons“<br />
realisiert werden.<br />
Zahlen und Standort<br />
11 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in<br />
diesem Bereich tätig.<br />
30 Kinder wurden 2007 in den<br />
Gruppen der Heilpädagogischen<br />
Tagesstätte und in Sonderbetreuungsformen<br />
gefördert.<br />
Heilpädagogische Tagesstätte<br />
Hermann-Stockmann-Straße 13<br />
85221 Dachau<br />
Tel. (08131) 332 06 31<br />
hpt@kinderschutz.de<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
19
20<br />
Tiergestützte Pädagogik und Therapie<br />
Paulihof – Heilende Pädagogik mit Tieren<br />
Neue Chancen<br />
für traumatisierte Kinder<br />
Der Paulihof befindet sich auf einer Hofstelle in der Nähe von Augsburg. Auf dem<br />
Hof werden benachteiligte, traumatisierte und vernachlässigte Kinder und<br />
Jugendliche betreut, deren Lebensalltag schwer beeinträchtigt ist. Im Zuge der<br />
tiergestützten Pädagogik lernen die jungen Menschen durch den behutsamen<br />
Kontaktaufbau mit den vierbeinigen oder gefiederten Freunden, Ängste zu überwinden,<br />
wieder Mut zu fassen und Verantwortung zu übernehmen.<br />
Rund 50 Tiere – von Hunden, über Ziegen,<br />
Schweine und Esel bis hin zu Pferden -<br />
fungieren für die pädagogischen Fachkräfte<br />
des Paulihofs als Co-Therapeuten<br />
bei der Betreuung von Kindern und Jugendlichen.<br />
Bis zu acht Kinder und Jugendliche<br />
können für einen längeren Zeitraum<br />
auf dem Paulihof leben. Die Arbeit<br />
mit den Tieren und klare Strukturen helfen<br />
den Kindern, sich langsam wieder zu öffnen<br />
und neue Perspektiven zu entwickeln.<br />
Die Kinder und Jugendlichen werden in<br />
das Hofleben integriert und müssen sich in<br />
die Gemeinschaft einbringen.<br />
Tiere spiegeln das eigene<br />
Verhalten<br />
Durch die tiergestützte Arbeit können die<br />
Kinder und Jugendlichen neues Selbstbewusstsein<br />
aufbauen. Sie lernen ihre Bedürfnisse<br />
und Grenzen wahrzunehmen.<br />
Das eigene Verhalten wird reflektiert und<br />
die Konzentrationsfähigkeit gestärkt. Der<br />
Abbau von Ängsten und das Trainieren<br />
neuer Verhaltensmuster sind ebenso Ziele<br />
der Arbeit wie die Förderung des Sozialverhaltens.<br />
Zu Beginn der therapeutischen Arbeit<br />
wählen die Kinder und Jugendlichen jeweils<br />
ihr Bezugstier aus, mit dem sie intensiv<br />
arbeiten. Clara beispielsweise hat<br />
sich das Pony Lorenz ausgesucht, obwohl<br />
sie eigentlich Angst vor Pferden hat. Im<br />
Alltag traut sie sich nicht, Wünsche zu äußern<br />
und sagt zu allem einfach „Ja“. Durch<br />
die Arbeit mit dem zutraulichen, aber<br />
manchmal etwas eigensinnigen Lorenz<br />
schafft sie es zunehmend sich durchzusetzen.<br />
Sie hat ihre Angst vor den Pferden<br />
und Ponys abgebaut. Clara arbeitet mit<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
Unterstützung der Pädagogen nun intensiv<br />
daran, ihre Erfahrungen mit dem Pony<br />
auf den Umgang mit Menschen zu übertragen.<br />
Ihr Selbstbewusstsein ist merklich<br />
gestiegen und sie ist richtig aufgeblüht.<br />
Aus der ängstlichen, kaum wahrnehmbaren<br />
Clara ist ein „richtiges“ Mädchen geworden,<br />
das auch mal ein bisschen frech<br />
sein kann.<br />
Leon ist ein schwer traumatisiertes Kind,<br />
das von vielen Ängsten gequält wird. An<br />
der Reaktion „seines Tieres“, dem verschmusten<br />
Ziegenbock Ivan, kann er nun<br />
sein Verhalten ablesen. Es hat Leon sehr<br />
betroffen gemacht, wenn Ivan und die anderen<br />
Tiere erschraken oder sogar davonliefen,<br />
wenn er, typisch für sein Verhalten,<br />
laut schrie. Inzwischen kann Leon im Kontakt<br />
mit den Tieren seine Impulse zunehmend<br />
besser kontrollieren und findet gu-<br />
ten Zugang zu den Tieren. Seine Ängste<br />
werden weniger und umfassen nicht mehr<br />
so viele Lebensbereiche. Die positiven Effekte<br />
im Umgang mit den Tieren spiegeln<br />
sich auch in seinem Verhalten in der Schule<br />
wieder. Dort wird er zunehmend besser<br />
und hat darüber wieder Erfolgserlebnisse.<br />
Tierbegegnungen<br />
Über den stationären Bereich hinaus bietet<br />
der Paulihof ambulante Angebote der<br />
tiergestützten Pädagogik für einzelne Kinder<br />
und Jugendliche sowie für Kinder- und<br />
Jugendgruppen. Beispielsweise besucht<br />
eine Gruppe der Lebenshilfe Aichach mit<br />
körperlich und geistig behinderten jungen<br />
Menschen regelmäßig die Hofstelle. Dabei<br />
geht es darum, dass die Kinder Kontakt<br />
zur Umwelt aufnehmen, Selbstvertrauen
gewinnen und sich auf den Kontakt mit<br />
den Tieren – fühlen und auch sich spüren<br />
– einlassen. Ein Mädchen konnte durch die<br />
Tierbegegnungen ein durch viele Beinoperationen<br />
verursachtes Trauma überwinden.<br />
Sie ließ sich nicht mehr an den Beinen<br />
anfassen. Inzwischen darf sogar eine<br />
kleine Ziege auf ihr „turnen“.<br />
Die Hilfsaktion „Sternstunden – Wir helfen<br />
Kindern“ ermöglicht den Bau einer Therapiehalle<br />
auf dem Paulihof. Dies ist ein<br />
wichtiger Schritt,<br />
um ganzjährig mit<br />
Kindern und Tieren<br />
arbeiten zu können.<br />
Denn schlechtes<br />
Wetter – von Regen<br />
bis Schnee – verwandelte<br />
bisher den<br />
lehmhaltigen Boden<br />
regelmäßig zu einer<br />
kleinen Moorlandschaft,<br />
die das therapeutische<br />
Arbeiten<br />
unmöglich machte.<br />
Tierpatenschaften auf dem Paulihof<br />
Das stete Training und die Versorgung der<br />
Tiere sind eine wichtige Voraussetzung,<br />
um erfolgreich mit den jungen Menschen<br />
arbeiten zu können. Dabei sind Zeit,<br />
Geduld und Liebe ebenso notwendig wie<br />
ausreichende finanzielle Mittel für die laufenden<br />
Kosten vom Futter bis zur tierärztlichen<br />
Versorgung. Deshalb ist der Paulihof<br />
dauerhaft auf die Unterstützung von<br />
Förderern angewiesen.<br />
Eine besondere Möglichkeit dazu ist die<br />
Über<strong>nah</strong>me einer Tierpatenschaft für einzelne<br />
Tiere auf dem Paulihof. Die Schlagersängerin<br />
Claudia Jung und ihre Tochter<br />
Anna gehören beispielsweise zu den Unterstützern<br />
des Paulihofs. So über<strong>nah</strong>m die<br />
Sängerin am Patentag im November 2007<br />
die offizielle Schirmherrschaft für das Projekt<br />
und ihre Tochter ist stolze Patin des<br />
verschmusten Ziegenbocks Ivan geworden.<br />
Was Ihre Patenschaft bedeutet<br />
■ Sie erklären sich bereit, ein Tier gezielt<br />
finanziell zu unterstützen.<br />
■ Sie tragen mit Ihrer regelmäßigen<br />
Spende zur Finanzierung der laufenden<br />
Kosten (Futter, Impfungen, Wurmkuren,<br />
Scherer, Hufschmied etc.) bei.<br />
■ Sie unterstützen die Ausbildung des<br />
Tieres für dessen therapeutischen Einsatz.<br />
■ Sie haben an zwei „Patenschaftswochenenden“<br />
im Jahr die Möglichkeit,<br />
Ihr Patentier zu besuchen.<br />
■ Sie erhalten eine Patenschaftsurkunde.<br />
Übrigens: Sie können eine Tierpatenschaft<br />
auch verschenken. Ebenso können Gruppen,<br />
Firmen oder Vereine Tierpatenschaften<br />
übernehmen.<br />
Zahlen und Standort<br />
8 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
89 Kinder, Jugendliche und ihre Familien wurden<br />
2007 im Rahmen eines dauerhaften Aufenthaltes<br />
oder von Gruppenbesuchen auf dem Paulihof betreut.<br />
Paulihof – Heilende Pädagogik mit Tieren<br />
Reifersdorfer Straße 2<br />
86556 Kühbach/Unterbernbach<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7810 oder (08257) 99 78 33<br />
paulihof@kinderschutz.de<br />
Claudia Jung, Schirmherrin des Paulihofs<br />
Weitere Informationen zur Tierpatenschaft finden Sie auch auf unserer Internetseite<br />
www.kinderschutz.de.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
21
22<br />
Schule zur sonderpädagogischen Förderung<br />
Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />
Mehr als Mathe, Deutsch und Sport – Eine<br />
besondere Schule für besondere Menschen<br />
Rund 60 Schüler aus Dachau und den umliegenden Landkreisen besuchen die<br />
Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule. Als Schule zur Erziehungshilfe nimmt sie Kinder<br />
und Jugendliche mit einem hohen Förderbedarf im Bereich der emotionalen und<br />
sozialen Entwicklung auf. Diese Schüler sind normal begabt und intelligent – nur<br />
konnte man ihrem außerordentlichen Förderbedarf im Unterricht einer regulären<br />
Grund- und Hauptschule nicht (mehr) gerecht werden. Fälschlicherweise spricht man<br />
oft von „unbeschulbaren“ Kindern – was die Erfahrungen und Erfolge an der<br />
Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule widerlegen.<br />
Die meisten Schüler tragen einen Rucksack<br />
voller sozialer und psychischer Probleme,<br />
teils aufgrund ihrer familiären Geschichte<br />
und Hintergründe, teils aufgrund ihrer<br />
eigenen Persönlichkeitsstrukturen. Viele<br />
befinden sich in ambulanter kinder- und<br />
jugendpsychiatrischer Behandlung oder<br />
haben einen längeren stationären Aufenthalt<br />
hinter sich. Die Diagnosen reichen von<br />
Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-<br />
Störung (ADHS) über Störung des Sozialverhaltens,<br />
Angst- und Tic-Störungen,<br />
Depressionen bis hin zu autistischen Zügen.<br />
Infolgedessen leiden die Kinder oft unter<br />
sozialer Isolation und schulischen Misserfolgen.<br />
Mangelndes Selbstvertrauen,<br />
Rückzugsverhalten, geringes Durchhaltevermögen<br />
gepaart mit geringer Frustrationstoleranz<br />
und eine mangelhafte Gruppen -<br />
fähigkeit sind weitere Auswirkungen.<br />
Voraussetzung für einen erfolgreichen<br />
Schulbesuch trotz dieses „Problempaketes“<br />
ist eine gleichzeitige Jugendhilfemaß<strong>nah</strong>me,<br />
die die Kinder und Jugendlichen dabei unterstützt,<br />
ihre sozialen und emotionalen<br />
Defizite auszugleichen. Einige der Jungen<br />
besuchen daher die ebenfalls auf dem<br />
Grundstück gelegene Heilpädagogische<br />
Tagesstätte, andere werden im Rahmen<br />
einer „Intensiven Sozialpädagogischen<br />
Einzelmaß<strong>nah</strong>me“ in einer Kleingruppe<br />
betreut. Der größte Teil der Schüler, für die<br />
wegen ihrer sozialen und psychischen Problemlagen<br />
ambulante Erziehungs- und<br />
Förderangebote nicht ausreichen, lebt im<br />
benachbarten Amalie-Nacken-Heim. „Bildung“<br />
und „Erziehung“ laufen hier jedoch<br />
nicht nebeneinander her, sondern gehen<br />
Hand in Hand: Gemeinsam mit den sozialpädagogischen<br />
Fachkräften des Heims<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
entwickeln die Lehrkräfte für jedes Kind<br />
und jeden Jugendlichen einen individuellen<br />
Förderplan. Darüber hinaus haben<br />
zahlreiche sozialpädagogische Elemente<br />
wie Sozialtraining Einzug in den Schulalltag<br />
gefunden, Unterrichtsphasen wechseln<br />
sich mit Spiel- und Entspannungsphasen<br />
ab und einzelne Schüler werden im Unterricht<br />
von sozialpädagogischen Fachkräften<br />
begleitet.<br />
Durchgangsstation oder Brücke<br />
ins Berufsleben<br />
In kleinen Klassen der Jahrgangsstufen 3<br />
bis 9 bekommen die Schüler den Unterrichtsstoff<br />
der Grund- und Hauptschulen<br />
vermittelt und haben die Möglichkeit, den<br />
qualifizierenden Hauptschulabschluss zu<br />
erlangen. Eine Schule zur Erziehungshilfe<br />
soll jedoch möglichst eine Durchgangsschule<br />
sein. Intensive Förderung, soziales<br />
Training, Aufbau von Selbstbewusstsein<br />
und Leistungsbereitschaft, sowie eine eng<br />
eingebundene Elternarbeit ermöglichen<br />
zahlreichen Schülern die Rückkehr an eine<br />
Regelschule.<br />
Schüler der Hauptschuloberstufe werden<br />
gezielt auf den Einstieg in das Berufsleben<br />
vorbereitet. Im Umfeld der Schule bestehen<br />
gute Kontakte zu Betrieben, in denen die<br />
Schüler Praktika absolvieren können. Hier<br />
erleben sie, worauf es im Job ankommt,<br />
sie erkennen ihre beruflichen Neigungen<br />
und Fähigkeiten und können einen persönlichen<br />
Eindruck im Betrieb hinterlassen. So<br />
manchem Schulabgänger hat dies schon<br />
den Weg in eine Ausbildung geebnet, wie<br />
auch dem heute 17-jährigen Azubi Jo: „Ich<br />
war damals in der Dr.-Elisabeth-Bamberger-<br />
Schule kein leichter Fall. Ich habe ja keinen<br />
an mich rangelassen. Trotzdem haben<br />
mich die Lehrer nie aufgegeben, sondern<br />
immer wieder versucht, einen Zugang zu<br />
mir zu finden. Schließlich habe ich auch<br />
die Kurve gekriegt. Ich bin froh, dass ich<br />
durch den Kontakt in einem Praktikum<br />
jetzt einen Ausbildungsplatz bekommen<br />
habe.“<br />
Auch der Rückblick auf die Abgangsklasse<br />
des Schuljahrs 2006/07 bestätigt den<br />
Erfolg des Zusammenwirkens von Jugendhilfe<br />
und Schule: Sieben Schüler des<br />
Jahrgangs schlossen die Hauptschule<br />
erfolgreich ab, davon sogar sechs mit dem<br />
„Qualifizierenden Hauptschulabschluss“.<br />
Einer dieser erfolgreichen Abgänger<br />
besucht jetzt eine weiterführende Schule,<br />
drei machen ein Berufsgrundschuljahr und<br />
drei haben bereits eine betriebliche Lehre<br />
begonnen.<br />
Stütz- und Förderklasse<br />
Musterbeispiel einer gelungenen Verzahnung<br />
von Schule und Jugendhilfe ist auch<br />
die Stütz- und Förderklasse (SFK), die seit<br />
dem Schuljahr 2007/08 unter dem Dach<br />
der Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule an-
gesiedelt ist. Fünf bis sechs Grundschüler<br />
mit extrem hohem Förderbedarf – der<br />
auch an anderen Sondereinrichtungen<br />
nicht zu erfüllen war – werden hier<br />
gemeinsam von einer Sonderschullehrerin,<br />
einer Heilpädagogin, Sozialpädagogen und<br />
einem Psychologen ganztags betreut.<br />
Diese intensive Betreuung erweist sich als<br />
äußerst effektiv und erfolgreich und<br />
ermöglicht die schrittweise Rückführung<br />
der Schüler in eine reguläre Schule.<br />
1 + 1 = Eins<br />
Zahlen und Standort<br />
16 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in der<br />
Schule und in der Stütz- und Förderklasse tätig.<br />
3 der Lehrkräfte unterstützen zusätzlich im<br />
Mobilen Sonderpädagogischen Dienst örtliche<br />
Grund-, Haupt- und Realschulen und das<br />
Förderzentrum in Dachau.<br />
60 Schüler besuchten 2007 die Dr.-Elisabeth-<br />
Bamberger-Schule. Davon wurden 5 Schüler in<br />
der Stütz- und Förderklasse betreut.<br />
Zukunftsweisende Integration<br />
von Schule und Jugendhilfe<br />
In Deutschland sind schulische Angebote<br />
und Angebot der Jugendhilfe traditionell<br />
organisatorisch und von ihrer Finanzierung<br />
her weitestgehend getrennte Bereiche.<br />
Schulen arbeiten primär an der Wissensvermittlung,<br />
Jugendhilfe widmet sich der<br />
„Lebenserziehung“. Das isolierte Verhältnis<br />
von Schule und Jugendhilfe führt dazu,<br />
dass ihre Angebote – die sich in großen<br />
Teilen an dieselbe Zielgruppe richten und<br />
sich ergänzen müssten – oft nebeneinander<br />
herlaufen. Damit verpufft ein Teil ihrer<br />
Wirkung ebenso wie Investitionen öffentlicher<br />
Mittel. Was nützt beispielsweise der<br />
beste Förderunterricht, wenn es zugleich<br />
an therapeutischen und sozialpädagogischen<br />
Angeboten fehlt, die bei belasteten<br />
Kindern erst die Bereitschaft zum Lernen<br />
und zu einem sozialen Miteinander in der<br />
Schule wecken könnten?<br />
Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. hat bereits vor vielen<br />
Jahren begonnen, in der engen Kooperation<br />
der Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule und<br />
des Amalie-Nacken-Heims die Angebote<br />
von Jugendhilfe und Schule zu verzahnen.<br />
Auf Basis all der Erfahrungen der letzten<br />
Jahre möchte der Verein diese Integration<br />
nun weiter vorantreiben und optimieren:<br />
Im Angebot einer integrierten Lern- und<br />
Lebenswelt für Kinder und Jugendliche mit<br />
emotionalem und sozialem Förderbedarf.<br />
Das geplante Schulkonzept mit angeschlossenem<br />
Wohnangebot zielt auf ein<br />
differenziertes, sowohl stationäres als<br />
auch ambulantes Angebot für Kinder und<br />
Jugendliche der Klassen 1 bis 9 mit heilpädagogischem<br />
oder therapeutischem<br />
Betreuungsbedarf. Ziel der stationären<br />
Maß<strong>nah</strong>men und der gleichzeitig stattfindenden<br />
intensiven Elternarbeit ist die<br />
Rückkehr der Kinder in ihre Familie beziehungsweise<br />
die Vorbereitung auf ein selbständiges<br />
und eigenverantwortliches<br />
Leben. Das ganzheitliche Angebot steht<br />
dabei nicht nur den in den Wohngruppen<br />
lebenden Kindern und Jugendlichen offen.<br />
Auch zahlreiche „externe“ Schülerinnen<br />
und Schüler werden das Ganztagsprogramm<br />
wahrnehmen und am Ende des<br />
Tages in ihre Familien zurückkehren können.<br />
Kern der geplanten „Lern- und Lebenswelt“<br />
ist ein Ganztagskonzept, das die<br />
praktische Verzahnung von Schule und<br />
Jugendhilfe im Tagesablauf ermöglicht. Ein<br />
strikt durchgängiges Schulprogramm am<br />
Vormittag erweist sich erfahrungsgemäß<br />
für die unter Verhaltensauffälligkeiten und<br />
Entwicklungsrückständen leidenden Kinder<br />
als ungeeignet. Ein durch Spiel- und Frei-<br />
Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />
Hermann-Stockmann-Straße 13<br />
85221 Dachau<br />
Tel. (089) 23 17 16 -8910<br />
bamberger-schule@kinderschutz.de<br />
Stütz- und Förderklassen<br />
Hermann-Stockmann-Straße 13<br />
85221 Dachau<br />
Tel. (089) 23 17 16 -8310<br />
sfk@kinderschutz.de<br />
zeiteinheiten, Schulblöcke sowie therapeutische<br />
und heilpädagogische Phasen<br />
gegliederter Tag kommt daher der Leistungsentwicklung<br />
der Schülerinnen und<br />
Schüler ebenso zugute wie der Entwicklung<br />
ihrer sozialen und emotionalen Fähigkeiten.<br />
Ein durchgehend strukturierter<br />
Tagesablauf bietet zudem Halt und Orientierung<br />
– was für Kinder, die aus extremer<br />
Strukturlosigkeit kommen, ganz entscheidend<br />
ist. Auch ist durch das Ganztagsprogramm<br />
mehr Zeit vorhanden, sich den<br />
individuellen Problemen ebenso wie den<br />
Neigungen und Interessen der Schülerinnen<br />
und Schülern zuzuwenden.<br />
Die bestehenden Gebäude der Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />
und des Amalie-<br />
Nacken-Heims in der Dachauer Herrmann-<br />
Stockmann-Straße sind nach mehr als 30<br />
Jahren Betrieb marode. Eine Sanierung<br />
kommt aus wirtschaftlicher Sicht nicht<br />
mehr in Frage. Der Verein nutzt diese<br />
Situation als Chance und hat bereits mit<br />
den Planungen für einen Neubau begonnen,<br />
in dem die Integration von Schule und<br />
Jugendhilfe im Rahmen eines Ganztagskonzeptes<br />
optimal umgesetzt werden<br />
kann.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
23
24<br />
Stationäre Erziehungsangebote und betreute Wohnformen<br />
Amalie-Nacken-Heim<br />
In der Heimat auf Zeit keimen Vertrauen<br />
und Zukunftsperspektiven<br />
Wenn Kinder sich auffällig oder antisozial<br />
verhalten, ist das meist ein Hilfeschrei.<br />
Oftmals ist unsere Gesellschaft aber so<br />
laut, dass wir solche Schreie nicht wahrnehmen.<br />
Die Hilferufe der rund vierzig<br />
Jungen, die im Amalie-Nacken-Heim ein<br />
Zuhause finden, wurden gehört. Hier<br />
erhalten sie Hilfe und Förderung in ihrer<br />
individuellen Krise. Sie lernen und erfahren<br />
in einer vertrauensvollen und geborgenen<br />
Umgebung das, worauf sie in ihrem<br />
bekannten Umfeld vielfach keine Chance<br />
hätten: Vertrauen, Erfolg, Selbstwert -<br />
gefühl, Motivation, einen Schulabschluss<br />
und Perspektiven. Das ist besonders in jungen<br />
Jahren notwendig, um nicht in einen<br />
Lebens(kreis)lauf aus Misserfolgen und<br />
Verzweiflung zu geraten, der dann allzu<br />
oft in Isolation oder sogar Gewalt mündet.<br />
Die Jungen im Alter zwischen sieben und<br />
15 Jahren leben zu maximal neunt in den<br />
heilpädagogischen und therapeutischen<br />
Wohngruppen des Heims. Das bisherige<br />
(Familien-)Leben dieser Kinder und<br />
Jugendlichen ist oft gekennzeichnet von<br />
Beziehungsabbrüchen und seelischen<br />
Verletzungen. Viele haben Scheidung,<br />
Gewalt oder Sucht im Elternhaus erlebt.<br />
Andere leiden aufgrund ihrer Persönlichkeitsstrukturen<br />
unter sozialen und emotionalen<br />
Defiziten. Verhaltensauffälligkeiten<br />
und Entwicklungsstörungen können<br />
sowohl Folge als auch Ursache sein, dass<br />
Eltern vollkommen mit ihrer Erziehungsaufgabe<br />
überfordert sind.<br />
Grenzen schaffen Halt und<br />
Sicherheit<br />
Mittwochnachmittag im Amalie-Nacken-<br />
Heim. Boris kommt gerade von einem<br />
therapeutischen Familiengespräch in seine<br />
Wohngruppe zurück. Er braucht jetzt<br />
unbedingt Ablenkung. Die anderen Jungs<br />
haben sich um den Tischkicker geschart.<br />
Die Plätze in einem der beiden Kickerteams<br />
sind heiß begehrt. Darum wird lautstark<br />
verhandelt, wer wie lange spielen<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
darf. Betreuer Martin lässt das die Jungs<br />
unter sich ausmachen, solange keiner<br />
unfair oder zu aggressiv wird. Die Jungen<br />
würden nach der ruhigen Hausaufgabenstunde<br />
am liebsten auf dem Bolzplatz<br />
toben, sich miteinander messen und ihre<br />
Muskeln spielen lassen. Doch an diesem<br />
verregneten Tag muss Mini-Fußball genügen<br />
– bis in zwei Stunden endlich der<br />
wöchentliche Videoabend beginnt.<br />
Die Jungen führen im Amalie-Nacken-<br />
Heim ein sehr strukturiertes Leben. Pädagogische<br />
Rituale, Regeln in den Gruppen<br />
aber auch feste Vereinbarungen mit den<br />
einzelnen Kindern und Jugendlichen sowie<br />
den Familien sind zentraler Bestandteil der<br />
heilpädagogischen und therapeutischen<br />
Maß<strong>nah</strong>men. Was einem Außenstehenden<br />
übertrieben streng erscheinen mag ist genau<br />
das, was diese Jungen brauchen: einen<br />
verlässlichen Rahmen, an dessen Grenzen<br />
sie schon einmal stoßen, der ihnen jedoch<br />
Halt und Sicherheit gibt. Dafür erfahren<br />
sie hier auch persönliche Verlässlichkeit,<br />
Geborgenheit und Verständnis.<br />
Kind und Familie<br />
auf den Weg helfen<br />
Vorrangiges Ziel ist es, durch gleichzeitige<br />
intensive Elternarbeit die Erziehungs -<br />
fähigkeit in der Familie des einzelnen Kindes<br />
zu stärken, so dass eine Rückkehr<br />
möglich ist. Doch auch die Entwicklung<br />
der Jungen während des Heimaufenthalts<br />
wird in den altersgemischten Gruppen gefördert.<br />
Sie erleben soziales Zusammen-<br />
leben mit allen Bereicherungen, Rücksichten<br />
und Pflichten. Rechtzeitig aufstehen,<br />
Körperpflege, Kleidungswechsel,<br />
Ordnung halten, Saubermachen, Umgang<br />
mit Taschengeld, Einkaufen, Kochen etc. –<br />
all dies wird eingeübt und macht die<br />
jungen Menschen „alltagstauglich“.<br />
Etwa zwei Drittel der Jungen besuchen die<br />
benachbarte Dr.-Elisabeth-Bamberger-<br />
Schule, eine Schule zur Erziehungshilfe.<br />
Lehrkräfte und Fachkräfte des Heims<br />
können dadurch eng zusammen wirken in<br />
der Betreuung der Kinder: Nicht nur, indem<br />
sie die individuellen Förderpläne<br />
gemeinsam erarbeiten und sich regelmäßig<br />
über die Situation in Schule, Heim und<br />
Familie austauschen. Jugendhilfe hält<br />
direkt Einzug in den Unterricht der<br />
Förderschüler. Wenn die Jungs im Fach<br />
„Sozialtraining“ lernen, Krisen zu reflektieren<br />
und in Konfliktsituationen fair<br />
miteinander umzugehen, dann lernen sie<br />
nicht für die Schule und nicht (nur) für<br />
das Miteinander im Heim – sondern für<br />
ihr Leben.<br />
Zahlen und Standort<br />
39 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in dem<br />
Bereich tätig.<br />
61 Kinder und Jugendliche zwischen<br />
9 und 16 Jahren wohnten 2007 im<br />
Amalie-Nacken-Heim.<br />
Amalie-Nacken-Heim<br />
Hermann-Stockmann-Straße 13<br />
85221 Dachau<br />
Tel. (089) 23 17 16 -8410<br />
amalie-nacken-heim@kinderschutz.de
Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen (SBW)<br />
und Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung (ISE)<br />
Leben lernen<br />
Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen (SBW) und Intensive Sozialpädagogische<br />
Einzelbetreuung (ISE) sind stationäre Angebote der Jugendhilfe, in denen Jugendliche<br />
in der Regel ab 16 Jahren in vom <strong>Kinderschutz</strong> e.V. angemieteten Wohnungen<br />
betreut werden. Die Jugendlichen wohnen entweder alleine in Appartements oder<br />
in Wohngemeinschaften mit bis zu drei Jugendlichen.<br />
Im SBW oder in der ISE werden junge<br />
Menschen betreut, die nicht oder nicht<br />
mehr in größeren Gruppen leben können<br />
oder wollen und ein durch eine sozialpädagogische<br />
Bezugsperson begleitetes<br />
spezielles Betreuungsumfeld brauchen. Sie<br />
werden wöchentlich zwischen acht und<br />
15 Stunden betreut, je nach ihren Bedürfnissen.<br />
Häufig handelt es sich um junge<br />
Menschen mit sogenannten „Multiproblemlagen“,<br />
also Schwierigkeiten in<br />
verschiedenen persönlichen Bereichen, in<br />
unterschiedlichen Situationen und Lebenslagen.<br />
Ihnen kann durch diese intensive<br />
Form der Betreuung individuell und flexibel<br />
begegnet werden. Inhalt der Betreuung<br />
kann es auch sein, die Jugendlichen in<br />
weiterführende Hilfen wie z.B. eine Therapie<br />
zu vermitteln bzw. sie zur An<strong>nah</strong>me<br />
solcher Hilfen zu motivieren.<br />
Ein Weg aus der Isolation<br />
Alexander ist 18 und lebt seit einem Jahr<br />
in einem Appartement des SBW. Er ist ein<br />
Einzelgänger, die Geschichte seiner Jugend<br />
von Zurückweisungen geprägt. Seine Mutter<br />
hatte den Kontakt zu ihm schon früh ab-<br />
gebrochen. Sein einziger Sozialkontakt in<br />
der Kindheit war sein Onkel, bei dem er<br />
aufwuchs. Eines Tages jedoch war dem<br />
„Pflegeonkel“ die neue Partnerschaft wichtiger<br />
als Alexander und er wollte den<br />
Jungen nicht mehr bei sich haben.<br />
Alexander war gerade einmal 14 Jahre alt.<br />
Er lebte daraufhin drei Jahre lang in verschiedenen<br />
Wohngruppen. Wohl gefühlt<br />
hat er sich dort nicht.<br />
Der junge Mann wirkt äußerlich sehr<br />
angepasst und sucht hauptsächlich<br />
Kontakt zu Erwachsenen – zu Jugendlichen<br />
seines Alters kann er hingegen nur<br />
schwer Kontakte aufbauen. Alexander hat<br />
einen Realschulabschluss. In einer bereits<br />
begonnenen Lehre konnte er den Belastungen<br />
des Alltags jedoch nicht standgehalten<br />
und brach die Ausbildung ab. Ein<br />
Sozialpädagoge im SBW übernimmt vielfältige<br />
Aufgaben in der Betreuung des<br />
Jugendlichen: Alexander benötigt Unterstützung<br />
bei der Berufsfindung, in der<br />
selbständigen Führung eines Haushalts, im<br />
Umgang mit Geld und bei vielen anderen<br />
„alltäglichen“ Dingen. Er muss all das lernen,<br />
was Jugendliche normalerweise aus dem<br />
Auch Gruppenaktivitäten wie Gitarrenkurse<br />
gehören zum Angebot des SWB. Sie schaffen den<br />
Jugendlichen einen Raum für gemeinsame<br />
Erlebnisse.<br />
Elternhaus oder ihrem sozialen Umfeld<br />
mitbekommen, bevor sie flügge werden.<br />
Übergeordnetes Ziel ist es jedoch,<br />
gemeinsam mit Alexander nach Wegen zu<br />
suchen, die ihn aus seiner Isolation führen<br />
und ihm Kontakte zu Gleichaltrigen<br />
ermöglichen.<br />
Bei Bedarf auch intensiv<br />
Die Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung<br />
ISE unterscheidet sich vom<br />
sozialpädagogisch Betreuten Wohnen<br />
(SBW) hinsichtlich der Ausgangslage der<br />
Klienten und damit im Betreuungsumfang:<br />
Die jungen Menschen, die im Rahmen der<br />
ISE betreut werden haben meist keinen<br />
Schulabschluss, große Probleme mit der<br />
Alltagsstruktur und bedürfen oft aufgrund<br />
von psychischen Erkrankungen einer intensiveren<br />
Betreuung. Sowohl im SBW wie<br />
auch im ISE wird – bei Volljährigen nur<br />
mit deren Zustimmung – versucht, auch<br />
mit den Eltern der Jugendlichen zu arbeiten<br />
um wichtige Familienbindungen zu stärken.<br />
Zahlen und Standort<br />
19 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
41 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene<br />
wurden 2007 im Rahmen des Angebotes betreut.<br />
Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen /<br />
Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung<br />
Kathi-Kobus-Straße 11<br />
80797 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9010<br />
sbw-ise@kinderschutz.de<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
25
26<br />
Stationäre Erziehungsangebote und betreute Wohnformen<br />
Kurt-Seelmann-Wohngruppen<br />
Tür an Tür mit Alex –<br />
junge Menschen lernen<br />
Selbständigkeit im Miteinander<br />
Eine ruhige Straße, ein Gartentor, ein kleines<br />
Rasenstück – von außen strahlt das Häuschen<br />
im Karlsfelder Wohngebiet normale<br />
Familienidylle aus. Innen eigentlich auch –<br />
nur dass die „Kinder“ keine Geschwister<br />
sind und sozialpädagogische Fachkräfte<br />
die Betreuung übernehmen. Dieses und ein<br />
weiteres Haus in Karlsfeld <strong>nah</strong>e Dachau<br />
sind sozusagen heilpädagogische „Mini-<br />
Heime“. Ruhig, glücklich und friedlich geht<br />
es hier – wie in jeder Familie – nicht immer<br />
zu. Massive soziale und emotionale Belastungen<br />
prägten die Kindheit und Jugend<br />
der Bewohnerinnen und Bewohner. In der<br />
Wohngruppe finden sie nun einen Ort, an<br />
dem sie Geborgenheit, Zuverlässigkeit und<br />
klare Strukturen erfahren. Hier werden sie<br />
gefördert und gefordert.<br />
Für die Vermittlung der Jugendlichen in<br />
die Wohngruppe ist das Jugendamt zuständig.<br />
Gründe für die Auf<strong>nah</strong>me der<br />
Jungen und Mädchen sind meist seelische<br />
Verletzungen und Verwahrlosungstendenzen.<br />
Die Entwicklungs- und Sozialisations -<br />
defizite der jungen Menschen äußern sich<br />
unterschiedlich. Manche können ihre<br />
Aggressionen nicht kontrollieren und<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
zerstören zum Beispiel sinnlos Gegenstände.<br />
Andere haben Schwierigkeiten im<br />
gesellschaftlichen Umgang, leben total<br />
isoliert und ziehen sich bis zur völligen<br />
Vereinsamung zurück. Die meisten haben<br />
massive Schulprobleme und sehen einer<br />
unsicheren Zukunft entgegen.<br />
Stabilität durch einen<br />
strukturierten Tag<br />
In zwei heilpädagogischen Wohngruppen<br />
leben jeweils acht Kinder und Jugendliche<br />
im Alter von acht bis achtzehn Jahren. Sie<br />
werden von einem Team aus sozialpädagogischen<br />
und psychologischen Fachkräften<br />
rund um die Uhr betreut. Ein geregelter<br />
Tagesablauf mit beispielsweise gemeinsamen<br />
Mahlzeiten, Freizeitaktivitäten, Zeiten<br />
der Hausaufgabenbetreuung sowie individuellen<br />
Lernzeiten bietet den stabilisierenden<br />
Rahmen, den die jungen Menschen<br />
brauchen, um sich weiter entwickeln zu<br />
können.<br />
Gemeinsame Freizeitaktivitäten wie Spielangebote,<br />
Ausflüge oder Ferienfreizeiten<br />
stärken den Zusammenhalt der jungen<br />
Menschen und sind Übungsfelder, in denen<br />
sie sich im sozialen<br />
Miteinander erproben<br />
können.<br />
Die Kurt-Seelmann-<br />
Wohngruppen bieten<br />
den Kindern<br />
und Jugendlichen<br />
in erster Linie einen<br />
geschützten, strukturierten<br />
Rahmen,<br />
in dem sie sich ihrem<br />
Alter entsprechend<br />
entwickeln<br />
können. Hier können<br />
sie lernen, ein<br />
selbständiges und<br />
selbstbewusstes<br />
Leben zu führen. In<br />
Einzelfällen kann es Ziel der stationären<br />
Unterbringung sein, durch Entzerrung der<br />
familiären Situation die Verhältnisse zu<br />
entspannen und den Jugendlichen nach<br />
intensiver Arbeit mit den Eltern wieder in<br />
die Familie einzugliedern.<br />
2007 war für die Kurt-Seelmann-Wohngruppen<br />
ein sehr erfolgreiches Jahr. Alle<br />
Jugendlichen haben ihr Klassenziel<br />
erreicht bzw. ihre Schule erfolgreich<br />
abgeschlossen, wobei auch Realschüler<br />
und Gymnasiasten ihren schulischen<br />
Anforderungen gewachsen waren. Vier<br />
Jugendliche konnten in Berufsfördermaß<strong>nah</strong>men<br />
vermittelt werden, ebenso viele<br />
begannen im September eine Lehre, unter<br />
anderem zur Erzieherin und zum Kfz-<br />
Mechatroniker. Für sieben Jugendliche<br />
hieß es letztes Jahr Abschied nehmen. Sie<br />
konnten in eigene Wohnungen umziehen<br />
und werden von sozialpädagogischen<br />
Fachkräften der Kurt-Seelmann-Wohngruppen<br />
nur noch wenige Stunden<br />
wöchentlich betreut.<br />
Zahlen und Standort<br />
19 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
20 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene<br />
zwischen 8 und 18 Jahren wurden 2007 in den<br />
Wohngruppen betreut.<br />
Kurt-Seelmann-Wohngruppen<br />
Burgfriedenstraße 34a<br />
85221 Dachau<br />
Tel. (089) 23 17 16 -8110<br />
wohngruppen@kinderschutz.de
Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen<br />
für Mutter/Vater und Kind (MVK)<br />
Wenn die Kraft für zwei<br />
(noch) nicht reicht<br />
6.163 Mütter waren laut statistischem Bundesamt im Jahr 2006 noch minderjährig,<br />
als sie ihr Kind zur Welt brachten. Zwar sank die jährliche Anzahl der<br />
Teenagerschwangerschaften in den vergangenen Jahren stetig um einige Hundert,<br />
dennoch: von etwa 100 Neugeborenen hat eines eine Mutter unter 18 – und auch<br />
der Vater des Kindes ist oftmals noch minderjährig.<br />
Nicht immer kommen die selbst noch<br />
heranwachsenden Mütter und Väter so<br />
unerwartet früh mit dem „Elternsein“ zurecht.<br />
Wenn die Partnerschaft intakt ist,<br />
sind viele junge Eltern ihrer neuen Aufgabe<br />
mit etwas Hilfe häufig gewachsen. Oft<br />
werden sie auch von helfenden Händen<br />
aus der Familie unterstützt. Was aber,<br />
wenn die minderjährigen Mamas und<br />
Papas ohne Partner oder Partnerin dastehen<br />
und ihr eigenes Leben noch nicht im Griff<br />
haben?<br />
Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. unterstützt und hilft<br />
alleinerziehenden Müttern und Vätern ab<br />
16 Jahren und deren Kind(ern) im Rahmen<br />
des sozialpädagogisch betreuten Wohnens<br />
für Mut-ter/Vater und Kind (MVK). Die<br />
betreuten kleinen Familien leben möglichst<br />
selbständig in vom <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
angemieteten Wohnungen und werden<br />
jeweils durch ein oder auch zwei Betreuerinnen<br />
bedarfsorientiert unterstützt.<br />
Reif für Familie?<br />
Die betreuten Alleinerziehenden benötigen<br />
aufgrund ihres Alters und/oder<br />
schwierigen Lebenslagen sozialpädagogische<br />
Hilfe, Orientierung und Rat, um ihr<br />
Kleinkind adäquat versorgen zu können.<br />
Doch nicht nur um die Kindererziehung zu<br />
bewältigen, sondern auch um ihr eigenes<br />
Leben zu meistern, ihre Schul- oder Ausbildungssituation<br />
zu klären oder ggf. eine<br />
weiterführende Hilfe wie z.B. eine Therapie<br />
zu finden, erhalten diese Eltern Unterstützung.<br />
Da die Beziehung zum Vater<br />
bzw. zur Mutter des Kindes oft in Scherben<br />
liegt, erhalten die jungen Männer und<br />
Frauen auch in der Überwindung dieser<br />
Gräben Beistand, so dass das Kind möglichst<br />
zu beiden Elternteilen eine Beziehung<br />
aufbauen kann. Auch der oder die<br />
neue Partner/in wird einbezogen.<br />
Perspektiven entwickeln<br />
Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. betreut im MVK<br />
zahlreiche junge Mütter mit Migrationshintergrund.<br />
Sie leiden neben sprachlichen<br />
Problemen und Isolation oftmals unter<br />
unverarbeiteten Traumata – wie die 19jährige<br />
Aishe. Sie ist aus ihrer Heimat<br />
Äthiopien geflohen und wurde bereits<br />
während der Schwangerschaft betreut.<br />
Ihre Tochter ist jetzt 18<br />
Monate alt. Die junge Frau<br />
leidet seit sie in Deutschland<br />
ist unter Alpträumen.<br />
Über ihre Fluchtgeschichte<br />
kann und will sie nicht<br />
sprechen. Nachdem Aishe<br />
anfänglich extrem misstrauisch<br />
war und sich niemandem<br />
öffnete, hat sie<br />
inzwischen Vertrauen zu<br />
ihrer Betreuerin gefasst.<br />
Um ihre Vergangenheit zu<br />
bewältigen und sich für ein selbständiges<br />
Leben mit ihrer Tochter zu stärken, hat sie<br />
mittlerweile einer Therapie zugestimmt.<br />
Zwei Termine hat sie bereits wahrgenommen.<br />
Auch beruflich hat sich Aishe inzwischen<br />
Ziele gesteckt. Sie besucht nun einen<br />
Deutschkurs und ihre Tochter konnte mit<br />
Unterstützung der Betreuerin halbtags in<br />
einer Kinderkrippe untergebracht werden.<br />
Höhepunkt der Woche ist für Aishe die<br />
Nähgruppe im Haus des MVK. Hier hat sie<br />
ihr Talent für Handarbeit entdeckt. Sie ist<br />
stolz auf ihre Fähigkeiten, entwirft und<br />
näht Kleidung für sich und ihre Tochter<br />
und gibt den anderen Frauen in der Gruppe<br />
Ratschläge. Sie hofft, mit ein bisschen<br />
Übung so gut zu werden, dass es für einen<br />
Job, z.B. eine Ausbildung in einer Änderungsschneiderei,<br />
reicht. In der Nähgruppe<br />
hat Aishe auch erstmals seit sie in<br />
Deutschland ist eine Freundin gefunden,<br />
mit der sie sich treffen, über Kinderkrankheiten<br />
und Mode aber auch über die Freuden<br />
und Schwierigkeiten des Alltags austauschen<br />
kann.<br />
Zahlen und Standort<br />
11 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
20 Mütter und Väter wurden mit ihren Kindern<br />
2007 betreut und begleitet.<br />
Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen für<br />
Mutter/Vater und Kind<br />
Olga-Heerdegen-Haus<br />
Heimperthstraße 13<br />
80935 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9010<br />
mvk@kinderschutz.de<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
27
28<br />
Stationäre Erziehungsangebote und betreute Wohnformen<br />
NahRaum<br />
„Konstruktive Auszeit“ für die Familie<br />
Die sozialräumliche Wohngruppe NahRaum<br />
wurde im September 2007 eröffnet und<br />
bietet Betreuung für bis zu acht Kinder,<br />
Jugendliche und deren Familien. Das<br />
Modellprojekt wurde in enger Kooperation<br />
mit dem Stadtjugendamt München und<br />
zwei Sozialbürgerhäusern entwickelt.<br />
Sozialräumlich bedeutet, dass in NahRaum<br />
nur Kinder und Jugendliche aus den<br />
Sozialregionen Feldmoching/Hasenbergl<br />
und Milbertshofen/Am Hart/Harthof aufgenommen<br />
werden, die aufgrund einer<br />
Krise vorübergehend nicht bei ihren Eltern<br />
leben können. Wenn Platz in NahRaum ist,<br />
kann ein Kind sofort aufgenommen werden.<br />
In einem begrenzten Zeitraum von maximal<br />
sechs Monaten wird auf der Basis<br />
eines fundierten Clearings intensiv mit der<br />
Familie gearbeitet. Ziel ist es, den Kindern<br />
schnell wieder ein Leben zuhause zu ermöglichen.<br />
Eine erfolgreiche Unterstützung<br />
durch NahRaum verhindert im besten<br />
Fall einen kostspieligen dauerhaften<br />
Heimaufenthalt.<br />
Eltern bleiben in der<br />
Verantwortung<br />
Die Eltern sind intensiv am Leben in der<br />
Wohngruppe beteiligt und werden dabei<br />
in Gesprächen beraten als auch in Alltagssituationen<br />
begleitet. Zusätzlich zu<br />
der Arbeit mit Kind und Eltern in NahRaum<br />
erhalten die Eltern Unterstützung durch<br />
die Ambulante Erziehungshilfe (AEH), die<br />
spätestens mit Beginn der Auf<strong>nah</strong>me des<br />
Kindes in NahRaum installiert wird.<br />
NahRaum und AEH arbeiten abgestimmt<br />
und eng zusammen, um eine größtmögliche<br />
Kontinuität im Betreuungsprozess und den<br />
Erfolg der „konstruktiven Auszeit“ sicher<br />
zu stellen.<br />
Beispielsweise wurden die drei Geschwister<br />
Lukas, Jessika und Marie in NahRaum aufgenommen.<br />
Ihre Eltern leben getrennt. Die<br />
Mutter ist mit der Erziehung der Kinder<br />
zeitweise vollkommen überfordert. Zwischen<br />
den Eltern ist kaum noch ein<br />
freundliches Wort möglich, nur das nötigste<br />
wird besprochen. Das belastet nicht<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
nur die Mutter, sondern auch die Kinder.<br />
Besonders Lukas, mit neun Jahren der älteste,<br />
leidet sehr darunter, seinen Vater<br />
nicht mehr so oft zu sehen. Er versteht<br />
nicht, warum die Familie nicht mehr zusammen<br />
leben kann.<br />
Vertrautes bewahren und neue<br />
Bezüge herstellen<br />
Die Kinder können durch die wohnort<strong>nah</strong>e<br />
Unterbringung weiterhin ihren Kindergarten,<br />
ihre Schule und ihren Hort<br />
besuchen und verlieren so nicht den Bezug<br />
zu Schulfreunden, Lehrerinnen und<br />
Lehrern sowie weiteren Bezugspersonen.<br />
In NahRaum haben die Geschwister auch<br />
weiterhin regelmäßig Kontakt zu ihren Eltern,<br />
die in ihrer Erziehungsverantwortung<br />
bleiben. Eigentlich geht das Familienleben<br />
zu großen Teilen weiter – aber in einem<br />
geschützten Raum: Die Mutter bringt<br />
morgens z.B. Lukas zum Schulbus, am<br />
Nachmittag kommt sie in die Wohngruppe,<br />
um mit Jessika und Marie zu spielen.<br />
Gemeinsam mit einer Sozialpädagogin erarbeitet<br />
sie Möglichkeiten einer sinnvollen<br />
und dem Alter ihrer Kinder angemessenen<br />
Freizeitbeschäftigung. Beim gemeinsamen<br />
Kochen nähern sich Mutter und Sohn mit<br />
Unterstützung der Betreuerin langsam<br />
wieder an.<br />
Der Vater der Kinder kommt regelmäßig,<br />
um am Abendessen teilzunehmen und anschließend<br />
die Kinder ins Bett zu bringen.<br />
Schwierige Situationen werden zeit<strong>nah</strong><br />
gemeinsam geklärt und mit dem jeweiligen<br />
Elternteil Lösungen erarbeitet, was zu einer<br />
Verbesserung der familiären Situation beitragen<br />
kann. Bereits nach wenigen Wochen<br />
zeigen sich sowohl im Verhalten der<br />
Kinder, wie auch im Umgang der Mutter<br />
bzw. des Vaters mit den Kindern erste<br />
Erfolge und die Rückführung der Kinder<br />
kann schrittweise begonnen werden.<br />
Zahlen und Standort<br />
10 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
6 Kinder, Jugendliche und deren Familien wurden<br />
2007 im Rahmen des Projekts unterstützt und<br />
begleitet.<br />
NahRaum<br />
Olga-Heerdegen-Haus<br />
Heimperthstraße 13a<br />
80935 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -7540<br />
<strong>nah</strong>raum@kinderschutz.de
Vormundschaft<br />
Vormundschaften und Pflegschaften<br />
Auf die Weichenstellung kommt es an<br />
Ein Vormund oder Pfleger wird vom Vormundschaftsgericht<br />
bestellt, wenn die<br />
gesetzliche Vertretung des Kindes von den<br />
Eltern nicht oder nur in Teilbereichen ausgeübt<br />
werden kann. Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
ist mit Vormundschaften für etwa 75<br />
Kinder und Jugendliche betraut. Eine<br />
Sozialpädagogin und ein Sozialpädagoge<br />
erfüllen ganz oder in Teilbereichen die<br />
Personensorge, d.h. die Pflege, Erziehung,<br />
Beaufsichtigung und Aufenthaltsortbestimmung<br />
eines jungen Menschen die<br />
Vertretung in allen Rechtsgeschäften und<br />
die Vermögenssorge. Sie sind auch für die<br />
Organisation von geeigneten Hilfen, die<br />
Kooperation mit Schule, Ausbildungsbetrieb,<br />
Eltern sowie dem sozialen Umfeld<br />
verantwortlich.<br />
Oftmals stellen Pfleger und Vormunde<br />
ganz maßgebliche Weichen im Leben der<br />
Mündel. Der 9-jährige Sebastian würde<br />
heute eine andere Schullaufbahn verfolgen,<br />
hätte sein Pfleger nicht das Potenzial<br />
gesehen, das in dem quirligen Jungen<br />
steckte. Sebastian lebt bei Pflegeeltern,<br />
die Pflegschaft für den Bereich „Regelung<br />
der schulischen Belange“ wurde dem<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V. übertragen. Bei der<br />
Einschulung hatte der betreuende Sozialpädagoge<br />
die Schulwahl zu treffen.<br />
Sebastian besuchte seit zwei Jahren eine<br />
Heilpädagogische Tagesstätte. Sein Betreuer<br />
in der HPT beschrieb den Jungen als<br />
intelligent. Allerdings sei er sehr unruhig<br />
und lasse sich leicht ablenken. Da eine<br />
reguläre Grundschule mit großen Klassen<br />
den „Problemjungen“ vermutlich vollkommen<br />
überfordern würde, empfahl er eine<br />
Schule zur Erziehungshilfe.<br />
Der mit der Pflegschaft betraute Mitarbeiter<br />
bestand jedoch darauf, der Einschätzung<br />
der Pflegeeltern zu vertrauen<br />
und den künftigen ABC-Schützen mit<br />
Zustimmung des Rektors in die nächstgelegene<br />
Grundschule einzuschulen. Heute,<br />
in der 3. Klasse, sind seine Noten „gut“ bis<br />
„sehr gut“. Sein Sozialverhalten und seine<br />
Lern- und Arbeitsmotivation werden gelobt.<br />
Sebastian kann sehr wahrscheinlich<br />
nach der 4. Klasse auf ein Gymnasium<br />
wechseln.<br />
Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge<br />
Allein in einem fremden Land<br />
Eine Sonderform der Vormundschaft ist<br />
die Sorge für unbegleitete minderjährige<br />
Flüchtlinge (UmF). Diese sind nach Flucht<br />
vor Krieg, Verfolgung, Vertreibung, Gewalt,<br />
Hunger oder Naturkatastrophen nach<br />
Deutschland gelangt. So wurden sie von<br />
ihrer Familie, ihren Freunden und ihrer<br />
Heimat abgeschnitten. Der weitere Lebensweg<br />
ist für sie völlig ungewiss. Die<br />
entwurzelten Kinder und Jugendlichen<br />
brauchen insbesondere Unterstützung bei<br />
der Beantragung von Asyl, bei der Sicherung<br />
ihres Lebensunterhalts und der Entwicklung<br />
neuer Perspektiven. Zwei Juristinnen<br />
mit Schwerpunkt Ausländerrecht<br />
sind beim <strong>Kinderschutz</strong> e.V. für etwa 45<br />
Minderjährige, die ohne sorgeberechtigte<br />
Begleitung nach Deutschland geflohen<br />
sind, Helferinnen in allen Lebenslagen.<br />
Oft wurden die jungen Flüchtlinge von<br />
Schleppern aus krisengeschüttelten Ländern<br />
wie bei-spielsweise dem Irak, Afghanistan,<br />
Äthiopien, Sierra Leone, Somalia<br />
oder dem Kongo nach Deutschland geschleust.<br />
Aus ihrer Heimat und den Tagen<br />
oder sogar Wochen ihrer Flucht haben sie<br />
unterschiedlichste Erfahrungen mitgebracht.<br />
Viele sind traumatisiert, sei es<br />
durch Kriegserlebnisse, weil sie Gewalt<br />
ausgesetzt waren, als Kindersoldaten dienen<br />
mussten, vergewaltigt wurden oder<br />
auf der Flucht traumatisierende Situationen<br />
erlebt haben. Um damit umgehen zu<br />
können, benötigen sie Sicherheit in ihrem<br />
persönlichen Umfeld. Die Betreuerinnen<br />
des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. fördern diese<br />
Sicherheit und Geborgenheit, indem sie<br />
stabile Beziehungen pflegen und die jungen<br />
Menschen bei der Organisation ihres<br />
Lebensalltags unterstützen.<br />
Auch in Deutschland haben die jungen<br />
Menschen einige Hürden zu überwinden:<br />
Falls sie nicht gleich „untertauchen“,<br />
werden sie in der Erstauf<strong>nah</strong>meeinrichtung<br />
durch das Jugendamt in Obhut<br />
genommen. Nach einem Zeitraum von oft<br />
mehreren Monaten bestellt das Vormundschaftsgericht<br />
einen Vormund. Jugendliche<br />
über 16 Jahre bleiben dann oft in der Gemeinschaftsunterkunft.<br />
Wird keine<br />
Jugendhilfe gewährt, müssen sie sich sogar<br />
ohne Betreuung hier zurechtfinden.<br />
Für die Mündel üben die Mitarbeiterinnen<br />
des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. in Zusammenarbeit<br />
mit dem Jugendamt und den betreuenden<br />
Einrichtungen die Personensorge aus. Sie<br />
kümmern sich darum, dass die Jugendlichen<br />
deutsch lernen, zur Schule gehen<br />
können, sich in Deutschland eingewöhnen<br />
und realistische Lebensperspektiven für ein<br />
Leben in Deutschland entwickeln – und<br />
auch Szenarien für eine eventuell erforderliche<br />
Rückkehr in ihr Heimatland.<br />
Zusätzlich begleiten und vertreten die<br />
Mitarbeiterinnen des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. die<br />
Kinder und Jugendlichen im Asylverfahren<br />
und vor der Ausländerverwaltung.<br />
Zahlen und Standort<br />
4 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
121 Kinder und Jugendliche wurden 2007 als<br />
Mündel betreut und begleitet.<br />
Vormundschaft<br />
Liebherrstraße 5<br />
80538 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9710<br />
vormundschaft@kinderschutz.de<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
29
30<br />
Rechtliche Betreuung<br />
Profis und Ehrenamtliche organisieren Leben<br />
Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. ist einer von acht<br />
Münchner Betreuungsvereinen. Zwei Sozialpädagoginnen<br />
und eine Psychologin<br />
mit türkischem Migrationshintergrund<br />
betreuen etwa 60 erwachsene Menschen,<br />
die aufgrund geistiger, psychischer oder<br />
körperlicher Behinderung nicht in der Lage<br />
sind, ihre Rechtsgeschäfte eigenständig zu<br />
erledigen. Jemanden rechtlich zu betreuen<br />
bedeutet, ihn beispielsweise gegenüber<br />
Banken, Versicherungen, Behörden, Ärzten,<br />
Vermieter etc. zu vertreten. Der persönliche<br />
Wille der oder des Betreuten steht dabei<br />
immer im Vordergrund.<br />
Querschnittsaufgabe: Beratung<br />
und Information<br />
Eine Mitarbeiterin des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
hat die Aufgabe, im Auftrag der Landeshauptstadt<br />
München Bürgerinnen und<br />
Bürger über Vorsorgemöglichkeiten (Vorsorgevollmacht,<br />
Betreuungsverfügung,<br />
Patientenverfügung) zu informieren und<br />
bei der Erstellung einer Vollmacht oder<br />
Verfügung zu unterstützen. Im Rahmen<br />
von Informationsveranstaltungen und in<br />
persönlichen Beratungsgesprächen können<br />
Fragen geklärt werden wie:<br />
■ Soll ich eine Patientenverfügung<br />
handschriftlich schreiben oder ein<br />
Formular benutzen?<br />
■ Welches Formular ist das Richtige?<br />
■ Wo bewahrt man dieses Schriftstück<br />
am besten auf?<br />
■ Was sind lebensverlängernde<br />
Maß<strong>nah</strong>men?<br />
■ Verhungert derjenige, der nicht<br />
künstlich ernährt werden möchte?<br />
Auch Bürgerinnen und Bürger, die eine<br />
rechtliche Betreuung beispielsweise eines<br />
oder einer Angehörigen übernehmen, stehen<br />
oftmals vor Fragen wie:<br />
■ Muss mich der Arzt fragen, ob ich mit<br />
der Untersuchung einverstanden bin?<br />
■ Muss mir die Bank Auskunft geben<br />
über den Kontostand?<br />
■ Darf ich eine Pflegestufe beantragen<br />
und wie geht das?<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
■ Woran erkenne ich ein gutes<br />
Pflegeheim?<br />
Bei all diesen Fragen ist der <strong>Kinderschutz</strong><br />
e.V. eine kompetente Anlaufstelle.<br />
Querschnittsaufgabe: Brücke<br />
zum Ehrenamt<br />
Darüber hinaus setzt sich der Verein dafür<br />
ein, das ehrenamtliche Engagement im<br />
Bereich der rechtlichen Betreuung zu fördern<br />
und Interessierte für diese verant-<br />
Möchten Sie sich über Vorsorgemöglichkeiten<br />
informieren? Oder können<br />
Sie sich vorstellen, ein paar Stunden<br />
ehrenamtlich zu investieren und<br />
selbst eine rechtliche Betreuung zu<br />
übernehmen?<br />
Dann ist unsere hauptamtliche<br />
Betreuerin Veronika Vaitl die richtige<br />
Ansprechpartnerin.<br />
Sie steht Ihnen gerne für ein ausführ -<br />
liches Gespräch zur Verfügung:<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9732,<br />
v.vaitl@kinderschutz.de<br />
wortungsvolle und auch bereichernde<br />
Aufgabe zu motivieren. Dazu werden<br />
Informationsveranstaltungen und Beratung<br />
für Interessierte angeboten. Auch ist<br />
der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. beispielsweise auf<br />
der Münchner Freiwilligenmesse vertreten.<br />
Die ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer<br />
erhalten Schulungen und Fortbildungen<br />
und werden bei ihrer Tätigkeit begleitet.<br />
Ein regelmäßiger Stammtisch bietet den Ehrenamtlichen<br />
die Gelegenheit zum fachlichen<br />
und persönlichen Austausch.<br />
Zahlen und Standort<br />
3 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
65 Erwachsene wurden 2007 rechtlich betreut.<br />
53 ehrenamtliche rechtliche Betreuerinnen und<br />
Betreuer wurden informiert, geschult und bei<br />
ihrer Aufgabe begleitet.<br />
Rechtliche Betreuung<br />
Liebherrstraße 5<br />
80538 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9710<br />
betreuung@kinderschutz.de
Wir sagen Danke<br />
Damit unsere Konzepte gelingen und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Ziele in ihrer Arbeit mit Kindern, Jugendlichen<br />
und Familien erreichen können, bedarf es der Unterstützung vieler. Nicht nur, dass unsere Bemühungen Hand in Hand<br />
gehen müssen mit den Leistungen anderer Institutionen und Organisationen. Soziale Dienstleistung ist immer auch auf<br />
finanzielle Unterstützung angewiesen. Dies wird umso bedeutender, je mehr öffentliche Budgets unter das Maß des dringend<br />
Notwendigen gestrichen werden. Ohne die Unterstützung Dritter würden viele unserer Projekte nicht möglich sein, ließen sich<br />
keine neuen Projekte entwickeln, würden einzelne Familien nicht mal mehr das Notwendige zum Leben haben. Dankenswerterweise<br />
werden wir von einer Vielzahl an Förderern unterstützt, die unsere Arbeit schätzen und sich gerne engagieren.<br />
Wir danken unseren<br />
■ Mitgliedern<br />
■ Fördermitgliedern<br />
■ Tierpatinnen und Tierpaten<br />
■ Spenderinnen und Spendern,<br />
die mit ihren kleinen und großen Beiträgen<br />
unsere Bemühungen zum Wohle von<br />
Kindern, Jugendlichen und Familien unterstützen.<br />
Unseren Dank richten wir auch<br />
an alle Stiftungen und Organisationen,<br />
Vereine und Initiativen, Spenderinnen und<br />
Spender sowie Kooperationspartnerinnen<br />
und Kooperationspartner aus der Wirtschaft<br />
– insbesondere an all diejenigen,<br />
die das Engagement möglich gemacht und<br />
tatkräftig unterstützt haben.<br />
Stiftungen, Organisationen &<br />
Initiativen<br />
■ Charlotte und Werner Herrmann<br />
Stiftung<br />
■ Children for a better world e.V.<br />
■ Dachauer Kleidersalon<br />
■ Deutsche Kinderhilfe Direkt e.V.<br />
■ Gesellschaft für Sportförderung (GFS)<br />
■ Joyful Gospel Singers<br />
■ Lichterkette e.V.<br />
■ Prof. Hermann Auer Stiftung<br />
■ Sportfreunde Aying 1948 e.V.<br />
■ Sternstunden e.V.<br />
■ Stiftung Antenne Bayern hilft e.V.<br />
■ SZ Adventskalender für<br />
gute Werke e.V.<br />
■ Theatergruppe der Haidhauser<br />
Pfarrgemeinde St. Johann Baptist<br />
Unternehmen<br />
■ Accor Hotellerie GmbH – Suitehotel<br />
Parkstadt Schwabing<br />
■ ACE - Schneider<br />
■ Alan Tec Engineering GmbH<br />
■ Allianz<br />
■ Babcock & Brown GmbH<br />
■ BBBank eG<br />
■ bia – Beratung für IT-Anwender<br />
■ BMW Group<br />
■ Burggraf, Weichinger + Partner<br />
Ingenieurgesellschaft mbH<br />
■ Ciao GmbH<br />
■ D&B Deutschland GmbH<br />
■ Deutsche Plasser Baumaschinen GmbH<br />
■ E.ON Energie AG<br />
■ EADS Deutschland GmbH<br />
■ Gaststätte Keferloher<br />
■ Gewinn-Sparverein der Sparda Bank<br />
München e.V.<br />
■ Hewlett-Packard GmbH<br />
■ Koch Universal Music<br />
■ Model Holding AG<br />
■ Münchener Rückversicherungs-<br />
Gesellschaft<br />
■ Münchner Bank eG<br />
■ Münchner Merkur<br />
■ MW Office<br />
■ PlatinMond Media GmbH<br />
■ Praxis für Kinderheilkunde Dr. Knebel<br />
■ Raechl & Mentil<br />
■ RMO & welte DRUCK und Repro<br />
Produktions GmbH<br />
■ RSTV GmbH<br />
■ Siemens AG<br />
■ sputniks werbeagentur GmbH<br />
■ Stadtsparkasse München<br />
■ State Street Bank<br />
■ UBS Deutschland AG<br />
■ Versicherungskammer Bayern<br />
■ Welleat GmbH<br />
■ Yellowspace smart solutions<br />
■ Zahnarztpraxis Dr. med. dent. Gerhard<br />
Schuh<br />
Darüber hinaus gilt unser Dank<br />
■ den Kommunen und den Bezirken<br />
■ der Justiz für die Zuweisung von<br />
Geldauflagen<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
31
32<br />
Neues aus dem Verein<br />
Zuwachs für den <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
Leistungsbereich „Sozialregion Landkreis Dachau“<br />
Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. stärkt mit der Etablierung<br />
des neuen Leistungsbereichs „Sozialregion<br />
Landkreis Dachau“ sein Engagement<br />
für die Kinder, Jugendlichen und<br />
Eltern im Landkreis Dachau. Seit September<br />
2007 sind die heilpädagogische Tagesstätte,<br />
das Schülerzentrum am Schlossberg,<br />
Die Kindertagesstätte Fingerkrautanger<br />
(Milbertshofen), die ihren Betrieb schon einige<br />
Monate vorher aufgenommen hatte,<br />
wurde im Juni 2007 offiziell eingeweiht.<br />
Den Festakt untermalten die Kinder aus<br />
Hort und Kindergarten gemeinsam mit<br />
das Projekt „Job-in“ und die Jugendsozialarbeit<br />
in Markt Indersdorf organisatorisch<br />
im Leistungsbereich Sozialregion Landkreis<br />
Dachau zusammengefasst. Insgesamt 25<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in<br />
dem neuen Bereich unter der Leitung des<br />
langjährigen Leiters des Amalie-Nacken-<br />
einem Theaterstück. Darin und auch in den<br />
internationalen Grüßen, die die Kinder<br />
übermittelten, zeigte sich den Gästen die<br />
kulturelle Vielfalt, die die Kinderbetreuung<br />
im Fingerkrautanger prägt. Seit Oktober<br />
betreut der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. als Betriebs-<br />
Heims, Walter Wüst, beschäftigt. Bisher<br />
waren die Angebote organisatorisch dem<br />
Amalie-Nacken-Heim zugeordnet.<br />
Sozialregion Landkreis Dachau<br />
Frühlingstraße 16<br />
85221 Dachau<br />
Tel. (08131) 332 06 31<br />
sr-landkreis-dachau@kinderschutz.de<br />
Betriebsträgerschaft für drei weitere Kindertagesstätten<br />
Sozialräumliche Wohngruppe NahRaum<br />
Die sozialräumliche Wohngruppe Nah-<br />
Raum wurde im September 2007 eröffnet<br />
und bietet bei akuten familiären Krisen<br />
Betreuung für bis zu acht Kinder, Jugendliche<br />
und deren Familien aus den<br />
Sozialregionen Feldmoching/Hasenbergl<br />
und Milbertshofen/Am Hart/Harthof. Die<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
Kinder leben höchstens ein halbes Jahr<br />
lang in NahRaum. Die Nähe zur elterlichen<br />
Wohnung ermöglicht einen aktiven<br />
Einbezug der Eltern in den Erziehungsalltag<br />
ihres Kindes in der Wohngruppe.<br />
Gleichzeitig werden die Eltern durch eine<br />
ambulante Erziehungshilfe unterstützt.<br />
träger zwei weitere Kindergartengruppen<br />
in der Kindertagesstätte im Michael-<br />
Huber-Weg in München-Haidhausen.<br />
Eine weitere Kindertagesstätte wird im<br />
September <strong>2008</strong> in München-Berg am<br />
Laim eröffnet werden.<br />
Auf diese Weise soll das Kind so schnell<br />
wie möglich wieder nach Hause zurückkehren<br />
können und ein längerer und<br />
kostspieligerer Heimaufenthalt verhindert<br />
werden.
Neue Standorte der Jugendsozialarbeit<br />
Hauptschule Markt Indersdorf<br />
Seit November 2007 wird die Praxisklasse<br />
des Schulverbands Markt Indersdorf durch<br />
eine Sozialpädagogin des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
mit 19,25 Stunden in der Woche unterstützt.<br />
Bereits nach kurzer Zeit zeigt die<br />
Arbeit der Jugendsozialarbeit ihre Wirkung:<br />
Eine Entspannung des Schulalltages<br />
ist für alle spürbar, die Konflikte neben ab<br />
bzw. werden bewältigt und im sozialen<br />
Umgang ist das Miteinander stärker in den<br />
Schule zur individuellen Lernförderung an der Herrnstraße<br />
Auch an der Schule zur individuellen<br />
Lernförderung in der Herrnstraße leistet<br />
der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. seit letztem Jahr<br />
Jugendsozialarbeit. Im Rahmen einer<br />
Nachmittagsbetreuung werden 16 Schülerinnen<br />
und Schüler über den Unter-<br />
richt hinaus versorgt. Sie erhalten dort<br />
unter anderem ein Mittagessen und<br />
Hausaufgabenbetreuung. Für die altehrwürdige<br />
Schule, die im vergangenen Jahr<br />
ihr 125-jähriges Bestehen feierte – die<br />
Grundschule wurde bereits 1882 ge-<br />
Vordergrund getreten.<br />
Ende Januar <strong>2008</strong> startete die Jugendsozialarbeit<br />
an der Hauptschule in Markt Indersdorf.<br />
Durch das Angebot werden rund<br />
500 Schülerinnen und Schüler erreicht.<br />
gründet, der Förderschulbetrieb 1969<br />
aufgenommen – ist diese „offene Ganztagsschule“<br />
eine zeitgemäße Erweiterung<br />
der Förderung von Kindern und Jugendlichen.<br />
KIM - Beratungsstelle für Mädchen und Jungen bei sexuellen<br />
Gewalterfahrungen in FFB<br />
Mit der Unterzeichnung eines entsprechenden<br />
Vertrags mit dem Landkreis<br />
Fürstenfeldbruck haben der <strong>Kinderschutz</strong><br />
e.V. und der Münchner Verein IMMA e.V.<br />
den Grundstein für eine gemeinsame<br />
Fach beratungsstelle im Landkreis gelegt.<br />
Im Februar <strong>2008</strong> hat die Beratungsstelle<br />
mit dem Namen KIM ihre Arbeit aufgenommen.<br />
Das Angebot richtet sich in<br />
erster Linie an Kinder und Jugendliche<br />
bis 21 Jahre mit sexuellen Gewalterfahrungen,<br />
aber auch an ihre Bezugspersonen.<br />
Die Beratung erfolgt telefonisch,<br />
nach Absprache persönlich oder online.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
33
34<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
Eine großartige Frau ist gestorben. Zum Gedenken an<br />
Lotte Wetter<br />
Trägerin des Bayerischen Verdienstordens und<br />
Ehrenvorstandsmitglied des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
* 29. Juni 1909 ✝ 30. November 2007
Am 1. Februar 1949 <strong>nah</strong>m Lotte Wetter ihre Tätigkeit beim<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V. auf – damit begann für den Verein ein wichtiger<br />
Abschnitt in seiner jetzt 107-jährigen Geschichte.<br />
Zusammen mit der Geschäftsführerin des Vereins Franziska<br />
Reislhuber war sie die zweite fest angestellte Wohlfahrtspflegerin<br />
des Vereins überhaupt. Damals waren die Zeiten besonders<br />
für Frauen schwer. Die wirtschaftliche Not war groß und<br />
Wohnraum knapp. Hilfe für Kinder und deren Familien war<br />
dringend geboten. In einem Interview beschrieb Lotte Wetter<br />
ihren Anfang beim <strong>Kinderschutz</strong> – wie sie den Verein bis zuletzt<br />
liebevoll nannte - wie folgt: „Die Geschäftsstelle, in der<br />
wir beide gearbeitet haben, war in Frau Reislhubers Privaträumen.<br />
In den ersten fünf Monaten bekam ich 100 Mark vom<br />
Paritätischen und Essen. Die Tante von Frau Reislhuber hat für<br />
uns gekocht. Danach, als die Sache ganz gut anlief, bekam ich<br />
240 Mark im Monat. Wir führten Vormundschaften. Dazu<br />
kamen Unterhalts- und Sorgerechtspflegschaften. Jede von<br />
uns war für 500 Mündel zuständig. Später war ich einen Tag<br />
in der Woche in der Erziehungsberatungsstelle der Poliklinik in<br />
der Pettenkoferstraße.“<br />
500 Akten waren zu bewältigen. Und Lotte Wetter sah hinter<br />
den Akten stets die Menschen. Sie war stolz darauf, dass sie<br />
in jedem Falle sagen konnte, wo in der Wohnung der Herd<br />
stand. Bald hatte Lotte Wetter den Ruf eines „Vaterschrecks“,<br />
weil sie nichts unversucht ließ, Unterhaltszahlungen für die<br />
Kinder zu erreichen: Dazu gehörte Aufsuchen des Vaters am<br />
Arbeitsplatz, Lohnpfändung, Taschenpfändung. Auch Mütter,<br />
die sich um ihre Kinder nicht kümmerten und der Prostitution<br />
nachgingen, suchte sie in den einschlägigen Etablissements<br />
auf, um ihrer habhaft zu werden.<br />
1962 über<strong>nah</strong>m Lotte Wetter die Geschäftsführung des<br />
Vereins. Eine Reduzierung der Fälle, die sie als Wohlfahrtspflegerin<br />
zu betreuen hatte, war damit nicht verbunden. Später<br />
wurde sie zusätzlich von Prof. Biermann, dem damaligen Leiter<br />
der psychosomatischen Beratungsstelle für Kinder bei der<br />
Universitäts-Kinderpoliklinik München, ins Beratungsteam<br />
geholt und war unter den Ärzten und Therapeuten ein gleichrangiges<br />
Mitglied der psychosomatischen Beratungsstelle.<br />
<strong>Kinderschutz</strong>arbeit, Geschäftsführung und Mitarbeit in der<br />
Klinik waren eigentlich von einer Person nicht zu bewältigen.<br />
Frau Wetter arbeitete immer über dem Limit. Solche<br />
Arbeitsbedingungen sind heute unvorstellbar. Lotte Wetter<br />
fragte nicht danach – sie packte an und versuchte, den<br />
Kindern gerecht zu werden. Wie sie das mit ihrer eigenen Familie<br />
und den drei Kindern fertig gebracht hat, bleibt ein Rätsel.<br />
Sicher mussten ihre Kinder zugunsten der Kinder vom<br />
<strong>Kinderschutz</strong> vieles entbehren.<br />
Das Ansehen des <strong>Kinderschutz</strong> e.V., das er sich bei den<br />
Jugendämtern erworben hat, geht auf Lotte Wetter zurück.<br />
Wenn sie oder der <strong>Kinderschutz</strong> einen schwierigen Fall übernommen<br />
hatten, dann war man beim Jugendamt München<br />
sicher, dass das Kind in guten Händen war. Hier wurde nicht<br />
nur das Notwendige getan, sondern das, was die Not wirklich<br />
wendete.<br />
Mit ihrem 65. Geburtstag begann die Rente. Jetzt aufhören?<br />
Für Lotte Wetter, deren bisheriges Leben aus Arbeit im<br />
<strong>Kinderschutz</strong> und in der Familie bestand, eigentlich nicht<br />
vorstellbar. Sie arbeitete noch zwei Jahre in der Vormundschaft<br />
weiter. Danach setzte Frau Wetter ihr Engagement für<br />
die Kinder und den Verein noch viele Jahre im Vorstand fort.<br />
Sie konnte ihren Verein, ihr Lebenswerk nicht im Stich lassen.<br />
Und das war gut so. Ihre Beteiligung im Vorstand war für<br />
manches Vorstandsmitglied überraschend, denn Lotte Wetter<br />
war stets bestens über die neuen Entwicklungen in der<br />
sozialen Arbeit informiert. Sie stand hinter der Grundaussage<br />
des Vorstandes, dass der Verein alle sozialen Aufgaben der<br />
Jugendhilfe anpacken soll, wenn er sie denn finanzieren kann.<br />
Lotte Wetter war immer mit dabei, wenn es um Innovationen<br />
in der sozialen Arbeit ging. Sie sah die Aufgabe der freien<br />
Wohlfahrtpflege darin, neues zu erproben und notwendige<br />
Hilfen zum Wohl der Kinder und Jugendlichen zu entwickeln.<br />
Der <strong>Kinderschutz</strong> sollte eine Vorreiterrolle spielen.<br />
<strong>Kinderschutz</strong>, so wie ihn Lotte Wetter verstanden hat, ist<br />
heute mehr denn je notwendig. Wenn statistisch gesehen jede<br />
Woche zwei Kinder in Deutschland durch Misshandlung,<br />
Verwahrlosung, Hunger und Durst zu Tode kommen, dann<br />
wird klar, dass Lotte Wetters <strong>Kinderschutz</strong>arbeit weitergehen<br />
muss.<br />
Der Vorstand und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V. wollen diesen Auftrag weiter verfolgen.<br />
Lotte Wetter hat überzeugend vorgelebt, wie es geht. Dafür<br />
sagen wir im Auftrag aller Kinderschützer Danke.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
35
36<br />
Das Jahr 2007 in Zahlen<br />
Wieviele Menschen haben wir erreicht?<br />
2007 hat der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. mit seinen Betreuungs- und<br />
Beratungsangeboten weit über 5.000 Menschen erreicht.<br />
Einzelne Kinder, Jugendliche,<br />
junge Erwachsene 4.170<br />
Kinder und ihre Familien 780<br />
Fachkräfte 415<br />
Erwachsene Betreute 65<br />
Davon…<br />
…durch unsere Beratungsangebote 3.165<br />
…durch schulische Angebote und<br />
Angebote in Schulen 1.341<br />
…durch Einrichtungen und Angebote<br />
der Kinder- und Jugendhilfe 545<br />
…durch Wahrnehmung rechtlicher<br />
Betreuungen und Vormundschaften 214<br />
…durch Einrichtungen der<br />
Kindertagesbetreuung 165<br />
Ehrenamt<br />
Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. qualifizierte darüber hinaus engagierte Menschen für ein Ehrenamt: Bei der Online-Beratung kids-hotline<br />
wurden fortlaufend 70 mitwirkende Ehrenamtliche bei ihrem Engagement begleitet und geschult. Im Bereich rechtliche Betreuung<br />
wurden 53 Menschen informiert und beraten.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong>
Beschäftigte 1994 bis 2007<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
119<br />
130<br />
136<br />
0<br />
1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Ein<strong>nah</strong>men und <strong>Ausgabe</strong>n<br />
Woher kommen unsere Ein<strong>nah</strong>men?<br />
Erträge aus stationären und<br />
teilstationären Leistungen 6.606.157 €<br />
Erträge aus ambulanten Leistungen 2.581.380 €<br />
Öffentliche Zuschüsse 2.655.513 €<br />
Spenden, Sponsoring, Bußgelder 337.413 €<br />
(Teilnehmer/innen-)beiträge Betreute 188.879 €<br />
Sonstige Erträge 283.964 €<br />
Wofür geben wir wieviel aus?<br />
Personalkosten der Angebote und<br />
Einrichtungen 8.239.386 €<br />
Betreuungskosten 1.754.094 €<br />
Hauskosten<br />
Verwaltungskosten (zentrale Dienste,<br />
896.574 €<br />
Büro- und Verwaltungsbedarf) 1.060.155 €<br />
Investitionskosten und Abschreibung 530.897 €<br />
KFZ- und Fahrtkosten 120.251 €<br />
Sonstige Kosten 35.785 €<br />
145<br />
153<br />
159<br />
160<br />
175<br />
53%<br />
20%<br />
21%<br />
3%<br />
1%<br />
2%<br />
66%<br />
14%<br />
7%<br />
8%<br />
4%<br />
1%<br />
38<br />
Ihr Engagement<br />
Sie finden unsere Arbeit wichtig? Sie möchten einen persönlichen Beitrag dazu leisten, dass Kinder und<br />
Jugendliche in eine bessere Zukunft blicken können?<br />
Dann unterstützen Sie uns!<br />
Mit einer Spende:<br />
Sie können zweckgebunden für ein bestimmtes Angebot oder<br />
eines unserer „Förderprojekte“ spenden. Oder Sie überlassen uns<br />
die Entscheidung: Wir wissen, wo ihre Spende am nötigsten<br />
gebraucht wird. Oder machen Sie mit bei der Aktion „Spenden<br />
statt Geschenke“. Sie motivieren Ihre Freunde, Verwandte oder<br />
Mit einer Fördermitgliedschaft:<br />
Als Fördermitglied unterstützen Sie den <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
dauerhaft. Schon ab 10 Euro im Jahr begleiten Sie Kinder und<br />
Jugendliche auf Ihrem Weg in die Zukunft. Entscheiden Sie selbst:<br />
Mit einer Tierpatenschaft auf dem Paulihof:<br />
Die intensive Ausbildung und Versorgung der Tiere ist eine wichtige<br />
Voraussetzung, um auf unserem Paulihof erfolgreich mit Kindern<br />
Ihr Beitrag kommt Kindern, Jugendlichen und<br />
deren Familien auf folgende Weise zu Gute:<br />
Hilfe im Einzelfall<br />
Menschen, die in Not geraten, haben einen Anspruch auf Hilfe.<br />
Doch immer wieder fallen Menschen durch das soziale Netz.<br />
Manchmal braucht es auch ein klein wenig mehr als gesetzlich<br />
vorgeschrieben, um zum Erfolg zu kommen. Wir helfen in ganz<br />
konkreten Krisensituationen. Wir ermöglichen damit vor allem<br />
Kindern und Jugendlichen, dass sie wieder mit etwas mehr Hoffnung<br />
in die Zukunft schauen können.<br />
Neue Projekte<br />
Wir sind bemüht, zeit<strong>nah</strong>e und zielgenaue Antworten zu finden<br />
auf die Not junger Menschen und ihrer Familien. Beim Aufbau<br />
neuer Projekte sind wir auf Spenden angewiesen. Sie sind eine Investition<br />
in neue Angebote, die Zukunftsperspektiven eröffnen.<br />
Sicherstellung einer dauerhaften Hilfe<br />
Einige unserer Angebote werden nicht (ausreichend) durch die<br />
öffentliche Hand finanziert. Um den Rat- und Hilfesuchenden eine<br />
zuverlässige Unterstützung anbieten zu können, sind wir für<br />
diese „Förderprojekte“ dringend auf private Spenden angewiesen.<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
Ihr Kollegium zum Spenden z.B. im Rahmen einer Geburtstagsoder<br />
Jubiläumsfeier. Gerne unterstützen wir Sie bei der Realisierung<br />
und stellen Ihnen entsprechendes Informationsmaterial zur<br />
Verfügung.<br />
Soll Ihre regelmäßige Spende einem ausgewählten Projekt zugute<br />
kommen, oder soll der Verein das Geld dort einsetzen, wo es am<br />
dringendsten gebraucht wird?<br />
und Jugendlichen arbeiten zu können. Mit einer Tierpatenschaft<br />
engagieren Sie sich für Kind und Tier! (Seite 18)<br />
Unsere Förderprojekte:<br />
kids-hotline<br />
(Seite 12)<br />
Paulihof<br />
(Seite 20)<br />
Sie wünschen weitere Informationen zum Thema Spenden, Fördermitgliedschaft<br />
oder Tierpatenschaft? Wir stehen Ihnen bei Fragen gerne zur Verfügung!<br />
Wenden Sie sich einfach an:<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
Annette Gans<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9923<br />
Fax (089) 23 17 16 -9919<br />
a.gans@kinderschutz.de<br />
kibs<br />
(Seite 14)<br />
Jugendsozialarbeit<br />
an Schulen (Seite 6)<br />
Spendenkonto des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
Kontonummer 7 818 307, BLZ 700 205 00 bei der Bank für Sozialwirtschaft
OFFENSICHTLICH<br />
UNSICHTBAR!<br />
SEXUELLER MISSBRAUCH AN JUNGEN IST<br />
NOCH IMMER EIN TABU! WWW.KIBS.DE