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Hochtouren/Eis - JDAV

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Inhalt<br />

<strong>Hochtouren</strong> (klassische <strong>Eis</strong>techniken)<br />

<strong>Hochtouren</strong>/<strong>Eis</strong>klettern<br />

Inhalt<br />

1. Kleine Gletscherkunde 5<br />

1.1 Gletschertypen 5<br />

1.2 Gletscherbewegung 7<br />

1.3 Gletscherspalten 7<br />

1.4 Moränen 8<br />

2. Gehen in Schnee und Firn s. Kap. „Bergsteigen“ 9<br />

3. Elementarstufe für leichte Gletschertouren 10<br />

3.1 Generelle Prinzipien 11<br />

3.1.1 Gehen auf <strong>Eis</strong> ohne Steigeisen 11<br />

3.1.2 Handhabung von Steigeisen 11<br />

3.1.3 Grundprinzipien der Vertikalzackentechnik (VZT) 11<br />

3.1.4 Grundprinzipien der Frontalzackentechnik (FZT) 13<br />

3.1.5 Einsatz von Skistöcken und Pickel 13<br />

3.1.6 Stufenschlagen im <strong>Eis</strong> 14<br />

3.2 Bewegungs-Grundmuster 15<br />

3.2.1 Schräganstieg mit VZT ohne Pickel 15<br />

3.2.2 Wende bergwärts und talwärts ohne Pickel mit VZT 16<br />

3.2.3 Abstieg ohne Pickel mit VZT 16<br />

3.2.4 Spazierstockpickel mit VZT 17<br />

3.2.5 Frontalzackentechnik mit einem Pickel für kurze Steilstufen 17<br />

4. Grundstufe für anspruchsvollere Gletschertouren 18<br />

4.1 Generelle Prinzipien 18<br />

4.1.1 Ökonomische, flexible Technikwechsel 18<br />

4.1.2 Zugtechniken mit dem Pickel 18<br />

4.2 Bewegungs-Grundmuster 19<br />

4.2.1 Seitstützpickel für Querung und Abstieg 19<br />

4.2.2 Trainings- und Spielformen der Vertikalzackentechnik 20<br />

4.2.3 Mischtechnik 20<br />

1


2<br />

<strong>Hochtouren</strong>/<strong>Eis</strong>klettern<br />

Inhalt<br />

4.2.4 Frontalzackentechnik mit zwei Kopfstützpickeln 20<br />

4.2.5 Frontalzackentechnik mit einem Schaftzugpickel 21<br />

5. Oberstufe für „klassische“ Firn- und <strong>Eis</strong>flanken 22<br />

5.1 Generelle Prinzipien 22<br />

5.1.1 Solides Setzen der <strong>Eis</strong>geräte 22<br />

5.1.2 Sichere und ökonomische Fuß- und Schwerpunktarbeit 23<br />

5.1.3 Effiziente Raumnutzung 23<br />

5.2 Bewegungs-Grundmuster 24<br />

5.2.1 Paralleltechnik mit zwei Schaftzugpickeln 24<br />

5.2.2 Dreieckstechnik mit zwei Schaftzugpickeln 24<br />

6. Sicherungstaktik in „klassischem“ <strong>Eis</strong> 26<br />

6.1 Sicherungstaktische Gedanken zum Führen von Gruppen im <strong>Eis</strong> 26<br />

6.2 Klettern in Seilschaft 27<br />

7. Taktik in Schnee und <strong>Eis</strong> im alpinen Gelände 29<br />

7.1 Generelle Prinzipien 29<br />

7.1.1 Risiko-Dreischritt 29<br />

7.1.2 Zeitperspektive 30<br />

7.1.3 Beurteilungskriterien 30<br />

7.1.4 Flexible Planung 31<br />

7.2 Materialbereitstellung 32<br />

7.2.1 Materialbereitstellung auf Gletschern 32<br />

7.2.2 Materialbereitstellung im steilen <strong>Eis</strong> 32<br />

8. Kurskonzepte 34<br />

8.1 Grundkurs, 1 Woche 34<br />

8.2 Fortgeschrittenenkurs, 1 Woche 34<br />

8.3 Sicherheit im Firn, 1 - 2 Tage<br />

35<br />

8.4 Sicherheit im <strong>Eis</strong>, 1 - 2 Tage<br />

35<br />

8.5 Einsteigerkurs Firn und <strong>Eis</strong>, 3 - 4 Tage 36<br />

8.6 Aufbaukurs <strong>Eis</strong>, 3 - 4 Tage 36<br />

8.7 Spaltenbergungskurs, 1 - 2 Tage<br />

36


<strong>Hochtouren</strong>/<strong>Eis</strong>klettern<br />

Inhalt<br />

<strong>Eis</strong>klettern (moderne <strong>Eis</strong>techniken) 37<br />

Einleitung 37<br />

Allgemeine methodische Tipps 37<br />

1. Steigeisen- uund Gerätetechnik im Wasserfalleis 39<br />

1.1 Setzen der Steigeisen (Einschlagen und Antreten) 39<br />

1.2 Setzen der <strong>Eis</strong>geräte (Schlagen und Hooken) 40<br />

1.3 Spreizen und Stützen 42<br />

1.4 Die Dreieckstechnik 42<br />

1.4.1 Dreieckstechnik Grundform (Vergleiche Abschnitt 5.2.2 <strong>Eis</strong> Teil I) 42<br />

1.4.2 Setzen von <strong>Eis</strong>schrauben aus der stabilen Dreiecksposition 42<br />

1.4.3 Dreieckstechnik mit Blockierstellung und Pendelbein 43<br />

1.4.4 Dreieckstechnik mit Eindrehen des Oberkörpers 44<br />

1.5 Aufhocken (Froschtechnik) und Hooken mit dem Fersendorn 44<br />

1.5.1 Aufhocken mit einem Bein 44<br />

1.5.2 Aufhocken mit beiden Beinen 45<br />

1.5.3 Hooken mit dem Fersendorn 45<br />

1.6 Querungstechniken (Grundtechnik vgl. Abschnitt 5.2 <strong>Eis</strong> Teil I) 46<br />

1.6.1 Querung durch Übersetzen mit Fuß und <strong>Eis</strong>gerät 46<br />

1.6.2 Querung mit Eindrehen des Oberkörpers 47<br />

1.7 Erweiterte Techniken 47<br />

1.7.1 Ägyptern 47<br />

1.7.2 Hooken der <strong>Eis</strong>geräte 48<br />

1.7.3 Überwinden von Kanten 48<br />

1.7.4 Überwinden von Dächern mit Hilfe der „Figure 4“ 49<br />

2. Klettern mit Steigeisen und <strong>Eis</strong>geräten im Mixed-Gelände 51<br />

2.1 Dry-Toolen mit den <strong>Eis</strong>geräten 51<br />

2.2 Antreten, Hooken und „Ziehen“ mit den Steigeisen 52<br />

2.3 Einhängen von Zwischensicherungen im Mixed-Gelände 52<br />

3. Die Sicherungstechnik der Seilschaft 54<br />

3.1 Gefahrenhinweis zum Topropen/Nachsteigen mit Halbrohrhauen 54<br />

4. Der sichere Weg zum Vorstieg 55<br />

4.1 Drei Möglichkeiten zum Vorstiegstraining 55<br />

3


4<br />

<strong>Hochtouren</strong>/<strong>Eis</strong>klettern<br />

Inhalt<br />

5. Die Taktik im Wasserfalleis- und Mixedklettern 57<br />

5.1 Materialauswahl 57<br />

5.2 Materialbereitstellung 59<br />

5.3 Materialtuning 60<br />

5.4 Klettern mit oder ohne Handschlaufen 61<br />

5.5 Allgemeine taktische Maßnahmen 63<br />

5.6. Tourenplanung 65<br />

6. Kursplanung 66<br />

6.1 Wasserfalleiskletter-Grundkurs, 3 Tage 66<br />

6.2 Fortgeschrittenenkurs, 3 Tage 67<br />

6.3 Mixedkletterkurs 2, - 3 Tage 67<br />

Literatur 68


1. Kleine Gletscherkunde<br />

ZIEL<br />

Erwerb von Hintergrundwissen über die<br />

Materie <strong>Eis</strong> und Gletscher<br />

Kenntnisse zum Beurteilen des günstigsten<br />

Geländes für den Aufstieg und<br />

geeigneter (sicherer!) Standorte für<br />

Ausbildung in <strong>Eis</strong>technik und Spaltenbergung<br />

Fähigkeit zur Einschätzung der Gefahren<br />

durch Spalten, Seracs und Hängegletscher<br />

Wo Schnee ist, besteht Lawinengefahr!<br />

Bei winterlichen Unternehmungen und<br />

bei Frühsommertouren (Nassschneerutsche),<br />

aber auch im Sommer, ist in<br />

steilen Schneehängen (ca. 35-50°) an<br />

Lawinengefahr zu denken; siehe dazu<br />

das Kapitel „Lawinen“.<br />

METHODE<br />

Idealerweise erklärt man die Eigenheiten<br />

von Gletschern im Freien mit dem<br />

Beispiel direkt vor Augen, z.B. bei<br />

einer Pause an geeigneter Stelle.<br />

Vom Beobachtungsplatz aus sollten<br />

möglichst viele Gletscherphänomene zu<br />

erkennen sein.<br />

Ein Vergleich mit dem Kartenbild zeigt,<br />

welche gefahrenrelevanten Informationen<br />

der Karte zu entnehmen sind und<br />

wie sich der Gletscher verändert hat.<br />

Ergänzungen und die systematische<br />

Eingliederung des Gesehenen können<br />

anschließend im Unterrichtsraum geliefert<br />

werden. In Bezug auf die Veränderungen<br />

der Gletscher und der Permafrost-Grenze<br />

kann auf den ökologischen<br />

Zusammenhang (Klimawandel) eingegangen<br />

werden (s. Kap. „Umweltbildung“).<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

1. Kleine Gletscherkunde<br />

Interessant ist es, den beobachteten<br />

Gletscher auch einmal zu begehen und<br />

seine Dimensionen hautnah zu erleben.<br />

1.1<br />

Gletschertypen<br />

Beim Bergsteigen in den Alpen hat<br />

man es mit drei unterschiedlichen<br />

Typen von Gletschern zu tun: Talgletscher,<br />

Hängegletscher und Kar- bzw.<br />

Lawinenkesselgletscher.<br />

Talgletscher (z.B. Taschachferner): der<br />

typische alpine Gletscher mit Spalten,<br />

Brüchen und Moränen. Talgletscher fließen<br />

mehr oder weniger schnell vom<br />

Nähr- zum Zehrgebiet. Hauptgefahren:<br />

Spalten (vor allem mit Schneebedeckung),<br />

Seracs im Gletscherbruch,<br />

Steinschlag aus Moränenflanken<br />

Hängegletscher (z.B. <strong>Eis</strong>balkon in<br />

Roseg-NO-Wand): fließen wie Talgletscher,<br />

aber in einer Steilflanke; dabei<br />

bildet sich eine steile Stirnzone, die zu<br />

unberechenbaren Zeitpunkten abbrechen<br />

kann - auch in der Nacht und bei<br />

Kälte (speziell bei extremen Temperaturstürzen:<br />

<strong>Eis</strong> wird spröde). Die dabei<br />

entstehende <strong>Eis</strong>lawine mit tonnenschweren<br />

Blöcken kann bis weit in flache<br />

Bereiche unter dem Wandfuß stürzen<br />

und lässt wenig Überlebenschancen.<br />

Kargletscher (Höllentalferner) und Lawinenkesselgletscher<br />

(Schöllhorneis in<br />

der Watzmann-Ostwand): Gletscher<br />

ohne große Eigenbewegung, gespeist<br />

durch Winterschnee und/oder Lawinen;<br />

meist spaltenfrei, Randkluft oder Bergschrund<br />

können aber Probleme bereiten.<br />

5


6<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

1. Kleine Gletscherkunde


1.2<br />

Gletscherbewegung<br />

HINTERGRUND<br />

Durch das Gewicht des Gletschers entsteht<br />

eine Gleitschicht auf dem Grund,<br />

auf der der Gletscher zu Tal fließt.<br />

Alpengletscher erreichen Durchschnittsgeschwindigkeiten<br />

von 40-200 m pro<br />

Jahr.<br />

Auch Gletscher auf ebenem Gelände<br />

fließen: Wie ein Pudding drückt ihr<br />

Eigengewicht das <strong>Eis</strong> auseinander.<br />

Besonders schnell fließt ein Gletscher<br />

in der Mitte und an Engstellen (Düseneffekt).<br />

Unterschiedliche Geschwindigkeiten im<br />

<strong>Eis</strong> (Mitte-Außen, Engstellen-Aufweitung,<br />

Hindernisse, Neigungsänderung)<br />

erzeugen Spannungen im <strong>Eis</strong>.<br />

Auf Zugspannungen reagiert das <strong>Eis</strong><br />

spröde und reißt - Spalten bilden sich.<br />

Auf Druck (auch durch zunehmende<br />

<strong>Eis</strong>dicke) reagiert <strong>Eis</strong> plastisch - Spalten<br />

können sich auch wieder schließen.<br />

Die Fließgeschwindigkeit kann sich<br />

durch Temperatur- und Massenänderungen<br />

des Gletschers ändern: Kälte<br />

und Schwund verlangsamen, Wärme<br />

und Zunahme (viel Neuschnee) beschleunigen<br />

die Bewegung.<br />

1.3<br />

Gletscherspalten<br />

HINTERGRUND<br />

In offene Gletscherspalten fällt man<br />

normalerweise nicht, nur in schneeverdeckte.<br />

Deshalb sollte man von der<br />

Geländeform darauf schließen können,<br />

an welchen Stellen des Gletschers mit<br />

Spalten zu rechnen ist.<br />

Gefahrenzonen sind solche mit Unterschieden<br />

in der Fließgeschwindigkeit,<br />

bedingt durch die Geländeform oder<br />

die Lage im Gletscher. In homogen<br />

geformten Zonen oder in Druckzonen<br />

(Mulden) sind Spalten weniger wahrscheinlich.<br />

Spalten, die durch die Geländeform<br />

entstehen, sind mehr oder weniger<br />

ortsfest und können deshalb in Karten<br />

grob eingezeichnet werden. Rand- oder<br />

Radialspalten dagegen (s.u.) können<br />

entstehen oder auch nicht.<br />

Die Spaltentiefe ist begrenzt, da Zugspannungen<br />

in der Tiefe nicht den<br />

Druck durch das <strong>Eis</strong>gewicht übertreffen<br />

können. Die legendären A-Spalten bis<br />

zum Gletscherboden gibt es also nicht.<br />

In Alpengletschern ist die maximale<br />

Spaltentiefe 30-40 m - in kalten Gletschern<br />

(Polargebiete) können sie auch<br />

tiefer werden.<br />

SPALTENFORMEN<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

1. Kleine Gletscherkunde<br />

Querspalten: quer zur Hauptbewegungsrichtung<br />

des Gletschers; an Versteilungen<br />

manchmal bis weit in die<br />

flache Zugzone hinein<br />

Längsspalten: bei Längs-Überströmung<br />

von Wülsten und Rücken oder in der<br />

Ausweitungszone nach Engstellen;<br />

besonders gefährlich, weil parallel zur<br />

üblichen Begehungsrichtung entlang<br />

des Gletschers<br />

Kreuzspalten: kreuz und quer aufreißende<br />

Spalten, wenn der Gletscher<br />

einen Buckel überströmt<br />

Gletscherbruch: an noch heftigeren<br />

Gefällsbrüchen oder Steilstufen; der<br />

Gletscher reißt kreuz und quer auf und<br />

bildet verschachtelte Klüfte und Türme<br />

(Seracs)<br />

Randspalten: entstehen durch die<br />

unterschiedliche Geschwindigkeit zwischen<br />

Gletschermitte und -rand; am<br />

Gletscherrand weit aufgerissen, zeigen<br />

7


8<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

1. Kleine Gletscherkunde<br />

30-40° gletscheraufwärts, schließen<br />

sich zur Gletschermitte hin; gefährlich<br />

beim Betreten und Verlassen des Gletschers,<br />

wo man sich oft in diesem Winkel<br />

bewegt<br />

Radialspalten: entstehen an der Gletscherzunge,<br />

wo das <strong>Eis</strong> nach allen Seiten<br />

„ausfranst“<br />

Bergschrund: Abrisskluft zwischen „Toteis“<br />

(Altschneefeld, Firn-, <strong>Eis</strong>flanke)<br />

und bewegtem Gletscher<br />

Randkluft: Schmelzkluft zwischen<br />

Schnee oder <strong>Eis</strong> und Fels; kann sehr<br />

breit werden und sich dutzende Meter<br />

unter dem Schneefeld entlang ziehen;<br />

gefährlich ist auch die Kleinform in verschneiten<br />

Blockfeldern, wo man einbrechen<br />

und sich das Knie verdrehen<br />

kann; Vorsicht auch vor Bachläufen, die<br />

von Altschnee zugedeckt sind: Die<br />

Schneedecke wird von unten ausgedünnt,<br />

bei Einbruch droht Ertrinken.<br />

ERKENNEN VON SPALTEN<br />

Geländebedingte Spaltenzonen sind in<br />

Karten eingetragen (Jahr der Aufnahme<br />

beachten).<br />

Geländebeobachtung bringt Anhaltspunkte<br />

für mögliche Spaltenzonen (s.o.).<br />

Gletscher mit flachem Zungenbereich<br />

sind oft „gutmütiger“.<br />

Offen sichtbare Spalten setzen sich<br />

unter der Schneedecke oft fort - meist<br />

ziemlich geradlinig (Geländeform mit<br />

beachten).<br />

Zugeschneite Spalten sind manchmal<br />

durch eingesunkene Strukturen und<br />

dadurch bedingte dunklere Streifen auf<br />

der Schneeoberfläche zu erahnen.<br />

Sondieren mit Pickel, Skistock oder<br />

Lawinensonde kann Aufschluss geben<br />

über Dicke und Tragfähigkeit der<br />

Schneedecke. In solch unsicheren<br />

Zonen besonders sorgfältig auf<br />

gespanntes Seil achten!<br />

Sammeln der Seilschaft an einem Platz<br />

oder gar Ausbinden (z.B. zu Spaltenbergungsübungen)<br />

nur in eindeutig<br />

sicheren (meist flachen) Zonen! Im<br />

Zweifelsfall durch gründliches Sondieren<br />

prüfen!<br />

1.4<br />

Moränen<br />

Moränen sind Wälle von Schutt, den<br />

der Gletscher mit sich führt.<br />

Je nach Lage im Gletscher unterscheidet<br />

man Rand-, Mittel-, Stirn- und<br />

Untermoräne. Die riesigen Hinterlassenschaften<br />

aus Zeiten früherer Gletscherhochstände<br />

(1850 letzter Gletschervorstoß)<br />

heißen Ufer-, End- und Grundmoräne.<br />

Moränenschutt ist oft nicht stabil aufgebaut<br />

und macht das Gehen zu einer<br />

bestenfalls mühsamen Stolperei. Besser<br />

geht man auf verschneiten oder blanken<br />

Zonen des Gletschers.<br />

Vor allem die (meist über 40°) steilen<br />

Schutthänge der alten Ufermoränen<br />

bieten ein sehr absturz- und steinschlaggefährliches<br />

Gelände. Beim<br />

Zugang zum oder Verlassen des Gletschers<br />

(z.B. Tschiervagletscher, Mer de<br />

Glace) ist deshalb besonders achtsame<br />

Wegwahl und Gruppenführung nötig.


2. Gehen in Schnee und Firn<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

2. Gehen in Schnee und Firn<br />

Das Gehen in Schnee und Firn wird im Kapitel „Bergsteigen“ behandelt.<br />

9


10<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

3. Elementarstufe Für Leichte Gletschertouren<br />

3. Elementarstufe für leichte Gletschertouren<br />

ZIEL<br />

Eine stabile Grundtechnik auf Steigeisen<br />

ist die Grundlage für sicheres <strong>Eis</strong>gehen<br />

auch in steilstem Gelände; entsprechend<br />

ernst sollte die Schulung<br />

genommen werden.<br />

sicheres Gehen in wenig steilem <strong>Eis</strong><br />

(bis ca. 30°, kurze Steilstufen bis ca. 50°)<br />

sinnvolles Entscheiden, ob besser ohne<br />

Steigeisen gegangen wird (körniges,<br />

griffiges <strong>Eis</strong> besserer Gehkomfort)<br />

oder mit (mehr Sicherheit auf hartem<br />

und glattem <strong>Eis</strong>). Steilheit max bis 20°<br />

ökonomische Anwendung von Vertikalbzw.<br />

Frontalzackentechnik, dazu situativ<br />

angemessene, kraftsparende und<br />

ausreichend stabilisierende Pickeltechnik.<br />

GELÄNDE UND ORGANISATION<br />

Flacher Gletscherbereich mit kleinräumigen<br />

steileren Zonen (z.B. Randzonen<br />

von <strong>Eis</strong>brüchen)<br />

Auf Abrutschgefahr (im blanken <strong>Eis</strong><br />

reicht geringe Steilheit, Verletzungsgefahr<br />

durch Zacken erhöht) und<br />

Schmelzwasserläufe achten!<br />

Ein „Basislager“ auf dem Gletscher (idealerweise<br />

ohne Steigeisen erreichbar) vermittelt<br />

eine authentische Atmosphäre.<br />

Haut schützen durch lange Kleidung<br />

und Handschuhe, evtl. Helm<br />

keine Teilnehmer in Falllinie über/unter<br />

anderen<br />

Falls kein vernünftiges Gelände zu finden<br />

ist: Seilsicherung (z.B. Geländerseil).<br />

METHODE<br />

Sämtliche <strong>Eis</strong>techniken, vor allem die<br />

Grundlagen, können in Ganzheitsmethode<br />

geschult werden: nach kurzer Demonstration<br />

Ausprobieren, dann Herausarbeiten<br />

und Korrigieren der wichtigsten Kriterien<br />

vor allem über Bewegungsaufgaben und<br />

Gruppenkorrektur. Zeitbedarf: ca. 2-3<br />

Stunden, zwischen anstrengenden Übungen<br />

ausreichend Pausen einlegen.<br />

SPIELFORMEN<br />

Für mehr Lockerheit und als Rhythmushilfe<br />

bei Steigeisen-Grundtechniken kann<br />

Musik oder eine Taktvorgabe helfen und<br />

Spaß bringen.<br />

Über die richtige Ausrüstung für <strong>Eis</strong>kurse<br />

lässt sich streiten


3.1 Generelle Prinzipien<br />

3.1.1<br />

Gehen auf <strong>Eis</strong> ohne Steigeisen<br />

ZIEL<br />

Auf griffigem, flachem <strong>Eis</strong> und weitgehend<br />

schneebedeckten Gletschern kann<br />

das Gehen ohne Steigeisen angenehmer<br />

sein („weicheres“ Gehen, weniger<br />

Stolpergefahr, kein Stollen bei Schnee).<br />

Kurze Steilstufen können dabei Stufen<br />

schlagend überwunden werden.<br />

Der Anwendungsbereich ist jedoch sehr<br />

begrenzt.<br />

Für Anfänger kann dies ein verblüffend<br />

lockerer Zugang zur fremden Materie<br />

„<strong>Eis</strong>“ sein.<br />

METHODE<br />

Gemeinsamer Spaziergang (Gänsemarsch,<br />

ca. 10-15 Min.) auf dem blanken<br />

Gletscher<br />

spielerisches Erkunden kleiner Steilaufschwünge:<br />

Was geht noch „zu Fuß“,<br />

wo sind die Grenzen?<br />

nicht zu lange ausdehnen, Unsicherheiten<br />

und Ängste ernst nehmen.<br />

3.1.2<br />

Handhabung von Steigeisen<br />

HINTERGRUND<br />

Anpassen<br />

Sinnvollerweise bei Kursvorbesprechung<br />

zu Hause oder auf der Hütte; nicht erst<br />

am Gletscher, wenn alle los wollen<br />

Demonstration der Kriterien, wenn<br />

nötig individuelle Hilfe<br />

Ansprechen der unterschiedlichen<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

3. Elementarstufe Für Leichte Gletschertouren<br />

Typen von <strong>Eis</strong>en und Bindungen (vgl.<br />

Kap. Ausrüstung).<br />

Anlegen<br />

Am Gletscherrand (oder am „Basislager“,<br />

wenn ohne <strong>Eis</strong>en erreichbar)<br />

auf aperem <strong>Eis</strong> oder auf Felsplatte -<br />

möglichst ebener Grund<br />

Demonstration und Erklärung, wenn<br />

nötig individuelle Hilfe leisten.<br />

Entstollen<br />

Nur wenn sich Stollen bilden können<br />

(Schnee)<br />

Zeigen des Phänomens „Stollen“ (evtl.<br />

an Teilnehmer-Steigeisen) und Erklärung<br />

der Gefahren (Rutschen, Kippen,<br />

Kraftaufwand)<br />

Hinweis auf den Nutzen von Antistollplatten<br />

Demonstration des Abklopfens mit dem<br />

Pickel<br />

Hinweis auf Balance beim Abklopfen.<br />

3.1.3<br />

Grundprinzipien der<br />

Vertikalzackentechnik (VZT)<br />

ZIEL<br />

Zu jeder Zeit Konzentration auf stabile<br />

Platzierung aller Zacken<br />

gut hüftbreite Beinstellung, V-Stellung<br />

der Zehen (Chaplintritt) breite, stabile<br />

Standfläche<br />

Beinführung beim Gehen auch hüftbreit<br />

und Fuß hochheben kein Verhängen<br />

in Hose/Gamasche/Boden<br />

nicht zu große Schritte deutlicher<br />

Belastungswechsel<br />

ausgeprägte Gewichtsverlagerung auf<br />

das „neue“ Bein beim Treten (Pendel-<br />

11


12<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

3. Elementarstufe Für Leichte Gletschertouren<br />

bewegung des Oberkörpers) gutes<br />

Eindringen der Zacken ins <strong>Eis</strong><br />

gleichzeitiges Einsetzen möglichst aller<br />

Vertikalzacken (Sohle parallel zum <strong>Eis</strong>)<br />

stabiler Halt jedes <strong>Eis</strong>ens im <strong>Eis</strong><br />

Sprunggelenk, Knie und Hüfte sind<br />

leicht gebeugt und flexibel gute<br />

Reaktion aufs Gelände möglich.<br />

GELÄNDE<br />

Flaches, aperes <strong>Eis</strong>, das noch entspannten<br />

frontalen Auf- und Abstieg erlaubt.<br />

Lehrer gibt Spurbild (z.B. Achter) vor. Am<br />

Hang können die Schüler so Auf-, Abstieg<br />

und das Queren üben<br />

METHODE<br />

Erklärung und Demonstration der wichtigsten<br />

Kriterien; Beobachtungsposition<br />

vor allem frontal (hüftbreite Beinstellung)<br />

kurzer Spaziergang (ca. 5 Min.) mit<br />

Steigeisen zum unspezifischen Eingewöhnen,<br />

z.B. im gleichen Gelände wie<br />

ohne <strong>Eis</strong>en<br />

Kontrastübungen: Beinstellung<br />

schmal/breit; Schrittlänge kurz/lang;<br />

Zehen zeigen einwärts/auswärts; Auftreten<br />

zögerlich/knallhart jeweiliges<br />

Finden des Optimums<br />

Zeitbedarf: bei Anfängern für das Kennenlernen<br />

der neuen Technik ausreichend<br />

Zeit einplanen; zusammen mit<br />

den einfachsten Bewegungs-Grundmustern<br />

ohne Pickel 1/2 - 1 Std.<br />

SPIELFORMEN<br />

Lokomotive: Teilnehmer stehen hintereinander,<br />

halten sich an den Schultern<br />

oder Hüften, polonaiseartiges Gehen<br />

wie ein Tausendfüßler; gemeinsames<br />

Hin- und Herschwanken von einem Fuß<br />

auf den anderen, evtl. mit Zählen oder<br />

Rhythmusvorgabe<br />

Achterbahn: in kleinem <strong>Eis</strong>graben mit<br />

den Füßen auf gegenüberliegenden<br />

Grabenseiten gehen<br />

Gratwandeln: auf <strong>Eis</strong>kamm mit einem<br />

Fuß rechts und einem links, schulterbreite<br />

Beinstellung, V-Position und<br />

Belastungswechsel<br />

beidbeinige Froschhüpfer für reaktionsbereite<br />

Körperhaltung, evtl. Händchen<br />

haltend nebeneinander<br />

Pendeltritt (evtl. Händchen haltend)<br />

oder Umsteigesprünge zur Übung der<br />

Gewichtsverlagerung<br />

Hampelmannspringen und Laufen für<br />

lockere Gelenke (Pausen gönnen, vorher<br />

gut aufwärmen!)<br />

Einfrieren: Auf „Stop“ wird die Bewegung<br />

eingefroren.


3.1.4<br />

Grundprinzipien der<br />

Frontalzackentechnik (FZT)<br />

ZIEL<br />

Anwendung in der Elementarstufe nur<br />

für kurze Steilstufen; Technik wird vor<br />

allem in gehobenerer Anwendungsstufe<br />

wichtig<br />

jederzeit absolute Konzentration auf<br />

Frontalzacken: exaktes Einschlagen und<br />

richtige Belastung<br />

Beinstellung hüftbreit, Fußstellung<br />

parallel und auf gleicher Höhe, Sohle<br />

waagerecht, Ferse evtl. leicht hängend,<br />

Knie leicht gebeugt, Körper aufrecht<br />

Schritthöhe nicht zu groß, Hochtreten<br />

in kleinen Schritten<br />

Setzen der <strong>Eis</strong>en durch dosiertes<br />

Schwingen des Unterschenkels (Assoziation:<br />

Spitzenkick beim Fußball); möglichst<br />

nur ein Schlag, nicht mehrfach<br />

kicken.<br />

GELÄNDE UND ORGANISATION<br />

Kleine Steilstufe (max. 2-3 m hoch, ungefährliches<br />

Landegelände), breit genug<br />

für paralleles Üben möglichst aller Teilnehmer<br />

erste Schritte direkt über dem Boden,<br />

erst langsam Höhe gewinnen lassen<br />

Frontalzackentechnik erst nach Abschluss<br />

der Vertikalzackentechniken<br />

üben, vorher kurze Pause.<br />

METHODE<br />

Demonstration in Frontal- und Profilansicht<br />

schrittweises Herausarbeiten der Setzkriterien<br />

durch Demonstration (Ausbrechen<br />

der Frontalzacken bei hochstehen-<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

3. Elementarstufe Für Leichte Gletschertouren<br />

der Ferse) und Kontrastübungen: Ferse<br />

hoch/tief; Beinstellung schmal/breit;<br />

Zehen auswärts/parallel/einwärts;<br />

Schritthöhe klein/groß<br />

erste Versuche ohne Pickel, möglichst<br />

wenig Abstützen mit den Händen; erst<br />

bei korrekter Grundtechnik wird der<br />

Pickel in den Bewegungsablauf integriert.<br />

Fehlerbild: Anlehnen zum Hang Korrekturvorschlag:<br />

Arme verschränken,<br />

direkt über dem Boden Balance finden.<br />

SPIELFORMEN<br />

Tänzeln: Umspringen von einem Fuß<br />

auf den anderen mit schwunghaftem<br />

Einkicken der Frontalzacken ( lockeres<br />

Setzen)<br />

Jojo: in flottem (Dauerlauf-)Tempo ein<br />

paar Schritte rauf - runter - rauf…<br />

( unverkrampftes Setzen)<br />

Einfrieren: Auf „Stop“ wird die Bewegung<br />

angehalten, auch wenn man nur<br />

auf einem Bein steht ( Balance); gut<br />

in Kombination mit den beiden ersten<br />

Übungen<br />

Kniebeugen, auf den Frontalzacken stehend:<br />

Gleichgewichtsschulung (ohne<br />

Hände!)<br />

Figurentreten auf den Frontalzacken<br />

Leisetreten: sanft dosiertes Setzen der<br />

Frontalzacken.<br />

3.1.5<br />

Einsatz von Skistöcken<br />

und Pickel<br />

ZIEL<br />

Die Grund-Balance sollte aus den Beinen<br />

(Steigeisen) kommen.<br />

Skistöcke und Pickel können Hilfe für<br />

Balance und Gehrhythmus bieten<br />

13


14<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

3. Elementarstufe Für Leichte Gletschertouren<br />

Wenn am Seil gegangen wird, muss<br />

immer der Pickel greifbar sein zum<br />

Bremsen und für T-Anker.<br />

Skistockspitzen und Pickeldorn oder<br />

-haue bieten auf Blankeis nur begrenzten<br />

Halt.<br />

Technik des Spazierstock- und Kopfstützpickels:<br />

energisches, doch möglichst<br />

kraftsparendes Setzen von Dorn<br />

bzw. Haue ins <strong>Eis</strong><br />

Wahl der Pickeltechnik, die der Geländesteilheit<br />

und Bewegungssicherheit<br />

angemessen ist<br />

Der Pickel kann, z.B. bei kurzen Kletterstellen,<br />

zwischen Rucksack und Rükken<br />

verstaut werden.<br />

METHODE<br />

Skistöcke: Erwähnung am Rande, evtl.<br />

Umsetzung auf Tour<br />

Pickelverstauen: Demonstration bei<br />

passender Gelegenheit<br />

Pickeleinsatz: Erklärung und Demonstration,<br />

in Zusammenhang mit den<br />

Bewegungs-Grundtechniken<br />

evtl. Ausprobieren der Haltekraft des<br />

Pickels im <strong>Eis</strong> (Hängen an der Haue) <br />

Achtung auf Landegelände!<br />

3.1.6<br />

Stufenschlagen im <strong>Eis</strong><br />

ZIEL<br />

Anwendungsbereich: für kurze Steilstufen<br />

ohne Steigeisen oder unsichere<br />

Tourenpartner; für bequemen Stand in<br />

steilem Gelände (Standstufe)<br />

ökonomische Schlagtechnik mit langem<br />

Arm aus der Schulter, mit Schwung<br />

statt Kraft; evtl. beidhändiges Schlagen<br />

für mehr Präzision<br />

je nach Hauenform (Krümmung,<br />

Sprengwirkung) frontales oder eher<br />

tangenziales Auftreffen der Haue auf<br />

das <strong>Eis</strong>, evtl. mit eissprengendem<br />

„Kick“ aus dem Handgelenk.<br />

GELÄNDE<br />

Zwecks Authentizität ohne Steigeisen<br />

üben lassen<br />

deshalb besonders auf ungefährlichen<br />

Auslauf achten<br />

genügend Abstand zwischen den<br />

pickelschwingenden Teilnehmern.<br />

METHODE<br />

Bei Bedarf Vorübung: Graben schlagen<br />

(wechselnde Schläge von links und<br />

rechts in die gleiche Kerbe)


Demonstration des Schlagprinzips:<br />

Basis einkerben - Fläche schaffen - ausräumen<br />

evtl. günstigen Abstand und nötige<br />

Stufengröße selbst herausfinden lassen<br />

Ausprobieren aller Stufen durch alle<br />

Teilnehmer Verständnis für andere<br />

Körpergrößen.<br />

SPIELFORMEN<br />

Figuren schnitzen: z.B. Blume, Fisch,<br />

etc; die anderen können raten<br />

Wasserläufe durch Aushacken von<br />

Kanälen umleiten<br />

Hacken von Abseilbirnen.<br />

Zur Übung können Figuren geschlagen<br />

werden<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

3. Elementarstufe Für Leichte Gletschertouren<br />

3.2<br />

Bewegungs-Grundmuster<br />

3.2.1<br />

Schräganstieg mit Vertikalzackentechnik<br />

ohne Pickel<br />

ZIEL<br />

Stabiler Stand und ruhige Bewegung<br />

auch ohne Balancehilfe<br />

kontrolliertes Setzen der Steigeisen<br />

auch bei Übersetzschritten<br />

Standard ist Übersetzen, für steile Passagen<br />

ist Nachstellen der Füße sicherer<br />

bei zunehmender Steilheit zeigen die<br />

Fußspitzen stärker talwärts<br />

Übersetzschritt ohne Verhaken des bewegten<br />

oder Kippen des stehenden<br />

<strong>Eis</strong>ens.<br />

GELÄNDE<br />

Kurzer, sich aufsteilender Hang; evtl.<br />

kombinieren mit Abstiegstechnik.<br />

METHODE<br />

Demonstration mit Verweis auf talwärts<br />

zeigende Zehen<br />

Üben im Gänsemarsch oder parallel<br />

versetzt an kurzem Hang, Ausbilder<br />

beobachtet und korrigiert.<br />

15


16<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

3. Elementarstufe Für Leichte Gletschertouren<br />

SPIELFORMEN<br />

Persönliche Grenzsteilheit herausfinden<br />

(Achtung auf Landegelände!)<br />

stabile Grundposition durch Verlagern<br />

des Oberkörpers vor-/seit-/rückwärts<br />

destabilisieren und durch schnelle Ausgleichsschritte<br />

wieder herstellen<br />

„Torkeltritte“: Gruppe hält sich nebeneinander<br />

an den Händen, torkelt mit<br />

Übersetzschritten nach rechts/links.<br />

3.2.2<br />

Wende bergwärts und talwärts<br />

ohne Pickel mit Vertikalzackentechnik<br />

ZIEL<br />

Sicherer, ausbalancierter Richtungswechsel<br />

ohne Stolpern und Verhängen<br />

am Wendepunkt nicht übersetzen, sondern<br />

über stabile V-Stellung wenden<br />

Wende bergwärts ist schneller (Standard),<br />

talwärts sicherer (für steilere Stellen)<br />

kleine Verflachungen im <strong>Eis</strong> können die<br />

Wende erleichtern (Spuranlage).<br />

GELÄNDE<br />

Gleichmäßig geneigter Hang, für Wende<br />

talwärts etwas steiler.<br />

METHODE<br />

Demonstration mit frontaler Beobachtungsposition<br />

Teilnehmer üben gleichzeitig, parallel<br />

versetzt, Wende auf Kommando<br />

mögliche Lernzielkontrolle durch vorgegebenen<br />

Parcours.<br />

3.2.3<br />

Abstieg ohne Pickel mit<br />

Vertikalzackentechnik<br />

ZIEL<br />

Angstfreier, sicherer „Gesicht-zum-Tal“-<br />

Abstieg auch an kurzen steilen Stellen<br />

reaktionsbereit gebeugte Knöchel-,<br />

Knie-, Hüftgelenke, Oberkörper deutlich<br />

vorgebeugt (KSP über Füße), energisches<br />

Auftreten für guten Zackengriff.<br />

GELÄNDE<br />

Üben an kurzen, dann längeren Stellen<br />

zunehmender Steilheit, evtl. kombiniert<br />

mit Aufstiegs- und Wendetechniken<br />

(Rundkurs).<br />

METHODE<br />

Demonstration mit Beobachtung im<br />

Profil und frontal<br />

Teilnehmer parallel versetzt, üben<br />

gleichzeitig.<br />

Fehlerbild: Absitzen mit Gesäß, nach<br />

hinten zum Hang lehnen Korrekturhilfe:<br />

Vorstellung eines Schwimmers<br />

vor dem Kopfsprung.<br />

SPIELFORMEN<br />

Abwärts laufen, auf Zuruf sofort anhalten<br />

Gehen im Kreis oder kreuzweise (raufrunter-rechts-links)<br />

zur kombinierten<br />

Anwendung von Auf- und Abstiegstechniken.


3.2.4<br />

Spazierstockpickel mit Vertikalzackentechnik<br />

ZIEL<br />

Rhythmischer Einsatz des Pickels als<br />

Balancehilfe<br />

Standard ist Dreiertakt aus Grundposition:<br />

Pickel - Anfangsschritt (Ausstellschritt/Übersetzer)<br />

- Nachstellschritt zur<br />

Grundposition<br />

Bei stabiler Technik und/oder flacherem<br />

Gelände kann der Zweiertakt ökonomischer<br />

sein, bei dem der Pickel mit dem<br />

gegenüberliegenden Fuß bewegt wird.<br />

Taktvorgaben nicht starr befolgen: Endziel<br />

ist ein harmonischer, flexibler<br />

Rhythmus, passend zu Gelände und<br />

Können.<br />

Griff am Pickelkopf, Haue nach hinten;<br />

besser ohne Handschlaufen für schnelles<br />

Umgreifen.<br />

METHODE<br />

Zuerst Dreiertakt in Schrägaufstieg und<br />

Abstieg (kombiniert) üben (Teilnehmer<br />

im Umlauf, einmal rechts, einmal links<br />

herum)<br />

Wende berg-/talwärts mit Handwechsel<br />

am Pickel separat demonstrieren und<br />

üben<br />

evtl. kombinierte Übung mit Aufstieg,<br />

Wende und Abstieg auch in steilerem<br />

Gelände<br />

Zweiertakt ansprechen, evtl. einüben<br />

evtl. <strong>Eis</strong>spaziergang in unterschiedlich<br />

steilem Gelände mit variablem Anwenden<br />

des Gelernten.<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

3. Elementarstufe Für Leichte Gletschertourenl<br />

3.2.5<br />

Frontalzackentechnik mit<br />

einem Pickel für kurze<br />

Steilstufen<br />

ZIEL<br />

In kurzen Steilstufen (10-20 m, 35-50°)<br />

ist die Frontalzackentechnik meist<br />

schneller, sicherer und kraftsparender.<br />

sicheres Überwinden solcher Stufen im<br />

Auf- und Abstieg<br />

Je nach Steilheit wird der Pickel in Spazierstock-<br />

oder Kopfstütztechnik eingesetzt.<br />

GELÄNDE<br />

Kurze Steilstufen zunehmender Steilheit -<br />

Achtung auf Absturzgefahr (evtl. Toprope!).<br />

METHODE<br />

Nach Schulung der Frontzacken-Grundprinzipien<br />

Ergänzung durch Spazierstockpickel<br />

im Dreiertakt; nur kurze<br />

Demonstration nötig<br />

Kopfstützpickel-Demonstration mit Profil-<br />

Beobachtung (aufrechte Körperhaltung)<br />

Teilnehmer üben parallel nebeneinander.<br />

Fehlerbild: zum Hang lehnen (Gefahr<br />

des <strong>Eis</strong>en-Ausbrechens) Korrekturanweisung:<br />

Arme strecken, ggf. Spazierstock-<br />

statt Kopfstütztechnik.<br />

SPIELFORMEN<br />

Evtl. <strong>Eis</strong>-Spaziergang unter TN-Führung<br />

mit flexibler Anwendung sämtlicher<br />

Grundtechniken.<br />

17


18<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

4. Grundstufe für Anspruchsvollere Gletschertouren<br />

4. Grundstufe für anspruchsvollere Gletschertouren<br />

ZIEL<br />

Verbesserung und Festigung des Bewegungsgefühls<br />

auf Steigeisen<br />

sicheres Bewegen im typischen „<strong>Hochtouren</strong>gelände“<br />

um 45°, mit kurzen<br />

Stellen bis 60°<br />

Gewinn von Sicherheitsreserven durch<br />

Erkunden und Hinausschieben der persönlichen<br />

Grenzen.<br />

GELÄNDE UND ORGANISATION<br />

Aperes <strong>Eis</strong> mit kleinräumig unterschiedlich<br />

steilen Stellen bis rund 60°<br />

für Grenz- und Trainingsformen auf<br />

gutes Landegelände achten<br />

evtl. Seilsicherung (und immer Helm!)<br />

für anspruchsvolle Aufgaben<br />

Zeitbedarf: 1 1 /2 bis 2 Stunden.<br />

SPIELFORMEN<br />

Die meisten folgenden Techniken können<br />

bis in Grenzbereiche ausprobiert werden.<br />

Vor allem mit sportlichen Teilnehmern<br />

können boulderähnliche Aufgaben gestellt<br />

und bearbeitet werden, was viel Spaß<br />

und intensives Training bringt.<br />

4.1<br />

Generelle Prinzipien<br />

4.1.1<br />

Ökonomische,<br />

flexible Technikwechsel<br />

ZIEL<br />

Vor allem bei längeren <strong>Hochtouren</strong> ist<br />

eine kraftsparende, unverkrampfte<br />

Technikausführung für Sicherheit und<br />

Durchhaltevermögen wichtig.<br />

Alle erlernten Grundtechniken werden<br />

situativ flexibel angewendet und gehen<br />

gelegentlich ineinander über.<br />

Auch im steileren <strong>Eis</strong> ist es wünschenswert,<br />

möglichst viel mit den Vertikalzacken<br />

zu arbeiten, da die Frontalzakkentechnik<br />

auch trotz steifer Schuhe<br />

auf die Dauer anstrengender ist.<br />

Kenntnis der Vor- und Nachteile der<br />

„einfachen“ Techniken (VZT, Spazierstockpickel:<br />

schnell, kraftsparend, im<br />

Steilen heikler) gegenüber den „steilen“<br />

(FZT, Schaftzugpickel: sicher, langsam,<br />

anstrengend).<br />

METHODE<br />

Diese Prinzipien können bei jeder Technikschulung<br />

begleitend erklärt werden -<br />

in lockerem Gespräch nach oder vor<br />

einer Pause und unterstützend zu Korrekturen.<br />

Bei einem Rundkurs durch den <strong>Eis</strong>bruch,<br />

evtl. in forciertem Tempo und<br />

unter abwechselnder Führung der Teilnehmer,<br />

kann der flexible Technikwechsel<br />

geübt werden.<br />

Ein <strong>Eis</strong>parcours (evtl. mit Seilsicherung)<br />

in steilem Gelände bringt jeden Teilnehmer<br />

in Situationen, wo zwischen verschiedenen<br />

Techniken gewechselt werden<br />

muss.<br />

4.1.2<br />

Zugtechniken mit dem Pickel<br />

ZIEL<br />

Kenntnis der Technik und Grenzen des<br />

Kopfzugpickels<br />

effizientes Setzen und Lösen des Pickels<br />

in Schaftzugtechnik


stabiles <strong>Eis</strong> erkennen, evtl. antippen<br />

vor dem Schlag<br />

kraftsparendes Schlagen mit langem Arm<br />

aus dem Ellenbogen und Handgelenk<br />

optimaler Schwungradius für verschiedene<br />

Hauenformen<br />

dosierter Krafteinsatz („weich schlagen“)<br />

Hilfsmanöver zum Lösen der Haue (Ruckeln,<br />

Zug am Pickelkopf nach oben,<br />

Schlag von unten auf Schaufel/Hammerkopf)<br />

Wissen, dass „einfachere“ Pickeltechniken<br />

(Spazierstock, Kopfstütz) schneller<br />

und ökonomischer sind<br />

Achtung beim Übergang steil-flach auf<br />

richtige Belastung von Pickel und<br />

Frontzacken.<br />

GELÄNDE<br />

Etwas über körperhohe, steile bis senkrechte<br />

<strong>Eis</strong>böschung<br />

wenn Pickel geschwungen werden:<br />

Helm auf!<br />

METHODE<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

4. Grundstufe für Anspruchsvollere Gletschertouren<br />

Kopfzugpickel: Erklärung, Demonstration,<br />

Ausprobieren (mit Hängen am eingeankerten<br />

Pickel in Absprunghöhe)<br />

Schaftzugpickel: Demonstration im Profil<br />

(Schwungradius, langer Arm, Eindringbewegung)<br />

und frontal (Schwungebene)<br />

Ausprobieren, wie schwach eingeschlagen<br />

der Pickel noch hält (durch Dranhängen<br />

in Absprunghöhe)<br />

evtl. Austausch der Teilnehmer-Geräte<br />

zum Kennenlernen verschiedener Hauenradien<br />

Wahrnehmen von Eindringgeräusch,<br />

-gefühl, -optik und Beurteilung der<br />

Haltequalität.<br />

4.2<br />

Bewegungs-Grundmuster<br />

4.2.1<br />

Seitstützpickel für Querung<br />

und Abstieg<br />

ZIEL<br />

Für kurze Steilstufen kann die Seitstützpickeltechnik<br />

schneller und günstiger<br />

sein als ein Wechsel von VZT zu FZT.<br />

kräftiges Einrammen des Pickels, Belastung<br />

direkt am <strong>Eis</strong><br />

exaktes Einsetzen der Steigeisen, auch<br />

beim Übersetzschritt<br />

Übergang zum Nachstellschritt bei<br />

extremer Steilheit.<br />

GELÄNDE<br />

Gut körperhohe Böschung um 45/50°.<br />

METHODE<br />

Demonstration des Pickelsetzens und<br />

-belastens; Ausprobieren lassen (Draufstützen<br />

in Absprunghöhe)<br />

Demonstration (Profil, frontal) einer<br />

Sequenz von Aufstieg, evtl. Wende und<br />

Abstieg; Üben im Umlaufbetrieb oder<br />

parallel nebeneinander.<br />

SPIELFORM<br />

An einer steiler werdenden <strong>Eis</strong>böschung<br />

(Absprunghöhe) kann die Gruppe so weit<br />

wie möglich queren; wer kommt am weitesten?<br />

19


20<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

4. Grundstufe für Anspruchsvollere Gletschertouren<br />

4.2.2<br />

Trainings- und Spielformen<br />

der Vertikalzackentechnik<br />

ZIEL<br />

Die extremen VZT-Formen schaffen<br />

Sicherheitsreserven; in der Praxis werden<br />

sie praktisch nicht verwendet, z.B.<br />

VZT mit Rückhand-Schaftzug-Pickel<br />

oder Geländepickel.<br />

Die Übungen eignen sich vor allem für<br />

sportliche, ambitionierte Gruppen oder<br />

als Zeitvertreib bei unsicherem Wetter;<br />

bei gutem Gelände und Gruppendynamik<br />

können sie viel Spaß bringen.<br />

Entscheidend dabei ist eine gute Belastung<br />

aller Vertikalzacken durch gute<br />

KSP-Arbeit und Beweglichkeit.<br />

GELÄNDE<br />

Kleinräumig steiles bis steilstes Gelände<br />

in Absprunghöhe, evtl. Topropesicherung<br />

„Boulder“-Einzelstellen definieren<br />

Helm aufsetzen.<br />

METHODE<br />

Demonstration des Grundprinzips<br />

Teilnehmer selber Aufgaben stellen lassen,<br />

evtl. Ideen beisteuern<br />

evtl. paar- oder gruppenweise arbeiten:<br />

Aufgaben entwickeln<br />

Gruppendynamik beachten: zu gefährliche<br />

Entwicklungen abbremsen.<br />

4.2.3<br />

Mischtechnik<br />

ZIEL<br />

Die Mischtechnik (ein Fuß in VZT, einer<br />

in FZT) ist ein guter Kompromiss aus<br />

Ökonomie und Sicherheit; optimal für<br />

klassische <strong>Eis</strong>flanken bei griffigen Verhältnissen<br />

exakte Technikausführung mit beiden<br />

Füßen: Einsetzen aller Vertikalzacken<br />

und sauberer Griff beider Frontalzacken<br />

(und weiterer Vertikalzacken).<br />

GELÄNDE<br />

Höherer <strong>Eis</strong>hang (5-10 m, 30-45°), der mit<br />

Spazierstock- oder Kopfstützpickel sicher<br />

erstiegen werden kann.<br />

METHODE<br />

Nach kurzer Demonstration Teilnehmer<br />

üben lassen<br />

Im Umlaufbetrieb auf ein oder zwei<br />

Bahnen (einfacher Abstieg) gibt es<br />

genügend Pausen und Korrekturmöglichkeiten.<br />

zuerst ein kompletter Aufstieg mit einer<br />

Fußstellung (z.B. re. VZT, li. FZT), dann<br />

die andere Fußstellung<br />

evtl. Wechsel der Fußstellung während<br />

des Aufstiegs (z.B. alle drei Schritte).<br />

4.2.4<br />

Frontalzackentechnik mit<br />

zwei Kopfstützpickeln<br />

ZIEL<br />

Durch „Dreipunkttechnik“ optimale<br />

Sicherheit für griffiges (Firn-)<strong>Eis</strong> „klassischer“<br />

Neigung (bis ca. 60°); Rhythmus


entweder „Pickel-Pickel-Fuß-Fuß“ oder<br />

„Pickel-Diagonalfuß-Pickel-Diagonalfuß“<br />

etwas schneller ist der Rhythmus<br />

„Pickel-Fuß-Fuß-Pickel-Fuß-Fuß“<br />

Bei geringer Neigung, guter Kondition<br />

und/oder hohem Können kann man<br />

einen Pickel und einen Fuß gleichzeitig<br />

versetzen; entweder im „Passgang“<br />

oder im Diagonalschritt<br />

Beim Queren werden zuerst ein Pickel<br />

und ein Fuß ausgestellt, dann rücken<br />

der andere Pickel und Fuß nach.<br />

Kopfstützpickel nicht zu hoch setzen:<br />

etwa auf Bauchhöhe.<br />

GELÄNDE<br />

Mittelhoher Aufschwung (um 5 m) mit 45-<br />

55° Neigung; Ängste respektieren, evtl.<br />

Toprope.<br />

METHODE<br />

Nicht zu viele Rhythmusvarianten zeigen<br />

Die Gruppe kann parallel nebeneinander<br />

üben; der Ausbilder kann oberhalb<br />

„vorturnen“ oder von unten beobachten<br />

und evtl. Kommandos („Pickel<br />

rechts, Fuß links …“) geben.<br />

4.2.5<br />

Frontalzackentechnik<br />

mit einem Schaftzugpickel<br />

ZIEL<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

4. Grundstufe für Anspruchsvollere Gletschertouren<br />

Der Schaftzugpickel gibt sicheren Halt<br />

in hartem <strong>Eis</strong>.<br />

Zum Setzen und vor allem zum Lösen<br />

ist stabile Balance erforderlich.<br />

Die freie Hand stützt als Balancehilfe<br />

am <strong>Eis</strong>.<br />

pro Pickelplatzierung möglichst viel<br />

Höhe gewinnen (Zeit- und Kraftaufwand<br />

beim Setzen und Lösen)<br />

Pickel so hoch setzen, dass die aufrechte<br />

Körperstellung noch nicht<br />

gefährdet ist<br />

beim Abstieg nicht bis „in den gestrekkten<br />

Arm hinein“ absteigen<br />

Beim Hochsteigen und vor allem beim<br />

Queren kann die freie Hand zusätzlich<br />

den Pickelkopf greifen.<br />

Optimales Übungsgelände in Absprunghöhe<br />

+ motivierende Aufgabenstellung<br />

GELÄNDE<br />

Kurzer, aber steiler Aufschwung<br />

(Absprungmöglichkeit).<br />

METHODE<br />

Bei Demonstration Wert legen auf den<br />

stabilen Stand (möglichst horizontale<br />

Fußstellung) beim Setzen und Lösen<br />

des Pickels<br />

Üben im Umlauf (Aufstieg-Queren-<br />

Abstieg) oder parallel nebeneinander.<br />

SPIELFORMEN<br />

Besonders wertvoll für das Gefühl für die<br />

Frontzacken ist das Bouldern ohne Handgeräte.<br />

Dabei können die Hände bewusst<br />

vom <strong>Eis</strong> ferngehalten werden (wer schafft<br />

es freihändig am steilsten) oder man<br />

nutzt Unebenheiten der <strong>Eis</strong>oberfläche wie<br />

Griffe im Fels.<br />

21


22<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

5. Oberstufe Für „klassische“ Firn- und <strong>Eis</strong>flanken<br />

5. Oberstufe für „klassische“ Firn- und <strong>Eis</strong>flanken<br />

ZIEL<br />

Sicheres Bewältigen großer klassischer<br />

<strong>Eis</strong>wände (D-ED, 55-60°) und kurzer<br />

Steilstufen bis 90°<br />

flexible und ökonomische Anwendung<br />

stabiler Techniken mit Steigeisen und<br />

Handgeräten<br />

Durch Klettern im steilsten <strong>Eis</strong> bis zur<br />

persönlichen Grenze werden Bewegungserfahrungen<br />

gemacht, die eine<br />

Sicherheitsreserve bieten.<br />

GELÄNDE UND ORGANISATION<br />

<strong>Eis</strong>bruch mit kurzen, aber auch langen<br />

(Spaltenwände) Passagen mit steilem<br />

<strong>Eis</strong> (bis 90/100°)<br />

<strong>Eis</strong>bouldern in Absprunghöhe und<br />

Toprope-Klettern (mehrere Stellen)<br />

Helm, evtl. paarweises Arbeiten (Toprope-Sicherer)<br />

Die Bewegungstechnik sollte, wenn<br />

möglich, auch im Rahmen einer mittellangen<br />

<strong>Eis</strong>wandbegehung angewendet<br />

werden - kombiniert mit Sicherungstechnik<br />

und Taktik.<br />

zum „Sicheren Weg zum Vorstieg“ siehe<br />

Abschnitt 6. und <strong>Eis</strong>klettern,Teil II:<br />

Mixedrouten, Abschnitt 4<br />

Zeitbedarf: mindestens 2 Stunden; mit<br />

Topropen bis zur Grenze (Pausen!)<br />

kann man sich auch einen halben bis<br />

ganzen Tag aufhalten.<br />

5.1<br />

Generelle Prinzipien<br />

5.1.1<br />

Solides Setzen der <strong>Eis</strong>geräte<br />

ZIEL<br />

Erkennen verschiedener <strong>Eis</strong>qualitäten<br />

(mürb, spröde, soft) und günstiger<br />

Platzierungspunkte (konkave Formen)<br />

Handgeräte mit möglichst wenigen<br />

Schlägen (ideal: einer) stabil setzen<br />

Schlagkraft dosieren („weich schlagen“)<br />

für leichtere Lösbarkeit<br />

berechtigtes Vertrauen ins Gerät entwickeln<br />

Vorsicht vor überstrecktem Setzen:<br />

evtl. kein Lösen zum besseren Setzen<br />

mehr möglich.<br />

GELÄNDE<br />

Unterschiedlich steiles (auch überhängendes)<br />

Bouldergelände.<br />

METHODE<br />

<strong>Eis</strong>qualität und „Placements“: Erklärung<br />

und Ausprobieren, Diskussion der<br />

Erfahrungen<br />

effizientes Setzen: Ausprobieren mit<br />

Spielformen.<br />

SPIELFORMEN<br />

Wer schafft einen Boulder (z.B. Quergang)<br />

mit den wenigsten Schlägen?<br />

Gerät so sanft wie möglich setzen, mit


Markieren, aber richtig!<br />

dem ganzen Körper daran hängen (Achtung<br />

auf Landegelände)!<br />

Zielübungen: zu treffende Stellen markieren<br />

(Tape, Schnee, <strong>Eis</strong>schraubenlöcher<br />

oder Lebensmittelfarbe); Antippen<br />

vor dem Schlag als Zielhilfe<br />

Geräte in komplexen Situationen setzen:<br />

seitlich, Überkreuz, Rückhand<br />

bei ausreichend gutem <strong>Eis</strong> Geräte nur<br />

in Schlaglöcher hooken.<br />

5.1.2<br />

Sichere und ökonomische Fußund<br />

Schwerpunktarbeit<br />

ZIEL<br />

Stets stabile Belastung der Steigeisen<br />

(Setzkriterien, Bogenspannung im Körper),<br />

auch beim Übergang steil-flacher<br />

Platzieren der Füße im Lot der Geräte<br />

(s. u. Dreieck/parallel)<br />

Hochsteigen in kleinen Tritten (Rundrücken<br />

für mehr Beinfreiheit), stabile<br />

Grundposition mit Füßen auf gleicher<br />

Höhe zum Versetzen der Handgeräte<br />

Nutzen von Strukturen im <strong>Eis</strong> wie Tritte<br />

beim Klettern, sinnvolles Anwenden<br />

von Klettertechniken wie Spreizen und<br />

Eindrehen.<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

5. Oberstufe Für „klassische“ Firn- und <strong>Eis</strong>flanken<br />

GELÄNDE<br />

Bouldergelände oder kurze Toprope-<br />

Passagen.<br />

METHODE<br />

Demonstrieren des Grundprinzips, Ausprobieren<br />

mit Spielformen.<br />

SPIELFORMEN<br />

Stehen in ungünstigen Positionen (zu<br />

eng/breit, außerhalb der Falllinie, überkreuzt);<br />

Versuch, Gerät zu versetzen;<br />

Finden besserer Fußposition<br />

mit möglichst wenig Kraft am Gerät<br />

halten oder freihändig ausbalancieren<br />

Klettern in etwas geneigtem <strong>Eis</strong> mit nur<br />

einem Gerät oder ohne Geräte<br />

dynamischer Belastungswechsel.<br />

5.1.3<br />

Effiziente Raumnutzung<br />

ZIEL<br />

Klettern mit möglichst wenig Geräteplatzierungen<br />

spart Kraft und Zeit<br />

je nach Steilheit, <strong>Eis</strong>qualität, Können,<br />

Kondition und Vor-/Nachstieg flexible<br />

Anwendung des ökonomischsten<br />

Rhythmus<br />

Die Dreieckstechnik (s.u.) ist tendenziell<br />

günstiger als die Paralleltechnik.<br />

GELÄNDE<br />

Längere Strecken unterschiedlicher<br />

Steilheit (60-80°), Toprope<br />

evtl. auch Bouldergelände (Quergänge).<br />

23


24<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

Oberstufe Für „klassische Firn- und <strong>Eis</strong>flanken<br />

SPIELFORMEN<br />

Wer schafft eine bestimmte Kletterstrecke<br />

mit den wenigsten Geräteplatzierungen?<br />

Wer mit der geringsten<br />

Gesamtzahl an Schlägen?<br />

Aufgabe: am Gerät so weit wie möglich<br />

durchsteigen (Mantle)<br />

Ein Gerät steckt im <strong>Eis</strong>. Wer schafft es,<br />

sich daran festhaltend sein Gerät am<br />

weitesten oben einzuschlagen? (mit<br />

Körpergröße/Reichweite verrechnen)<br />

wettklettern auf Zeit an parallelen<br />

Toprope-Stationen<br />

Klettern kurzer Steilstellen mit nur<br />

einem Gerät mit Übergang Schaftzug-<br />

Kopfzug-Kopfstütz.<br />

5.2<br />

Bewegungs-Grundmuster<br />

5.2.1<br />

Paralleltechnik mit<br />

zwei Schaftzugpickeln<br />

ZIEL<br />

Grundstellung mit Bogenspannung<br />

Höhertreten mit Katzenbuckel (Rundrücken)<br />

in kleinen Schritten, neue<br />

Grundstellung<br />

beide Geräte aus der Grundstellung<br />

parallel versetzen<br />

bei Abstieg Geräte auf Schulterhöhe<br />

setzen, nicht bis Armstreckung absteigen<br />

bei Querung zuerst Pickel und Fuß in<br />

Bewegungsrichtung versetzen, dann die<br />

anderen beiden nachholen.<br />

GELÄNDE<br />

Üben evtl. in Bouldergelände, für Automatisierung<br />

Toprope.<br />

METHODE<br />

Demonstration des Bewegungsmusters<br />

in Frontal- und Profilansicht<br />

Kontrastübungen zu Standbreite, Tritthöhe,<br />

Blockiertiefe (wie weit wird hochgestiegen,<br />

bevor die Geräte versetzt<br />

werden?).<br />

5.2.2<br />

Dreieckstechnik mit<br />

zwei Schaftzugpickeln<br />

ZIEL<br />

Die Dreieckstechnik erlaubt schnelleres<br />

Vorwärtskommen (s.o. effiziente Raumnutzung).<br />

Wechsel zwischen Bogenspannung für<br />

Grundstellung und Rundrücken zum<br />

Hochsteigen wie bei Paralleltechnik<br />

guter Sitz des Gerätes ist lebenswichtig<br />

ausgeprägte Schwerpunktverlagerung<br />

eingedrehte Hüftstellung erlaubt höheres<br />

Setzen des Gerätes (Achtung: nicht<br />

überstreckt!)<br />

im Abstieg nicht in den gestreckten<br />

Arm hineinklettern<br />

bei Querung nachgesetztes Gerät in die<br />

Schlaglöcher des ersten hooken.<br />

GELÄNDE<br />

Wie für Paralleltechnik.<br />

METHODE<br />

Demonstration in Frontal- und Profilansicht,<br />

Kontrastübungen wie für Paralleltechnik.


<strong>Hochtouren</strong><br />

5. Oberstufe Für „klassische“ Firn- und <strong>Eis</strong>flanken<br />

SPIELFORMEN<br />

Einen Bewegungszyklus der Füße von<br />

Grundstellung bis Grundstellung mehrmals<br />

im Auf- und Abstieg machen lassen<br />

(Geräte bleiben unverändert) für<br />

Automatisierung des Trittrhythmus<br />

an etwas geneigter Toprope-Station<br />

mehrere Geräte im richtigen Abstand<br />

einschlagen; Teilnehmer klettern von<br />

Gerät zu Gerät<br />

gleiche Übung mit Hooken in bestehende<br />

Schlaglöcher (markieren mit Tape<br />

oder Farbe)<br />

aus Grundstellung ein Gerät weit<br />

außerhalb der Standfläche platzieren;<br />

mit kleinen Schritten neue stabile<br />

Dreiecksposition einnehmen.<br />

Bewegunsvorgabe durch bereits<br />

platzierte Geräte. Achtung: Im Toprope<br />

sollte das Seil nicht die Geräte lösen<br />

können; Seilverlauf!<br />

25


26<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

6. Sicherungstaktik in „Klassischem“ <strong>Eis</strong><br />

6. Sicherungstaktik in „klassischem“ <strong>Eis</strong><br />

ZIEL<br />

Kenntnis der typischen Gefahren:<br />

Abrutschen/Absturz, Spaltensturz, Mitreißunfall<br />

Fähigkeit zum situativen Abwägen der<br />

größten Gefahren und Wählen der passenden<br />

Sicherungstechnik<br />

sichere Durchführung von <strong>Eis</strong>touren privat<br />

und als Führender.<br />

METHODE<br />

Sicherungstaktische Anmerkungen können<br />

bei der Ausbildung der unterschiedlichen<br />

Sicherungstechniken eingeflochten<br />

werden: Für welche Situationen<br />

ist diese Technik geeignet, wo<br />

sind die Grenzen?<br />

Bei der theoretischen Ausbildung zur<br />

Tourentaktik können ebenfalls sicherungstaktische<br />

Gedanken vorgestellt<br />

werden.<br />

Die flexible und sinnvolle Anwendung<br />

in der Praxis sollte auf Ausbildungstouren<br />

intensiv geübt werden.<br />

6.1<br />

Sicherungstaktische Gedanken<br />

zum Führen von Gruppen<br />

im <strong>Eis</strong><br />

GRUNDFORDERUNG<br />

Bei geführten Gruppen darf es nie möglich<br />

sein, dass ein Teilnehmer gefährlich<br />

abstürzt. Während private Partner im<br />

leichteren Absturzgelände ohne Seil gehen<br />

können (Schadensminimierung statt<br />

Mitreißunfall), muss die Gruppe dort korrekt<br />

gesichert werden - z.B. durch ein Fixseil<br />

oder klassisch seillängenweise. Die<br />

dafür nötige zusätzliche Zeit begrenzt die<br />

Tourenauswahl für geführte Sektionsgruppen.<br />

Die Gretchenfrage lautet: „Kann ich<br />

als Führender in jedem Moment einen<br />

Sturz eines oder mehrerer Teilnehmer<br />

sicher halten?“<br />

GEHEN IM SYSTEM<br />

„ANSEILEN AM GLETSCHER“<br />

Knotenabstände und sonstige Praxistipps<br />

siehe Kap. „Führen“.<br />

evtl. günstiger: Anseilen nur mit Hüftgurt<br />

(bessere Körperschwerpunktbelastung<br />

beim Halten eines Spaltensturzes<br />

ist wichtiger als die unbequemere Hängeposition,<br />

vgl. Kap. 5.5, „Sicherung“)<br />

untere Grenze: sobald Gletscher mit<br />

Schnee oder Firn bedeckt und/oder die<br />

Sicht schlecht ist, sollte angeseilt werden;<br />

ohne Seil nur auf aperen Gletschern;<br />

mit Ski wird seltener angeseilt<br />

(aber auch da gibt es Spaltenstürze)<br />

obere Grenze: In absturzgefährlichen<br />

Steilaufschwüngen, <strong>Eis</strong>brüchen oder<br />

steilen Spaltenzonen kann es unmöglich<br />

sein, einen Spaltensturz zu halten,<br />

oder die Mitreißgefahr kann zu groß<br />

werden. Dann ist eine andere Sicherungstechnik<br />

zu wählen (Fixseil, seillängenweise<br />

sichern).<br />

GEHEN AM GELÄNDERSEIL<br />

Methode vor allem für Querungen oder<br />

relativ flache Grate<br />

beide Seilenden fixiert, Seil möglichst<br />

straff gespannt<br />

Selbstsicherung lose eingehängt (vgl.<br />

Kap. „Führen“)<br />

obere Grenze: sobald größere Stürze möglich<br />

werden, sollte zur Methode „Fixseil“<br />

gewechselt werden (s. Kap. „Führen“).


GEHEN AM „GLEITENDEN SEIL“ MIT RÜCKLAUF-<br />

SPERRE<br />

Moderne leichte Klemmgeräte (Ropeman<br />

und T-Block) können Passagen, an denen<br />

eine Sicherung für die Teilnehmer notwendig<br />

ist, beschleunigen (vgl. Kap.<br />

„Führen“, 5.5, „Gleitendes Seil“).<br />

6.2<br />

Klettern in Seilschaft<br />

TAKTISCH SINNVOLLE FIXPUNKTE<br />

Eine sinnvolle Sicherungsgeschwindigkeit<br />

lassen nur <strong>Eis</strong>schrauben oder Felssicherungsmittel<br />

(im kombinierten Gelände)<br />

zu. Wenn der Schnee so weich<br />

ist, dass zum Sichern T-Anker gebaut<br />

werden müssten, ist zu überlegen, ob<br />

man nicht auch ohne Sicherung zurecht<br />

kommt - oder wieviel Zeit bis zur Dunkelheit<br />

bleibt. Wenn unter dem Firn <strong>Eis</strong><br />

zu finden ist, kann es schneller sein,<br />

bis dahin zu graben und eine Schraube<br />

zu setzen.<br />

Wenn Sicherung nur für den Nachsteiger<br />

wichtig ist (z.B. über Bergschrund,<br />

zum Gipfelgrat), können provisorische<br />

Sicherungen wie der modifizierte<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

6. Sicherungstaktik in „Klassischem“ <strong>Eis</strong><br />

Rammpickel sinnvoll sein. Oder man<br />

stellt sich hinter die Gratkante oder in<br />

eine Spalte und sichert nur über Körper;<br />

die Reibung über die Kante hilft<br />

beim Halten.<br />

STANDPLATZBAU UND SEILHANDLING<br />

Vergleiche Kap. „Sicherung und Führen“<br />

Standplatzwahl außerhalb der Falllinie<br />

der nächsten Seillänge wegen <strong>Eis</strong>schlag;<br />

ideal unter Aufsteilungen oder<br />

Überhängen<br />

Eine provisorische Standstufe erleichtert<br />

das Setzen der ersten Schraube;<br />

wenn der Stand fertig ist, kann die<br />

Stufe ausgebaut werden; nachsichern<br />

mit Magic Plate oder Ähnlichem gibt<br />

mehr Handlungsfreiheit.<br />

In klassischem <strong>Eis</strong>gelände kann das<br />

Seil meist vom Stand herunter hängen<br />

gelassen werden, weil Vorsprünge, hinter<br />

denen es sich verhängen könnte,<br />

dort meist selten sind. Ein günstigeres<br />

Handling ergibt sich trotzdem häufig,<br />

wenn das Seil am Stand (Selbstsicherungsseil,<br />

Oberschenkel, Fuß) mal<br />

rechts, mal links in 2-4 m langen<br />

Schleifen aufgehängt wird.<br />

27


28<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

6. Sicherungstaktik in „Klassischem“ <strong>Eis</strong><br />

WAHL DER AUFSTIEGSLINIE<br />

Vom Stand weg etwas zur Seite klettern,<br />

erst dann in Falllinie aufsteigen,<br />

damit keine <strong>Eis</strong>brocken den Sichernden<br />

treffen können<br />

Die erste Schraube sollte bald nach<br />

dem Stand gesetzt werden (gegen Faktor-2-Sturz,<br />

nach ca. 5 Metern, je nach<br />

Gelände und Können); eine weitere<br />

etwa in Seilmitte, zusätzliche nach Lust<br />

und Laune (je weniger, desto schneller)<br />

den <strong>Eis</strong>pfropf möglichst sofort nach<br />

dem Ausdrehen entfernen; bei modernen<br />

Edelstahlschrauben reicht kräftiges<br />

Abklopfen am <strong>Eis</strong> (nicht auf Fels!). Bei<br />

großer Kälte Schrauben anwärmen; mit<br />

einem Stössel lässt sich der <strong>Eis</strong>pfropf<br />

am Stand ausdrücken.<br />

VORAUSDENKEN UND ÖKONOMIE<br />

Das passende Material für die nächste<br />

Seillänge (Felsausrüstung/<strong>Eis</strong>schrauben?)<br />

am Gurt greifbar bereitstellen<br />

(vgl. Teil II, 5.2)<br />

zusätzlich zur Faktor-2-Schraube und in<br />

der Seilmitte Sicherungen anbringen<br />

vor voraussichtlich schwierigeren, vermutlich<br />

schwer abzusichernden Passagen<br />

oder Zonen mit schlechtem <strong>Eis</strong> -<br />

also dort, wo noch bequem eine gute<br />

Sicherung anzubringen ist<br />

vor schwierigen Passagen möglichst<br />

regenerieren, Linienverlauf und Bewegungen<br />

vorausdenken und sich mental<br />

einstellen<br />

Nach anstrengenden Passagen darf<br />

ruhig gerastet werden; eine Zwischensicherung<br />

gibt ein besseres Gefühl. Evtl.<br />

kann auch gleich Stand gebaut werden<br />

(Erholung, Kontakt zum Partner in der<br />

schweren Zone).


ZIEL<br />

Zur Taktik gehören Überlegungen und<br />

Verhalten bei Tourenauswahl, -planung<br />

und -durchführung, die über Gelingen,<br />

Sicherheit und Erlebnis entscheiden.<br />

Bei „Routine“-Unternehmungen von<br />

Könnern laufen diese Überlegungen oft<br />

unbewusst ab. Doch auch ihnen gibt<br />

eine bewusst gemachte, systematische<br />

Taktik-Planung mehr Sicherheit. Anfänger<br />

benötigen Schulung und intensive<br />

Übung, bis ihnen die Denkabläufe<br />

geläufig sind.<br />

Für größere oder ungewöhnliche Ziele<br />

oder Rahmenbedingungen (Winterbegehung,<br />

unsicheres Wetter etc.) und auf<br />

jeden Fall für Führungstouren ist eine<br />

gründliche Taktik-Planung dringend zu<br />

empfehlen.<br />

Taktik ist laut Trainingslehre einer der<br />

„leistungsbestimmenden Faktoren“ - im<br />

<strong>Eis</strong> oft mitentscheidend. Und auch Taktik<br />

lässt sich trainieren: durch bewusste,<br />

systematische Planung vor jeder<br />

Tour, aber auch durch Analyse von<br />

Erfolgen (und vor allem Fehlern) Anderer.<br />

METHODE<br />

Taktische Planung ist eine sehr komplexe<br />

Aufgabe. Nahezu alle Elemente<br />

der Theorie (Wetter, Orientierung, Alpine<br />

Gefahren) und der Praxis (persönliches<br />

Können, Sicherungstechnik) spielen<br />

zusammen. Vor allem beim theoretischen<br />

Unterricht kann immer auf die<br />

taktische Bedeutung bestimmter Phänomene<br />

(z.B. Wärmegewitter, Seracbruch<br />

usw.) hingewiesen werden.<br />

Ein spezieller Unterricht in Taktik wäre<br />

wegen seiner Komplexität sehr anspruchsvoll<br />

und ohne konkretes Bei-<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

7. Taktik in Schnee und <strong>Eis</strong> im Alpinen Gelände<br />

7. Taktik in Schnee und <strong>Eis</strong> im alpinen Gelände<br />

spiel etwas blutleer. Eine Diashow über<br />

verschiedene Touren, bei der die Taktik<br />

erläutert wird, kann das interessanter<br />

machen.<br />

Günstig dürfte sein, taktische Überlegungen<br />

jedes Mal bei der Tourenplanung<br />

sehr explizit durchzusprechen -<br />

sowohl auf Führungstouren, vor allem<br />

aber auch bei Kursen.<br />

7.1<br />

Generelle Prinzipien<br />

7.1.1<br />

Risiko-Dreischritt<br />

Vernünftiges Risikomanagement verläuft<br />

in drei Schritten: Gefahrenpotenziale<br />

wahrnehmen - bewerten - entscheiden.<br />

Wahrnehmen: Dazu gehören theoretisches<br />

Wissen (z.B. Lawinenkunde) und<br />

aktuell gesammelte Informationen. Das<br />

Wahrnehmungsfenster wird beim ersten<br />

Gedanken an die Tour geöffnet und<br />

bleibt bis zur Heimkehr offen; alle verfügbaren<br />

Informationen werden aufgesaugt<br />

und mit dem theoretischen Background<br />

kombiniert.<br />

Bewerten: Wie gefährlich ist die Situation<br />

für mich? Einschätzen, wie groß<br />

z.B. die Gefahr durch Erwärmung ist<br />

oder wie schwer bei der aktuellen Ausaperung<br />

die Schlüsselstelle sein dürfte;<br />

Vergleich mit den „Gegenmitteln“, die<br />

man zur Verfügung hat, z.B. Können,<br />

Ausrüstung, mögliche taktische Maßnahmen.<br />

Entscheiden: Dabei spielen Kopf und<br />

Herz eine Rolle. Wie sieht das Ergebnis<br />

der Bewertung aus, die Relation von<br />

Gefahr zu Chance, das zu akzeptierende<br />

Risiko? (z.B. Annapurna: statistische<br />

29


30<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

7. Taktik in Schnee und <strong>Eis</strong> im Alpinen Gelände<br />

Mortalität rund 50%.) Will ich dieses<br />

Risiko akzeptieren? Wieviel ist mir (und<br />

den Seilpartnern, der geführten Gruppe)<br />

der Gipfel-/Tourenerfolg wert? Gibt<br />

es attraktive Alternativen mit geringerem<br />

Risiko?<br />

Risikoabwägung<br />

7.1.2<br />

Zeitperspektive<br />

Wie von Werner Munter im Schema 3x3<br />

dargestellt, erfolgt jede Planung, auch<br />

die der Taktik, in drei Stufen mit unterschiedlicher<br />

Zeitperspektive und Informationslage:<br />

zu Hause (regional),<br />

direkt vor der Tour (lokal), auf Tour<br />

(zonal).<br />

regionale Planung zu Hause: Die generellen<br />

Rahmenbedingungen werden<br />

festgestellt; Informationsmittel: Literatur,<br />

Wetter- (evtl. Lawinenlage-) bericht,<br />

Internetforen, persönliche Information;<br />

zwei mögliche Wege: zu den gegebenen<br />

Verhältnissen eine passende<br />

Wunschtour suchen; oder für die<br />

Wunschtour auf die richtigen Verhältnisse<br />

warten. Dagegen häufige Realität:<br />

eine bestimmte Tour ist für einen festen<br />

Termin ausgeschrieben dann die<br />

Fragen: Geht es jetzt wirklich? Welche<br />

Alternativen können wir mitplanen?<br />

lokale Planung vor Ort: Die gesammelten<br />

Infos werden vor Ort überprüft:<br />

Augenschein (Fernglas), Auskunft anderer<br />

Bergsteiger (Achtung auf Prahloder<br />

Chaotenfaktor!), Einträge in Hütten-/Routenbuch;<br />

gut, wenn man ein<br />

Alternativziel (und passende Ausrüstung)<br />

in petto hat.<br />

zonale Planung auf Tour: Auf Tour<br />

zeigt sich, ob man Gegebenheiten<br />

(Schwierigkeit, Verhältnisse, Gefahren)<br />

und eigene Verfassung (Können, Kondition,<br />

Psyche) richtig abgewogen hat.<br />

Wer in Szenarien gedacht und Kontrollinstanzen<br />

(z.B. Zeitplan) eingebaut hat<br />

und zu flexibler Änderung (inklusive<br />

möglichem Abbruch) bereit ist, kann<br />

jetzt noch vermeiden, ins Chaos zu laufen<br />

- was mit Gruppen allerhöchste<br />

Priorität haben muss.<br />

7.1.3<br />

Beurteilungskriterien<br />

Wieder kann man sich am 3x3-Schema<br />

anlehnen und die zu beobachtenden<br />

Faktoren in die Gruppen „Gelände“,<br />

„Verhältnisse“, „Mensch“ einteilen.<br />

Dabei sind die Naturgegebenheiten<br />

„Gelände“ und „Verhältnisse“ tendenziell<br />

die Aufgaben, die sich stellen,<br />

während im Faktor „Mensch“ die Fähigkeiten<br />

und Maßnahmen zusammengefasst<br />

werden können, die zur Bewältigung<br />

der Aufgabe bereit stehen (Können,<br />

Sicherungstechnik und -taktik,<br />

Tempogestaltung). Nicht übersehen<br />

werden sollte, dass der Faktor Mensch<br />

auch selbst zur Gefahr werden kann<br />

(Erschöpfung, Übermotivation, Gefahrenignoranz).<br />

Gelände: unabänderliche Konstanten,<br />

die Karte und Führer verraten: Höhe<br />

(absolut und Höhenunterschied), Steilheit,<br />

Schwierigkeit, Sicherungsmöglichkeiten,<br />

Standard-Zeitbedarf, Übernachtungs-<br />

bzw. Biwakmöglichkeiten, Vari-


anten. Vorsicht: Die Verhältnisse (s.u.)<br />

können diese Faktoren ändern!<br />

Verhältnisse: beeinflussen den aktuellen<br />

Zustand der obigen Konstanten und die<br />

möglichen Rahmenbedingungen für die<br />

Tour: Jahreszeit, Tageslänge, <strong>Eis</strong>zustand/Ausaperung,<br />

variable Gefahren<br />

(Spalten, Seracs, Wärme/Kälte etc.)<br />

Mensch: Beurteilung jedes Tourenteilnehmers<br />

(bei Gruppen evtl. schwierig) -<br />

körperliche Faktoren: Bewegungstechnik,<br />

Sicherungstechnik, Kondition,<br />

Gesundheitszustand und psychische<br />

Faktoren: „Erfahrung“ (Touren und Tak-<br />

Flexible Tourenplanung<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

7. Taktik in Schnee und <strong>Eis</strong> im Alpinen Gelände<br />

tik), Risikobereitschaft, Mut, Motivation,<br />

Rationalität/Hysterie, „wie bin ich<br />

drauf?“, dazu Ausrüstung: Besitz, Qualität,<br />

Pflegezustand, Gewicht und<br />

Übung im Umgang damit.<br />

7.1.4<br />

Flexible Planung<br />

Nach Erfassung und Analyse der Punkte<br />

im 3x3-Schema kann man verschiedene<br />

taktische Vorgehensweisen entwickeln,<br />

mit Alternativlösungen für die<br />

Tour, für Varianten oder Ersatzziele. Oft<br />

lässt sich die günstigste Lösung leicht<br />

erkennen; manchmal kann man die<br />

Wahl zwischen möglichen Alternativen<br />

auch offen lassen und von Gegebenheiten<br />

(oder der Stimmungslage: „soft<br />

go“/„hard way“) auf der Tour abhängig<br />

machen.<br />

Das Denken in Szenarien macht die<br />

Taktik-Planung klarer: Für die strategischen<br />

Schlüsselpassagen der Tour wird<br />

überlegt, wie die Verhältnisse wohl<br />

sein werden, aber auch sein könnten.<br />

Zu den denkbaren Möglichkeiten wird<br />

das angemessene Verhalten besprochen.<br />

Wenn dabei leichtere Varianten<br />

oder Rückzug als reale Option eingeplant<br />

werden, fällt es auf Tour leichter,<br />

diese (meist weniger attraktive) Entscheidung<br />

auch wirklich umzusetzen.<br />

Ein klarer Zeitplan hilft als Kontrollinstanz.<br />

Dabei können Toleranzzeiten eingeplant<br />

werden, doch sollten auch<br />

Umkehrbedingungen definiert werden.<br />

Eine gewisse Sicherheitsreserve (zur<br />

Dunkelheit oder zu angekündigter Wetterverschlechterung)<br />

sollte vor allem<br />

bei Gruppenführungen bestehen.<br />

Mit Senioren oder Risikopersonen kann<br />

beispielsweise auch die Herzfrequenz<br />

als Steuerungsinstrument eingesetzt<br />

werden. Also immer mal wieder Puls<br />

messen und Tempo so anpassen, dass<br />

der Puls nicht über 120/130 steigt.<br />

31


32<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

7. Taktik in Schnee und <strong>Eis</strong> im Alpinen Gelände<br />

7.2<br />

Materialbereitstellung<br />

7.2.1<br />

Materialbereitstellung<br />

auf Gletschern<br />

ZIEL<br />

Sinnvoll griffbereite Verwahrung des<br />

nötigen Materials ohne Behinderung<br />

beim Gehen und Klettern<br />

Für das wenig umfangreiche Material,<br />

das auf Gletschern mitgeführt werden<br />

muss, reicht evtl. ein superleichter<br />

Hüftgurt mit nur zwei Materialschlaufen.<br />

Wer auf den Brustgurt verzichtet (siehe<br />

auch Sicherungstaktik) kann leichter<br />

die Oberkörperbekleidung wechseln zur<br />

Temperaturregulation.<br />

Seilpuppen am Seilende kommen am<br />

besten unter die Rucksack-Deckelklappe<br />

oder an einen Seitenriemen mit<br />

Schnellverschluss (Skibefestigung).<br />

Prusikschlingen mehrfach zusammenfalten<br />

und mit Sackstich verknotet oder<br />

mit Seilpuppen-Methode am Karabiner<br />

in der Materialschlaufe verwahren; evtl.<br />

auch offen in gut erreichbarer Tasche<br />

Ein weiterer Karabiner fasst eine <strong>Eis</strong>schraube<br />

und evtl. eine Seilrolle.<br />

Eine Bandschlinge für den T-Anker<br />

kann entweder in einer Jackentasche<br />

stecken oder doppelt über die Schulter<br />

gelegt werden. Ganz schnell wird sie<br />

frei, wenn man sie im Ring um die<br />

Schulter legt und mit einem Karabiner<br />

zum Kreis schließt (s. Abb. nächste<br />

Seite).<br />

METHODE<br />

Erklärung der Ziele, ausprobieren lassen;<br />

an ungünstigen Beispielen können Verbesserungsmöglichkeiten<br />

gezeigt werden.<br />

SPIELFORM<br />

Ein Spaltenbergungs-Wettbewerb (an<br />

einer fiktiven Spalte) bringt Klarheit, wo<br />

das Material am schnellsten griffbereit<br />

ist.<br />

7.2.2<br />

Materialbereitstellung<br />

im steilen <strong>Eis</strong><br />

ZIEL<br />

Schneller Zugriff auf die wichtigsten<br />

Sicherungsmittel, gut erreichbare Verwahrung<br />

der weniger häufig gebrauchten<br />

Teile, ohne Behinderung für Bewegung<br />

und Überblick<br />

Für anspruchsvolleres Gelände ist ein<br />

Hüftgurt mit vier Materialschlaufen<br />

empfehlenswert, um alles benötigte<br />

Material unterzubringen.<br />

Ein Rack (Schulterschlinge) kann in<br />

extrem schweren kombinierten Routen<br />

umfangreiche Felssicherungsmittel<br />

(Friends) übersichtlich verstauen helfen.<br />

<strong>Eis</strong>schrauben sollen einhändig greifbar<br />

sein. Günstig dafür sind Köcher oder<br />

Clipbügel am Gurt; mit etwas Übung


kann man Schrauben auch aus günstig<br />

geformten Karabinern aushängen; möglichst<br />

nur eine Schraube pro Karabiner<br />

Schrauben beidseits am Gurt bereitstellen;<br />

spezielle Schrauben (extrem kurz<br />

oder lang, weniger scharf) weiter hinten<br />

platzieren<br />

Bandschlingen über die Schulter, lange<br />

Schlingen idealerweise mit Karabiner<br />

zum Ring geschlossen<br />

Nicht aktuell benötigtes Material<br />

(Abalakow-Fädler, Rückzugsmaterial,<br />

Optimale Aufbewahrung langer Bandschlingen<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

7. Taktik in Schnee und <strong>Eis</strong> im Alpinen Gelände<br />

Felsmaterial) wartet am besten im<br />

Rucksack oder zumindest hinten am<br />

Gurt auf seinen Einsatz.<br />

METHODE<br />

Persönliche Vorlieben bringen unterschiedliche<br />

Lösungen; evtl. Vorstellung<br />

verschiedener Systeme und Diskussion<br />

der Vor- und Nachteile; Ausprobieren des<br />

für jeden Teilnehmer günstigsten Systems<br />

vor dem ersten Vorstiegsversuch.<br />

33


34<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

8. Kurskonzepte<br />

8. Kurskonzepte<br />

GENERELLES<br />

Nicht zu viel Inhalte einplanen, Programm<br />

möglichst flexibel den Bedingungen<br />

anpassen<br />

Planungsschema für Inhalte: Vormittag,<br />

Nachmittag, Abend; abendliche Theorie<br />

nicht zu lange ausdehnen<br />

Durch Nutzung „verlängerter Wochenenden“<br />

können mit 3-4tägigen, aufeinander<br />

aufbauenden Kursen aufwändige<br />

Wochenaufenthalte vermieden werden.<br />

Flexibilität ist dabei geringer.<br />

8.1<br />

Grundkurs, 1 Woche<br />

ZIEL<br />

Durchführung leichter Gletschertouren,<br />

möglichst auch selbstständig.<br />

INHALT<br />

Gehen und Abfahren im Firn<br />

Stufenreißen im Firn<br />

Bremsen von Stürzen im Firn<br />

Fixpunkte im Firn<br />

Elementarstufe <strong>Eis</strong> (VZT, FZT, Pickel)<br />

Stufenschlagen im <strong>Eis</strong><br />

Fixpunkte im <strong>Eis</strong><br />

Anseilen, Taktik und Materialbereitstellung<br />

am Gletscher<br />

Spaltenbergung mit Loser Rolle und<br />

Mannschaftszug<br />

Halbmastwurfsicherung<br />

Begehen von Fixseil und Seilgeländer<br />

Theoriethemen: Tourenplanung, Wetterkunde,<br />

Orientierung, Materialkunde.<br />

METHODE<br />

Soweit möglich Inhalte in Touren integrieren<br />

Für die <strong>Eis</strong>-Schulung sollte ein Tag im<br />

Gletscherbruch eingeplant werden.<br />

Tourenplanung möglichst selbstständig<br />

durchführen lassen.<br />

8.2<br />

Fortgeschrittenenkurs, 1 Woche<br />

ZIEL<br />

Begehung anspruchsvoller <strong>Hochtouren</strong><br />

und mittelsteiler klassischer Firn- und <strong>Eis</strong>flanken<br />

selbstständig und sicher.<br />

INHALT<br />

Grundstufe <strong>Eis</strong>, VZT, FZT, Pickeltechniken<br />

intensives Training VZT (Spielformen)<br />

sichere FZT im persönlichen Grenzbereich<br />

(Toprope)<br />

ökonomische Technikanwendung,<br />

Mischtechnik<br />

Fixpunkte und Standplatzbereitung im<br />

<strong>Eis</strong><br />

Anseilen und Materialbereitstellung,<br />

Seilschaft in Aktion<br />

Vorsteigen in mittelsteilem <strong>Eis</strong> (bis 60°)<br />

Organisation von Spaltenbergung mit<br />

Loser Rolle, Selbstrettung mit Prusik<br />

und Selbstflaschenzug<br />

evtl. Sichern und Bewegen in Fels und<br />

kombiniertem Gelände<br />

Theoriethemen: Tourenplanung, Taktik,<br />

Wetterkunde, Sommerlawinen, Orientierung,<br />

Materialkunde.


METHODE<br />

Möglichst viel selbstständige Tourenund<br />

Taktikplanung, eigenständige Entscheidungen<br />

fördern<br />

Anwendung des Gelernten in kurzen<br />

<strong>Eis</strong>flanken, evtl. auch auf kombinierten<br />

<strong>Hochtouren</strong>.<br />

8.3<br />

Kurs Sicherheit im Firn,<br />

1 - 2 Tage<br />

ZIEL<br />

Sicheres Gehen im Firngelände, vor allem<br />

zur Teilnahme an geführten Touren.<br />

INHALT<br />

Gehen im Firn<br />

Stufenreißen im Firn<br />

Bremsen im Firn<br />

Fixpunkte im Firn<br />

evtl. Halte- und Sicherungsübungen<br />

evtl. Begehen von Fixseilen<br />

evtl. Anseilen am Gletscher und Spaltenbergung<br />

mit Loser Rolle.<br />

8.4<br />

Kurs Sicherheit im <strong>Eis</strong>,<br />

1 - 2 Tage<br />

ZIEL<br />

Sicheres Gehen im <strong>Eis</strong>, vor allem zur Teilnahme<br />

an geführten Touren.<br />

INHALT<br />

Gehen auf rauem <strong>Eis</strong> ohne Steigeisen<br />

Elementarstufe <strong>Eis</strong>, VZT, FZT, Pickeltechniken<br />

Stufen schlagen im <strong>Eis</strong><br />

Fixpunkte im <strong>Eis</strong><br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

8. Kurskonzepte<br />

<strong>Eis</strong>parcours oder Durchsteigung eines<br />

<strong>Eis</strong>bruchs, evtl. mit Fixseilen<br />

evtl. Anseilen am Gletscher und Spaltenbergung<br />

mit Loser Rolle<br />

evtl. Begehen von Fixseilen.<br />

35


36<br />

<strong>Hochtouren</strong><br />

8. Kurskonzepte<br />

8.5<br />

Einsteigerkurs Firn und <strong>Eis</strong>,<br />

3 - 4 Tage<br />

ZIEL<br />

Sicheres Gehen in Firn und <strong>Eis</strong>, vor allem<br />

zur Teilnahme an geführten<br />

Touren.<br />

INHALT<br />

Inhalte „Sicherheit im Firn“<br />

Inhalte „Sicherheit im <strong>Eis</strong>“<br />

möglichst eine Tour zur Anwendung<br />

des Gelernten.<br />

8.6<br />

Aufbaukurs <strong>Eis</strong>, 3 - 4 Tage<br />

ZIEL<br />

Training und Ausbildung zum selbstständigen<br />

Begehen mittelsteilen <strong>Eis</strong>geländes.<br />

INHALT<br />

Wiederholung Elementarstufe <strong>Eis</strong><br />

intensives VZT-Training bis zur Grenz-<br />

Erfahrung (Spielformen)<br />

Grundstufe <strong>Eis</strong>, FZT und Pickeltechniken<br />

Fixpunkte und Standplatzbau<br />

Sicherungstechnik und -taktik für<br />

mittelsteile <strong>Eis</strong>flanken<br />

Tourenplanung und Taktik<br />

Anwendung auf einer Tour.<br />

8.7<br />

Spaltenbergungskurs,<br />

1 - 2 Tage<br />

KURSZIEL<br />

Ausbildung und Training der Spaltenbergungstechniken<br />

für selbstständige Bergsteiger.<br />

KURSINHALTE<br />

Anseilen am Gletscher in verschiedenen<br />

Seilschaften<br />

Fixpunkte in Firn und <strong>Eis</strong><br />

Taktik: Begehen von Gletschern<br />

Lose Rolle, Mannschaftszug<br />

Selbstrettung mit Prusik und Selbstflaschenzug.


<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten,<br />

(moderne <strong>Eis</strong>techniken)<br />

EINLEITUNG<br />

Allgemeine methodische Tipps<br />

Wasserfalleisklettern hat sich in den letzten<br />

Jahren zu einer „Modespielform“ des<br />

„extremen“ Bergsteigens entwickelt.<br />

Dabei sollte man eines nicht außer Acht<br />

lassen: Es birgt sehr viele Gefahren und<br />

ein hohes Verletzungsrisiko. Deshalb sind<br />

übertriebene Spiele und Spielformen hier<br />

ungeeignet, da selbst im Toprope noch<br />

ein erhebliches Verletzungsrisiko besteht.<br />

Dies gilt im Besonderen für technisch<br />

Ungeübte (selbst ausgelöster <strong>Eis</strong>schlag!).<br />

Genauere Technikbeschreibungen und<br />

bebilderte Darstellungen der Bewegungstechniken<br />

werden im Alpinlehrplan Band<br />

3 gegeben.<br />

METHODE<br />

Standards<br />

Diese Punkte müssen bei jeder Ausbildung<br />

im Steileis berücksichtigt werden:<br />

Geländegefahren: genaue Beobachtung<br />

und Einschätzung des Geländes auf<br />

Lawinen (auch Einzugsgebiete berücksichtigen),<br />

<strong>Eis</strong>schlaggefahr (Zapfen,<br />

durch Begehung weggeschlagenes <strong>Eis</strong>),<br />

Einfluss von Wärme und Kälte. Ausführliche<br />

Tipps zu Gefahren siehe Abschnitt<br />

5.5, „Allgemeine taktische Maßnahmen“.<br />

Naturschutz im Zu- und Abstieg: Störungen<br />

der winterlichen Lebensräume<br />

so gering wie möglich halten, Vegetationsschäden<br />

vermeiden (s. Kap.<br />

„Umweltbildung“).<br />

Organisation: für Boulderübungen<br />

Absprunghöhe und Landezone kritisch<br />

beurteilen - Verletzungsgefahr durch<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

Allgemeines<br />

Umknicken, Verhängen mit Zacken, Kollision<br />

mit Anderen; ideal: ebene<br />

Schneefläche; Teilnehmer sollten nie<br />

unter Kletternden stehen; Sicherheitsabstand<br />

zur Wand<br />

Geräte: verletzungsgefährliche Teile<br />

(Dorn, Schaufel, Hammerkopf) entfernen<br />

bzw. abtapen (Isomatte); klettern<br />

mit Handschlaufe (<strong>Eis</strong>gerät kann den<br />

Kletternden verletzen) oder ohne (<strong>Eis</strong>gerät<br />

kann das „Bodenpersonal“ treffen),<br />

bewusst entscheiden.<br />

Intensität: entscheidend für guten Lernerfolg<br />

ist möglichst hohe Übungsintensität<br />

(aber: Pausenbedarf respektieren);<br />

statt ermüdender langer Passagen lieber<br />

kurze Übungspassagen definieren<br />

und auf gute Bewegungsqualität achten.<br />

Methode: für komplexe Techniken ist<br />

meist die lehrerzentrierte Methode günstiger:<br />

Demonstration und Nachmachen<br />

an definierten Stellen; oft kann man<br />

zuerst in Boulderhöhe üben, dann das<br />

Gelernte im Toprope anwenden.<br />

Optionen<br />

Viele Übungsmethoden und Spielformen<br />

wiederholen sich. Sie sind deshalb<br />

hier gesammelt; bei den Technikformen<br />

wird nur per Stichwort darauf verwiesen.<br />

Boulder definieren: Vorgeben bestimmter<br />

Bewegungsaufgaben durch Markierung<br />

mit Farbe (Vorsicht Ökologie und<br />

Ästhetik! Lebensmittelfarbe! Beim Gehen<br />

entfernen!), Nägel mit Zielscheibe;<br />

Schnee oder Tape, durch Zeigen (Stock,<br />

Laserpointer) oder durch Anritzen<br />

Griffe/Tritte vorgeben: durch Einschlagen<br />

mehrerer Geräte (und daran entlang<br />

klettern), schaffen von Hook-<br />

37


38<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

Allgemeines<br />

Löchern, modellieren von Trittkerben<br />

oder Handgriffen (ohne Geräte zu benutzen);<br />

das definiert und erleichtert<br />

die Bewegungen.<br />

Materialverzicht: Klettern ohne Handgeräte<br />

(oder mit nur einem) schult Gleichgewicht<br />

und Bewegungsgefühl; Verzicht<br />

auf Steigeisen ist meist weniger sinnvoll,<br />

da die solide Grundhaltung aus<br />

den Füßen aufgebaut sein soll.<br />

Tiefstapeln: Wer schafft eine definierte<br />

Stelle oder Strecke mit den wenigsten<br />

Geräteplatzierungen (schult Kraft,<br />

Reichweitenausnutzung, Handwechsel-<br />

Kreativität) oder mit den wenigsten<br />

Schlägen pro Platzierung (schult<br />

Schlagvorbereitung und Präzision). Bei<br />

Strecken mit vorplatzierten Geräten:<br />

Wer schafft es ohne Handwechsel, wer<br />

kann ein Gerät auslassen?


ZIEL<br />

Der Schüler soll sinnvolle und kraftsparende<br />

Techniken zur Fortbewegung im<br />

steilen Wasserfalleis erlernen.<br />

1.1<br />

Setzen der Steigeisen<br />

(Einschlagen und Antreten)<br />

ZIEL<br />

Dieser Schulungsinhalt ist besonders<br />

wichtig und sollte sehr ausführlich behandelt<br />

werden, da hier der Grundstock für<br />

eine gute Fußtechnik gelegt wird.<br />

INHALT<br />

Die Frontalzacken (FZ) werden locker<br />

aus dem Knie heraus (Pendelschwung)<br />

in das <strong>Eis</strong> geschlagen (keine rohe Gewalt,<br />

sondern gefühlvolles Antreten).<br />

Bei „normaler“ <strong>Eis</strong>qualität reicht ein<br />

einmaliges Einschlagen völlig aus.<br />

Mehrfaches Nachschlagen hingegen verbessert<br />

die Trittsituation meistens nicht.<br />

Der KPS befindet sich immer senkrecht<br />

über dem Standbein.<br />

Beim Wasserfalleisklettern sind sehr oft<br />

dem Sportklettern verwandte Fußtechniken<br />

gefragt. Durch das meist große strukturelle<br />

Angebot von natürlichen Tritten<br />

sollten diese auch genutzt werden, um<br />

somit Kraft und Nerven zu schonen. Oft<br />

werden dabei die scharfen Steigeisen nur<br />

auf Tritte aufgesetzt und nicht eingeschlagen;<br />

auch kann man sich, mit entsprechend<br />

angeordneten Vertikalzacken,<br />

an den Tritt heranziehen.<br />

Ein Fersendorn (Heelhook) erlaubt es zudem,<br />

das Gleichgewicht durch Hooken zu<br />

stabilisieren.<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

1. Steigeisen- und Gerätetechnik im Wasserfalleis<br />

1. Steigeisen- und Gerätetechnik im Wasserfalleis<br />

Unter sehr schwierigen Bedingungen, z.B.<br />

sehr röhrigem <strong>Eis</strong>, ist ein gefühlvolles<br />

und präzises Antreten der einzige Weg<br />

zum Erfolg.<br />

Das Klettern ohne Geräte kann manchmal<br />

sinnvoll sein<br />

GELÄNDE<br />

Topropestationen von 60° bis 90°<br />

wenn möglich, sehr strukturiertes <strong>Eis</strong>.<br />

METHODE<br />

Pendelschlag üben, Ferse mal weit<br />

hängen lassen, mal weit hochziehen<br />

(häufige Fehlerquelle: die Schuhspitze<br />

schlägt zuerst an); diese Übung kann<br />

auch an kleinen Steilstufen, direkt über<br />

dem Boden, durchgeführt werden.<br />

39


40<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

1. Steigeisen- und Gerätetechnik im Wasserfalleis<br />

Klettern im Toprope ohne Handgeräte;<br />

die Teilnehmer werden dabei automatisch<br />

bewusst antreten und durch Ziehen,<br />

Stützen usw. ihr Gleichgewicht<br />

stabilisieren.<br />

Klettern im Toprope, ohne Handgeräte,<br />

mit Bewegungsvorgaben, z.B. nur<br />

Antreten, die Steigeisen nicht einschlagen<br />

und umgekehrt; kleine Schritte,<br />

große Schritte, nur spreizen und stützen<br />

(geeignetes Gelände vorausgesetzt),<br />

eindrehen, aufhocken usw.,<br />

sämtliche Spielformen sind denkbar.<br />

Klettern im senkrechten Gelände mit<br />

einem Handgerät im Toprope; Vorsicht<br />

<strong>Eis</strong>schlaggefahr!<br />

1.2<br />

Setzen der <strong>Eis</strong>geräte<br />

(Schlagen und Hooken)<br />

ZIEL<br />

Der Schüler soll hierbei eine solide<br />

Schlag- und Hooktechnik mit seinen <strong>Eis</strong>geräten<br />

erlernen.<br />

Praxistipp<br />

Ohne Handschlaufen, geeignete Schaft-<br />

Ergonomie vorausgesetzt, fällt es selbst<br />

Anfängern leichter, mit den <strong>Eis</strong>geräten<br />

umzugehen. Darüber hinaus kann man<br />

auch variantenreicher klettern, z.B. die<br />

Hände im <strong>Eis</strong> benützen (siehe auch<br />

Abschnitt 5 „Taktik“).<br />

INHALT<br />

Das <strong>Eis</strong>gerät wird zum Schlagen knapp<br />

über dem Schaftende angefasst.<br />

Der Schlag selber wird, je nach Hauenform<br />

und Gerätetyp, aus dem Ellenbogen-<br />

sowie dem Handgelenk ausgeführt.<br />

Die Geräte- und Hauenvielfalt ist<br />

inzwischen derartig groß, dass hier gilt:<br />

Probieren geht über Studieren.<br />

Der Schaft wird in dem Moment, in<br />

dem die Haue in das <strong>Eis</strong> eindringt, fest<br />

umfasst, damit eine gute Führung<br />

gewährleistet ist. Dabei sollte die Haue<br />

nicht zu fest eingeschlagen werden, da<br />

sie, bei gut beißenden Geräten, sonst<br />

nur schwierig wieder zu lösen ist.<br />

Das <strong>Eis</strong>gerät wird nach dem Setzen<br />

immer in Schaftrichtung belastet, um<br />

ein Drehmoment an der Haue zu vermeiden.<br />

Vor jedem Schlag ist eine geeignete<br />

Stelle, z.B. Vertiefungen, Risse, bestehende<br />

Schlaglöcher, auszuwählen. Der<br />

Schlag sollte dann präzise diese Stelle<br />

mit der Hauenspitze treffen.<br />

Auf keinen Fall sollte auf Buckel, Kanten<br />

oder andere Vorsprünge gezielt werden,<br />

da das fast immer zu größeren<br />

<strong>Eis</strong>ablösungen führt. Ein dumpfes<br />

Schlaggeräusch oder größere Risse um<br />

die Haue deuten auf morsches <strong>Eis</strong> hin.<br />

Diese morsche Schicht sollte mit gezielten<br />

Schlägen entfernt werden, um die<br />

Haltekraft der Haue vernünftig einschätzen<br />

zu können.<br />

Es kann aber im Wasserfalleis durchaus<br />

auch einmal vorkommen, dass die <strong>Eis</strong>oberfläche<br />

ein sicheres Einschlagen der<br />

<strong>Eis</strong>geräte nicht mehr ermöglicht. Hierbei<br />

kann es entweder ratsam sein, das<br />

„schlechte“ <strong>Eis</strong> zu entfernen (abschlagen),<br />

oder die Geräte vorsichtig zwischen<br />

den <strong>Eis</strong>zapfen einzuhängen<br />

(Hooken). In häufig begangenen Wasserfällen<br />

kann man sich bequem von<br />

einem alten Schlagloch zum nächsten<br />

hooken.<br />

Das Hooken erfordert, vor allem im<br />

Vorstieg, große Erfahrung mit dieser<br />

Technik. Dabei ist besonders darauf zu<br />

achten, dass die <strong>Eis</strong>geräte stetig nach<br />

unten belastet werden. Zugbelastungen<br />

nach außen oder sogar nach oben führen<br />

meist zum plötzlichen Ausbruch<br />

des Geräts.


Um sich an dünnen <strong>Eis</strong>glasuren fortzubewegen,<br />

muss man sich so genannte<br />

Hook-Löcher durch leichtes „Pecken“<br />

oder „Kratzen“ an der <strong>Eis</strong>oberfläche<br />

schaffen. In diese kleinen Löcher werden<br />

die Hauen einfach eingehängt und<br />

durch stetiges Ziehen nach unten belastet.<br />

Diese Technik sei jedem erst einmal<br />

ausführlich im Toprope nahegelegt.<br />

GELÄNDE<br />

Topropestationen von 60° bis 90°.<br />

METHODE<br />

Intensiv ausprobieren lassen<br />

Übungen zum genauen Zielen mit den<br />

<strong>Eis</strong>geräten, z.B. die Einschlagstelle vorher<br />

mit der Haue anritzen<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

1. Steigeisen- und Gerätetechnik im Wasserfalleis<br />

Alle aus dem Gefahrenbereich. Vernünftiges Materialdepot<br />

die Geräte in verschiedenartige <strong>Eis</strong>strukturen<br />

setzen, um ein Gefühl für<br />

die „richtigen“ Stellen zu erhalten, an<br />

denen die Haue am wenigsten sprengt<br />

Das Schlagen von Tritten kann hilfreich<br />

sein.<br />

Stellen von Aufgaben wie z.B. ausschließlich<br />

die Geräte einschlagen, oder<br />

nur hooken<br />

Vorsicht! Durch die Sprengwirkung der<br />

Hauen und die beim Anfänger noch<br />

unausgereifte Schlagtechnik ist hier<br />

eine hohe Verletzungsgefahr durch <strong>Eis</strong>schlag<br />

gegeben.<br />

41


42<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

1. Steigeisen- und Gerätetechnik im Wasserfalleis<br />

1.3<br />

Spreizen und Stützen<br />

ZIEL<br />

Das Erlernen dieser äußerst effektiven,<br />

sehr häufig anwendbaren Grundtechnik<br />

im Wasserfalleis.<br />

INHALT<br />

Gefrorene Wasserfälle bilden sehr häufig,<br />

auch in sehr steilem Gelände, rinnen-<br />

und verschneidungsartige Formen<br />

aus. Diese kann der <strong>Eis</strong>kletterer bei<br />

einer guten Routenführung hervorragend<br />

zum kraftsparenden Höhersteigen<br />

nutzen. Jede Ausgangsposition ist<br />

quasi zugleich eine Rastposition.<br />

Man spreizt und stützt sich abwechselnd<br />

höher. Hierbei ist das Klettern<br />

ohne Handschlaufen oftmals leichter,<br />

da man dann an beliebigen Stellen<br />

stützen kann.<br />

Die <strong>Eis</strong>geräte werden abwechselnd im<br />

Rinnen- bzw. Verschneidungsgrund<br />

gesetzt, da dort die Sprengwirkung der<br />

Hauen am geringsten ist.<br />

GELÄNDE<br />

Rinnen-, kamin- oder verschneidungsartig<br />

gewachsene <strong>Eis</strong>strukturen.<br />

METHODE<br />

Im Toprope oder an Boulderstellen<br />

Schlagen von Tritten und Stützgriffen,<br />

Klettern ohne Handgeräte.<br />

1.4<br />

Die Dreieckstechnik<br />

1.4.1<br />

Dreieckstechnik Grundform<br />

(Vergleiche Abschnitt 5.2.2 <strong>Eis</strong><br />

Teil I)<br />

1.4.2<br />

Setzen von <strong>Eis</strong>schrauben<br />

aus der stabilen Dreiecksposition<br />

ZIEL<br />

Der Schüler soll die kraftsparendste Freikletter-Methode<br />

zum Setzen einer <strong>Eis</strong>schraube<br />

erlernen. Dazu eignet sich die<br />

stabile Dreiecksposition am besten.<br />

INHALT<br />

Der Körper befindet sich in der Grundstellung<br />

der stabilen Dreiecksposition.<br />

Der Haltearm ist gestreckt oder minimal<br />

gebeugt, um Kraft zu sparen.<br />

Mit dem zweiten Gerät wird nun eventuell<br />

sprödes <strong>Eis</strong> entfernt und eine einigermaßen<br />

glatte <strong>Eis</strong>oberfläche geschaffen.<br />

Idealerweise klettert man vorausschauend<br />

und erkennt gute Platzierungsmöglichkeiten<br />

schon im voraus.<br />

Das zweite <strong>Eis</strong>gerät wird etwas tiefer<br />

neben das andere platziert. Die Hand<br />

wird aus der Schlaufe genommen. Clever:<br />

provisorische Zwischensicherung<br />

an Expressschlinge in diesem Gerät (in<br />

Loch am Schaftende)


Die <strong>Eis</strong>schraube wird in Hüfthöhe angesetzt<br />

und eingedreht. Auf dieser Höhe<br />

kann der größte Druck auf die Schraube<br />

ausgeübt werden.<br />

<strong>Eis</strong>schrauben werden am ökonomischsten<br />

auf Hüfthöhe gesetzt<br />

Falls provisorisch zwischengesichert<br />

wurde (s.o.), wird jetzt die Expressschlinge<br />

in die Schraube umgehängt.<br />

GELÄNDE<br />

60 - 90° steiles kompaktes <strong>Eis</strong>.<br />

METHODE<br />

Geübt wird in Bodennähe oder im<br />

Toprope.<br />

Idealerweise fängt man in weniger steilem<br />

Gelände an und steigert dann die<br />

Schwierigkeit bis ins senkrechte Gelände.<br />

Das Schraubensetzen sollte mit Links<br />

und Rechts beherrscht werden.<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

1. Steigeisen- und Gerätetechnik im Wasserfalleis<br />

1.4.3<br />

Dreieckstechnik mit Blockierstellung<br />

und Pendelbein<br />

ZIEL<br />

Der Schüler soll kraftsparende Technikformen<br />

zum Überwinden sehr steiler <strong>Eis</strong>passagen<br />

mit eingeschränktem Aktionsspielraum<br />

erlernen.<br />

INHALT<br />

Wenn es beim Blockieren in der<br />

Dreiecksposition zu schwierig oder<br />

unmöglich ist, beide Füße auf gleiche<br />

Höhe zu setzen, wird der Fuß auf der<br />

Seite des Haltearms nur zum Auspendeln<br />

und Halten des Gleichgewichts<br />

benutzt.<br />

Der Schwerpunkt liegt über dem Standbein<br />

und das Gleichgewicht wird durch<br />

die Achse Haltearm - Hüfte - Bein<br />

gehalten. Es ist darauf zu achten, dass<br />

das Steigeisen des Standbeins solide<br />

gesetzt wird.<br />

GELÄNDE<br />

Senkrechte Topropestation; evtl. auch<br />

eine kleine Säule.<br />

METHODE<br />

Griffe (Geräte setzen) und Tritte definieren<br />

zum Erzwingen der Blockierstellung<br />

Spielform: Topropestrecke mit möglichst<br />

wenig Geräteplatzierungen klettern.<br />

43


44<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

1. Steigeisen- und Gerätetechnik im Wasserfalleis<br />

1.4.4<br />

Dreieckstechnik mit Eindrehen<br />

des Oberkörpers<br />

ZIEL<br />

Der Schüler soll kraftsparende Technikformen<br />

zum Überwinden sehr steiler <strong>Eis</strong>passagen<br />

mit eingeschränktem Aktionsspielraum<br />

erlernen.<br />

INHALT<br />

Aus der Grundstellung in der Dreiecksposition<br />

steigt man in zwei Schritten in<br />

die Blockierstellung und dreht dabei<br />

den Oberkörper in Richtung Haltearm.<br />

Danach wird das zweite Gerät so hoch<br />

wie möglich gesetzt und in die neue<br />

Blockierstellung geklettert, dabei wird<br />

Schritt für Schritt der Oberkörper eingedreht.<br />

Es ist schwierig, in dieser eingedrehten<br />

Position nur auf den inneren oder<br />

äußeren Frontalzacken zu stehen. Das<br />

Setzen der <strong>Eis</strong>geräte kann ebenfalls<br />

Schwierigkeiten bereiten, da man mit<br />

der Schulter, die dicht am <strong>Eis</strong> ist, zum<br />

Schlag ausholen muss. Deshalb ist<br />

diese Technik nur in sehr schwierigem<br />

<strong>Eis</strong> effektiv, wo man nur leicht schlagen<br />

muss oder hookt.<br />

PRAXISTIPP<br />

Am besten bewährt sich in solchem Gelände<br />

eine Mischform aus den beiden<br />

letztgenannten Technikformen.<br />

GELÄNDE<br />

Senkrechte Topropestation; evtl. auch<br />

eine kleine Säule.<br />

METHODE<br />

Evtl. Vorübung zum Antreten mit<br />

Außen-/Innenkante<br />

Tritte und Hook-Löcher schlagen, Gerätestrecke<br />

schlagen<br />

Spielform „wenige Placements“.<br />

1.5<br />

Aufhocken (Froschtechnik) und<br />

Hooken mit dem Fersendorn<br />

1.5.1<br />

Aufhocken mit einem Bein<br />

ZIEL<br />

Eine Technikform erlernen, die stabile<br />

Ruhepositionen im senkrechten <strong>Eis</strong><br />

ermöglicht.<br />

INHALT<br />

Wassereis bildet sehr oft kleine Vorsprünge<br />

(Buckel oder Absätze); diese<br />

kann man vorteilhaft zum Aufhocken<br />

mit einem Bein verwenden.<br />

Ausgangsposition ist die Blockierstellung<br />

in der Dreiecksposition.<br />

Ein Fuß wird in Falllinie des Haltearms<br />

gesetzt, der zweite direkt unter das<br />

Becken, eventuell eben auf einen Vorsprung<br />

im <strong>Eis</strong> (Gesäß auf der Ferse,<br />

Vorsicht bei Fersendorn!). Die neue<br />

Grundstellung ist erreicht: ein Bein fast<br />

gestreckt zum Stabilisieren des Gleichgewichts,<br />

das zweite stark gebeugt,<br />

wobei man möglichst auf dem Fuß<br />

absitzt. Das Becken wird ans <strong>Eis</strong> gedrückt.<br />

Der Haltearm und das gegenüberliegende,<br />

gestreckte Bein liegen in<br />

einer Achse, der Pickelkopf befindet sich<br />

in Höhe des Gesichts (Blockierposition).


In dieser Position lässt sich auch in<br />

sehr steilem <strong>Eis</strong> eine <strong>Eis</strong>schraube kraftsparend<br />

anbringen. Zum Weitersteigen<br />

ist es meist einfacher, das angewinkelte<br />

Bein zuerst tiefer zu setzen.<br />

GELÄNDE<br />

Stark strukturierte <strong>Eis</strong>oberfläche<br />

80-90° (Absätze, Buckel).<br />

METHODE<br />

Nur im Toprope üben<br />

evtl. Tritte schlagen für Grobform-Übung.<br />

1.5.2<br />

Aufhocken mit beiden Beinen<br />

ZIEL<br />

Eine kraftsparende Möglichkeit zum<br />

Erklettern von Säulen erlernen.<br />

INHALT<br />

Ausgangsposition ist die Grundstellung<br />

des Aufhockens mit einem Bein.<br />

Die Hüfte wird über das gebeugte Bein<br />

geschoben, wodurch das gestreckte<br />

Bein entlastet wird.<br />

Der untere Fuß wird unter das Becken<br />

neben den oberen gesetzt. Der Körper<br />

befindet sich in der Froschstellung, das<br />

Gewicht lastet auf den Beinen, der Haltearm<br />

ist fast gestreckt.<br />

Mit gleichzeitigem Druck beider Beine<br />

steht man auf und befindet sich in der<br />

Blockierstellung. Das zweite Gerät wird<br />

nun höher gesetzt und man steigt mit<br />

zwei Schritten höher.<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

1. Steigeisen- und Gerätetechnik im Wasserfalleis<br />

GELÄNDE<br />

Säulen und Kanten 90°.<br />

METHODE<br />

siehe oben (1.5.1).<br />

1.5.3<br />

Hooken mit dem Fersendorn<br />

ZIEL<br />

Stabilisieren des Gleichgewichts, vor<br />

allem bei dünnen Säulenklettereien.<br />

INHALT<br />

Der Fersendorn des Steigeisens wird entweder<br />

in das <strong>Eis</strong> eingeschlagen oder in<br />

<strong>Eis</strong>formationen eingehakt (Hooken).<br />

Durch Gegenzug und Körperspannung<br />

wird der Körper fixiert und die Position<br />

stabilisiert.<br />

Besonders an Säulen ist das Hooken mit<br />

dem Fersendorn hilfreich<br />

45


46<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

1. Steigeisen- und Gerätetechnik im Wasserfalleis<br />

GELÄNDE<br />

Topropestation an einer Säule.<br />

METHODE<br />

Definition von Boulderaufgaben (Quergänge,<br />

offene Türen)<br />

„Wer kommt rauf?“ an schweren Boulderstellen<br />

(Toprope)<br />

Spielform „wenige Placements“, „wer<br />

findet die meisten Hooks?“<br />

Wettbewerb: die schönsten Hooks (Eleganz-Wettbewerb).<br />

1.6<br />

Querungstechniken (Grundtechnik<br />

vgl. Abschnitt 5.2 <strong>Eis</strong>, Teil I)<br />

1.6.1<br />

Querung durch Übersetzen<br />

mit Fuß und <strong>Eis</strong>gerät<br />

ZIEL<br />

Eine Querungstechnik erlernen, die es einem<br />

ermöglicht, Querungen in sehr schwierigem<br />

<strong>Eis</strong> durchzuführen (sehr begrenzt<br />

vorhandene Setzpunkte für die <strong>Eis</strong>geräte).<br />

INHALT<br />

Ausgangsstellung ist die Dreiecksposition.<br />

Dabei ist das Haltegerät entgegen<br />

der Querungsrichtung gesetzt, der Haltearm<br />

ist leicht gebeugt.<br />

Das Gewicht wird nun auf das dem Haltearm<br />

gegenüberliegende Bein verlagert,<br />

das andere Bein dient der Balance.<br />

Das zweite Gerät wird in Bewegungsrichtung<br />

auf Höhe des anderen Gerätes<br />

eingeschlagen.<br />

Der Fuß, der zur Balance diente, kreuzt<br />

vor dem Standbein und wird auf<br />

gleicher Höhe gesetzt.<br />

Der andere Fuß wird nun so platziert,<br />

dass man die Grundstellung im Dreieck<br />

wieder erreicht (das Haltegerät befindet<br />

sich in Bewegungsrichtung).<br />

Die Querung wird fortgesetzt, indem<br />

das zweite Gerät über dem Haltegerät<br />

gekreuzt und gesetzt wird.<br />

Wenn man ohne Handschlaufen klettert,<br />

kann man sich das Setzen dieses<br />

Geräts sparen, indem man am bereits<br />

gesetzten Gerät umgreift.<br />

Dazu wird das freie Gerät über die<br />

Schulter gelegt und nach dem Umgreifen<br />

von der nun freigewordenen Hand<br />

wieder ergriffen (diese Sequenz ist so<br />

deutlich einfacher und kraftsparender<br />

als mit Handschlaufen).<br />

Das neue Haltegerät und das gegenüberliegende<br />

Bein werden belastet, das<br />

zweite Gerät gelöst und somit ist die<br />

Ausgangsstellung wieder erreicht.<br />

Die Füße werden durch Überkreuzen<br />

(hinten oder vorne herum) oder durch<br />

kurze Nachstellschritte gesetzt.<br />

GELÄNDE<br />

Senkrechtes <strong>Eis</strong> in Bodennähe oder<br />

geeignete Topropestation (nur kurze Querung<br />

wegen Pendelgefahr).<br />

METHODE<br />

Wichtig: Querungen in beide Richtungen<br />

üben!<br />

dabei Bewegungsvorausplanung,<br />

ansteigende Querungen sind leichter<br />

als fallende.<br />

Geräte vorgeben oder Hook-Löcher<br />

schlagen<br />

Passagen ohne Geräte klettern<br />

Spielform „wenige Placements“<br />

Schönheitswettbewerb (Kletter-Eleganz).


1.6.2<br />

Querung mit Eindrehen des<br />

Oberkörpers<br />

ZIEL<br />

Erlernen einer Quergangstechnik für sehr<br />

steile, überhängende <strong>Eis</strong>passagen.<br />

INHALT<br />

Die Technikform unterscheidet sich von<br />

der unter 1.6.1 vorgestellten Technik<br />

durch das Eindrehen in den jeweiligen<br />

Haltearm. Dadurch wird der Kraftaufwand<br />

im Haltearm vermindert.<br />

Die dem Haltearm gegenüberliegende<br />

Hüfte befindet sich am <strong>Eis</strong>, Knie und<br />

Füße sind in die gleiche Richtung<br />

orientiert wie der Oberkörper. Das<br />

Steigeisen des dem Haltearm entsprechenden<br />

Fußes wird mit den inneren<br />

Steigeisenzacken, das andere mit den<br />

äußeren gesetzt. Dieses Bein kann<br />

auch als Pendelbein eingesetzt werden.<br />

GELÄNDE<br />

Senkrechter bis überhängender Boulderquergang,<br />

kurze Stellen im Toprope.<br />

METHODE<br />

siehe oben (1.6.1).<br />

1.7<br />

Erweiterte Techniken<br />

1.7.1<br />

Ägyptern<br />

ZIEL<br />

Erlernen einer Technikform, die es ermöglicht,<br />

gute Ruhepositionen im <strong>Eis</strong> zu finden;<br />

wird meist angewendet, wenn man<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

1. Steigeisen- und Gerätetechnik im Wasserfalleis<br />

zwischen Fels und <strong>Eis</strong> oder in stark ausgeprägten<br />

kaminartigen Gebilden klettert.<br />

INHALT<br />

Der gesamte Körper wird stark eingedreht,<br />

dabei wird ein Knie nach unten<br />

gebeugt.<br />

Der Fuß wird, anders als beim Felsklettern,<br />

erst nach dem Eindrehen aufgesetzt,<br />

da ein Drehen auf dem Tritt mit<br />

Steigeisen nicht möglich ist. Das Setzen<br />

der Füße sollte mit einer guten<br />

Bewegungsvorausplanung erfolgen.<br />

GELÄNDE<br />

Geeignete Säulen oder Kaminstrukturen<br />

im senkrechten <strong>Eis</strong>; Topropestation!<br />

METHODE<br />

Tritte schlagen als Hilfe<br />

„Wer schafft die meisten Ägypter?“<br />

Die Technikform „Ägypter“<br />

47


48<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

1. Steigeisen- und Gerätetechnik im Wasserfalleis<br />

1.7.2<br />

Hooken der <strong>Eis</strong>geräte<br />

ZIEL<br />

Im schwierigen Wasserfalleis können die<br />

Möglichkeiten der <strong>Eis</strong>gerätplatzierung oftmals<br />

sehr eingeschränkt sein. Hier kann<br />

diese Technik sehr hilfreich sein.<br />

INHALT<br />

Ein Gerät wird sicher und taktisch sinnvoll<br />

gesetzt. Das zweite Gerät wird<br />

nun, vorzugsweise mit der Haue, auf<br />

der Haue des gesetzten Geräts eingehakt<br />

(Hooken).<br />

Nun kann der Körper mit beiden Armen<br />

fixiert oder fortbewegt werden.<br />

Wenn die Füße solide platziert und der<br />

Körper ausbalanciert sind, wird einarmig<br />

blockiert und das eingehakte Gerät<br />

versetzt (evtl. dynamisch versetzen).<br />

Hooken am <strong>Eis</strong>gerät<br />

GELÄNDE<br />

Senkrechte Topropestation mit schweren<br />

Stellen (Überhang, fragiles <strong>Eis</strong>, Unterbrechungsstelle).<br />

METHODE<br />

Evtl. Wiederholung: solides Setzen des<br />

<strong>Eis</strong>gerätes<br />

unterschiedliche Fußstellungen zur Stabilisierung<br />

vor dem Weiterschlagen als<br />

Aufgabe stellen.<br />

1.7.3<br />

Überwinden von Kanten<br />

ZIEL<br />

Überwinden von Kanten und kleinen<br />

Überhängen mit Hilfe des Fersendorns.


INHALT<br />

Die zu überwindende Kante wird so<br />

hoch wie möglich angeklettert, wobei<br />

das Haltegerät in angemessenem Abstand<br />

zur Kante gesetzt ist (Sprengwirkung).<br />

Das zweite Gerät wird nun so<br />

gesetzt, dass es über der Kante im horizontalen<br />

Bereich verankert ist. Bei<br />

Belastung darf der Schaft keiner Hebelwirkung<br />

ausgesetzt sein.<br />

Man steigt nun so weit hoch, bis man<br />

einen Fuß dynamisch über die Kante<br />

setzen kann. Diese Bewegung muss<br />

entschlossen und präzise ausgeführt<br />

werden, damit man den Fersendorn gut<br />

positionieren kann und er nicht<br />

abrutscht.<br />

Das zweite Gerät wird nun über die<br />

Kante und der Fuß wieder zurück<br />

gesetzt.<br />

Nun kann man mit beiden Füßen die<br />

Kante überklettern.<br />

GELÄNDE<br />

Senkrechte bis leicht überhängende <strong>Eis</strong>strukturen,<br />

bei denen die Anwendung<br />

dieser Technikform sinnvoll ist. Topropestation!<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

1. Steigeisen- und Gerätetechnik im Wasserfalleis<br />

METHODE<br />

Das Vorbereiten von Hook-Löchern ist<br />

sehr hilfreich.<br />

schwierige Aufgabe Wettbewerb:<br />

„Wer schafft es?“<br />

Zielzone für zweites Gerät markieren<br />

(Abstand zur Kante).<br />

1.7.4<br />

Überwinden von Dächern<br />

mit Hilfe der „Figure 4“<br />

ZIEL<br />

Das Erlernen dieser sehr speziellen, kraftraubenden<br />

und nur selten notwendigen<br />

Technik zum Überwinden sehr trittarmer<br />

Dächer.<br />

INHALT<br />

Ein Gerät wird an der Dachkante platziert<br />

(Vorsicht, hoch genug, Sprengwirkung).<br />

Das Bein auf der Seite des Haltearms<br />

ist Standbein.<br />

Nun wird das gegenüberliegende Bein<br />

in die Armbeuge des Haltearms gelegt.<br />

Vorsicht Fersendorn! Dabei ist meist<br />

49


50<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

1. Steigeisen- und Gerätetechnik im Wasserfalleis<br />

das zweite <strong>Eis</strong>gerät zu entfernen, um<br />

genügend Platz für die Ausführung zu<br />

schaffen.<br />

Danach wird nun mit Hilfe der Beinund<br />

Gesäßmuskulatur des gekreuzten<br />

Beins der Haltearm soweit wie möglich<br />

blockiert. Es ist dabei besonders<br />

schwierig, das <strong>Eis</strong>gerät ohne Handschlaufen<br />

festzuhalten.<br />

Aus dieser Blockierstellung wird nun<br />

das zweite Gerät höhergesetzt. Danach<br />

wird die Figure 4 wieder aufgelöst, was<br />

eine Verlagerung des Oberkörpers nach<br />

außen notwendig macht.<br />

In der Regel ist danach die Dachkante<br />

überwunden.<br />

„Fall Out“ mit Figure 4<br />

GELÄNDE<br />

<strong>Eis</strong>dächer.<br />

METHODE<br />

Auf jeden Fall im Toprope üben!<br />

evtl. zuerst ohne <strong>Eis</strong>geräte an einer<br />

Kletterwand oder Klimmzugstange ausprobieren<br />

Das Vorbereiten von Hook-Löchern ist<br />

sehr hilfreich.


2.1<br />

Dry-Toolen mit den <strong>Eis</strong>geräten<br />

ZIEL<br />

Das Erlernen von Technikformen zum<br />

Überwinden kurzer Felspassagen im<br />

Mixed-Gelände.<br />

INHALT<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

2. Klettern mit Steigeisen und <strong>Eis</strong>geräten im Mixed-Gelände<br />

2. Klettern mit Steigeisen und <strong>Eis</strong>geräten<br />

im Mixed-Gelände<br />

Verklemmen der Haue in einem Riss<br />

Sind Risse horizontal oder schräg, werden<br />

die Geräte einfach nach unten belastet<br />

oder der Schaft zum Verkeilen<br />

vom Fels weggezogen.<br />

In einem vertikalen Riss wird die Haue<br />

so weit wie möglich versenkt und vorzugsweise<br />

seitlich belastet, indem man<br />

seitlich vom Riss steht und den Schaft<br />

des Geräts zu sich zieht.<br />

Ist der Riss zu breit für die Haue, verklemmt<br />

man den Pickelkopf oder den<br />

Hammerkopf.<br />

Auf Leisten oder in Löchern und<br />

Unebenheiten wird die Haue als Anker<br />

benutzt, indem man die Hauenspitze<br />

auf der Struktur platziert.<br />

Bei allen Techniken ist darauf zu achten,<br />

dass der Zug auf das <strong>Eis</strong>gerät konstant<br />

gehalten wird. Ruckartiges Ziehen<br />

oder Belastungsrichtungswechsel füh-<br />

ren meist zu einem Abrutschen der<br />

Geräte. Vorsicht Verletzungsgefahr!<br />

Schaufeln oder ähnliche „spitze“ Dinge<br />

gehören hier abmontiert, Verletzungsgefahr!<br />

Siehe auch Abschnitte 5.3 und<br />

5.4 „Klettern ohne Handschlaufen“.<br />

GELÄNDE<br />

Kurze Felspassagen, die sich mit <strong>Eis</strong><br />

abwechseln und von der Struktur und<br />

Steilheit dem Können der Teilnehmer<br />

angepasst sind.<br />

METHODE<br />

An diese Techniken sollte man sich<br />

langsam im Toprope herantasten.<br />

Dabei sollte immer ohne Handschlaufen<br />

geklettert werden. Erhebliche Verletzungen<br />

des Schulter-, Ellenbogen- und<br />

Handgelenks können sonst beim Hängenbleiben<br />

eines <strong>Eis</strong>gerätes die Folge<br />

sein.<br />

Am besten erfährt der Teilnehmer selbst,<br />

wie er die Geräte in bestimmten Situationen<br />

verankert.<br />

Meist reichen schon kurze Passagen<br />

aus, um den Teilnehmer ein „extremes“<br />

Gefühl zu vermitteln.<br />

„unwahrscheinliche“ Hookstellen durch<br />

Zeigestock o.ä. als Aufgabe stellen.<br />

51


52<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

2. Klettern mit Steigeisen- und <strong>Eis</strong>geräten im Mixed-Gelände<br />

2.2<br />

Antreten, Hooken und „Ziehen“<br />

mit den Steigeisen<br />

ZIEL<br />

Erlernen spezieller Technikformen zur Verwendung<br />

der Steigeisen in steilem Felsgelände.<br />

GELÄNDE<br />

Mit Steigeisen wird im steilen Fels wie<br />

mit normalen Kletterschuhen umgegangen.<br />

Man tritt hierbei wie mit den Kletterschuhen<br />

auf den FZ (Schuhspitze)<br />

oder mit dem Innenkranz oder Außenkranz<br />

des Steigeisens an.<br />

In sehr schwierigen (steilen) Felspassagen<br />

tritt man eher Innen und Außen<br />

an, da hier meist mit Eindrehen der<br />

Hüfte geklettert wird.<br />

Die immer weiter verbesserten Steigeisen<br />

ermöglichen durch neue Vertikalzackenformen<br />

ein Heranziehen auf kleinste<br />

Felstritte, ähnlich dem Felsklettern.<br />

Der Fersendorn kann auch hier zu einer<br />

kraftsparenden Stabilisierung einer<br />

Kletterposition beitragen.<br />

In feinen Rissen und kleinen Löchern<br />

sind Monozacken meist von Vorteil.<br />

Auf sehr dünnen <strong>Eis</strong>glasuren dürfen die<br />

Zacken nur mit leichtem Druck gesetzt<br />

werden.<br />

GELÄNDE<br />

Kurze Felspassagen, die sich mit <strong>Eis</strong><br />

abwechseln und von der Struktur und<br />

Steilheit dem Können der Teilnehmer<br />

angepasst sind.<br />

METHODE<br />

An das Klettern im steileren Mixed-<br />

Gelände sollte man sich langsam im<br />

Toprope herantasten.<br />

Der Schüler erfährt am besten selbst,<br />

wie er mit seinen Steigeisen in solchem<br />

Gelände klettert.<br />

Kontrastübungen (Ferse hoch/runter,<br />

große/kleine Schritte) wie beim Fußfassen<br />

im <strong>Eis</strong> und Fels (siehe auch Kapitel<br />

Klettern)<br />

Vorgeben von Tritten (Zeigestock, Markieren).<br />

2.3<br />

Einhängen von Zwischensicherungen<br />

im Mixed-Gelände<br />

ZIEL<br />

Das Erlernen der Möglichkeiten, Zwischensicherungen<br />

im Mixed-Gelände<br />

sicher einhängen zu können.<br />

INHALT<br />

Im Mixed-Gelände kann man im Gegensatz<br />

zum reinen <strong>Eis</strong>gelände die <strong>Eis</strong>geräte<br />

beim Einhängen oftmals nicht im Fels<br />

platziert lassen, ohne dass sie der<br />

Schwerkraft folgen würden.<br />

Ausgangsposition ist eine stabile Dreiecksposition,<br />

möglichst kraftsparend und in<br />

einer guten Position zur einzuhängenden<br />

Zwischensicherung.<br />

Zwei Methoden bieten sich an:<br />

Das Gerät der Hand, mit der man einhängen<br />

will, über die Schulter legen.<br />

Man kann es so schnell ablegen und<br />

wieder aufnehmen. In stark überhän-


<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

2. Klettern mit Steigeisen- und <strong>Eis</strong>geräten im Mixed-Gelände<br />

genden Passagen allerdings kann das<br />

Gerät leicht über die Schulter fallen.<br />

Die zweite Möglichkeit ist, das Gerät<br />

mit dem Daumen (der haltenden Hand)<br />

an der Haue festzuhalten. Diese Methode<br />

ist noch etwas schneller im Handling<br />

und sicherer gegen einen Geräteverlust.<br />

Allerdings ist der Kraftaufwand<br />

etwas höher.<br />

Zwei Möglichkeiten, das Gerät zum<br />

Einhängen kurzzeitig zu „parken“<br />

Ist das Gerät allerdings gut im Fels verklemmt,<br />

oder steckt es sicher im <strong>Eis</strong>,<br />

wird man es natürlich dort belassen<br />

und einhängen.<br />

GELÄNDE<br />

Senkrechtes <strong>Eis</strong> sowie idealerweise<br />

Mixed-Gelände, senkrecht bis stark überhängend.<br />

METHODE<br />

Der Ausbilder demonstriert beide<br />

Methoden.<br />

Der Schüler soll dann selbst erfahren,<br />

welche der beiden Möglichkeiten er<br />

bevorzugt anwenden will.<br />

Erste Erfahrungen sollten hierbei im<br />

Toprope gesammelt werden.<br />

53


54<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

3. Die Sicherungstechnik der Seilschaft<br />

3. Die Sicherungstechnik der Seilschaft<br />

Siehe auch Kapitel „Sicherung“ und<br />

Abschnitt 5.5 „Allgemeine taktische Maßnahmen“.<br />

3.1<br />

Gefahrenhinweis zum<br />

Topropen/Nachsteigen mit<br />

Halbrohrhauen<br />

Beim Topropen oder Nachsteigen mit<br />

Halbrohrhauen besteht die Gefahr, das<br />

Sicherungsseil mit einem einzigen Schlag<br />

komplett zu durchtrennen. Aus diesem<br />

Grund muss sich beim Nachsteigen oder<br />

Topropen ein zweites Seil zur Redundanz<br />

im Schlagbereich des Kletterers befinden.<br />

Am einfachsten ist dies durch die Verwendung<br />

von zwei Seilen zu realisieren.<br />

Im Kursbetrieb stehen allerdings oftmals<br />

nicht so viele Seile zur Verfügung, es gibt<br />

mehrere Möglichkeiten, Redundanz zu<br />

schaffen.<br />

Am Seilende wird in das Sicherungsseil<br />

ein weiteres Seilstück (Länge 3,5-4 m)<br />

mittels eines zurückgefädelten Achterknotens<br />

eingeknotet. Der Kletterer bindet<br />

sich nun, wie bei der Verwendung<br />

von zwei Seilen, in beide Seilenden<br />

einzeln ein.<br />

Ein flexibler Schlauch wird über das<br />

Seilende geschoben.<br />

Eine lange Sackstichschlinge (2-3 m)<br />

wird ins Seilende geknüpft; Einbinden<br />

mit Savelock-Karabiner in kleinem Sakkstich.<br />

lange Weiche (2-3 m) parallel zum Seilende;<br />

Einhängen mit Savelock-Karabiner<br />

in Seilende und Sackstichschlinge<br />

in der Weiche (3 Einbindestränge)<br />

Bei all diesen Methoden dürfen keine<br />

Zwischensicherungen eingehängt sein,<br />

da dem Kletterer ein gefahrloses Aushängen<br />

nicht möglich ist.<br />

Doppelter Seilstrang


4. Der sichere Weg zum Vorstieg<br />

ZIEL<br />

Der Schüler soll durch eine individuell auf<br />

ihn abgestimmte Vorgehensweise verschiedene<br />

Vorstiegssituationen einschätzen<br />

und beherrschen lernen.<br />

4.1<br />

Drei Möglichkeiten zum<br />

Vorstiegstraining<br />

INHALT<br />

Das Vorstiegstraining im Wasserfalleis<br />

unterscheidet sich nicht grundlegend vom<br />

Vorstiegstraining im Gletschereis. Allerdings<br />

ist die schwieriger zu beurteilende<br />

Haltekraft der <strong>Eis</strong>schrauben bei der Geländewahl<br />

(solides <strong>Eis</strong>) wie auch bei der<br />

Anzahl und Art der Zwischensicherungen<br />

zu berücksichtigen.<br />

ERSTE MÖGLICHKEIT: GANZHEITLICH VOM LEICHTEN<br />

ZUM SCHWEREN<br />

Der Schüler gewöhnt sich langsam durch<br />

Steigerung der Schwierigkeiten (Neigung,<br />

<strong>Eis</strong>beschaffenheit) an die Vorstiegssituation.<br />

Alle sicherungstechnischen Aufgaben,<br />

z.B. die Standplatzbereitung und<br />

das Anbringen von Zwischensicherungen,<br />

werden von Anfang an vom Schüler<br />

selbst ausgeführt.<br />

Diese Methode ist relativ zeitaufwändig,<br />

der Schüler erreicht seine Leistungsgrenze<br />

nicht so schnell, da er für alle seine<br />

Sicherungspunkte selbst verantwortlich ist.<br />

ZWEITE MÖGLICHKEIT:<br />

ÜBUNGSREIHE BEI GLEICHBLEIBENDEM GELÄNDE<br />

Bei dieser Methode begeht der Schüler<br />

jedes Mal die gleiche Route mit immer<br />

neuer Aufgabenstellung, beginnt aber in<br />

etwas schwierigerem Gelände.<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

4. Der sichere Weg zum Vorstieg<br />

Die erste Begehung erfolgt mit einer<br />

Toprope-Sicherung, die bereits vorhandenen<br />

Zwischensicherungen werden mit<br />

einem nachgeführten Seil oder Seilschwanz<br />

eingehängt.<br />

Jetzt erfolgt der selbstständige Vorstieg<br />

an den bereits vorhandenen Zwischensicherungen.<br />

Bei der dritten Begehung werden zwischen<br />

die vorhandenen eigene Zwischensicherungen<br />

gesetzt.<br />

Nun können bis auf die „lebenswichtigen“<br />

Zwischensicherungen alle weiteren<br />

Zwischensicherungen entfernt und vom<br />

Vorsteiger wieder angebracht werden.<br />

Im letzten Schritt wird die gesamte<br />

Sicherungsarbeit vom Vorsteiger selbst<br />

übernommen.<br />

In dieser Übungsreihe können einzelne<br />

Übungsschritte natürlich öfters wiederholt<br />

werden, ehe eine weitere Schwierigkeitssteigerung<br />

erfolgt.<br />

Diese Methode hat den Vorteil, dass der<br />

Lernende immer wieder bekanntes Gelände<br />

vorfindet und dadurch größere Sicherheit<br />

verspürt; auch Hook-Löcher vom wiederholten<br />

Begehen erleichtern das Klettern.<br />

Es ist zu beachten, dass neue Fixpunkte<br />

nicht zu nahe an alte Fixpunkte gesetzt<br />

werden, da diese Zwischensicherungen<br />

mit dem sie umgebenden <strong>Eis</strong> herausbrechen<br />

können.<br />

Günstiger ist es, die zu setzenden Fixpunkte<br />

direkt in die alten Schraubenlöcher<br />

zu setzen.<br />

DRITTE MÖGLICHKEIT: DER AUSBILDER BEGLEITET<br />

DEN SCHÜLER BEIM VORSTIEG<br />

Der Ausbilder klettert parallel zum Schüler<br />

in Greifabstand, um jederzeit eingreifen<br />

zu können. Natürlich ist der Ausbilder<br />

55


56<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

4. Der sichere Weg zum Vorstieg<br />

selbst durch ein Toprope gesichert.<br />

Diese Möglichkeit hat den Vorteil, dass<br />

der Lehrer jeden Schritt aus unmittelbarer<br />

Nähe beobachten und notfalls sehr schnell<br />

eingreifen kann. Dazu eignet sich eine<br />

Selbstsicherungsschlinge, die dem Schüler<br />

schnell in den Anseilpunkt gehängt<br />

werden kann, damit er über den Lehrer<br />

und Toprope von oben gesichert ist.<br />

Da diese Strategie nicht sehr wirklichkeitsnah<br />

ist, wird man sich zum vollständigen<br />

Vorstiegstraining einer der vorhergehenden<br />

Methoden bedienen müssen.<br />

In der Praxis wird sich kein Ausbilder<br />

ausschließlich an einem dieser Wege<br />

orientieren, sondern immer eine Mischung<br />

aller drei bevorzugen. Vor allem hängt<br />

die Wahl der Methode vom Naturell und<br />

den Fähigkeiten des jeweiligen Schülers ab.<br />

Zaghafte werden sich bei einer Mischung<br />

der Wege zwei und drei am wohlsten fühlen,<br />

Kühnere starten hingegen gleich mit<br />

dem zweiten Weg. Eventuell überspringen<br />

sie dabei den ersten Übungsschritt.<br />

Der Ausbilder sollte beim Vorstiegstraining<br />

ein klares Bild von der psychischen<br />

Verfassung seiner Schüler haben, da eine<br />

Überforderung schnell in die totale Verweigerung<br />

umschlagen kann. Angstzustän-<br />

de in der Vorstiegssituation lassen sich sehr<br />

schwer oder gar nicht mehr korrigieren.<br />

WICHTIGE ÜBERLEGUNGEN<br />

Nie sollte ein Schüler zum Vorstieg<br />

gezwungen werden. Daraus resultierende<br />

Angstblockaden können zu gefährlichen<br />

Situationen führen. Erst wenn sich der<br />

Schüler aus eigenem Antrieb heraus dem<br />

Vorstieg gewachsen fühlt, sollte ein Versuch<br />

unternommen werden.<br />

Ein Lehrer, der es verstanden hat, von<br />

Anfang an ungeeignetes Konkurrenzverhalten<br />

von seiner Gruppe fernzuhalten<br />

und kooperatives Denken zu fördern,<br />

kann beruhigt den ersten Vorstiegsversuchen<br />

entgegensehen.<br />

Von vornherein sollte der Schüler in den<br />

Prozess der Geländeauswahl einbezogen<br />

werden. Dadurch wird dem Schüler ein<br />

kritischeres Einschätzungsvermögen vermittelt.<br />

So kann sich jeder sein Vorstiegsgelände<br />

nach eigenem Ermessen aussuchen<br />

- soweit es die Sicherheit zulässt.<br />

Das Erlernen des Vorstiegs ist eine der<br />

Grundvoraussetzungen für ein sicheres<br />

und gefahrenbewusstes <strong>Eis</strong>klettern, ihm<br />

sollte allergrößte Wichtigkeit beigemessen<br />

werden.<br />

Toprope und Hilfsseil<br />

zum sicheren Erlernen des<br />

Vorstiegs


ZIEL<br />

Der Schüler soll die taktischen Möglichkeiten<br />

beim <strong>Eis</strong>klettern kennen lernen<br />

und diese richtig anwenden können. Er<br />

soll lernen, eine Tour in eigener Regie zu<br />

planen und durchzuführen.<br />

5.1<br />

Materialauswahl<br />

INHALT<br />

EISGERÄTE<br />

Die verschiedenen Spielformen des Wasserfalleiskletterns<br />

und Mixed-Kletterns<br />

haben die Materialentwicklung in den letzten<br />

Jahren enorm vorangetrieben. Man<br />

kann heute unter drei verschiedenen <strong>Eis</strong>gerätetypen<br />

fürs Wasserfalleisklettern unterscheiden.<br />

Gerade oder nur leicht gebogene klassische<br />

Geräte für moderates <strong>Eis</strong>klettern<br />

bis WI 4<br />

Geräte mit stärker gebogenen Schäften,<br />

die sich besser zum Hooken eignen<br />

und heute als Standardgeräte im Wasserfalleis<br />

angesehen werden können.<br />

So genannte Wettkampf- und Mixedklettergeräte.<br />

Diese Geräte eignen sich<br />

auch hervorragend zum klassischen<br />

Wasserfalleisklettern ohne Handschlaufen<br />

und setzen sich auch im reinen<br />

Wasserfalleisklettern immer mehr<br />

durch.<br />

Generell hat sich die normale Hauenform<br />

gegenüber den Halbrohrhauen durchgesetzt.<br />

Dennoch ist die Halbrohrhaue, vor<br />

allem bei Anfängern, wegen ihrer geringeren<br />

Sprengwirkung beliebt. Handschlaufensysteme<br />

siehe Abschnitt 5.4.<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

5. Die Taktik im Wasserfalleis- und Mixedklettern<br />

5. Die Taktik im Wasserfalleis- und Mixedklettern<br />

HANDSCHUHE<br />

Je nach Temperatur sind dünne Fingerhandschuhe<br />

zum Klettern besser geeignet<br />

(Kraftersparnis, besseres Handling). Dickere<br />

Fingerhandschuhe eignen sich am<br />

besten zum Sichern und Aufwärmen der<br />

Hände am Standplatz. Dringend zu empfehlen<br />

ist ein Paar Ersatzhandschuhe<br />

(zumindest dünne).<br />

STEIGEISEN<br />

Bei den Steigeisenformen kann man drei<br />

Typen unterscheiden:<br />

Das klassische Steigeisen, das sich für<br />

den Allroundeinsatz bestens eignet<br />

starre Steigeisen mit zwei senkrecht<br />

stehenden Frontalzacken, die ebenfalls<br />

sehr universell eingesetzt werden können<br />

Das Monozackensteigeisen kann vor<br />

allem in Mixedrouten vorteilhaft sein,<br />

da man in kleinen Löchern und Rissen<br />

besser antreten kann.<br />

Je nach Vorliebe sollten die Steigeisen<br />

bei schwierigeren Wasserfällen mit einem<br />

Fersendorn (Heelhook) ausgerüstet werden.<br />

SCHUHE<br />

Leichte, im Sprunggelenk sehr bewegliche<br />

Lederbergschuhe haben sich heute durchgesetzt.<br />

Die Sohle muss allerdings sehr<br />

steif sein, um einen guten Steigeisenhalt<br />

zu gewährleisten.<br />

EISSCHRAUBEN<br />

Bei steilen <strong>Eis</strong>klettereien ist es notwendig,<br />

<strong>Eis</strong>schrauben einhändig schnell setzen<br />

zu können. Die besten Schrauben<br />

sind gerade gut genug für den Rotpunkt-<br />

Erfolg. Dazu benötigt man sehr scharfe,<br />

57


58<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

5. Die Taktik im Wasserfalleis- und Mixedklettern<br />

leichtgängige Schrauben, möglichst mit<br />

einer integrierten Kurbel ausgestattet.<br />

Schraubenlängen von 13-18 cm sind normal.<br />

Kurze Schrauben sind in dünnem <strong>Eis</strong><br />

sehr zu empfehlen, da man sie nicht<br />

abbinden muss. Eine lange <strong>Eis</strong>schraube<br />

(18-22 cm) empfiehlt sich vor allem zum<br />

<strong>Eis</strong>sanduhrenbau und am Standplatz (für<br />

<strong>Eis</strong>sanduhren sind Reepschnur und Fädelwerkzeug<br />

nötig).<br />

METHODE<br />

Der Schüler sollte vor allem mit seinem<br />

eigenen Material zurechtkommen. Allerdings<br />

sind Kontrasterfahrungen mit anderem<br />

(besserem) Material durchaus hilfreich,<br />

damit der Schüler die Kraftersparnis<br />

durch hervorragende Ausrüstung kennen<br />

lernt.


5.2<br />

Materialbereitstellung<br />

INHALT<br />

Beim Wasserfalleisklettern ist eine sinnvolle<br />

Materialanordnung am Klettergurt<br />

oftmals entscheidend für einen geglückten<br />

Rotpunktdurchstieg. Grundsätzlich<br />

sollte jeder Ausrüstungsgegenstand mit<br />

einer Hand vom Klettergurt genommen<br />

werden können, ohne erst ein größeres<br />

Materialchaos entwirren zu müssen oder<br />

eine teure <strong>Eis</strong>schraube in den Abgrund zu<br />

befördern.<br />

Folgende Ausrüstungsgegenstände müssen<br />

sinnvoll angeordnet werden:<br />

8-12 <strong>Eis</strong>schrauben (je nach Schwierigkeit)<br />

6-10 Expressschlingen<br />

1 HMS-Karabiner und 2 Schraubkarabiner<br />

1 Tube oder Abseilachter<br />

1 Abalakow Sanduhrfädler<br />

Standplatzschlingen (2 x 60 cm, 1 x<br />

120 cm)<br />

1 Kurzprusikschlinge<br />

1 körperlange, 1 doppelt körperlange<br />

Prusikschlinge (kurz am Gurt befestigt,<br />

da man sich sonst leicht mit den Steigeisen<br />

darin verfangen kann)<br />

evtl. Felshaken, Klemmkeile, Friends<br />

etc.<br />

Falls kein Rucksack in der Route mitgeführt<br />

wird, sollte ein kleines Verbandspäckchen<br />

in einer Jackentasche oder<br />

am Gurt nicht fehlen. Die Verletzungsgefahr<br />

durch abplatzendes <strong>Eis</strong> ist sehr<br />

groß.<br />

Ersatzhandschuhe, bzw. dicke Sicherungshandschuhe<br />

sollten auch nicht<br />

fehlen.<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

5. Die Taktik im Wasserfalleis- und Mixedklettern<br />

FOLGENDE ANORDNUNG WIRD<br />

VORGESCHLAGEN<br />

Je nachdem, ob man Rechts- oder<br />

Linkshänder ist, befindet sich die Mehrzahl<br />

der <strong>Eis</strong>schrauben auf der Seite,<br />

mit der man die <strong>Eis</strong>schrauben normalerweise<br />

setzt. Dazu eignen sich am<br />

besten große Fangkarabiner ohne Karabinernase.<br />

Diese befestigt man mit Hilfe<br />

eines Gummis oder mit Kabelbindern<br />

am Gurt. In jedem Karabiner sollten je<br />

nach <strong>Eis</strong>schraubentyp 3-5 <strong>Eis</strong>schrauben<br />

aufbewahrt werden können.<br />

Einige Firmen bieten auch fertige Systeme<br />

zur effizienten Bereitstellung von<br />

<strong>Eis</strong>schrauben an. Das Ausprobieren der<br />

Systeme schon beim Kauf lohnt sich!<br />

Nicht jeder kommt mit ihnen gleich gut<br />

zurecht.<br />

Zwei <strong>Eis</strong>schrauben werden gleich separat<br />

nach hinten an den Gurt gehängt,<br />

da diese in reinen Wasserfalleisrouten<br />

für den nächsten Standplatz vorgese-<br />

Wichtig: Schnelle Materialbereitstellung<br />

59


60<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

5. Die Taktik im Wasserfalleis- und Mixedklettern<br />

hen sind. Dadurch kann man sich die<br />

restlichen verbleibenden <strong>Eis</strong>schrauben<br />

besser für den Vorstieg einteilen.<br />

Das restliche Material verteilt man auf<br />

die Materialschlaufen des Klettergurts.<br />

Je nach Bedarf kommen Dinge, die man<br />

nicht benötigt oder erst wieder am<br />

Stand, nach hinten an den Gurt.<br />

Die Standschlingen hängen über die<br />

Schulter; eine lange Bandschlinge zum<br />

Einfangen von Säulen kann offen in die<br />

Brusttasche gesteckt werden (leichter<br />

greifbar).<br />

METHODE<br />

Jeder Teilnehmer soll im Toprope oder in<br />

ersten Vorstiegsversuchen testen, ob<br />

seine Materialanordnung wirklich zweckmäßig<br />

ist. Es bieten sich viele individuelle<br />

Möglichkeiten an. Das Material sollte<br />

nach Gebrauch sofort wieder an den richtigen<br />

Platz am Gurt gehängt werden, um<br />

ein langwieriges Sortieren an den Standplätzen<br />

zu vermeiden. Wenn ein Schüler<br />

sein optimales System gefunden hat,<br />

sollte es nicht mehr geändert werden, um<br />

eine Automatisation der Handgriffe zu<br />

erreichen.<br />

5.3<br />

Materialtuning<br />

INHALT<br />

Eine scharfe Haue, Steigeisen und <strong>Eis</strong>schrauben<br />

sind für den Rotpunkt-Erfolg<br />

und den Spaßeffekt unentbehrlich. Man<br />

benötigt dazu eine so genannte Metall-<br />

Schlichtfeile oder Sägefeile (noch feiner).<br />

Niemals sollten Hauen und Steigeisen<br />

mit Maschinen geschärft werden.<br />

Die Materialüberhitzung kann dabei die<br />

Metalleigenschaften gravierend verändern.<br />

Generell kann man die Hauen sämtli-<br />

cher Hersteller durch einen speziellen<br />

Schliff (siehe Skizze) noch wesentlich<br />

verbessern. Die Hauen zeigen nach<br />

dem Anschliff eine deutlich geringere<br />

Sprengwirkung und lassen sich leichter<br />

wieder aus dem <strong>Eis</strong> entfernen. Darüber<br />

hinaus kann man die Geräte dann<br />

durch ein Kratzen an der <strong>Eis</strong>oberfläche<br />

setzen, was vor allem in sehr dünnem<br />

<strong>Eis</strong> sowie im Mixed-Gelände erforderlich<br />

ist.<br />

Haue schlanker und flacher feilen<br />

bringt eine deutlich geringere Sprengwirkung<br />

Zähne unten schärfen: Das Gerät lässt<br />

sich leichter wieder entfernen, ohne<br />

dabei an Halt im <strong>Eis</strong> zu verlieren<br />

Geierschnabel: Das Gerät hookt im Fels<br />

besser und lässt sich durch Kratzen in<br />

dünnen <strong>Eis</strong>glasuren verankern.<br />

Originale und nachgefeilte Haue<br />

Abgepolsterter Hammerkopf


Allerdings haben diese Schleifmaßnahmen<br />

durchwegs einen höheren Verschleiß<br />

der Haue zur Folge.<br />

Wer sich häufiger im Mixed-Gelände<br />

bewegt, dem sei noch empfohlen, die<br />

Hammerköpfe seiner Geräte mit einem<br />

Stück Isomatte und Tape zu polstern.<br />

Hauen, spitze Hooks oder ähnliche<br />

Anbauten sollten entfernt werden. Das<br />

Gesicht und die Augen werden es<br />

einem danken.<br />

Bei den Steigeisen werden vor allem<br />

die Frontal- und die vorderen Vertikalzacken<br />

bei Bedarf wieder nachgeschärft.<br />

<strong>Eis</strong>schrauben werden vor allem durch<br />

Felskontakt stumpf. Man benötigt zum<br />

Nachschleifen eine kleine Schlichtfeile,<br />

mit der man zwischen den Zähnen feilen<br />

kann. Dabei sollte der Orginalschliff<br />

nicht zu sehr verändert werden. <strong>Eis</strong>schrauben<br />

mit verbogenen Zähnen kann<br />

man getrost ausmustern, es sei denn,<br />

kommerzielle Maschinenschleif-Angebote<br />

(„Feil Server“) werden in nächster Zeit<br />

marktreif (sind in Entwicklung).<br />

METHODE<br />

Kleiner abendlicher Vortrag mit einem<br />

Schleifbeispiel; eine Haue wird vor den<br />

Teilnehmern präpariert.<br />

5.4<br />

Klettern mit oder ohne<br />

Handschlaufen<br />

INHALT<br />

Seit den ersten <strong>Eis</strong>kletterweltcups setzt<br />

sich das <strong>Eis</strong>klettern ohne Handschlaufen<br />

immer mehr durch. In Mixedrouten oder<br />

kurzen <strong>Eis</strong>routen ist das auch der zeitge-<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

5. Die Taktik im Wasserfalleis- und Mixedklettern<br />

mäße Rotpunktstil. In längeren ernsthaften<br />

<strong>Eis</strong>fällen scheiden sich derzeit noch<br />

die Geister. Allerdings ist hier ein Klettern<br />

mit Handschlaufen sicherlich ein Sicherheitszugewinn.<br />

Mancher schätzt den Kompromiss:<br />

links mit Schlaufe (komfortableres<br />

Hängen), rechts ohne (aktionsbereiter<br />

zum Schrauben drehen).<br />

DIE VORTEILE BEIM KLETTERN OHNE<br />

HANDSCHLAUFEN<br />

Man kann <strong>Eis</strong>schrauben schneller setzen.<br />

Umgreifen und abwechselndes Schütteln<br />

der Arme sind während des Setzens<br />

von <strong>Eis</strong>schrauben möglich.<br />

Durch einen Gerätewechsel (Umgreifen)<br />

sind weniger Placements im schwierigen<br />

<strong>Eis</strong> notwendig (Vorsicht ist hier<br />

beim höher Greifen am Geräteschaft<br />

geboten, da die Geräte zum Abrutschen<br />

von Fels- und <strong>Eis</strong>hooks neigen; ein stetiges<br />

nach unten Ziehen des Geräts<br />

kann dies verhindern).<br />

Mehr Technikmöglichkeiten, z.B. Stützen<br />

im <strong>Eis</strong>, Griffe in Fels und <strong>Eis</strong> können<br />

schneller verwendet werden<br />

Die Verletzungsgefahr für Schulter-,<br />

Ellenbogen- und Handgelenk in gut<br />

gesicherten Mixedrouten ist deutlich<br />

geringer.<br />

Anfänger haben weniger Handlingprobleme.<br />

DIE NACHTEILE BEIM KLETTERN OHNE<br />

HANDSCHLAUFEN<br />

Höherer Krafteinsatz notwendig<br />

Geräteverlust möglich, allerdings bei<br />

einer gewissen Achtsamkeit kaum<br />

wahrscheinlicher als mit Handschlaufen<br />

<strong>Eis</strong>geräte können auf den Sicherungspartner<br />

herunterfallen.<br />

61


62<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

5. Die Taktik im Wasserfalleis- und Mixedklettern<br />

DAS KLETTERN MIT HANDSCHLAUFEN<br />

Die Handschlaufen sollten bequem,<br />

schnell zum Hinein- bzw. Herausschlüpfen<br />

sein. Systeme wie die Lockdown-Leash<br />

oder die Twister-Leash haben sich in der<br />

Praxis besser bewährt als Systeme zum<br />

Ein- und Aushängen. Diese Systeme haben<br />

mehr Fehlerquellen, wie z.B. selbstständiges<br />

Aushängen, Vereisen, Kabelbrüche<br />

usw.<br />

Die Handschlaufe wird mit Handschuhen<br />

so eingestellt, dass man den Geräteschaft<br />

kurz über dem Dorn greifen kann. Die<br />

Handschlaufe darf nun beim Setzen der<br />

Geräte den Schlag nicht beeinträchtigen.<br />

METHODE<br />

Der Schüler soll selbst erfahren, welches<br />

der Systeme für ihn am besten geeignet<br />

ist. Kontrastübungen im Toprope sind<br />

auch für eingefleischte Handschlaufenfans<br />

eine Bereicherung.<br />

Lockdownleash<br />

Vorteil beim Klettern ohne Handschlaufen: Handwechsel sind einfacher und erweitern<br />

das Bewegunsrepertoire


5.5<br />

Allgemeine taktische<br />

Maßnahmen<br />

INHALT<br />

Dieser sehr komplexe Teil sollte ausführlich<br />

behandelt werden, da er der Schlüssel<br />

zu einem souveränen Erfolg ist. Jahrelange<br />

Erfahrung ist hier durch nichts zu<br />

ersetzen.<br />

ZEITFAKTOR UND VERHÄLTNISSE<br />

Der „richtige Zeitpunkt“ ist beim Wasserfalleisklettern<br />

oft entscheidend.<br />

Als erstes gilt es, die Verhältnisse des<br />

Wasserfalls und seiner Einzugsgebiete<br />

richtig zu beurteilen. Ein genaues Kartenstudium<br />

ist hierzu unerlässlich. Sehr<br />

oft befindet sich die Kletterroute in<br />

Rinnen, Tobeln oder Couloirs und<br />

somit in typischen Lawinenbahnen. Es<br />

ist zu beurteilen, ob über dem Wasserfall<br />

ein mögliches Einzugsgebiet für<br />

Lawinen liegt und ob man im Zustieg<br />

mit Lawinengefahr konfrontiert werden<br />

kann (Lawinenlagebericht abrufen).<br />

Die Beurteilung der Kletterbarkeit des<br />

<strong>Eis</strong>es im Hinblick auch auf die Sicherungsmöglichkeiten<br />

erfordert viel Erfahrung.<br />

Die herrschenden Temperaturen<br />

sowie die vorangegangenen Temperaturen<br />

müssen ebenfalls berücksichtigt<br />

werden. Sonneneinstrahlung kann <strong>Eis</strong>schlag<br />

oder sogar das Kollabieren des<br />

gesamten Wasserfalls zur Folge haben.<br />

Am meisten Erfahrung erfordern filigrane<br />

<strong>Eis</strong>gebilde, Säulen und freihängende<br />

Zapfen.<br />

Ob ein Wasserfall oder eine Mixedroute<br />

kletterbar und absicherbar ist, entscheidet<br />

die Beschaffenheit des <strong>Eis</strong>es in<br />

Verbindung mit dem persönlichen Können.<br />

Eine defensive Selbsteinschätzung<br />

schützt vor unnötigem Risiko.<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

5. Die Taktik im Wasserfalleis- und Mixedklettern<br />

Auch die Schwierigkeitsangaben in der<br />

Literatur sind nur ein grober Anhaltspunkt<br />

und differieren oftmals erheblich<br />

(unterschiedliche lokale Standards oder<br />

außergewöhnliche Verhältnisse).<br />

GELÄNDEBEURTEILUNG UND ROUTENWAHL<br />

Die Geländebeurteilung muss das<br />

gesamte Umfeld der Route erfassen.<br />

Die lawinenkundliche Beurteilung muss<br />

frühzeitig erfolgen.<br />

Eine mögliche Linienführung durch die<br />

Route sollte nach der Mächtigkeit und<br />

Struktur des <strong>Eis</strong>es sowie aus sicherungstaktischer<br />

Sicht beurteilt und<br />

geklettert werden.<br />

Bei schwer einschätzbaren ungünstigen<br />

Verhältnissen (relativ warme Temperaturen,<br />

Sonneneinstrahlung oder sehr<br />

kaltes und ausgetrocknetes <strong>Eis</strong>) sollten<br />

freihängende und weniger kompakte<br />

<strong>Eis</strong>formationen gemieden werden.<br />

Oftmals stellt das Abseilen über die<br />

Route die lawinentechnisch und ökologisch<br />

günstigste Variante des Abstiegs<br />

dar.<br />

SICHERUNGSTAKTIK<br />

Die Wahl der Seile hängt von der<br />

Länge und vom Charakter der Tour ab.<br />

Bei leichteren kurzen Wasserfällen kann<br />

ein Einfachseil genügen. Sind die Touren<br />

länger oder muss abgeseilt werden,<br />

sind Zwillingsseile angebracht.<br />

Wenn aufgrund der Struktur und<br />

Schwierigkeit im Zickzack geklettert<br />

werden muss oder die Sicherungsmöglichkeiten<br />

sehr weit auseinander liegen,<br />

sollte mit Halbseilen geklettert werden<br />

(Doppelseiltechnik).<br />

Die Linienführung muss auch nach<br />

sicherungstaktischen Gesichtspunkten<br />

ausgewählt werden. Herauszufiltern<br />

sind Bereiche, die sich als Standplätze<br />

63


64<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

5. Die Taktik im Wasserfalleis- und Mixedklettern<br />

Standplatzwahl außerhalb der Falllinie<br />

eignen (vor <strong>Eis</strong>schlag geschützt, weiterer<br />

Routenverlauf, solides <strong>Eis</strong>, ein Felsstand<br />

oder ein Baum).<br />

Die Linienwahl hängt auch von der<br />

Möglichkeit ab, solide Zwischensicherungen<br />

anzubringen, oder von eventuell<br />

schon vorhandenen Zwischensicherungen<br />

(Felshaken, <strong>Eis</strong>sanduhren,<br />

<strong>Eis</strong>zapfen zum Abbinden etc.). Lieber<br />

kürzere Seillängen wählen; 10 <strong>Eis</strong>schrauben<br />

pro Seilschaft ergeben unter<br />

Umständen nur 6 Zwischensicherungen!<br />

besser natürliche Strukturen des <strong>Eis</strong>es<br />

nutzen, als im schweren Gelände einen<br />

risikobehafteten Stand zu bauen<br />

die Zwischensicherungen vorausschauend<br />

platzieren (in kompaktes <strong>Eis</strong>, vor<br />

schweren Passagen, aus Ruhepositionen<br />

heraus, „Zwischensicherungsnester“,<br />

etc.).<br />

Vor Geländeübergängen sollte grundsätzlich<br />

eine <strong>Eis</strong>schraube gesetzt wer-<br />

den. Oft hört das <strong>Eis</strong> hier schlagartig<br />

auf oder diese Passagen sind unangenehm<br />

zu klettern.<br />

Die <strong>Eis</strong>geräte sollten am Standplatz<br />

sicher verwahrt werden: z.B. an den<br />

Gurt hängen, in den Stand einhängen<br />

oder außerhalb des weiteren Seilverlaufs<br />

platzieren, um keinen Geräteverlust<br />

zu provozieren.<br />

Beim Abseilen ist vor allem bei freihängenden<br />

Gebilden darauf zu achten,<br />

dass man sich und seinen Kletterpartner<br />

nicht durch <strong>Eis</strong>schlag gefährdet.<br />

Der Erste tritt hier eventuell gefährliche<br />

Vorsorgliches Abschlagen von <strong>Eis</strong>zapfen<br />

in der Abseillinie<br />

Zapfen während des Abseilens energisch<br />

ab. Der Nachfolgende seilt hingegen<br />

sehr behutsam ab, um seinen Partner<br />

nicht zu gefährden.<br />

METHODE<br />

Die vielfältigen taktischen Möglichkeiten


können nur anhand vieler Situationsanalysen,<br />

wann immer sie sich anbieten, aufgezeigt<br />

und im Laufe der Zeit in den<br />

eigenen Erfahrungsschatz integriert werden.<br />

Ein abendlicher Bildervortrag kann<br />

auf weitere Möglichkeiten hinweisen.<br />

HILFSMITTEL<br />

Dias und anderes Anschauungsmaterial.<br />

5.6<br />

Tourenplanung<br />

INHALT<br />

Dieses Thema ist sehr komplex und kann<br />

daher nicht in seiner Gänze in diesem<br />

Kapitel abgehandelt werden. Weitere<br />

Informationen zu diesem Thema werden<br />

im Teil I: <strong>Hochtouren</strong>, Abschnitt 7, gegeben.<br />

Auch wird im Kapitel „Führen“ eine<br />

Methode zur Tourenplanung vorgestellt.<br />

Um die Problematik des <strong>Eis</strong>kletterns im<br />

Naturschutzbereich zu minimieren, sei auf<br />

das Kap. „Umweltbildung“ verwiesen.<br />

Hier soll nur ein Leitfaden gegeben werden.<br />

Die Komplexität des Themas sollte man<br />

als Ausbilder den Teilnehmern nahe bringen.<br />

Folgende Parameter müssen mit einbezogen<br />

werden:<br />

Die eigenen Fähigkeiten und die der<br />

Partner richtig einschätzen<br />

Die Tour muss aus der Literatur und der<br />

Karte richtig interpretiert werden.<br />

Die Lawinensituation, das Wetter, die<br />

Temperatur und die Exposition (Sonneneinstrahlung)<br />

sind zu berücksichtigen.<br />

Die aktuellen Verhältnisse (Mächtigkeit,<br />

Temperatur der vergangenen Tage)<br />

sind zu berücksichtigen.<br />

Die Zeitplanung muss realistisch sein<br />

(kurze Tage im Winter).<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

5. Die Taktik im Wasserfalleis- und Mixedklettern<br />

Die Ausrüstung muss richtig<br />

zusammengestellt werden.<br />

METHODE<br />

Die richtige Tourenplanung ist nur über<br />

aktive Entscheidungsprozesse zu erlernen,<br />

die von Anfang an in der Ausbildung<br />

gefördert werden müssen. Das<br />

bedeutet aber auch, dass Fehlplanungen<br />

der Teilnehmer bis zu einem<br />

gewissen Punkt, wenn möglich ohne<br />

Gefährdung, in die Tat umgesetzt werden<br />

sollten, da so ein echter Lernprozess<br />

in Gang gesetzt wird.<br />

Die Gruppe sollte möglichst früh in der<br />

Ausbildung in einem kleinen Referat<br />

erfahren, auf welche Beurteilungskriterien<br />

es ankommt.<br />

In eigener ausführlicher Planung werden<br />

mit Hilfe des Kursleiters die Tourenziele<br />

ausgesucht und im Detail<br />

geplant.<br />

In der Kollektivplanung sollte beachtet<br />

werden, dass die Entscheidungen nicht<br />

als diffuse Gruppenentscheidungen im<br />

Raum stehen bleiben und somit der<br />

Entscheidungsträger die „gesamte<br />

Gruppe“ ist, sondern dass jeder für<br />

sich selbst hinter der Planung steht. Es<br />

ist schließlich das Leben jedes Einzelnen,<br />

das auf Grund einer Fehlplanung<br />

gefährdet werden kann.<br />

In einem weiteren Schritt sollte durchaus<br />

einmal das Fällen einer Einzelentscheidung<br />

geübt und umgesetzt werden.<br />

Das kann z.B. so geschehen, dass<br />

ein Teilnehmer seine Tourenplanung<br />

der ganzen Gruppe vorträgt, zur<br />

Diskussion stellt und sie am folgenden<br />

Tag in die Praxis umsetzt.<br />

HILFSMITTEL<br />

Kletterführer, Karte, Dias, Arbeitsblätter,<br />

Checkliste.<br />

65


66<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

6. Kursplanung<br />

6. Kursplanung<br />

Jeder, der schon einmal einen Kurs geplant<br />

hat, weiß, dass die Hauptgefahren<br />

darin bestehen, zuviel Inhalte in einen<br />

Kurs packen und den zeitlichen Ablauf<br />

minutiös planen zu wollen.<br />

Um diesen Fehlern vorzubeugen, sollte<br />

man nach folgendem Leitsatz verfahren:<br />

„Lieber Weniges gut als Vieles schlecht<br />

ausbilden.“ Zudem sollte der Tag nur in<br />

drei Teile, den Vormittag, Nachmittag und<br />

Abend, gegliedert werden.<br />

In diesem Kapitel werden nur Kurse über<br />

2-3 Tage thematisiert, da beim Wasserfalleisklettern<br />

meist von Grundkenntnissen<br />

aus dem Bereich Felsklettern und/oder<br />

dem klassischen <strong>Eis</strong>tourengehen ausgegangen<br />

werden kann. Sollten solche<br />

Grundkenntnisse, vor allem in der Sicherungstechnik,<br />

fehlen, sind Kurslängen von<br />

einer Woche notwendig; siehe auch Kursplanung<br />

„<strong>Eis</strong>“ Teil I.<br />

6.1<br />

Wasserfalleiskletter-<br />

Grundkurs, 3 Tage<br />

(Voraussetzung: Erfahrung mit Steigeisen<br />

und <strong>Eis</strong>geräten in klassischem Gelände<br />

sowie Grundkenntnisse in der Sicherungstechnik)<br />

ZIEL<br />

Steiles Wasserfalleis bis max. WI 4 sicher<br />

und kraftsparend bewältigen können;<br />

spezielle Grundkenntnisse über Sicherungstechnik,<br />

Taktik und Tourenplanung<br />

erlernen.<br />

INHALT<br />

Durch die zu erwartenden sehr unterschiedlichen<br />

Grundvoraussetzungen der<br />

Teilnehmer müssen die Kursinhalte sowie<br />

das Gelände sehr variabel sein. Die Gruppenstärke<br />

sollte pro Ausbilder 6 Teilnehmer<br />

nicht überschreiten, um ein erfolgversprechendes<br />

und sicheres Arbeiten zu<br />

gewährleisten.<br />

Schulung der Steigeisentechniken im<br />

Wasserfalleis bis 90°<br />

sinnvolle Gerätebereitstellung<br />

Setzen der <strong>Eis</strong>geräte unter Berücksichtigung<br />

der <strong>Eis</strong>beschaffenheit<br />

richtiges Anbringen von Fixpunkten und<br />

sichere Standplatzbereitung<br />

Vorstiegstraining (je nach Können)<br />

Taktik im Wasserfalleis<br />

sinnvolle Materialbereitstellung<br />

sicherer Rückzug aus Wasserfalleisrouten<br />

richtiges Einrichten einer Toprope-<br />

Umlenkung mit Hintersicherung (vgl.<br />

Kap. Sicherung 5.3)<br />

Beurteilung der Gesamtsituation und<br />

Tourenplanung.<br />

WEITERE THEMEN<br />

Spezielle Wasserfalleisklettertechniken<br />

Sicherungstheorie<br />

Wetterkunde, Lawinenkunde.


6.2<br />

Fortgeschrittenenkurs, 3 Tage<br />

ZIEL<br />

Sehr steiles Wasserfalleis, Säulen und<br />

<strong>Eis</strong>glasuren können hier auf dem Programm<br />

stehen. Das Erlernen spezieller<br />

Wasserfalleisklettertechniken, Sicherungstechniken<br />

und Taktiken sind das Ziel.<br />

INHALT<br />

Das Klettern sollte an soliden steilen<br />

Wasserfällen erfolgen. Die schweren Passagen<br />

müssen nicht sehr lang sein und<br />

sollten im Toprope geklettert werden.<br />

Techniktraining, nicht Psychotraining!<br />

Erweiterte <strong>Eis</strong>klettertechniken<br />

Vorstiegstraining (je nach Können)<br />

Techniktraining<br />

ausgefeilte Sicherungstechniken<br />

Fixpunkte in schlechtem <strong>Eis</strong><br />

Abalakow <strong>Eis</strong>sanduhr<br />

Taktik<br />

Tourenplanung<br />

Beurteilung der Gesamtsituation<br />

Materialtuning.<br />

6.3<br />

Mixedkletterkurs, 2 - 3 Tage<br />

(Voraussetzung: fortgeschrittener <strong>Eis</strong>kletterer)<br />

ZIEL<br />

Mixedrouten sicher klettern und planen<br />

können; besonderer Wert muss hier auf<br />

die Beurteilung der Kletterbarkeit gelegt<br />

werden, sofern es sich nicht um „Sportkletter-Mixedrouten“<br />

handelt, die ausschließlich<br />

mit Bohrhaken ausgestattet<br />

sind.<br />

INHALT<br />

Das Klettern sollte hier an gut absicherbaren<br />

Routen ohne Handschlaufen erfolgen.<br />

Vorsicht auf Verletzungsgefahr! Techniktraining,<br />

nicht Psychotraining!<br />

Dry-Tool-Techniken<br />

spezielle Sicherungstechniken<br />

Vorstiegstraining (je nach Können)<br />

Techniktraining<br />

Taktik<br />

<strong>Eis</strong>klettern/Mixedrouten<br />

6. Kursplanung<br />

Beurteilung der Kletterbarkeit, Absicherbarkeit<br />

und Gesamtsituation<br />

Tourenplanung<br />

Materialauswahl und Tuning.<br />

67


68<br />

<strong>Eis</strong>klettern<br />

Literatur<br />

Literatur<br />

Alpin-Lehrplan Band 3, <strong>Hochtouren</strong> / <strong>Eis</strong>klettern, BLV-Verlag, München<br />

Jeff Lowe, Ice World, The Mountaineers<br />

Craig Luebben, How to Iceclimb, Falcon Guide<br />

Sean Isaac, Mixed Climbing, Falcon Guide

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