Ordentliche Orientierungshilfe - Simmendinger, Heinz
Ordentliche Orientierungshilfe - Simmendinger, Heinz
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Büro<br />
tiero/Fotolia.com<br />
<strong>Ordentliche</strong> <strong>Orientierungshilfe</strong><br />
Der richtige Umgang mit Teilleistungstabellen § 8 Abs. 2 HOAI<br />
TABELLEN UND DIAGRAMME verfolgen den Ingenieur auf Schritt und Tritt – gut, wenn sie wenigstens<br />
etwas einbringen, wie zum Beispiel die diversen Tabellen für die Bewertung nicht erbrachter Teilleistungen<br />
nach HOAI.<br />
Spätestens seit dem Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 2004, nach<br />
dem sich für die Bewertung von nicht erbrachten Architektenleistungen (oder Ingenieurleistungen)<br />
die Steinfort-Tabelle oder andere Bewertungstabellen als <strong>Orientierungshilfe</strong><br />
eignen, sind die Teilleistungstabellen in aller Munde. Leider werden<br />
diese Tabellen oftmals falsch angewendet. Deshalb wird mit dem nachfolgendem<br />
Beitrag die richtige Anwendung dieser Tabellen im Sinne des Paragrafen 8 Absatz 2<br />
der HOAI aufgezeigt.<br />
<strong>Heinz</strong> <strong>Simmendinger</strong><br />
Der Verordnungsgeber hat in der HOAI als<br />
kleinste Abrechnungseinheit die Leistungsphasen<br />
mit einer Bewertung versehen. Jedoch<br />
kommt in der Praxis immer wieder der<br />
Fall vor, dass eine Leistungsphase nicht vollständig<br />
in Ansatz gebracht werden kann.<br />
Die Gründe hierfür können unterschiedlicher<br />
Natur sein wie zum Beispiel:<br />
Es werden nicht alle Leistungen einer Leistungsphase<br />
übertragen, weil durch den Auftraggeber<br />
einzelne selbst erbracht werden<br />
oder bereits vorliegen,<br />
ein Vertrag wird vorzeitig beendet, und es<br />
müssen die erbrachten Leistungen zu den<br />
nicht erbrachten Leistungen abgegrenzt und<br />
bewertet werden,<br />
Leistungen werden innerhalb einer Arge,<br />
einer Planungsgemeinschaft oder zu einem<br />
Subplaner aufgeteilt,<br />
Planungsänderungen machen eine teilweise<br />
Wiederholung von Leistungen erforderlich,<br />
welche bewertet werden müssen.<br />
Die HOAI sieht in Paragraf 8 Absatz 2 vor:<br />
Werden nicht alle Leistungen einer Leistungsphase<br />
übertragen, so darf für die übertragenen<br />
Leistungen nur ein Honorar be-<br />
03 I 11 | Deutsches IngenieurBlatt<br />
rechnet und vereinbart werden, das dem<br />
Anteil der übertragenen Leistungen an der<br />
gesamten Leistungsphase entspricht.<br />
Das Gleiche gilt, wenn wesentliche Teile<br />
von Leistungen dem Auftragnehmer nicht<br />
übertragen werden.<br />
Ein zusätzlicher Koordinierungs- und Einarbeitungsaufwand<br />
ist zu berücksichtigen.<br />
Hierzu hat der Bundesgerichtshof in seinem<br />
Urteil vom 16. Dezember 2004 (Aktenzeichen:<br />
VII ZR 174/03) festgestellt:<br />
Für die Bewertung nicht erbrachter Architektenleistungen<br />
eignen sich die Steinfort-<br />
Tabelle oder andere Bewertungstabellen als<br />
<strong>Orientierungshilfe</strong>.<br />
Weil die von Steinfort aufgestellte Tabelle<br />
nur das Leistungsbild der Objektplanung Gebäude<br />
beinhaltet, und zudem schon 1981<br />
aufgestellt worden ist, habe ich für alle preisrechtlich<br />
verordneten Leistungsbilder (mit<br />
Ausnahme der Flächenplanungen) eine Teilleistungstabelle<br />
aufgestellt. Diese wurde als<br />
Novum in grafischer Form aufgestellt. Dies<br />
hat zum einen den Vorteil, dass mit einem<br />
Blick eine Relation der einzelnen Teilleistungen<br />
vorgenommen werden kann. Zum anderen<br />
soll die grafische Form verhindern, dass<br />
eine Bewertung der Teilleistungen mit zwei<br />
Stellen hinter dem Komma als feste Größe<br />
angesehen wird. Teilleistungstabellen können<br />
nur immer nur als eine Vorgabe für den<br />
Regelfall genommen werden, welche im<br />
konkreten Einzelfall anzupassen ist.<br />
In Abb. 1 bis Abb. 4 werden diese Teilleistungstabellen<br />
beispielhaft für die Leistungsphasen<br />
1 bis 4 des Leistungsbildes der Objektplanung<br />
Ingenieurbauwerke vorgestellt.<br />
Die Teilleistungstabellen der weiteren Leistungsbilder<br />
finden Sie unter<br />
www.deutsches-ingenieurblatt.de → Web-<br />
Infos → Suchwort: Teilleistungstabellen.<br />
Im konkreten Einzelfall ist immer auch<br />
immer ein zusätzlicher Koordinierungs- und<br />
Einarbeitungsaufwand nach Paragraf 8 Absatz<br />
2 Satz 3 HOAI zu berücksichtigen. Dies<br />
kann durchaus dazu führen, dass die Summe<br />
der (übertragenen und nicht übertragenen)<br />
Teilleistungen einen höheren Vom-Hundert-<br />
Satz ergibt, als die HOAI für diese Leistungsphase<br />
vorsieht. Hier wendet sich das berühmte<br />
Zitat von Aristoteles gerade ins Gegenteil,<br />
wonach das Ganze mehr sei als die<br />
Summe seiner Teile, denn, das ist die<br />
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03 I 11 | Deutsches IngenieurBlatt<br />
Schlussfolgerung aus Paragraf 8 Absatz 2<br />
HOAI: Die Summe der (übertragenen und<br />
nicht übertragenen) Teilleistungen ergibt<br />
durch den zusätzlichen Koordinierungs- und<br />
Einarbeitungsaufwand eben mehr als die<br />
Summe der jeweiligen Leistungsphase.<br />
Bei der Anwendung der Teilleistungstabellen<br />
ist jedoch darauf zu achten, dass nicht<br />
erforderliche Teilleistungen nicht mit der<br />
Absicht der Honorarkürzung aus der Beauftragung<br />
herausgenommen werden dürfen.<br />
So erläutert der Verordnungsgeber in der<br />
amtlichen Begründung zu Paragraf 3 Absatz<br />
2 HOAI:<br />
Klarzustellen ist hier, dass nicht alle Leistungen<br />
in den Leistungsbildern grundsätzlich<br />
bei jedem Objekt zur Erreichung des<br />
Vertragszieles notwendig sind.<br />
Noch deutlicher hat dies der Verordnungsgeber<br />
in der amtlichen Begründung zu<br />
Paragraf 55 HOAI der alten Fassung der<br />
HOAI formuliert:<br />
Werden einem Auftragnehmer die Grundleistungen<br />
einer Leistungsphase mit dem<br />
Ziel übertragen, das mit der Leistungsphase<br />
verfolgte Ergebnis zu erbringen, und behält<br />
sich der Auftraggeber nicht vor, einzelne<br />
Leistungen selber beizusteuern, so entsteht<br />
der Anspruch auf das Honorar für diese Leistungsphase<br />
regelmäßig dann, wenn das Ergebnis,<br />
das mit den in der Leistungsphase<br />
erfassten Leistungen angestrebt wird, erreicht<br />
worden ist. Dies gilt auch dann, wenn<br />
eine einzelne Grundleistung zur Erreichung<br />
dieses Ergebnisses ganz oder teilweise nicht<br />
erbracht werden musste.<br />
Wenn zum Beispiel bei der Vorplanung<br />
ein Beschaffen amtlicher Karten nicht erforderlich<br />
ist, das Ergebnis dieser Leistungsphase<br />
also auch ohne diese Tätigkeit erreicht<br />
werden kann, so sollte eine Minderung des<br />
Honorars für diese Phase mit dem Hinweis,<br />
dass diese Tätigkeit nicht erbracht worden<br />
ist, nicht vorgenommen werden.<br />
Um zu verhindern, dass zu einem späteren<br />
Zeitpunkt keine Honorarkürzungen mit<br />
der Begründung vorgenommen wird, diese<br />
Leistung sei vom Auftragnehmer nicht erbracht<br />
worden, sollte der Hinweis bezie-<br />
Abb. 1: Teilleistungstabelle Grundlagenplanung<br />
Abb. 2: Teilleistungstabelle Vorplanung<br />
Abb. 3: Teilleistungstabelle Entwurfsplanung<br />
Abb. 4: Teilleistungstabelle Genehmigungsplanung<br />
hungsweise die Verpflichtung in Paragraf 3<br />
Absatz 8 der HOAI ernst genommen werden,<br />
und nach jeder Leistungsphase das Ergebnis<br />
mit dem Auftraggeber erörtert und in<br />
schriftlicher Form festgehalten werden (sie-<br />
<strong>Heinz</strong> <strong>Simmendinger</strong><br />
Dipl. Ing. (FH), Sachverständiger<br />
für Architekten und Ingenieurhonorare;<br />
Mitglied in den AHO-<br />
Fachkommissionen Sachverständige/Wasserwirtschaft;<br />
Beisitzer<br />
der VOF-Vergabekammer Baden-<br />
Württemberg; Mitarbeiter des<br />
HOAI-Kommentars von Locher/<br />
Koeble/Frik<br />
www.HOAI-Gutachter.de<br />
he hierzu auch: “Paragraf mit Sprengstoff –<br />
Die HOAI verlangt eine Erörterung der Leistungsbilder<br />
und Leistungsphasen mit dem<br />
Auftraggeber“, in Deutsches Ingenieurblatt<br />
November 2010, Seite 53 ff.).<br />
www.deutsches-ingenieurblatt.de<br />
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Alle Tabellen aus: <strong>Simmendinger</strong>, HOAI 2009, Praxisleitfaden für Ingenieure und Architekten, Verlag Ernst & Sohn 2009<br />
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