Ausrüstung - JDAV
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Ausrüstung - JDAV
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Inhalt<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
Inhalt<br />
Einführung 2<br />
Tipps zur Vermittlung der Thematik 2<br />
1. Normen und Einheiten 3<br />
1.1 Normen und Klassifizierungen für Bergsportausrüstung 3<br />
1.2 Einheiten und Größen 6<br />
2. Seile 7<br />
2.1 Dynamische Seile 7<br />
2.2 Statische Seile 11<br />
3. Karabiner 13<br />
4. Klemmkeile und Klemmgeräte 17<br />
4.1 Klemmkeile 17<br />
4.2 Klemmgeräte 19<br />
5. Normalhaken 21<br />
6. Bohrhaken 23<br />
7. Schlingen und Reepschnüre 27<br />
7.1 Bandmaterial 27<br />
7.2 Expressschlingen 27<br />
7.3 Reepschnüre 29<br />
8. Anseilgurte 30<br />
9. Helme 33<br />
10. Eisgeräte und Pickel 36<br />
11. Steigeisen 40<br />
12. Eisschrauben 43<br />
13. Sicherungsgeräte, Abseilgeräte 45<br />
14. Fangstossdämpfer 46<br />
15. Seilklemmen 48<br />
16. Seilrollen 50<br />
17. Lawinennotfallausrüstung 51<br />
17.1 LVS-Geräte 51<br />
17.2 Zusatzausrüstung 54<br />
18. Künstliche Kletteranlagen 57<br />
Literatur 58<br />
1
2<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
Einführung, Tipps zur Vermittlun der Thematik<br />
Einführung<br />
Die richtige, qualitativ hochwertige <strong>Ausrüstung</strong> ist neben dem persönlichen Können<br />
und den Verhältnissen sicher die entscheidende Variable beim Bergsport. Nicht<br />
umsonst muss ein Grossteil der Bergsteigerausrüstung entsprechende Normen erfüllen.<br />
Zwar werden die auf Materialversagen zurückzuführenden Unfälle immer weniger, doch<br />
immer noch finden häufig <strong>Ausrüstung</strong>sgegenstände in für sie ungeeigneten Bereichen<br />
ihren Einsatz. Oft bleibt unbeachtet, dass bestimmte Bergsportgeräte jeweils nur für<br />
spezielle Einsatzgebiete geeignet sind.<br />
In diesem Kapitel wird ein Überblick über die aktuellen Normen und Einsatzbereiche<br />
von Bergsportausrüstung gegeben. Das Kapitel soll Grundlage für den Unterricht sein,<br />
Gefahrenbewusstsein wecken und für die Einsatzproblematik von <strong>Ausrüstung</strong>sgegenständen<br />
sensibilisieren.<br />
Tipps zur Vermittlung der Thematik<br />
Unterrichtsgespräch<br />
Kleingruppenarbeit<br />
Frontalunterricht/Vortrag<br />
Ein Unterrichtsgespräch eignet sich hervorragend zur Vermittlung der Inhalte. Je nach<br />
Vorwissen der Teilnehmer können diese über einzelne <strong>Ausrüstung</strong>sgegenstände, deren<br />
Anwendungsbereiche und Grenzen selbst referieren.<br />
Wichtig ist es, einen Praxisbezug herzustellen. Die entsprechenden <strong>Ausrüstung</strong>sgegenstände<br />
sollten als Anschauungsmaterial „greifbar“ sein. Beispielsweise kann ein<br />
Rucksack mit den entsprechenden Materialien gefüllt werden. Jeder der Teilnehmer<br />
zieht einen Gegenstand aus dem Sack und erklärt diesen. Fehlende Informationen<br />
werden anschließend vom Ausbilder ergänzt (Unterrichtsgespräch).<br />
Nach dem methodischen Grundprinzip „weniger ist oft mehr“ sollten nur diese <strong>Ausrüstung</strong>sgegenstände<br />
vorgestellt und erklärt werden, die im weiteren Kursverlauf zum<br />
Einsatz kommen. Entsprechend dem Vorwissen und der Könnensstufe der Teilnehmer<br />
ist es empfehlenswert, sich auf die wesentlichen Informationen zu beschränken. Das<br />
in den Absätzen „Normen“ dargestellte spezielle Fachwissen sprengt den Rahmen<br />
eines Unterrichtsgesprächs und ist als Information für besonders Interessierte gedacht.<br />
Wesentlich relevanter für den Unterricht sind die in den Absätzen „Hintergrund“ gegebenen<br />
Informationen.<br />
Bei der Kleingruppenarbeit sind 2-4 Personen gemeinsam für ein Kurzreferat zu einem<br />
oder zwei <strong>Ausrüstung</strong>sgegenständen zuständig und halten dies im Plenum. Auch bei<br />
Vorträgen oder Frontalunterricht sollten immer die entsprechenden <strong>Ausrüstung</strong>sgegenstände<br />
als Anschauungsmaterial vorliegen. Unterstützend sind Medien wie Flipchart,<br />
Overheadfolien oder Tafel geeignet.
1. Normen und Einheiten<br />
1.1<br />
Normen und Klassifizierungen<br />
für Bergsportausrüstung<br />
Bergsportausrüstung unterliegt verschiedenen<br />
Normen. Neben der in der EU obligatorischen<br />
EURO-Norm (EN), dokumentiert<br />
durch das CE-Zeichen, existiert die<br />
„freiwillige“ UIAA-Norm (union international<br />
des associationes díalpinisme).<br />
Drei unterschiedliche PSA-Klassen (PSA =<br />
persönliche Schutzausrüstung) teilen<br />
Sportgeräte in die Klassen I, II und III<br />
ein. Da Bergsportausrüstung vor „Stürzen<br />
aus großer Höhe“ schützen soll, hat der<br />
Gesetzgeber daher die meisten der Bergsportartikel<br />
in die höchste, die PSA-Klasse<br />
III eingestuft (vgl. Tabelle am Ende<br />
dieses Unterkapitels).<br />
Früher galt in Deutschland die Deutsche<br />
Industrie Norm (DIN) - inzwischen gilt die<br />
EN. Sie ist für alle Hersteller bindend, die<br />
auf dem europäischen Markt <strong>Ausrüstung</strong><br />
anbieten wollen und stellt hohe Anforderungen<br />
an die Produkte. Noch höhere Anforderungen<br />
stellt die freiwillige UIAA-<br />
Norm.<br />
EN - EURO-NORM<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
1. Normen und Einheiten<br />
Die EN wird für jeden <strong>Ausrüstung</strong>sgegenstand<br />
durch ein Normengremium formuliert.<br />
Der Normentext ist in Deutschland<br />
nur über den Beuth Verlag in Berlin zu<br />
beziehen und darf weder kopiert noch<br />
an derweitig vervielfältigt werden. Für je -<br />
den <strong>Ausrüstung</strong>sgegenstand existiert also<br />
eine Norm, die Festigkeiten, Prüfaufbauten,<br />
Prüfbedingungen, Abmessungen etc.<br />
genau festlegt. Jede dieser Normen trägt<br />
eine Nummer. Für Bergsportseile ist dies<br />
z.B. die EN 892.<br />
CE - DAS ZERTIFIZIERUNGSZEICHEN DER EN<br />
Das CE-Zeichen belegt, dass der entsprechende<br />
<strong>Ausrüstung</strong>sgegenstand entsprechend<br />
der EN von einem zugelassenen<br />
Prüfinstitut zertifiziert worden ist. Die<br />
Nummer des CE-Zeichens gibt Auskunft<br />
über das Prüfinstitut - in Deutschland oft<br />
der TÜV. Trägt ein Karabiner das CE-Zeichen<br />
0123 so besagt die Nummer, dass<br />
der TÜV in München für die Zertifizierung<br />
dieses Karabinertyps zuständig war.<br />
<strong>Ausrüstung</strong>sgegenstände, die nicht der<br />
PSA zugeordnet sind, müssen nicht durch<br />
ein unabhängiges Prüfinstitut zertifiziert<br />
werden und tragen daher auch kein CE-<br />
Zeichen.<br />
UIAA-Label und CE-Zeichen<br />
(TÜV München)<br />
CEN - EUROPÄISCHE NORMENKOMMISSION<br />
In der CEN sitzen die zuständigen Fachgremien<br />
zur Festlegung der entsprechenden<br />
Norm. Das zuständige Fachgremium<br />
3
4<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
1. Normen und Einheiten<br />
für Bergsportausrüstung setzt sich zusammen<br />
aus Beauftragten der Bergsportverbände<br />
Europas (DAV, SAC, CAI etc.) und<br />
aus Vertretern der Hersteller und der<br />
zuständigen Zertifizierungsstellen (Prüfinstitute,<br />
TÜV). Auch Normenänderungen<br />
müssen über dieses Gremium verabschiedet<br />
werden, was in der Praxis ein langwieriges<br />
Unterfangen darstellt.<br />
UIAA-NORM - DIE NORM DER BERGSPORTFACHVER-<br />
BÄNDE<br />
Die Norm der UIAA gilt nicht nur in Europa,<br />
sondern weltweit. Sie ist zwar nicht<br />
verpflichtend, hat aber für die EN meist<br />
eine Vorreiterrolle. Das liegt zum einen<br />
daran, dass die Verabschiedung einer<br />
Normenänderung innerhalb der UIAA<br />
wesentlich schneller vonstatten geht als<br />
in der CEN. Zum andern haben die Hersteller<br />
hier nicht das gleiche Mitspracherecht<br />
wie die Vertreter der Verbände.<br />
Beispiele sind die Normen für Klettersteigkarabiner,<br />
Eisschrauben oder Seile.<br />
Die UIAA-Norm hat schnell auf neue<br />
Untersuchungen reagieren können und<br />
z.B. für Eisschrauben eine axiale Festigkeitsprüfung<br />
aufgenommen (5 kN). Die<br />
EN schreibt diese noch nicht vor. Für<br />
Klettersteigkarabiner ist eine Biegebelastung<br />
in die Prüfung der UIAA-Norm mit<br />
aufgenommen, die EN wird da noch einige<br />
Zeit brauchen.<br />
Die UIAA-Norm stellt daher den Stand der<br />
Technik für Bergsportausrüstung dar. Alle<br />
mit UIAA Label versehenen <strong>Ausrüstung</strong>sgegenstände<br />
sind nach den höchsten<br />
Anforderungskriterien geprüft.<br />
PSA - PERSÖNLICHE SCHUTZAUSRÜSTUNG<br />
Die PSA wird in Kategorien von I - III<br />
unterteilt. Die Kategorie gibt an, welcher<br />
Grad der Qualitätssicherung (Fertigungsund<br />
Endkontrolle) erforderlich ist. Kategorie<br />
I (= niedrigste Kategorie, nicht für<br />
Bergsportausrüstung) gilt z.B. für Gartenhandschuhe;<br />
sollte ein Gartenhandschuh<br />
fehlerhaft gefertigt sein, dürfte kaum<br />
jemand zu Tode kommen. Kategorie III<br />
ist die höchste Kategorie, d.h. es ist eine<br />
aufwändige Qualitätssicherung erforderlich<br />
(unabhängige Zertifizierung und Fertigungsüberwachung).<br />
SINN DER NORMEN<br />
Die Normen sind vom Gesetzgeber bzw.<br />
der UIAA vorgegeben, um den Verbraucher<br />
vor mangelhafter Ware zu schützen.<br />
Neben den Mindestfestigkeiten werden<br />
auch der Einsatzbereich und die Lebensdauer<br />
genannt sowie eine Qualitätskontrolle<br />
vorgeschrieben.<br />
Oft sind die Normprüfungen überdimensioniert,<br />
um ein gewisses Maß an Sicherheitsreserve<br />
zu gewährleisten. Andererseits<br />
kann nicht alles für die Praxis sinnvolle<br />
in den Normen formuliert sein.<br />
Beispiele:<br />
In der Normsturzprüfung für Kletterseile<br />
werden Einfachseile mit einem Fallgewicht<br />
von 80 kg Eisenmasse geprüft.<br />
Die Fixierung des Seiles ist statisch,<br />
der Sturzfaktor beträgt etwa 1,75 (s. Kap.<br />
„Sicherung“ Abschnitt 3. Sicherungstheorie<br />
und Kap. „<strong>Ausrüstung</strong>“, Seile).<br />
Während der menschliche Körper im<br />
Moment des Fangstosses bis zu ein<br />
Drittel der Energie durch Verformung<br />
umwandelt, kann das die Eisenmasse<br />
nicht. Hinzu kommt, dass wir beim<br />
Bergsteigen in der Regel eine Form der<br />
dynamischen Partnersicherung haben,<br />
d.h. ab einer gewissen Kraft beginnt<br />
entweder das Seil im Bremsgerät zu<br />
laufen, oder der Körper des Sichernden<br />
wird bewegt. Beim Normsturz ist das<br />
Seil jedoch statisch fixiert. Lediglich die<br />
Dynamik des Seiles kann hier Energie<br />
umwandeln. Trotzdem macht die Norm-
anforderung (mindestens 5 bruchfreie<br />
Normstürze für ein Einfachseil) Sinn,<br />
um zu gewährleisten, dass Seile in der<br />
Praxis nicht reißen können (Ausnahme:<br />
Pendeln über scharfen Kanten, Säure).<br />
Der Querschnitt von Karabinern (Typ B)<br />
war früher über eine komplizierte<br />
Beschreibung genormt. Als Vereinfachung<br />
und um Neuerungen zu ermöglichen<br />
wurde diese Normvorgabe in der<br />
EN gestrichen. Postwendend wurden<br />
Karabiner aus 6-mm-Blech gestanzt.<br />
Diese erfüllen zwar alle Festigkeitsvor-<br />
STAND DER NORMUNG VON BERGSPORTSAUSRÜSTUNG (JULI 2004)<br />
Seile<br />
Reepschnur<br />
Band<br />
Expressschlingen<br />
Anseilgurte<br />
Helme<br />
Statikseile<br />
Karabiner<br />
Normalhaken<br />
Bohrhaken<br />
Klemmkeile<br />
Klemmgeräte<br />
Seilklemmen<br />
Seilrollen<br />
Fangstossdämpfer<br />
Eisschrauben<br />
Eisgeräte<br />
Steigeisen<br />
Abseilgeräte<br />
Sicherungsgeräte<br />
Künstl. Kletteranlagen<br />
EN<br />
EN 892<br />
EN 564<br />
EN 565<br />
EN 566<br />
EN 12277<br />
EN 12492<br />
EN 1891<br />
EN 12275<br />
EN 569<br />
EN 959<br />
EN 12270<br />
EN12276<br />
EN 567<br />
EN 12278<br />
EN 958<br />
EN 568<br />
EN 13089<br />
EN 893<br />
---<br />
---<br />
EN 12572<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
1. Normen und Einheiten<br />
gaben der EN, sind aber in der Praxis<br />
durch den kleinen Umlenkradius nicht<br />
gerade seilschonend. Der Grund für die<br />
Produktion liegt allein in einer günstigeren<br />
Fertigung: Das Ausstanzen von<br />
Blech ist um vieles billiger als das<br />
Gesenkschmieden.<br />
In seltenen Fällen kann also darüber<br />
gestritten werden, ob Neuerungen in<br />
praktischer Hinsicht Sinn machen oder<br />
lediglich billiges Produzieren ermöglichen<br />
sollen.<br />
PSA-Kategorie<br />
III<br />
III<br />
III<br />
III<br />
III<br />
II*<br />
III<br />
III<br />
III<br />
---**<br />
III<br />
III<br />
III<br />
III<br />
III<br />
III<br />
III<br />
II*<br />
---<br />
---<br />
---<br />
UIAA<br />
UIAA 101<br />
UIAA 102<br />
UIAA 103<br />
UIAA 104<br />
UIAA 105<br />
UIAA 106<br />
UIAA 107<br />
UIAA 121<br />
UIAA 122<br />
UIAA 123<br />
UIAA 124<br />
UIAA 125<br />
UIAA 126<br />
UIAA 127<br />
UIAA 128<br />
UIAA 151<br />
UIAA 152<br />
UIAA 153<br />
UIAA 129***<br />
UIAA 130***<br />
---<br />
*) Die Kategorien wurden von Brüssel so festgelegt und entsprechen nicht den<br />
Vorstellungen der DAV-Sicherheitsforschung, die hier Kategorie III vorgeschlagen hätte.<br />
**) Bohrhaken sind nicht als PSA eingestuft, damit nicht kategorisiert und tragen daher<br />
auch kein CE-Zeichen.<br />
***) In Vorbereitung.<br />
5
6<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
1. Normen und Einheiten<br />
1.2<br />
Einheiten und Größen<br />
Folgende Basiseinheiten sind zum Verständlichmachen<br />
der wichtigsten Normen<br />
für Bergsportausrüstung notwendig:<br />
Meter (m) - Länge<br />
Kilogramm (kg) - Masse<br />
Sekunde (s) - Zeit<br />
Celsius (°C) - Temperatur<br />
Daraus abgeleitete Einheiten sind:<br />
Quadratmeter (m2 ) - Fläche<br />
Kubikmeter (m3 ) - Volumen<br />
Newton (N) - Kraft<br />
Joule (J) - Arbeit<br />
Zur besseren Anschaulichkeit werden vielfache<br />
Teile der Einheiten gewählt:<br />
Länge:<br />
1000 mm = 100 cm = 10 dm = 1 m =<br />
0,001 km<br />
Zeit:<br />
3600 s = 60 min = 1 h<br />
Masse:<br />
1000 g = 1 kg = 0,001 t<br />
Kraft:<br />
1000 N = 100 daN = 1 kN<br />
Arbeit:<br />
1000 J = 1 kJ<br />
Zum weiteren werden in den folgenden<br />
Kapiteln<br />
Mykroampère pro Meter (µA/m) für<br />
Feldstärke<br />
Kilohertz (kHz) für Frequenzen<br />
gebraucht.<br />
ALTE UND NEUE MAßEINHEITEN<br />
Während das Messen der Temperatur in<br />
Grad Celsius gegenüber der moderneren<br />
Einheit Kelvin (K) weiterhin bestand hat,<br />
wurden Kilopond (kp) durch Newton (N)<br />
abgelöst. Da Krafteinheiten (meist Bruchkräfte)<br />
wesentliche Bestandteile der Bergsportnormen<br />
sind, werden hier nochmals<br />
einige Punkte zum besseren Verständnis<br />
aufgezählt:<br />
Newton (N) und Kilopond (kp) sind Einheiten<br />
für Kräfte. Kilogramm (kg) ist<br />
eine Masseneinheit.<br />
1 Newton ist die Kraft, die nötig ist, um<br />
eine Masse von 1 kg in 1 s auf 1 m/s zu<br />
beschleunigen.<br />
Heute werden Kräfte in Newton gemessen<br />
- und nicht mehr wie früher in Kilopond.<br />
Kraftmessungen beim Testen von Bergsportausrüstung<br />
erfolgen in Newton<br />
(N), Kilonewton (kN) und Dekanewton<br />
(daN).<br />
1000 N = 1 kN = 100 daN = 102 kp<br />
(ca. 100 kp)
2. Seile<br />
Im Bergsport werden dynamische und statische Seile verwendet. Während die dynamischen<br />
Seile zur Energieaufnahme bei der Partnersicherung dienen, benutzt man die<br />
Statikseile vornehmlich als Fixseil um daran auf- oder abzusteigen. Sie finden beim<br />
Höhlenforschen oder Gewerbeklettern ihre Verwendung.<br />
2.1<br />
Dynamische Seile<br />
Norm-Definition: „Seil, das dazu vorgesehen ist, den freien Sturz eines Bergsteigers<br />
bei einer begrenzten maximalen Fangstoßkraft aufzufangen.“<br />
TYPEN<br />
Dynamische Seile werden in drei Typen hergestellt - als Einfach-, Halb- oder Zwillingsseile.<br />
Seiltyp: Kennzeichnung Durchmesser Metergewicht<br />
Einfachseil 1<br />
ca. 9,2 - 11 mm ca. 55 - 85 g<br />
Halbseil 1 /2<br />
ca. 7,8 - 9 mm ca. 40 - 55 g<br />
Zwillingsseil ca. 7,2 - 8 mm ca. 37 - 45 g<br />
NORM<br />
4<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
2. Seile<br />
Norm: EN 892 UIAA 101<br />
Stand: Juni 2002 Juli 2002<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach EN 892:<br />
Seiltyp: Einfachseil Halbseil Zwillingsseil<br />
Prüfung im: Einfachstrang Einfachstrang Doppelstrang<br />
Normsturz mit: 80 kg 55 kg 80 kg<br />
Anzahl Normstürze: mind. 5 mind. 5 mind. 12<br />
Fangstoß: # 12 kN # 8 kN # 12 kN<br />
Gebrauchsdehnung: # 10 % # 12 % # 10 %<br />
Mantelverschiebung: # 20 mm # 20 mm # 20 mm<br />
Normsturzdehnung: # 40 % # 40 % # 40 %<br />
Abweichend bzw. ergänzend zur EN verlangt die UIAA-Norm 101:<br />
Als Multisturzseile gekennzeichnete Einfachseile müssen mindestens 10 Normstürze<br />
halten.<br />
Seile, die einem Normsturz über eine Kante mit 0,75 mm Kantenradius standhalten,<br />
durften als „sharp edge resistent“ (scharfkantengeprüfte Seile) gekennzeichnet werden.<br />
Diese Prüfung wurde wieder aus der UIAA-Norm gestrichen. Eine neue Kantenprüfung<br />
wird momentan diskutiert.<br />
7
8<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
2. Seile<br />
HINTERGRUND<br />
DER NORMSTURZ<br />
Der Normsturz ist eine definierte Testanordnung<br />
mit einem Sturzfaktor von 1,75<br />
und hat für die Praxis eine untergeordnete<br />
Bedeutung, da die Seilbefestigung<br />
beim Versuchsaufbau statisch vorgeschrieben<br />
ist. In der Praxis wird dynamisch<br />
gesichert (siehe „Sicherungsmethoden“<br />
und „Sicherungsgeräte“ Kapitel<br />
„Sicherung“). Zudem ist das Sturzgewicht<br />
aus Eisen und verformt sich beim Normsturz<br />
nicht. Der menschliche Körper hingegen<br />
nimmt durch Verformung Energie<br />
auf. Die Normsturzprüfung schreibt weiter<br />
vor, dass das Seil eingespannt bleibt,<br />
d.h. die Belastung in der Umlenkung<br />
wirkt immer an derselben Stelle auf das<br />
Seil.<br />
MATERIAL UND HERSTELLUNG<br />
Seile bestehen heutzutage aus Polyamidgarn<br />
(Polyamid 6.6, auch als Nylon bezeichnet).<br />
Diese Fasern sind etwa halb so<br />
dick wie ein Haar. Aus zwei bis sechs<br />
solcher Garne wird ein Zwirnfaden<br />
gedreht (verzwirnen).<br />
Vier bis sechs solcher Zwirnfäden werden<br />
wiederum zu einer Einlage (Litze) verdreht,<br />
mehrere dieser Einlagen bilden<br />
den Kern. Das Verdrehen gibt dem Seil<br />
seine Elastizität, ähnlich einer Spiralfeder.<br />
Die Zwirnfäden und Einlagen werden mit<br />
Chemikalien UV-stabilisiert, veredelt und<br />
thermisch geschrumpft, um die Reibung<br />
zwischen den Zwirnfäden zu verringern<br />
bzw. mehr Dynamik zu bewirken.<br />
Auf der Flechtmaschine wird der Seilkern<br />
mit dem Mantelgarn umflochten. Der<br />
Mantelanteil liegt zwischen 35 und 45 %.<br />
Alle Seile besitzen im Inneren einen<br />
Kennfaden, der Auskunft über Herstellungsjahr<br />
und Firma gibt.<br />
CHEMIKALIEN<br />
Schwefelsäure (Autobatterie) ist gefährlich<br />
für Seile. Die Festigkeit nimmt dramatisch<br />
ab. Nach Kontakt mit Schwefelsäure<br />
kann eine Belastung mit einfachem<br />
Körpergewicht bereits zum Seilriss führen!<br />
Auch Salzsäure, Salpetersäure, Phosphorsäure,<br />
Natriumhydroxid, Phenol und<br />
Wasserstoffperoxid sind schädlich. Die<br />
Einflüsse von Harnsäure, Coca-Cola, Salzwasser,<br />
Autan oder Benzin und Diesel<br />
sind nach Versuchen der DAV-Sicherheits-
Normsturzprüfung<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
2. Seile<br />
9
10<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
2. Seile<br />
forschung hingegen nicht dramatisch und<br />
haben keine praxisrelevante festigkeitsvermindernde<br />
Wirkung.<br />
MITGELIEFERTE INFORMATIONEN<br />
Die Hersteller müssen Seile an ihren Enden<br />
mit dem Symbol des Seiltyps sowie<br />
dem Herstellernamen oder Logo kennzeichnen<br />
(Banderole). Zudem wird meist<br />
die Seillänge angegeben und über wasserabweisende<br />
Beschichtungen informiert.<br />
Im Beipackzettel müssen folgende Informationen<br />
stehen: Länge, Name oder Warenzeichen<br />
des Herstellers, Nummer der<br />
EN, Durchmesser, Metergewicht, Seiltyp,<br />
Gebrauchsdehnung (statische Dehnung),<br />
Normsturzdehnung (dynamische Dehnung),<br />
Fangstoß beim Normsturz, Anzahl<br />
der gehaltenen Normstürze, Mantelverschiebung,<br />
Bedeutung aller auf dem Produkt<br />
angebrachten Markierungen, Informationen<br />
zum Gebrauch des Produktes,<br />
und Angaben zu Instandhaltung und<br />
Lebensdauer.<br />
LEBENSDAUER<br />
EMPFEHLUNG ÜBER DIE LEBENSDAUER VON SEILEN BEIM KLETTERN<br />
Allgemein wirkten sich häufiges Ablassen,<br />
Abseilen, Stürzen, Staub und Sand negativ<br />
auf die Lebensdauer eines Seiles aus.<br />
Während Ablassen, Abseilen und Stürzen<br />
zum normalen Gebrauch eines Seiles gehören,<br />
sollte gegen Schmutz (vor allem<br />
Sand und Staub) etwas unternommen<br />
werden. Dringen die feinen Kristalle und<br />
Schmutzpartikel ins Seil ein, wirken sie<br />
wie „Sand im Getriebe“ und verletzen die<br />
feinen Polyamidfäden. Der Gebrauch<br />
eines Seilsacks verlängert daher die<br />
Lebensdauer des Seils.<br />
Laut EN sind die Hersteller verpflichtet,<br />
Angaben über die Lebensdauer von Bergsportausrüstung<br />
zu geben. Ein Überschreiten<br />
der empfohlenen Nutzungsdauer führt<br />
zwar nicht zwangsläufig zum Versagen<br />
der <strong>Ausrüstung</strong>, jedoch sind Seile nach<br />
den angegebenen Zeiträumen in ihrer<br />
Festigkeit reduziert und vom Handling<br />
her meist unbrauchbar und gehören<br />
daher ausgemustert.<br />
Verwendungshäufigkeit ungefähre Lebensdauer<br />
nie benutzt maximal 10 Jahre<br />
selten benutzt (ein oder zwei mal im Jahr) bis zu 7 Jahre<br />
gelegentlich benutzt (einmal im Monat) bis zu 5 Jahre<br />
regelmäßig benutzt (mehrmals im Monat) bis zu 3 Jahre<br />
häufig benutzt (jede Woche) bis zu 1 Jahr<br />
ständig benutzt (fast täglich) weniger als 1 Jahr
MITTENMARKIERUNG<br />
Mittenmarkierungen geben sinnvolle Hinweise<br />
für den Anwender, z.B. ob das Seil<br />
zum Ablassen für die Seillänge ausreichend<br />
lang ist, oder sie helfen dem Kletterer<br />
bei der Abschätzung, wie viel Seil<br />
bereits ausgegeben wurde. Sie sollten<br />
nicht verschiebbar (Klebeband ungünstig)<br />
und möglichst dauerhaft angebracht sein.<br />
Alte Farbmarkierungen können mit Seilmarkierungsstiften<br />
(zur Not auch mit<br />
Kugelschreiber oder lösungsmittelfreien<br />
Filzstiften) nachgemalt werden. Zwar können<br />
diese Markierungen eine geringe Verminderung<br />
der Seilfestigkeit bewirken,<br />
die sich jedoch in einem für die Praxis<br />
untergeordneten Rahmen bewegt. So<br />
weist ein nasses Seil beispielsweise eine<br />
ähnliche Festigkeitsminderung auf, und<br />
durch mehrmaliges Abseilen wird die Festigkeit<br />
in ähnlichem Umfang vermindert.<br />
Diese witterungs- oder gebrauchsbedingten<br />
Schwächungen sind einkalkuliert und<br />
bergen kein ernstzunehmendes Risiko.<br />
UV-STRAHLUNG<br />
Nylon altert durch UV-Belastung, wird<br />
spröde und brüchig. Um dies zu verhindern,<br />
wird das Garn mit chemischen Substanzen<br />
gegen die Einflüsse von UV-Licht<br />
stabilisiert. Die Chemikalie soll die durch<br />
das UV-Licht gebildeten freien Radikale<br />
binden. Ist diese „Imprägnierung“ verbraucht,<br />
wirkt das UV-Licht schädigend<br />
auf das Garn.<br />
Die Eindringtiefe des UV-Lichts ist allerdings<br />
gering und betrifft fast nur den<br />
Mantel. Dadurch erklärt sich der geringe<br />
Festigkeitsverlust von Kernmantelmaterial,<br />
das über einen langen Zeitraum einer<br />
hohen UV-Belastung ausgesetzt war. Bei<br />
Bandmaterial, das bekanntlich keinen<br />
schützenden Mantel hat, ist der Einfluss<br />
von UV-Strahlung daher kritischer zu<br />
bewerten.<br />
2.2<br />
Statische Seile<br />
Norm-Definition: „Aus einer Kern-Mantel-<br />
Konstruktion bestehendes Textilseil zur<br />
Benutzung bei seilunterstützten Arbeiten,<br />
zur Arbeitsplatzpositionierung und zum<br />
Rückhalten bei der Rettung und beim<br />
Höhlenforschen.“<br />
TYPEN<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
2. Seile<br />
Bei den statischen Seilen werden zwei<br />
Typen (Typ A und B) unterschieden. Für<br />
Typ A gelten höhere Festigkeitsanforderungen<br />
als für Typ B.<br />
11
12<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
2. Seile<br />
Statische Seile werden als Kernmantelkonstruktionen<br />
hergestellt, wobei der<br />
Kern im Allgemeinen das lasttragende<br />
Element ist und der Mantel gegen Abrieb<br />
und UV-Schädigung schützt. Statikseile<br />
müssen einen Durchmesser zwischen 8,5<br />
und 16 mm haben.<br />
NORM<br />
Norm EN 1891 UIAA 107<br />
Stand März 1998 Oktober 1999<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach EN 1891<br />
Seiltyp A B<br />
Statische Belastbarkeit<br />
Belastbarkeit der End-<br />
22 kN 18 kN<br />
verbindung (Achterknoten) 15 kN 12 kN<br />
Dynamische Belastbarkeit mind. 5 Stürze mind. 5 Stürze<br />
Schmelzpunkt über 195° über 195°<br />
Mantelverschiebung < 20 mm < 15 mm<br />
Dehnung < 5% < 5%<br />
Knotbarkeit < 1,2 < 1,2<br />
Die UIAA-Norm schreibt darüber hinaus vor, dass ein auf Rollen geliefertes Statikseil<br />
aus einem Stück bestehen muss.<br />
HINTERGRUND<br />
Die dynamische Belastbarkeit wird durch<br />
eine Sturzanordnung mit einer freien Fallhöhe<br />
von 2 Metern bei einem Sturzfaktor<br />
1 geprüft. Seile vom Typ A werden hierbei<br />
mit 100 kg Fallgewicht, Seile vom Typ<br />
B mit 80 kg Fallgewicht getestet.<br />
Die Enden des Seils müssen mit Banderolen<br />
versehen sein, die Auskunft über<br />
den Typ (A oder B) und den Durchmesser<br />
in Millimetern geben sowie die Nummer<br />
dieser EN enthalten.
3. Karabiner<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
3. Karabiner<br />
Norm-Definition: „Vorrichtung, die sich öffnen lässt und von einem Bergsteiger direkt<br />
oder indirekt in eine Verankerung eingehängt werden kann.“<br />
TYPEN<br />
Bei den Karabinern werden folgende Formen unterschieden:<br />
Karabinertypen<br />
13
14<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
3. Karabiner<br />
NORM<br />
Norm EN 12275 UIAA 121<br />
Stand Juli 1998 Februar 1999<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach EN 12275<br />
Typ Beschreibung Längs- Quer- Offen in Schnapperrichtung<br />
richtung Längsrich. öffnung<br />
B Basis-Karabiner 20 kN 7 kN 7* kN 15 mm<br />
H HMS-Karabiner 20 kN 7 kN 6* kN 15 mm<br />
K Klettersteig-Karabiner 25 kN 7 kN --- kN 21 mm<br />
A spezieller<br />
Hakenkarabiner 20 kN --- 7 kN ---<br />
D Karabiner mit Seilpositionsvorrichtung<br />
20 kN --- 7 kN 15 mm<br />
Q Schraubglied/<br />
Maillon Rapide 25 kN 10 kN --- ---<br />
X Ovalkarabiner 18 kN 7 kN 5* kN 15 mm<br />
* = keine Anforderung, wenn mit einer automatischen Schnapper-Verschlusssicherung<br />
ausgerüstet<br />
Da Karabiner bei offenem Schnapper (kommt in der Praxis durchaus vor) den<br />
„Schwachpunkt“ in der Sicherungskette darstellen, fordert die DAV-Sicherheitsforschung,<br />
die Schnapper-offen-Festigkeit bei den Karabinertypen B, A und D auf mindestens<br />
9 kN hoch zu setzen. Zudem wird für Karabinertyp K eine zusätzliche Prüfung<br />
der Biegefestigkeit gefordert (bereits formuliert und für die Änderung der UIAA-Norm<br />
2004 verabschiedet). Ob und wann sich diese Forderung in der EN durchsetzt, wird<br />
sich zeigen.<br />
Abweichend bzw. ergänzend zur EN verlangt die UIAA Norm 101:<br />
Einen größeren Durchmesser des Prüfbolzen (16 statt 10 mm) bei der Festigkeitsprüfung<br />
in Längsrichtung<br />
Klettersteigkarabiner (Typ K) müssen bei der zusätzlichen Biege-Belastungsprüfung<br />
mindestens eine Festigkeit von 8 kN aufweisen.
HINTERGRUND<br />
Schnapper-offen-Belastungen oder Biegebelastungen<br />
können auch heute noch zu<br />
Karabinerbrüchen führen. Um diese Gefahr<br />
zu minimieren, sollte die Schnapperoffen-Festigkeit<br />
bei mindestens 9 kN liegen.<br />
Karabiner, die lediglich 7 kN Offenfestigkeit<br />
aufweisen, sind nicht zu empfehlen.<br />
Um das ungewollte Öffnen des Schnappers<br />
im Moment des Anpralls der Expressschlinge<br />
an der Wand zu erschweren,<br />
wurden „wire-gate“ Schnapper konstruiert.<br />
Durch die kleinere Massenträgheit<br />
werden diese Schnapper weniger<br />
bzw. gar nicht aufgedrückt.<br />
VERSCHLUSSSYSTEME<br />
Verschlusskarabiner werden mit gesicherten<br />
( = save-lock-Karabiner) und ungesicherten<br />
Verschlusssystemen (Schrauber<br />
und twistlock) angeboten. Zudem unter-<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
3. Karabiner<br />
scheidet man zwischen selbstverriegelnden<br />
(z.B. twist-lock) und nicht selbstverriegelnden<br />
Systemen (z.B. Schrauber).<br />
Beispiel: gesichertes Verschlusssystem ungesichertes Verschlusssystem<br />
selbstverriegelnd ball lock, push & twist etc. twist lock, Schiebehülse etc.<br />
nicht Bajonettverschluss,<br />
selbstverriegelnd belay-master, Spinball etc. Schrauber<br />
Gesicherte Verschlusskarabiner oder „save-lock-Karabiner“: push & twist, ball lock,<br />
belay-master, Bajonettverschluss<br />
15
16<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
3. Karabiner<br />
BEWERTUNG DER VERSCHLUSSSYSTEME<br />
Optimal sind gesicherte Verschlusskarabiner,<br />
da ein unabsichtliches Öffnen durch<br />
Seilbewegung oder durch Felskontakt<br />
kaum möglich ist. Für das Anseilen am<br />
Gletscher oder im Toprope sind diese<br />
Karabiner daher vorzuziehen. Twist-lock-<br />
Karabiner sind zwar selbstverriegelnd, in<br />
der Praxis aber relativ unfallträchtig. Bereits<br />
eine viertel Drehung, beispielsweise<br />
durch Seilreibung, kann die Verriegelung<br />
öffnen. Auch Schrauber haben hier ihre<br />
Grenzen. Das Anseilen am Gletscher ist<br />
zwar mit Schrauber noch akzeptabel, das<br />
Klettern im Toprope jedoch bereits problematisch.<br />
Neben den beschriebenen<br />
Unbeabsichtigtes Aushängen der HMS bei twist-lock Karabinern<br />
gesicherten Verschlusssystemen (savelock-Karabiner)<br />
können hier zwei gegenläufig<br />
eingehängte Karabiner (Siehe auch<br />
Kap. „Sicherung“, 2.1.3 und 5.5) eingesetzt<br />
werden.<br />
Selbstverriegelnde Karabiner sind oft vorteilhaft<br />
gegenüber den nicht selbst verriegelnden<br />
Systemen, da das Verschließen<br />
nicht mehr vergessen werden kann. Wenn<br />
die Karabiner mit einer Hand bedient<br />
werden sollen (Zwischensicherung, einhändiges<br />
Einhängen des Seiles), dürfen<br />
die Verschlüsse nicht selbstverriegelnd<br />
sein. Hier ist der Bajonettverschluss optimal.
4. Klemmkeile und Klemmgeräte<br />
Norm-Definition: „Klemmkeile sind nicht<br />
verstellbare, keilförmige Körper, die in<br />
Felsrisse geklemmt werden können und<br />
eine Belastung in Längsrichtung aufnehmen<br />
können.“<br />
„Klemmgeräte sind verstellbare, keilförmige<br />
Körper, die in Felsrisse geklemmt werden<br />
können und eine Belastung in Längsrichtung<br />
aufnehmen können.“<br />
4.1<br />
Klemmkeile<br />
TYPEN<br />
Klemmkeile lassen sich aufgrund ihrer<br />
unterschiedlichen Grundform in sogenannte<br />
„Stopper“, „Hexentrics“ und „Tricams“<br />
unterteilen.<br />
Diese Klemmkeilformen werden mit<br />
Drahtkabel-, Band- oder Reepschnurschlingen<br />
angeboten.<br />
Stopper können darüber hinaus ganz<br />
unterschiedliche Formen besitzen.<br />
Halbmondförmige Stopper, in Rechteckund<br />
Trapezform<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
4. Klemmkeile und Klemmgeräte<br />
NORM<br />
Norm EN 12270 UIAA 124<br />
Stand Juli 1998 Februar 1999<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach<br />
EN 12270:<br />
Die Festigkeit von Keilen muss lediglich<br />
2 kN betragen. Bei der Prüfung wird der<br />
Keil am unteren Drittel in die Prüfvorrichtung<br />
eingespannt und bis zum Auszug<br />
bzw. Bruch belastet. Der erzielte Wert,<br />
abgerundet auf die nächstkleinere ganze<br />
Zahl, muss in kN dauerhaft auf dem Keil<br />
angebracht sein.<br />
Die UIAA-Norm verlangt keine weiteren<br />
Kriterien.<br />
HINTERGRUND<br />
Die Formen für Klemmkeile sind ebenso<br />
wenig genormt wie die Größenangaben.<br />
Daher unterscheiden sich die mit Kennzahlen<br />
durchnummerierten Größen von<br />
Hersteller zu Hersteller.<br />
17
18<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
4. Klemmkeile und Klemmgeräte<br />
Keile mit einer Festigkeit unter 6 kN sind<br />
nicht als Sicherungsmittel zu betrachten,<br />
sondern als Fortbewegungskeile.<br />
Bei den Stoppern hat sich die Halbmondform<br />
gegenüber der herkömmlichen (geraden)<br />
Form durchgesetzt. Nicht parallele<br />
(trapezförmige) Stopper können in der<br />
Regel besser in nach außen aufgehende<br />
Risse positioniert werden (Formschluss).<br />
Manche Hersteller geben zwei Festigkeitswerte<br />
auf ihren Keilen an. Diese etwas<br />
verwirrenden Angaben beziehen sich auf<br />
den Auszugswert und den Bruchwert. Für<br />
die Praxis ist der kleinere Wert interessant.<br />
Der Bruchwert wird in der Regel<br />
durch den Drahtkabeldurchmesser bestimmt.<br />
Auf älteren Keilen ist zum Teil der Festigkeitswert<br />
nicht in kN angegeben, sondern<br />
mit Sternen (*) gekennzeichnet. Ähnlich<br />
wie bei den Kennfäden bei Bandmaterial<br />
steht jeder Stern für 5 kN.<br />
Zur Kraftaufnahme haben sich Drahtkabel<br />
gegenüber Band- und Kernmantelmaterial<br />
bewährt (kleiner Durchmesser, hohe<br />
Festigkeit).<br />
Klemmkeile haben (abhängig von ihrem<br />
Keilwinkel) ein Sprengwirkung von etwa<br />
dem 1,5- bis 3-fachen der Zugbelastung.<br />
Sprengwirkung ca. das 1,5- bis 3-fache der<br />
Zugbelastung
4.2 Klemmgeräte<br />
TYPEN<br />
Klemmgeräte lassen sich in zwei Funktionssysteme<br />
unterteilen - das „Friend-<br />
System“ und das „Slider-System“.<br />
Friend- und Slidersystem<br />
Friend-Systeme werden mit drei oder vier<br />
Segmenten angeboten, haben eine oder<br />
zwei Achsen und einen oder zwei starre<br />
oder flexible Stege.<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
4. Klemmkeile und Klemmgeräte<br />
NORM<br />
Norm EN 12276 UIAA 125<br />
Stand August 1998 Februar 1999<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach<br />
EN 12276:<br />
Die Festigkeit von Klemmgeräten muss<br />
mindestens 5 kN betragen. Bei der Prüfung<br />
wird das Klemmgerät zwischen zwei<br />
parallelen Auflagebacken angebracht. Die<br />
Prüfung wird in zwei unterschiedlichen<br />
Einstellbreiten (einem großen sowie<br />
einem kleinen Segmentwinkel) durchgeführt.<br />
Die Krafteinwirkung wird bis zum<br />
Bruch bzw. zum Auszug aus der Prüfvorrichtung<br />
aufgebracht. Der erzielte Wert<br />
muss in kN dauerhaft auf dem Gerät<br />
(meist an der Schlinge zur Kraftaufnahme)<br />
angebracht sein.<br />
Die UIAA-Norm verlangt keine weiteren<br />
Kriterien.<br />
Camalot, Friend und TCU Friend in Prüfvorrichtung<br />
19
20<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
4. Klemmkeile und Klemmgeräte<br />
HINTERGRUND<br />
Friend-Systeme haben sich gegenüber<br />
den Slider-Systemen durchgesetzt. Lediglich<br />
in Spezialbereichen (z.B. Bohrlöcher)<br />
finden Slider-Systeme Verwendung.<br />
Bei den Friend-Systemen gilt ein flexibler<br />
Steg mittlerweile als Standard. Dadurch<br />
können die Geräte auch in Querrissen<br />
oder Löchern ohne ein Abbinden angebracht<br />
werden. Die Entscheidung für drei<br />
oder vier Segmente ist Geschmacksache.<br />
Weniger breite Geräte (drei Segmente)<br />
lassen sich besser in Hakenlöchern platzieren.<br />
Geräte mit vier Segmenten liegen<br />
hingegen weniger „wacklig“ und sind<br />
unempfindlicher gegen ein Verdrehen.<br />
Die Geräte mit zwei Achsen (Camalots)<br />
haben einen größeren Einsatzbereich. Ein<br />
und dieselbe Größe deckt eine größere<br />
Rissbreite ab.<br />
Die Sprengwirkung der Friend-Systeme<br />
beträgt etwa das Doppelte der Zugbelastung.<br />
Ausschlaggebend für die Qualität der<br />
Friends sind die Stahlqualität der Achse<br />
und eine Spiralform (größer werdender<br />
Kreisradius) der Segmente. Ein nicht ausreichend<br />
fester Stahl führt zum Verbiegen<br />
der Achse und zum Versagen des Klemm-<br />
geräts. Kreisbogenförmige Segmente finden<br />
keinen ausreichenden Halt an den<br />
Risswänden (zu geringer Spreizdruck).<br />
Produkte ohne CE-Zeichen (Nachbauten)<br />
sollten daher nicht verwendet werden.<br />
Sprengewirkung ca. das 2-fache der Zugbelastung
5. Normalhaken<br />
Norm-Definition: „Gegenstand, der nach<br />
Einschlagen in einen Felsriss mittels<br />
eines Hammers oder eines gleichwertigen<br />
Instruments eine Verankerung darstellt.“<br />
TYPEN<br />
Bei den Normalhaken (Felshaken) wird<br />
zwischen Weich- und Hartstahlhaken<br />
unterschieden. Darüber hinaus gibt es<br />
Sicherheits- und Fortbewegungshaken.<br />
Sicherheitshaken müssen eine höhere<br />
Bruchkraft und eine Mindestschaftlänge<br />
von 90 mm aufweisen.<br />
Mit dem S gekennzeichneter Sicherheitshaken<br />
Die üblichen Formen von Normalhaken<br />
sehen wie folgt aus:<br />
Von l.n.r.: Längshaken, Querhaken, Spachtelhaken,<br />
Drehmomenthaken, Ringhaken,<br />
U-Profilhaken, V-Profilhaken, Lost Arrow,<br />
Knife Plate, Bird Peck, Rurp<br />
NORM<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
5. Normalhaken<br />
Norm EN 569 UIAA 122<br />
Stand Januar 1997 Februar 1999<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach<br />
EN 569:<br />
Geforderte Mindestbruchkraftwerte in den<br />
entsprechenden Zugrichtungen (F1 = Normalrichtung,<br />
F2 = Gegenrichtung und<br />
F3 = seitliche Richtung).<br />
Hakentyp: Kraft (kN) in<br />
Kraftrichtung<br />
F1 F2 F3<br />
Sicherheitshaken 25 10 15<br />
Fortbewegungshaken 12,5 5 7,5<br />
21
22<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
5. Normalhaken<br />
Auf dem Haken muss der Name oder das<br />
Warenzeichen des Herstellers angebracht<br />
sein sowie die Schaftlänge (L) in cm.<br />
Sicherheitshaken werden zusätzlich mit<br />
dem entsprechenden Symbol S<br />
gekennzeichnet.<br />
Die UIAA-Norm schreibt darüber hinaus<br />
für Hartstahlhaken eine Mindesthärte von<br />
HRC 28 sowie eine schwarze oder dunkle<br />
Farbe vor.<br />
Weichstahlhaken müssen eine Härte unter<br />
HRC 22 aufweisen und in einer beliebigen<br />
Farbe außer schwarz oder dunkel<br />
gekennzeichnet sein.<br />
HINTERGRUND<br />
Hartstahlhaken sind besonders für Urgestein<br />
geeignet, da die Risse meist gradliniger<br />
verlaufen und sich der Haken weniger<br />
dem Riss anpassen muss. Weichstahlhaken<br />
kommen bevorzugt im Kalk zum<br />
Einsatz und sollen sich dem Rissverlauf<br />
anpassen können.<br />
Als Faustregel gilt: Weichstahlhaken sollen<br />
bis zu einem Drittel der Schaftlänge<br />
eingesteckt werden können, Hartstahlhaken<br />
bis zu zwei Dritteln. Für Urgestein<br />
(Granit und Gneis) kommen überwiegend<br />
Profilhaken und Lost Arrows zum Einsatz.<br />
Im Kalk finden dagegen besonders flache<br />
Haken (Längshaken, Querhaken, Spachtelhaken<br />
und Drehmomenthaken) ihren<br />
Einsatz.<br />
Durch wiederholtes Einschlagen und Entfernen<br />
von Hartstahlhaken können Haarrisse<br />
entstehen, die jedoch häufig durch<br />
eine Sichtkontrolle zu erkennen sind.<br />
Einstecktiefe bei Weich- bzw. Hartstahlhaken
6. Bohrhaken<br />
Norm-Definition: „Verankerungsmittel, das<br />
in einer Bohrung im Fels durch Verbundmörteltechnik,<br />
Hinterschnitttechnik (formschlüssige<br />
Systeme) oder durch Verspreizen<br />
(reibschlüssige Systeme) angebracht<br />
wird.“<br />
TYPEN<br />
Hauptunterscheidungsmerkmal bei Bohrhaken<br />
ist die Verankerungstechnik. Man<br />
unterscheidet zwischen reibschlüssigen<br />
Systemen (Expressanker, Einschlaganker)<br />
und formschlüssigen Systemen (Verbundanker,<br />
Hinterschnittanker).<br />
Formschlüssige Systeme<br />
Bei den formschlüssigen Systemen tritt<br />
keine oder lediglich eine geringe Sprengwirkung<br />
auf. Die Befestigung hält durch<br />
eine formschlüssige Verzahnung des Dübels<br />
oder des Ankers mit seiner Umgebung.<br />
Formschlüssige Systeme: Verbundanker<br />
und Hinterschnittanker<br />
Reibschlüssige Systeme<br />
Bei den reibschlüssigen Systemen ist ein<br />
Spreizdruck auf den Fels notwendig. Die<br />
Befestigung hält durch die entstehende<br />
Reibung zwischen Bohrlochwand und<br />
dem Dübelsystem.<br />
NORM<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
6. Bohrhaken<br />
Reibschlüssige Systeme: Einschlaganker<br />
und Expressanker<br />
Norm EN 959 UIAA 123<br />
Stand Juni 1996 Februar 1999<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach<br />
EN 959:<br />
Geforderte Mindestfestigkeit:<br />
Zugrichtung: radial axial<br />
Bruchkraft: 25 kN 15 kN<br />
Bohrhaken müssen aus korrosionsbeständigem<br />
Werkstoff (nichtrostende<br />
Stähle = Inox) bestehen. Die Stahlqualität<br />
muss mindestens dem Werkstoff<br />
Nr. 1.4307 entsprechen (außer 1.4305).<br />
Das Befestigungssystem muss unabhängig<br />
von der Bohrlochtiefe funktionieren.<br />
Die UIAA-Norm beschreibt darüber hinaus<br />
Anforderungen für spezielle Toprope-<br />
Haken.<br />
23
24<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
6. Bohrhaken<br />
HINTERGRUND<br />
Bohrhaken unterliegen nicht der Einteilung<br />
in die PSA (Persönliche Schutzausrüstung,<br />
s. 1.1). Daher muss ein Bohrhaken<br />
auch nicht von einem unabhängigen<br />
Prüfinstitut zertifiziert werden und trägt<br />
somit auch kein CE-Zeichen. Viele Bergsportläden<br />
bieten nicht normkonforme<br />
Systeme an (z.B. aus verzinktem oder<br />
chromatiertem Stahl sowie Systeme, deren<br />
Spreizfunktion nur bei exakt passender<br />
Bohrlochtiefe gewährleistet ist).<br />
KORROSION<br />
Die Umgebung (Feuchtigkeit, salzhaltige<br />
Luft im Meerbereich, Umweltbelastung<br />
sowie die Felszusammensetzung)<br />
bestimmt neben dem verwendeten Material<br />
die Korrosionsgeschwindigkeit.<br />
Prinzipiell unterscheidet man zwischen<br />
folgenden Typen von Korrosion:<br />
Lochfraß (Pitting): am Anfang nadelstichartiger<br />
Angriff verursacht durch<br />
Chloride<br />
Spaltkorrosion: an das Vorhandensein<br />
von Spalten gebunden, tritt schon bei<br />
geringerer Konzentration von aggressiven<br />
Stoffen als das Pitting auf<br />
Kontaktkorrosion: Kontakt zwischen<br />
Metallen, die unterschiedlich edel sind;<br />
es entsteht elektrische Spannung zwischen<br />
den Komponenten, das unedlere<br />
Metall wird angegriffen; der Effekt wird<br />
verstärkt durch Feuchtigkeit und Chloride.<br />
Beispiel: Alulasche-Stahldübel<br />
interkristalline Korrosion: z.B. durch<br />
Erwärmung (Schweißen) schwindet das<br />
Chrom durch Ausscheidung von Chromcarbiden<br />
an der Oberfläche, daraus resultiert<br />
eine geringere Korrosionsbeständigkeit.<br />
Für den Einsatz in Meerwassernähe oder<br />
in Ballungsräumen (hohe Chloridbelas-<br />
tung) wird daher ein hochwertigerer Stahl<br />
(V4A, Werkstoffqualität mindestens<br />
1.4401) empfohlen.<br />
Besonderes Augenmerk gilt der Kontaktkorrosion.<br />
Unterschiedlich edle Metalle<br />
sind unbedingt zu vermeiden. Beispielsweise<br />
kommt es bei einem Kontakt von<br />
Aluminium und Stahl nach kurzer Zeit zu<br />
einem dramatischen Festigkeitsverlust<br />
des Aluminiums (z.B. Alulasche auf Stahldübel).<br />
WERKSTOFFQUALITÄT<br />
Die nach EN vorgeschriebene Werkstoffqualität<br />
(1.4307) entspricht einem V2A<br />
Material (alte Bezeichnung). Vielfach wird<br />
auch die Bezeichnung nach AISI (American<br />
Iron and Steel Institute) angegeben.<br />
Hiernach muss die Werkstoffqualität mindestens<br />
einer Stahllegierung 301 oder<br />
304 entsprechen (303 sollte nicht verwendet<br />
werden). Ein verzinkter oder chromatierter<br />
Werkstoff entspricht nicht der<br />
Normanforderung!<br />
EINBINDETIEFE<br />
Die Einbindetiefe hängt maßgeblich von<br />
der Härte des Gesteins ab. Im weichen<br />
Sandstein müssen die Anker um ein vielfaches<br />
länger sein als im harten Granit.<br />
Die Einbindetiefe ist nicht genormt. Die<br />
DAV-Sicherheitsforschung empfiehlt eine<br />
Einbindetiefe von mindestens 80 mm für<br />
Kalk und Granit, sowie 150 mm und mehr<br />
für weichere Gesteine (Sandstein).<br />
VOR- UND NACHTEILE DER BOHRHAKEN-SYSTEME<br />
Die unterschiedlichen Systeme besitzen<br />
Vor- und Nachteile. Vor allem bei den<br />
Verbundhaken sind vielfältige Fehler beim<br />
Setzen möglich. Beim Setzen von Expressankern<br />
ist eine Überlastung des<br />
Materials durch ein Anziehen mit einem<br />
zu hohen Drehmoment problematisch.
VERGLEICH DER BOHRHAKEN-SYSTEME<br />
Hinterschnittanker<br />
Verbundanker<br />
Expressanker<br />
Einschlaganker<br />
FEHLERMÖGLICHKEITEN BEIM ANBRINGEN VON VER-<br />
BUNDHAKEN MIT KARTUSCHENMÖRTEL:<br />
Bohrloch nicht gereinigt schlechter<br />
Verbund zwischen Mörtelmasse und<br />
Bohrlochwand<br />
Schaftoberfläche des Hakens zu glatt<br />
schlechter Formschluss zwischen<br />
Mörtelmasse und Haken.<br />
Vorlauf nicht verworfen evtl. falsches<br />
Mischungsverhältnis Mörtel<br />
bindet nicht ab<br />
Mischwendel defekt oder verschmutzt<br />
evtl. falsches Mischungsverhältnis<br />
Mörtel bindet nicht ab<br />
VORTEILE NACHTEILE<br />
nahezu spreizdruckfrei<br />
sehr sicher<br />
sofort belastbar<br />
spreizdruckfrei<br />
hohe Kraftwerte möglich<br />
relativ preiswert<br />
einfach u. schnell zu setzen<br />
sehr preiswert<br />
geringer Bohrloch Ø<br />
sofort belastbar<br />
sehr einfach zu setzen<br />
sofort belastbar<br />
Montagekontrolle<br />
relativ teuer<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
6. Bohrhaken<br />
spez. Werkzeuge nötig<br />
großer Bohrloch Ø nötig<br />
komplizierte Montage<br />
nicht sofort belastbar<br />
Montage kompliziert<br />
hohe Fehleranfälligkeit<br />
beim Setzen<br />
Kontrolle nötig<br />
großer Bohrloch Ø nötig<br />
nicht spreizdruckfrei<br />
max. Drehmoment vorgeschrieben<br />
hoher Spreizdruck<br />
relativ teuer<br />
geringe Einbindetiefe<br />
Haltbarkeitsdatum abgelaufen Mörtelmasse<br />
bindet evtl. nicht ab<br />
falsche Lagerung (zu warm) Härter<br />
kristallisiert aus Mörtelmasse bindet<br />
nicht ab<br />
Härterkartusche verschlossen, da bereits<br />
ausgehärtet; untere Komponentenkartusche<br />
befüllt jedoch noch das<br />
Bohrloch falsches Mischungsverhältnis<br />
Mörtelmasse bindet nicht ab<br />
Auspresspistole defekt oder falsches<br />
Modell falsches Mischungsverhältnis<br />
25
26<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
6. Bohrhaken<br />
FEHLERMÖGLICHKEITEN BEIM ANBRINGEN VON VER-<br />
BUNDHAKEN MIT MÖRTELGLASPATRONEN:<br />
Bohrloch zu tief für Schaftlänge des<br />
Hakens keine Vermischung im hinteren<br />
Bohrlochbereich<br />
Glasmörtelpatrone zu lang für Bohrloch<br />
Füllmasse geht verloren, vor allem<br />
Härter evtl. falsches Mischungsverhältnis<br />
Mörtelmasse bindet nicht ab<br />
Glasmörtelpatrone zu kurz für Bohrloch<br />
vorderer Bohrlochbereich wird nicht<br />
befüllt<br />
Bohrloch nicht gereinigt schlechter<br />
Verbund zwischen Mörtelmasse und<br />
Bohrlochwand<br />
falsche Lagerung (zu warm) Härter<br />
kristallisiert evtl. aus Mörtel bindet<br />
nicht ab<br />
Schaftoberfläche des Hakens zu glatt<br />
kein Formschluss zwischen Mörtelmasse<br />
und Haken<br />
nicht ausreichende Vermischung von<br />
Härter und Mischmasse Mörtel bindet<br />
nicht ab.<br />
FEHLERMÖGLICHKEIT BEIM ANBRINGEN VON EXPRES-<br />
SANKERN:<br />
Je nach Hersteller und Schaftdurchmesser<br />
ist ein bestimmtes Drehmoment notwendig,<br />
mit dem das System befestigt werden<br />
muss. Nur bei Verwendung eines<br />
Drehmomentschlüssels kann die Vorspannung<br />
exakt eingestellt werden. Darüber<br />
hinaus geben die Hersteller bei gleichem<br />
Bohrlochdurchmesser (M10) je nach Fabrikat<br />
und Material ein unterschiedlich hohes<br />
Drehmoment von 25 - 45 Nm an. Die<br />
Setzanweisung sollte daher beachtet werden.
7. Schlingen und Reepschnüre<br />
Norm-Definition: „Schlingen und Reepschnüre<br />
werden vor allem an Zwischensicherungen,<br />
als Verbindung von Fixpunkten<br />
oder zur Kraftaufnahme an der Hüft-<br />
Brustgurt-Kombination verwendet. Reepschnüre<br />
und Bandmaterial besitzen eine<br />
sehr geringe Dehnung und sind daher für<br />
statische oder annähernd statische Belastungen<br />
zur Kraftaufnahme und nicht zur<br />
Energieaufnahme gedacht.“<br />
7.1<br />
Bandmaterial<br />
TYPEN<br />
Bandmaterial wird als Schlauchband oder<br />
als Flachband angeboten. Es wird aus<br />
Polyamid (Nylon) hergestellt und besitzt<br />
eine Breite von 15 - 25 mm. Durch die<br />
höhere Festigkeit und das bessere Kantenarbeitsvermögen<br />
hat sich Schlauchband<br />
gegenüber Flachband durchgesetzt.<br />
Prinzipiell gibt es für Bandmaterial dieselben<br />
Materialunterscheidungen und Anwendungsbereiche<br />
wie für vernähte<br />
Schlingen (= Expressschlingen, vgl. 7.2).<br />
Allerdings dürfen Polyäthylengewebe und<br />
Mischgewebe nicht verknotet werden und<br />
sind daher nur vernäht (vgl. Expressschlingen)<br />
auf dem Markt erhältlich.<br />
NORM<br />
Norm EN 565 UIAA 103<br />
Stand Februar 1997 Februar 1999<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach<br />
EN 565:<br />
Die Mindestbruchkraft für Bandmaterial<br />
beträgt 5 kN.<br />
Die erreichte Bruchfestigkeit muss<br />
durch Kennfäden (pro Kennfaden 5 kN)<br />
auf der Schlinge kenntlich gemacht<br />
werden.<br />
Die UIAA-Norm schreibt darüber hinaus<br />
vor, dass Bandmaterial in Form von Meterware<br />
auf Rollen in einem Stück geliefert<br />
und gelagert werden muss (also nicht<br />
gestückelt sein darf).<br />
HINTERGRUND<br />
Knoten verringern die Festigkeit von<br />
Bandmaterial je nach Knoten um 20-60%<br />
(s. Kap. „Sicherung“ 2.4). Am meisten<br />
vermindert der Sackstich in Tropfenform<br />
die Festigkeit gegenüber dem Material im<br />
Einfachstrang (ca. 60%). Am besten<br />
schneidet der Achter in Ringform ab (ca.<br />
20% Festigkeitsverlust). Vernähte Schlingen<br />
(= Expressschlingen) sind daher<br />
geknoteten Schlingen vorzuziehen.<br />
Polyäthylenmaterial (Dyneema und Spectraweb)<br />
sowie Mischgewebe dürfen aufgrund<br />
der extrem glatten Oberfläche nicht<br />
zusammengeknotet werden. Geknotete<br />
Schlingen aus diesem Material ziehen<br />
sich bereits bei geringen Belastungen<br />
auf. Daher nicht als Meterware erhältlich.<br />
7.2<br />
Expressschlingen<br />
TYPEN<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
7. Schlingen und Reepschnüre<br />
Expressschlingen werden meist aus<br />
Schlauchbandmaterial gefertigt und können<br />
aus unterschiedlichen Materialien<br />
bestehen (Polyamid, Polyamid/Polyäthylen<br />
Mischgewebe und reines Polyäthylen):<br />
herkömmliches Bandmaterial aus reinem<br />
Polyamid (Nylon): Breite zwischen<br />
25 und 16 mm; wird als Meterware<br />
oder in vernähter Form (= Expressschlingen)<br />
angeboten<br />
27
28<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
7. Schlingen und Reepschnüre<br />
Mischgewebe, als Spectraweb oder<br />
Dyneema-Material (Herstellername) bekannt:<br />
Breite 12-16 mm; nur als vernähte<br />
Schlinge (Expressschlingen), nicht<br />
als Meterware erhältlich (da sich Knoten<br />
wegen der zu glatten Oberfläche<br />
bei Belastung aufziehen)<br />
Polyäthylenschlingen: Breite 6-10 mm;<br />
nur durch spezielle Vernähtechnik zu<br />
verbinden und nur als vernähte Schlinge<br />
erhältlich; nicht knotbar (zieht sich<br />
unter Belastung auf) und nicht einfärbbar<br />
(da extrem glattes Material).<br />
Vernähte Schlingen finden vorwiegend in<br />
Zwischensicherungen und an Standplätzen<br />
Verwendung.<br />
Mögliche Vernähungen bei Expressschlingen<br />
NORM<br />
Norm EN 566 UIAA 104<br />
Stand Januar 1997 Februar 1999<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach<br />
EN 566:<br />
Die Bruchkraft einer Expressschlinge<br />
muss mindestens 22 kN betragen.<br />
Die Vernähung muss sich gegenüber<br />
der Oberfläche des Bandes durch Farbe<br />
oder Oberflächenbild abheben.<br />
Die UIAA-Norm schreibt die gleiche Festigkeit<br />
vor. Die Vernähung muss sich<br />
allein durch die Farbgebung abheben.<br />
HINTERGRUND<br />
Die Prüfung der Festigkeit wird im Ring<br />
durchgeführt. Das heißt, dass der Einzelstrang<br />
der als Ring vernähten Schlinge<br />
(sowie die Vernähung) mindestens 11 kN<br />
halten muss.<br />
MATERIAL<br />
Neben dem Polyamid haben sich Mischgewebe<br />
(Polyamid und Polyäthylen)<br />
durchgesetzt. Der Vorteil liegt in einer<br />
etwa 5 mal höheren Festigkeit des Polyäthylens<br />
im Vergleich zum Polyamid. Die<br />
Schlingen können daher mit kleinerem<br />
Querschnitt hergestellt werden.<br />
Reine Polyäthylenschlingen sind nur<br />
durch ein spezielles Nähverfahren zu verbinden,<br />
da die Fasern so glatt sind, dass<br />
sie sich bei Belastung durch die Fäden<br />
einer herkömmlichen Vernähung durchziehen<br />
würden. Momentan existieren nur<br />
zwei Hersteller für das Garn, weshalb die<br />
Schlingen auch als Spectraweb oder<br />
Dyneema-Schlingen bekannt sind. Typisch<br />
ist auch die weiße Farbe. Polyäthylen ist<br />
so glatt, dass ein Einfärben nicht möglich<br />
ist.<br />
MATERIALUNTERSCHIEDE<br />
Neben der höheren Bruchfestigkeit von<br />
Polyäthylen (ca. das Fünffache von Polyamid)<br />
ist die Schnittfestigkeit sowie das<br />
Kantenarbeitsvermögen des Polyäthylen-<br />
Garns wesentlich höher als das von Polyamid.<br />
Der Schmelzpunkt von Polyäthylen<br />
liegt allerdings mit ca. 130° deutlich unter<br />
dem von Polyamid (ca. 250°). Damit wird<br />
die Gefahr von Schmelzverbrennungen<br />
größer. Die UV-Beständigkeit von Polyäthylen<br />
ist etwas höher als bei Polyamid.
7.3 Reepschnüre<br />
TYPEN<br />
Reepschnüre werden in den Durchmessern<br />
4-8 mm nach Norm hergestellt und<br />
geprüft. Dünnere Materialien sind nicht<br />
genormt und als „Fangschnüre“ zu betrachten.<br />
Dickeres Material wird entweder<br />
als dynamisches Bergseil oder als Statikseil<br />
klassifiziert, je nach Energieaufnahmevermögen<br />
(Dehnung).<br />
Neben den Polyamidreepschnüren werden<br />
Kevlarreepschnüre (Aramid) und Polyäthylenreepschnüre<br />
angeboten.<br />
NORM<br />
Norm EN 564 UIAA 102<br />
Stand Januar 1997 Februar 1999<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach<br />
EN 564:<br />
Mindestbruchkraft<br />
Durchmesser Mindestbruchkraft<br />
4 mm 3,2 kN<br />
5 mm 5,0 kN<br />
6 mm 7,2 kN<br />
7 mm 9,8 kN<br />
8 mm 12,8 kN<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
7. Schlingen und Reepschnüre<br />
Die Formel zur Bestimmung der Mindestfestigkeit<br />
lautet:<br />
Ø2 x 0,2 = Festigkeit in kN<br />
Demnach muss eine 5 mm dicke Reepschnur<br />
also 5 x 5 x 0,2 = 5 kN halten<br />
HINTERGRUND<br />
Durch Knoten wird die Festigkeit von<br />
Reepschnurmaterial reduziert. Je nach<br />
Knoten liegt der Festigkeitsverlust bei 25-<br />
50% (s. Kap. Sicherung, 2.4 Knotenfestigkeiten).<br />
MATERIALUNTERSCHIEDE<br />
Kevlar- und Polyäthylenreepschnüre weisen<br />
eine ca. dreifache Festigkeit gegenüber<br />
Polyamidreepschnüren auf. Die Knotenfestigkeit<br />
liegt jedoch nur geringfügig<br />
über der des herkömmlichen Reepschnurmaterials.<br />
29
30<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
8. Anseilgurte<br />
8. Anseilgurte<br />
Es gibt drei Arten von Anseilgurten: den<br />
Hüftgurt, den Komplettgurt (Kombigurt)<br />
und den Brustgurt. Alle drei Arten werden<br />
verstellbar oder nicht verstellbar angeboten.<br />
Das Anseilen mit Hüftgurt allein<br />
sowie das Anseilen mit Hüft- und Brustgurt<br />
oder mit Komplettgurt entspricht der<br />
Lehrmeinung. Es gibt Vor- und Nachteile<br />
für jede Anseilmethode (s. Punkt 1. ff).<br />
Das Anseilen mittels Brustgurt alleine ist<br />
gefährlich und entspricht in keiner Situation<br />
der Lehrmeinung. Die Norm unterscheidet<br />
zudem noch Kleinkörpergurte für<br />
Personen unter 40 kg.<br />
TYPEN<br />
Bei den Anseilgurten können Modelle mit<br />
und ohne verstellbare Beinschlaufen unterschieden<br />
werden. Zudem unterscheiden<br />
sich die Gurte durch das System der<br />
Schnallen (Fädelschnallen, Steckschnallen,<br />
Gurte ohne Schnallen und Gurte, bei<br />
denen das Gurtband nicht mehr aus den<br />
Schnallen ausgefädelt werden kann).<br />
NORM<br />
Norm EN 12277 UIAA 105<br />
Stand Mai 1998 Februar 1999<br />
Typ A Typ B Typ C Typ D<br />
Gurttypen nach Norm, Typ A = Komplettgurt, B = Kleinkörpergurt, C = Hüftgurt,<br />
D = Brustgurt in Kombination mit einem Hüftgurt
<strong>Ausrüstung</strong><br />
8. Anseilgurte<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach EN 12277:<br />
Gurttyp:<br />
Mindestbreite des Kraft<br />
A B C D<br />
aufnehmenden Bandes<br />
Mindestbreite der<br />
43 mm 33 mm 43 mm 43 mm<br />
Schulterträger<br />
Festigkeit in<br />
28 mm 23 mm 28 mm 28 mm<br />
Kopf-Oben-Position<br />
Festigkeit in<br />
15 kN 10 kN 15 kN ---<br />
Kopf-Unten-Position<br />
Schnallenfestigkeit<br />
10 kN 10 kN --- 10 kN<br />
des Bauchgurtes<br />
Durchrutsch<br />
--- --- 10 kN --der<br />
Schnallen --- --- < 20 mm ---<br />
Die UIAA-Norm schreibt darüber hinaus vor, dass alle Vernähungen an Kraft aufnehmenden<br />
Teilen in Kontrastfarben abgesetzt sein müssen.<br />
HINTERGRUND<br />
EINBINDEN<br />
Das Einbinden im Hüftgurt kann entweder<br />
im Sicherungsring oder parallel dazu<br />
durch Beinschlaufensteg und Bauchgurtöse<br />
erfolgen (vgl. Kap. „Sicherung“,<br />
Punkt 1.1.1).<br />
HÄNGEPOSITION<br />
Die optimale Hängeposition in einer Anseilkombination<br />
aus Hüft- und Brustgurt<br />
sieht in etwa wie in der Abbildung<br />
(rechts) aus. Komplettgurte, die eine solche<br />
Position nicht ermöglichen, sind auf<br />
Grund der unbequemen und ungünstigen<br />
Hängeposition nicht empfehlenswert.<br />
Ungünstige Hängeposition im Komplettgurt<br />
und optimale Hängeposition in Hüft-<br />
Brustgurt Kombination<br />
31
32<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
8. Anseilgurte<br />
LEBENSDAUER<br />
Die Lebensdauer von Gurten ist laut Herstellerangaben<br />
und PSA-Richtlinien ähnlich<br />
der von Seilen (5 Jahre Lagerung, 5<br />
Jahre Nutzung). Bei Beschädigung der<br />
Kraft aufnehmenden Teile (Beinschlaufensteg,<br />
Bauchgurtöse oder Sicherungsring)<br />
oder der Nähte an diesen sollte der Gurt<br />
sofort ausgesondert werden.<br />
PASSFORM<br />
Wichtig bei allen Gurten ist eine optimale<br />
Passform. Sind die Beinschlaufen zu groß,<br />
kann ein Sturz in ungünstigen Fällen zu<br />
gravierenden Verletzungen führen.<br />
Ein Brustgurt sollte nicht zu eng sein und<br />
beim Stürzen in aufrechter Position keine<br />
Energie aufnehmen. Seine Funktion besteht<br />
lediglich im Verhindern des Abkippens<br />
nach hinten.
9. Helme<br />
Bergsteigerhelme haben zwei Aufgaben.<br />
Erstens sollen sie gegen Steinschlag<br />
schützen, zweitens gegen Anprallverletzungen.<br />
Fahrradhelme hingegen müssen<br />
lediglich letzteres erfüllen und stellen<br />
daher keinen geeigneten Ersatz für Bergsteigerhelme<br />
dar.<br />
TYPEN<br />
Grundsätzlich müssen alle Bergsteigerhelme<br />
beide oben genannten Anforderungen<br />
erfüllen. Hinsichtlich der Konstruktionsweise<br />
können zwei Helmtypen unterschieden<br />
werden.<br />
Die klassischen Bergsteigerhelme haben<br />
eine mehr oder weniger harte Schale aus<br />
Kunststoff, die über eine aus Gurtmaterial<br />
bestehende Tragevorrichtung mit dem<br />
Kopf verbunden ist. Sie schützen zwar<br />
weitgehend vor Steinschlag, ihre Energieaufnahmefähigkeit<br />
ist jedoch vor allem<br />
bei seitlichem Anprall beschränkt. Das<br />
Eigengewicht der klassischen Helme ist<br />
relativ groß. Moderne Inmolding-Helme,<br />
die aus einem Styropor-Kern mit einer<br />
relativ weichen Außenschale bestehen,<br />
schützen optimal gegen Anprall und sind<br />
sehr leicht. Sie haben aber Schwächen<br />
bei Steinschlag und sind weniger robust.<br />
NORM<br />
Norm EN 12492 UIAA 106<br />
Stand September 2002 Februar 1999<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
9. Helme<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach<br />
EN 12492:<br />
Vertikales Stoßdämpfungsvermögen:<br />
Bei dieser Prüfung darf die maximal<br />
übertragene Kraft auf den Prüfkopf<br />
durch einen 5 kg schweren halbkugelförmigen<br />
Stahlschlagkörper mit einem<br />
Durchmesser von 10 cm bei einer Fallhöhe<br />
von 2 m nicht mehr als 10 kN<br />
betragen.<br />
2,0 m<br />
33
34<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
9. Helme<br />
frontales, seitliches und rückseitiges<br />
Stoßdämpfungsvermögen: Bei dieser<br />
Prüfung darf die maximal übertragene<br />
Kraft auf den Prüfkopf durch einen 5 kg<br />
schweren flachen Stahlschlagkörper mit<br />
einem Durchmesser von 13 cm bei<br />
einer Fallhöhe von 50 cm nicht mehr<br />
als 10 kN betragen.<br />
0,5 m<br />
Durchdringungsfestigkeit: Bei dieser<br />
Prüfung darf ein 3 kg schwerer kegelförmiger<br />
Schlagkörper bei zweimaligem<br />
Aufprall aus einem Meter Fallhöhe in<br />
einem Abstand von 5 cm auf den Helm<br />
den Prüfkopf nicht berühren.<br />
1,0 m<br />
Festigkeit der Trageberiemung: Bei<br />
einer Belastung von 500 N auf die<br />
Kinnberiemung, darf sich diese nicht<br />
mehr als 2,5 cm dehnen bzw. lösen.<br />
Wirksamkeit der Trageberiemung (Verschiebung):<br />
Der Helm darf sich bei<br />
einer plötzlichen Krafteinwirkung auf<br />
die Vorder- und Hinterkante des Helmes<br />
nicht nach vorne oder hinten vom<br />
Prüfkopf schieben lassen. Hierzu wird<br />
ein Fallgewicht von 10 kg mit einer<br />
Fallhöhe von 17,5 cm mit einem<br />
Drahtseil über eine Umlenkung am<br />
Helm befestigt.<br />
Belüftung: Ein Bergsteigerhelm muss<br />
eine Belüftung von mindestens 4 cm2 Flächenquerschnitt aufweisen.<br />
Die UIAA-Norm schreibt für alle Stoßdämpfungstests<br />
(vertikal, frontal, seitlich<br />
und dorsal) eine maximale übertragene<br />
Kraft von 8 kN vor.<br />
HINTERGRUND<br />
Helme wurden erstaunlicherweise nicht in<br />
die PSA Kategorie III, sondern lediglich in<br />
die Kategorie II eingeordnet.<br />
ALTERUNG<br />
Kunststoff altert, wird porös und spröde.<br />
Ein Helm verliert dadurch sein optimales<br />
Energieaufnahmevermögen. Laut Norm<br />
müssen die Helme das Herstellungsjahr<br />
und -quartal tragen. In der Bedienungsanleitung<br />
muss der Hersteller Angaben<br />
über den Gebrauchszeitraum machen.<br />
Üblicherweise beträgt die Lagerungssowie<br />
Nutzungsdauer von Helmen je fünf<br />
Jahre.<br />
VOR- UND NACHTEILE<br />
Leicht- oder Styropor-Helme besitzen ein<br />
besseres Energieaufnahmevermögen bei<br />
den Stoßdämpfungstests und sind daher<br />
ein besserer Schutz gegen Anprallverletzungen.<br />
Die herkömmlichen Helme bieten
hier, vor allem bei seitlichem Anprall, wesentlich<br />
weniger Schutz. Beim Durchdringungstest<br />
bestehen die Styropor-Helme<br />
zwar die Norm, problematisch jedoch<br />
kann sein, dass die durch einen Stein<br />
punktförmig einwirkende Energie durch<br />
das Styropor auch punktförmig an den<br />
Schädel weitergegeben wird, obwohl, wie<br />
in der Prüfung gefordert, der Schlagkörper<br />
den Prüfkopf nicht berührt. Die klassischen<br />
Helme verteilen hier die Energie<br />
über das Tragesystem flächig auf den<br />
Kopf.<br />
Für die Praxis ist ein Abwägen sinnvoll,<br />
ob die größere Gefahr der bevorstehen-<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
9. Helme<br />
den Tour in Anprallverletzungen oder<br />
Steinschlag besteht.<br />
Häufig können fehlerhaft eingestellte Tragesysteme<br />
beobachtet werden. Ein nicht<br />
korrekt auf die Kopfform eingestellter<br />
Helm bietet kaum Sicherheit bei einem<br />
Anprall, da er entweder nach hinten in<br />
den Nacken rutscht oder nach vorne über<br />
die Augen. Durch ein optimales Ablängen<br />
der seitlichen Tragebänder ist dies zu<br />
vermeiden.<br />
Und im Zweifelsfalle gilt immer noch:<br />
Irgendein Helm ist besser als gar kein<br />
Helm!<br />
35
36<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
10. Eisgeräte und Pickel<br />
10. Eisgeräte und Pickel<br />
Eisgeräte, auch als Pickel oder Eisbeile<br />
bezeichnet, dienen zur Fortbewegung im<br />
Steileis, als Anker- und Fixpunkt im Firn<br />
bei Gletscherbegehungen sowie zum Stufenschlagen.<br />
TYPEN<br />
Der Norm entsprechend wird zwischen<br />
„Technischen Eisgeräten“ (Typ T) und<br />
„Basiseisgeräten“ (Typ B) unterschieden.<br />
„Technische Eisgeräte“ dienen laut Normdefinition<br />
zum Klettern im steilen Eis. In<br />
Bergsteigerkreisen wird hierfür üblicherweise<br />
der Begriff „Eisgerät“, „Eisbeil“<br />
oder „Eisaxt“ verwendet.<br />
„Basiseisgeräte“ sind nach Norm alle<br />
übrigen Eisgeräte.<br />
NORM<br />
Norm EN 13089 UIAA 152<br />
Stand Juni 1999 Februar 1999<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach EN 13089:<br />
Eisgerät bzw. Hauen Typ T Typ B<br />
Schaftzugbelastung Ankertechnik 3,5 kN 2,5 kN<br />
Schaftzugbelastung Rammpickeltechnik 0,9 kN 0,6 kN<br />
Schaftfestigkeit (T-Ankerbelastung) 4,0 kN 2,5 kN<br />
seitliche Festigkeit flacher Hauen („quaken“) 60 Nm 42 Nm<br />
Hauentyp<br />
Ermüdungsprüfung der Hauen mit einer<br />
flache Hauen Halbrohrhauen<br />
Wechsellast von 80 N, Hebellänge 25 cm 50 000 Zyklen 12 000 Zyklen
<strong>Ausrüstung</strong><br />
10. Eisgeräte und Pickel<br />
37
38<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
10. Eisgeräte und Pickel<br />
Zusätzlich fordert die UIAA-Norm eine<br />
Handschlaufe oder ein Loch als Befestigungsmöglichkeit<br />
für eine Handschlaufe.<br />
Dieses Loch muss einen Durchmesser von<br />
7 mm haben und in der oberen Hälfte<br />
des Schaftes oder im Pickelkopf angebracht<br />
sein.<br />
Darüber hinaus muss die Handschlaufe<br />
für alle Typ T-Geräte eine Festigkeit von<br />
2 kN aufweisen.<br />
HINTERGRUND<br />
In Anbetracht des modernen Eiskletterns<br />
erscheint der momentane Stand der<br />
Norm als veraltet. Schaftbrüche, wie früher<br />
bei den Holzpickeln, werden kaum<br />
mehr beobachtet. Die Beanspruchung der<br />
Hauen, vor allem beim Mixed-Klettern,<br />
stellt heute das Anforderungsmaximum<br />
dar. Die DAV-Sicherheitsforschung ist<br />
bestrebt, innerhalb der UIAA die Norm<br />
den aktuellen Bedürfnissen anzugleichen.<br />
STEILEISGERÄTE<br />
Dünnere und flachere Hauen haben weniger<br />
Sprengwirkung als breitere und höhere.<br />
Da die dünnen Hauen oft nicht der T-<br />
Norm entsprechen, bieten einige Hersteller<br />
Steileisgeräte an, deren Schaft einer<br />
Typ T-Norm genügt, während die Hauen<br />
lediglich die Typ B-Norm erfüllen. Neu auf<br />
dem Markt sind Geräte, die sich außerhalb<br />
der geforderten Normen und Definitionen<br />
befinden und speziell zum Mixed-,<br />
Steileis- und Wettkampfklettern entwickelt<br />
wurden.<br />
Wechselsysteme sind beim Steileisklettern<br />
Standard. Hauenbrüche können so<br />
schnell „repariert“ werden, zudem lassen<br />
sich kurz gefeilte (präparierte) Hauen wieder<br />
ersetzten. Es sollte darauf geachtet<br />
werden, dass das Wechseln ohne zusätzliches<br />
Werkzeug schnell und einfach möglich<br />
ist.<br />
SPRENGWIRKUNG<br />
Zwar weisen Flachhauen im kompakten<br />
Eis eine höhere Sprengwirkung als Hohlhauen<br />
auf, jedoch haben diese beim<br />
Hooken und Drytoolen wesentliche Vorteile.<br />
Mit entscheidend ist das „Tuning“<br />
der Hauen. Je nach Einsatzbereich richtig<br />
präpariert, wird die Sprengwirkung minimiert<br />
und ein Hooken im Steileis möglich<br />
(vgl. Kap. „Eisklettern“, 5.3).<br />
HAUENFESTIGKEIT<br />
Gegen Hauenbrüche hilft ein Entgraten<br />
und Polieren der Hauen (vgl. Kap. „Eisklettern“,<br />
5.3). Darüber hinaus ist die<br />
Qualität des Stahls maßgeblich für die<br />
Hauenfestigkeit. Während zu harter Stahl<br />
leichter bricht, hat zu weicher Stahl die<br />
Eigenschaft, sich zu verbiegen. Die goldene<br />
Mitte ist hier wichtig.<br />
HAUENFORMEN<br />
Bei den Typ T-Hauen sind Konvexhauen<br />
(Bananenhauen) mit einem negativen<br />
Schnittwinkel üblich. Zum Teil werden<br />
auch abgewinkelte Hohlhauen benutzt.<br />
Soll eine Haue hingegen sprengen (z.B.
eim Stufenschlagen), empfiehlt sich eher<br />
eine Konkavhaue mit einem positiven<br />
Schnittwinkel.<br />
Klassische Haue, Steileishaue und Halbrohrhaue<br />
PICKEL<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
10. Eisgeräte und Pickel<br />
Für Hochtouren und Skitouren ist der<br />
klassische Pickel das optimale Gerät. Er<br />
sollte eine Länge zwischen 50-80 cm<br />
haben. Er dient als Aufstiegshilfe und vor<br />
allem als möglicher Fixpunkt im Firn (T-<br />
Anker). Da das Stufenschlagen heute<br />
weniger wichtig ist, sollte ein Pickel auch<br />
zum Verankern (Schaftzugtechnik) geeignet<br />
sein. Alu-Hauen sind im Eis ungeeignet,<br />
da diese nicht beißen und relativ<br />
leicht brechen.<br />
39
40<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
11. Steigeisen<br />
11. Steigeisen<br />
Norm-Definition: „Vorrichtung, die mit<br />
Zacken ausgestattet ist, die vorgesehen<br />
ist, die Sohle von der Schuhspitze bis<br />
zum Schuhende und von einer Seite bis<br />
zur anderen zu bedecken, um in Firn, Eis<br />
oder gemischtem Gelände Halt zu geben,<br />
und die eine Befestigungsvorrichtung für<br />
den Schuh hat.“ - Wie man sieht, kann<br />
die Arbeit in Normengremien durchaus<br />
amüsant sein.<br />
Von den handgeschmiedeten Eisen bis<br />
hin zu Frontalzacken, Fersendorn und<br />
Anti-Stoll-Platte hat sich bei den Steigeisen<br />
einiges verändert.<br />
TYPEN<br />
Steigeisen werden unterteilt nach ihrem<br />
Einsatzbereich und anhand der Bindungs-<br />
Als weiteres Merkmal wird zwischen der<br />
Anzahl der Zacken (8-12 Zacker) sowie<br />
zwischen Anzahl und Form der/des Fron-<br />
systeme. Neben den Steileis-Eisen und<br />
den Hochtouren-Eisen existieren die<br />
sogenannten Leichtsteigeisen.<br />
An Bindungssystemen gibt es Kipphebel<br />
und Riemen für die Ferse, sowie Zehenbügel,<br />
Riemen oder Körbchen für die<br />
Zehen. Üblicherweise werden drei Bindungskombinationen<br />
für unterschiedliche<br />
Einsatzbereiche verwendet:<br />
Körbchen und Riemen, bzw. reine Riemenbindung<br />
(Hochtouren- und Leichtsteigeisen)<br />
Körbchen und Kipphebel (Hochtouren-<br />
Eisen)<br />
Zehenbügel und Kipphebel (Steileis-<br />
Eisen, Hochtouren-Eisen)<br />
talzacken und der Form des „Zweitzackenpaars“<br />
unterschieden.
NORM<br />
Norm EN 893 UIAA 153<br />
Stand August 1999 Januar 2001<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach EN 893:<br />
Zackenlänge mind. 2 cm<br />
Zackenanzahl<br />
Festigkeit Frontalzacken<br />
mind. 8 Zacken<br />
(davon mind. 6 Vertikalzacken)<br />
(falls mehr als einer) 1,5 kN<br />
Festigkeit Frontalzacke (Monozacken) 2,0 kN<br />
Festigkeit Vertikalzacken 1,2 kN<br />
Verformung der Zacken bleibende Verformung < 7 mm<br />
Bügelfestigkeit (Zehen und Fersenbügel) 1 kN<br />
Bindungsteile (Befestigungen) 1 kN<br />
Bindungsverschlüsse 1 kN<br />
Rahmenfestigkeit in Längsrichtung 3 kN<br />
HINTERGRUND<br />
Auch Steigeisen sind lediglich in die PSA<br />
Kategorie II eingeteilt.<br />
STEILEIS-EISEN<br />
Zum Wasserfallklettern haben sich hochkant<br />
stehende Frontalzacken bewährt -<br />
ob Monozacker oder Zweizacker ist<br />
Geschmacksache. Wichtig ist, dass das<br />
Zweitzackenpaar dahinter nach vorne<br />
zeigt, um das Eisen gegen kippen nach<br />
unten und zur Seite zu stabilisieren.<br />
Da eine direkte Kraftübertragung vom<br />
Fuß auf die Frontalzacken notwendig ist,<br />
hat sich hier ein relativ starres Eisen mit<br />
Zehenbügel und Kipphebelbindung durchgesetzt.<br />
Optimal ist es, wenn die Länge<br />
der Frontalzacken bzw. die Aufhängung<br />
des Zehenbügels variiert werden kann,<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
11. Steigeisen<br />
da die unterschiedliche Sohlendicke der<br />
Schuhe bei Steigeisen mit Zehenbügel<br />
bewirkt, dass die Frontalzacken unterschiedlich<br />
weit nach vorne stehen.<br />
41
42<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
11. Steigeisen<br />
Anti-Stoll-Platten machen in jedem Fall<br />
Sinn. Besonders bei Steigeisen mit hochkant<br />
stehendem Rahmen kann die lästige<br />
Stollenbildung sicherheitsrelevante Ausmaße<br />
annehmen.<br />
HOCHTOUREN-EISEN<br />
Zum Hochtourengehen und vor allem<br />
zum Höhenbergsteigen sind Steigeisen<br />
mit Körbchenbindungen und Kipphebeln<br />
vorteilhaft. Sie bieten einen sicheren Halt<br />
auch bei weicheren Schuhen und ermöglichen<br />
ein einfaches An- und Ausziehen<br />
auch bei Expeditionsgamaschen. Das<br />
Zweitzackenpaar kann je nach bevorzugtem<br />
Einsatzbereich nach vorne geneigt<br />
sein oder senkrecht nach unten weisen.<br />
LEICHTSTEIGEISEN UND GRÖDEL<br />
Diese sind als Notsteigeisen zu betrachten<br />
und haben auf Hochtouren, vor allem<br />
bei blanken Verhältnissen, nichts zu suchen.<br />
Ihr Einsatzbereich liegt auf hartem<br />
Firn, beim Wandern oder beim Skitourengehen.<br />
Da diese Eisen oft in Kombination mit<br />
weichen (teils ungeeigneten) Schuhen<br />
benutzt werden, sollten sie eine Riemenbindung<br />
oder besser eine Kombination<br />
aus Riemen- und Körbchenbindung besitzen.<br />
Auch Titansteigeisen sind bei harten<br />
Blankeisverhältnissen nur eingeschränkt<br />
tauglich. Vor allem aber Aluminiumlegierungen<br />
stoßen hier schnell an ihre<br />
Grenzen. Beide Materialien werden sehr<br />
schnell stumpf.
12. Eisschrauben<br />
Von der Marwa Eisspirale über den Eishaken<br />
und den Snarg bis hin zur modernen<br />
Kurbelschraube hat sich die Belastbarkeit<br />
der Fixpunkte im Eis vervielfacht. Heute<br />
finden fast ausschließlich Eisschrauben<br />
Anwendung. In wenigen Situationen (extrem<br />
kalte Temperaturen) kommen eventuell<br />
noch Snargs zum Einsatz.<br />
Für die Haltekraft im Eis ist vor allem die<br />
Eisqualität entscheidend. Ist diese gut,<br />
bilden der Setzwinkel, der Rohrdurchmesser,<br />
die Gewindetiefe und Gewindebreite<br />
sowie die Länge der Schraube die festigkeitsbestimmenden<br />
Größen.<br />
TYPEN<br />
Man unterscheidet Eisschrauben nach<br />
ihrem Material (Stahl, Aluminiumlegierung<br />
oder Titan) sowie danach, ob sie mit Kurbel<br />
ausgestattet sind oder nicht. Da<br />
heute Schrauben aus der Kletterstellung<br />
angebracht werden, haben sich schnell<br />
setzbare Modelle mit Kurbel etabliert.<br />
NORM<br />
Norm EN 568 UIAA 151<br />
Stand Januar 1997 Februar 2003<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach<br />
EN 568:<br />
Radiale Auszugsfestigkeit: > 10 kN<br />
Weite der Öse für den Karabiner:<br />
> 15 mm<br />
Prüfung über das Eindrehverhalten.<br />
Hierzu wird das notwendige Drehmoment<br />
zum Eindrehen der Schraube gemessen.<br />
Es muss nach maximal 30 Umdrehungen<br />
um 50% gestiegen sein<br />
(Steilheit des Gewindes und zylindrische<br />
Form).<br />
Nach UIAA-Norm müssen Eisschrauben<br />
radial 15 kN halten, zudem eine axiale<br />
Auszugsfestigkeit von 5 kN aufweisen.<br />
HINTERGRUND<br />
Wer an einem Gerät hängend ohne Handschlaufen<br />
aus der Kletterstellung eine Eisschraube<br />
gesetzt hat, weiß, dass gutgängige<br />
Kurbelschrauben das einzig Wahre<br />
sind.<br />
Herkömmliche Schrauben ohne Kurbel<br />
sind wesentlich anstrengender zu setzen<br />
und kosten den Vorsteiger darüber hinaus<br />
auch mehr Nerven. Stumpfe Schrauben<br />
oder Snargs sind nicht mit einer<br />
Hand aus der Kletterstellung zu setzen.<br />
SETZWINKEL<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
12. Eisschrauben<br />
Untersuchungen haben gezeigt, dass ein<br />
negativer (hängender) Setzwinkel höhere<br />
Festigkeiten bringt als ein neutraler (90°)<br />
oder positiver (spitzer) Setzwinkel. Dies<br />
gilt für gutes Wassereis oder Gletschereis.<br />
Bei sehr „röhrigem“ Eis oder extremer<br />
Druckschmelzung kann dies anders sein.<br />
Als optimal gilt eine Abweichung von ca.<br />
10-15° vom rechten Winkel zur Eisoberfläche.<br />
43
44<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
12. Eisschrauben<br />
FESTIGKEITEN<br />
Bei Auszugsversuchen von 16 cm langen<br />
Schrauben im kompakten Wasserfalleis<br />
kam es bei einer Kraft von 23 kN lediglich<br />
zu einer leichten Verformung der Eisschraube,<br />
während der Bohrhaken, an<br />
dem die Zugvorrichtung fixiert war, ver-<br />
Qualitätsschrauben mit integrierter Kurbel<br />
sagte. Selbst kurze Schrauben mit einer<br />
Länge von 10 cm erbrachten Festigkeiten<br />
von 10 kN. Vorsicht ist bei sehr röhrigem<br />
Eis geboten. Hier streuen die Festigkeiten<br />
extrem.<br />
QUALITÄTSMERKMALE EINER GUTEN<br />
SCHRAUBE<br />
Alulegierungen oder Titan sind schnell<br />
stumpf und haben eine zu raue Oberfläche.<br />
Deshalb sind solche Schrauben<br />
schwerer einzudrehen. Als optimal haben<br />
sich gehohnte (besonders geglättete)<br />
Stahlschrauben mit Kurbel erwiesen. Sie<br />
werden meist in Längen von 10 bis 22<br />
cm angeboten, sind extrem leicht einzudrehen<br />
und weisen hervorragende Festigkeitswerte<br />
auf (vgl. Kap. „Eisklettern“).
13. Sicherungsgeräte, Abseilgeräte<br />
Momentan existiert noch keine Norm für<br />
Sicherungs- und Abseilgeräte. Vielfach<br />
wurde im Normengremium der UIAA darüber<br />
diskutiert, ob eine Norm für Sicherungsgeräte<br />
eingeführt werden soll und<br />
wie diese auszusehen hätte. Eine Norm<br />
für Abseilgeräte ist in Arbeit, doch deckt<br />
diese nicht die Sicherungsgeräte ab.<br />
Trotz des Fehlens einer Norm werden im<br />
Folgenden die wichtigsten Eckpunkte für<br />
Sicherungsgeräte genannt. Vielfach sind<br />
diese auch auf das Abseilen übertragbar.<br />
TYPEN<br />
Neben Achter, Tube und HMS sind vor<br />
allem das GriGri sowie das Sirius (TRE)<br />
verbreitet. Als Typen können zum einen<br />
die dynamischen Geräte, zum anderen<br />
die quasi statischen und halbautomatischen<br />
Sicherungsgeräte unterschieden<br />
werden (vgl. Kap. „Sicherung“, 3.2 ff.).<br />
NORM<br />
Noch nicht existent.<br />
HINTERGRUND<br />
Ein Bremsgerät ist in erster Linie ein<br />
Bremskraftverstärker der Hand (egal ob<br />
zum Sichern oder zum Abseilen). Entweder<br />
wird die Handkraft durch die Bremskraft<br />
des Geräts (Reibungswert) verstärkt,<br />
oder das Gerät blockiert - durch die<br />
Bremshand ausgelöst - das Seil (halbau-<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
13. Sicherungsgeräte, Abseilgeräte<br />
tomatisches, quasi statisches Bremsgerät).<br />
Einzige Ausnahme stellen die unter<br />
dem Begriff „Magic Plate“ bekannten<br />
Bremsplatten dar. Diese blockieren unabhängig<br />
von der Bremshand, sind allerdings<br />
nur zur Sicherung von einem bzw.<br />
zwei Nachsteigern geeignet (vgl. Kap.<br />
„Sicherung“, 3.2.5).<br />
Zur Kategorie der Bremskraftverstärker<br />
zählen fast alle Bremsgeräte wie Achter,<br />
Tube (z.B. ATC, Reverso, Matrix etc.),<br />
HMS, Logic und einige mehr.<br />
Weniger die Bruchfestigkeit dieser Geräte<br />
ist „normungswürdig“, vielmehr sind<br />
menschliche Fehlbedienungsmöglichkeiten<br />
zu überprüfen. Zum einen spielt die notwendige<br />
Handkraft des Sichernden eine<br />
Rolle, zum anderen die Bedienung des<br />
Geräts bei Einhaltung des Bremshandprinzips<br />
sowie der Bremsmechanik (vgl.<br />
Kap „Sicherung“, 3.2, Hintergrund).<br />
Vor allem bei den halbautomatischen<br />
Sicherungsgeräten wird dem Anwender<br />
Sicherheit suggeriert, die häufig durch ein<br />
schlampiges bis fahrlässiges Bedienen<br />
des Geräts wieder ins Gegenteil gekehrt<br />
wird. Auch bei den halb(!)automatischen<br />
Geräten sollte das Bremshandprinzip<br />
immer eingehalten werden, auch beim<br />
schnellen Ausgeben des Seiles.<br />
Im Kapitel „Sicherung“, Punkt 3.2 „Sicherungsgeräte“<br />
werden die Bremskräfte der<br />
gängigen Geräte genannt sowie deren<br />
korrekte Bedienung beschrieben.<br />
45
46<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
14. Fangstossdämpfer<br />
14. Fangstossdämpfer<br />
Fangstoßdämpfer, auch als Klettersteigbremsen<br />
oder EAS (energy absorbing system)<br />
bezeichnet, sind relativ jung in der<br />
Geschichte der Bergsportausrüstung.<br />
TYPEN<br />
Neben den Bremsplatten, durch die ein<br />
Seilstück mit passendem Durchmesser<br />
gefädelt ist und Systemen, die mit Bandmaterial<br />
und Schlitzen oder Soll-Bruch-<br />
Vernähungen zur Energieaufnahme arbeiten,<br />
werden vor allem Y und V-Systeme<br />
unterschieden.<br />
NORM<br />
Norm EN 958 UIAA 128<br />
Stand Juni 1996 Februar 1999<br />
neu ab 2004<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach<br />
EN 958:<br />
Maximale Ansprechkraft des Fangstoßdämpfers<br />
beträgt 6 kN; kurzfristig, für<br />
Zeiträume unter 0,2 Sekunden dürfen<br />
maximal Kräfte von 12 kN wirken; die<br />
Fallmasse beträgt 80 kg, die Fallhöhe 5 m.<br />
Die maximale Bremslänge darf 120cm<br />
nicht überschreiten.<br />
Der Fangstoßdämpfer muss einer statischen<br />
Kraft von mind. 9 kN standhalten.<br />
Das System muss, sofern mit Karabinern<br />
ausgestattet, mit Klettersteigkarabinern<br />
versehen sein.<br />
Nach UIAA-Norm müssen Klettersteigbremsen<br />
mit zwei Befestigungssträngen<br />
zur selben Zeit am Fixseil befestigt werden<br />
können. Dies lassen nur Y-Systeme<br />
zu.<br />
HINTERGRUND<br />
Die UIAA-Norm für Klettersteigbremsen<br />
wird momentan überarbeitet. Zukünftig<br />
dürfen die Verbindungen zwischen Bandbzw.<br />
Seilmaterial und Karabiner, sowie<br />
Verbindungen im System nur noch unlösbar<br />
gefertigt werden. Lösbare Knoten<br />
sind nicht mehr zulässig. Darüber hinaus<br />
wird die Ansprechkraft auf 6 kN beschränkt.<br />
Demnach dürfen auch kurzfristig<br />
keine höheren Kräfte wirken.
Y UND V-SYSTEM<br />
Während beim V-System immer nur ein<br />
Karabiner in die Drahtseilversicherung<br />
eingehängt werden darf, können beim Y-<br />
System beide Karabiner eingehängt werden.<br />
Dies schafft Redundanz bei Karabi-<br />
Links Y-System, rechts altes V-System<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
14. Fangstossdämpfer<br />
nerbrüchen und gewährt auch im Moment<br />
des Umhängens volle Funktionsfähigkeit.<br />
Daher gelten Y-Systeme als optimal, V-<br />
Systeme als akzeptabel (nach UIAA-Norm<br />
sind nur Y-Systeme zugelassen).<br />
47
48<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
15. Seilklemmen<br />
15. Seilklemmen<br />
Norm-Definition: „Mechanisches Gerät,<br />
das, an ein Bergseil oder eine Reepschnur<br />
angebracht, bei Belastung in eine<br />
Richtung klemmt und sich in der entgegengesetzten<br />
Richtung verschieben lässt.“<br />
TYPEN<br />
Neben den als Steigklemmen oder<br />
„Jumars“ bezeichneten Klemmen mit Griff<br />
gibt es weitere, meist kleine Klemmen<br />
ohne Griffvorrichtungen.<br />
NORM<br />
Norm EN 567 UIAA 126<br />
Stand Januar 1997 Februar 1999<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach<br />
EN 567:<br />
Steigklemmen müssen eine Vorrichtung<br />
besitzen, die das selbsttätige Aushängen<br />
verhindert.<br />
Öse von mind. 13 mm Durchmesser<br />
zum Anbringen eines Karabiners<br />
Festigkeit am Bergseil und/oder an der<br />
Reepschnur von 4 kN, ohne dass Bruch<br />
oder funktionsbeeinträchtigende Verformungen<br />
auftreten (auch kein Seil- oder<br />
Reepschnurriss).<br />
Angabe des für die Seilklemme geeigneten<br />
Seildurchmessers sichtbar am<br />
Gerät.<br />
Die UIAA-Norm schreibt darüber hinaus<br />
vor, dass Seilklemmen, die zur Selbstsicherung<br />
geeignet sind, nicht durch ein<br />
Umklammern mit der Hand beim Klemmen<br />
versagen dürfen.<br />
Steigklemmen mit und ohne Griff, Tibloc, Ropeman und „altertümliche Klemme“
HINTERGRUND<br />
Seilklemmen sind als Rücklaufsperren<br />
oder Aufstiegshilfen am Fixseil gedacht.<br />
In der Praxis muss eine mögliche Belastung<br />
über 4 kN ausgeschlossen werden.<br />
Als mobile Seilweiche sind Seilklemmen<br />
daher problematisch, sollten keine höheren<br />
Festigkeitswerte angegeben sein<br />
(Shunt, Ropeman).<br />
Wichtig ist auch die Verwendung eines<br />
entsprechenden Seildurchmessers, um die<br />
optimale Funktion der Klemme zu gewährleisten.<br />
Zur Selbstsicherung am Fixseil<br />
beim Klettern sollten seilschonende<br />
Modelle mit Redundanz (zweite Klemme,<br />
z.B. Tibloc etc.) verwendet werden.<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
15. Seilklemmen<br />
Nutzung von Seilklemmen zum selbstgesicherten<br />
Klettern am Fixseil<br />
49
50<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
16. Seilrollen<br />
16. Seilrollen<br />
Norm-Definition: „Seilrollen sind gedacht,<br />
um ein unter Belastung reibungsreduziertes<br />
Bewegen eines Seiles oder einer<br />
Reepschnur zur Sicherung eines Kletterers<br />
zu gewährleisten.“<br />
NORM<br />
Norm EN 12278 UIAA 127<br />
Stand Mai 1998 Februar 1999<br />
Die wichtigsten Normanforderungen nach<br />
EN 12278:<br />
Öffnung zum Anbringen eines Karabiners<br />
mit mind. 12 mm Durchmesser<br />
Angabe geeigneter Seildurchmesser auf<br />
der Rolle<br />
Die Achse darf sich nicht lösen lassen.<br />
Drehbarkeit in beide Richtungen bei<br />
einer Belastung von 2 kN<br />
TYPEN<br />
Seilrollen werden mit mehr oder weniger<br />
gut gelagerten Achsen und ohne fixe Achsen<br />
angeboten. Zudem existieren Seilrollen<br />
mit und ohne Rücklaufsperren.<br />
Bruchfestigkeit von mind. 12 kN.<br />
Die UIAA-Norm fordert eine Bruchfestigkeit<br />
von 15 kN.<br />
HINTERGRUND<br />
Seilrollen, die keine feste Achse besitzen<br />
und in Karabinern eingehängt werden,<br />
sind in der Praxis meist ungeeignet, da<br />
das Seil zu leicht aus der Führungsrille<br />
der Rolle springen kann. Das Ziel der Reibungsverminderung<br />
wird hierdurch leicht<br />
in das Gegenteil verkehrt.
17. Lawinennotfallausrüstung<br />
Als Standard gelten VS-Gerät, Schaufel<br />
und Sonde. Darüber hinaus existieren<br />
verschiedene zusätzliche Notfallausrüstungen,<br />
die sinnvoll sind, jedoch nicht<br />
als Standard gelten - wie z.B. ABS-Ballon,<br />
AvaLung, Avalanche Ball.<br />
Typen und Normen werden hier nur von<br />
den LVS-Geräten eingehend behandelt.<br />
Schaufel, Sonde und die Zusatzausrüstung<br />
werden im Absatz „Hintergrund“<br />
diskutiert.<br />
17.1<br />
LVS-Geräte<br />
TYPEN<br />
Bei den LVS-Geräten unterscheidet man<br />
zwischen digitalen, digital/analogen und<br />
analogen Geräten. Zudem existieren Ein-,<br />
Zwei- und Drei-Antennengeräte auf dem<br />
Markt.<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
17. Lawinennotfallausrüstung<br />
NORM<br />
Norm EN 300718<br />
Stand September 1991<br />
Ergänzung 2002<br />
HINTERGRUND<br />
Die heutigen LVS-Geräte senden auf der<br />
457 kHz-Frequenz. Die alte 2,275 kHz-<br />
Frequenz ist nicht mehr in Gebrauch. Seit<br />
der Normerweiterung 2002 sind Zweifrequenzgeräte<br />
nicht mehr normkonform.<br />
FUNKTION DER LVS-GERÄTE<br />
Das LVS-Gerät sendet mit einer spezifischen<br />
Taktung auf der genormten Frequenz.<br />
Kommt ein Empfänger in den<br />
Empfangsbereich eines Senders, so wird<br />
an der Antenne des Empfängers eine<br />
Spannung gemessen. Diese Spannung ist<br />
umso größer, je näher der Empfänger<br />
Die wichtigsten Normanforderungen:<br />
Frequenz: 457 kHz<br />
Maximale Drift: +/- 80 Hz<br />
Begrenzung der Suchfeldstärke: min. 0,5 µA/m, max. 2,23 µA/m bei einem<br />
Abstand von 10 m<br />
Sendedauer: mind. 200 h + anschließend 1 h Empfang<br />
Erschütterungsunempfindlichkeit: Falltest auf harten Untergrund<br />
51
52<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
17. Lawinennotfallausrüstung<br />
dem Sender kommt oder je günstiger die<br />
Koppellage der Empfänger- zur Senderantenne<br />
ist.<br />
EIN/ZWEI ANTENNEN<br />
Ein LVS-Gerät sendet immer nur über<br />
eine Antenne. Der Empfang erfolgt über<br />
alle Antennen, die das Gerät besitzt.<br />
Bei Ein-Antennengeräten muss der Suchende<br />
bei Empfang eines Signals versu-<br />
chen, seine Antenne mit dem Feldlinienbild<br />
in optimale Koppellage zu bringen<br />
(Schwenken des Geräts). Gelingt ihm das,<br />
wird der lautere Signalton (bei analogen<br />
Geräten) dies bestätigen. Sein Gerät<br />
misst nun eine größere Spannung (= lauterer<br />
Ton) als zuvor.<br />
Bei Zwei-Antennengeräten fällt dieses<br />
Schwenken zur Feststellung des Feldlinienverlaufs<br />
weg. Der Mikroprozessor (= digitales<br />
Gerät) berechnet aus den beiden
empfangenen Signalstärken (Spannungen<br />
der kreuzförmig oder rechtwinklig angeordneten<br />
Antennen) die Lage der Senderantenne<br />
bzw. den Verlauf der Feldlinie<br />
am Standort.<br />
Man kann sich dies wie bei einem Koordinatenkreuz<br />
mit x- und y-Achse vorstellen:<br />
Die empfangene Signalstärke der ersten<br />
Antenne und die Signalstärke der<br />
zweiten Antenne geben Auskunft, wie die<br />
Feldlinie des Senders am Standort verläuft.<br />
Der Mikroprozessor des suchenden<br />
Geräts gibt einen Richtungspfeil (den<br />
Feldlinienverlauf) an.<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
17. Lawinennotfallausrüstung<br />
DIGITAL/ANALOGE TECHNOLOGIE<br />
Besitzt ein Gerät einen Mikroprozessor,<br />
der das empfangene Signal rechnerisch<br />
verarbeitet (und optisch als Distanzangabe<br />
und Richtungspfeil, akustisch als Signalton<br />
wiedergibt), spricht man von<br />
einem digitalen Gerät.<br />
Besitzt ein Gerät keinen Mikroprozessor<br />
zur Berechnung der empfangenen Signale,<br />
spricht man von analoger Technologie.<br />
Der Signalton wird im selben Moment<br />
wiedergegeben, in dem der Sender sendet<br />
(die Taktung des Senders ist erkennbar).<br />
Neben rein analogen (z.B. Ortovox<br />
f1) und rein digitalen Geräten (z.B. Trakker<br />
DTS) existieren auch analog/digitale<br />
Geräte (Mammut Barryvox) auf dem<br />
Markt. Bei den digital/analogen Geräten<br />
wird der Mikroprozessor zur Bestimmung<br />
der Distanz und für die Angabe der Suchrichtung<br />
benutzt, während der Ton analog<br />
die Empfangssituation wiedergibt.<br />
Sinnvoll sind zwei Antennen nur in Verbindung<br />
mit digitaler Technologie. Umgekehrt<br />
machen Einantennengeräte vorzugsweise<br />
mit analoger Technologie Sinn.<br />
SCHAUFEL<br />
Bei den Schaufeln gilt der Satz: „Heavy<br />
Metal is the best“. Bei schwerem, hart<br />
gepresstem Lawinenschnee kommt man<br />
mit einer leichten Plastikschaufel schnell<br />
an Grenzen. Da das Freilegen der Verschütteten<br />
in der Regel die längste Zeit<br />
beansprucht, sollte hier optimales Werkzeug<br />
bevorzugt werden.<br />
53
54<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
17. Lawinennotfallausrüstung<br />
Zudem gilt: Zwei schaufeln doppelt so<br />
schnell wie einer. Also: Jeder hat eine<br />
Schaufel dabei, nicht nur ein Teil der<br />
Gruppe!<br />
SONDE<br />
Neben den üblichen steck- oder schraubbaren<br />
Sonden sind auch verschiedenste<br />
Skistocksonden auf dem Markt. Die<br />
Sonde sollte nicht dicker als 1-1,5 cm<br />
sein. Zudem muss der Zusammenbau<br />
schnell und einfach möglich sein. Die<br />
Länge sollte mindestens 2,3 m betragen.<br />
Die Suche von Verschütteten lässt sich<br />
in drei Phasen unterteilen: Grobsuche,<br />
Feinsuche und Punktortung. Die Punktortung<br />
wiederum lässt sich unterteilen in<br />
das Einkreuzen mit dem LVS-Gerät und<br />
das Sondieren. Bei der Punktortung und<br />
dem Ausgraben des Opfers bringt eine<br />
Sonde einen deutlichen Zeitvorteil. Eine<br />
Untersuchung aus Frankreich belegt,<br />
dass die Suchenden mit Sonden fast<br />
doppelt so schnell waren (ca. 40%<br />
schneller von Suchbeginn bis Bergung,<br />
vgl. Berg&Steigen 4/02) als die Suchenden<br />
ohne Sonden. Die Sonde gehört zur<br />
Standardausrüstung in jeden Rucksack.<br />
17.2<br />
Zusatzausrüstung<br />
Lawinennotfallausrüstung hat drei verschiedene<br />
Ansätze: Zum Ersten soll eine<br />
Verschüttung von vornherein vermieden<br />
werden (ABS-Ballon). Zum Zweiten soll<br />
die Überlebenszeit in der Lawine verlängert<br />
werden (AvaLung). Zum Dritten soll<br />
die Bergezeit verkürzt werden (Avalanch<br />
Ball). Alle drei Zusatzausrüstungen müssen<br />
bei einem Lawinenabgang aktiv ausgelöst<br />
werden (ABS und Avalanch Ball)<br />
bzw. bei der AvaLung muss der Schnorchel<br />
in den Mund genommen werden.<br />
ABS-BALLON<br />
Der ABS-Ballon oder ähnliche Systeme<br />
sollen eine Verschüttung von vornherein<br />
vermeiden bzw. die Verschüttungstiefe<br />
ABS-Ballon
verringern. Das Prinzip der Inversen Seggregation<br />
bewirkt, dass größere Bestandteile<br />
einer fließenden Masse nach oben<br />
transportiert werden. Somit wird der Körper<br />
des Erfassten mit den aufgeblähten<br />
Ballons nach oben befördert. Da eine<br />
Verschüttung nicht in jedem Fall verhindert<br />
werden kann, ersetzt das System<br />
nicht das LVS-Gerät!<br />
Einer Datenauswertung des SLF zufolge<br />
funktionierte das System in der Praxis in<br />
80% der Unfälle erfolgreich. Eine Versagensquote<br />
von lediglich 20% (meistens<br />
konnte das System nicht ausgelöst werden<br />
oder die Personen wurden von nachfließendem<br />
Schnee überdeckt) bedeutet<br />
einen enormen Sicherheitsgewinn.<br />
Der ABS hat ein relativ hohes Gewicht<br />
sowie einen hohen Anschaffungspreis.<br />
AVALUNG<br />
Die AvaLung setzt auf eine Verlängerung<br />
der Überlebenszeit in der Lawine. Durch<br />
das System wird es möglich, in der Lawi-<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
17. Lawinennotfallausrüstung<br />
ne mehr als zwei Stunden zu atmen. Der<br />
Vorteil des Systems liegt im geringen Gewicht<br />
und im niedrigen Anschaffungspreis.<br />
Ein gewisser Nachteil liegt in seiner Umständlichkeit<br />
beim Kleiderwechsel, weil<br />
das System immer über der obersten<br />
Schicht getragen werden muss. Zudem<br />
muss der Schnorchel bei einem Lawinenabgang<br />
aktiv in den Mund genommen<br />
und darin behalten werden.<br />
Bisher sind vier Fälle von Lawinenunfällen<br />
mit AvaLung bekannt geworden, bei<br />
denen das System funktionierte und die<br />
Verschütteten mit dem System überlebten.<br />
Auf Grund der momentan noch geringen<br />
Unfallzahlen mit AvaLung kann keine<br />
statistisch haltbare Aussage über die<br />
Wirksamkeit im Ernstfall getroffen werden.<br />
AVALANCHE BALL<br />
Der Avalanche Ball ist eine Kombination<br />
aus Lawinenschnur und einem aufklappenden,<br />
lampionförmigen Mini-Ballon.<br />
AvaLung<br />
55
56<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
17. Lawinennotfallausrüstung<br />
Das System muss im Falle eines Lawinenabgangs<br />
ausgelöst werden und soll die<br />
Suchzeit verkürzen. Der Ball „schwimmt“<br />
an der Oberfläche der Lawine mit. Die<br />
Schnur, die den Ball mit dem Verschütteten<br />
verbindet, soll bei Stillstand der Lawine<br />
aus dem Schnee gerissen werden<br />
und eine direkte Verbindung zum Verschütteten<br />
herstellen. Praxisdaten liegen<br />
nicht vor.<br />
Avalanche Ball<br />
Offen ist bislang, ob die Schnur immer aus<br />
dem Schnee gezogen werden kann und<br />
ob der Verlauf der Schnur zum Verschütteten<br />
immer geradlinig ist. Das System<br />
kann eine zeitaufwendige Suche mit LVS-<br />
Gerät verkürzen, stellt aber keinen Ersatz<br />
dar, weil das System manuell ausgelöst<br />
werden muss.
18. Künstliche Kletteranlagen<br />
Zwar gehören Künstliche Kletteranlagen<br />
(KKA) nicht zur Bergsportausrüstung, jedoch<br />
stellen die Normen für Betreuer und<br />
Betreiber solcher (Sektions-) Anlagen<br />
wertvolles Hintergrundwissen dar. Deshalb<br />
werden im Folgenden die wichtigsten<br />
Eckpunkte genannt.<br />
TYPEN<br />
Bei den Kletteranlagen wird zwischen<br />
sogenannten „Fliegenden Bauten“ und<br />
fest installierten Anlagen unterschieden.<br />
Während für „Fliegende Bauten“, also für<br />
Anlagen, die auf- und abbaubar sind,<br />
eine TÜV-Abnahmepflicht besteht, können<br />
fest installierte Anlagen ohne TÜV-Abnahme<br />
betrieben werden.<br />
Unterschieden werden Boulderwände und<br />
KKA, die mit Seilsicherung zu begehen<br />
sind. Die folgende Norm beschränkt sich<br />
auf Anlagen mit Seilsicherung.<br />
NORM<br />
Norm EN 12572<br />
Stand 1998<br />
<strong>Ausrüstung</strong><br />
18. Künstliche Kletteranlagen<br />
Die wichtigsten Normanforderungen:<br />
Der maximale Abstand der Sicherungspunkte<br />
wird durch die Formel x =<br />
(h+2)/5 berechnet. X ist der Abstand<br />
zum nächsten Sicherungspunkt, h die<br />
lichte Höhe des vorangehenden Sicherungspunkts.<br />
Der erste Sicherungspunkt<br />
darf eine Höhe von 3,1 m nicht<br />
überschreiten.<br />
Die Geometrie der Sicherungs- und<br />
Umlenkungspunkte ist definiert.<br />
Die Bruchfestigkeit der Sicherungspunkte<br />
an der Anlage muss mit einer Prüflast<br />
von 8 kN durchgeführt werden, die<br />
Mindestbruchkraft muss 20 kN betragen.<br />
HINTERGRUND<br />
Weitere Einzelheiten bezüglich TÜV-<br />
Abnahme, statischer Auflagen, Betreiberhaftpflicht,<br />
Wartungsvorschriften etc. können<br />
von den Sektionen über die Abteilung<br />
für Hütten, Wege und Kletteranlagen<br />
bei der Bundesgeschäftsstelle des DAV<br />
bezogen werden.<br />
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<strong>Ausrüstung</strong><br />
Literatur<br />
Literatur<br />
EN-Blätter, Beuth Verlag, Berlin<br />
Veröffentlichungen der DAV-Sicherheitsforschung im Panorama, DAV<br />
Berg&Steigen, Magazin zum Risikomanagement im Bergsport, ÖAV<br />
Begreiflich, Studie zum Sicherungsverhalten und zur Bedienung von Sicherungsgeräten,<br />
Walter Bridschgi, Zürich<br />
1 x 1 der Verbundhaken, Broschüre, DAV<br />
Sportklettern - Top Sicher, Broschüre, DAV<br />
Alpin-Lehrplan Band 5, Sicherheit am Berg, BLV-Verlag, München.