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Erste Hilfe - JDAV

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Inhalt<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

Inhalt<br />

Einführung 2<br />

1. Allgemeine erste Maßnahmen 3<br />

1.1 Beurteilung der Situation 3<br />

1.2 Notfallmeldung 3<br />

2. Lebensrettende Sofortmaßnahmen 5<br />

2.1 Prüfen und Sichern der Vitalfunktionen 5<br />

2.2 Atem- bzw. Herz-Kreislauf-Stillstand 8<br />

2.3 Blutungen und Volumenmangelschock 11<br />

3. Spezielle Maßnahmen 14<br />

3.1 Wunden 14<br />

3.2 Muskelzerrungen/Muskelfaserrisse 14<br />

3.3 Quetschungen, Prellungen 14<br />

3.4 Knochenbrüche 14<br />

3.5 Verrenkungen (Luxationen) 17<br />

3.6 Pfählungs- und Fremdkörperverletzungen 18<br />

3.7 Amputationsverletzungen 19<br />

3.8 Lokale Erfrierungen 20<br />

3.9 Allgemeine Unterkühlung 21<br />

3.10 Lawinenverschüttung 22<br />

3.11 Hitze- und Sonnenschäden 23<br />

3.12 Akute Höhenkrankheit 24<br />

3.13 Herzinfarkt 25<br />

3.14 Unterzuckerung 26<br />

3.15 Hängetrauma 26<br />

3.16 Lagerungen (Tabellarische Zusammenfassung) 27<br />

4. Übungsaufgaben und -beispiele 29<br />

4.1. Übungsaufgaben 29<br />

4.2. Übungsbeispiele 29<br />

Literatur 32<br />

1


2<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

Einführung<br />

Einführung<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong> im Gebirge verbinden viele mit komplizierten Streckschienen, ausgeklügelten<br />

Transportschlitten und kunstvollen Verbänden. Dabei wird oft vergessen, dass all<br />

diese Maßnahmen nur dem behelfsmäßigen Transport dienen. Die eigentlichen lebensrettenden<br />

Sofortmaßnahmen werden, wenn auch zum Glück nur selten nötig, dann oft<br />

unvollständig oder nicht mit der notwendigen Konsequenz und Schnelligkeit durchgeführt.<br />

Doch gerade mit diesen wenigen und einfachen Handgriffen, für die man praktisch<br />

keine Hilfsmittel benötigt, können Menschenleben gerettet werden.<br />

Obwohl sich die <strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong> im Gebirge in ihren Grundprinzipien nicht von anderen<br />

etablierten Behandlungskonzepten in der Notfallmedizin unterscheidet, darf bei der<br />

Versorgung von verletzten oder akut erkrankten Personen eine Besonderheit nicht vergessen<br />

werden: Die durchschnittliche Zeit, die bis zum Eintreffen der professionellen<br />

<strong>Hilfe</strong> zu überbrücken ist, liegt deutlich über den z.B. bei Verkehrsunfällen üblichen<br />

Zeitintervallen.<br />

Dies sollte für alle, die im Gebirge unterwegs sind, Ansporn sein, sich in <strong>Erste</strong>r <strong>Hilfe</strong><br />

regelmäßig fortzubilden, um die eigene Notfallkompetenz zu verbessern.<br />

Dieses Handbuch soll kein Ersatz für einen qualifizierten <strong>Erste</strong>-<strong>Hilfe</strong>-Kurs sein, da die<br />

meisten Handgriffe demonstriert und korrigiert werden müssen. Zum Überprüfen<br />

bereits vorhandener Kenntnisse und als <strong>Hilfe</strong>stellung zur Umsetzung praxisbezogener<br />

Ausbildungsinhalte sollte diese kurze Anleitung aber hilfreich sein.


1. Allgemeine erste Maßnahmen<br />

ZIEL<br />

Die schnelle Erfassung der Situation sowie<br />

eine situationsgerechte Unfallmeldung.<br />

Durch geeignete Sicherungs- und<br />

Bergetechniken müssen weitere Schäden<br />

für Verletzte und Retter verhindert werden.<br />

1.1<br />

Beurteilung der Situation<br />

Abtransport aus potentiellem Gefahrenbereich<br />

und ggf. Fremd- und Eigensicherung<br />

gegen Absturz (Techniken s. Kapitel<br />

„Bergrettung“).<br />

INHALT<br />

Geländegegebenheiten und Lage der Person<br />

beurteilen. Bei objektiven Gefahren<br />

(z.B. unmittelbare Lawinen- oder Steinschlaggefahr)<br />

sind alle beteiligten Personen<br />

(Verletzter/Erkrankter und Retter) aus<br />

dem Gefahrenbereich zu bringen. Die<br />

Beurteilung muss sich immer am konkreten<br />

Einzelfall orientieren. Bei einer Knöchelverstauchung<br />

hat der Abtransport aus<br />

dem Gefahrenbereich eine höhere Priorität<br />

als bei einem Herzstillstand. Im<br />

Zweifelsfall muss die Sicherheit der Retter<br />

im Vordergrund stehen.<br />

Die Person ansprechen und sich vorstellen;<br />

nach Verletzungen, Schmerzen und<br />

Unfallhergang fragen. Auf äußere Anzeichen<br />

von Verletzungen oder Erkrankungen<br />

achten; kurze orientierende Erstuntersuchung<br />

(Kopf, Wirbelsäule, Rumpf,<br />

Extremitäten): Hier gilt es, auf Schmerzäußerungen<br />

oder äußere Verletzungszeichen<br />

zu achten. Können die Extremitäten<br />

bewegt werden?<br />

Das Erkennen vital bedrohlicher Verletzungen<br />

(z.B. starke Blutungen) hat Vorrang;<br />

Einleitung lebensrettender Sofortmaßnahmen,<br />

wenn nötig.<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

1. Allgemeine erste maßnahmen<br />

GELÄNDE<br />

Unterrichtsraum; Wiese.<br />

METHODE<br />

Unterrichtsgespräch und praktische Übungen:<br />

Teilnehmer simuliert Verletzung/Erkrankung;<br />

vorher wird Gefahrenszenario (z.B.<br />

Steinschlag) definiert; die Gruppe muss die<br />

Handlungsprioritäten festlegen und ggf. den<br />

Abtransport mit geeigneten Tragetechniken<br />

(s. Kapitel „Bergrettung“) durchführen.<br />

MATERIAL<br />

s. Kapitel „Bergrettung“<br />

1.2<br />

Notfallmeldung<br />

Absetzen einer situationsgerechten Notfallmeldung<br />

INHALT<br />

Bei nicht ansprechbaren Personen hat die<br />

Notfallmeldung oberste Priorität. Bei vorhandener<br />

Netzabdeckung (Mobiltelefon)<br />

alarmiert einer der anwesenden Helfer<br />

zeitgleich zu den lebensrettenden Sofortmaßnahmen<br />

die professionelle <strong>Hilfe</strong>. Bei<br />

ansprechbaren Personen erfolgt eine<br />

orientierende Erstuntersuchung vor der<br />

Unfallmeldung.<br />

Hintergrund: Bei nicht ansprechbaren<br />

Erwachsenen liegt oft ein Herzstillstand<br />

(Kammerflimmern) vor, der nur durch notärztliche<br />

Maßnahmen wie Defibrillation<br />

(Stromstoß) oder Medikamentengabe therapierbar<br />

ist. Die Alarmierung hat daher<br />

ohne Zeitverzögerung zu erfolgen. Bei<br />

mehreren Helfern zeitgleich zu den lebensrettenden<br />

Sofortmaßnahmen unmittelbar<br />

nach ausbleibender Reaktion auf Anspra-<br />

3


4<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

1. Allgemeine erste maßnahmen<br />

che; bei einem Helfer vor der Einleitung<br />

von Wiederbelebungsmaßnahmen. Eine<br />

Ausnahme stellen Kinder unter acht Jahren<br />

da: Bei Ihnen handelt es sich meist um<br />

eine Störung der Atmung. Hier erfolgen<br />

zuerst die lebensrettenden Sofortmaßnahmen,<br />

da diese Störungen durch sofortige<br />

Beatmung oft behebbar sind. Gleiches gilt<br />

für Erwachsene mit vermuteter primärer<br />

Atemstörung (Ertrinken/Ersticken).<br />

Die einschlägigen Telefonnummern der<br />

Rettung sollten bekannt und abgespeichert<br />

sein.<br />

Wesentliche Inhalte der Meldung:<br />

Was ist passiert (Lawine, Absturz etc.)?<br />

Wann ist es passiert?<br />

Wo ist es passiert?<br />

Anzahl der Verletzten und deren Zustand<br />

(nur kurze Fakten wie z.B. leblos, ansprechbar,<br />

Kopfverletzung, Beinbruch etc.)<br />

Wer meldet (Handynummer für Rückruf)?<br />

Wetterbedingungen vor Ort (Sichtflug<br />

möglich?).<br />

Im deutschen Alpenraum nach Möglichkeit<br />

die zuständige Rettungsleitstelle 19222 (bei<br />

Handy mit regionaler Vorwahl!) anrufen.<br />

Ansonsten gilt für alle europäischen Länder<br />

der internationale Notruf 112. Das Gespräch<br />

wird dann bei Bedarf an die zuständige<br />

Rettungsorganisation (z.B. Bergwacht)<br />

weitergeleitet. Damit ist gewährleistet, dass<br />

ein Rettungsexperte die Meldung entgegennimmt<br />

und bei Bedarf gezielt einzelne<br />

Punkte abfragt. Die Entscheidung, welches<br />

Rettungsmittel eingesetzt wird, trifft die<br />

Leitstelle.<br />

GELÄNDE<br />

Bei Schlechtwetter im Unterrichtsraum;<br />

ansonsten während einer Tour Übung<br />

einbauen.<br />

METHODE<br />

Unterrichtsgespräch; simulierte Situationen:<br />

instruierte Teilnehmer, die Verletzung/Erkrankung<br />

(auch leblose Person)<br />

spielen. Statt Leitstelle Hüttenwirt anrufen<br />

(vorher absprechen).<br />

MATERIAL<br />

Notizblock; Handy.<br />

ZIEL<br />

Überprüfung der Vitalzeichen und konsequente<br />

und schnelle Umsetzung der Reanimationsmaßnahmen.<br />

Versorgung lebensbedrohlicher<br />

Blutungen und adäquate<br />

Lagerung bei Bewusstlosigkeit und<br />

Volumenmangelschock.


2. Lebensrettende Sofortmaßnahmen<br />

2.1<br />

Prüfen und Sichern der<br />

Vitalfunktionen<br />

Bei leblosen Personen überprüfen, ob ein<br />

Kreislaufstillstand mit der Notwendigkeit<br />

von Reanimationsmaßnahmen vorliegt.<br />

Bei vorhandenen Vitalzeichen stabile Seitenlage<br />

zur Sicherung der Atemwege.<br />

INHALT<br />

Bewusstsein prüfen: Auf Schulter klopfen<br />

(nicht Schütteln wegen möglicher Halswirbelsäulenverletzung)<br />

und laut fragen:<br />

Was fehlt Ihnen?<br />

Bei Ansprechbarkeit weiteres Vorgehen<br />

nach Situation und Verletzungsmuster<br />

(s. Abschnitt 3.).<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

2. lebensrettende sofortmaßnahmen<br />

Bei eindeutig vorhandenen Lebenszeichen<br />

(Stöhnen, Husten, Bewegungen, Abwehrreaktionen)<br />

und fehlender Ansprechbarkeit<br />

(bewusstlose oder bewusstseinsgetrübte<br />

Person): stabile Seitenlage; Kälteschutz;<br />

kurzfristige Kontrolle der Vitalzeichen;<br />

alle 30 Minuten auf die andere<br />

Seite umlagern wegen der Durchblutung<br />

des unten liegenden Armes.<br />

HINTERGRUND<br />

Bewusstseinskontrolle; an der Schulter fassen und laut ansprechen:<br />

Was fehlt Ihnen ?<br />

Bei Bewusstlosen erschlafft die Muskulatur<br />

und die natürlichen Schutzreflexe können<br />

fehlen. Dadurch fällt die Zunge nach<br />

hinten und kann den Kehlkopf verschließen<br />

oder Mageninhalt (Speisereste) können<br />

in den Rachen und von dort in die<br />

Lunge gelangen. Beides kann zum Ersticken<br />

führen.<br />

5


6<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

2. lebensrettende sofortmaßnahmen<br />

DURCHFÜHRUNG<br />

Neben die Person knien; den nahen Arm<br />

senkrecht zum Körper am Boden ausstrecken;<br />

den entfernten Arm anwinkeln<br />

und mit der Handrückseite an die nahe<br />

Wange halten; das entfernte Bein anwinkeln<br />

und am Knie über das andere Bein<br />

zu sich her ziehen; darauf achten, dass<br />

die Person dabei langsam herumrollt;<br />

den Kopf leicht überstrecken, den Mund<br />

öffnen und die obere Hand unter die<br />

Wange schieben (Handrücken oben).<br />

Wichtig: Es gibt mehrere Varianten der<br />

stabilen Seitenlage. Entscheidend ist,<br />

dass der Kopf überstreckt ist und der<br />

Mund den tiefsten Punkt bildet, damit<br />

Erbrochenes abfließen kann. Keine Flüssigkeiten<br />

einflößen, auch nicht bei noch<br />

ansprechbaren aber schon „schläfrigen“<br />

Personen und drohender Bewusstlosigkeit.<br />

Bei eindeutigem Hinweis auf Wirbelsäulenverletzungen<br />

(z. B. Person mit Lähmungserscheinungen<br />

und eintretender<br />

Bewusstlosigkeit): schonendes Drehen in<br />

die stabile Seitenlage. Kopf und Rumpf<br />

gleichzeitig „wie ein Holzstück“ drehen<br />

und Kopf mit Unterlage stabilisieren (kein<br />

Abknicken oder Verdrehen der Halswirbelsäule).<br />

Kopf nur überstrecken, wenn<br />

Atmung behindert.<br />

Bei Verletzungen des Brustkorbes (Gefahr<br />

der inneren Lungenverletzung mit Blutung)<br />

Seitenlage auf der verletzten Seite:<br />

Die unverletzte Lunge liegt oben und<br />

kann sich besser entfalten; außerdem<br />

kann so kein Blut von innen in den gesunden<br />

Lungenflügel laufen. Schmerzaspekte<br />

sind unerheblich, da für die Seitenlage<br />

ja die Bewusstlosigkeit Voraussetzung<br />

ist.<br />

Stabile Seitenlage


Bei ausbleibender Reaktion auf Ansprache<br />

und Fehlen von eindeutigen Lebenszeichen:<br />

Die Person auf den Rücken drehen,<br />

Kopf leicht überstrecken und Mund<br />

öffnen. Erbrochenes oder Fremdkörper<br />

mit Taschentuch entfernen; Gebiss nur<br />

herausnehmen, wenn es sehr locker sitzt.<br />

Öffnen der Atemwege: Kopf überstrecken<br />

und Mund öffnen durch Anheben des<br />

Unterkiefers<br />

Ohr und Wange über den Mund der Person<br />

halten und auf Anzeichen von Atmung<br />

achten (Hören und Fühlen von Luftstrom;<br />

Sehen von Brustkorbbewegungen).<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

2. lebensrettende sofortmaßnahmen<br />

Atmung kontrollieren:<br />

„Sehen, Hören und Fühlen“<br />

Wenn nach maximal 10 Sekunden keine<br />

Anzeichen für eine normale Atmung<br />

beobachtet werden:<br />

zwei initiale Atemstöße und dabei auf<br />

Reaktionen achten (Husten, Bewegungen,<br />

Anzeichen für Atmung; „Sehen,<br />

Hören, Fühlen“).<br />

bei Reaktionen (Lebenszeichen) und<br />

jetzt eindeutig vorhandener Atmung:<br />

stabile Seitenlage.<br />

bei Ausbleiben von Reaktionen: Herz-<br />

Lungen-Wiederbelebung. Bis dahin sollten<br />

seit dem Erstkontakt insgesamt nicht<br />

mehr als 30 Sek. vergangen sein.<br />

Im Gegensatz zu früheren Empfehlungen<br />

keine Pulse mehr tasten, da bei schwachem<br />

Kreislauf/Schock die Pulse nicht<br />

verlässlich beurteilbar sind. Selbst bei<br />

geschultem Personal kommt es oft zu<br />

Fehleinschätzungen.<br />

Lieber eine lebende Person unnötig reanimieren<br />

(nicht gefährlich) als eine reanimationspflichtige<br />

Person mit Atem-/Kreislaufstillstand<br />

in die stabile Seitenlage<br />

bringen (fataler Irrtum).<br />

7


8<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

2. lebensrettende sofortmaßnahmen<br />

GELÄNDE<br />

Unterrichtsraum oder flache Wiese.<br />

METHODE<br />

Unterrichtsgespräch; simulierte Situationen<br />

mit Reanimationsphantom oder<br />

instruierten Helfern („sich tot stellen“);<br />

Reanimationsmaßnahmen nur an der<br />

Modellpuppe üben!<br />

MATERIAL<br />

Unterlage (Liegematte; Biwaksack).<br />

2.2<br />

Atem- bzw. Herz-Kreislauf-<br />

Stillstand<br />

Beides ist eng miteinander verknüpft. Bei<br />

primärem Herzstillstand stoppt unmittelbar<br />

danach auch die Atmung; bei primärem<br />

Atemstillstand kann das Herz noch<br />

kurze Zeit weiterschlagen (eher selten;<br />

z.B. Ersticken bei Lawinenverschüttung/Ertrinken).<br />

Wir beschränken uns daher auf<br />

die Kontrolle der Atmung.<br />

INHALT<br />

Ablaufschema zur Herz-Lungen-Wiederbelebung:<br />

1. Bewusstsein prüfen: Patient auf Schulter<br />

klopfen und laut fragen; bei ausbleibender<br />

Reaktion:<br />

2. Rettung alarmieren (zweite Person)<br />

3. Vitalzeichen (Husten, Stöhnen, Bewegungen,<br />

Atmung) prüfen für 10 Sek.:<br />

Dazu den Patienten auf den Rücken<br />

drehen und Kopf überstrecken, Mund<br />

öffnen und evtl. Mundhöhle frei<br />

machen („Sehen, Hören, Fühlen“):<br />

Bei eindeutigen Vitalzeichen und unauffälliger<br />

Atmung: stabile Seitenlage.<br />

Bei eindeutigen Vitalzeichen und fehlender/ungenügender<br />

Atmung (z.B.<br />

Schnappatmung) 10-12 Atemspenden/Min.<br />

(1 Atemspende alle 4-5 Sek.).<br />

4. Bei fehlenden Vitalzeichen:<br />

jetzt zuerst Rettung alarmieren wenn<br />

Netzabdeckung vorhanden (Mobilfunk)<br />

und keine weitere Person vor Ort.<br />

Danach:<br />

2 x initiale Atemspende und auf Reaktionen<br />

achten.<br />

Bei eindeutigen Vitalzeichen: stabile<br />

Seitenlage.<br />

Bei Reaktionslosigkeit:<br />

5. Herzdruckmassage (Thoraxkompression)<br />

und Beatmung im Verhältnis 15:2 bis<br />

professionelle Rettung eintrifft.<br />

6. Bei Einsetzen von eindeutigen Vitalzeichen<br />

während der Wiederbelebung:<br />

in stabile Seitenlage bringen und kontinuierlich<br />

überwachen.<br />

Beatmung: Mund zu Mund; Daumen und<br />

Zeigefinger verschließen die Nase


Bei einem zweiten Helfer kann dieser sich<br />

nach Alarmierung der Rettung mit dem<br />

Ersthelfer abwechseln, oder beide wenden<br />

die Zwei-Helfer-Methode an:<br />

Eine Person kniet an der Seite des<br />

Patienten und führt die Thoraxkompressionen<br />

durch; die andere kniet gegenüber<br />

seitlich am Kopf, hält die Atemwege<br />

durch Überstrecken des Kopfes frei und<br />

beatmet. Das Kompressions-Beatmungs-<br />

Verhältnis bleibt unverändert bei 15:2.<br />

Beatmung und Thoraxkompression werden<br />

streng nacheinander ausgeführt. Ein<br />

Beatmen während der Thoraxkompressionen<br />

erfordert einen höheren Beatmungsdruck<br />

und führt dadurch zu einem Aufblähen<br />

des Magens. Dies kann zu Erbrechen<br />

und damit zu einem möglichen Ersticken<br />

führen. Die Thoraxkompressionen werden<br />

laut mitgezählt, damit der „Beatmer“ seinen<br />

Einsatz vorbereiten kann.<br />

GRUNDSÄTZE<br />

Flache Lagerung auf hartem Untergrund.<br />

Druckpunkt für Herz-Druck-Massage:<br />

Mit einer Hand unteren Brustbeinrand<br />

aufsuchen und die andere Hand etwa<br />

auf die Mitte der unteren Brustbeinhälfte<br />

auflegen: Druckpunkt liegt ungefähr<br />

zwischen den Brustwarzen („between<br />

the nippels“). Alternativ zwei Querfinger<br />

oberhalb des unteren Brustbeinendes<br />

den Handballen auflegen.<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

2. lebensrettende sofortmaßnahmen<br />

Druckpunkt Thoraxkompression: in der<br />

Mitte der unteren Brustbeinhälfte oder<br />

„between the nippels“<br />

9


10<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

2. lebensrettende sofortmaßnahmen<br />

Abweichungen nach oben oder unten<br />

sind nicht so entscheidend, solange<br />

man sicher auf dem Brustbein drückt<br />

und nicht direkt am Brustbeinende aufliegt.<br />

Auf keinen Fall aber seitlich auf<br />

die Rippen Druck ausüben. Deshalb<br />

Auflage nur mit dem Handballen parallel<br />

direkt auf dem Brustbein (Oberkörper<br />

freimachen, keine falsche Scham!),<br />

wobei die Finger der Hand im rechten<br />

Winkel zum Brustbein stehen, ohne die<br />

Rippen zu berühren (Finger abspreizen);<br />

die andere Hand wird darüber<br />

gelegt und die Finger verschränkt;<br />

gestreckte Arme; ca. 4-5 cm Eindrücktiefe.<br />

Kompressions- und Entlastungszeit<br />

etwa gleich lang; während der Entlastungsphase<br />

und während der Beatmungen<br />

Handballen nicht vom Brustbein<br />

abheben.<br />

Herz-Druck-Massage: Oberkörper über<br />

dem Brustbein; Arme gestreckt; Druckpunkt<br />

nur mit parallel aufgesetztem Handballen;<br />

Finger abgespreizt<br />

Verhältnis Herz-Druck-Massage zu Beatmung<br />

immer 15:2, unabhängig von<br />

der Zahl der Helfer (die frühere Empfehlung<br />

von 5:1 führt zu keiner ausreichen-<br />

den Blutzirkulation); Frequenz für die<br />

Herz-Druck-Massage 100/Min. (führt zu<br />

effektiv ca. 60 Schlägen/Min. aufgrund<br />

der Unterbrechungen durch die Beatmung).<br />

Sollte mit Metronom geübt werden,<br />

da meist zu langsam ausgeführt.<br />

Beatmung Mund zu Mund bevorzugen<br />

und auf Überstreckung des Kopfes achten<br />

(Mund zu Nase bei Blutungen aus<br />

dem Mund oder wenn sich der Mund<br />

nicht luftdicht mit den eigenen Lippen<br />

umschließen lässt); vorher Mundhöhle<br />

inspizieren und bei Bedarf auswischen;<br />

eine Hand auf die Stirn legen und Nase<br />

mit Daumen und Zeigefinger derselben<br />

Hand verschließen; andere Hand leicht<br />

unter dam Kinn anlegen und mit den<br />

Daumen den Mund durch Druck auf den<br />

Unterkiefer öffnen; ggf. lockeres Gebiss<br />

entfernen; Insufflation (Einblasen) nicht<br />

zu stark wegen Aspirationsgefahr (Luft<br />

wird infolge der erschlafften Speiseröhre<br />

auch in den Magen gedrückt mit<br />

nachfolgendem Erbrechen); langsam<br />

über zwei Sek. Luft insufflieren, bis<br />

sich Brustkorb sichtbar anhebt. Selbst<br />

tief Luft holen vor jeder Atemspende<br />

(verbessert den Sauerstoffgehalt in der<br />

eigenen Ausatemluft); Thoraxkompressionen<br />

können unmittelbar am Ende<br />

der Insufflationsphase der zweiten<br />

Atemspende einsetzen (passives Ausatmen<br />

muss nicht abgewartet werden).<br />

Die Herz-Druck-Massage ist insgesamt<br />

wichtiger als die Beatmung. Die Unterbrechungen<br />

für die beiden Beatmungszüge<br />

sollten nicht länger als ca. 8 Sek.<br />

dauern, da sonst kein ausreichender<br />

Blutdruck aufgebaut wird. In Zweifelsfällen<br />

(Gesichtsverletzungen; Ekel; mangelnder<br />

Kenntnisstand über die korrekte<br />

Durchführung; erschöpfter Helfer)<br />

nur Herzdruckmassage ohne Unterbrechungen<br />

(Verzicht auf die Beatmung)<br />

mit einer Frequenz von 100/Min. durchführen.<br />

Damit lässt sich bis zu 12 Min.<br />

nach Kreislaufstillstand eine ausreichende<br />

Wiederbelebung durchführen.


Im Regelfall dient die Basisreanimation<br />

dem Verlängern der Organüberlebenszeit<br />

(Gehirn) durch den dadurch<br />

erzeugten Minimalkreislauf. Ein Wiedereinsetzen<br />

von spontaner Atmung und<br />

Herzschlag wird aber sehr selten<br />

erreicht. Dafür sind im Regelfall die<br />

Defibrillation (Stromstoß) und Medikamente<br />

(Notarzt) erforderlich (siehe<br />

Kapitel Notfallmeldung). Eine Unterbrechung<br />

zur Erfolgskontrolle ist daher<br />

entbehrlich. Nur bei eindeutigen Anzeichen<br />

(s. Kapitel 2.1) von einsetzender<br />

Atmung/Kreislauf während der Reanimation<br />

wird unterbrochen und die Person<br />

in die stabile Seitenlage gedreht.<br />

Abbruch nach 30 Minuten erfolgloser<br />

Reanimation, wenn keine Unterkühlung<br />

vorliegt und mit dem Eintreffen des<br />

Notarztes nicht in Kürze zu rechnen ist.<br />

Bei mit dem Leben nicht vereinbaren<br />

Verletzungen wird keine Reanimation<br />

durchgeführt; prinzipiell sollte die Entscheidung<br />

zur Reanimation nach einem<br />

Unfall mit offensichtlichen starken Verletzungen<br />

sehr kritisch gestellt werden.<br />

Ein Erfolg ist meist nur bei akuten<br />

Erkrankungen (z.B. Herzinfarkt) zu<br />

erwarten.<br />

Bei älteren Patienten und insbesondere<br />

bei scheinbar grundlosen Unfällen mit<br />

eher geringen Verletzungen ist immer an<br />

ein akutes Herz-Kreislaufgeschehen zu denken,<br />

welches zu dem Unfall geführt hat.<br />

GELÄNDE<br />

Unterrichtsraum; flache Wiese.<br />

METHODE<br />

Unterrichtsgespräch; Training an der<br />

Reanimationspuppe; Kontrolle der Vitalzeichen;<br />

Kopfüberstreckung und Auffinden<br />

des Druckpunktes auf dem Brustbein<br />

können auch am Helfer (männliche Person<br />

mit freiem Oberkörper) geübt wer-<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

2. lebensrettende sofortmaßnahmen<br />

den; Reanimationsmaßnahmen aber nur<br />

an der Modellpuppe üben!<br />

MATERIAL<br />

Reanimationspuppe; Metronom; abwaschbare<br />

Fingerfarbe zum Markieren des<br />

Brustbeines/Druckpunkt.<br />

2.3<br />

Blutungen und<br />

Volumenmangelschock<br />

Definition: Lebensbedrohliche arterielle<br />

Blutungen, die ohne sofortige Maßnahmen<br />

schnell zu einem tödlichen Volumenmangelschock<br />

führen.<br />

INHALT<br />

ÄUßERE BLUTUNGEN<br />

Sofort Hochlagern/Hochhalten des<br />

betroffenen Körperteils<br />

bei arterieller (spritzender) Blutung:<br />

Druck mit Finger oder Verbandspäckchen<br />

direkt auf die Blutungsstelle (Verunfallter<br />

drückt selbst oder Einmalhandschuhe),<br />

bis der Druckverband<br />

angelegt ist<br />

Anlegen des Druckverbandes immer<br />

direkt auf die Blutungsstelle<br />

wenn irgend möglich, kein Abbinden<br />

oberhalb der Wunde (Gefahr der generalisierten<br />

Gewebsschädigung mit nachfolgender<br />

Amputation)<br />

Erfolgskontrolle: Blutung stoppt. Bei<br />

Durchweichen des Verbandes neue<br />

Lage darüberwickeln.<br />

INNERE BLUTUNGEN<br />

Oft bei stumpfen Bauchverletzungen<br />

(massiver Schlag/Stoß z.B. bei Absturz<br />

aus größerer Höhe; Rammstoß durch<br />

Skistock bei Sturz)<br />

11


12<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

2. lebensrettende sofortmaßnahmen<br />

Schmerzen und Bauchdeckenspannung<br />

setzen oft erst mit Verzögerung ein.<br />

Auf Prellmarken (Bluterguss) im Bereich<br />

der Bauchdecke achten.<br />

Auch wenn der Patient kurzfristig<br />

beschwerdefrei ist, sollte unbedingt<br />

eine Abklärung im nächsten Krankenhaus<br />

(Ultraschall) erfolgen, wegen der<br />

Gefahr von Verletzungen innerer Organe<br />

mit Einrissen und Blutungen insbesondere<br />

an Milz (oft Schmerzausstrahlung<br />

in linke Schulter) und Leber (oft<br />

Schmerzausstrahlung in rechte Schulter).<br />

Bei größeren Blutungen kann es innerhalb<br />

von Minuten zu einem lebensbedrohlichen<br />

Blutverlust mit Volumenmangelschock<br />

kommen. Schocklagerung<br />

und schnellstmöglicher Abtransport.<br />

SCHOCK<br />

Missverhältnis zwischen Blutangebot und<br />

Bedarf der lebenswichtigen Organe durch<br />

großen Blutverlust oder fehlgesteuerte<br />

Blutverteilung.<br />

Zeichen: Blässe; schwacher, schneller<br />

Puls; Unruhe und später Benommenheit;<br />

kalte Haut; schnelle Atmung.<br />

Maßnahmen: Schocklagerung mit angehobenen<br />

Beinen (Ausnahme: bei Herzschwäche<br />

als Ursache für den Schock, z.B. durch<br />

Herzinfarkt: dann Oberkörper erhöht lagern,<br />

um das Herz zu entlasten); schnellen<br />

Abtransport organisieren. Bei Volumenmangelschock<br />

unbedingt Auskühlung<br />

vermeiden (Rettungsdecke; Biwaksack).<br />

GELÄNDE<br />

Unterrichtsraum oder Wiese.<br />

Lebensbedrohliche<br />

arterielle<br />

Blutung:<br />

Hochhalten;<br />

Abdrücken;<br />

Druckverband;<br />

Schocklagerung


METHODE<br />

Unfallsituation vorgeben und mit Farbe<br />

Blutung simulieren; Schüler müssen dann<br />

Situation erkennen und Druckverband<br />

anlegen (sofort wieder abnehmen!) sowie<br />

Schocklage anwenden (Schock simulieren;<br />

s. Abschnitt 3.17).<br />

MATERIAL<br />

Abwaschbare Fingerfarbe; Material für<br />

Druckverband (elastische Binde; in Plastik<br />

eingeschweißtes Verbandspäckchen);<br />

Liegematte.<br />

ZIEL<br />

Erkennen typischer Verletzungen/Erkrankungen<br />

und situationsgerechte Anwendung<br />

geeigneter Erstmaßnahmen mit einfachen<br />

Hilfsmitteln (Rucksackapotheke).<br />

Gelände, Methode und Material werden<br />

bei den jeweiligen Übungsaufgaben<br />

(Abschnitt 3.17) beschrieben.<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

2. Lebensrettende Sofortmaßnahmen<br />

Schocklagerung: Beine ca. 75° Hochhalten<br />

und entsprechende Unterlage bauen<br />

13


14<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

3.1<br />

Wunden<br />

INHALT<br />

Offene Wunden ohne weitere Reinigungsund<br />

Desinfektionsmaßnahmen großzügig<br />

mit sterilem Verbandsmaterial verbinden,<br />

soweit in der Rucksackapotheke vorhanden.<br />

Zur Not auch mit sauberem Tuch<br />

abdecken. Grobe Verschmutzungen (Dreckklumpen)<br />

können vorab entfernt werden.<br />

Diese Verbände dienen zum einen der<br />

Blutstillung und verhindern eine weitere<br />

Verschmutzung.<br />

3.2<br />

Muskelzerrungen, Muskelfaserrisse<br />

INHALT<br />

Überdehnung mit Einrissen je nach<br />

Schweregrad. Beim Muskelfaserriss<br />

kommt es zu Einblutungen und einer<br />

deutlichen Funktionseinschränkung, meist<br />

eindeutig lokalisierbar durch einen<br />

Schmerzpunkt.<br />

ERSTMAßNAHMEN<br />

PECH-Schema: Pause, Eis, Kompression,<br />

Hochlagern<br />

Insbesondere die Kompression ist wichtig,<br />

um eine vermehrte intramuskuläre<br />

Einblutung zu verhindern. Kühlung max.<br />

20 Min. am Stück und nicht direkt auf<br />

die Haut (Textilschicht dazwischen) wegen<br />

Gefahr von Erfrierungen. Plastikbeutel mit<br />

Eiswürfeln wesentlich effektiver als Gelkissen.<br />

Kann mehrfach wiederholt werden.<br />

Muskeldehnungstechniken und allmähliche<br />

Belastungssteigerung im schmerzfreien<br />

Bereich nach wenigen Tagen.<br />

3.3<br />

Quetschungen, Prellungen<br />

INHALT<br />

PECH-Regel.<br />

3.4<br />

Knochenbrüche<br />

INHALT<br />

Wichtigstes Ziel ist die Vermeidung von<br />

Durchblutungsschäden entweder in Folge<br />

von Gefäßverletzungen durch scharfe<br />

Knochenenden oder von Gefäßkompressionen<br />

durch Fehlstellungen.<br />

Bei Fehlstellungen grobe Achsenkorrektur<br />

(Vergleich mit der Gegenseite) unter<br />

vorsichtigem Längszug. Die Reposition<br />

gelingt nicht durch ruckartigen, sondern<br />

durch kontrollierten, langsam zunehmenden<br />

Zug. Nicht die exakte Wiederherstellung<br />

der ursprünglichen Anatomie<br />

ist entscheidend, sondern die<br />

Sicherstellung der lokalen und peripheren<br />

Durchblutung sowie die Schmerzlinderung.<br />

Abhängig von Ausbildungsstand sollten<br />

bei längeren Überbrückungszeiten bis<br />

zum Eintreffen professioneller <strong>Hilfe</strong><br />

(Faustregel >30 Min.) Frakturen mit grober<br />

Fehlstellung reponiert werden. Bei<br />

Bewusstlosen großzügig reponieren, da<br />

keine Analgesie (Schmerztherapie)<br />

nötig. Keine gewaltsame Reposition,<br />

und nur einen beherzten Versuch<br />

unternehmen.<br />

Flache Lagerung und Ruhigstellung<br />

durch behelfsmäßige Schienung in Mittelstellung<br />

unter Einbeziehung der benachbarten<br />

Gelenke. Moderater Dauerlängszug,<br />

wenn möglich (Streckschie-


nung). Fixierung beidseits des Bruches,<br />

Polsterung, Kälteschutz.<br />

Bei Oberschenkelbruch in Knienähe:<br />

kein Längszug wegen Gefahr der Verletzung<br />

der Kniearterie. Lagerung mit<br />

Unterpolsterung der Kniekehle (leichte<br />

Beugestellung).<br />

OFFENE BRÜCHE<br />

Sterilen Verband anlegen, der erst im<br />

Krankenhaus wieder entfernt wird<br />

Blutstillung, Reposition und Ruhigstellung<br />

sind aber wichtiger als die Sterilität.<br />

SPEZIELLE BRÜCHE<br />

Schulter/Arm: Ruhigstellung mit<br />

Dreieckstuch<br />

Schulter- bzw. Oberarmfraktur: Ruhigstellung<br />

mit Dreieckstuch, am Körper fixieren<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

Unterarm/Hand: Ruhigstellung im<br />

Schienenverband<br />

Unterarmfraktur: Polsterung und Schienung<br />

mit Schaumstoffstück (z.B. Rückenpolster<br />

des Rucksacks) und Fixierung mit<br />

Tape. Auch in Kombination mit Dreieckstuch<br />

möglich<br />

Schlüsselbein: Rucksackverband<br />

Schlüsselbeinfraktur: Rucksackverband<br />

mit Dreieckstuch; straff anziehen<br />

15


16<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

Wirbel:<br />

- Flache Rückenlagerung auf harter<br />

Unterlage<br />

- möglichst nicht bewegen<br />

- bei Verdacht auf Halswirbelsäulenverletzung:<br />

Halskrause, wenn möglich<br />

(Schaumstoffstück); keine Überstrekkung;<br />

kein Druck auf Weichteile<br />

(Halsschlagader)<br />

Improvisierte Halskrause: Schaumstoff evtl. doppelt nehmen<br />

und im Nacken mit Tape fixieren<br />

- notwendige Umlagerungen (z.B. Entfernen<br />

aus Gefahrenbereich) immer<br />

mit mehreren Personen (mindestens 4)<br />

unter Längszug am Kopf (ohne Überstreckung<br />

!) und ohne Verdrehungen<br />

oder Abknicken der Wirbelsäule<br />

(„wie ein Holzbrett“).<br />

Umlagerung bei Wirbelsäulenverletzung. Der Kopfträger gibt die Kommandos


3.5<br />

Verrenkungen (Luxationen)<br />

INHALT<br />

Gelenkkopf unter Kapselzerreißung aus<br />

der Pfanne ausgetreten. Gelenk federnd<br />

gesperrt mit abnormer Stellung.<br />

Fingerluxation. Reposition durch Längszug<br />

Sprunggelenksluxation: Reposition durch Längszug<br />

FINGERLUXATION<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

Reposition durch Zug in Längsrichtung.<br />

SPRUNGGELENKSLUXATION<br />

Grobreposition durch Längszug bei fortbestehender<br />

Luxation (Verrenkung) und<br />

starker Achsabweichung (Vergleich mit<br />

der Gegenseite)<br />

Bei geplantem behelfsmäßigem Abtransport<br />

mit selbstgebauter Streckschienung<br />

(Skistöcke) Schuhe besser<br />

anlassen aber Schnürung lockern.<br />

Sonst (Hubschraubertransport) können<br />

Schuhe bei Bedarf auch entfernt werden,<br />

da später vom Rettungsteam eine<br />

professionelle Schiene angelegt wird.<br />

Hinweise zur Reposition bei Verrenkungen:<br />

Die Reposition gelingt nicht durch ruckartigen,<br />

sondern durch kontrollierten, langsam<br />

zunehmenden Zug. Wie bei den<br />

Frakturen gilt auch hier: Abhängig vom<br />

Ausbildungsstand sollten bei längeren<br />

Überbrückungszeiten bis zum Eintreffen<br />

professioneller <strong>Hilfe</strong> (Faustregel >30 Min.)<br />

17


18<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

Luxationen mit grober Fehlstellung reponiert<br />

werden. Weiße, gespannte Haut<br />

(Zeichen schlechter Durchblutung) im<br />

Bereich der Verrenkung verlangt immer<br />

und ohne Zeitverzögerung die notfallmäßige<br />

Reposition. Das Schultergelenk sollte<br />

zurückhaltend reponiert werden. Hier<br />

sind Kenntnisse des exakten Manövers<br />

und entsprechende Schulung notwendig<br />

(nur weichteilschonende Verfahren anwenden,<br />

die auf dem Prinzip des Dauerzugs<br />

am Arm basieren). Bei der Schulter<br />

sollte, wenn innerhalb einer Stunde eine<br />

Krankenhausversorgung möglich ist, im<br />

Zweifel auf eine notfallmäßige Reposition<br />

verzichtet werden.<br />

Dann Fixation mit Dreieckstüchern und<br />

Polsterung unter der Achsel. Ganz allgemein<br />

gilt: Je körperferner eine Luxation,<br />

umso dringlicher ist deren Reposition.<br />

Notfallindikationen sind Luxationen von<br />

Fingern und Sprunggelenken. Beim Knie<br />

sollte nicht unter Längszug reponiert werden,<br />

wegen der Gefahr einer Verletzung<br />

der Kniearterie. Eine möglichst achsgerechte<br />

Lagerung mit Unterpolsterung der<br />

Kniekehle unter Vermeidung von Längszug<br />

ist aber immer anzustreben.<br />

Wenn keine Reposition durchgeführt wird<br />

oder diese fehlschlägt:<br />

Ruhigstellung in angenehmster Lage<br />

und rascher Abtransport<br />

kein gewaltsames Einrenken.<br />

3.6<br />

Pfählungs- und<br />

Fremdkörperverletzungen<br />

INHALT<br />

Fremdkörper grundsätzlich in der verletzten<br />

Extremität oder Körperhöhle belassen.<br />

Der Gegenstand wirkt wie ein Verschlusstopfen<br />

und kann lebensbedrohliche Blutungen<br />

bei evtl. vorhandenen Gefäßverletzungen<br />

verhindern. Ggf. durch technische<br />

Rettung (Abtrennen des Fremdkörpers<br />

durch Säge/Seitenschneider etc.)<br />

Transportfähigkeit herstellen.<br />

Perforationsverletzung: Fremdkörper<br />

immer belassen (Tamponadeneffekt);<br />

Polstern und schneller Abtransport


3.7<br />

Amputationsverletzungen<br />

INHALT<br />

Hochlagerung des Stumpfes und Druckverband<br />

zur Blutstillung. Amputat nicht<br />

reinigen oder desinfizieren, sondern trokken,<br />

kühl und steril einpacken (zwei<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

wasserdichte Plastikbeutel: Eiswasser in<br />

äußeren Beutel (keine reinen Eisstücke<br />

wegen Gefahr des Anfrierens).<br />

Amputation. Druckverband am Stumpf; Amputat im Beutel kühl aufbewahren und<br />

schnellen Transport in Schwerpunktklinik organisieren<br />

19


20<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

3.8<br />

Lokale Erfrierungen<br />

INHALT<br />

Lokaler Kälteschaden des Gewebes, der<br />

durch ein einmaliges, intensives Kältetrauma<br />

zustande kommt.<br />

3 Grade je nach Umfang der Gewebeschädigung<br />

Beurteilung erst nach Wiedererwärmung<br />

möglich<br />

volles Ausmaß erst nach Tagen ersichtlich.<br />

Grad 1:<br />

Kälte und Blässe sowie stechende<br />

Schmerzen und Gefühllosigkeit<br />

Die Haut ist anfangs weiß, kann sich<br />

aber in der Folge bräunlich verfärben<br />

und abblättern.<br />

Grad 2:<br />

Diagnose erst nach Erwärmung möglich<br />

Rötung, Schwellung und Blasenbildung<br />

(helle Flüssigkeit) der geschädigten<br />

Region.<br />

Grad 33:<br />

Blasenbildung mit blutiger Flüssigkeit<br />

und Nekrosen<br />

Mumifizierung und scharfe Abgrenzung<br />

zum gesunden Gewebe (nach Wochen<br />

bis Monaten).<br />

THERAPIE<br />

Aufwärmen nur, wenn kein weiteres Gehen<br />

in Bergschuhen geplant ist und keine<br />

Gefahr des erneuten Einfrierens besteht.<br />

Am Unfallort:<br />

Aufwärmung des Körperkerns durch<br />

Zufuhr warmer, gezuckerter Getränke<br />

Schutz vor weiterer Kälteeinwirkung;<br />

nasse Kleider wechseln<br />

kein Einreiben mit Schnee, nicht massieren<br />

(Gewebsschädigung)<br />

nicht in Mund stecken oder Anhauchen<br />

(Verdunstungskälte)<br />

Wärmen des erfrorenen Körperteils am<br />

Körper (z.B. Hand in die Achselhöhle<br />

legen; Fuß in die Achselhöhle eines<br />

Begleiters legen)<br />

steriler, trockener Polsterverband und<br />

druckfreie Lagerung wegen extrem<br />

hoher Verletzungsgefahr durch Gefühllosigkeit;<br />

keine Salben<br />

vorsichtige aktive Bewegung der<br />

betroffenen Extremität, wenn keine allgemeine<br />

Unterkühlung vorliegt<br />

bei geringfügigen Erfrierungen selbstständiges<br />

Gehen, bei schweren passiver<br />

Abtransport<br />

keine Medikamente außer Aspirin (500<br />

mg) zur Verbesserung der Durchblutung<br />

geheizte Räumlichkeiten aufsuchen<br />

(Berghütte).<br />

In der Berghütte:<br />

Bei warmer Raumtemperatur zu den<br />

heißen, gezuckerten Getränken auch<br />

Alkohol geben (gefäßerweiternde Wirkung<br />

jetzt erwünscht, da keine Gefahr<br />

der Unterkühlung mehr)<br />

möglichst rasches Auftauen im körperwarmen<br />

Wasserbad: Eintauchen des<br />

betroffenen Körperabschnittes in lauwarmes<br />

Wasserbad und Temperatur


durch Zugießen von heißem Wasser so<br />

schnell, wie es toleriert wird (Schmerzen)<br />

auf ca. 38 °C erhöhen (Temperatur<br />

nicht weiter steigern, da sonst zusätzlich<br />

Gewebeschäden entstehen). Aufwärmen<br />

kann bei komplett durchgefrorenen<br />

Extremitäten bis zu einer Stunde<br />

dauern. Schmerzen entstehen nur in<br />

noch stoffwechselaktivem Gewebe und<br />

sind ein günstiges Zeichen.<br />

Orale Schmerzmittel sind zulässig und<br />

wünschenswert.<br />

auftretende Blasenbildung nicht punktieren,<br />

nicht öffnen, steril abdecken<br />

betroffene Extremität hoch lagern, um<br />

Schwellung und Blasenbildung zu vermindern;<br />

leicht bewegen lassen<br />

passiver Abtransport bei Blasenbildung<br />

keine prognostische Beurteilung abgeben<br />

bei tieferen Erfrierungen (Grad II-III) in<br />

jedem Fall schnelle klinische Weiterbehandlung<br />

mit blutverdünnenden Infusionen,<br />

gefäßerweiternden Mitteln und<br />

Gerinnungshemmern<br />

keine trockene Wärme anwenden<br />

(Feuer/Heizung), da wegen fehlender<br />

Temperaturempfindlichkeit eine große<br />

Gefahr von unbemerkt zugefügten Verbrennungen<br />

mit weiterer Gewebsschädigung<br />

besteht.<br />

3.9<br />

Allgemeine Unterkühlung<br />

INHALT<br />

Absinken der Körperkerntemperatur (KKT)<br />

unter 35 °C<br />

Ursachen:<br />

Sturz in kaltes Wasser<br />

Spaltensturz<br />

Liegen im Freien<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

Lawinenunfall (in der Lawine nur ca. 3 °C<br />

pro Stunde bei normaler Skikleidung)<br />

Auskühlen über mehrere Tage (Expeditionen)<br />

Nasse Kleidung und Wind beschleunigen<br />

die Abkühlung.<br />

Stadien der Hypothermie:<br />

Stadium I: Patient ansprechbar mit<br />

Muskelzittern (Kerntemperatur 35 - 32 °C)<br />

Stadium II: Patient erschwert ansprechbar<br />

ohne Muskelzittern (Kerntemperatur 32 -<br />

28 °C)<br />

Stadium III: Patient nicht ansprechbar<br />

(Kerntemperatur 28 - 24°C)<br />

Stadium IV: Atem- und Herz-Kreislauf-<br />

Stillstand (Kerntemperatur # 24 °C)<br />

<strong>Erste</strong>-<strong>Hilfe</strong>-Maßnahmen zur Behandlung<br />

der Hypothermie:<br />

Stadium I: Herstellen windstiller Verhältnisse;<br />

Schutz vor weiterer Auskühlung;<br />

heiße, süsse Getränke ohne Alkohol; vorsichtig<br />

bewegen lassen<br />

Stadium II: Wärmepackung am Bauch;<br />

Vermeiden großer Bewegungen (Bergungstod);<br />

Getränke nur, wenn sicher<br />

geschluckt werden kann (nicht bei drohender<br />

Bewusstlosigkeit); kontinuierlich<br />

überwachen<br />

Stadium III: Wärmepackung in stabiler<br />

Seitenlagerung; strikte Beobachtung,<br />

Kontrolle von Puls und Atmung; Helikopter-Transport<br />

in Klinik mit Hypothermie-<br />

Erfahrung<br />

Stadium IV: Herz-Lungen-Wiederbelebung<br />

ohne Unterbrechung; Helikopter-Transport<br />

in Klinik mit Herz-Lungen-Maschine<br />

Die Reanimation insgesamt länger als<br />

sonst üblich durchführen nach dem<br />

21


22<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

Motto: Kein Unterkühlter ist tot, solange<br />

er nicht warm und tot ist.<br />

Die tiefste bisher dokumentierte Körpertemperatur,<br />

bei der eine Reanimation<br />

ohne bleibende Hirnschäden erfolgreich<br />

war, lag bei 14 ° C.<br />

Die Person war im Eiswasser ertrunken<br />

und konnte erst nach einer Stunde aus<br />

dem Wasser geborgen werden! In der<br />

Lawinenrettung ist eine Unterkühlung in<br />

so kurzer Zeit nicht möglich (Schnee isoliert<br />

gut), daher hat der Kreislaufstillstand<br />

hier eine viel schlechtere Prognose als<br />

bei Ertrinkungsunfällen im Eiswasser, wo<br />

es zu einer Schockkühlung mit dadurch<br />

vermindertem Sauerstoffbedarf der Zellen<br />

(Gehirn) kommt.<br />

3.10<br />

Lawinenverschüttung<br />

INHALT<br />

Eine Prognose ist stark von der Verschüttungsdauer<br />

und dem Vorhandensein<br />

einer Atemhöhle abhängig:<br />

5 bis 10 Min.: Verschüttete ohne Atemhöhle<br />

und verschlossenen Atemwegen<br />

(Schnee oder Mageninhalt in Mund/Rachen/Nase)<br />

sterben an sofortigem<br />

Ersticken, sofern sie nicht bei Stillstand<br />

der Lawine bereits tödlich verletzt wurden<br />

(Absturzgelände).<br />

10 bis 35 Min.: In diesem Zeitfenster<br />

ersticken Verschüttete mit freien Atemwegen<br />

aber ohne größere Atemhöhle<br />

(abhängig vom Restsauerstoff in der<br />

Atemhöhle).<br />

Ab 35 Min. leben nur noch Verschüttete<br />

mit größerer Atemhöhle. Diese sterben<br />

jedoch innerhalb der nächsten<br />

1-2 Std. ebenso an Sauerstoffmangel<br />

und Wiedereinatmen von CO2 (langsames<br />

Ersticken). Nur mit sehr großen<br />

Atemhöhlen oder einer Luftverbindung<br />

nach außen sind auch längere Überle-<br />

benszeiten möglich. Als Atemhöhle gilt<br />

jeder noch so kleine Hohlraum vor<br />

Mund und Nase bei gleichzeitig freien<br />

Atemwegen. Eindeutig keine Atemhöhle<br />

liegt nur dann vor, wenn Mund und<br />

Nase durch Schnee oder Mageninhalt<br />

luftdicht verschlossen sind. Dies ist nur<br />

bei aufmerksamer Beobachtung während<br />

des Ausgrabens festzustellen. Eine<br />

Atemhöhle bei gleichzeitig freien Atemwegen<br />

ist ein sicherer Beweis, dass der<br />

Verschüttete nach dem Stillstand der<br />

Lawine noch geatmet hat. Dies gibt<br />

immer Grund zur Hoffnung auf eine<br />

erfolgreiche Wiederbelebung des Verschütteten.<br />

Wie lange ein Verschütteter,<br />

der trotz vorhandener Atemhöhle<br />

ohne Vitalzeichen geborgen wird, tatsächlich<br />

schon einen Atemstillstand<br />

hat, bzw. wie lange er während der<br />

Verschüttung noch atmen konnte, lässt<br />

sich leider nicht feststellen. Daher sollte,<br />

vorausgesetzt es stehen genügend<br />

Retter zur Verfügung oder es sind<br />

keine weiteren Personen zu bergen,<br />

großzügig die Entscheidung zur Reanimation<br />

getroffen werden. Aufgrund der<br />

Bedeutung der Atemhöhle für das<br />

Überleben ist es deshalb von größter<br />

Wichtigkeit, alle Retter auf die Tragweite<br />

dieser Beobachtung hinzuweisen.<br />

Konsequenzen:<br />

Bei der Kameradenrettung mit allen<br />

Mitteln eine Bergung innerhalb kürzester<br />

Zeit anstreben, da Verschüttete mit<br />

verschlossenen Atemwegen eigentlich<br />

nur in den ersten 10 Min. eine realistische<br />

Überlebenschance (erfolgreiche<br />

Wiederbelebung) haben.<br />

Bei einer Verschüttungsdauer bis ca.<br />

35 Min. folgt die Behandlung wegen<br />

der bis dahin noch geringen Auskühlung<br />

(3° C Temperaturabfall/Stunde)<br />

nach den allgemeinen notfallmedizinischen<br />

Konzepten der Herz-Lungen-<br />

Wiederbelebung. Das bedeutet konkret,<br />

dass jeder Geborgene ohne Vitalzei-


chen aber mit freien Atemwegen reanimiert<br />

werden sollte (wenn genügend<br />

Helfer vorhanden). Die Feststellung<br />

einer Atemhöhle ist von prognostischer<br />

Bedeutung, jedoch müssen noch während<br />

der Bergung evtl. verlegte Atemwege<br />

so rasch wie möglich freigelegt<br />

werden (lebensrettende Sofortmaßnahmen<br />

unmittelbar nach Ausgraben des<br />

Kopfes). Nach der Bergung und während<br />

der Reanimationsmaßnahmen ist<br />

eine weitere Auskühlung zu vermeiden.<br />

Über den Abbruch der Reanimationsmaßnahmen<br />

sollte der Notarzt entscheiden;<br />

bei fehlender Atemhöhle und<br />

verschlossen Atemwegen ist die Prognose<br />

aber außer bei sehr kurzen Verschüttungszeiten<br />

(5 bis 10 Min.)<br />

schlecht und eine Reanimation fast<br />

immer erfolglos.<br />

Bei einer Verschüttungsdauer über 35<br />

Min. ist die Existenz einer Atemhöhle<br />

Voraussetzung für das Überleben, weshalb<br />

bei der Freilegung des Verschütteten<br />

genau darauf geachtet werden<br />

muss. Aus diesem Grund, und weil nun<br />

zunehmend mit einer Unterkühlung zu<br />

rechnen ist, muss die Bergung so rasch<br />

und so sanft wie möglich erfolgen (unterhalb<br />

der Markierungssonde schräg<br />

graben um eventuelle Atemhöhle zu<br />

erhalten; bewegungsarme Bergung und<br />

Lagerung; windstille Verhältnisse und<br />

Isolation). Ohne Atemhöhle sind Reanimationsmaßnahmen<br />

sinnlos. Bei vorhandener<br />

Atemhöhle Abbruch der Reanimationsmaßnahmen<br />

in der Regel<br />

erst durch Notarzt nach Kenntnis der<br />

Körperkerntemperatur. Unterkühlte mit<br />

Atemhöhle werden in der Regel unter<br />

Reanimation in eine geeignete Klinik<br />

zur Wiedererwärmung geflogen.<br />

Kein unterkühltes Lawinenopfer mit<br />

einer Atemhöhle ist tot, bevor es nicht<br />

wieder erwärmt und tot ist!<br />

3.11<br />

Hitze- und Sonnenschäden<br />

HITZEKOLLAPS<br />

INHALT<br />

Allgemeine Gefäßerweiterung durch<br />

Anstieg der Körpertemperatur führt zu<br />

Blutdruckabfall (Thermoregulation noch<br />

erhalten). Starkes Schwitzen mit Flüssigkeitsverlust<br />

wirkt verstärkend.<br />

Maßnahmen:<br />

Schatten<br />

Kühlung<br />

Flüssigkeitszufuhr<br />

Schocklagerung.<br />

HITZSCHLAG<br />

INHALT<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

Versagen der Thermoregulation. Bei vorbestehender<br />

Herzschwäche (Senioren)<br />

kann sich schnell ein lebensbedrohlicher<br />

Zustand entwickeln. Durch unzureichende<br />

Wärmeabgabe kommt es zum Anstieg der<br />

Körpertemperatur über 40 °C mit einer<br />

Protein- und Zellzerstörung und Stoffwechselentgleisung.<br />

Ursachen:<br />

Aktive Wärmeproduktion bei exzessiver<br />

Muskelarbeit oder passiver Wärmestau<br />

bei schwülheißem Wetter und ungeeigneter<br />

Kleidung. Bei aktiver Wärmeproduktion<br />

(meist jüngere Bergsteiger) oft ohne<br />

Warnzeichen plötzlicher Beginn mit Vollbild<br />

des Hitzeschlags. Bei passiver Erwärmung<br />

(eher ältere Bergsteiger) oft 1-2<br />

Tage Warnzeichen mit Müdigkeit, Schwäche,<br />

Erbrechen.<br />

Leitsymptome:<br />

trockene, gerötete Haut<br />

23


24<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

Körpertemperatur über 40 °C<br />

gestörte Vitalfunktionen.<br />

Blutdruck zu Beginn hoch, bei Fortdauer<br />

aber Blutdruckabfall und Herzrasen<br />

(Schock). Die Haut ist wegen des Versagens<br />

der Temperaturregulation trocken<br />

und heiß (kein Schwitzen mehr).<br />

Sofortmaßnahmen:<br />

Sofortige Therapie mit Leitprinzip der<br />

konsequenten Kühlung:<br />

Schatten; Kleidung ablegen<br />

feucht-kalte Tücher auf Bauch und<br />

Waden<br />

Flüssigkeit nur bei stabilem Kreislauf<br />

Lagerung mit erhöhtem Oberkörper. Bei<br />

zunehmender Kreislaufstörung flache<br />

Lagerung (keine Schocklagerung insbesondere<br />

bei Senioren wegen Gefahr<br />

des Herzversagens)<br />

Kühlung abbrechen wenn Kältezittern<br />

auftritt oder Körpertemperatur bei<br />

38 °C<br />

bei Bewusstlosigkeit stabile Seitenlage.<br />

SONNENSTICH<br />

INHALT<br />

Hirnhautreizung (Meningitis) durch direkte<br />

Sonneneinstrahlung auf den Kopf (Senioren<br />

mit gelichtetem Haar).<br />

Symptome:<br />

Kopfschmerz<br />

Übelkeit<br />

Unruhe<br />

Nackensteifigkeit<br />

Erbrechen<br />

Schwindel.<br />

Maßnahmen:<br />

Lagerung mit leicht erhöhtem Oberkörper<br />

im Schatten<br />

lokale Kühlung des Kopfes<br />

Bewusstlose in stabile Seitenlage<br />

bei Atemstörungen und Verlangsamung<br />

des Herzschlages (Zeichen des erhöhten<br />

Hirndruckes) Abtransport mit Hubschrauber.<br />

SCHNEEBLINDHEIT<br />

INHALT<br />

Durch UV-Strahlung verursachte Entzündung<br />

des vorderen Augenabschnitts<br />

(Binde- u. Hornhaut) meist ca. 6 Std.<br />

nach Exposition.<br />

Symptome:<br />

Gerötete und lichtempfindliche Augen<br />

Schmerzen (Fremdkörpergefühl); Tränenfluss<br />

Sehstörungen bis Blindheit.<br />

Maßnahmen:<br />

Augen abdunkeln durch Augenbinde<br />

Ibuprofen (800 mg) oder Diclofenac<br />

(100 mg) als Schmerzmittel<br />

als Augentropfen/-salben kein Cortison,<br />

sondern sogenannte nichtsteroidale<br />

Entzündungshemmer (z.B. Diclofenac;<br />

Diclogrün ® ) oder lokales Anästhetikum<br />

(z.B. Novesine ® ).<br />

3.12<br />

Akute Höhenkrankheit<br />

Anpassungsstörungen an vermindertes<br />

Sauerstoffangebot. Schon ab 2.500 m,<br />

vor allem bei schnellem Aufstieg mit der<br />

Seilbahn.


INHALT<br />

Formen der akuten Höhenkrankheit<br />

1. ZEREBRALE HÖHENKRANKHEIT<br />

AMS (ACUTE MOUNTAIN SICKNESS/MILDE<br />

AKUTE HÖHENKRANKHEIT)<br />

6-48 Std. nach Höhenexposition; verschwindet<br />

bei richtigem Verhalten nach<br />

1-2 Tagen; gestörte Hirnfunktionen durch<br />

beginnende Wasseransammlung im Hirn<br />

mit Durchblutungsstörungen.<br />

Leitsymptom: Kopfschmerz<br />

Zusätzlich mindestens eines der folgenden<br />

Symptome: Müdigkeit; Schwäche;<br />

Appetitlosigkeit; Übelkeit; Ruhefrequenzerhöhung<br />

über 20 %; Atemnot unter<br />

Belastung; Schlaflosigkeit; nächtliche<br />

Atemunterbrechungen; Apathie; verringerte<br />

24-Stunden-Urinmenge; periphere<br />

Ödeme (Wasser im Unterhautgewebe).<br />

Maßnahmen:<br />

Ruhetag mit völliger körperlicher Inaktivität<br />

und bewusster Hyperventilation<br />

evtl. 250 mg Acetazolamid; z.B. Diamox®<br />

kein Alkohol, keine Schlafmittel<br />

Verschlimmern sich die Symptome bis<br />

zum nächsten Tag, erfolgt der sofortige<br />

Abstieg.<br />

bei alleinigem Kopfschmerz viel Trinken<br />

(Dehydratation verursacht auch Kopfschmerzen)<br />

und Therapieversuch mit<br />

Ibuprofen (800 mg). Bei Fortbestehen<br />

der Beschwerden sollte von einer akuten<br />

Höhenkrankheit ausgegangen werden.<br />

Es gilt der Grundsatz: Solange<br />

von AMS ausgehen bis das Gegenteil<br />

bewiesen ist.<br />

HACE (HIGH ALTITUDE CEREBRAL<br />

EDEMA/HÖHENHIRNÖDEM)<br />

Kann sich unterschiedlich rasch aus AMS<br />

heraus entwickeln; stets bestehen über<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

12-24 Std. bereits AMS-Symptome; letztendlich<br />

das Endstadium von AMS:<br />

zunehmende Wasseransammlung im Hirn<br />

mit Durchblutungsstörungen.<br />

Leitsymptom: Gang- und Stehunsicherheiten<br />

(Ataxie)<br />

Weitere Symptome: Schwerste Kopfschmerzen;<br />

Übelkeit; Erbrechen; Schwindel;<br />

Halluzinationen; vernunftwidriges<br />

Verhalten; Sehstörungen; Bewusstseinsstörungen;<br />

Koma<br />

Maßnahmen:<br />

Sofortiger Abtransport in tiefere Lagen<br />

falls möglich Sauerstoffgabe, Überdrukksack<br />

und Medikamente (Dexamethason,<br />

z.B. Fortecortin®, 8 mg initial<br />

(oral, intravenös oder intramuskulär),<br />

danach 4 mg alle 6 Std.).<br />

2. Pulmonale Höhenkrankheit<br />

HAPE (HIGH ALTITUDE PULMONARY<br />

EDEMA/HÖHENLUNGENÖDEM)<br />

Wasseransammlung in der Lunge durch<br />

erhöhten Druck im Lungenkreislauf infolge<br />

des Sauerstoffmangels. Vorkommen<br />

schon ab 2.500 m mit Beginn meist in<br />

der zweiten Nacht auf einer neuen Höhe.<br />

Kann völlig unabhängig von AMS/HACE<br />

auftreten.<br />

Leitsymptom: plötzlicher Leistungsabfall<br />

Weitere Symptome: anfangs Atemnot bei<br />

Anstrengung, später auch in Ruhe; Pulsanstieg;<br />

trockener Husten, später Rasselgeräusche<br />

und blutiger Schaum; Blaufärbung<br />

der Haut; 24-Stunden-Urinmenge<br />

unter 0,5 Liter<br />

Maßnahmen:<br />

Schneller Abtransport in tiefere Lagen<br />

falls möglich Sauerstoffgabe (Vorräte<br />

einteilen für die Dauer des geplanten<br />

Transportes)<br />

Lagerung mit erhöhtem Oberkörper<br />

25


26<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

Überdrucksack und Medikamente<br />

(Nifedipin 20 mg retard, z.B. Adalat<br />

retard ® , alle 6 Std.).<br />

3.13<br />

Herzinfarkt<br />

INHALT<br />

Herzmuskelnekrose (Absterben von<br />

Gewebe), durch mangelnde Durchblutung<br />

(Gefäßverschluss) verursacht.<br />

Betrifft insbesondere ältere Patienten mit<br />

vorbestehender Arterienverkalkung.<br />

Leitsymptome:<br />

Brustschmerz über 30 Min. und länger;<br />

Schmerzcharakter dumpf, brennend, kann<br />

in den linken oder beide Arme, in den<br />

Hals oder Oberbauch ausstrahlen<br />

Patient ist unruhig, ängstlich, kaltschweißig<br />

und blass; oft Atemnot.<br />

Maßnahmen:<br />

Lagerung mit erhöhtem Oberkörper<br />

(Herzentlastung)<br />

schneller Abtransport<br />

bei Wartezeiten länger als 30 Min.<br />

(Rettung/Hubschrauber) Gabe einer<br />

Aspirin 500 mg Tablette (Blutverdünnung).<br />

3.14<br />

Unterzuckerung<br />

Kritisches Absinken des Zuckergehaltes<br />

im Blut<br />

INHALT<br />

Durch regelmäßige Zufuhr von Kohlenhydraten<br />

(z.B. „Müsliriegel“ etc.) vermeidbar.<br />

Gefährlich insbesondere bei Diabetikern,<br />

die entsprechende Blutzucker senkende<br />

Medikamente einnehmen (z.B. Euglucon®,<br />

Insulin). Durch die oft ungewohnte<br />

Belastung beim Bergsteigen sinkt der<br />

Bedarf an Insulin, da viel Glucose verbraucht<br />

wird. Wenn die Patienten jetzt<br />

trotzdem ihre normale Medikamentendosis<br />

beibehalten, besteht die Gefahr einer<br />

akuten Unterzuckerung.<br />

Symptome:<br />

Schweißausbruch<br />

Hungergefühl<br />

Blässe<br />

Herzklopfen<br />

Zittern<br />

Koordinationsstörungen bis hin zu<br />

Bewusstseinsstörungen und Koma.<br />

Maßnahmen:<br />

Rechtzeitig Zucker (Glucose) oder zuckerhaltige<br />

Lebensmittel geben<br />

auf regelmäßige Energiezufuhr achten<br />

bei Diabetikern Medikamentendosis<br />

reduzieren oder weglassen (Rücksprache<br />

mit Hausarzt).<br />

3.15<br />

Hängetrauma<br />

Kreislaufversagen nach längerem Hängen<br />

im Seil<br />

INHALT<br />

Bei aufrechter Hängeposition versackt<br />

das Blut in den Beinen durch Abschnüreffekte<br />

und die fehlende Bewegung (Muskelpumpe).<br />

Dank moderner Hüftgurte seltener<br />

geworden, aber insbesondere bei<br />

bewusstlosen oder bewegungslos hängenden<br />

Personen aufretend.<br />

Symptome:<br />

Symptome wie Schwindel, Übelkeit<br />

oder Schweißausbrüche bis zum Verlust<br />

des Bewussteins durch Kreislaufschock


Beine können gefühllos und gelähmt<br />

sein.<br />

Maßnahmen:<br />

Nach der Bergung erst mal in sitzender<br />

Lagerung stabiliseren. Zu schnelle Hinlegen<br />

kann wegen des starken Blut-<br />

3.16<br />

Lagerungen (Tabellarische Zusammenfassung)<br />

INHALT<br />

LAGERUNG OHNE BEWUSSTSEIN<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

Stabile Seitenlage zur Vermeidung der Aspiration (Eindringen von Mageninhalt in die<br />

Atemwege bei fehlenden Schutzreflexen des Kehlkopfes infolge der Bewusstlosigkeit);<br />

dabei Atmung und Puls überwachen. Alle 30 Min. auf die andere Seite umlagern, um<br />

die Durchblutung des unten liegenden Armes aufrecht zu erhalten (s. Abb. „Stabile<br />

Seitenlage“ im Abschnitt 2, „Lebensrettende Sofortmaßnahmen“).<br />

LAGERUNG ANSPRECHBARER PERSONEN MIT STÖRUNGEN VON ATMUNG UND KREISLAUF<br />

Erkrankung<br />

Atemnot (z.B. Asthmaanfall)<br />

Lungenödem (z.B.<br />

Höhenödem, Herzinsuffizienz)<br />

Volumenmangelschock<br />

(z.B. starker Blutverlust;<br />

Blutverteilungsstörung)<br />

Herzinfarkt<br />

Bluthochdruck (z.B.<br />

Medikamente vergessen)<br />

Lagerung<br />

Oberkörper erhöht oder<br />

sitzend<br />

Pat. soll Oberkörper<br />

abstützen bzw. sich<br />

festhalten<br />

Oberkörper erhöht oder<br />

sitzend<br />

Rückenlage mit<br />

angehobenen Beinen<br />

(s. Abb. in Abschnitt<br />

2.3)<br />

Oberkörper erhöht,<br />

ca. 30° - 40°<br />

Oberkörper erhöht oder<br />

sitzend<br />

rückflusses bei gleichzeitig reduzierter<br />

Pumpleistung des Herzens zu einem<br />

völligen Kreislaufzusammenbruch führen.<br />

Schneller Abtransport mit dem Hubschrauber.<br />

Ziel<br />

Einsatz der Atemhilfsmuskulatur<br />

venöser Rückfluss nimmt<br />

ab, dadurch Entlastung<br />

von Herz- und Lungenkreislauf<br />

venöser Rückfluss nimmt<br />

zu, dadurch Blutdruckanstieg<br />

Durchblutung der<br />

lebenswichtigen Organe<br />

nimmt zu<br />

venöser Rückfluss nimmt<br />

ab, dadurch Herzentlastung<br />

Hirndruckabnahme<br />

Herzentlastung<br />

27


28<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

3. Spezielle Maßnahmen<br />

LAGERUNG BEI ANSPRECHBAREN PERSONEN MIT SPEZIELLEN VERLETZUNGEN<br />

Erkrankung<br />

Schädel-Hirn-<br />

Verletzungen<br />

Wirbelsäulenverletzungen<br />

Brustverletzung<br />

Bauchverletzung<br />

Lagerung<br />

Oberkörper erhöht<br />

(ca. 30°)<br />

Kopf in Mittelstellung<br />

flache Rückenlage anstreben,<br />

insbesondere<br />

bei verdrehtem Rumpf;<br />

Regeln für Umlagerung<br />

beachten (s. Abschnitt<br />

3.4)<br />

Oberkörper erhöht; möglichst<br />

schmerzfrei lagern<br />

bei Bewusstlosigkeit<br />

oder Atemnot auf verletzte<br />

Seite lagern<br />

Rückenlage mit angewinkelten<br />

Beinen<br />

Lagerung immer in Absprache mit dem Verletzten; keine unnötigen Schmerzen<br />

provozieren<br />

Ziel<br />

Hirndruckabnahme<br />

Ruhigstellung<br />

Vermeidung weiterer<br />

Schäden<br />

Ruhigstellung<br />

Verbesserung der Belüftung<br />

des unverletzten<br />

Lungenflügels<br />

Entlastung der Bauchdecke


4. Übungsaufgaben und - beispiele<br />

4.1.<br />

Übungsaufgaben<br />

Sie kommen zu einer verunfallten/erkrankten<br />

Person mit einer der im Anhang<br />

genannten Verletzungen/Erkrankungen:<br />

Lagern und<br />

versorgen Sie behelfsmäßig den Verunfallten/Erkrankten<br />

entsprechend den<br />

Befunden Ihrer orientierenden Untersuchung.<br />

GELÄNDE<br />

Unterrichtsraum oder Wiese<br />

METHODE<br />

Instruierter Helfer simuliert<br />

Verletzung/Erkrankung; Schüler muss<br />

schnell und situationsgerecht <strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

leisten.<br />

MATERIAL<br />

Eigene Rucksackapotheke; Liegematte;<br />

Biwaksack; abwaschbare Fingerfarbe zur<br />

Simulation von Blutungen/Verletzungen.<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

4. Übungsaufgaben und -beispiele<br />

4.2.<br />

Übungsbeispiele<br />

Verletzungs-/Erkrankungsbilder:<br />

1. STARK BLUTENDE WUNDE AN EINER EXTREMITÄT<br />

(ARTERIELLE VERLETZUNG) MIT BEGINNENDEM<br />

VOLUMENMANGELSCHOCK<br />

Situation: mit Farbe Wunde am Oberarm<br />

aufzeichnen; folgende Vorinformation geben:<br />

nach Absturz offene Wunde am Oberarm,<br />

die stark blutet (pulssynchrones Spritzen).<br />

Während der Versorgung klagt der Simulant<br />

über Schwindel und Übelkeit. Nach<br />

der Versorgung (Druckverband und Lagerung)<br />

spielt er dann den Bewusstlosen.<br />

INHALT<br />

Sofortige Hochlagerung der verletzten<br />

Extremität; Druckverband; Schocklagerung<br />

(Schwindel, Übelkeit sind Alarmzeichen).<br />

Während der Anlage des Druckverbandes<br />

den Verletzten selbst die Blutung abdrükken<br />

lassen oder Schlagader oberhalb<br />

abdrücken. Bei Bewusstlosigkeit stabile<br />

Seitenlage kombiniert mit Schocklage.<br />

29


30<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

4. Übungsaufgaben und -beispiele<br />

Anlage des Druckverbandes: in Plastik<br />

verschweißtes Verbandpäckchen direkt<br />

auf die Wunde legen und mit elastischer<br />

Binde fest umwickeln. Dabei Spannung in<br />

der Binde nicht nachlassen. (Druckverband<br />

sofort wieder entfernen!)<br />

2. VERDREHUNG FUßGELENK MIT<br />

AUßENBANDRISS<br />

Situation: druckschmerzhafter und<br />

geschwollener Außenknöchel nach Umknicken<br />

mit dem Fuß. Auftreten ist schmerzfrei<br />

möglich; direkt auf dem Knochen<br />

kein Druckschmerz (Fraktur somit unwahrscheinlich).<br />

Noch ein Tagesmarsch<br />

vom nächsten Stützpunkt entfernt (Trekkingtour<br />

Nepal).<br />

Tapeverband am Sprunggelenk<br />

INHALT<br />

Hochlagerung/Kompression/Kühlung/stabilisierender<br />

Verband (Tape). Reihenfolge<br />

beachten (Kompression durch elastische<br />

Binde vor Kühlung!). Kühlung mit Schnee/<br />

Eis/Kältepack nicht direkt auf Haut, sondern<br />

Textilschicht dazwischen. Anlage des<br />

Tapeverbandes wie in Abbildung gezeigt:<br />

Die seitlichen verletzten Bänder werden<br />

durch entsprechend parallel geführte<br />

Tapelagen stabilisiert. Zur straffen Tapeführung<br />

muss der Fuß bei der Anlage des<br />

Tapeverbandes stark proniert werden<br />

(äußere Fußkante nach oben ziehen).


3. OBERARMFRAKTUR<br />

Situation: durch Sturz Fraktur des Oberarms<br />

mit Schwellung und Druckschmerz;<br />

Arm kann nur unter starken Schmerzen<br />

bewegt werden.<br />

INHALT<br />

Ruhigstellung mit Dreieckstuch. Polsterung/Schienung<br />

mit Schaumstoffstück<br />

(z.B. Rückeneinlage vom Rucksack)<br />

4. HERZINFARKT<br />

Situation: ältere Person (Wandergruppe)<br />

klagt bei Brotzeit über Atemnot und<br />

Druckgefühl in der Brust; während der<br />

Untersuchung/Versorgung klagt der Simulant<br />

zunehmend über Schwindel und<br />

Unruhe; nach einiger Zeit Kollaps mit<br />

Bewusstlosigkeit.<br />

INHALT<br />

Erhöhter Oberkörper; Aspirin geben; bei<br />

Bewusstlosigkeit stabile Seitenlage mit<br />

Überwachung von Puls/Atmung; Reanimation<br />

bei Herzstillstand. Typische Symptome:<br />

dumpfe brennende Brustschmerzen,<br />

oft in linken Arm oder Schulter ausstrahlend;<br />

Atemnot, schneller Puls, blasse<br />

Haut. Schockzeichen nicht mit Volumenmangelschock<br />

verwechseln (keine<br />

Schocklage!).<br />

5. UNTERKÜHLUNG<br />

Situation: Person hat mit ungeeigneter<br />

Kleidung die Nacht ohne Biwaksack im<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

4. Übungsaufgaben und -beispiele<br />

Wind verbracht; jetzt in Bewegung und<br />

Sprache verlangsamt, apathisches Verhalten<br />

wird simuliert; Kleidung ist durchnässt.<br />

INHALT<br />

Nasse Kleidung wechseln; wenig<br />

bewegen, insbesondere Extremitäten;<br />

Körperkern wärmen (Wärmepack); Biwaksack;<br />

Rettungsdecke; windgeschützt<br />

lagern; nur passiver Abtransport.<br />

6. WIRBELSÄULENVERLETZUNG<br />

Situation: Kletterer beim Bouldern auf<br />

Rücken gefallen; jetzt Schmerzen im<br />

Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule;<br />

Gefühllosigkeit in den Beinen, die auch<br />

nicht bewegt werden können. Der Verunfallte<br />

liegt mit verdrehtem Rumpf auf<br />

Felsblöcken in sehr schmerzhafter Position.<br />

INHALT<br />

Improvisierte Halskrause aus Schaumstoffmatte<br />

oder Rückenteil des Rucksacks;<br />

Umlagerung unter kontinuierlicher<br />

Kopfstreckung (keine Überstreckung) und<br />

Vermeidung von Rotationen in der Längsachse<br />

oder Beugungen der Wirbelsäule<br />

(„wie ein Brett“). Der „Kopfträger“ gibt<br />

die Kommandos beim Umlagern.<br />

31


32<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

Literatur<br />

Literatur<br />

Guidelines 2000 for Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular<br />

Care. An International Consensus on Science. Part 3: Adult Basic Life Support. The<br />

American Heart Association in Collaboration with the International Liaison Committee<br />

on Resuscitation.<br />

Circulation 2000; 102 (8) Supplement: I22-I59<br />

European Resuscitation Council Guidelines 2000 for Adult Basic Life Support.<br />

Resuscitation 2001; 48: 199-205<br />

Beck A, Strecker W: Wunde-Fraktur-Luxation<br />

Notfall & Rettungsmedizin 2002; 5: 613-624<br />

Berghold F, Schaffert W: Handbuch der Trekking- und Expeditionsmedizin<br />

Auflage 2001 (DAV Summit Club)<br />

Brugger et al: Field management of avalanche victims.<br />

Resuscitation 2001; 51 (1): 7-15<br />

Brugger H et al: Hypoxia and hypercapnia during respiration into an artificial air<br />

pocket in snow: implications for avalanche survival.<br />

Resuscitation 2003; 58: 81-88<br />

Brugger H, Falk M, Adler - Kastner L: Der Lawinennotfall. Neue Aspekte zur Pathophysiologie<br />

und Therapie von Lawinenverschütteten.<br />

Wiener klinische Wochenschrift 1997; 109/5: 145-159<br />

Field M J: Update on cardiac resuscitation for sudden death: Internarional Guidelines<br />

2000 on Resusitation and Emergency Cardiac Care.<br />

Current opinion in Cardiology 2003; 18: 14-25<br />

Gilbert M et al: Resuscitation from accidental hypothermia of 13,7 degrees C with<br />

circulatory arrest.<br />

Lancet 2000; 29; 355 (9201): 375-6<br />

Köstler W, Kluszyk A: Erstmaßnahmen bei Sportverletzungen<br />

Unfallchirurg 2002; 105: 450-465<br />

Mattick A: From Hippocrates to the Eskimo - a history of techniques used to reduce<br />

anterior dislocation of the shoulder.<br />

J.R.Coll.Surg.Edinb.; 2000; 45: 312-316<br />

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Notfall & Rettungsmedizin 2001; 4: 482-488<br />

Stürmer KM: Leitlinien Unfallchirurgie. 2. Auflage, Thieme (Stuttgart, New York) 1999<br />

Xavier L, Kern K: Cardiopulmonary Resuscitation Guidelines 2000 update: what's<br />

happened since?<br />

Current opinion in Critical Care 2003, 9: 218-221


Internet-Adressen mit weiterführenden Informationen<br />

zur Notfallmedizin:<br />

http://www.americanheart.org (American Heart Organisation)<br />

http://www.erc.edu/aed.htm (European Resuscitation Council)<br />

http://www.acep.org (American College of Emergency Physicians)<br />

http://www.anr.de (LMU München Notfallmedizin)<br />

http://www.emedicine.com (Nachschlagwerk für Notfallmedizin)<br />

http://www.bexmed.de (Deutsche Gesellschaft für Berg- u. Höhenmedizin)<br />

http://www.thebmc.co.uk (UIAA Mountain Medicine Center)<br />

http://www.alpinmedizin.org (Österreichische Gesellschaft für Alpinmedizin)<br />

http://www.bergrettung.at (Bergrettung Österreich)<br />

http://www.bergwacht.de (Bergwacht Deutschland)<br />

http://www.ikar-cisa.org (Bergrettung international)<br />

<strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong><br />

Literatur<br />

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