Keratokonus - St.-Johannes-Hospital
Keratokonus - St.-Johannes-Hospital
Keratokonus - St.-Johannes-Hospital
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<strong>Keratokonus</strong><br />
Klinik für Augenheilkunde
2<br />
Liebe Patientin, lieber Patient,<br />
diese Broschüre wendet sich an alle Betroffenen, die sich zum ersten Mal mit der<br />
Diagnose <strong>Keratokonus</strong> konfrontiert sehen, aber auch an diejenigen, die schon seit<br />
Jahren mit dieser Erkrankung leben.<br />
Die Klinik für Augenheilkunde des <strong>St</strong>.-<strong>Johannes</strong>-<strong>Hospital</strong>s Dortmund ist auf die<br />
Behandlung von Patienten mit <strong>Keratokonus</strong> spezialisiert und bietet unter anderem<br />
die Hornhautvernetzung mit Riboflavin und UV-A-Bestrahlung als Therapieoption<br />
des <strong>Keratokonus</strong> an. Auch die durchgreifende oder lamelläre (schichtweise) Hornhauttransplantation<br />
und die Implantation von Hornhautringen zur Reduzierung der<br />
Hornhautverkrümmung gehören zu unseren Spezialgebieten.<br />
In dieser Broschüre möchten wir Sie umfassend über die Ursachen des <strong>Keratokonus</strong>,<br />
die Symptome, den Verlauf und insbesondere über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten informieren.<br />
Wir hoffen, wir helfen Ihnen dadurch, Ihre Erkrankung und die Behandlungsmöglichkeiten besser zu verstehen.<br />
Zudem ist uns aber auch der persönliche Dialog mit Ihnen besonders wichtig, für den diese Broschüre eine<br />
Grundlage bieten soll.<br />
In enger Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient möchten wir so die für Sie am besten geeignete und Ihren<br />
persönlichen Bedürfnissen entsprechende Therapie auswählen.<br />
Die Mitarbeiter der Augenklinik stehen Ihnen jederzeit gerne für Fragen zur Verfügung.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Prof. Dr. Markus Kohlhaas<br />
(Chefarzt der Klinik für Augenheilkunde)<br />
<strong>Keratokonus</strong><br />
Klinik für
Was ist ein <strong>Keratokonus</strong>?<br />
Der <strong>Keratokonus</strong> ist eine zumeist auf beiden Augen (80-85 %) auftretende, nicht entzündliche Hornhauterkrankung.<br />
Diese Erkrankung geht einher mit einer zunehmenden kegelförmigen Vorwölbung der Hornhaut sowie mit<br />
einer Abnahme der Hornhautdicke.<br />
Dabei beginnt der <strong>Keratokonus</strong> oft einseitig und auch unterschiedlich schnell. Die Inzidenz beträgt 1/2000 in der<br />
Gesamtbevölkerung. Die Häufigkeit ist aber regional sehr unterschiedlich. Man geht heute davon aus, dass Männer<br />
und Frauen gleichermaßen betroffen sind.<br />
Typischerweise beginnt der <strong>Keratokonus</strong> in der<br />
Pubertät und schreitet dann bei ca. 20 % aller<br />
<strong>Keratokonus</strong>patienten soweit voran, dass eine<br />
Hornhauttransplantation wegen einer Vernarbung<br />
oder einer irregulären Verkrümmung durchgeführt<br />
werden muss.<br />
Deswegen ist der <strong>Keratokonus</strong> auch insgesamt<br />
gesehen mit bis zu 20 % eine der häufigsten Indikationen<br />
zur lamellären oder perforierenden<br />
Keratoplastik. Selbst auf dem Hornhauttransplantat<br />
kann sich der <strong>Keratokonus</strong> nach Jahrzehnten<br />
wieder ausbilden.<br />
Kegelförmige Vorwölbung der Hornhaut<br />
Wie sieht ein <strong>Keratokonus</strong> aus?<br />
<strong>Keratokonus</strong> mit kegelförmiger Vorwölbung<br />
der Hornhaut von der Seite<br />
Augenheilkunde<br />
<strong>Keratokonus</strong> von vorne<br />
3
4<br />
Was merken die Patienten?<br />
Beim <strong>Keratokonus</strong> kommt es zu einer vermehrten Auswölbung und Vorwölbung der Hornhaut. Da die Hornhaut<br />
ein wichtiger Bestandteil der Optik des Auges ist, entsteht dadurch eine Reihe verschiedener Symptome: diese<br />
umfassen Schwankungen in der Sehschärfe, eine Abnahme der Sehschärfe trotz Korrektur mit Brillenglas oder<br />
Kontaktlinse, das Wahrnehmen von Lichtringen um Leuchtquellen („Halos“) sowie eine erhöhte Lichtempfindlichkeit<br />
und Blendung.<br />
Ursache<br />
Sicht mit „normaler“ Hornhaut und mit einem <strong>Keratokonus</strong><br />
Die Ursache für die Entwicklung eines <strong>Keratokonus</strong> ist noch unklar. Am ehesten werden Enzymveränderungen im<br />
Epithel bzw. Veränderungen der stromalen Matrix angenommen. Auch der Tränenfilm scheint eine wichtige Rolle<br />
zu spielen. In dem Tränenfilm sind Enzyme enthalten, die das Kollagen der Hornhaut auflösen können. Auch ein<br />
genetischer Defekt und Mikrotraumen durch verstärktes Reiben der Augen werden als Auslöser diskutiert. So<br />
konnte bei Tierversuchen durch chronische Verletzung des Epithels eine Verdünnung der Hornhaut festgestellt<br />
werden.<br />
Inwieweit das Tragen von Kontaktlinsen eine Rolle zur Entwicklung eines <strong>Keratokonus</strong> führt, ist noch nicht<br />
geklärt.<br />
Bekannt ist jedoch, dass verschiedene okuläre und/oder nicht okuläre Erkrankungen in Verbindung mit einem<br />
<strong>Keratokonus</strong> gehäuft auftreten, so zum Beispiel bei einer atopischen Dermatitis, Keratitis sowie Keratokonjunktivitis<br />
vernalis (bis zu 35 %). Ein erhöhtes Auftreten wird auch beim Down-Syndrom (Inzidenz von 5-15 %), Marfan-Syndrom,<br />
Turner-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom sowie Osteogenesis imperfecta angegeben.<br />
Klinik für Augenheil
kunde<br />
Welche Veränderungen treten in der Hornhaut auf?<br />
Vor allem die vorderen Schichten der Hornhaut<br />
weisen Veränderungen auf. So ist das<br />
Epithel dünner und unregelmäßiger als normal.<br />
Die angrenzende Basal- und Bowman<br />
Membran sind teilweise verdünnt und vernarbt.<br />
Im <strong>St</strong>roma findet man eine veränderte<br />
Zusammensetzung der Kollagenfasern sowie<br />
Form- und Funktionsänderungen der Keratozyten.<br />
Gleichzeitig enthält es einen erhöhten<br />
Anteil an gewebeabbauenden Enzymen<br />
und einen geringeren Anteil an zellzahlregulierenden Enzymen. Da auch weniger Enzyme für den Abbau freier<br />
Radikale vorhanden sind, wird das Hornhautstroma zusätzlich geschädigt. Irreversibel geschädigte Zellen sterben<br />
ab, reversibel geschädigte werden erneuert. Diese ständig ablaufenden Prozesse führen zu Gewebeabbau und<br />
Narbenbildung.<br />
Charakteristische Veränderungen der Hornhaut sind ihre zentrale<br />
Verdünnung, vertikale Linien (Vogt`sche <strong>St</strong>riae), eine<br />
verstärkte Zeichnung von Nervenfasern, der Fleischer-Ring<br />
an der Basis (50 %),<br />
Rupturen der Descemet<br />
und der Bowman<br />
Membran.<br />
Vogt`sche Linien<br />
<strong>Keratokonus</strong><br />
Hornhautnarbe<br />
5
Wie wird der <strong>Keratokonus</strong> erkannt?<br />
• Anamnese • morphologischer Spaltlampenbefund<br />
• Myopisierung, zunehmender Astigmatismus • Skiaskopiereflex („Scheren“-Reflex)<br />
• häufige wechsende Brillenkorrektur, • Topographie<br />
abnehmende KL-Toleranz<br />
Durch die Anamnese erhält man bereits Hinweise, die auf die Erkrankung hindeuten. Die Patienten klagen oft<br />
über eine zunehmende Sehverschlechterung, meist auf zunächst nur einem Auge, da das Fortschreiten der<br />
Erkrankung auf beiden Augen oft zeitlich versetzt verläuft.<br />
Außerdem geben sie häufig eine verstärkte Lichtempfindlichkeit, die zu einem erhöhten Tränenfluss führt, Bildverzerrungen,<br />
Halosehen und/oder monokulare Doppeltkonturen an. Bei der Durchführung der Brillenglasbestimmung<br />
erhält man häufige Veränderungen der Brillenkorrektion bzw. bemerkt eine zunehmende Myopie<br />
und/oder Erhöhung des Astigmatismus sowie wechselnde Zylinderachsen. Weiterhin kann eine ständige Abnahme<br />
der Sehschärfe mit der bestmöglichen Korrektion beobachtet werden.<br />
Auch das Kontrastsehen kann schlechter werden. Ist der Patient bereits Kontaktlinsenträger, kann sich das Sitzverhalten<br />
der Kontaktlinsen verschlechtern (Dezentrierung mit Verrutschen oder Herausfallen der Kontaktlinsen)<br />
und damit verbunden die Verträglichkeit der Kontaktlinsen abnehmen. Der Patient wird dann über immer kürzere<br />
Tragezeiten berichten.<br />
Bei der Spaltlampenmikroskopie erhält man einen morphologischen Befund mit den bereits beschriebenen Merkmalen<br />
der starken Vorwölbung der Hornhaut sowie Verdünnung und Narbenbildung in diesem Bereich, Eiseneinlagerung<br />
(Fleischer Ring) um die <strong>St</strong>elle der Vorwölbung, Spaltlinien im hinteren Bereich (Vogt`sche Linien) und<br />
wirbelförmigen <strong>St</strong>ippungen im Epithel.<br />
Bei der Skiaskopie zeigt sich keine einheitliche Licht–Schatten–Bewegung, sondern der so genannte „Fischmauleffekt“<br />
(öffnen und schließen des Lichtreflexes).<br />
So misst man steile zentrale Krümmungsradien mit bis zu ≤ 5,0 mm sowie große Exzentrizitäten (können in 30°<br />
≥ 2 betragen). Die Testmarkenbilder können zueinander verkippt sein, wenn der Apex nach unten versetzt ist, und<br />
sind unterschiedlich groß, wenn unterschiedlichen Krümmungen innerhalb des Meridians mit der Vorwölbung<br />
vorhanden sind. Durch Vernarbungen können die Testmarken verzerrt sein, durch unterschiedliche Scheiteltiefen<br />
sind beide Testmarken nicht gleichzeitig<br />
scharf abzubilden.<br />
Unregelmässige Reflexbilder beim<br />
<strong>Keratokonus</strong> (gering, <strong>St</strong>adium 1)<br />
Unregelmässige Reflexbilder beim<br />
<strong>Keratokonus</strong> (massiv, <strong>St</strong>adium 3)<br />
<strong>Keratokonus</strong><br />
Eine wichtige Rolle bei der Erkennung<br />
eines <strong>Keratokonus</strong> spielt auch<br />
die Topografie. Die Kreise der Placidoscheibe<br />
werden verzerrt und der<br />
Abstand der Ringe zueinander<br />
ungleichmäßig. In der Farbdarstellung<br />
der Topografie zeigt sich dann<br />
häufig ein so genannter Tropfen.<br />
6 Klinik für
Die <strong>St</strong>adien eines <strong>Keratokonus</strong> werden nach unterschiedlichen Kriterien eingeteilt. In der Regel wird die Amsler-<br />
Klassifikation angewendet.<br />
Grad Radius (mm) Visus cc Visus KL HH-Transparenz Dicke (mm)<br />
1 >7.5 1.0 - 0.8 > 1.0 normal 0.5<br />
2 6.5 - 7.5 0.2 - 0.8 0.8 - 1.0 normal 0.3 - 0.5<br />
3 5.8 - 6.5 0.1 - 0.2 0.4 - 0.8 leichte Trübung 0.2 - 0.3<br />
4
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?<br />
Es gibt viele Möglichkeiten, die reduzierte Sehschärfe zu verbessern.<br />
• Brille<br />
• torische Kontaktlinsen<br />
• tiefe lamelläre oder auch perforierende Keratoplastiken<br />
• intrastromale Ringsegmente<br />
• Mini-ARK<br />
• Hornhautvernetzung („collagen cross-linking“ = Hornhautstabilisierung<br />
mittels Riboflavin und UV-Licht)<br />
Eine Heilung im idealen Sinne gibt es nicht, da die Erkrankung ja quasi „in unseren Genen steckt“. Jedoch ist auch<br />
ein spontaner <strong>St</strong>illstand möglich (sehr selten).<br />
Zunächst wird im <strong>St</strong>adium 1 und 2 versucht, die Sehleistung<br />
mit Brillen oder Kontaktlinsen zu verbessern.<br />
Für die voranschreitenden Fälle können harte Kontaktlinsen<br />
die Sehleistung verbessern, sie können jedoch nicht<br />
den Krankheitsprozess aufhalten.<br />
Harte Kontaktlinse<br />
Brillenanpassung<br />
Noch vor wenigen Jahren blieb in fortgeschrittenen Fällen<br />
als einzige Therapieoption nur eine Hornhautübertragung<br />
(lamellär oder perforierend), um bei deutlicher Sehverschlechterung<br />
eine Verbesserung das Sehvermögen zu<br />
erzielen.<br />
Komplette, perforierende Hornhautverpflanzung mit einer fortlaufenden Naht<br />
8 Klinik für Augenheil
kunde<br />
Lamelläre (schichtweise) Hornhautverpflanzung<br />
Intrastromale Ringsegmente werden tief in die<br />
Hornhaut eingesetzt und sollen die unregelmäßige<br />
Verkrümmung verbessern. Der Effekt ist<br />
bzgl. der Sehverbesserung deutlich, hält aber<br />
nicht an. Diese Technik ist Mitte der 90er-Jahre<br />
zur Behandlung einer geringen Kurzsichtigkeit<br />
entwickelt worden. Im Rahmen der Hornhautchirurgie<br />
werden diese so genannten „Hornhautringe“<br />
eingesetzt. Heutzutage können<br />
diese Ringe bei folgenden Diagnosen implantiert<br />
werden.<br />
• Erweiterung von Laser-Ablationszonen<br />
• Rezentrierung dezentrierter Zonen<br />
• Korrektur von Restmyopien<br />
• Hornhautektasie<br />
Zustand nach lamellärer Keratoplastik bei einem <strong>Keratokonus</strong><br />
<strong>St</strong>adium 3, mit einer doppelten Naht genäht.<br />
Intrastromaler Ring<br />
<strong>Keratokonus</strong><br />
9
<strong>Keratokonus</strong>hornhaut vor und nach Ringeinsetzung<br />
Dadurch verbessert sich zum einen der subjektive Seheindruck, zum anderen können eventuell auch wieder Kontaktlinsen<br />
getragen werden. Diese Technik lässt sich sehr gut mit der Dresdner Vernetzungsmethode mit Riboflavin<br />
und UV-Licht kombinieren, um die erzielte Verbesserung der Oberflächenkrümmung auch mittel- bis langfristig<br />
zu stabilisieren.<br />
<strong>Keratokonus</strong>-Hornhaut mit kleinen<br />
Einschnitten (Mini-ARK)<br />
Die sog. Mini-ARK wird nur in Rom (Prof. Lombardi) durchgeführt<br />
(seit mehr als 20 Jahren), wissenschaftliche Publikationen und Langzeitbeobachtungen<br />
liegen nicht vor.<br />
<strong>Keratokonus</strong><br />
10 Klinik für
Augenheilkunde<br />
Zustand nach Mini-ARK mit dazugehöriger Topographie<br />
Was ist die Hornhautvernetzung oder die Kollagenvernetzung mit Riboflavin<br />
und UVA-Licht?<br />
Im Folgenden wird das Prinzip der Hornhautvernetzung näher erläutert und beschrieben. Die mechanische <strong>St</strong>abilität<br />
von kollagenhaltigen Geweben wird hauptsächlich durch Vernetzungen erzeugt. Für die Gewährleistung<br />
der physiologischen Funktion muss der Grad der Vernetzung sehr eng reguliert werden. Allein schon mit dem<br />
Alter nimmt die Zahl der Vernetzung zu und damit auch die Rigidität der kollagenhaltigen Gewebe. Auch Sonnenlicht<br />
und Rauchen bewirken analoge Veränderungen. Durch Erhöhung des Vernetzungsgrades z.B. bei Diabetes<br />
mellitus oder Narben sowie durch Verringerung (z.B. Ehlers-Danlos-Syndrom) treten pathophysiologische Veränderungen<br />
der Gewebe auf. Diesen biochemischen Prozess kann man sich aber auch zunutze machen für die<br />
<strong>St</strong>abilisierung von kollagenhaltigen Membranen oder Implantaten im Rahmen des Tissue-Engineering oder bei<br />
der Behandlung des <strong>Keratokonus</strong>.<br />
Beim <strong>Keratokonus</strong> ist die Hornhautfestigkeit verringert, wodurch es zu einem Hervorwölben der Hornhaut kommt<br />
– mit der Folge einer Verschlechterung der optischen Abbildungseigenschaften. Eine Reduzierung der Vernetzungen<br />
wird unter anderem als Ursache beim <strong>Keratokonus</strong> diskutiert. Andreassen fand einen zweifach höheren<br />
Abbau der <strong>Keratokonus</strong>hornhaut in Pepsinlösung im Vergleich zur normalen Hornhaut. Dies deutet ebenfalls auf<br />
eine Verringerung der Vernetzungen hin.<br />
Das Ziel unserer Therapiemethode besteht in der künstlichen Erhöhung des Grades der Vernetzungen im Hornhautstroma,<br />
um so eine ausreichende mechanische <strong>St</strong>abilität zu garantieren.<br />
11
Vernetzungsmöglichkeiten? Enzymatisch und nicht-enzymatisch<br />
Unter physiologischen Bedingungen werden Kollagenmoleküle, nachdem sie die Zelle verlassen haben (posttranslational),<br />
im Extrazellularraum durch das Enzym Lysyloxidase enzymatisch vernetzt. Damit erreicht das Kollagen<br />
seine natürliche Festigkeit, <strong>St</strong>abilität und die gewebespezifischen elastischen Eigenschaften.<br />
Lysyloxidase wandelt im Kollagenmolekül Aminogruppen von bestimmten Aminosäuren in Aldehydgruppen um<br />
und diese können entweder spontan mit benachbarten Aldehydgruppen in einer Aldokondensation oder mit Aminogruppen<br />
von Aminosäuren unter Aldiminbildung reagieren und kovalente Vernetzungen bilden. Beim Ehlers-<br />
Danlos-Syndrom besteht ein Mangel an LOX, beim <strong>Keratokonus</strong> ist die LOX verringert – und bei Keloiden und<br />
Narben verstärk.<br />
Darstellung der biochemischen Reaktion: Lysyloxidase wandelt im Kollagenmolekül Aminogruppen von bestimmten<br />
Aminosäuren in Aldehydgruppen um und diese können entweder spontan mit benachbarten Aldehydgruppen<br />
in einer Aldokondensation oder mit e-Aminogruppen von Aminosäuren unter Aldiminbildung reagieren und<br />
kovalente Vernetzungen bilden.<br />
Auch das Enzym Transglutaminase bewirkt eine Vernetzung der Extrazellurärmatrix und von Kollagen. Zusätzlich<br />
können auch noch nicht-enzymatisch Vernetzungen entstehen.<br />
Vernetzungsmöglichheiten<br />
enzymatisch nicht-enzymatisch<br />
• Lysyloxidase • chemische Vernetzer (Glutaraldehyd, Formaldehyd, DPPA)<br />
• Transglutaminase • Zuckeraldehyde (Advanced Glycation Endproducts AGEs)<br />
• photochemische Vernetzung (UV, ionisierende <strong>St</strong>rahlung<br />
12 Klinik für Augenheil
kunde<br />
Was bewirkt eine photochemische Vernetzung? Riboflavin und UV-<strong>St</strong>rahlung<br />
bewirken kovalente Verbindungen zwischen den Aminosäuren von<br />
Kollagenmolekülen.<br />
Für die Behandlung des <strong>Keratokonus</strong> wurde die photochemische Vernetzungsmethode mit Riboflavin und UVA-<br />
Licht gewählt, weil sie einfach und sicher handhabbar ist, eine kurze Therapiezeit ausreicht, nicht toxisch ist und<br />
die Transparenz der Hornhaut unverändert lässt.<br />
Bei dieser photochemischen Reaktion werden Sauerstoffradikale durch UV-Licht gebildet. Um die Effektivität<br />
dieses Prozesses bei UV-<strong>St</strong>rahlung zu erhöhen, wird Riboflavin als spezieller Photosensibilisator verwendet. Riboflavin<br />
ist ein Derivat des Heterozyklus Pteridin, genauer des Isoalloxazins und des Zuckeralkohols Ribitol. Riboflavin<br />
ist in Wasser schlecht löslich, lichtempfindlich, aber sehr hitzestabil, sodass es beim Kochen nicht zerstört<br />
wird. Riboflavin wird aufgrund seiner gelben Farbe auch als Lebensmittelfarbstoff (E101) eingesetzt. Riboflavin<br />
dient als Vorstufe für Flavin-Koenzyme (FAD, FMN), die insbesondere in Oxidoreduktasen z. B. im Zitronensäurezyklus<br />
eine große Rolle spielen. Dadurch nimmt es im <strong>St</strong>offwechsel eine zentrale Rolle ein. Es wird auch zur Kontrolle<br />
von Reinigungsprozessen (Flächen, Hände etc.) in der Pharmaindustrie eingesetzt, da es auch in geringer<br />
Konzentration bei UV-Licht leuchtet und damit gut sichtbar ist. Riboflavin ist ein Vitamin (Vitamin B2), das als<br />
Farbstoff in der Lebensmitteltechnik verwendet wird und auch als Medikament vorliegt. Es ist nicht toxisch und<br />
über die Apotheken beziehbar.<br />
Riboflavin hat bei diesem Vernetzungsprozess zwei Funktionen zu erfüllen.<br />
1. Absorption der UV-<strong>St</strong>rahlung<br />
2. Photosensibilisator zur Erzeugung von reaktiven Sauerstoff-Spezies (Singulett-Sauerstoff)<br />
Die <strong>St</strong>rahlung erzeugt nur an dem Ort eine Wirkung, an dem sie auch absorbiert wird und damit Energie an das<br />
Gewebe abgibt. Riboflavin besitzt zwei Absorptionsmaxima bei 365 nm und 430 nm, wobei die Bestrahlung mit<br />
365 nm aufgrund des höheren Energiegehaltes (W= h·f) eine größere Vernetzungswirkung erzielt. Aufgrund des<br />
Absorptionsmaximums bei 365 nm wurde speziell für die Behandlung UV-Licht dieser Wellenlänge ausgewählt.<br />
Damit wird erreicht, dass 95 % des UV-Lichtes in der Hornhaut absorbiert werden und die Linse oder die Netzhaut<br />
nicht von den UV-<strong>St</strong>rahlen geschädigt werden. Deshalb ist es ganz wichtig, zirka 30 Minuten vor der<br />
Bestrahlung Riboflavinlösung auf die Hornhaut zu tropfen, um diesen Schutz zu garantieren. Riboflavin hat aber<br />
noch die besondere Eigenschaft, dass es in Kombination mit UV-Licht Radikale bildet. Absorbiert Riboflavin Energie<br />
vom UV-Licht, dann wird es in einen angeregten Zustand versetzt (angeregtes Singulett-Riboflavin 1RF*). In<br />
einem Austauschmechanismus geht das angeregte Singulett-Riboflavin in ein angeregtes Triplett-Riboflavin<br />
(3RF*) über (11). Durch Wechselwirkung mit Triplett-Sauerstoff (3O2) entsteht Singulett-Sauerstoff (1O2), ein<br />
Sauerstoffradikal, welches weiter mit den Aminosäuren der Kollagene wechselwirkt (15).<br />
RF + UV ----- 1 RF* ----- 3 RF* --- 3 O 2 --- 1 O 2 ---- oxidative Desaminierung<br />
Dieser photochemische Prozess modifiziert Aminosäuren des Kollagens. Bei der Vernetzung an Kollagenen werden<br />
aktive <strong>St</strong>ellen entlang der Molekülkette gebildet, die intermolekular miteinander unter Aldiminbildung und<br />
Aldokondensation reagieren und kovalente Verbindungen zwischen den Aminosäuren von Kollagenmolekülen<br />
ausbilden. Auch die Bildung von Dityrosin aus Tyrosin wurde beobachtet, wodurch die intermolekulare und intramolekulare<br />
Vernetzung der Kollagenmoleküle zustande kommen kann.<br />
<strong>Keratokonus</strong><br />
13
Welche Vorteile hat die Hornhautvernetzung?<br />
• einfach durchführbar • keine Toxizität<br />
• sicher handhabbar • unveränderte Hornhauttransparenz<br />
• kurze Therapiezeit<br />
Wie ist die Wirkung der Vernetzung?<br />
Die photochemischinduzierten Vernetzungen in der Hornhaut lassen sich nicht direkt durch Färbemethoden oder<br />
andere mikroskopische Techniken sichtbar machen. Vernetzungen verursachen jedoch Veränderungen von zahlreichen<br />
physio-chemischen Eigenschaften des Kollagens, woraus man indirekt auf Vernetzungen schließen kann.<br />
Schematische Darstellung der Zunahme der cross-links nach Riboflavin/UV Behandlung<br />
<strong>Keratokonus</strong><br />
14 Klinik für
Welche Auswirkungen sind am Kollagen nachweisbar?<br />
• Zunahme der Festigkeit und Erhöhung des Elastizitätsmoduls<br />
• Zunahme der Biegesteifigkeit bzw. Abnahme der Flexibilität<br />
• Verringerung der Quellungsrate<br />
• Dickenzunahme der Kollagenfasern<br />
• Erhöhung der Schrumpfungstemperatur<br />
• Erhöhung der Resistenz gegen enzymatische Verdauung<br />
• Verlängerung der Turn-over-Zeit<br />
Der Grad der Vernetzungen nimmt mit dem Alter zu und erhöht sich<br />
kumulativ bei langlebigen Proteinen (z.B. Kollagen).<br />
Wie verläuft die Operation? Applikationstechnik:<br />
Augenheilkunde<br />
Versteifung der Hornhaut nach<br />
Verletzung (oben)<br />
Die Behandlung des <strong>Keratokonus</strong> wird ambulant unter lokaler Tropfanästhesie durchgeführt.<br />
Vor der Bestrahlung muss das Epithel mechanisch entfernt werden. Diese Epithelabrasio ist notwendig, weil<br />
Riboflavin das Epithel nicht durchdringt und damit nicht ins <strong>St</strong>roma gelangt. Des Weiteren dient das Epithel als<br />
UV-Schutz und würde einen Großteil der UV-Energie absorbieren, die jedoch ins <strong>St</strong>roma gelangen soll.<br />
Intraoperativer Behandlungssitus. Die Dioden sind 2 cm über<br />
dem Auge angeordnet, das Riboflavin auf der Hornhaut<br />
leuchtet gelblich/grünlich.<br />
15
Als UV-<strong>St</strong>rahlungsquelle können heutzutage <strong>St</strong>rahler unterschiedlicher Hersteller (Firma Peschke oder Firma<br />
BonOptic) verwendet werden, die eine Bestrahlungsstärke von 3 mW/cm² in 2 cm Entfernung liefern.<br />
<strong>St</strong>rahler der Fa. Peschke <strong>St</strong>rahler der Fa. BonOptic<br />
Die Konzentration der Riboflavinlösung von 0,1 % wurde so gewählt, dass zum einen in der Hornhaut 95 % der<br />
UV-<strong>St</strong>rahlung absorbiert werden und zum anderen die Bestrahlungsstärke über die Hornhautdicke so stark<br />
abnimmt, dass bei der Bestrahlungsstärke von 3 mW/cm2 die Destruktionsschwelle für das Endothel nicht<br />
erreicht wird. Voraussetzung dafür ist jedoch eine Hornhautdicke von größer 400 µm.<br />
Während der Bestrahlungszeit von 30 Minuten werden im Intervall von 5 Minuten 2-3 Tropfen Riboflavinlösung<br />
getropft, um ein Austrocknen der Hornhaut zu vermeiden und um die notwendige Absorption in der Hornhaut<br />
aufrecht zu erhalten.<br />
Alle Parameter (Bestrahlungsstärke, Bestrahlungszeit und Riboflavinkonzentration) sind experimentell und tierexperimentell<br />
getestet und haben sich in der klinischen Praxis bewährt.<br />
Eine Verkürzung der Behandlungszeit wäre sowohl für den Patienten als auch für den Behandler wünschenswert.<br />
Eine Verringerung der Therapiezeit bei gleichzeitiger Erhöhung der Bestrahlungsstärke entsprechend dem Bunsen-Roscoeschen<br />
Reziprozitätsgesetz liegt nahe, aber bringt nicht den gleichen biomechanischen Effekt. Dieser<br />
Zusammenhang gilt nur für photochemische Prozesse in leblosen <strong>St</strong>offen. Das photochemische Reziprozitätsgesetz<br />
gilt nicht für photobiologische Prozesse im Fall von kurzen Bestrahlungszeiten, weil das biologische Gewebe<br />
eine bestimmte Schutzkapazität gegen photochemische Reaktionen hat (Radikalfänger).<br />
Nimmt man eine homogene Riboflavinkonzentration über der gesamten Hornhaut an, dann hängt der Verfestigungseffekt<br />
allein von der UVA-Bestrahlungsstärke ab. Aufgrund der exponentiellen Abnahme der Bestrahlungsstärke<br />
mit der Eindringtiefe entsprechend dem Lambert-Beerschen Gesetz bewirkt die Behandlung der Hornhaut<br />
mit Riboflavin und UVA nur eine wesentliche Verfestigung der oberen 200 - 250 µm, da 65 % der UVA-<strong>St</strong>rahlung<br />
in den ersten 200 µm absorbiert werden. Damit werden tiefer gelegene <strong>St</strong>rukturen insbesondere das Endothel<br />
nicht geschädigt, jedoch die Progression des <strong>Keratokonus</strong> und einer Keratektasie gestoppt.<br />
16 Klinik für Augenheil
kunde<br />
Wie ändert sich die Hornhaut nach der Vernetzung?<br />
Nach der Vernetzungsbehandlung verändert sich die Hornhautkrümmung durch zelluläre Vorgänge, deshalb sollte<br />
nicht sofort eine neue Brille oder Kontaktlinsen angepasst werden. Infolge der Riboflavin/UVA-Behandlung<br />
kommt es im anterioren <strong>St</strong>roma zur Apoptose der Keratozyten.<br />
Hornhaut mit normalen Keratozyten vor der Vernetzung<br />
6 Wochen nach der Vernetzung sind keine Keratozyten<br />
mehr nachweisbar im vorderen <strong>St</strong>roma<br />
Mit der Zeit wandern jedoch vom Limbus wieder neue Keratozyten in die Hornhaut ein.<br />
3 Monate nach Vernetzung<br />
Dieser Repopulationsmechanismus bewirkt eine Abnahme der Hornhautkrümmung um etwa 2 bis 3 Dioptrien.<br />
Vermutet werden Kontraktionskräfte der einwandernden Keratozyten, wie sie auch bei Keratozyten im Kollagengel<br />
beobachtet wurden.<br />
<strong>Keratokonus</strong><br />
17
Wie sind die Ergebnisse?<br />
In Nachuntersuchungen an Patienten aus Dresden, Dortmund, Italien, England und auch Australien, bei denen<br />
eine Kollagenvernetzung erfolgt war, konnte gezeigt werden, dass kein Patient eine Progression aufwies (Nachbeobachtungszeit<br />
1-60 Monate). 86 % der Patienten zeigten eine Regression der maximalen K-Werte von<br />
-2.87+/-2.56 dpt (0.18 bis 9.97 D). Dabei stieg der postoperative Visus um 1.4+/-2.04 Linien an. Erste Ergebnisse<br />
wurden 2003 von Wollensak<br />
und der Dresdner<br />
Arbeitsgruppe publiziert. In<br />
dieser <strong>St</strong>udie wurden 22<br />
Patienten mit einer mittleren<br />
Nachbeobachtungsdauer<br />
von 23 Monaten kontrolliert.<br />
Bei allen Patienten wurde<br />
eine weitere Progression des<br />
<strong>Keratokonus</strong> gestoppt. Als<br />
Nebenbefund zeigte sich<br />
eine signifikante Abnahme<br />
der Hornhautkrümmung um<br />
ca. 2 D verbunden mit einem<br />
Visusanstieg von mehr als<br />
einer Zeile. Komplikationen<br />
wurden nicht beschrieben.<br />
Änderungen der Sehschärfe (Linien)<br />
Kohlhaas und Mitarbeiter<br />
aus Dortmund haben 54<br />
Patienten über 18 Monate<br />
nachkontrolliert (noch nicht<br />
publizierte Ergebnisse). 86 %<br />
der Patienten zeigten eine<br />
Krümmungsabnahme um bis<br />
zu 1,95 D und zu einem<br />
Visusanstieg von 1 Zeile bei<br />
80 %. In den topographischen<br />
Kontrollen zeigte sich<br />
keine <strong>Keratokonus</strong>progression.<br />
Allerdings wurde bei 4 %<br />
der Patienten eine Visusverschlechterung<br />
um 1 Zeile<br />
beobachtet. Zu ähnlichen<br />
signifikanten Ergebnissen<br />
(persönliche Mitteilungen)<br />
Änderungen des Astigmatismus<br />
<strong>Keratokonus</strong><br />
18 Klinik für
zgl. Visusanstieg und Hornhautkrümmungsabnahme kommen Arbeitsgruppen aus Australien oder auch England.<br />
In einer Pilotstudie an 10 Patienten erzielten Caporossi und Mitarbeiter aus Siena ähnliche Ergebnisse. Das<br />
sphärische Äquivalent reduzierte sich um 2.5 D. Das nicht behandelte Partnerauge zeigte eine signifikante Progression<br />
in 30 % der Fälle.<br />
Die Arbeitsgruppe um Seiler aus Zürich konnte zeigen, dass der Pentacam <strong>Keratokonus</strong>index im ersten Jahr nach<br />
Quervernetzung signifikant kleiner wird. Eine signifikante Visusverbesserung konnte allerdings nicht beobachtet<br />
werden.<br />
Raiskup-Wolf und die Dresdner Arbeitsgruppe publizierten 2008 6 Jahresergebnisse. Über den Zeitraum von 6<br />
Jahren zeigte sich keine Progression des Befundes, in ca. 60 % eine Verbesserung der Topographie und des Visus.<br />
2 von 142 Patienten wurden im Verlauf aufgrund einer erneuten Progression nachvernetzt.<br />
Die Datenlage für die Behandlung der Keratektasie nach Lasik ist bedeutend dünner. Hier liegen nur 2 Publikationen<br />
von Kohlhaas und Mitarbeitern vor, die über eine positive Entwicklung nach der Kollagenvernetzung<br />
berichten. Allerdings ist der Effekt der Krümmungsabnahme oder der Visusverbesserung geringer ausgeprägt als<br />
bei der <strong>Keratokonus</strong>behandlung. Längste Nachbeobachtung bei 2 Augen betragen 5 Jahre mit stabilem Befund.<br />
Nach 3 internationalen cross-linking-Kongressen in Zürich und sehr vielen präsentierten experimentellen Grundlagenuntersuchungen<br />
auf der ARVO der vergangenen Jahre und auch aufgrund der Publikationslage hat sich die<br />
Hornhautquervernetzung zur Behandlung des <strong>Keratokonus</strong> und der Keratektasie nach Lasik an vielen Hornhautzentren<br />
als neue Therapieoption weltweit etabliert.<br />
Ergebnisse von Multicenterstudien liegen noch nicht vor.<br />
Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen<br />
Die therapeutische Quervernetzung der Hornhaut ist ein sicheres operatives Verfahren mit sehr geringen Komplikationen.<br />
Aufgrund der intendierten Epithelabrasio haben die Patienten Schmerzen. Der Oberflächendefekt<br />
von 8-9 mm Durchmesser ist in der Regel nach 5 Tagen reepithelisiert. In dieser Zeit sollte mit antibiotischen<br />
Salben und Oberflächenpflege behandelt werden.<br />
Sowohl experimentelle als auch klinische Untersuchungen haben gezeigt, dass es zu einer wesentlichen Beeinträchtigung<br />
bis hin zur irreversiblen Schädigung der Keratozyten im vorderen <strong>St</strong>roma kommt. Bei der klinisch<br />
verwendeten Bestrahlungsstärke von 3 mW/cm² findet eine Keratozytenapoptose bis ca. 300 µm tief statt. Dies<br />
entspricht einer lokalen Bestrahlungsdichte von 0,35 mW/cm², was in Übereinstimmung zu den Ergebnissen von<br />
Wollensak ist, der über eine Schädigungsschwelle von 0,45 mW/cm² in Zellkulturen berichtet. Dieser Keratozytenverlust<br />
ist von Mazzotta und Mitarbeitern der Siena-Arbeitsgruppe mittels konfokaler Mikroskopie<br />
beschrieben worden. 6 Wochen nach der Vernetzung sind keine Keratozyten mehr nachweisbar im vorderen <strong>St</strong>roma.<br />
Im weiteren Verlauf wandern jedoch vom Limbus wieder neue Keratozyten in die Hornhaut ein. Dieser Vorgang<br />
ist nach spätestens 4 Monaten abgeschlossen. Dieser Repopulationsmechanismus scheint eine Abnahme<br />
der Hornhautkrümmung um etwa 2 bis 3 Dioptrien zu bewirken. Vermutet werden Kontraktionskräfte der einwandernden<br />
Keratozyten, wie sie auch bei Keratozyten im Kollagengel beobachtet wurden.<br />
Als Folge dieser Apoptose und Keratozytenrepopulation kommt es bei fast allen vernetzten Patienten in den<br />
ersten Wochen zu einer diskreten, hauchigen Trübung des vorderen <strong>St</strong>romas. Seiler hat diese Trübung mittels<br />
Augenheilkunde<br />
19
Spaltlampenuntersuchung bis zur 70 % Hornhauttiefe beobachtet und im Übergang des mittleren bis hinteren<br />
<strong>St</strong>romas als Demarkationslinie nach Vernetzung bezeichnet. Diese Trübungen sind sicherlich der Grund, warum<br />
viele Patienten in den ersten Monaten nach Vernetzung vermehrt blendungsempfindlich sind und zum Teil auch<br />
über deutliche Halos klagen. Dieses Phänomen verschwindet in der Regel nach 3 bis 4 Monaten, wobei die<br />
Demarkationslinie bei einigen Patienten auch noch Jahre nach der Behandlung zu erahnen ist.<br />
Vereinzelte Patienten zeigen jedoch im vorderen <strong>St</strong>roma subepithelial auch dichte Trübungen im Sinne von Narben.<br />
Im eigenen Vernetzungspool von mehr als 250 Patienten haben wir dies 2 mal in Dortmund beobachtet.<br />
Diese Trübungen verblassen nur langsam unter <strong>St</strong>eroiden und sind noch 2 Jahre nach Vernetzung deutlich sichtbar.<br />
Diese Trübungen oder auch Narben sind sicherlich der Grund, warum je nach <strong>St</strong>udie zwischen 50-80 % Visusverbesserungen<br />
und in ca. 5 % Visusverschlechterungen um 1 Zeile zu erwarten sind.<br />
Über Endothelreaktionen oder Schäden ist bisher nicht berichtet worden.<br />
Bei 2 von 64 vernetzten Keratektasieaugen (nach Lasik) haben wir in Dortmund eine komplette Hornhautdekompensation<br />
mit massiver Quellung gesehen, die innerhalb von bis zu 4 Monaten komplett rückläufig waren.<br />
Die Endothelzellzahl bei diesen 2 Augen war nach Aufklarung nicht reduziert, sodass andere Mechanismen wie<br />
z. B. Interfaceödeme nach Vernetzung unter Umständen zu diskutieren sind.<br />
Der stabilisierende Effekt der Hornhautquervernetzung wird mit großer Wahrscheinlichkeit wie bei vielen perforierenden<br />
Keratoplastiken nicht lebenslänglich anhalten. In Dresden sind bereits 2 Patienten nachvernetzt worden.<br />
Was ist der Sinn und das Ziel der Vernetzungsoperation?<br />
<strong>Keratokonus</strong><br />
Ziel der Operation ist es, die Vorwölbung der<br />
Hornhaut zu stabilisieren oder ein weiteres<br />
Voranschreiten und Verschlechterung der<br />
Erkrankung aufzuhalten und zu stoppen. Die<br />
Erkrankung kann also nicht rückgängig<br />
gemacht, sondern im besten Fall „eingefroren“<br />
werden. Sollte später aus irgendwelchen<br />
Gründen eine Hornhaut-Verpflanzung<br />
notwendig werden, so kann diese jederzeit<br />
durchgeführt werden.<br />
20 Klinik für
Wie verhält es sich mit der Keratektasie nach LASIK?<br />
Im Rahmen der refraktiven Hornhaut-Laserchirurgie wird immer wieder von der Keratektasie (vom Verlauf ähnlich<br />
wie der <strong>Keratokonus</strong>) berichtet. Hier kommt es rasch oder erst nach Jahren zu einer Vorwölbung und Ausdünnung<br />
der gelaserten Hornhaut verbunden mit einer deutlichen Sehverschlechterung. Auch die Keratektasie<br />
kann mit der Vernetzungsmethode behandelt werden.<br />
Augenheilkunde<br />
Gering, beginnende Keratektasie nach Lasik<br />
Ausgeprägte Keratektasie nach Lasik<br />
21
22<br />
Risikofaktoren<br />
Lokale Erkankungen<br />
• Präoperativer <strong>Keratokonus</strong><br />
• forme fruste <strong>Keratokonus</strong><br />
• hohe Myopie (Es sind allerdings auch Fälle einer präoperativ<br />
niedrigen oder moderaten Myopie bekannt).<br />
• Keratoconjunctivitis vernalis<br />
• Reststromadicke von unter 250 µm<br />
Systemische Erkrankungen<br />
• Kollagenosen<br />
• Neurodermitis<br />
• atopische Dermatitis<br />
Aufgrund eigener und der extern erhobenen Zahlen (Gesamteingriffe refraktiver Hornhautoperationen) dürfte die<br />
Häufigkeit einer Keratektasie nach LASIK unter 0,5 % liegen, wobei allerdings auch in Anbetracht der immer häufiger<br />
publizierten Fälle die Dunkelziffer dieser Komplikation fraglich sogar noch höher liegt. Wichtig erscheint uns<br />
auf jeden Fall, dass die Kriterien der Kommission für refraktive Chirurgie unbedingt eingehalten werden. Außerdem<br />
sollten systemische Erkrankungen wie alle Kollagenosen, Neurodermitis und atopische Dermatitis als Risikofaktoren<br />
angesehen werden. Es ist zu überlegen, ob bei dieser Patientengruppe nicht besser eine PRK, LASEK,<br />
EpiLASIK oder phake Linsen zu empfehlen sind. Dadurch ist deutlich mehr Reststromadicke mit höherer Gesamthornhautstabilität<br />
gewährleistet, um mit diesem Vorgehen das Risiko dieser schwerwiegenden Hornhautkomplikation<br />
möglichst gering zu halten.<br />
Die „Hornhautvernetzung“ mittels Riboflavin und UV-Licht ist in erster Linie zur Hornhautstabilisierung geeignet,<br />
die weitere Progression einer Keratektasie nach LASIK oder eines <strong>Keratokonus</strong> zu stoppen. Eine Verringerung<br />
der Keratektasie oder des <strong>Keratokonus</strong> mit Abflachung der Krümmungsradien und Verbesserung der Sehschärfe<br />
ist zum Teil möglich.<br />
Langzeitstudien müssen Klarheit über die Dauer des Effekts zeigen. Aufgrund der geringen Kosten und Unkompliziertheit<br />
der Behandlung – Nebenwirkungen traten in unserem Nachkontrollzeitraum von 7 Jahren bisher<br />
nicht auf – sollte jede Keratektasie nach LASIK oder auch jeder nachweislich progrediente <strong>Keratokonus</strong> frühzeitig<br />
mit einem Kollagen-Crosslinking mittels Riboflavin/UVA-Licht behandelt werden, um aufwendige Operationen<br />
mit allen dazugehörigen Komplikationen zu vermeiden.<br />
Klinik für Augenheil
kunde<br />
Was bemerkt der Patient nach der Operation?<br />
Durch die Operation ist ein Teil der Hornhautoberfläche offen. Dies verursacht zum Teil starke Schmerzen, was<br />
nach dieser Art von Operation normal ist. Lassen Sie sich durch die Schmerzen also nicht beunruhigen. Sie klingen<br />
langsam ab und sind in der Regel nach circa<br />
48 <strong>St</strong>unden praktisch verschwunden. Wir werden<br />
Ihnen ausreichend Schmerztabletten mitgeben.<br />
An den ersten 3 Tagen nach der Operation führen<br />
wir täglich Kontrollen durch.<br />
Was sollten Sie für den weiteren Verlauf wissen?<br />
Ihr Auge wird ca. 2 Wochen deutlich gerötet bleiben. Dies ist normal und sollte Sie nicht beunruhigen. Kratzen,<br />
Brennen und Beißen kann während 6-8 Wochen andauern. Zur Linderung der Beschwerden verschreiben wir<br />
Ihnen künstliche Tränen, welche Sie beliebig oft anwenden können.<br />
In den ersten 6 bis 8 Wochen nach der Operation kann die Sicht verschwommener sein als zuvor. Nach dieser<br />
Zeit werden Sie die gleiche oder eine bessere Sehschärfe haben wie vor der Operation. Blendung durch helles<br />
Licht kann in den ersten Wochen nach der Operation ausgeprägt sein. Die ersten Kontaktlinsentrageversuche<br />
sollten Sie frühestens nach 4 Wochen starten.<br />
<strong>Keratokonus</strong><br />
23
24<br />
Indikationen zum Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht<br />
Nach Vorliegen der CLEK-<strong>St</strong>udie und auch aus eigener klinischer Erfahrung wissen wir, dass der <strong>Keratokonus</strong> und<br />
verwandte Erkrankungen im jahrelangen Verlauf schlechter werden. Dies umfasst nicht nur die nachlassende<br />
Hornhautstabilität und Biomechanik, sondern im Besonderen auch die Reduzierung der Sehschärfe mit deutlicher<br />
Einschränkung der Lebensqualität. In der Regel sind junge Leute betroffen, bei denen die Progredienz durchaus<br />
rasch verlaufen kann mit Einschränkungen im Alltags- und auch Berufsleben. Mit Anwendung des Kollagen-<br />
Crosslinkings haben wir erstmals eine Möglichkeit zur Hand, therapeutisch und vor allem auch prophylaktisch in<br />
das Krankheitsbild <strong>Keratokonus</strong> einzugreifen.<br />
Daher ist die Meinung des Autors relativ klar und einfach vermittelbar. Sollte sich bei den Kontrollen bekannter<br />
<strong>Keratokonus</strong>patienten eine Verschlechterung des Befundes zeigen, rate ich auch bei gutem Brillenvisus und<br />
bei guter Kontaktlinsentoleranz zu einer Behandlung. Der <strong>Keratokonus</strong> kann im weiteren Verlauf nur schlechter<br />
werden.<br />
Von einer Verschlechterung sprechen wir, wenn in der Topographie eine Progredienz der Krümmungsverhältnisse<br />
nachweisbar ist oder auch, wenn sich das sphärische Äquivalent verbunden mit Achsendrehungen ändert.<br />
Viele Patienten berichten subjektiv über eine Zunahme von Halos oder auch Lichtverzerrungen, die in der Wellenfrontanalyse<br />
durchaus nachweisbar sind. Auch in solchen Fällen sollte vernetzt werden.<br />
Andere Patientengruppen mit <strong>Keratokonus</strong>, wie z. B. M. Down-Patienten mit autoaggressivem Grundverhalten,<br />
profitieren von dieser neuen Behandlung, hat doch eine perforierende Keratoplastik per se wenig Aussicht auf<br />
Erfolg.<br />
Ängstliche Patienten, die vor einer tiefen lamellären oder perforierenden Operation zurückschrecken, können<br />
ebenfalls von dieser Vernetzungsbehandlung profitieren, auch wenn in diesen Fällen ein „schlechter“ Befund<br />
stabilisiert wird. Trotz oder auch wegen der Vernetzungsbehandlung kann im Verlauf immer noch<br />
keratoplastiziert werden.<br />
Schlussbemerkungen<br />
Da die Vernetzungsbehandlung, abgesehen von den Schmerzen der Erosio, relativ harmlos und mit geringen<br />
Nebenwirkungen behaftet ist, stellt sie eine sehr frühe Alternative zur Verhinderung der Progredienz einer Keratektasie<br />
dar. Durch die Kollagenvernetzung, die nur eine Verfestigung des oberen <strong>St</strong>romas ca. 250-300 µm<br />
bewirkt, werden die biomechanischen Eigenschaften der Hornhaut modifiziert. Tiefer gelegene <strong>St</strong>rukturen werden<br />
nicht geschädigt. Durch diesen Eingriff wird die Progression des <strong>Keratokonus</strong> gestoppt. Selbstverständlich<br />
muss der erreichte klinische Effekt in vivo mittels nicht-invasiven diagnostischen Topographiemethoden über<br />
Jahre und Jahrzehnte kontrolliert werden.<br />
Damit könnte in Zukunft die Zahl der Keratoplastiken deutlich reduziert werden. Die Behandlung ist relativ<br />
einfach und verursacht nur geringe Kosten. Multizentrische prospektive <strong>St</strong>udien sind im In- und Ausland<br />
angelaufen, die sicherlich die vielversprechenden monozentrischen Ergebnisse aus dem In- und Ausland<br />
bestätigen werden.<br />
<strong>Keratokonus</strong><br />
Klinik für
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Augenheilkunde 25
26<br />
Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim <strong>Keratokonus</strong><br />
Zusammenfassung<br />
Die verringerte mechanische Hornhautstabilität beim <strong>Keratokonus</strong> und ähnlicher Kollagenerkrankungen kann<br />
durch photooxidative Quervernetzung des Kollagens behandelt und dadurch auch erhöht werden. Dieses Verfahren<br />
ist seit mehr als 10 Jahren in experimenteller und auch klinischer Erprobung und ist in den letzten 3 Jahren<br />
weltweit in die Phase der klinischen Evaluierung getreten. In dieser Übersichtsarbeit soll der gegenwärtige <strong>St</strong>and<br />
der Technik und des Wissens zusammengestellt werden.<br />
Um eine hohe Absorption der <strong>St</strong>rahlungsenergie in der Hornhaut zu erreichen, wird Riboflavin (Vitamin B2) in<br />
einer Konzentration von 0.1 % und UVA-Licht mit 370 nm Wellenlänge entsprechend dem relativen Maximum<br />
der Riboflavinabsorption gewählt. Experimentelle Arbeiten konnten zeigen, dass eine Bestrahlungsstärke von 3<br />
mW/cm² und eine 30 minütige Bestrahlungszeit zu einer signifikanten Kollagenverfestigung führen.<br />
Durch die hohe Absorption innerhalb der Hornhaut werden Retina, Linse und auch das Endothel geschützt. Als<br />
Nachweis der Kollagenvernetzungen zählen die Erhöhung der Resistenz gegen enzymatische Abbauprozesse, die<br />
geringere Quellungsneigung, die Erhöhung der mechanischen Festigkeit, eine erhöhte Schrumpfungstemperatur<br />
und eine Durchmesserzunahme der Kollagenfasern.<br />
Die Therapieparameter wurden experimentell getestet und in die praktisch klinische Anwendung übernommen.<br />
Die jetzige Datenlage zeigt, dass die therapeutische Quervernetzung der Hornhaut bei Einhaltung der theoretischen<br />
Parameter komplikationsarm abläuft und ein Fortschreiten des <strong>Keratokonus</strong> verhindern kann. In 80 % der<br />
Fälle wird eine Abflachung der Krümmungsradien von im Mittel 2 D erzielt, was zusätzlich neben <strong>St</strong>abilisation<br />
auch zu einer Visusverbesserung von 1,2 Zeilen führt. Zurzeit werden mehrere multizentrische prospektive <strong>St</strong>udien<br />
durchgeführt. Monozentrische Ergebnisse liegen seit 7 Jahren vor.<br />
Kollagenes crosslinking ist ein „altes“ Prinzip im Rahmen des sog. Tissue engineerings. Dabei werden neue chemische<br />
Bindungen innerhalb und zwischen den spannungstragenden Molekülketten eines Bindegewebes<br />
geschaffen und dadurch seine biomechanischen aber auch biochemischen Eigenschaften verändert. Dazu zählt<br />
z. B. das Gerben von Leder, was seit Jahrtausenden in der menschlichen Kulturgeschichte praktiziert wird. Heutzutage<br />
wird der biochemische Prozess der Quervernetzung sowohl in der Zahn- als auch in der Humanmedizin<br />
für die <strong>St</strong>abilisierung von kollagenhaltigen Membranen, Implantaten und Gewebekonstrukten eingesetzt.<br />
Spoerl et al. konnten nach umfangreichen experimentellen Voruntersuchungen zeigen, dass mit der Kombination<br />
von Riboflavin (Vitamin B2) und UVA-Licht der Wellenlänge 370 nm eine signifikante Erhöhung der Festigkeit<br />
der Hornhaut möglich ist. Eine biomechanische Verfestigung der Hornhaut ist wünschenswert bei allen Formen<br />
der Keratektasie, sei es der <strong>Keratokonus</strong>, der Keratoglobus, der Keratotorus, die pellucidale marginale<br />
Hornhautdegeneration und natürlich auch die iatrogene Keratektasie nach Lasik.<br />
Die CLEK-<strong>St</strong>udie als die erste prospektive <strong>St</strong>udie (was wir aus der täglichen Routine schon seit Jahrzehnten wissen)<br />
konnte zum ersten Mal an 953 <strong>Keratokonus</strong>patienten eine signifikante Verschlechterung der Sehschärfe<br />
über den Verlauf von 7 Jahren nachweisen.<br />
<strong>Keratokonus</strong><br />
Klinik für
Der <strong>Keratokonus</strong> und obige verwandte Erkrankungen sind zumeist bilateral auftretende Degenerationen mit<br />
kegelförmiger Vorwölbung der Kornea. Das Krankheitsbild ist charakterisiert durch eine progrediente Verdünnung.<br />
Zirka 20 % der Patienten erhalten im Verlauf der Erkrankung eine Hornhauttransplantation. In den westlichen<br />
Industrienationen, aber auch z.B. in Israel oder in Australien ist der <strong>Keratokonus</strong> in den vergangenen 10<br />
Jahren die häufigste Indikation zur Hornhauttransplantation. Die demographischen Daten zeigen, dass mit<br />
zunehmender Verbesserung der Kataraktchirurgie eine der häufigsten Indikationen, nämlich die bullöse Keratopathie,<br />
eher in den Hintergrund getreten ist, während der <strong>Keratokonus</strong> bei der Indikation zur perforierenden<br />
Keratoplastik an Bedeutung gewonnen hat.<br />
Die Inzidens des <strong>Keratokonus</strong> beträgt zirka 1:2000. Diese Häufigkeit des Auftretens steht in keinem Verhältnis zu<br />
der geringen Bekanntheit der Erkrankung in der Öffentlichkeit. Andere Krankheiten, die seltener oder gleich selten<br />
vorkommen, sind wesentlich bekannter, wie z. B. die Epilepsie (1:1250), der Autismus (1:5000), die multiple<br />
Sklerose (1:3000) oder auch die HIV-Infektion in Deutschland (1:2000).<br />
Die Ektasie beginnt typischerweise in der Pubertät. Die Ursache der Erkrankung ist noch unklar. Eine genetische<br />
Komponente ist sehr wahrscheinlich. Die Häufigkeit familiärer Erkrankungen schwankt je Literatur zwischen 5 %<br />
bis 20 %. Das Vererbungsmuster kann sowohl autosomal dominant als auch autosomal rezessiv sein. Verschiedenste<br />
okuläre und/oder nicht okuläre Erkrankungen können mit einem <strong>Keratokonus</strong> vergesellschaftet sein, z. B.<br />
atopische Dermatitis und Keratitis, Keratokonjunktivitis vernalis, Down-Syndrom (mit einer Inzidenz von 5-15 %)<br />
sowie das Ehlers-Danlos-Syndrom.<br />
Rohrbach et al kommen nach ausführlicher Literaturrecherche zu dem Schluss, dass der <strong>Keratokonus</strong> trotz einer<br />
Vielzahl von morphologischen und biochemischen Befunden ätiologisch weiterhin ungeklärt ist. Während die<br />
primären <strong>St</strong>örungen bei diesem Krankheitsbild überwiegend im vorderen <strong>St</strong>roma gesucht und gesehen werden,<br />
wird aber auch dem Epithel eine große pathogenetische Rolle zugesprochen. Andreassen et al. konnten bereits<br />
1980 mittels biomechanischer Messungen zeigen, dass die <strong>St</strong>abilität beim <strong>Keratokonus</strong> und Biomechanik des<br />
Kollagens im Vergleich zu gesunden Hornhäuten signifikant reduziert ist. Wollensak und Buddeke wiesen bereits<br />
1990 ein Ungleichgewicht der Proteoglykane im <strong>Keratokonus</strong>stroma nach und Meek und Mitarbeiter haben 2005<br />
nachgewiesen, dass die Kollagenfaserausrichtung und auch die Kollagenverteilung in der <strong>Keratokonus</strong>hornhaut<br />
im Vergleich zu normalen Hornhäuten verändert sind.<br />
Hinweise auf einen <strong>Keratokonus</strong> geben in der Anamnese die häufige Änderung der Brillenstärke (zunehmende<br />
Myopie und Astigmatismus) und der Spaltlampenbefund mit inferiorer Ausrichtung der Konusspitze und beginnendem<br />
irregulären Astigmatismus. Die subklinische Form des <strong>Keratokonus</strong>, der so genannte „Forme fruste“, ist<br />
von besonderer Bedeutung. Oft wird ein subklinischer <strong>Keratokonus</strong> irrtümlicherweise mit einer progredienten<br />
Myopie oder mit einem myopen Astigmatismus verwechselt und der refraktiven Hornhautchirurgie zugeführt, die<br />
beim <strong>Keratokonus</strong> kontraindiziert ist.<br />
Als therapeutische Maßnahmen werden die Brille, rotations- oder nichtrotationssymmetrische Kontaktlinsen, die<br />
lamelläre und perforierende Keratoplastik, intrastromale Kunststoffringsegmente sowie die Kollagenvernetzung<br />
mit Riboflavin und UVA-Licht eingesetzt.<br />
Augenheilkunde 27
Der Wegweiser<br />
zum <strong>St</strong>.-<strong>Johannes</strong>-<br />
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(führt auf die B1); Ausfahrt B54 Richtung Dortmund-Zentrum<br />
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Süd auf die B54 Richtung Dortmund-Zentrum bis ...<br />
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Ausfahrt B54 Richtung Dortmund-Zentrum bis ...<br />
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1. Kreuzung links (Hohe <strong>St</strong>raße); 1. <strong>St</strong>raße<br />
rechts (Poststraße), endet direkt vor dem <strong>St</strong>.-<strong>Johannes</strong>-<strong>Hospital</strong><br />
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