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Führen - JDAV

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Inhalt<br />

<strong>Führen</strong><br />

Inhalt<br />

Einführung 2<br />

1. Führungsstile und Erlebniswert 3<br />

1.1. Gruppengrößen 5<br />

2. Tourenplanung 7<br />

3. Durchführen der Tour 11<br />

4. <strong>Führen</strong> ohne Seil 13<br />

4.1 Wege und Steige 13<br />

4.2 Wegloses Gelände 13<br />

4.3 Firnfelder 13<br />

4.4 Klettersteige 14<br />

5. Führungstechnik mit Seil 16<br />

5.1 Fixseil 16<br />

5.2 Geländerseil 18<br />

5.3 Gleichzeitiges Gehen am Seil 20<br />

5.4 Seiltransport 20<br />

5.5 Gleitendes Seil 21<br />

5.6 Gestaffeltes Klettern 24<br />

5.7 Gletscherseilschaft 24<br />

5.8 Seilsicherung an Klettersteigen 26<br />

6. Seilschaft und Standplätze 28<br />

6.1 Weiche oder Doppelseil 28<br />

6.2 Stand: Wann, wie und wo 29<br />

6.3 Standplatzorganisation Fels 30<br />

6.4 Standplatzorganisation Eis 30<br />

7. Abstieg mit Seil 32<br />

7.1 Ablassen 33<br />

7.2 Abseilen 34<br />

8. Pendelstürze vermeiden 35<br />

9. Betreuen mehrerer Seilschaften 39<br />

1


2<br />

<strong>Führen</strong><br />

Einführung<br />

Einführung<br />

Das Thema <strong>Führen</strong> hat viele Aspekte. Tourenplanung und führungstechnische Maßnahmen<br />

auf der einen und Fragen des Führungsstils, des Erlebniswertes und des<br />

Umgangs mit gruppendynamischen Prozessen auf der anderen Seite. Die vorliegende<br />

Auflage streift die psychologischen Themen lediglich und konzentriert sich auf die führungstechnischen<br />

Maßnahmen. Dies geschieht im Sinne eines praxisbezogenen Leitfadens,<br />

soll aber in keiner Weise die Bedeutung eines entsprechenden psychologischen<br />

Hintergrundwissens und eines gewissen Feingefühls im Umgang mit Menschen herabsetzen.<br />

Spezielle führungstechnische Maßnahmen auf Ski- oder Snowboardtouren finden sich<br />

im Kapitel „Skibergsteigen“. Verwiesen sei auch auf das Kapitel „Recht“. Die Einhaltung<br />

der jeweils üblichen Sorgfaltspflichten eines <strong>Führen</strong>den gerät zunehmend in den<br />

Blickpunkt juristischer Auseinandersetzungen.<br />

Da das Thema <strong>Führen</strong> vom Fachübungsleiter in der Regel nicht weiter vermittelt, sondern<br />

selbst umgesetzt wird, fehlen hier die ansonsten vorhandenen methodischen<br />

Hinweise und Tipps.<br />

Für das <strong>Führen</strong> am kurzen Seil wird der Fachübungsleiter nicht ausgebildet. Führungen<br />

in anspruchsvollem hochalpinem Gelände sollten daher nicht Inhalt von Sektionsprogrammen<br />

sein bzw. nur von staatlich geprüften Bergführern durchgeführt werden. (Vgl.<br />

Abschnitt 5.3 und Kap. „Recht“, Abschnitt 2.)


1. Führungsstile und Erlebniswert<br />

Gruppen lassen sich auf unterschiedliche<br />

Weise leiten. Hier werden der „transparente“<br />

und der „autoritäre“ Führungsstil<br />

aufgezeigt. Das heißt aber nicht, dass es<br />

nur diese beiden Formen gibt. Im Gegenteil,<br />

beim Bergsteigen kommen - wie im<br />

„wirklichen“ Leben - alle Zwischenformen<br />

vor.<br />

DER TRANSPARENTE FÜHRUNGSSTIL<br />

Der Leiter einer transparent geführten<br />

Gruppe lässt seine Teilnehmer am Entscheidungsprozess<br />

teilhaben. Dabei gibt<br />

es zwei Möglichkeiten. Variante eins<br />

betrifft Entscheidungen, die der Leiter für<br />

erforderlich hält. Hier informiert er seine<br />

Teilnehmer über die Situation, über das<br />

Für und Wider und begründet seine Entscheidung.<br />

Bei Variante zwei bringt er<br />

seine Fachkompetenz so in den Entscheidungsprozess<br />

ein, dass dieser offen ist<br />

und demokratisch von der Gruppe beeinflusst<br />

werden kann. Die Gruppenmitglieder<br />

erleben sich als mündige Partner,<br />

deren Interessen und Meinungen wichtig<br />

sind.<br />

Beim transparenten Führungsstil können<br />

Selbstständigkeit, Initiative und Integrität<br />

der Teilnehmer wichtige und eigenständige<br />

Ziele sein, die dem Sachziel „Bergsteigen“<br />

ebenbürtig gegenüberstehen. Offenheit<br />

und gegenseitiges Feedback sind im<br />

Rahmen dieser Ziele wünschenswert und<br />

notwendig. Sie sind realisierbar, ohne<br />

dass jemand über seinen Schatten springen<br />

muss. Offenheit ist auch immer die<br />

Voraussetzung für befriedigende Kommunikation<br />

- also dafür, dass Gefühle mitgeteilt<br />

und Konflikte frühzeitig erkannt werden<br />

können.<br />

Voraussetzungen:<br />

Das fachliche Wissen des Leiters muss<br />

<strong>Führen</strong><br />

1. Führungsstile und Erlebniswert<br />

fundiert sein, da er häufig begründet,<br />

rechtfertigt, seine Position dem Prüfstand<br />

der Gegenrede aussetzt.<br />

Über fachliches Wissen hinaus werden<br />

vom Leiter weitere Kompetenzen gefordert.<br />

Er muss über Geduld verfügen,<br />

muss Wertschätzung glaubhaft vermitteln<br />

können und er benötigt ein gewisses<br />

Maß an Menschenkenntnis. Grundkenntnisse<br />

über Gruppenprozesse sind<br />

in diesem Zusammenhang hilfreich.<br />

Vorteile:<br />

Die Motivation zum Lernen entspringt<br />

dem eigenen Wollen. Eigeninitiative<br />

und Engagement sind groß. Wer den<br />

Lernprozess mitsteuert, hat gute Lernerfolge.<br />

Das Gruppenklima wird von allen als<br />

angenehm empfunden. Gruppenmitglieder<br />

erleben die Wertschätzung durch<br />

die anderen als Persönlichkeitsstärkung.<br />

In der Folge verringern sich Gefühle der<br />

Unsicherheit und die Angst vor eigenem<br />

Versagen.<br />

Nachteile:<br />

Es kostet Zeit, Entscheidungen zu<br />

begründen oder Entscheidungen durch<br />

Diskussionen vorzubereiten und demokratisch<br />

zu fällen.<br />

Die bergsteigerische Leistungsfähigkeit<br />

der Gruppe kann dadurch unter ihren<br />

Möglichkeiten bleiben.<br />

DER AUTORITÄRE FÜHRUNGSSTIL<br />

Der Leiter versteht sich als Dreh- und<br />

Angelpunkt. Er geht davon aus, dass niemand<br />

wichtige Aufträge so verlässlich<br />

ausführt wie er selbst. Er holt wichtige<br />

Auskünfte und Informationen persönlich<br />

3


4<br />

<strong>Führen</strong><br />

1. Führungsstile und Erlebniswert<br />

ein und gibt sie nur im Bedarfsfall weiter.<br />

Er trifft Entscheidungen im wesentlichen<br />

allein, Anordnungen werden nicht begründet.<br />

Im Sinne einer optimierten Logistik<br />

erhalten die Teilnehmer ihnen angemessene<br />

Aufgaben.<br />

Die Gruppenmitglieder können zwar Vorschläge<br />

machen, haben aber keinen Anspruch<br />

auf Mitgestaltung. Per Definition<br />

kennt die Gruppe keine Konflikte - das<br />

Eingeständnis vorhandener Konflikte<br />

käme einem Versagen gleich. Probleme<br />

werden durch „Straffen der Zügel“ oder<br />

„Machtworte“ gelöst.<br />

Voraussetzung:<br />

Der Leiter besitzt die erforderliche Sachkompetenz,<br />

um die von ihm durchgeführten<br />

Unternehmungen fachgerecht anzuleiten.<br />

Vorteile:<br />

Autoritär geführte Bergsteigergruppen<br />

„funktionieren“ gut. Sie sind am Berg<br />

schnell, haben eine klare Verteilung der<br />

Gruppenaufgaben und der Gruppenpositionen.<br />

So lange der Führer richtig<br />

entscheidet und über entsprechende<br />

Sachkompetenz verfügt, wird die Gruppe<br />

bergsteigerisch gut agieren.<br />

In Gefahrensituationen wird schnell und<br />

effektiv nach den Anweisungen des Leiters<br />

gehandelt.<br />

Nachteile:<br />

Autoritäre Führung ist nicht zeitgemäß.<br />

Wer in Familie, Schule, Beruf, Verein<br />

erlebt hat, dass es weniger restriktiv<br />

nicht nur auch, sondern sogar besser<br />

geht, wird in einer Bergsteigergruppe<br />

Widerstand leisten, wenn der Leiter<br />

„autoritär“ auftritt.<br />

In der autoritär geführten Gruppe wird<br />

weniger gelernt. Zwar können die Gruppenmitglieder<br />

vieles „abschauen“ und<br />

von der Persönlichkeit des Führers pro-<br />

fitieren, sie gelangen aber nie zu dem<br />

wichtigen Schritt, selbstständig und<br />

selbstverantwortlich zu handeln und zu<br />

entscheiden.<br />

Allein auf sich gestellt, werden sie weniger<br />

gute Bergsteiger sein, als vergleichbare<br />

Personen aus anders geführten<br />

Gruppen.<br />

Das Klima in autoritär geführten Gruppen<br />

ist oft unangenehm. Man hat<br />

Angst, etwas falsch zu machen oder<br />

leistungsmäßig zu versagen. „Lockerheit“<br />

und Selbstsicherheit stellen sich<br />

selten ein.<br />

FÜHREN IN DER PRAXIS<br />

In der Praxis kommen beide Führungsstile<br />

vor und beide haben ihre Schwächen.<br />

Während sich die Schwächen des transparenten<br />

Stils auf die wenigen Situationen<br />

beschränken, in denen schnell und<br />

effektiv gehandelt werden muss, betreffen<br />

die Schwächen des autoritären Stils<br />

das gesamte Miteinander der Gruppe.<br />

Im Sinne einer Optimierung lassen sich<br />

die Stile aber auch kombinieren. Das<br />

mag wie ein Widerspruch klingen, verträgt<br />

sich in der Praxis aber durchaus.<br />

Führung erlaubt, ja erfordert die Fähigkeiten<br />

aller Beteiligten. Führung gestattet,<br />

dass Aufgaben verteilt werden. Sie<br />

gestattet aber genauso, dass Verantwortung<br />

delegiert wird und die Gruppenmitglieder<br />

wirklich selbst entscheiden bzw.<br />

mitentscheiden können.<br />

ENTSCHEIDUNGSPROZESS<br />

Die Muster, nach denen Entscheidungen<br />

getroffen werden, müssen kommuniziert<br />

sein. Dann weiß jedes Gruppenmitglied,<br />

wie eine betreffende Situation einzuschätzen<br />

ist.<br />

Stellt der Leiter eine Entscheidung zur<br />

Disposition, kann wirklich die Gruppe<br />

entscheiden.


Sammelt der Leiter von den Teilnehmern<br />

Argumente für und wider eine<br />

bestimmte Entscheidung und legt seine<br />

eigene Sichtweise offen, geht es darum,<br />

aus der gegebenen Situation<br />

einen möglichst großen Lernerfolg zu<br />

erhalten. Die Entscheidung ist in solchen<br />

Fällen nur noch bedingt der Gruppe<br />

überlassen.<br />

Teilt der Leiter eine Entscheidung kategorisch<br />

mit, ist klar, dass eine Gefahrensituation<br />

vorliegt, die rasches Handeln<br />

erforderlich macht.<br />

AUTHENTIZITÄT<br />

Wichtig dabei ist Authentizität. Transparentes<br />

<strong>Führen</strong> betrachtet die Gruppenmitglieder<br />

nicht als Marionetten, die letztlich<br />

das tun, was der Führer selbst tun könnte<br />

oder auf dem Umweg demokratischen<br />

Scheins anordnet. Transparentes <strong>Führen</strong><br />

stellt klar, wer wann was entscheidet und<br />

basiert auf gegenseitiger Wertschätzung.<br />

Der transparente Führungsstil ist ein<br />

Grundwerkzeug erfolgreichen <strong>Führen</strong>s.<br />

WERTSCHÄTZUNG<br />

Wie lässt sich Wertschätzung mitteilen,<br />

ohne dass sie als aufgesetztes und<br />

durchsichtiges pädagogisches Instrument<br />

entlarvt wird? Kommunikationstechniken<br />

sind lernbar - das Menschenbild, das in<br />

letzter Instanz unser Verhalten steuert,<br />

nicht. Wer seine Teilnehmer als ebenbürtige<br />

Menschen betrachtet, wird in diesem<br />

Punkt wenig Schwierigkeiten haben. Es<br />

mag eine Hilfe sein, im Teilnehmer immer<br />

zuerst den Menschen zu sehen und erst<br />

in zweiter Linie den Bergsteiger. Oder<br />

<strong>Führen</strong><br />

1. Führungsstile und Erlebniswert<br />

anders ausgedrückt: Den Menschen, der<br />

nur einen kleinen Teil seines Lebens für<br />

das Bergsteigen aufwendet und manche<br />

Techniken deshalb nur mäßig beherrscht.<br />

ERLEBNISWERT<br />

Durch den Führungsstil wird schon ganz<br />

wesentlich der Erlebniswert der Tour mitgeprägt.<br />

Unabhängig davon ist es für<br />

jeden Kursleiter oder <strong>Führen</strong>den wichtig<br />

zu wissen, was seine Teilnehmer in erster<br />

Linie von der Veranstaltung erwarten.<br />

Ihre Priorität kann auf ganz verschiedenen<br />

Ebenen liegen. „Naturerlebnis“, „Ich-<br />

Erlebnis“ und „Gruppenerlebnis“ sind in<br />

diesem Zusammenhang Ecksäulen möglicher<br />

Interessenlagen.<br />

Sowohl durch eine Frage-Runde, in der<br />

die Erwartungshaltung der Teilnehmer<br />

geklärt wird, als auch durch aufmerksames<br />

Beobachten wird der Leiter die Wünsche<br />

seiner Teilnehmer ergründen und<br />

Maßnahmen ergreifen, die ihnen positive<br />

Erlebnisse in den einzelnen Bereichen<br />

ermöglichen.<br />

1.1<br />

Gruppengrößen<br />

Oft diskutiert wird die zumutbare Gruppengröße<br />

bei Führungen und Ausbildungskursen.<br />

Prinzipiell sind kleinere<br />

Teilnehmerzahlen günstiger. Zum einen<br />

wird die Lernsituation als angenehmer<br />

empfunden, zum anderen leidet bei zu<br />

großen Gruppen oft die Qualität der<br />

Betreuung und die Sicherheit.<br />

Die innerhalb des DAV empfohlenen<br />

maximalen Teilnehmerzahlen pro Übungs-<br />

5


6<br />

<strong>Führen</strong><br />

1. Führungsstile und Erlebniswert<br />

leiter bzw. <strong>Führen</strong>dem oder Lehrendem<br />

sind wie folgt:<br />

Ausbildungskurse mit klettertechnischen<br />

bzw. sicherheitsrelevanten Inhalten: bis zu 6 Personen<br />

Führungssituation in Fels und Eis: 1-2 Personen<br />

Betreuung selbstständiger Seilschaften in Fels und Eis: 3-5 Personen<br />

Führung von Skitouren (je nach Schwierigkeitsgrad): 4-6, max. 8 Personen<br />

Führung von Skivarianten abseits der Pisten: 6, max. 8 Personen<br />

Führung von Gletscherseilschaften: 3-7 Personen<br />

Führung anspruchsvoller Hochtouren: 1-2 Personen<br />

Bergwanderführungen: bis zu 12 Personen<br />

Klettersteigführungen: bis zu 8 Personen<br />

Für anspruchsvolle Führungen am kurzen Seil (in hochalpinem und kombiniertem<br />

Gelände) werden Fachübungsleiter nicht ausgebildet. Diese Tätigkeit sollte auch bei<br />

Sektionsveranstaltungen nur durch staatlich geprüfte Bergführer ausgeübt werden.


2. Tourenplanung<br />

Das Kapitel Tourenplanung basiert auf<br />

einem Konzept des Schweizer Zentrums<br />

für Alpinausbildung (www.bergpunkt.ch).<br />

Bergpunkt schlägt dazu sieben Schritte<br />

vor, die bei jeder Planung durchgearbeitet<br />

werden. Das Schema ist hier auf fünf<br />

Schritte reduziert:<br />

1. Informationen<br />

2. Schlüsselstellen<br />

3. Alternativen und Checkpunkte<br />

4. Zeit, Ausrüstung und Kontrolle<br />

5. Umsetzung<br />

Diese Vorgehensweise schließt bereits ein<br />

Risikomanagement mit ein und verträgt<br />

sich sehr gut mit den Kernforderungen<br />

des „Systematischen Planens“ sowie dem<br />

Arbeiten mit „Entscheidungszenarien“<br />

und „Checkpunkten“ (vgl. Kap. „Skibergsteigen“).<br />

Weitere Informationen zu einer<br />

auch ökologisch sinnvollen Tourenplanung<br />

finden sich im Kap. „Umweltbildung“.<br />

1. INFORMATIONEN<br />

Im ersten Schritt machen wir uns ein Bild<br />

über die Route und sammeln alle Informationen<br />

bezüglich des Geländes, der<br />

Verhältnisse sowie der Teilnehmer.<br />

Am besten zeichnen wir dazu die Tour<br />

auf einer Karte im Maßstab 1:25.000 ein<br />

und bestimmen vorerst grob die kritischen<br />

Stellen und den Zeitbedarf. Sämtliche<br />

Informationen, die wir via Telefon<br />

oder Internet einholen können, halten wir<br />

dabei fest.<br />

Dann interessiert uns genauer, wer auf<br />

diese Tour mitkommt. Passt das zu den<br />

technischen und konditionellen Ansprüchen<br />

dieser Tour? Ein kurzer Check der<br />

Rahmenbedingungen (Anreisemöglichkeiten,<br />

Seilbahn- und Busfahrpläne, Über-<br />

nachtungsmöglichkeiten, ökologische<br />

Gegebenheiten) vervollständigt den Überblick<br />

über die geplante Tour.<br />

Informationsquellen für das Routenstudium<br />

Karte 1:25.000 für die Detailplanung<br />

Literatur: Wander-, Kletter- oder Skitourenführer<br />

Hüttenwarte, Bergführer und andere<br />

Gebietskenner<br />

Bilder, Postkarten<br />

Einblick von benachbarter Tour aus<br />

(ein Fernglas hilft).<br />

2. SCHLÜSSELSTELLEN<br />

<strong>Führen</strong><br />

2. Tourenplanung<br />

Nachdem wir uns einen Überblick verschafft<br />

haben, suchen wir systematisch<br />

nach Schlüsselstellen und studieren<br />

diese. Wir müssen uns für jede Passage<br />

ein genaues Bild machen und eine Strategie<br />

entwickeln, wie wir sie begehen<br />

können: Wie sieht das Gelände genau<br />

aus? Wie steil ist es? Welche Verhältnisse<br />

können wir dort erwarten? Wie kann<br />

diese Stelle begangen werden? Kann ich<br />

das den Teilnehmenden und mir zutrauen?<br />

Wie muss das Wetter, wie die Sicht<br />

sein? Von wo aus kann ich die Schlüsselstelle<br />

erstmals einsehen usw.<br />

Manchmal erkennen wir im Detailstudium<br />

der Schlüsselstellen, dass bestimmte Verhältnisse<br />

vorherrschen müssen, damit wir<br />

diese Stellen begehen können. Dies ist<br />

wichtig festzuhalten, weil wir uns unterwegs<br />

rechtzeitig versichern müssen, ob<br />

diese Bedingungen auch tatsächlich<br />

zutreffen. Zur Erhöhung der Sicherheitsreserve<br />

überlegen wir uns, ob zusätzlich<br />

taktische Maßnahmen nötig sind und<br />

welche spezielle Ausrüstung wir benötigen<br />

(Pickel, Seil, Anseilgurt usw.).<br />

7


8<br />

<strong>Führen</strong><br />

2. Tourenplanung<br />

Erste Fragen zur Route:<br />

Wo verläuft die Route?<br />

Wo sind die heikelsten Stellen?<br />

Gibt es Stellen mit Absturzgefahr?<br />

Bestehen besondere Anforderungen an<br />

das Können der Teilnehmer?<br />

Gibt es Kletterstellen? Schwierigkeitsgrad?<br />

Zu bewältigende Höhenmeter, Horizontaldistanz,<br />

Gesamtzeit?<br />

Wo gibt es Orientierungsschwierigkeiten<br />

bei Nebel?<br />

Auf Gletschern: Wo sind Spaltenzonen?<br />

Gibt es Eisschlaggefahr?<br />

Bei Skitouren: Lawinenlagebericht einholen<br />

und studieren (vgl. Kapitel „Skibergsteigen“<br />

und „Lawinen“)<br />

Sollten bestimmte Geländebereiche aus<br />

Naturschutzgründen gemieden werden?<br />

Fragen zum Wetterbericht:<br />

Wie ist die Prognose? Wie sicher ist<br />

sie?<br />

Wie ist die Großwetterlage? Wie ist die<br />

Tendenz?<br />

Ist mit Nebel zu rechnen? Wie hoch ist<br />

die Wolkenbasis?<br />

Wind- und Temperaturvorhersage? Voraussichtliche<br />

Niederschlagsmenge?<br />

Fragen zum Leistungsvermögen der<br />

Tourengruppe:<br />

Wer kommt mit?<br />

Gibt es große Niveauunterschiede?<br />

Wie gut sind Kondition, technische<br />

Fähigkeiten und Bergerfahrung, insbesondere<br />

der Schwächsten?<br />

Welche Vorstellungen und Wünsche<br />

sind vorhanden? Motivation?<br />

Wer ist verantwortlich? Wer entscheidet?<br />

Wie werden die Gruppenmitglieder<br />

informiert und organisiert? Erreichbarkeit?<br />

Sind die Teilnehmer gut ausgerüstet?<br />

Wer organisiert das Gruppenmaterial?<br />

3. ALTERNATIVEN UND CHECKPUNKTE:<br />

Ist die Tour soweit geplant, dass wir die<br />

zu erwartenden Verhältnisse, die Teilnehmer<br />

und die Route gut kennen und die<br />

Tücken der Schlüsselstellen entdeckt<br />

haben, geht es darum, Alternativen zu<br />

planen. Das können Varianten zur Vermeidung<br />

einer Schlüsselstelle sein, ein<br />

Alternativziel auf halbem Weg oder ein<br />

anderes Tourenziel. Dies ist nötig, weil<br />

wir im Voraus nie ganz sicher sein können,<br />

ob die Einschätzung der Verhältnisse,<br />

des Geländes und der Teilnehmer<br />

den Tatsachen entsprechen.<br />

Die Planung verschiedener Varianten<br />

ermöglicht uns, kurzfristig auf Alternativziele<br />

auszuweichen. Wenn wir zu eng und<br />

ohne Varianten nach dem Prinzip „alles<br />

oder nichts“ planen, neigen wir dazu,<br />

Gefahren zu unterschätzen, nur weil alle<br />

Alternativen unbefriedigend bzw. gar<br />

keine vorhanden sind.<br />

An Checkpunkten müssen wir uns darüber<br />

klar werden, welche Tourenvariante<br />

wir einschlagen oder mit welcher Taktik<br />

eine Schlüsselstelle bewältigt werden<br />

soll.<br />

Die maßgebenden Kriterien dazu müssen<br />

wir in der warmen Stube festlegen (Szenario),<br />

denn unterwegs unter Zeit- und<br />

Gruppendruck wird leicht etwas übersehen.<br />

Auf Papier oder im Kopf planen wir<br />

unsere Gedankengänge für jeden einzelnen<br />

Entscheidungspunkt im Sinne von<br />

Wenn-Dann-Überlegungen.<br />

Entscheidungspunkte liegen typischerweise<br />

vor Schlüsselstellen oder Verzwei-


gungen. Wir planen sie aber auch vor<br />

dem „Point of no return“, nach welchem<br />

eine Umkehr unmöglich bzw. sehr aufwändig<br />

wird.<br />

4. ZEIT, AUSRÜSTUNG UND KONTROLLE<br />

Auf der Basis aller Vorarbeiten stellen wir<br />

jetzt einen genauen Zeitplan auf. Die<br />

benötigte Ausrüstung wird definitiv festgelegt.<br />

Was benötigen die einzelnen Teilnehmer,<br />

was führen wir als Gruppenmaterial<br />

mit (Seile etc.)? Alle Notizen können<br />

auf einem Planungsformular festgehalten<br />

werden.<br />

Vorgehen bei der Zeitplanung:<br />

Muss man zu einer bestimmten Zeit<br />

eine Stelle passiert haben oder zurück<br />

im Tal sein (Nassschnee, Dunkelheit,<br />

letzte Bahn, Störung von Wild)?<br />

Rahmen festlegen: Treffpunkt, Startzeit,<br />

Gipfelankunft, Rückkehr<br />

Reservezeit abschätzen, evtl. Umkehrzeit<br />

festlegen<br />

Pausen taktisch geschickt verteilen<br />

Achtung vor „Zeitfressern“ wie<br />

- technischer oder konditioneller<br />

Überforderung<br />

- Spurarbeit<br />

- nicht eingeplanten Sicherungsmanövern<br />

- unklarem Weiterweg (Nebel)<br />

- Missverständnissen<br />

- Pausen aller Art<br />

Zeitberechnung:<br />

Alleingeher oder sehr schnelle Gruppe<br />

beim Aufstieg im Sommer: 500 Höhenmeter<br />

pro Stunde<br />

durchschnittlich schnelle Gruppe beim<br />

Aufstieg im Sommer oder sehr schnelle<br />

Gruppe im Winter: 400 Höhenmeter pro<br />

Stunde<br />

<strong>Führen</strong><br />

2. Tourenplanung<br />

durchschnittliche Gruppe beim Aufstieg<br />

im Winter: 300 Höhenmeter pro Stunde<br />

Die Distanz wird mit 5 Kilometern pro<br />

Stunde veranschlagt.<br />

Pausenzeiten müssen dazu addiert werden.<br />

Die gesamte Gehzeit wird mit der Formel<br />

größerer Zeitwert + die Hälfte des<br />

kleineren Zeitwerts bestimmt. Beispiel:<br />

Für eine Skitour mit 900 Hm und einer<br />

Strecke von 5 km lautet die Gehzeitberechnung:<br />

3 Stunden für die Höhendifferenz<br />

+ 1 Stunde geteilt durch 2 für<br />

die Strecke = 31 / 2 Stunden Gehzeit +<br />

Pausen.<br />

Abfahrt (Ski/Snowboard): Man rechnet<br />

rund ein Viertel der Aufstiegszeit ein.<br />

Die Zeit ist stark vom Gelände, den<br />

Verhältnissen und der Fahrtechnik<br />

abhängig.<br />

Abstieg (zu Fuß): Man rechnet rund die<br />

Hälfte bis zwei Drittel der Aufstiegszeit<br />

ein.<br />

Kontrolle:<br />

Ist die Planung soweit abgeschlossen,<br />

machen wir einen abschließenden Gesamt-Check.<br />

Jede einzelne Etappe der<br />

Tour, von der Anreise über die Gipfelbesteigung<br />

bis zurück nach Hause, wird<br />

bezüglich des Risikos noch einmal systematisch<br />

durchgegangen. Für jedes Teilstück<br />

stellen wir uns die Frage, was hier<br />

unter welchen Bedingungen schief gehen<br />

könnte und wie wahrscheinlich das ist. In<br />

einem zweiten Schritt betrachten wir<br />

noch einmal die Gesamtplanung und fragen<br />

uns, wie sich einzelne Teilaspekte<br />

gegenseitig negativ beeinflussen können<br />

(beispielsweise könnte das Verpassen<br />

eines Zuganschlusses während der Anreise<br />

kritisch werden, weil die zunehmende<br />

Erwärmung im Laufe des Tages den Hüttenaufstieg<br />

gefährlich macht). Bei jedem<br />

aufgespürten, sicherheitsrelevanten As-<br />

9


10<br />

<strong>Führen</strong><br />

2. Tourenplanung<br />

pekt stellen wir uns die Frage, mit welchen<br />

Maßnahmen wir dieses Risiko minimieren<br />

wollen.<br />

5. UMSETZUNG<br />

Spätestens jetzt müssen alle Teilnehmer<br />

im Rahmen einer Vorbesprechung informiert<br />

werden, sofern sie nicht bereits<br />

vorher in den Planungsprozess einbezogen<br />

worden sind. Bei der Vorbesprechung<br />

erfolgt eine Information über Ziel,<br />

Schwierigkeit, Dauer, Verhältnisse, Alternativen<br />

und Ausrüstung.<br />

Die Planung geht dann fließend in eine<br />

„rollende“ Planung über. Laufend sammeln<br />

wir neue Informationen (hat sich<br />

das Wetter über Nacht so entwickelt wie<br />

angenommen? Sind am Morgen alle Teilnehmer<br />

fit usw.). Unterwegs heißt „rollende“<br />

Planung, aufgrund der angetroffenen<br />

Verhältnisse und entsprechend der<br />

geplanten Szenarien zu entscheiden. Man<br />

wählt die jeweils beste der vorgesehenen<br />

Alternativen und nicht etwa spontan<br />

irgendeine andere Variante, die nie<br />

geplant wurde.


3. Durchführen der Tour<br />

Die beschriebene „rollende“ Planung<br />

läuft während der gesamten Tour weiter.<br />

Hinzu kommen wichtige allgemeine Aspekte<br />

der Führungstechnik sowie spezielle<br />

führungstechnische Maßnahmen.<br />

AUFBRUCH<br />

Wie kann der rechtzeitige Aufbruch<br />

gewährleistet werden?<br />

- Wer weckt wann?<br />

- Rucksack bereits gepackt<br />

- Frühstück organisiert<br />

- alle Teilnehmer informiert.<br />

Check des Wetters:<br />

- Überprüfen wichtiger Wetterfaktoren<br />

- Vergleich mit der Wetterprognose<br />

des Vortags<br />

- Entscheidung, ob am Tourenziel festgehalten<br />

werden kann, eine Ausweichtour<br />

gemacht werden muss<br />

oder ob überhaupt keine Tour möglich<br />

ist.<br />

Ausrüstungskontrolle. Alle vereinbarten<br />

Gegenstände werden angesprochen<br />

und von den Teilnehmern bestätigt.<br />

Inwieweit eine tatsächliche Überprüfung<br />

der Ausrüstung notwendig ist, muss<br />

situativ entschieden werden.<br />

Bei Skitouren:<br />

- Abfragen des aktualisierten Lawinenlageberichts<br />

- Kontrolle der Lawinenverschüttetensuchgeräte<br />

(VS-Check).<br />

TEMPO<br />

Das Tempo soll der Länge der Tour<br />

und der Leistungsfähigkeit der schwächeren<br />

Gruppenmitglieder angepasst<br />

sein.<br />

Man beginnt langsam (besonders während<br />

der ersten halben Stunde), um<br />

dann das richtige Tempo zu finden. Indikator<br />

für ein angemessenes Anfangstempo<br />

ist, dass die Teilnehmer während<br />

des Gehens miteinander reden<br />

können.<br />

Das Tempo soll gleichmäßig und rhythmisch<br />

sein. Es geht dabei nicht um<br />

konstante Geschwindigkeit, sondern<br />

um eine gleichmäßige Kreislaufbelastung.<br />

Unterbrechungen stören den<br />

Rhythmus und kosten zusätzliche Kraft.<br />

Das Tempo ist sichtlich zu schnell,<br />

wenn:<br />

- ein Gruppenmitglied einen größeren<br />

Abstand zum Vordermann entstehen<br />

lässt und nicht mehr aufholt<br />

- Einzelne beginnen, unrhythmisch und<br />

hastig zu gehen<br />

- die Atemtätigkeit deutlich hörbar<br />

wird.<br />

PAUSEN, RAST<br />

<strong>Führen</strong><br />

3. Durchführung der Tour<br />

Nach 15 - 20 Min. kurze „Ausziehpause“.<br />

Ablegen von Kleidungsstücken,<br />

Ausrüstung in Ordnung bringen<br />

usw.<br />

erste größere Rast nach ca. zwei Stunden.<br />

Die Pause soll genügend Zeit bieten<br />

für Essen und Trinken.<br />

weitere Pausen in Abständen von ca.<br />

zwei Stunden<br />

kleinere Pausen zum Trinken zwischendurch<br />

Rastplätze vorausschauend einplanen:<br />

objektiv sicher, windgeschützt, landschaftlich<br />

reizvoll<br />

darauf achten, dass jegliche Umweltverschmutzung<br />

unterbleibt<br />

11


12<br />

<strong>Führen</strong><br />

3. Durchführung der Tour<br />

Die Dauer der Rast soll vorab bekannt<br />

gegeben werden, was besonders im<br />

Hinblick auf zweckmäßige Bekleidung<br />

eine Rolle spielt.<br />

KONTAKT ZUR GRUPPE<br />

In der Regel geht der Leiter an der<br />

Spitze, die Gruppe folgt dicht aufgeschlossen.<br />

Der Leiter schaut sich regelmäßig um<br />

und beobachtet dabei:<br />

- ob das Tempo passt bzw. die Gruppe<br />

noch geschlossen ist<br />

- ob jemand technisch überfordert ist<br />

- wie die Stimmung ist.<br />

Natürlich kann man nach diesen Dingen<br />

auch fragen - nur sind die Antworten,<br />

die man erhält, nicht unbedingt<br />

ehrlich. Kein Gruppenmitglied gesteht<br />

gern eine Schwäche offen ein. Fragen<br />

sollten deshalb nicht anstelle einer aufmerksamen<br />

Beobachtung der Gruppe<br />

stehen, sondern sie ergänzen.<br />

Der schwächste Teilnehmer geht direkt<br />

hinter dem Leiter. So merkt er am<br />

besten, ob das Tempo für ihn passt.<br />

Bei Spurarbeit geht der schwächste<br />

Teilnehmer an dritter oder vierter Stelle.<br />

WEGWAHL UND ORIENTIERUNG<br />

Der Leiter muss ständig darüber<br />

Bescheid wissen, wo er sich befindet.<br />

Ggf. sind Zwischenstopps zur Orientierung<br />

erforderlich.<br />

Sofern sich die Sichtverhältnisse im<br />

weglosen Gelände zu verschlechtern<br />

drohen (einfallender Nebel), ist eine<br />

Standortbestimmung erforderlich.<br />

Vorrangiger Gesichtspunkt ist die<br />

Sicherheit. Objektive Gefahren sind<br />

durch geeignete Wegwahl so gut es<br />

geht zu vermeiden.<br />

In Hinblick auf den Erlebniswert der<br />

Tour können kleinere „Umwege“ förderlich<br />

sein. So lohnt es sich vielfach,<br />

für einen grandiosen Tiefblick, interessante<br />

Naturbeobachtungen (Tiere) oder<br />

einen schönen Brotzeitplatz einige<br />

Minuten an Extra-Gehzeit in Kauf zu<br />

nehmen.<br />

Die Wegwahl muss aber immer die<br />

Gesamtdauer der Tour, die Kondition<br />

und die Psyche aller Gruppenmitglieder<br />

berücksichtigen.<br />

In der Praxis bewegen sich durch<br />

Übungsleiter geführte Gruppentouren<br />

überwiegend auf beschriebenen, oft<br />

begangenen Routen. Trotzdem wird der<br />

Leiter bisweilen eigene Anstiegsspuren<br />

legen müssen. Vor allem dann, wenn<br />

er weniger begangene Touren auswählt<br />

oder vorhandene (Tritt-)Spuren aus<br />

Gründen der Sicherheit oder des Naturschutzes<br />

als ungeeignet für seinen<br />

Anstieg erachtet.<br />

SCHLUSSMANN<br />

Ein Schlussmann ist nicht obligatorisch.<br />

Solange man sich im Aufstieg mehr<br />

oder weniger geschlossen bewegt, ist<br />

er verzichtbar.<br />

Ein Schlussmann muss aber eingeteilt<br />

werden, wenn schlechte Sicht herrscht,<br />

die Gruppe sich voraussichtlich auseinanderziehen<br />

wird oder Hilfestellungen<br />

für einzelne Teilnehmer infrage kommen<br />

(z.B. bei einer Skiabfahrt).<br />

Bei der Wahl des Schlussmannes auf<br />

Können und Erfahrung achten.<br />

Wenn es sinnvoll erscheint, wird der<br />

Schlussmann mit besonderer Gemeinschaftsausrüstung<br />

ausgestattet (z.B.<br />

größere Apotheke, Flickzeug, Ersatzmaterial).<br />

Mit dem Schlussmann klare Vereinbarungen<br />

treffen, wie er sich in bestimmten<br />

Situationen verhalten soll.


4. <strong>Führen</strong> ohne Seil<br />

Wenn keine unmittelbare Absturzgefahr<br />

besteht, wird der Leiter ohne Seil führen.<br />

Sofern bei der ganzen Unternehmung<br />

überhaupt kein Seil dabei ist, muss man<br />

natürlich abwägen, auf welches Gelände<br />

man sich ohne diese Sicherheitsreserve<br />

noch einlässt. Ist ein Seil dabei, so befindet<br />

es sich beim <strong>Führen</strong>den. Man ist<br />

dann schnellstmöglich in der Lage, es<br />

zum Sichern bereitzustellen. In diesem<br />

Zusammenhang sollen die Teilnehmer<br />

ihre Gurte frühzeitig anlegen.<br />

Als Entscheidungsgrundlage für das<br />

Gehen ohne Seil dienen eine entsprechende<br />

Geländebeurteilung und ein möglichst<br />

genaues Einschätzen der Teilnehmer.<br />

Keinesfalls darf als Grundlage der<br />

Entscheidung das Argument dienen, „die<br />

anderen gehen hier auch ohne Seil“.<br />

4.1<br />

Wege und Steige<br />

Im steileren Gelände und besonders bei<br />

Serpentinen ist mit Steinschlag zu rechnen.<br />

Er kann durch Tiere, andere Personen<br />

oder durch Teilnehmer der eigenen<br />

Gruppe ausgelöst werden.<br />

MAßNAHMEN<br />

Sofern Steinschlaggefahr besteht, sind<br />

Helme aufzusetzen. Dies gilt insbesondere<br />

auch für den Nahbereich unter<br />

Felswänden.<br />

Sofern möglicher Steinschlag voraussichtlich<br />

von der Gruppe selbst ausgelöst<br />

wird, sollen minimale Gehabstände<br />

eingehalten werden.<br />

Ggf. wartet man, bis Gruppenteilnehmer,<br />

die sich weiter unten befinden,<br />

eine steinschlaggefährdete Passage<br />

verlassen haben.<br />

Bei Steinschlaggefahr durch externe<br />

Personen wartet man, bis diese den<br />

gefährdenden Bereich verlassen haben.<br />

Auf Serpentinenwegen kann es sinnvoll<br />

sein, die Gruppe in den Kehren immer<br />

wieder zu sammeln.<br />

4.2<br />

Wegloses Gelände<br />

Leichtes Gelände ohne Absturzgefahr<br />

(z.B. bei Zu- und Abstiegen von Klettertouren).<br />

Es umfasst Grashänge, Geröll<br />

und Schrofen.<br />

MAßNAHMEN<br />

Durch geeignete Routenwahl den technisch<br />

leichtesten, objektiv sichersten<br />

und ökologisch verträglichsten Weg<br />

gehen.<br />

Die Gruppe geht dicht aufgeschlossen,<br />

um selbst ausgelösten Steinen keinen<br />

Beschleunigungsweg zu bieten, vgl.<br />

oben „Wege und Steige“.<br />

Der <strong>Führen</strong>de weist auf lose Steine und<br />

besondere Gefahren hin (z.B. Nässe,<br />

Eis).<br />

Beim Überwinden kurzer schwieriger<br />

Passagen gibt der <strong>Führen</strong>de Hilfestellung<br />

(Handsicherung).<br />

Nach schwierigen Passagen wartet die<br />

Gruppe, bis alle Teilnehmer die Stelle<br />

überwunden haben.<br />

4.3<br />

Firnfelder<br />

<strong>Führen</strong><br />

4. <strong>Führen</strong> ohne Seil<br />

Bei Touren in größeren Höhen und generell<br />

bei Touren im Frühsommer kommt es<br />

vor, dass Altschneefelder und Lawinenreste<br />

die vorhandenen Steige unterbrechen.<br />

13


14<br />

<strong>Führen</strong><br />

4. <strong>Führen</strong> ohne Seil<br />

MAßNAHMEN<br />

Beurteilung des Firnfeldes (Steilheit,<br />

Härte) sowie bereits vorhandener Spuren.<br />

Gibt es sichere Umgehungsmöglichkeiten?<br />

Anlage einer neuen Spur, wenn die<br />

vorhandene nicht teilnehmergerecht ist.<br />

In jedem Fall gute Tritte schaffen<br />

(gesamte Schuhsohle und leicht nach<br />

innen geneigt einkerben).<br />

Auf hartem Firn Steigeisen frühzeitig<br />

anlegen (wenn keine vorhanden sind,<br />

muss der <strong>Führen</strong>de Stufen schlagen).<br />

Je nach Steilheit Spur vertikal oder in<br />

Serpentinen anlegen (Gelände flach <br />

Spur vertikal; Gelände steil Spur in<br />

Serpentinen; Gelände sehr steil Spur<br />

vertikal).<br />

Die Trittabstände sollen für die Teilnehmer<br />

gut zu begehen sein. Als <strong>Führen</strong>der<br />

macht man zu diesem Zweck<br />

bewusst kleine Schritte.<br />

Sofern Pickel vorhanden sind, sollen<br />

sie bergseitig eingesetzt werden.<br />

Handschuhe anziehen lassen<br />

ggf. Anweisungen an die Teilnehmer<br />

über die richtige Gehtechnik<br />

Oft ist es möglich, Übungen zum richtigen<br />

Verhalten beim Ausgleiten in die<br />

Tour zu integrieren.<br />

Abfahren im Firn nur, wenn<br />

- das Gelände voll einsehbar ist (Vorsicht<br />

bei schlechter Sicht)<br />

- das Firnfeld einen genügend langen<br />

Auslauf besitzt<br />

- keine Steine und Blöcke unmittelbar<br />

in der Abfahrtslinie liegen<br />

- Steilheit und Oberflächenbeschaffenheit<br />

dem Können und der Ausrüstung<br />

der Teilnehmer entsprechen.<br />

4.4 Klettersteige<br />

Klettersteige werden in der Regel ohne<br />

Partnersicherung begangen. Der Leiter<br />

wird daher sein Hauptaugenmerk auf die<br />

Eigensicherung der Teilnehmer und ihr<br />

Verhalten legen. Die Teilnehmer sichern<br />

sich mittels Klettersteigbremse (vgl. Kap.<br />

„Sicherung“ 4.4 und „Ausrüstung“ 14),<br />

vorzugsweise mit einem Y-Set.<br />

TECHNIK<br />

Um auch beim Umhängen gesichert zu<br />

sein, werden beide Karabiner des Y-<br />

Sets im Drahtseil eingehängt. Zudem<br />

besteht dadurch Redundanz im Sturzfall.<br />

Improvisierte Systeme (z.B. Bandschlingen<br />

mit Ankerstich am Sicherungsring<br />

befestigt) versagen möglicherweise bei<br />

einem größeren Sturz oder führen zu<br />

Verletzungen. Improvisierte Systeme<br />

sollten daher als Notlösung betrachtet<br />

werden und nur zum Einsatz kommen,<br />

wenn keine nennenswerte Sturzhöhe<br />

möglich ist (Geländerseil). Ansonsten<br />

können sie lediglich als psychologische<br />

Sicherung betrachtet werden.<br />

MAßNAHMEN<br />

Einweisung der Teilnehmer in die<br />

Sicherungstechnik beim Begehen von<br />

Klettersteigen und Steiganlagen und<br />

Kontrolle des Klettersteig-Sets (Helm!).<br />

Kontrolle der Abstände. Es sollte sich<br />

immer nur eine Person zwischen zwei<br />

Fixpunkten befinden.<br />

In sehr steilen Passagen ist ein zusätzlicher<br />

Sicherheitsabstand sinnvoll (Kollision<br />

am Fixpunkt soll ausgeschlossen<br />

sein).<br />

In einfachen Passagen können sich<br />

auch mehrere Teilnehmer zwischen<br />

zwei Fixpunkten befinden.


Der Kontakt zu den Geführten sollte<br />

immer vorhanden sein.<br />

Schwächster Teilnehmer geht direkt<br />

hinter dem <strong>Führen</strong>den.<br />

<strong>Führen</strong>der gibt Hilfestellung an kritischen<br />

Passagen.<br />

Ggf. können ängstliche oder schwache<br />

Teilnehmer ans Seil genommen und<br />

<strong>Führen</strong><br />

4. <strong>Führen</strong> ohne Seil<br />

zusätzlich gesichert werden (kurze Seillängen!).<br />

Man bedenke allerdings den<br />

Zeitaufwand für diese Maßnahme. Deshalb<br />

sollte diese Technik nur in Ausnahmesituationen<br />

Anwendung finden<br />

(vgl. 5.8).<br />

Der <strong>Führen</strong>de achtet auf Personen<br />

außerhalb der Gruppe (Steinschlaggefahr).<br />

15


16<br />

<strong>Führen</strong><br />

5. Führungstechnik mit Seil<br />

5. Führungstechnik mit Seil<br />

Vorab ein paar allgemeine Sätze zum<br />

Thema Sichern. Absturzgefahr ist eines<br />

der größten Risiken beim Bergsteigen.<br />

Abstürze zu vermeiden ist daher eine der<br />

Hauptaufgaben der Sicherungs- und Führungstechnik.<br />

Wie das Sichern in unterschiedlichen<br />

Situationen funktioniert,<br />

muss dem Leiter bekannt sein. Wann er<br />

welche Technik anwendet und wie er sie<br />

ökonomisch handhabt, setzt Erfahrung<br />

und umsichtiges Handeln voraus.<br />

Gesichert wird, wenn objektiv Absturzgefahr<br />

besteht und ein Stürzender sich<br />

dabei ernste Verletzungen zuziehen<br />

würde, z.B. wenn ein Fehltritt oder Ausgleiten<br />

genügt, um sich nicht mehr selbst<br />

abfangen zu können. In der Regel finden<br />

sich entsprechende Passagen auf Klettersteigen,<br />

schwierigen Normalwegen und<br />

steilen Firnfeldern. Darüber hinaus natürlich<br />

in allen Fels- und Eiswänden und auf<br />

spaltengefährdeten Gletschern.<br />

Trotz aller Regeln der Sicherungstechnik<br />

ist der Ermessensspielraum des Leiters<br />

bezüglich der anzuwendenden Maßnahmen<br />

groß. Diese Freiheit verpflichtet<br />

allerdings zu größter Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit.<br />

Die Pflicht, Sicherungsmaßnahmen durchzuführen,<br />

kann durch entsprechend hohes<br />

persönliches Können der Gruppenmitglieder<br />

eingeschränkt werden. Das heißt, mit<br />

einer Gruppe guter Kletterer wird man<br />

erst in schwierigerem Gelände zu sichern<br />

beginnen als mit Anfängern. Dabei bilden<br />

natürlich immer die Schwächsten der<br />

Gruppe den Maßstab.<br />

Sichern bedeutet immer einen erheblichen<br />

Zeitaufwand. Sichern löst die<br />

Geschlossenheit der Gruppe auf und<br />

erschwert den Überblick. Sichern kann<br />

auch eine Einschränkung des Erlebniswertes<br />

zur Folge haben (z.B. durch Herumstehen<br />

und Frieren o.ä.). Das bedeutet,<br />

dass man in Situationen, in denen<br />

Sichern nicht von vornherein geplant war,<br />

sich aber vor Ort als erforderlich herausstellt,<br />

immer auch überlegen muss, ob<br />

das Fortführen der Tour überhaupt noch<br />

sinnvoll ist oder ob eine Umkehr bzw.<br />

Variante die bessere Lösung darstellt<br />

(vgl. „rollende“ Planung, Punkte 2 und 3).<br />

5.1<br />

Fixseil<br />

Bei der Führung größerer Gruppen kommt<br />

das Fixseil in Frage. Es eignet sich für<br />

„kurze“, absturzgefährdete Passagen in<br />

ansonsten leichtem Gelände. Man kann<br />

das Fixseil im Aufstieg wie im Abstieg<br />

anwenden - aber immer nur in einem Gelände<br />

ohne große Kletterschwierigkeiten.<br />

Da man mit Fixseilen vergleichsweise<br />

langsam vorankommt, sollten nur Passagen<br />

von einer Seillänge oder wenigen<br />

Seillängen mit dieser Technik geplant<br />

werden. In Firnfeldern kommt die „Überschlagmethode“<br />

in Frage. Im Abstieg geht<br />

es oftmals schneller, die Teilnehmer abzulassen.<br />

Sofern die Teilnehmer das Begehen<br />

von Fixseilen nicht beherrschen,<br />

muss eine entsprechende Einweisung und<br />

Kontrolle erfolgen.


Aufstieg am Fixseil, Degengriff<br />

TECHNIK<br />

AUFSTIEG<br />

Vorausgehende Beurteilung des Geländes<br />

nach Gesichtspunkten der Begehbarkeit<br />

und der Möglichkeiten, ein Fixseil<br />

anzubringen.<br />

Der <strong>Führen</strong>de richtet das Fixseil ein,<br />

indem er vorsteigt, das Seil oben befestigt<br />

und strafft. Das Seil soll in möglichst<br />

gerader Linie nach unten verlaufen,<br />

also möglichst wenig Querungen<br />

aufweisen.<br />

Sind Querungen erforderlich, muss das<br />

Seil in Zwischensicherungen eingehängt<br />

werden. Daher soll das Seil in zwei<br />

versetzt eingehängte Expressschlingen<br />

eingeklinkt sein.<br />

<strong>Führen</strong><br />

5. Führungstechnik mit Seil<br />

Kommt ein Teilnehmer zu dieser Zwischensicherung,<br />

kann er sie passieren,<br />

ohne das Seil komplett auszuhängen.<br />

Das Seil ist unten fixiert oder der letzte<br />

Teilnehmer ist bereits eingebunden.<br />

Die Teilnehmer folgen mit Kurzprusik,<br />

60 cm Ankerstichschlinge am Gurt und<br />

gesichertem Verschlusskarabiner (als<br />

Degengriff auch um das Fixseil herum<br />

eingehängt, vgl. Abbildung).<br />

Es können mehrere Teilnehmer mit entsprechendem<br />

Sicherheitsabstand<br />

gleichzeitig aufsteigen.<br />

Der letzte Teilnehmer ist in das Seilende<br />

eingebunden und hält das Seil<br />

auf Spannung. Sobald die anderen<br />

oben sind, wird er nachgesichert.<br />

17


18<br />

<strong>Führen</strong><br />

5. Führungstechnik mit Seil<br />

Tipp: Für kurze Passagen nur das benötigte<br />

Seil von der Schulter nehmen.<br />

ABSTIEG<br />

Methode: Der erste wird abgelassen,<br />

die anderen folgen mit Prusik.<br />

Für den Abstieg am Fixseil benutzt man<br />

dieselbe Methode wie im Aufstieg (vgl.<br />

oben).<br />

Alternativ sichert man sich mit Kurzprusik<br />

und gesichertem Verschlusskarabiner<br />

im Sicherungsring.<br />

ÜBERSCHLAGMETHODE<br />

Der Aufbau erfolgt wie oben beschrieben,<br />

mit einer Ausnahme: Wird das<br />

Seil nicht ganz ausgegangen, fixiert es<br />

der <strong>Führen</strong>de, ohne es vorher einzuziehen.<br />

Der letzte (eingebundene) Teilnehmer<br />

strafft das Fixseil mit der Hand.<br />

Oben angekommene Teilnehmer hängen<br />

ihren Prusik nicht aus, sondern<br />

belassen ihn als Selbstsicherung.<br />

Sobald der letzte Teilnehmer nachgesichert<br />

wurde, tauschen er und der <strong>Führen</strong>de<br />

die Seilenden (Einbinden mit<br />

gesichertem Verschlusskarabiner).<br />

Der <strong>Führen</strong>de geht das Seil wieder voll<br />

aus, fixiert es, und die mittleren Teilnehmer<br />

folgen (der Degengriff mit<br />

Karabiner kann in beide Richtungen<br />

benutzt werden).<br />

5.2<br />

Geländerseil<br />

Ein Geländerseil kommt in Querungen<br />

zum Einsatz. Sind größere Passagen im<br />

Auf- oder Abstieg zu bewältigen, empfiehlt<br />

sich ein Fixseil. Das Geländerseil ist<br />

ein improvisierter Klettersteig.<br />

Da seine Installation zeitaufwändig ist,<br />

eignet es sich primär für Passagen, die<br />

auch im Abstieg wieder begangen werden,<br />

und nur dann, wenn man das Seil<br />

zwischenzeitlich hängen lassen kann. Das<br />

bedeutet, dass man die Länge der zu versichernden<br />

Strecke bereits vorab kennen<br />

und entsprechend viele Seile dabeihaben<br />

sollte.


TECHNIK<br />

Vorausgehende Beurteilung des Geländes<br />

nach Gesichtspunkten der Begehbarkeit<br />

und der Möglichkeiten, ein<br />

Geländerseil anzubringen.<br />

Methode 1: Der <strong>Führen</strong>de richtet das<br />

Geländerseil ein, indem er ungesichert<br />

vorsteigt. Er hat dabei das Seil über<br />

die Schulter aufgenommen und fixiert<br />

es immer wieder straff an geeigneten<br />

Zwischensicherungen (Mastwurf).<br />

Methode 2: Der <strong>Führen</strong>de wird normal<br />

im Vorstieg gesichert. Drüben angekommen,<br />

bindet er sich aus, fixiert das Seil<br />

und sichert sich mit Prusik oder einem<br />

geeigneten Gerät. Er klettert wieder zurück<br />

und fixiert dabei das Seil straff an<br />

den Zwischensicherungen (Mastwurf).<br />

Die Teilnehmer begehen das Geländerseil<br />

wie einen Klettersteig. Die Selbstsicherung<br />

kann durch zwei Bandschlingen<br />

geschehen.<br />

Sollen auch senkrechte Passagen mit<br />

Absturzgefahr begangen werden, ist<br />

eine Klettersteigbremse angeraten.<br />

MAßNAHMEN<br />

<strong>Führen</strong><br />

5. Führungstechnik mit Seil<br />

Geländerseil - für senkrechte Passagen wird eine Klettersteigbremse empfohlen.<br />

Einweisung für das Begehen und ggf.<br />

Kontrolle des Gurtes und der Selbstsicherungstechnik.<br />

Die Teilnehmer begehen das Geländerseil<br />

wie einen Klettersteig (ggf. mit<br />

Bandschlingen anstelle eines Klettersteig-Sets).<br />

Soll das Seil für den Abstieg wieder<br />

19


20<br />

<strong>Führen</strong><br />

5. Führungstechnik mit Seil<br />

verwendet werden, ist abzuwägen, ob<br />

es belassen werden kann oder für den<br />

weiteren Aufstieg benötigt wird.<br />

Der Abbau des Seils im Aufstieg kann<br />

durch den Führer oder durch einen<br />

guten, erfahrenen Teilnehmer erfolgen<br />

(man begeht das Seil wie ein Fixseil<br />

und nimmt die jeweils hinter einem liegenden<br />

Zwischensicherungen mit).<br />

Im Abstieg baut grundsätzlich der <strong>Führen</strong>de<br />

das Seil ab.<br />

5.3<br />

Gleichzeitiges Gehen am Seil<br />

Das „gleichzeitige Gehen am Seil“ ist<br />

zweifelsfrei die heikelste Methode aus<br />

der Palette führungstechnischer Maßnahmen.<br />

Begeht man auf diese Weise absturzgefährdetes<br />

Gelände, werden hohe<br />

Anforderungen an den <strong>Führen</strong>den gestellt,<br />

und selbst für Bergführer sind die<br />

Grenzen dieser Methode nicht immer klar<br />

zu erkennen. Die alljährlichen Mitreißunfälle<br />

sowie die Sturz- und Halteversuche<br />

des DAV-Sicherheitskreises belegen<br />

die Gefährlichkeit dieser Methode.<br />

Nur eine intensive Ausbildung, langjährige<br />

Erfahrung und ein ausgeprägtes Gefahrenbewusstsein<br />

ermöglichen entsprechende<br />

Sicherheit bei dieser Technik.<br />

Fachübungsleiter haben lediglich eine<br />

vergleichsweise kurze Ausbildung in Führungstechnik.<br />

Bewusst wird im Rahmen<br />

dieser Ausbildung darauf verzichtet, das<br />

Gehen am kurzen Seil im absturzgefährdeten<br />

Gelände zu vermitteln. In der Führungspraxis<br />

soll deshalb das gleichzeitige<br />

Gehen am Seil auf die drei folgenden<br />

Situationen beschränkt werden.<br />

SITUATIONEN<br />

Im Gelände ohne Absturzgefahr zur<br />

Überwindung leichter Passagen in Felsund<br />

Eistouren (Seiltransport)<br />

an leichten Blockgraten ohne wesentliche<br />

Aufschwünge (gleitendes Seil)<br />

auf Gletschern und in leichten Gletscherbrüchen.<br />

5.4<br />

Seiltransport<br />

Der Seiltransport kommt in „leichten“<br />

Passagen zum Einsatz, sofern vor und<br />

nach diesen gesichert wird. Leicht heißt,<br />

dass weder Absturz- noch Mitreißgefahr<br />

besteht. Beherrscht man die Technik, das<br />

Seil über die Schulter aufzunehmen, ist<br />

man schneller, als wenn man die gesamte<br />

Seilschaft ausbinden lässt, das Seil<br />

aufnimmt und nach einigen Metern die<br />

ganze Verfahrensweise wieder rückwärts<br />

durchspielt.<br />

Seilabbund<br />

TECHNIK<br />

Der <strong>Führen</strong>de nimmt das Seil in Schlingen<br />

über die Schulter auf (Richtung:<br />

vom Gurt hoch über die Brust zur<br />

Schulter). Sobald die Länge des Restseils<br />

passt, bindet man den entstandenen<br />

„Seilkranz“ ab.<br />

Zum Abbinden schiebt man eine<br />

Seilschlaufe beim Anseilpunkt durch,<br />

führt sie um das Seilpaket herum und<br />

legt einen Kreuzschlag um das zum<br />

Partner führende Seil.


Der Knoten sollte entweder durch<br />

einen zweiten Kreuzschlag oder durch<br />

einen eingeklinkten Karabiner gesichert<br />

werden (löst sich der Abbund, führt<br />

Zug am Seil unweigerlich zur Strangulation).<br />

Handelt es sich um eine Führung,<br />

nimmt nur der Leiter Seil auf. Handelt<br />

es sich um gleichberechtigte Partner,<br />

kann jeder des halbe Seil aufnehmen<br />

und abbinden (Zeitersparnis).<br />

Beim Seiltransport beträgt der Abstand<br />

zwischen erster und zweiter Person 2-3<br />

Meter.<br />

Bei einer Dreierseilschaft bleibt der<br />

Seilabstand zwischen den Geführten<br />

so, wie die Weiche eingestellt ist.<br />

Bewegt man sich ohnehin mit verkürztem<br />

Seil (gestaffeltes Klettern), kann<br />

der <strong>Führen</strong>de das zusätzlich aufzunehmende<br />

Seil auch in der Hand halten.<br />

Achtung! Bestehen Zweifel in der Beurteilung<br />

der Absturzgefahr, muss gesichert<br />

werden.<br />

Gleitendes Seil<br />

<strong>Führen</strong><br />

5. Führungstechnik mit Seil<br />

5.5<br />

Gleitendes Seil<br />

Diese Technik bietet sich bei leichten<br />

Blockgraten an, die keine größeren Aufschwünge<br />

enthalten. Derartiges Gelände<br />

kommt in den Zentralalpen häufig vor<br />

und kann entweder seilfrei oder am gleitenden<br />

Seil begangen werden. Solche<br />

Grate seillängenweise zu sichern, würde<br />

zu lange dauern. Das gleitende Seil<br />

kommt auch in leichten Gletscherbrüchen<br />

in Frage.<br />

Ein Sturz bei gleitendem Seil bedeutet,<br />

dass wahrscheinlich ein anderes Seilschaftsmitglied<br />

aus dem Stand gerissen<br />

wird, bevor das gespannte Seil an Felszacken<br />

oder Zwischensicherungen hängen<br />

bleibt.<br />

Das Gelände sollte daher so leicht sein,<br />

dass jeder Teilnehmer sich souverän<br />

bewegen kann und auch so beschaffen<br />

sein, dass die Verletzungsgefahr im Falle<br />

eines Sturzes noch überschaubar bleibt.<br />

Keinesfalls darf das Gelände größere Mitreißstürze<br />

zulassen.<br />

21


22<br />

<strong>Führen</strong><br />

5. Führungstechnik mit Seil<br />

TECHNIK<br />

BLOCKGRAT<br />

In der Regel wird das Seil mittels<br />

Abbund auf etwa die halbe Länge verkürzt.<br />

Die Methode kann von zwei bis ca.<br />

fünf Seilschaftsmitgliedern angewendet<br />

werden.<br />

Der Seilabstand zwischen je zwei Seilschaftsmitgliedern<br />

beträgt 5-10 Meter<br />

(ähnlich einer Gletscherseilschaft).<br />

Klettert man als Dreierseilschaft und<br />

wechselt man zwischen „laufendem<br />

Seil“ und „gestaffeltem Klettern“, so<br />

kann der Abstand zwischen den Geführten<br />

auch kleiner als fünf Meter und<br />

der Abstand zwischen <strong>Führen</strong>dem und<br />

Mittelmann auch größer als zehn Meter<br />

sein. Man vergegenwärtige sich allerdings,<br />

dass ein kleiner Abstand zwischen<br />

den Geführten leichter zu einer<br />

Mitreißsituation führt als ein großer<br />

Abstand.<br />

Der <strong>Führen</strong>de nimmt beim Start alle<br />

verfügbaren Bandschlingen, Keile und<br />

Karabiner an sich.<br />

Das Seil wird bestmöglich zwischen<br />

vorhandenen Felsblöcken durchgeführt.<br />

Ggf. werden Zwischensicherungen installiert.<br />

Diese werden von jedem Teilnehmer<br />

nach dem Passieren wieder ins<br />

Seil eingeklinkt.<br />

Zwischensicherungen sollen in unmittelbarer<br />

Nähe, vor und hinter schwierigen<br />

Stellen platziert sein.<br />

Der schwächste Teilnehmer geht als<br />

Erster hinter dem <strong>Führen</strong>den.<br />

Achtung! Bestehen Zweifel in der Beurteilung<br />

der Absturzgefahr, ist zu<br />

sichern.<br />

Ggf. können kurze Steilpassagen nach<br />

dem „Paternoster-Prinzip“ gesichert<br />

werden. Dabei sichert man die Teilneh-<br />

mer nacheinander mit HMS über eine<br />

schwere Passage hoch. Die Länge der<br />

Passage muss kürzer sein als der<br />

jeweilige Seilabstand.<br />

Paternoster-Prinzip am Blockgrat<br />

GLETSCHERBRUCH/BLANKEIS<br />

Durchklettert man eine Spalte und geht<br />

oben spaltenparallel weiter, muss eine<br />

Eisschraube gesetzt werden. Sie wird<br />

so platziert, dass eine Sicherung direkt<br />

von oben entsteht.<br />

In kurzen Steilaufschwüngen werden<br />

Eisschrauben so platziert, dass ein<br />

Sturz entschärft ist.<br />

ggf. Paternoster in Auf- oder Abstieg<br />

anwenden<br />

In längeren leichten Blankeispassagen<br />

kann man am langen Seil gehen. Die<br />

Teilnehmer sind hinten mit einer bzw.<br />

mehreren Weichen eingebunden. Der<br />

<strong>Führen</strong>de setzt eine Eisschraube und<br />

bringt eine Rücklaufsperre an (Tibloc,<br />

Ropeman o.ä.). Sobald der erste Nach-


steiger an der Rücklaufsperre angekommen<br />

ist, setzt der <strong>Führen</strong>de eine weitere<br />

Eisschraube mit einer weiteren Rücklaufsperre.<br />

Bei dieser Technik hängt man die Rükklaufsperre<br />

so direkt wie möglich (mit<br />

gesichertem Verschlusskarabiner) in der<br />

Schraube ein. Die Lasche der Schraube<br />

sollte nach oben zeigen, damit es nicht<br />

zu einem Verkanten der Rücklaufsperre<br />

kommt.<br />

Rücklaufsperre mit Tibloc oder Ropeman<br />

<strong>Führen</strong><br />

5. Führungstechnik mit Seil<br />

Beim Tibloc muss das Seil zusätzlich<br />

durch den Karabiner laufen. Der Ropeman<br />

funktioniert besser, wenn das Seil<br />

nicht durch den Karabiner läuft.<br />

Je mehr Rücklaufsperren man dabei<br />

hat, desto längere Passagen können<br />

ohne Aufschließen der Gruppe begangen<br />

werden.<br />

23


24<br />

<strong>Führen</strong><br />

5. Führungstechnik mit Seil<br />

5.6<br />

Gestaffeltes Klettern<br />

Dabei handelt es sich um Klettern mit<br />

verkürztem Seil „von Stand zu Stand“.<br />

Man wendet diese Technik in Routen mit<br />

kürzeren Steilaufschwüngen an, in denen<br />

die Teilnehmer gesichert werden müssen.<br />

Der <strong>Führen</strong>de verzichtet in der Regel auf<br />

die Vorstiegssicherung. Er ist somit bezüglich<br />

seines Klettertempos nicht auf die<br />

HMS-Ausgebe-Geschwindigkeit der Teilnehmer<br />

angewiesen. Die Geführten werden<br />

mit HMS oder Sicherungsplatte nachgesichert.<br />

TECHNIK<br />

Bei einer Dreierseilschaft wird mit Weiche<br />

gearbeitet.<br />

Der <strong>Führen</strong>de kann die Länge des Seils<br />

so wählen (Abbund), dass er nicht<br />

ständig überflüssiges Restseil durch die<br />

Blöcke ziehen muss.<br />

Die einzelnen Seillängen sollen so<br />

gewählt werden, dass immer Kontakt<br />

zu den Teilnehmern besteht und der<br />

„Standplatzbau“ schnell und sicher<br />

erfolgen kann.<br />

Die Standplätze müssen nur nachsteigertauglich<br />

sein, das heißt, Köpfelschlingen<br />

und Keile müssen nicht für<br />

Zug nach oben abgesichert werden.<br />

Diese Logik erspart zeitaufwändige Verspannungen.<br />

MAßNAHMEN<br />

Die Teilnehmer müssen eine Selbstsicherung<br />

haben. Sie sollen sich am<br />

Stand so platzieren, dass sie Blockschlingen<br />

mit ihrem Körper nach unten<br />

absichern.<br />

Die Teilnehmer ziehen das Seil für den<br />

Vorsteiger aus dem Haufen heraus<br />

(Haufen ggf. umdrehen).<br />

Wird das Gelände zu anspruchsvoll,<br />

lässt sich der Vorsteigende sichern. Der<br />

Stand muss dieser Situation natürlich<br />

gerecht werden.<br />

Ist das Gelände gut gestuft, kann man<br />

Aufschwünge auch mittels direkter<br />

Blocksicherung überwinden. Voraussetzung<br />

ist, dass ein Ausrutscher hier<br />

nicht zu freiem Hängen im Seil führt.<br />

Als „Standsicherung“ für die Nachsteiger<br />

genügt es dann, wenn das zwischen<br />

ihnen verlaufende Seil um ein<br />

solides Köpfel gelegt wird.<br />

Im Abstieg klettern die Teilnehmer<br />

voraus. Der Leiter gibt Anweisungen,<br />

wohin sie klettern sollen, wo sie sich<br />

sichern sollen bzw. was sonst zu tun<br />

ist.<br />

5.7<br />

Gletscherseilschaft<br />

Auf verschneiten Gletschern ist im Sommer<br />

grundsätzlich anzuseilen. Ausnahmen<br />

sind Toteisfelder und spaltenfreie kleine<br />

Restgletscher. Problematisch sind Situationen,<br />

in denen die Mitreißgefahr größer<br />

ist als die Spaltensturzgefahr. Hier ist<br />

abzuwägen, ob man seilfrei geht oder<br />

entsprechend sichert (vgl. Kap. „Skibergsteigen“<br />

2.5.4 und „Sicherung“ 5.5). Auf<br />

aperen Gletschern wird in der Regel seilfrei<br />

gegangen - als Vorsichtsmaßnahme<br />

sind hier die Gurte bereits angelegt.<br />

Steigeisen werden den Verhältnissen entsprechend<br />

benutzt.<br />

Als Anseilmethode auf Gletschern empfiehlt<br />

sich der Hüftgurt (vgl. Kap. „Sicherung“<br />

5.5).


Gletscherseilschaft<br />

TECHNIK<br />

Zweierseilschaft:<br />

- Abstand 15-20 m (15 m entspricht<br />

der Normalsituation)<br />

- Bremsknoten sind obligatorisch (drei<br />

bis fünf Knoten im mittleren Seildrittel)<br />

- Restseil gleichmäßig verteilt bzw.<br />

beim Leiter<br />

- Spaltenbergung: Selbstrettung,<br />

Schweizer Flaschenzug, evtl. Lose<br />

Rolle (mit Unterstützung des Gestürzten).<br />

Dreierseilschaft:<br />

- Abstände je nach Länge des Seils<br />

ermitteln, mind. 8 m (vgl. Kap.<br />

„Sicherung“ 5.5)<br />

- genügend Restseil<br />

- Bremsknoten können sinnvoll sein<br />

(je drei Knoten im mittleren Seildrittel).<br />

- Restseil gleichmäßig verteilt, evtl.<br />

beim Leiter<br />

- Spaltenbergung: Lose Rolle bzw.<br />

Selbstrettung, zur Not Schweizer Flaschenzug.<br />

<strong>Führen</strong><br />

5. Führungstechnik mit Seil<br />

Viererseilschaft:<br />

- Abstände je nach Länge des Seils<br />

ermitteln, mind. 8 m<br />

- genügend Restseil<br />

- Bremsknoten sind nicht erforderlich.<br />

- Restseil gleichmäßig verteilt, ggf.<br />

beim Leiter<br />

- Spaltenbergung: Mannschaftszug<br />

oder Lose Rolle bzw. Selbstrettung.<br />

Fünferseilschaft:<br />

- Abstände je nach Länge des Seils<br />

ermitteln, mind. 8 m<br />

- ggf. kein Restseil, ansonsten gleichmäßig<br />

verteilt oder beim Leiter<br />

- Spaltenbergung: Mannschaftszug<br />

(falls der Mittelmann in Spalte stürzt,<br />

evtl. Lose Rolle), bzw. Selbstrettung.<br />

Sechserseilschaft:<br />

- je nach Länge des Seils ermitteln,<br />

mind. 8 m<br />

- kein Restseil<br />

- Spaltenbergung: Mannschaftszug<br />

bzw. Selbstrettung.<br />

Der Leiter geht in der Regel an erster<br />

Position.<br />

25


26<br />

<strong>Führen</strong><br />

5. Führungstechnik mit Seil<br />

MAßNAHMEN<br />

Organisation beim Anseilen: Zum Ermitteln<br />

der Abstände bietet sich folgendes<br />

Prozedere an: Die Gruppe stellt sich<br />

gassenförmig gegenüber auf, der Zweite<br />

und der Vorletzte halten je ein Seilende<br />

in der Hand. Das Seil wird abwechselnd<br />

von allen Seilschaftsmitgliedern<br />

in den Anseilkarabiner eingeklinkt.<br />

Dann wird so lange in Reihe zurückgegangen,<br />

bis das Seil zwischen allen<br />

Teilnehmern gleich lang ist. Vorteil:<br />

Das Restseil reicht aus, um Rettungsmaßnahmen<br />

wie die „Lose Rolle“<br />

durchzuführen. Nachteil: Die Methode<br />

benötigt relativ viel Platz und eine einigermaßen<br />

ebene Fläche.<br />

Nach Möglichkeit gesicherte Verschlusskarabiner<br />

verwenden, ggf. zwei Karabiner<br />

gegengleich verwenden. Schraubkarabiner<br />

sind „akzeptabel“ aber nicht<br />

„optimal“ (vgl. Kap. „Sicherung“, Abschnitt<br />

„Lehrmeinung“).<br />

Gurte, Knoten und Karabiner überprüfen.<br />

Der Leiter hat grundsätzlich eine Eisschraube<br />

bereit (Fixpunkt, Zwischensicherung<br />

oder Fixierung bei eigenem<br />

Spaltensturz), bei Gemeinschaftstouren<br />

auch jeder Teilnehmer.<br />

Alle Teilnehmer haben Prusikschlingen,<br />

Bandschlingen und einige Karabiner<br />

griffbereit am Gurt (für Rettungsmanöver).<br />

Mindestausrüstung für Gletscherbegehungen:<br />

- 3 Verschlusskarabiner<br />

- 2 Normalkarabiner<br />

- 2 Prusikschlingen („armlang“ und<br />

„beinlang“)<br />

- 1 lange Bandschlinge<br />

- Fixpunktmöglichkeit (Pickel, Eisschraube).<br />

Die Prusikschlingen bereits vorbeugend<br />

ins Seil einzuknoten wird nicht mehr<br />

empfohlen, da man in modernen Gurten<br />

bequem hängt und die Hemmschwelle<br />

für das Anseilen möglichst<br />

niedrig gehalten werden soll (je komplizierter<br />

das Anseilen, desto höher die<br />

Hemmschwelle).<br />

Ggf. wird der Rucksack zusätzlich mit<br />

einer „Rucksack-Abwurfschlinge“ am<br />

Körper befestigt. Man kann ihn so im<br />

Fall eines Spaltensturzes abnehmen<br />

und hängen lassen, ohne dabei Gefahr<br />

zu laufen, dass man ihn verliert.<br />

Immer wieder kontrollieren, ob die Teilnehmer<br />

nicht zu nah auflaufen (Seil<br />

locker gespannt!).<br />

Die Gehrichtung der Seilschaft soll<br />

möglichst rechtwinklig zum Verlauf der<br />

Spalten sein.<br />

Erreicht man eine Verflachung nach<br />

einem steileren Stück, so lange bewusst<br />

langsam weitergehen, bis auch<br />

der letzte Teilnehmer im Flachen angekommen<br />

ist.<br />

Für Pausen auf verschneiten Gletschern<br />

ist ein sicherer Platz zu wählen. Kann<br />

dies nicht gewährleistet werden, muss<br />

die Seilschaft die Geh-Abstände während<br />

der Rast beibehalten und am<br />

gespannten Seil pausieren.<br />

5.8<br />

Seilsicherung an Klettersteigen<br />

Die Schwierigkeit eines Klettersteigs sollte<br />

grundsätzlich so gewählt werden, dass<br />

alle Teilnehmer den Anforderungen gewachsen<br />

sind. Die im Folgenden dargestellten<br />

führungstechnischen Methoden<br />

sind nicht generell erforderlich, sondern<br />

Möglichkeiten, überforderte Teilnehmer<br />

doch noch sicher nach oben oder wieder<br />

nach unten zu bringen.


TECHNIK<br />

Am Klettersteig wird bei zusätzlichem<br />

Sicherungsbedarf in der Regel mit verkürztem<br />

Seil (ca. 20-30 Meter) gearbeitet.<br />

Der Teilnehmer wird direkt eingebunden.<br />

Bei mehreren zu sichernden Teilnehmern<br />

wird mit Seilweiche gearbeitet<br />

(vgl. 6.1 sowie Kap. „Sicherung“ 2.1.3).<br />

Die Sicherung erfolgt wie bei einer<br />

Zweierseilschaft von Stand zu Stand<br />

(vgl. „Gestaffeltes Klettern“) oder am<br />

„Gleitenden Seil“ mit Rücklaufsperre<br />

(z.B. Tibloc oder Ropeman). So können<br />

auch längere schwierige Passagen zügig<br />

begangen werden.<br />

MAßNAHMEN<br />

Bei Seilsicherung kann auf das Einhängen<br />

des Klettersteigsets der Teilnehmer<br />

verzichtet werden, wenn keine Pendelgefahr<br />

besteht. Dadurch entfällt das<br />

kraftraubende Umhängen.<br />

Das Restseil wird vom <strong>Führen</strong>den entweder<br />

als Seilpuppe oder offen (wie in<br />

einem Seilsack) im Rucksack verstaut.<br />

Beim gestaffelten Gehen sollte der<br />

HMS-Karabiner so am Stand einge-<br />

<strong>Führen</strong><br />

5. Führungstechnik mit Seil<br />

hängt werden, dass er nicht auf Knick<br />

(Biegung) belastet wird. Hierzu kann<br />

eine kurze Bandschlinge mit Ankerstich<br />

um einen Fixpunkt gelegt werden.<br />

Beim gleichzeitigen Gehen am langen<br />

Seil (gleitendes Seil) müssen Rücklaufsperren<br />

an soliden Fixpunkten eingehängt<br />

werden. Diese werden vom <strong>Führen</strong>den<br />

bereits vorbereitet (im Seil mit<br />

Verschlusskarabiner eingehängt) am<br />

Gurt mitgeführt und entsprechend mit<br />

einer möglichst kurzen Bandschlinge<br />

und Ankerstich - oder besser direkt mit<br />

dem Verschlusskarabiner - in entsprechenden<br />

Abständen an den Drahtseilfixierungen<br />

eingehängt.<br />

Der Seilverlauf kann durch das Einhängen<br />

von zusätzlichen Expressschlingen<br />

optimiert werden.<br />

Zur Unterstützung sehr schwacher Teilnehmer<br />

kann der Expressflaschenzug<br />

(vgl. Kap. „Bergrettung“) als Zughilfe<br />

angewandt werden.<br />

Bei einem Rückzug werden schwache<br />

Teilnehmer in schweren Passagen<br />

abgelassen (vgl. 7 „Abstieg mit Seil“,<br />

und Kap. „Bergrettung“).<br />

27


28<br />

<strong>Führen</strong><br />

6. Seilschaft und Standplätze<br />

6. Seilschaft und Standplätze<br />

Sowohl hinsichtlich der Gestaltung und<br />

Organisation einer oder mehrerer Seilschaften<br />

als auch hinsichtlich der Wahl<br />

der Seillängen und der „Qualität“ eines<br />

Standplatzes gibt es etliche, speziell das<br />

Thema Führungstechnik betreffende Überlegungen<br />

und Grundsätze. Oberstes<br />

Gebot ist dabei, sicher und gleichzeitig<br />

ohne unnötigen Zeitverlust zu agieren.<br />

PARTNERSICHERUNG<br />

In Fels-, Eis- und kombinierten Touren<br />

wird in längeren absturzgefährdeten Passagen<br />

von Standplatz zu Standplatz gesichert.<br />

In der Regel bildet man Zweieroder<br />

Dreierseilschaften.<br />

TECHNIK<br />

Das Anseilen erfolgt mittels Achterknoten<br />

oder doppeltem Bulin; ggf. auch<br />

Sackstich mit Sicherungsschlag (vgl.<br />

Kap. „Sicherung“ 2.1 Anseilknoten).<br />

Die Frage, ob der Führer mit oder ohne<br />

Brustgurt klettert, liegt in seinem eigenen<br />

Ermessen. Sofern die Teilnehmer<br />

fortgeschritten sind, entscheiden auch<br />

sie diese Frage selbst (vgl. Kap.<br />

„Sicherung“ 1.1 Anseilmethoden).<br />

Handelt es sich um Kinder oder übergewichtige<br />

Personen, wird zusätzlich<br />

ein Brustgurt empfohlen (vgl. Kap.<br />

„Sicherung“ 1. Anseilen).<br />

Standard-Sicherungsmethoden sind die<br />

HMS-Sicherung sowie zum Nachsichern<br />

von zwei Personen die Sicherungsplatte<br />

(„Magic Plate“).<br />

Bei korrekter Handhabung können auch<br />

andere Sicherungsgeräte benutzt werden<br />

(nicht aber Achter oder Tube zum<br />

Nachsichern am Fixpunkt).<br />

6.1 Weiche oder Doppelseil<br />

Für Dreierseilschaften wird die „Weiche“<br />

empfohlen, solange die Nachsteiger den<br />

Schwierigkeiten gut gewachsen sind. Dies<br />

wird in der Regel bis zum Schwierigkeitsgrad<br />

III oder in leichteren Eistouren der<br />

Fall sein. In anspruchsvolleren Routen, in<br />

denen die Weiche eine Behinderung beim<br />

Klettern darstellt und präzise Sicherung<br />

für beide Nachsteiger wichtig ist, müssen<br />

zwei getrennte Seile (Einfachseile oder<br />

Halbseile) verwendet werden.<br />

Seilweiche


TECHNIK<br />

WEICHE<br />

Um eine Weiche zu bilden, knotet man<br />

eine Schlaufe mit Sackstich oder Achterknoten<br />

ab.<br />

Je länger die Weiche, desto mehr<br />

Bewegungsspielraum hat der Mittelmann.<br />

Maximale Länge ca. 80 cm (so,<br />

dass man den Knoten unter Last noch<br />

mit der Hand erreichen kann).<br />

Je flacher das Gelände, desto kürzer<br />

die Weiche. Auf Gletschern wird beispielsweise<br />

mit ganz kurzen „Weichen“<br />

angeseilt. Benutzt man eine lange Weiche<br />

im flachen Gelände, steigt die Gefahr,<br />

dass man auf das Seil tritt oder<br />

darüber stolpert.<br />

Die Weiche wird mit gesichertem Verschlusskarabiner<br />

oder direkt mit Ankerstich<br />

am Anseilpunkt befestigt.<br />

Der Abstand zwischen Mittelmann und<br />

Schlussmann beträgt ca. 3 m (so dass<br />

sich beide nicht gegenseitig behindern).<br />

In Eisflanken kann man die Weiche<br />

auch etwas länger und den Abstand<br />

kürzer einstellen. Die Nachsteiger können<br />

dann nebeneinander klettern.<br />

Sicherungsplatte<br />

<strong>Führen</strong><br />

6. Seilschaft und Standplätze<br />

V-SEILSCHAFT AM DOPPELSEIL<br />

Der <strong>Führen</strong>de bindet sich in beide<br />

Stränge ein, die Geführten in jeweils<br />

einen Seilstrang.<br />

Beide Geführte steigen in der Regel mit<br />

einem entsprechenden Sicherheitsabstand<br />

gleichzeitig nach. An besonders<br />

problematischen Stellen kann auch einzeln<br />

nachgesichert werden.<br />

Zum Nachsichern benutzt man eine<br />

Sicherungsplatte. Dabei können beide<br />

Seile unabhängig voneinander eingenommen<br />

werden und blockieren bei<br />

Belastung.<br />

Seil unter Last nachzulassen ist je nach<br />

Gerät problematisch; die Methoden des<br />

Ablassens sind Notlösungen und werden<br />

im Kap. „Sicherung“ (3.2 „Sicherungsgeräte“)<br />

beschrieben.<br />

6.2<br />

Stand: Wann, wie und wo<br />

Wie unter „gestaffelt Klettern“ beschrieben,<br />

treten beim <strong>Führen</strong> immer wieder<br />

Fälle auf, in denen der Stand nur auf<br />

Belastung nach unten halten muss. Klettert<br />

man hingegen in „normalen“ Seillängen,<br />

muss der Stand in alle Richtungen<br />

belastbar sein. Dies erfordert mitunter<br />

aufwändigere Konstruktionen.<br />

Unabhängig von der Frage der Belastungsrichtung<br />

gibt es einige Überlegungen,<br />

wo idealerweise gesichert werden<br />

sollte.<br />

WANN SOLLTE STAND GEMACHT WERDEN?<br />

Möglichst in Sichtweite, auf alle Fälle<br />

in Rufweite Stand machen.<br />

Den Stand auch nach sonstigen taktischen<br />

Gesichtspunkten wählen. Zum<br />

Beispiel möglichst bald nach einer<br />

schwierigen Schlüsselstelle, wo Hilfestellung<br />

angebracht ist oder möglicherweise<br />

gewünscht werden könnte.<br />

29


30<br />

<strong>Führen</strong><br />

6. Seilschaft und Standplätze<br />

Stand beim gleitenden Seil nach allen<br />

schweren Passagen, bei denen ein Ausrutscher<br />

den <strong>Führen</strong>den mitreißen<br />

würde.<br />

Tipp: Beim gestaffelten Klettern das<br />

Seil so verkürzen, dass das Restseil<br />

möglichst oft für die gegebenen Aufschwünge<br />

passt.<br />

6.3 Standplatzorganisation Fels<br />

Beim <strong>Führen</strong> genügt es nicht, einen verlässlichen<br />

Standplatz zu bauen. Man<br />

muss sich auch darüber Gedanken<br />

machen, wie der Wechsel möglichst<br />

schnell und unkompliziert bewerkstelligt<br />

werden kann. Oftmals verlieren insbesondere<br />

Dreierseilschaften viel Zeit dadurch,<br />

dass dieser Wechsel nicht gut organisiert<br />

ist und möglicherweise sogar zu einem<br />

Seilverhau führt.<br />

MAßNAHMEN<br />

Bereits bevor die Nachsteiger am Stand<br />

ankommen, überlegt der <strong>Führen</strong>de, wo<br />

sie sich am besten platzieren.<br />

Sobald ein Nachsteiger eintrifft, wird er<br />

gesichert. Dies geschieht, indem der<br />

<strong>Führen</strong>de den Teilnehmer in den bereits<br />

vorbereiteten Karabiner einklinkt<br />

oder indem er dem Teilnehmer mitteilt,<br />

wo er sich einklinken soll.<br />

Die Selbstsicherung kann entweder mit<br />

den Seilen und Mastwurf, mit der am<br />

Stand belassenen „Magic-Plate“ und<br />

Sicherungsknoten oder mit der vorbereiteten<br />

Selbstsicherungsschlinge und<br />

Verschlusskarabiner erfolgen.<br />

Sind die Nachsteiger einer V-Seilschaft<br />

am Stand angekommen und gesichert,<br />

erhält einer den Auftrag, die Seile von<br />

hinten nach vorne durchzuziehen, und<br />

der andere sichert den <strong>Führen</strong>den weiter<br />

(in der Regel beide Stränge gemeinsam<br />

in HMS-Sicherung).<br />

Der weitersichernde Teilnehmer platziert<br />

sich so, dass er die Sicherung gut<br />

bedienen kann. Der andere ist ggf. mit<br />

einer etwas längeren Selbstsicherung<br />

fixiert.<br />

6.4<br />

Standplatzorganisation Eis<br />

Auch im Eis gibt es eine ganze Reihe von<br />

Überlegungen zur Organisation des<br />

Standplatzes.<br />

MAßNAHMEN<br />

Der Standplatz wird so gewählt, dass<br />

erstens der untere Stand sich außerhalb<br />

der Falllinie befindet und dass<br />

zweitens ein Weiterklettern außerhalb<br />

der Falllinie möglich ist.<br />

Bereits wenn die erste Schraube sitzt,<br />

sichert sich der <strong>Führen</strong>de selbst, so<br />

dass er „Stand“ rufen kann und die<br />

Geführten beginnen können, den unteren<br />

Standplatz abzubauen.<br />

Baut man eine Reihenschaltung (Fixpunktsicherung)<br />

mit Zusatzschlinge,<br />

wird nach dem Setzen der zweiten<br />

Schraube nur noch die Hintersicherung<br />

mit Mastwurf eingehängt (s. Zeichnung).<br />

Standplatzorganisation mit Reihenschaltung


Baut man eine Ausgleichsverankerung,<br />

kann die Standschlinge so vorbereitet<br />

werden, dass man nach dem Setzen<br />

der zweiten Schraube nur noch einen<br />

Karabiner umhängen muss (s. Zeichnung).<br />

Standplatzorganisation mit Ausgleichsverankerung<br />

Soll vom Stand nach links weitergeklettert<br />

werden, platziert sich der <strong>Führen</strong>de<br />

von vornherein links und weist die Geführten<br />

an, sich rechts zu positionieren.<br />

In Analogie dazu wird er seine Eisgeräte<br />

links oberhalb ins Eis schlagen und<br />

die Geführten ihre Geräte rechts einschlagen<br />

lassen. So wird vermieden,<br />

<strong>Führen</strong><br />

6. Seilschaft und Standplätze<br />

dass das Seil ein eingeschlagenes Gerät<br />

herausreißt. Es besteht auch die<br />

Möglichkeit, die Geräte am Gurt zu verstauen.<br />

Generell achtet man beim Vorstieg darauf,<br />

dass man unmittelbar über dem<br />

Standplatz einige Meter aus der Falllinie<br />

quert, um die Sichernden nicht zu<br />

gefährden. Genauso achtet man darauf,<br />

dass mehrere Seilschaften nicht direkt<br />

übereinander, sondern seitlich versetzt<br />

klettern.<br />

Standplatzwechsel, vgl. Text<br />

31


32<br />

<strong>Führen</strong><br />

7. Abstieg mit Seil<br />

7. Abstieg mit Seil<br />

Schwierige Passagen im Abstieg können<br />

ein Seil erfordern. Gleich vorab sei angemerkt,<br />

dass man den Abstieg bereits im<br />

Rahmen der Tourenplanung sehr genau<br />

unter die Lupe nehmen muss. Es kann<br />

vorkommen, dass man einen entsprechend<br />

schrofigen Abstieg allein innerhalb<br />

weniger Minuten bewältigen kann, die<br />

Passage aber mit entsprechend schwachen<br />

Teilnehmern bei konsequenter Führungstechnik<br />

mehrere Stunden dauert.<br />

Dies bedeutet, dass eine durchaus mögliche<br />

Kletterroute ggf. nicht durchgeführt<br />

werden darf, weil der Abstieg zu zeitaufwändig<br />

ist oder unter Umständen überhaupt<br />

nicht adäquat gesichert werden<br />

kann.<br />

WAHL DER METHODE<br />

Es gibt eine ganze Reihe Abstiegstechniken<br />

mit Seil. Die jeweils richtige zu finden<br />

und sie korrekt umzusetzen, ist nicht<br />

leicht. Situativ kommen Ablassen, Abseilen,<br />

Fixseil, Hinuntersichern und Seiltransport<br />

in Frage.<br />

TECHNIK<br />

Wie im Aufstieg soll Gehen am Seil<br />

ausschließlich in nicht absturzgefährdeten<br />

Passagen angewendet werden<br />

(Seiltransport). Der <strong>Führen</strong>de geht im<br />

Abstieg in der Regel hinten! Aufgrund<br />

des geringen Seilabstandes kann er die<br />

Aktionen seines/seiner Geführten dabei<br />

gut überblicken.<br />

Gesichertes Abklettern wird ebenfalls<br />

nur empfohlen, wenn das Gelände<br />

leicht ist. Der Führer steigt dann ungesichert<br />

hinterher (Seil von den unten<br />

befindlichen Teilnehmern einziehen las-<br />

sen, sonst Steinschlaggefahr). Ablassen<br />

oder Abseilen ist oft günstiger.<br />

Auch das Fixseil im Abstieg wird nur<br />

empfohlen, wenn das Gelände leicht ist<br />

(z.B. ein Schneefeld, das keine technischen<br />

Schwierigkeiten bietet). In<br />

schwierigerem Gelände zögern die Teilnehmer<br />

oft, und der <strong>Führen</strong>de hat<br />

dann keine Einflussmöglichkeit mehr,<br />

den Abstieg zu beschleunigen. Ablassen<br />

oder Abseilen ist oft günstiger.<br />

Beim Abseilen in unbekanntes Gelände<br />

seilt der <strong>Führen</strong>de als erster ab. Er<br />

weiß andernfalls nicht, wie es unten<br />

weitergeht. Dieser Fall sollte jedoch die<br />

Ausnahme sein. Man kann sich als Leiter<br />

nicht mehr um die Organisation der<br />

Gruppe kümmern, wenn man als einziger<br />

unten ist und alle anderen noch<br />

oben stehen.<br />

Beim Ablassen oder Abseilen in bekanntem<br />

Gelände werden zuerst zwei<br />

Teilnehmer nacheinander abgelassen<br />

(vgl. Abbildung). Sie erhalten genaue<br />

Anweisungen, wie sie sich unten verhalten<br />

sollen. Der Leiter kann den<br />

Ablassvorgang fortsetzen oder bei den<br />

folgenden Teilnehmern das Einlegen<br />

der Seile in den Achter kontrollieren.<br />

Wenn ungesichertes Gehen oder Klettern<br />

im Abstieg nicht mehr verantwortbar ist,<br />

sollte primär abgelassen oder abgeseilt<br />

werden. Sofern das unten liegende Gelände<br />

bekannt ist, wählt man dabei sinnvollerweise<br />

eine Kombination aus beiden<br />

Techniken. Zumindest der erste wird abgelassen.<br />

Man vermeidet dadurch das<br />

beim ersten Abseilenden auftretende,<br />

mühsame Mobilmachen des im Gelände<br />

herumliegenden Seiles und den damit


Abseilorganisation bei drei Personen und Einfachseil<br />

häufig ausgelösten Steinschlag. Je nach<br />

Situation gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen.<br />

KOMBINATION ABLASSEN/ABSEILEN<br />

Zwei Personen und Doppel- oder Zwillingsseil.<br />

Der Erste wird an beiden Seilsträngen<br />

abgelassen, der Zweite seilt<br />

ab.<br />

Zwei Personen und Einfachseil. Zuerst<br />

wird das Seil gefädelt. Dann wird der<br />

Erste an beiden Strängen abgelassen.<br />

Der Zweite seilt ab.<br />

Drei Personen und Doppelseil. Der<br />

Erste wird an einem Seilstrang abgelassen,<br />

der Zweite am zweiten Seilstrang,<br />

der Dritte seilt ab.<br />

Drei Personen und Einfachseil. Zuerst<br />

wird das Seil gefädelt. Dann wird der<br />

Erste an einem Seilstrang abgelassen,<br />

danach der Zweite am zweiten Seilstrang.<br />

Der Dritte seilt ab.<br />

Bei mehr als drei Personen ist situativ<br />

zu entscheiden, ob die übrigen Personen<br />

abseilen oder abgelassen werden.<br />

7.1<br />

Ablassen<br />

Beim Ablassen soll ein kontinuierliches<br />

Tempo gewählt werden. Wichtig ist, dass<br />

der Abzulassende das Seil voll belastet<br />

und nicht versucht, zusätzlich unter Halblast<br />

abzuklettern. Analog dazu wartet der<br />

Ablassende mit dem Nachgeben des<br />

Seils, bis sein Partner mit vollem Gewicht<br />

im Seil hängt.<br />

MAßNAHMEN<br />

<strong>Führen</strong><br />

7. Abstieg mit Seil<br />

Für den nächsten Standplatz ist entsprechend<br />

Vorsorge zu treffen (sicherer<br />

Platz, Selbstsicherung).<br />

In felsigem Gelände wird immer nur<br />

eine Person am Seil abgelassen. Ausnahmen<br />

sind Firn- und Eisflanken. Hier<br />

können auch zwei Personen mit Weiche<br />

abgelassen werden.<br />

Das freie Seilende sollte beim Ablassen<br />

immer fixiert sein.<br />

Paternoster-Prinzip. Sind nur kurze<br />

Steilstufen zu überwinden, knotet man<br />

in dem Moment, in dem ein Teilnehmer<br />

unten angekommen ist, eine Weiche<br />

ins Seil, klinkt den nächsten Teilneh-<br />

33


34<br />

<strong>Führen</strong><br />

7. Abstieg mit Seil<br />

Paternosterprinzip im Abstieg<br />

mer ein und lässt ihn ebenfalls ab. Die<br />

unten Angekommenen erhalten den<br />

Auftrag, die Knoten aus dem Seil zu<br />

entfernen und das Seil einzuziehen.<br />

Im Falle einer Gletscherseilschaft bleiben<br />

die unten Angekommenen am Seil<br />

und gehen weiter, so dass das Seil gestrafft<br />

bleibt. Der <strong>Führen</strong>de klinkt sich<br />

ins Ende des Seils ein und klettert ab<br />

oder benutzt das Restseil zum Abseilen.<br />

Ablass-Schaukel. Man lässt einen Teilnehmer<br />

über die volle Seillänge ab.<br />

Während er unten den Knoten aus dem<br />

Seil löst (nicht vergessen!), bereitet<br />

sich oben der nächste Teilnehmer darauf<br />

vor, am anderen Ende des Seils<br />

abgelassen zu werden. Das Seil läuft<br />

bei dieser sehr effektiven Methode einfach<br />

hin und her, ohne dass sich ein<br />

Seilverhau bilden kann.<br />

Achtung bei der Ablass-Schaukel: Das<br />

hochkommende Ende ist nicht gesichert!<br />

Man muss extrem darauf achten,<br />

niemanden über das Ende hinaus abzulassen!<br />

7.2<br />

Abseilen<br />

Sofern das Gelände unten weder bekannt<br />

noch einsehbar ist, wird der <strong>Führen</strong>de gezwungenermaßen<br />

als Erster abseilen.<br />

Dass die Teilnehmer die Abseiltechnik<br />

beherrschen, ist dabei natürlich absolute<br />

Voraussetzung.<br />

MAßNAHMEN<br />

Bei allen Personen ist grundsätzlich<br />

eine Selbstsicherungsschlinge (Ankerstich<br />

im Gurt und Verschlusskarabiner)<br />

vorbereitet.<br />

Sicherung während des Abseilens mit<br />

Kurzprusik: Unterhalb des Abseilgerätes<br />

wird ein Kurzprusik so angebracht,<br />

dass er sich auch bei Belastung nicht<br />

in das Abseilgerät hineinziehen kann.<br />

Zugsicherung: Der Leiter oder ein anderer<br />

bereits unten angekommener Teilnehmer<br />

hintersichert den Abseilvorgang,<br />

indem er das Seil unten zugbereit<br />

in der Hand hält. Durch Zug wird<br />

der abseilende Teilnehmer gestoppt.<br />

Die Zugsicherung kann den Prusik<br />

ersetzen. Die Technik ist nicht geeignet<br />

bei drohender Steinschlaggefahr.<br />

Ggf. Achter vorab einhängen. Bevor der<br />

<strong>Führen</strong>de abseilt, kann er die Achter<br />

der Geführten zusätzlich ins Seil einhängen.<br />

Der Geführte steht selbstgesichert<br />

an der Abseilstelle und muss zum<br />

Abseilen nur noch den vorbereiteten<br />

Achter am Gurt einklinken.


8. Pendelstürze vermeiden<br />

Wer „normal“ klettert, legt Zwischensicherungen<br />

zu seiner eigenen Sicherheit.<br />

Wer führt, sollte bezüglich der Zwischensicherungen<br />

immer auch seine Nachsteiger<br />

im Auge behalten. Es kann sein, dass<br />

Zwischensicherungen ausschließlich für<br />

die Nachsteiger angebracht werden oder<br />

dass spezielle Manöver erforderlich sind,<br />

um Pendelgefahr für die Nachsteiger zu<br />

vermeiden.<br />

ZWISCHENSICHERUNGEN FÜR NACHSTEIGER<br />

Um den Überblick über die für die Nachsteiger<br />

wichtigen Zwischensicherungen zu<br />

behalten und um zu entscheiden, welche<br />

Maßnahmen für die Nachsteiger wichtig<br />

sind, muss der <strong>Führen</strong>de das Gelände<br />

souverän beherrschen. Wer selbst an der<br />

Leistungsgrenze klettert, hat keinen<br />

Spielraum für sonstige Überlegungen.<br />

Geführte Touren sollten daher immer min-<br />

Zwischensicherungen für Nachsteiger<br />

destens einen UIAA-Grad unter dem Grad<br />

liegen, den man privat klettert.<br />

MAßNAHMEN<br />

<strong>Führen</strong><br />

8. Pendelstürze vermeiden<br />

Generell sollten Keile und Klemmgeräte<br />

so angebracht werden, dass sie auch<br />

leicht wieder zu entfernen sind. Natürlich<br />

müssen sie dem <strong>Führen</strong>den trotzdem<br />

die nötige Sicherheit bieten.<br />

Zwischensicherungen können auch als<br />

Orientierungshilfe dienen (Anfänger<br />

klettern immer dem Seil nach).<br />

Besonders wenn Sichtkontakt fehlt,<br />

sollte der Seilverlauf die Kletterlinie<br />

vorzeichnen.<br />

An schwierigen Stellen können zusätzliche<br />

Bandschlingen in einer Zwischensicherung<br />

angebracht werden. Der Nachsteiger<br />

hat dann die Option, sich daran<br />

hochzuziehen.<br />

Der Nachsteiger sollte nie größere Pendelstürze<br />

in Kauf nehmen müssen. Das<br />

heißt, dass an den Beginn eines Quergangs<br />

eine Zwischensicherung gehört.<br />

Genauso gehören Zwischensicherungen<br />

hinter jede schwere Quergangsstelle.<br />

Klettert man mit zwei Seilsträngen, so<br />

werden diese in der Regel parallel in<br />

alle Zwischensicherungen eingeklinkt<br />

(Zwillingsseiltechnik). Dabei hängt der<br />

erste Nachsteiger immer nur seinen<br />

eigenen Seilstrang aus den Zwischensicherungen<br />

aus.<br />

ZENTRALES ABSICHERN VON QUERGÄNGEN<br />

Nicht immer lassen sich in Querungen<br />

genügend viele Zwischensicherungen anbringen,<br />

um größere Pendler auszuschließen<br />

oder das Anbringen dieser Zwischen-<br />

35


36<br />

<strong>Führen</strong><br />

8. Pendelstürze vermeiden<br />

sicherungen würde zu viel Zeit in Anspruch<br />

nehmen. Gelingt es, zentral oberhalb der<br />

zu sichernden Querung Stand zu machen,<br />

kann man den Nachsteiger elegant von<br />

oben sichern.<br />

Quergang zentral absichern<br />

TECHNIK<br />

Beim gestaffelten Klettern (es sind<br />

keine Zwischensicherungen eingehängt)<br />

richtet man den Stand oberhalb der<br />

Querung ein. Der oder die Teilnehmer<br />

passieren die Querung von oben gesichert.<br />

Befindet sich der Stand auf der<br />

Route, kommen die Teilnehmer nach.<br />

Befindet sich der Stand bei diesem Manöver<br />

außerhalb der Route, fixieren<br />

sich die Teilnehmer an einer vorbereiteten(!)<br />

Stelle am Ende der Querung, und<br />

der <strong>Führen</strong>de klettert zur Route zurück,<br />

bevor er weitergeht.<br />

Beim normalen Klettern in einer<br />

Zweierseilschaft (Doppelseil) funktioniert<br />

das Manöver, indem der <strong>Führen</strong>de<br />

ab Quergangsbeginn immer nur noch<br />

ein und denselben Strang einhängt.<br />

Beim normalen Klettern in einer<br />

Zweierseilschaft (Einfachseil) funktioniert<br />

dieses Manöver nur, wenn der<br />

<strong>Führen</strong>de bereits ab Quergangsbeginn<br />

keine Zwischensicherungen mehr<br />

anbringt oder diese nachträglich wieder<br />

selbst entfernt.<br />

In einer Dreierseilschaft folgt der stärkere<br />

Nachsteiger zuerst und klinkt<br />

dabei ungünstige Zwischensicherungen<br />

des schwächeren Nachsteigers aus. So<br />

kann dieser anschließend zentral von<br />

oben gesichert werden.


Quergang rückwärtig absichern<br />

RÜCKWÄRTIG ABSICHERN<br />

Für Zweierseilschaften mit Doppel- oder<br />

Zwillingsseil gibt es eine elegante Möglichkeit,<br />

größere Querungen (z.B. auch<br />

Seilquergänge) für den Nachsteiger rückwärtig<br />

abzusichern. Etwas abgewandelt<br />

funktioniert das Manöver auch bei<br />

Dreierseilschaften.<br />

TECHNIK<br />

Am Quergangsbeginn muss ein Seilstrang<br />

durch eine Metallöse laufen.<br />

Dies erreicht man durch eine der folgenden<br />

Aktionen:<br />

- ausbinden, fädeln und wieder einbinden<br />

- in der Route befindlichen fixen Karabiner<br />

einhängen<br />

- eigenen Karabiner opfern.<br />

<strong>Führen</strong><br />

8. Pendelstürze vermeiden<br />

Alle Zwischensicherungen im Quergang<br />

werden in den anderen Seilstrang eingeklinkt.<br />

Am Stand werden beide Seile so in die<br />

Sicherung eingelegt, dass man einen<br />

Strang einholen und gleichzeitig den<br />

anderen ausgeben kann (z.B. Platte<br />

und HMS).<br />

Der Nachsteiger belässt das am Quergangsbeginn<br />

gefädelte Seil und wird<br />

mit ihm während der Querung rückwärtig<br />

abgesichert.<br />

Ist der Nachsteiger am Stand angekommen,<br />

bindet man ihn aus dem gefädelten<br />

Strang aus und zieht das Seil ab.<br />

37


38<br />

<strong>Führen</strong><br />

8. Pendelstürze vermeiden<br />

Dülferquergang bei Dreierseilschaft<br />

DÜLFERQUERGANG<br />

Der klassische Dülferquergang ist für den<br />

Vorsteiger mühsamer als die oben beschriebene<br />

Methode, weshalb man ihn in<br />

einer Zweierseilschaft praktisch nicht mehr<br />

anwendet. In einer Dreierseilschaft ist er<br />

aber nach wie vor zu empfehlen. Voraussetzung<br />

sind eine Dreierseilschaft in V-<br />

Technik und ein Quergang, der nicht länger<br />

ist als eine halbe Seillänge.<br />

TECHNIK<br />

Ein Nachsteiger bindet sich bereits am<br />

Stand vor dem Quergang aus und wird<br />

mit Weiche in der Seilmitte des anderen<br />

Seils eingebunden.<br />

Der <strong>Führen</strong>de fädelt das freigewordene<br />

Seil am Beginn des Quergangs. Der<br />

andere Seilstrang wird am Beginn des<br />

Quergangs als Zwischensicherung eingehängt!<br />

Der <strong>Führen</strong>de nimmt beide Enden des<br />

gefädelten Seils mit zum Stand. Er<br />

kann zu diesem Zweck<br />

- schräg abseilen (Dülferquergang)<br />

- sich selbst mit Hilfe des gefädelten<br />

Seils ablassen (Metallöse erforderlich!)<br />

- oder beide Seilenden an seinem Körper<br />

befestigen und den Quergang<br />

klettern.<br />

Am Stand angekommen, fixiert er das<br />

Quergangsseil straff und lässt die<br />

Nachsteiger nachkommen. Für den<br />

Quergang klinken sie sich mit Ankerstichschlinge<br />

und gesichertem Verschlusskarabiner<br />

im Quergangsseil ein.<br />

Automatisch begehen sie den Quergang<br />

dabei nicht gleichzeitig, sondern<br />

nacheinander.


9. Betreuen mehrerer Seilschaften<br />

Sowohl im Rahmen von Ausbildungen als<br />

auch bei Gemeinschaftstouren hat der<br />

Leiter nicht mehr die direkte Führungsposition<br />

einer Seilschaft, sondern er<br />

muss mehrere Seilschaften betreuen.<br />

Diese Aufgabe ist noch schwieriger, als<br />

eine einzelne Seilschaft zu führen. Die<br />

Teilnehmer steigen hier weitgehend<br />

selbstständig vor.<br />

Wichtig ist, bereits im Rahmen der Tourenplanung<br />

defensiv zu agieren und<br />

keine zu schweren oder zu langen Routen<br />

ins Auge zu fassen. Sowohl hinsichtlich<br />

der Zeit als auch des persönlichen Könnens<br />

der Teilnehmer sollen deutliche Reserven<br />

vorhanden sein. Als sicherste<br />

Möglichkeit bietet sich die Seilschaftsraupe<br />

an, bei der bis zu vier Personen<br />

geführt werden können.<br />

SITUATIONEN<br />

Die Teilnehmer klettern selbstständig.<br />

Der Leiter klettert seilfrei nebenher.<br />

Sinnvolle Gruppengröße ist 4-6 Teilnehmer<br />

(2 Seilschaften). Der Leiter ist bei<br />

dieser Methode sehr flexibel, muss sich<br />

aber über das Risiko im Klaren sein,<br />

das er selbst eingeht. Durch die Konzentration<br />

auf die Teilnehmer kann er<br />

in Fragen seiner eigenen Sicherheit<br />

abgelenkt sein.<br />

Der Leiter führt die erste Seilschaft.<br />

Eine zweite Seilschaft klettert hinterher.<br />

Diese Methode funktioniert gut bei vier<br />

Teilnehmern, sofern mindestens einer<br />

dabei ist, der vorsteigen kann. Man<br />

wird bei dieser Methode in jedem Fall<br />

die beiden stärksten Teilnehmer als<br />

eigenständige Seilschaft einteilen.<br />

Der Leiter klettert als Nachsteiger in<br />

der ersten Seilschaft. Eine zweite Seil-<br />

<strong>Führen</strong><br />

9. Betreuen mehrerer Seilschaften<br />

schaft folgt. Die Methode funktioniert<br />

mit bis zu fünf Teilnehmern. Man wird<br />

sie in der Regel anwenden, wenn mehrere<br />

Teilnehmer vorsteigen und auch<br />

selbstständig die Route finden sollen.<br />

Der Leiter überblickt aus seiner Position<br />

sowohl den <strong>Führen</strong>den der ersten<br />

Seilschaft als auch den <strong>Führen</strong>den der<br />

zweiten Seilschaft relativ gut. Seine<br />

Einflussmöglichkeiten auf den Vorsteiger<br />

der ersten Seilschaft sind allerdings<br />

sehr begrenzt.<br />

Man bildet eine Seilschaftsraupe. Der<br />

Leiter klettert vorne gesichert, zwei<br />

Teilnehmer folgen. Einer der Folgenden<br />

führt die Seile für die Nächsten mit.<br />

Während der erste Nachsteiger den Leiter<br />

über die nächste Seillänge sichert,<br />

holt der zweite die Folgenden nach.<br />

Voraussetzung sind ausreichend gute<br />

und geräumige Standplätze.<br />

Auf Gletschern sollen kleine Seilschaften<br />

aus Sicherheitsgründen vermieden<br />

werden. Der Leiter ist hier in jedem Fall<br />

Mitglied der Seilschaft. Er kann ggf.<br />

weiter hinten mitgehen.<br />

MAßNAHMEN BEIM BETREUEN MEHRERER SEIL-<br />

SCHAFTEN<br />

Die Maßnahmen können nicht eindeutig<br />

den oben beschriebenen Situationen<br />

zugeordnet werden. Sie sind deshalb<br />

zusammen dargestellt und müssen je<br />

nach Situation angewendet werden.<br />

MAßNAHMEN<br />

Vor Beginn der Kletterei bzw. der Gletscherbegehung<br />

wird vereinbart, wie<br />

sich die Gruppe in bestimmten Situationen<br />

verhält (z.B. bei Spaltensturz,<br />

Sturz, Steinschlag, Verhauer).<br />

39


40<br />

<strong>Führen</strong><br />

9. Betreuen mehrerer Seilschaften<br />

Auch hinsichtlich der Sicherungstechniken<br />

sollten Vereinbarungen getroffen<br />

werden:<br />

- welche Methode/n des Standplatzbaus<br />

- Fixpunktsicherung oder Körpersicherung<br />

- wie viele Zwischensicherungen.<br />

Ggf. vor Beginn der Kletterei Kontrolle<br />

der Ausrüstung und der Anseilknoten.<br />

Die Zusammenstellung der Seilschaften<br />

(ausgeglichene Besetzung oder je ein<br />

zuverlässiger Vorsteiger pro Seilschaft)<br />

und ihre Reihenfolge (wer bildet den<br />

Schluss), ist einvernehmlich zu klären.<br />

Ggf. bringt der Leiter zusätzliche<br />

Zwischensicherungen an. Ein vorher<br />

vereinbartes Hinweissystem sorgt dafür,<br />

dass diese Zwischensicherungen erst<br />

von der letzten Seilschaft entfernt werden.<br />

Idealerweise hat der Leiter eindeutig<br />

erkennbare Expressschlingen,<br />

von denen jeder weiß, dass sie bis zur<br />

letzten Seilschaft hängen bleiben sollen.<br />

Alternativ wird das Material, das<br />

hängen bleiben soll, deutlich gesondert<br />

markiert (z.B. mit einem Stück Tape).<br />

An Keilen immer eine Expressschlinge<br />

hängen lassen. Ein Keil ohne Expressschlinge<br />

kann leicht übersehen werden.<br />

Ggf. baut der Leiter die Standplätze,<br />

und sie werden bis zur letzten Seilschaft<br />

belassen.<br />

Sofern Material hängen gelassen wird,<br />

sollte der Leiter von vornherein mit<br />

entsprechend viel Material ausgestattet<br />

sein.<br />

Sinnvollerweise ist von Anfang an vereinbart,<br />

dass das vom Letzten abgebaute<br />

Material jeweils bei nächster Gelegenheit<br />

an den Vordermann weitergegeben<br />

wird.<br />

Der Kontakt zwischen den einzelnen<br />

Seilschaften darf nicht abreißen. Ggf.<br />

wartet die erste Seilschaft gelegentlich.<br />

Ggf. wird der letzte Nachsteiger der<br />

ersten Seilschaft beauftragt, dem Vorsteigenden<br />

der Folgeseilschaft spezielle<br />

Informationen zukommen zu lassen.<br />

Auch hierzu ist unmittelbarer Kontakt<br />

der Seilschaften wichtig.<br />

Natürlich versucht der Leiter, ständig<br />

im Rahmen seiner Möglichkeiten die<br />

Aktionen der einzelnen Seilschaften im<br />

Auge zu behalten und zu kontrollieren.<br />

GRENZEN<br />

Im vorhergehenden Kapitel über das Betreuen<br />

mehrerer Seilschaften klingt bereits<br />

immer wieder an, dass diese Methode<br />

an Grenzen stößt. So sind z.B. drei<br />

nacheinander kletternde Seilschaften nur<br />

noch in Ausnahmefällen zu überblicken -<br />

im Regelfall klettert die dritte Seilschaft,<br />

ohne dass der Leiter überhaupt kontrollieren<br />

kann, ob zu belassende Sicherungen<br />

auch wirklich belassen wurden. Dies<br />

ist ein klares Argument dafür, die Gruppengröße<br />

auf zwei Seilschaften zu limitieren.<br />

Auch muss darauf hingewiesen werden,<br />

dass primär immer der Leiter zur Rechenschaft<br />

gezogen wird, wenn ein Unfall passiert<br />

und es zu juristischen Auseinandersetzungen<br />

kommt. Der in vielen Sektionen<br />

bestehende Wunsch, möglichst viele<br />

Teilnehmer bei Sektionsveranstaltungen<br />

dabeizuhaben, ist kontraproduktiv - es<br />

sei denn, es gehen ausreichend viele<br />

Führungskräfte mit. Im eigenen Interesse<br />

sollte daher jeder Fachübungsleiter darauf<br />

achten, dass die Teilnehmeranzahl in<br />

einer angemessenen Größenordnung<br />

bleibt (vgl. 1.1 Gruppengrößen).

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