Kinder rechte AfriKA - HelpDirect.org
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Ausbildung zum Automechaniker – eine<br />
neue Chance für aus der Haft entlassene<br />
Jugendliche. (Foto: Bice Togo)<br />
der ›kleine nebenverdienst‹<br />
von Yato und seine folgen<br />
»Ich heiße Yato und bin 15 Jahre alt.<br />
Ich lebte mit meinem Vater, meiner<br />
Mutter und meinen Brüdern und Schwestern<br />
in Kovié-Séva. Ich ging in die achte<br />
Klasse. Eines Tages, meine Freunde und<br />
ich guckten Fernsehen im Zimmer meines<br />
Onkels, habe ich ihm 75.000 FCFA (ca.<br />
114 Euro) weggenommen, die er in<br />
seinem Zimmer versteckt hatte. Später<br />
habe ich auch noch den Schlüssel zum<br />
Zimmer meines Onkels geklaut. An einem<br />
Sonntag, als die Familie des Onkels in<br />
der Kirche etwas vortragen musste, bin<br />
ich mit dem Schlüssel in sein Zimmer<br />
gegangen, habe noch etwas Geld<br />
1 4<br />
Zukunftsperspektiven<br />
für <strong>Kinder</strong> und Jugendliche<br />
im Gefängnis<br />
Die Geschichte Yatos zeigt sehr gut einen Teil der tagtäglichen<br />
Arbeit der Mitarbeiter des Projektes ›<strong>Kinder</strong> in Konflikt mit<br />
dem Gesetz‹ unserer togoischen Partner<strong>org</strong>anisation auf. Zum<br />
größten Teil handelt es sich bei den <strong>Kinder</strong>n, die in Polizeistationen<br />
landen, um <strong>Kinder</strong>, die Diebstähle begangen haben.<br />
Oft haben sie deutlich kleinere Beträge entwendet als Yato<br />
in der Lebensgeschichte, häufig handelt es sich nur um einige<br />
Euro oder Gegenstände, die den <strong>Kinder</strong>n die Möglichkeit<br />
geben, sofort etwas zu essen kaufen zu können, um ihren<br />
Hunger zu stillen.<br />
Im Jahr 2009 wurden über 200 <strong>Kinder</strong> und Jugendliche im<br />
Einzugsbereich des Kammergerichts Lomé von der Partner<strong>org</strong>anisation<br />
von KiRA, Bice Togo, juristisch begleitet. Dadurch<br />
konnten 101 <strong>Kinder</strong> sofort wieder aus den Polizeistationen<br />
freigelassen werden, 21 weitere nach dem Gespräch mit dem<br />
zuständigen Staatsanwalt. 88 <strong>Kinder</strong> wurden in den 8 Gefängnissen<br />
vom Projekt betreut und durch Rechtsbeistand unter-<br />
P r o j e k t b e r i c h t<br />
to g o<br />
geklaut und bin anschließend selbst<br />
schnell wieder zur Messe gelaufen. Das<br />
geklaute Geld habe ich bei Freunden<br />
aufbewahrt. Eines Tages hat meine Tante<br />
ihren kleinen Bruder im Zimmer eingesperrt,<br />
um zu sehen, wer Geld klaut, ohne<br />
die Tür aufzubrechen. In dem Augenblick,<br />
als mein Onkel, meine Tante und<br />
ihre <strong>Kinder</strong> wieder für ihren Vortrag auf<br />
die Empore der Kirche stiegen, verließ<br />
ich die Messe. Ich musste mich beeilen,<br />
denn ich spielte selber in der Fanfare<br />
der Gemeinde mit und musste rechtzeitig<br />
wieder zurück sein. Ich lief zum Zimmer<br />
meines Onkels, schloss die Tür auf und<br />
wurde vom Bruder der Frau meines<br />
Onkels gestellt. Ich wurde zur Gendarmerie<br />
und danach ins Gefängnis von<br />
Tsévié gebracht.<br />
Am Tag meiner Verhandlung war der<br />
Mann von Bice da und fand, dass ich<br />
noch sehr jung bin. Man hat mich zu<br />
36 Monaten Gefängnisstrafe verurteilt<br />
für vorsätzlichen Diebstahl von 400.000<br />
FCFA (ca. 610 Euro). Ich glaube nicht,<br />
dass ich diesen Betrag gestohlen habe,<br />
weil alles, was ich genommen habe<br />
stützt. Die Betreuung in den Gefängnissen schließt regelmäßige<br />
Besuche und Gespräche und auch sozial-erzieherische Maßnahmen<br />
mit ein.<br />
Die Geschichte von Yato zeigt noch einen weiteren Aspekt<br />
der Arbeit auf, die soziale Wiedereingliederung in die Gesellschaft.<br />
Die Mitarbeiter unserer togoischen Partner<strong>org</strong>anisation<br />
suchen die Eltern der <strong>Kinder</strong> in den Herkunftsdörfern, nehmen<br />
Kontakt mit ihnen auf und sprechen mit ihnen über das Wohl<br />
ihres Kindes. Sie suchen gemeinsame Wege für die Zukunft<br />
des Kindes, z. B. entweder für die Fortführung der Schule oder<br />
für eine berufliche Ausbildung. Kosten werden dafür z. T. vom<br />
Projekt übernommen. Auch nach der Wiedereingliederung<br />
werden die <strong>Kinder</strong> regelmäßig besucht und bei auftretenden<br />
Problemen unterstützt, häufig über mehrere Jahre hinweg.<br />
Im Jahr 2009 wurden über 1.600 Hausbesuche bei 154 <strong>Kinder</strong>n<br />
durchgeführt und 638 Besuche bei 59 Jugendlichen in ihren<br />
Ausbildungsstätten. Nur durch eine solch relativ aufwendige<br />
und enge Begleitung mit regelmäßigen Gesprächen kann sichergestellt<br />
werden, dass die <strong>Kinder</strong> und ihre Familien Wege gemeinsam<br />
finden, um eine sich anbahnende Jugenddelinquenz zu<br />
verhindern, und die jungen Menschen sich die Chancen auf<br />
eine hoffnungsvolle und nachhaltige Zukunft nicht verbauen.<br />
nicht soviel sein kann. Der Mann von<br />
Bice ist später zu mir ins Gefängnis<br />
gekommen und hat viele Fragen gestellt.<br />
Er hat mir auch versprochen, den<br />
Staatsanwalt zu treffen, um zu sehen,<br />
ob man mich freilassen könnte. Nach<br />
weiteren drei Monaten wurde ich in die<br />
Jugendhaftanstalt nach Cotonou verlegt<br />
und er sagte mir, dass mein Dossier<br />
kompliziert sei, dass er aber alles tun<br />
würde, damit ich entlassen werden<br />
könnte. Er hat v<strong>org</strong>eschlagen, dass ein<br />
Antrag auf bedingte Haftentlassung<br />
gestellt wird. Das hat er getan, und Gott<br />
sei Dank wurde ich entlassen. Der Mann<br />
ist zu uns nach Hause gekommen und<br />
hat mit meinen Eltern gesprochen über<br />
dass, was ich jetzt tun soll. Als ich<br />
sagte, dass ich wieder zur Schule gehen<br />
wollte, hat er uns geholfen. Obwohl die<br />
Schule bereits vor 2 Monaten wieder<br />
angefangen hatte, habe ich noch einen<br />
Platz bekommen. Er hat auch meine<br />
Schulkosten bezahlt, und er kommt oft,<br />
um mich zu Hause und in der Schule zu<br />
besuchen. Ich bin froh und ich danke<br />
Bice und denen, die ihnen das Geld<br />
gegeben haben, um mir zu helfen.«