Diplomarbeit Diana Clauß - HELIOS Kliniken GmbH
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Der Einfluss von komorbiden<br />
Persönlichkeitsstörungen auf den Therapieerfolg bei<br />
Posttraumatischen Belastungsstörungen<br />
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
vorgelegt<br />
Von<br />
<strong>Diana</strong> <strong>Clauß</strong><br />
Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />
Institut für Psychologie<br />
Lehrstuhl für klinisch-psychologische Intervention<br />
Jena, im Februar 2007<br />
1. Gutachter: Prof. Dr. Ulrich Stangier<br />
2. Gutachter: Dipl.-Psych. Nexhmedin Morina
Zusammenfassung<br />
Zusammenfassung<br />
In der vorliegenden Untersuchung wurde der Fragestellung nachgegangen, ob das<br />
Vorhandensein komorbider Persönlichkeitsstörungen den Therapieerfolg bei einer<br />
stationären, integrativen Psychotherapie bei Posttraumatischen<br />
Belastungsstörungen, verringert. Zu diesem Zweck wurden für diese Arbeit 609<br />
Patienten mit der Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung, an der<br />
Psychosomatischen Klinik in Bad Grönenbach auf ihren Therapieerfolg hin<br />
untersucht. Die Patienten wurden abhängig von der Diagnose einer komorbide<br />
vorliegenden Persönlichkeitsstörung in Gruppen unterteilt. Die erste Gruppe PDohne<br />
(N=384) bilden die PTSD-Patienten, welche keine zusätzliche Diagnose einer<br />
Persönlichkeitsstörung erhielten. PDA/B (N=182) ist die Gruppe der PTSD-Patienten<br />
mit einer komorbiden Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster A und B.<br />
Dementsprechend befinden sich in der PDC-Gruppe (N=43) Personen mit der<br />
Diagnose einer Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster C. Über ein retrospektives<br />
quasi-experimentelles Untersuchungsdesign wurde geprüft, welche Unterschiede es<br />
im Ausmaß der Veränderungen, durch die Therapie zwischen den Gruppen gibt.<br />
Dabei kamen globale Gesundheitsmaße, als auch Symptommaße der<br />
Posttraumatischen Belastungsstörung zum Einsatz. Die Therapieerfolgsmessung<br />
erfolgte direkt als auch indirekt, durch Angaben von Patienten und Therapeuten der<br />
Klinik Bad Grönenbach. Als Ergebnis der Untersuchung ist festzuhalten, dass die<br />
integrative Traumatherapie nach Reddemann und Sachsse (1997) für alle Patienten<br />
im gleichen Ausmaß zur Reduktion allgemeiner psychologischer und physiologischer<br />
Belastungen, interpersoneller Probleme und dissoziativer Symptome beiträgt. Auf<br />
den störungsbezogenen Skalen zeigte sich für die Patienten mit<br />
Persönlichkeitsstörungen eine geringere Symptomreduktion bei intrusiven Erleben,<br />
bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen aus den Clustern A & B auch bei<br />
Vermeidungsverhalten. Diese Patienten verfügten zudem bei Aufnahme und auch<br />
bei Entlassung aus der Klinik, durchgehend ein höheres Maß an Beeinträchtigungen<br />
und Belastungen, als die Patienten in den beiden anderen Gruppen.
Inhaltsverzeichnis<br />
Zusammenfassung<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Einleitung 1<br />
2. Theoretische Grundlagen 3<br />
2.1. Das Störungsbild der Posttraumatischen Belastungsstörung 3<br />
2.1.1. Das Trauma 3<br />
2.1.2. Symptome der Posttraumatischen Belastungsstörung 4<br />
2.1.3. Klassifikation und Verlauf 5<br />
2.1.4. Epidemiologie 7<br />
2.1.5. Äthiologie 10<br />
2.1.6. Therapieverfahren 13<br />
2.2. Das Störungsbild der Persönlichkeitsstörungen 18<br />
2.2.1. Persönlichkeitsstörungen 18<br />
2.2.2. Klassifikation 19<br />
2.2.3. Epidemiologie und Verlauf 24<br />
2.2.4. Äthiologie 26<br />
2.2.5. Therapieverfahren 28<br />
3. Ableitung der Fragestellung 30<br />
3.1. Komorbidität PD und PTSD 30<br />
3.2. Einfluss der PDs auf die Behandlung von Achse-I-Störungen 32<br />
3.3. Die Fragestellung 35<br />
4. Methoden 37<br />
4.1. Forschungsdesign 37<br />
4.2. Die Klinik für Psychosomatische Medizin in Bad Grönenbach und ihr<br />
Behandlungskonzept<br />
4.2.1. Behandlungskonzept für Posttraumatische Belastungsstörungen 39<br />
4.2.2. Therapeutisches Angebot 40<br />
4.2.3. Datenerhebung und Diagnose 41<br />
4.3. Messmethoden 42<br />
4.3.1. Basisdokumentation 42<br />
4.3.2. Erhebungsinstrumente zur Erfassung des allgemeinen Therapieerfolges 43<br />
4.3.3. Erhebungsinstrumente zur Erfassung des störungsspezifischen Therapieerfolgs 45<br />
4.4. Untersuchungsstichprobe 47<br />
4.4.1. Soziodemographische Beschreibung der Untersuchungsstichprobe 47<br />
4.4.2. Klinische Beschreibung der Untersuchungsstichprobe 47<br />
4.4.3. Beschreibung der Untersuchungsgruppen 49<br />
4.5. Statistische Analysemethoden 53<br />
4.6. Statistische Hypothesen<br />
37<br />
55
Inhaltsverzeichnis<br />
5. Ergebnisse 58<br />
5.1. Überprüfung auf Prätestunterschiede 59<br />
5.2. Ergebnisse zur Fragestellung 1 60<br />
5.3. Ergebnisse zur Fragestellung 2 63<br />
5.4. Ergebnisse zur Fragestellung 3 64<br />
5.5. Ergebnisse zur Fragestellung 4 66<br />
5.6. Ergebnisse zur Fragestellung 5 67<br />
5.7. Ergebnisse zur Fragestellung 6 68<br />
5.8. Ergebnisse zur Fragestellung 7 71<br />
6. Diskussion 73<br />
6.1. Zusammenfassung der Ergebnisse 73<br />
6.2. Einordnung in den aktuellen Forschungsstand 74<br />
6.3. Kritische Diskussion der eingesetzten Methoden 80<br />
7. Literaturverzeichnis 83<br />
Anhang
1. Einleitung<br />
- 1 -<br />
Einleitung<br />
Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung zeichnen sich durch ein unflexibles und<br />
unangepasstes Muster von Verhalten, Wahrnehmen, Denken und Erleben aus.<br />
(APA, 2003) Den gesellschaftlich-kulturellen Anforderungen an das Beziehungs- und<br />
Interaktionsverhalten, kann diese Person nicht gerecht werden, weshalb das soziale<br />
Umfeld aufgrund ständiger Interaktionsprobleme negativ reagiert. Die Folgen sind<br />
unbefriedigende Sozialkontakte, ausbleibende Erfolge und ständige Zurückweisung<br />
für die Person mit einer Persönlichkeitsstörung. So können sich Leidensdruck und<br />
Beeinträchtigungen in den sozialen, beruflichen und anderen Funktionsbereichen<br />
aufbauen. Bei Aufsuchen professioneller Hilfe und der Diagnosestellung einer<br />
Persönlichkeitsstörung, erhält der Patient eine Etikettierung - wie auch bei jeder<br />
anderen psychischen Störung. Allerdings bezieht sich die Beurteilung nicht auf<br />
einzelne gestörte Verhaltens- und Erlebensepisoden, wie zum Beispiel bei Phobien,<br />
sondern die Person als Ganzes wird als „störend“ betrachtet. Es mag nicht<br />
verwundern, dass ein Patient mit Persönlichkeitsstörung, diese als zu sich gehörig<br />
empfindet und nicht bestrebt ist, diese los zu werden. Denn die Persönlichkeit ist<br />
das, was jede Person von anderen Menschen unterscheidet und sie einzigartig<br />
macht. Die Unfähigkeit zur Einsicht des Patienten scheint also, unter dem Blickwinkel<br />
der Sicherung der eigenen Individualität und Identität, durchaus verständlich. Der<br />
Patient jedoch erhält durch die Diagnose, das Etikett: beziehungsgestört, unflexibel,<br />
uneinsichtig, und Erklärungen für Interaktionsprobleme werden für seine<br />
Mitmenschen gleich mitgeliefert: „Wir haben ein Problem miteinander – das liegt an<br />
der Persönlichkeit des anderen, schließlich ist seine Persönlichkeit ja gestört“. Die<br />
Ursachenzuschreibung geht also auf Kosten des Patienten. Es kommt zur<br />
Personenperspektivierung eines eigentlichen Interaktionsproblems (Fiedler, 2000).<br />
Diese Form von Stigmatisierung des Patienten, erfolgt jedoch nicht ausschließlich<br />
durch die direkten Bezugspersonen aus seinem sozialen Umfeld. Auch Diagnostiker<br />
und Psychotherapeuten können sich in schwierigen Interaktionen mit dem Patienten<br />
über ein möglicher Versagen hinwegtrösten, durch die Feststellung, dass Ursache für<br />
die gestörte Therapeut-Patienten-Beziehung, und dem „Nicht-Vorankommen“ in der<br />
Therapie, die gestörte Persönlichkeit des Patienten sein muss. Und so mag es nicht<br />
verwundern, wenn in der therapeutischen Praxis postuliert wird, dass Patienten mit<br />
Persönlichkeitsstörungen gar nicht effektiv behandelt werden können, weder die<br />
Störung selbst, noch eine komorbide andere Störung (Fiedler, 1997).
- 2 -<br />
Einleitung<br />
Uneinsichtigkeit, Unflexibilität und ständige Interaktionsprobleme, machen den<br />
Patienten zu einem schwierigen Patienten. Wie leicht scheint dann die Verführung,<br />
von vorn herein die Sinnhaftigkeit einer Therapie bei einem persönlichkeitsgestörten<br />
Menschen in Zweifel zu ziehen.<br />
Das Stigmatisierungsproblem findet jedoch mehr und mehr Berücksichtigung. Das<br />
Wissen um das Problem führte dazu, dass zunehmend theoretische Überlegungen<br />
angestellt wurden, Erfahrungen der Therapeuten aus ihrer Praxis gesammelt und<br />
Untersuchungen in der Therapieforschung durchgeführt wurden, um auch Patienten<br />
mit Persönlichkeitsstörungen eine effektive und sinnvolle Therapie, der eigentlichen<br />
Störung und komorbider Störungen, anbieten zu können (Van Velzen & Emmelkamp,<br />
1996).<br />
Die vorliegende Untersuchung überprüft deshalb den tatsächlichen Einfluss von<br />
Persönlichkeitsstörungen. Es soll geklärt werden, ob das Vorhandensein einer<br />
komorbiden Persönlichkeitsstörung das Behandlungsergebnis bei einer stationären,<br />
integrativen Traumatherapie für Posttraumatische Belastungsstörungen vermindert.<br />
Dabei werden die Persönlichkeitsstörungen nochmals differenziert betrachtet.<br />
Zu diesem Zweck wurden für diese Arbeit 609 Patienten mit der Diagnose einer<br />
Posttraumatischen Belastungsstörung, an der Psychosomatischen Klinik in Bad<br />
Grönenbach auf ihren Therapieerfolg hin untersucht. Die Daten entstammen der<br />
routinemäßig stattfindenden Therapieerfolgsmessung zur Qualitätssicherung, der<br />
Klinik Bad Grönenbach, im Zeitraum von Mai 2000 bis Dezember 2005. Die<br />
Patienten werden abhängig von der Diagnose einer komorbide vorliegenden<br />
Persönlichkeitsstörung in Gruppen unterteilt. Nach Modellüberlegungen einer<br />
hierarchischen Beziehung zwischen Persönlichkeitsstörungsclustern (Gunderson,<br />
1991; zit. nach Leibbrand et al., 1998) werden drei Gruppen gebildet: 384 Patienten<br />
erhielten keine Zusatzdiagnose einer Persönlichkeitsstörung und bilden die erste<br />
Gruppe, 182 Patienten mit komorbiden Persönlichkeitsstörungen aus den Cluster A<br />
und B werden der zweiten Gruppe zugeteilt, die dritte Gruppe bilden 43 Patienten mit<br />
der Ko-Diagnose mindestens einer Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster C. Es<br />
wird geprüft, welche Unterschiede es im Ausmaß der Veränderungen, durch die<br />
Therapie zwischen den Gruppen gibt. Dabei kommen globale Gesundheitsmaße, als<br />
auch Symptommaße der Posttraumatischen Belastungsstörung zum Einsatz. Die<br />
Therapieerfolgsmessung erfolgt direkt als auch indirekt, durch Angaben von<br />
Patienten und Therapeuten der Klinik Bad Grönenbach.
2. Theoretische Grundlagen<br />
2.1. Das Störungsbild der Posttraumatischen Belastungsstörung<br />
2.2.1. Das Trauma<br />
- 3 -<br />
Theorie<br />
Eines der Hauptkriterien für die Diagnose einer Posttraumatischen<br />
Belastungsstörung (PTSD) ist das Erleben eines Traumas. Hierbei ist nicht ein<br />
Trauma im medizinischen Sinne, also eine Verletzung oder Wunde des Körpers<br />
gemeint. Es handelt sich um sogenannte psychische Traumen, die man auch als<br />
Verletzungen und Wunden der Seele bezeichnen kann. Diese entstehen, wenn sich<br />
Personen einem kritischen Ereignis oder einer Situation ausgesetzt sehen, die<br />
Gefahr oder Verletzung bis hin zum tatsächlichen oder drohenden Tod beinhaltet.<br />
Solche Ereignisse können vielfältiger Natur sein, z.B. Autounfälle, Raubüberfälle,<br />
Vergewaltigung oder Teilnahme an Kriegsgeschehen. Das Erleben dieser Situation<br />
kann die Bewältigungsmöglichkeiten des Individuums übersteigen, und es reagiert<br />
mit intensiven Gefühlen der Furcht, Hilflosigkeit und des Entsetzens. Dies kann so<br />
weit gehen, dass das „Urvertauen“ und das Selbst- und Weltbild der Person<br />
erschüttert wird. Das Internationale Klassifikationssystem psychischer Störungen<br />
(ICD-10; WHO, 2000) definiert ein Trauma als „...ein belastendes Ereignis oder eine<br />
Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalen Ausmaßes [...], die bei<br />
fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde.“ (S.169) Expliziter umschreibt<br />
das Diagnostische und Statistische Manual psychischer Störungen (DSM IV TR;<br />
APA, 2003) den Traumabegriff:<br />
„ A. Die Person wurde mit einem traumatischen Ereignis konfrontiert, bei dem die<br />
beiden folgenden Kriterien vorhanden waren:<br />
1.) die Person erlebte, beobachtete oder war mit einem oder mehreren<br />
Ereignissen konfrontiert, die tatsächlichen oder drohenden Tod oder ernsthafte<br />
Verletzung oder eine Gefahr der körperlichen Unversehrtheit der eigenen<br />
Person oder anderer Personen beinhalteten.<br />
2.) die Reaktion der Person umfasste intensive Furcht, Hilflosigkeit oder<br />
Entsetzen.“ (S.520)
- 4 -<br />
Theorie<br />
Es gibt unzählige Möglichkeiten Traumen in verschiedene Klassen zu unterteilen. So<br />
kann man sowohl zwischen menschlich verursachten Traumen (z.B. körperliche und<br />
sexuelle Misshandlung, Folter, Kriegserlebnisse, Geiselnahmen) und zufälligen<br />
Traumen (z.B. Naturkatastrophen, technische Katastrophen, Unfällen), als auch kurz-<br />
und langfristigen Traumen unterscheiden.<br />
Maercker (1997) klassifiziert Traumen in zwei Arten: Typ-I-Traumen sind kurz<br />
andauernde traumatische Erlebnisse wie Naturkatastrophen, Unfälle, technische<br />
Katastrophen (z.B. ein Zugunglück) oder kriminelle Gewalttaten (Überfälle,<br />
Vergewaltigung). Die kennzeichnenden Merkmale solcher Ereignisse sind akute<br />
Lebensgefahr und überraschendes Auftreten. Typ-II-Traumen stellen lang<br />
andauernde, wiederholte Traumen dar (Geiselhaft, mehrfache Folter,<br />
Kriegsgefangenschaft, KZ-Haft, wiederholte sexuelle oder körperliche Gewalt). Dabei<br />
handelt es sich meist um eine ganze Reihe traumatischer Ereignisse, bei denen man<br />
das weitere traumatische Geschehen nicht vorhersagen kann. In dieser Klassifikation<br />
fehlen allerdings weitere Ereignisse wie Suizide von Angehörigen, lebensbedrohliche<br />
Krankheiten, die ebenfalls eine PTSD auslösen können.<br />
2.2.2. Symptome der Posttraumatischen Belastungsstörung<br />
Aufgrund einer ausführlicheren Definition des Traumas durch das Diagnostische und<br />
Statistische Manual psychischer Störungen (DSM IV TR; APA, 2003), erfolgt die<br />
Beschreibung der PTSD-Symptomatik im Folgenden auf der Grundlage dieses<br />
Klassifikationssystems.<br />
Von einer PTSD spricht man, wenn eine Person in Folge einer oder mehrer Traumen<br />
Symptome des Wiedererlebens des Traumas, der Vermeidung traumabezogener<br />
Reize und einen erhöhten physischen als auch psychischen Erregungszustand<br />
aufweist. Das Wiedererleben (Kriterium B) drückt sich in wiederkehrenden und<br />
eindringlichen, belastenden Erinnerungen an das Trauma aus, die sich in Bildern,<br />
Gedanken, der Wahrnehmung („Flash-Backs“) und Träumen Ausdruck verschaffen.<br />
Das Opfer handelt und fühlt, als ob das traumatische Erlebnis wiedergekehrt sei.<br />
Auslöser solcher Erinnerungen können sowohl internale als auch externale<br />
Hinweisreize (sogenannte Trigger), aber auch intensive psychische Belastung sein.<br />
Oft ist die Reaktion auf diese Trigger auch körperlicher Natur, wie zum Beispiel<br />
Schweißausbrüche, Händezittern und erhöhter Blutdruck.
- 5 -<br />
Theorie<br />
Ein weiterer Symptomkomplex umfasst die anhaltende Vermeidung<br />
traumabezogener Reize (Kriterium C). Gedanken und Gefühle, Aktivitäten, Orte und<br />
Menschen die Merkmale tragen, die das Opfer an das traumatische Ereignis<br />
erinnern, werden umgangen. Zudem kann es für einzelne relevante Aspekte<br />
Gedächtnislücken geben. Eine Umschreibung der Situation ist dann nur mit<br />
Schwierigkeiten möglich. Gefühle von Losgelöstheit und Entfremdung (dissoziative<br />
Symptome), sowie das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft drängen sich auf. Die<br />
Bandbreite des Affekts ist oftmals eingeschränkt und Aktivitäten, die dem Patienten<br />
bisher Freude bereiteten, werden zunehmend vernachlässigt.<br />
Psychisch als auch physisch tritt ein erhöhter Erregungszustand auf (Kriterium D).<br />
Meist äußert sich dieser in Ein- und Durchschlafstörungen,<br />
Konzentrationsschwierigkeiten, übermäßiger Wachsamkeit und übertriebenen<br />
Schreckreaktionen sowie einer ständigen Reizbarkeit, die in Wutausbrüchen enden<br />
kann.<br />
Zur Diagnose der PTSD gehört außer dem Bezug auf ein traumatisches Ereignis, die<br />
Reaktion mit intensiven Gefühlen von Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen und das<br />
Vorhandensein von Symptomen aus den drei Symptomkomplexen auch eine<br />
zeitliche Einschränkung; Das Störungsbild muss länger als einen Monat andauern<br />
(Kriterium E).<br />
Wie bei den meisten psychischen Störungsbildern kann auch in diesem Fall nur eine<br />
PTSD diagnostiziert werden, wenn die Symptome in klinisch bedeutsamer Weise<br />
Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen und anderen wichtigen<br />
Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F).<br />
2.2.3. Klassifikation und Verlauf<br />
Nach dem zeitlichen Andauern der Symptome unterscheidet das DSM IV TR (APA,<br />
2003) zwischen einer akuten Belastungsstörung, einer akuten und einer chronischen<br />
Form der PTSD, sowie einer PTSD mit verzögertem Beginn.<br />
Tritt das Störungsbild der Posttraumatischen Belastungsstörung in den ersten Tagen<br />
bis vier Wochen nach dem traumatischen Erlebnis auf, spricht man von einer akuten<br />
Belastungsstörung. Hier können die gleichen Symptome wie bei der PTSD auftreten,<br />
allerdings sollten während und nach dem Ereignis mindestens drei dissoziative<br />
Symptome, wie ein subjektives Gefühl der Empfindungslosigkeit, des Losgelöstseins<br />
von anderen, oder das Fehlen emotionaler Reaktionsfähigkeit, eine
- 6 -<br />
Theorie<br />
Beeinträchtigung der bewussten Wahrnehmung der Umwelt, Depersonalisation,<br />
Derealisation oder Dissoziative Amnesie, aufgetreten sein. Zudem sollte<br />
ausgeschlossen werden, dass die Symptome durch Mittel wie Alkohol, Medikamente<br />
oder körperliche Ursachen hervorgerufen werden.<br />
Es sollte Beachtung finden, dass jede Person kurz nach einem traumatischen<br />
Ereignis Symptome entwickeln kann. Im Normalfall stellt sich in den ersten Stunden<br />
bis Tagen nach einem Trauma ein Schockzustand ein. In dieser Zeit kommt es oft<br />
zur Verleugnung der traumatischen und beängstigenden Wirkung des Geschehens<br />
und den dissoziativen Symptomen. Daran schließt sich die sogenannte<br />
Einwirkungsphase an. Gefühle wie Ärger und Selbstzweifel aber auch depressive<br />
Symptome nehmen zu. Alpträume und Erinnerungen lassen das Opfer das Ereignis<br />
wiedererleben. Ein erhöhtes Erregungsniveau kann sich in Schlafstörungen,<br />
Schreckhaftigkeit und Konzentrationsstörungen äußern. In der Erholungsphase etwa<br />
nach 3 bis 4 Wochen klingen die Symptome nach und nach ab. Eine Remission des<br />
Störungsbildes findet in den meisten Fällen innerhalb der ersten drei Monate nach<br />
dem Trauma statt (Horowitz, 1986; nach Fischer & Riedesser, 1998).<br />
Die Akute PTSD liegt dann vor, wenn die Angstsymptome, dissoziative oder andere<br />
Symptome einen Monat nach dem belastenden Erlebnis noch immer auftreten.<br />
Kriterium A muss vollständig erfüllt sein. Mindestens ein Symptom des<br />
Wiedererlebens, drei Symptome des Vermeidens und zwei Symptome eines<br />
erhöhten Erregungszustandes müssen erkennbar sein. Die Kriterien E und F müssen<br />
ebenfalls erfüllt sein (siehe Abschnitt Symptome) .<br />
Von einer PTSD mit verzögertem Beginn spricht man, wenn das erstmalige Auftreten<br />
der Symptome und die Entwicklung eines anhaltenden Beschwerdebildes,<br />
mindestens sechs Monate nach dem Trauma liegt. Es kommt erst bei erneuten<br />
traumatischen Erlebnissen oder bei hoher psychischer Belastung zur Ausprägung<br />
der Symptomatik.<br />
Halten die Symptome länger als sechs Monate an, so spricht man von einer<br />
chronischen PTSD. Wurde eine PTSD diagnostiziert, so kommt es in 40-50% der<br />
Fälle zu einer Chronifizierung des Krankheitsbilds (Kessler et al, 1995). Vor allem<br />
Typ-II-Traumen bergen das Risiko vieler Folge- und Begleiterkrankungen aus den<br />
Bereichen Somatisierung, Affektregulation, Beziehungsunfähigkeit und<br />
Reviktimisierung.
- 7 -<br />
Theorie<br />
Gelingt es dem Patienten nicht, das traumatische Ereignis zu integrieren und es<br />
kommt zu einer andauernden Chronifizierung (Bestehen des Störungsbildes über 2<br />
Jahre), so können sich auch tiefgreifende Persönlichkeitsänderungen einstellen. Das<br />
DSM IV TR (APA, 2003) hat eine solche traumabedingte Störung noch nicht in ihrer<br />
Klassifikation aufgenommen. Auf Anregungen von Judith Hermann (1992) wird die<br />
Aufnahme des Störungsbildes der „Disorders of Extreme Stress Not Otherwise<br />
Specified“ (DESNOS) momentan diskutiert und in Felduntersuchungen erforscht<br />
(Kunzke & Güls, 2003). Im ICD-10 (WHO, 2000) kann man unter der Kodierung<br />
F62.0 bereits ein Störungsbild finden, welches als „andauernde<br />
Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung“ bezeichnet wird. Hier ist<br />
umschrieben, dass bei den Patienten unflexibles und unangepasstes Verhalten<br />
auffällig wird, das häufig zu Konflikten in zwischenmenschlichen, sozialen und<br />
beruflichen Beziehungen führen kann. Dies zieht oft sozialen Rückzug und<br />
Entfremdung des Betroffenen nach sich. Es zeigen sich starke Affekte, die sich<br />
gegen sie oder andere richten, zudem starke Rache-, Wut- und Ärgergefühle, sowie<br />
Schuldgefühle ( z.B. weil man einen Unfall überlebt hat, obwohl andere starben). Oft<br />
beschäftigt sich die betroffene Person ständig mit dem Trauma und sucht zum<br />
Beispiel immer wieder den Ort des Geschehens auf. Dabei geht sie auch ein hohes<br />
Risiko der Retraumatisierung ein.<br />
2.2.4. Epidemologie<br />
Das Risiko, einmal in seinem Leben an einer PTSD zu erkranken<br />
(Lebenszeitprävalenz) liegt bei 1-3% (Perkonigg et al, 2000). Dabei sollte beachtet<br />
werden, dass die Prävalenz stark von der Häufigkeit des Auftretens traumatischer<br />
Ereignisse abhängt und es so zu kulturellen, regionalen und geographischen<br />
Unterschieden kommt. Zum Beispiel ist für einen Einwohner in einer Großstadt die<br />
Wahrscheinlichkeit in einen Raubüberfall verwickelt zu werden höher als für<br />
Bewohner einer eher unbesiedelten Gegend. In einigen Regionen treten<br />
Naturkatastrophen häufiger auf. Die Kultur eines Staates kann den Umgang mit<br />
Schusswaffen und das Strafrecht beeinflussen. Zusätzlich gibt es Unterschiede<br />
zwischen den Alterskohorten. Durch geschichtliche Ereignisse sind einige<br />
Generationen stärker Kriegsgeschehen ausgesetzt als andere Generationen. In<br />
Deutschland kann die Wahrscheinlichkeit jemals im Leben mit einem traumatischen<br />
Ereignis konfrontiert zu sein mit etwa 20 % angegeben werden (Perkonigg, 2000).
- 8 -<br />
Theorie<br />
Wohingegen diese Wahrscheinlichkeit in amerikanische Studien etwa 60 % (Kessler<br />
et al., 1995) bis 89% (Breslau et al., 1998) beträgt.<br />
Für verschiedene Arten traumatischer Erlebnisse kann man nochmals<br />
unterschiedliche Auftretenshäufigkeiten angeben. Für eine deutsche Stichprobe (14-<br />
24 Jahre) gibt Perkonigg (2000) körperliche Gewalt (7,5%), Unfälle (5,4%) und<br />
Zeugesein bei traumatischen Ereignissen (3,6%) als häufigste Art traumatischer<br />
Ereignisse an. Wohingegen Naturkatastrophen und Kriegserfahrungen (0,3%), sowie<br />
sexueller Missbrauch in der Kindheit (2,0%), Raubüberfälle (1,2%) und der plötzliche<br />
Tod eines Angehörigen (0,7%) weitaus seltener unter den Personen auftreten, die<br />
jemals ein traumatisches Ereignis erlebten. Dabei kommt dem Geschlecht eine<br />
wichtige Bedeutung zu. Männer berichten häufiger Opfer körperlicher Gewalt, von<br />
Unfällen und Zeuge bei traumatischen Ereignissen zu sein, als Frauen. Sexueller<br />
Missbrauch in der Kindheit und Überfälle treten bei den Frauen häufiger auf als bei<br />
den Männern. Zum anderen gibt es auch einen Einfluss des Alters auf die<br />
Wahrscheinlichkeit, ein traumatisches Ereignis zu erleben. Das Risiko<br />
Gewalterfahrungen zu machen, oder verletzt zu werden, ist im Altersbereich von 16-<br />
20 Jahren am höchsten (Breslau et al., 1998)<br />
Für Angaben zur Erkrankungshäufigkeit bei der PTSD sollte die Prävalenzzrate<br />
betrachtet werden. Dieser Kennwert gibt den Anteil von Erkrankungen an, die in<br />
einer untersuchten Population auftreten. Perkonigg et al. (2000) geben den Anteil an<br />
Personen die eine posttraumatische Belastungsstörung nach dem Erleben eines<br />
traumatischen Ereignisses entwickeln mit 7,8% an (9,2% Breslau et al., 1998). Dabei<br />
treten Unterschiede in verschiedenen Risikopopulationen auf. Exemplarisch für<br />
solche Gruppen sind Kriegsveteranen, Mitarbeiter der Feuerwehr, des<br />
Rettungsdienstes oder Polizeibeamte. Teegen et al. (2001) fanden in einer<br />
Stichprobe von Risikogruppen Prävalenzraten von 32% für Rettungskräfte und 41%<br />
für Pflegepersonal auf Intensivstationen.<br />
Vergleicht man Männer und Frauen in der Häufigkeit der Herausbildung einer PTSD,<br />
nach dem Erleben eines traumatischen Ereignisses, so kann man feststellen, dass<br />
Frauen doppelt so häufig Symptome entwickeln (Frauen: 13,0%, Männer: 6,2% nach<br />
Breslau et al, 1995). Verschiedene Arten von traumatischen Ereignissen haben auch<br />
die Eigenschaft unterschiedlich häufig eine PTSD auszulösen. Kessler (1995) gibt<br />
an, dass 55,5% der Opfer einer Vergewaltigung eine PTSD entwickeln Die Raten bei<br />
Vernachlässigung (21,8%) und Misshandlung (35,4%), Krieg (38,8%) und sexueller
- 9 -<br />
Theorie<br />
Belästigung (19,3%), sind dabei höher als bei Feuer und Naturkatastrophen (4,5%),<br />
Unfällen (7,6%), Zeugesein bei Unfällen (7,0%), körperlicher Gewalt (11,5%) und<br />
Waffengewaltandrohung (17,2%). Betrachtet man die Art des traumatischen<br />
Ereignisses und die Auftretenshäufigkeit von PTSD unter dem Blickwinkel des<br />
Geschlechts, so lässt sich feststellen, dass vor allem Frauen häufig traumatischen<br />
Ereignissen ausgesetzt sind, die ein erhöhtes Risiko haben eine PTSD auszulösen.<br />
Das Auftreten der PTSD gemeinsam mit anderen Störungen ist eher die Regel, als<br />
die Ausnahme. Maercker (1997) gibt an, dass in mehreren Studien die Angaben zur<br />
Komorbidität zwischen 50 und 100% liegen.<br />
Kessler et al. (1995) geben als Ergebnis des „National Comorbidity Survey“ eine<br />
Komorbidität der PTSD mit anderen psychischen Erkrankungen mit 88% für Männer<br />
und 79% für Frauen an. Am Häufigsten finden sich andere Angststörungen,<br />
Depression, Suizidalität, Drogen- und Alkoholmissbrauch, Somatisierung und Herz-<br />
Kreislauf-Erkrankungen. Oft suchen Patienten therapeutische Hilfe aufgrund dieser<br />
Erkrankungen auf. Erfolgt jedoch keine traumabezogene Behandlung, sondern<br />
ausschließlich die Behandlung einer komorbide vorliegendeder Depression, so kann<br />
es sogar zu einer Erhöhung des Symptomauftretens und Krankenhausaufenthalten,<br />
verlängerten Behandlungszeiten und niedrigeren Therapieerfolgen kommen.<br />
(Howgego et al., 2005).<br />
Dabei ist zu beachten, dass einige komorbide Störungen auch Folge des Traumas<br />
sein können, unabhängig von der PTSD. Hierzu zählen dissoziative Störungen, wie<br />
die dissoziative Amnesie, dissoziative Fugue, dissoziative Identitätsstörung und die<br />
Depersonalisationsstörung. Es treten auch posttraumatische Depression,<br />
Somatisierungsstörungen, Zwangserkrankungen oder Essstörungen als<br />
Traumafolgen auf (Kunzke & Güls, 2003). Die Borderline Persönlichkeitsstörung wird<br />
häufig mit körperlichen und sexuellen Missbrauch während der Kindheit in Beziehung<br />
gesetzt. (Van der Kolk, 1989).<br />
Boos & Müller (2006) berichten zum Problem des zeitliche Auftretens komorbider<br />
Störungen bei der Posttraumatischen Belastungsstörung: „Bei etwa einem Drittel der<br />
Patienten mit posttraumatischer Belastungsstörung besteht eine Risikokonstellation<br />
durch eine vorbestehende primäre psychische Störung. Bei zwei Dritteln der Fälle<br />
entstehen komorbide Störungen jedoch sekundär zur Posttraumatischen<br />
Belastungsstörung.“ (S. 830)
2.2.5. Äthiologische Modelle<br />
- 10 -<br />
Theorie<br />
Im folgenden sollen nur beispielhaft einige Modelle vorgestellt werden. Ich erhebe<br />
dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit und verweise für den interessierten Leser<br />
an den entsprechenden Stellen auf vertiefende Literatur.<br />
2.2.5.1. Psychobiologische Modelle<br />
Biologische Modelle sind darum bemüht zu klären, in wie weit genetische und<br />
biologische Dispositionen und Besonderheiten zur Entwicklung einer PTSD oder zu<br />
einer Remission der Symptomatik beitragen. Van der Kolk (1985, zitiert nach Foy,<br />
Osata, Houskamp & Neumann, 1995) konnte in Tierversuchen nachweisen, dass die<br />
Ausschüttung der Neurotransmitter Noradrenalin und Dopamin im Gehirn abnimmt,<br />
wenn Tieren unvermeidbare Elektroschocks gegeben wurden. Über einen längeren<br />
Zeitraum allerdings führte das Aussetzten von unvermeidlichen Schocks zu keiner<br />
Erhöhung oder Verminderung des Noradrenalin- und Dopaminspiegels. Dafür<br />
zeigten die Noradrenalinrezeptoren des locus coeruleus im limbischen System eine<br />
Überempfindlichkeit. Van der Kolk leitete für den Menschen ein neurobiologisches-<br />
lerntheoretisches Modell ab: Die Abnahme der Noradrenalin- und Dopaminspiegel<br />
führt zu Symptomen wie Abflachung des Affektes, sozialem Rückzug, einer Abnahme<br />
zielorientierten Verhaltens und mangelnder Motivation als Reaktion auf das<br />
traumatische Ereignis. Wohingegen Hyperaktivitätssymptome wie Alpträume,<br />
Schreckreaktionen, Reizbarkeit und Intrusionen durch die Überempfindlichkeit des<br />
nucleus coeruleus erklärt werden können.<br />
Das Modell der konditionierten emotionalen Reaktion von Kolb (1988) begründet das<br />
Vermeidungsverhalten von PTSD-Patienten durch eine Ermüdung der neuronalen-<br />
kortikalen Netzwerkstrukturen im limbischen System nach intensiver und<br />
wiederholter Konfrontation mit einem lebensbedrohlichen Stimulus. Nähere<br />
Erläuterungen finden sich bei Saigh (1995) und Freedy & Hobfoll (1995).<br />
2.2.5.2. Lerntheoretische Ansätze<br />
Eines der bekanntesten lerntheoretischen Ansätze basiert auf dem Zwei-Faktoren-<br />
Modell von Mowrer (1947, nach Saigh, 1995). Einen erhöhten Erregungszustand bei<br />
PTSD-Patienten, der nach dem Trauma vor allem bei Konfrontation mit Triggern<br />
auftritt, erklärt dieses Modell nach dem Prinzip des klassischen Konditionierens:<br />
Neutrale Stimuli die mit dem Trauma im Gedächtnis assoziiert sind, führen nach dem
- 11 -<br />
Theorie<br />
Trauma als konditionierter Stimulus zu der konditionierten Reaktion von Angst. Über<br />
operantes Konditionieren lernt das Opfer, dass die Vermeidung dieser assoziierten<br />
Stimuli dazu führt, dass die Angst ausbleibt. Erst durch diesen Umstand kommt es<br />
zur Vermeidungssymptomatik bei Angstpatienten, die im Umkehrschluss aber die<br />
Angst vor den konditionierten Reizen noch mehr erhöht (ein Gegenbeweis der<br />
Bedrohlichkeit kann nicht erbracht werden, Vermeidung ist effektiv um Angstgefühle<br />
ausbleiben zu lassen). Durch eine Stimulusgeneralisation lösen immer mehr Reize<br />
Angst und Unruhe aus. Das Opfer muss sich mehr und mehr einschränken und ist<br />
gezwungen sich von Sozialkontakten zurückzuziehen, was zu Gefühlen des<br />
Kontrollverlustes über das eigene Leben führen kann<br />
Dieses Lerntheoretische Modell kann in eindrücklicher Weise die Entstehung der<br />
Angst- und Erregungssymptome und des Vermeidungsverhalten aufklären. Allerdings<br />
bleibt unklar, wie Symptome des intrusiven Wiedererlebens und Alptäume aus<br />
diesem Modell abzuleiten sind, und die Posttraumatische Belastungsstörung von<br />
anderen Angststörungen abzugrenzen ist (Boos &Müller, 2006).<br />
2.2.5.3. Kognitive Theorien<br />
Es gibt mehrere Kognitive Theorien zum Beispiel die Emotionsverarbeitungstherorie<br />
von Foa & Kozak (1986; siehe Boos & Müller, 2004). Ehlers und Clark (2000) heben<br />
in ihrem kognitiven Modell der Posttraumatischen Belastungsstörung die Bedeutung<br />
dysfunktionaler Kognitionen hervor (Boos & Müller, 2004). Die Duale<br />
Repräsentationstheorie von Brewin, Dalgleish & Joseph (1996) ist darum bemüht<br />
Informationsverarbeitungstheorien und sozial-kognitive Modelle zu integrieren<br />
(Resick, 2003). Im Folgenden soll beispielhaft das Modell sozial-kognitiver Schemata<br />
von Horowitz (1976/1986) umschrieben werden (Reinecker, 2003).<br />
Horowitz geht davon aus, dass alle Gedächtnisprozesse auch eine motivationale<br />
Komponente enthalten. Jeder Mensch hat das Bedürfnis allen Lebensereignissen<br />
eine Bedeutung zu geben und sie zu verstehen. Dies geschieht über die Zuordnung<br />
von allem Erlebten zu bereits vorhandenen Schemata, die eine Person über sich und<br />
seine Umwelt besitzt. Ein Trauma enthält bedrohliche Informationen und widerspricht<br />
den vorhandenen Schemata. Das Bedürfnis, das Geschehene zu verstehen und zu<br />
integrieren, schlägt fehl. Die Person beginnt zwischen Verleugnung/ emotionaler<br />
Taubheit (als Schutz vor traumatischen Informationen) und Intrusionen (als<br />
Bemühung zur Vervollständigung der Informationsverarbeitung) hin und her zu
- 12 -<br />
Theorie<br />
schwanken. Dieses Hin- und Herschwanken wird als Oszilation bezeichnet. Nur nach<br />
und nach können Bruchstücke des Traumas integriert werden. Horowitz postuliert<br />
dabei ein Dreiphasenmodell von Reaktionen nach einem Trauma: Kurz nach dem<br />
Trauma kommt es zum „Aufschrei“, eine Phase extremer physiologischer Reagibilität<br />
und Angst. Diese geht in die Phase der Oszilation über, in der sich<br />
Vermeidungssymptome und Intrusionen abwechseln. In der Phase des<br />
Durcharbeitens wird das Erlebte in die vorhandenen Schemata nach und nach<br />
integriert.<br />
Dieser Ablauf einer Reaktion auf ein traumatisches Ereignis ist laut Horowitz bei<br />
PTSD-Patienten blockiert oder verzögert. Als Ursachen nimmt er verschiedene<br />
Faktoren wie Persönlichkeitseigenschaften, den sozialen Hintergrund, dysfunktionale<br />
Bewältigungsstrategien oder bereits vor dem Trauma bestehende inadäquate<br />
Schemata an (Reinecker, 2003).<br />
2.2.5.4. Ein integratives, multifaktorielles Modell (Resick, 2003)<br />
Aus den Prävalenzraten ist ersichtlich, dass nicht jeder, der ein traumatisches<br />
Ereignis erlebt, auch eine PTSD entwickelt. Die Forschung interessiert vor allem,<br />
welche Risikofaktoren dazu beitragen, eine PTSD auszulösen und welche<br />
Ressourcen nötig sind, um ein Trauma unbeschadet zu überstehen oder die<br />
Genesung fördern. Einige Risikofaktoren konnten bereits ermittelt werden, die prä-,<br />
peri- und posttraumatisch auf die Entwicklung von PTSD einwirken.<br />
Prätraumatische Risikofaktoren: Wie bereits in Abschnitt 1.1.4. erwähnt, hat das Alter<br />
der Person Einfluss darauf, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie mit einem<br />
traumatischen Ereignis konfrontiert wird. Ein niedriger soziökonomischer Status<br />
erhöht ebenfalls dieses Risiko. Frauen entwickeln nach einem Trauma doppelt so<br />
häufig Symptome wie Männer. Auch sexueller Missbrauch in der Kindheit, frühere<br />
traumatische Erfahrungen im Erwachsenenalter und psychische Probleme, die eine<br />
Person selbst oder Familienmitglieder haben, können die Symptomentwicklung und<br />
damit die Entwicklung einer PTSD begünstigen.<br />
Peritraumatische Risikofaktoren: Der Einfluss der Art des Traumas zeigt sich in<br />
unterschiedlichen Prävalenzraten der PTSD (siehe Abschnitt Prävalenz). Je sicherer<br />
sich eine Person im Kontext des Traumas vor dessen Eintreten fühlte, desto höher ist<br />
die Wahrscheinlichkeit PTSD zu entwickeln. Das Erleben von Selbstaufgabe und<br />
peritraumatischer Dissoziation während des traumatischen Erlebnisses gilt ebenfalls
- 13 -<br />
Theorie<br />
als bedeutender Risikofaktor. Häufig diskutiert ist auch der Bekanntheitsgrad mit dem<br />
Täter, allerdings scheint dieser nur indirekt über das hilfesuchende Verhalten nach<br />
dem Trauma Einfluss auf den Verlauf zu nehmen.<br />
Posttraumatische Risikofaktoren: Nach dem Trauma konnten einige<br />
Bewältigungsstrategien identifiziert werden, die verhindern, das Geschehene effektiv<br />
zu bearbeiten, und somit eine Gesundung erschweren. Dazu gehören vermeidende<br />
problem- und emotionsorientierte Bewältigungsstrategien, Selbstbeschuldigungen,<br />
Selbstisolation und Wunschdenken. Ein internaler, stabiler und globaler<br />
Attributionsstil trägt zu solchen Bewältigungsstrategien bei.<br />
Ressourcen: Ressourcen spielen vor allem nach dem Trauma eine wichtige Rolle,<br />
um das traumatische Ereignis zu bewältigen. Die Identifikation von Schutzfaktoren<br />
kann dazu beitragen, Interventionen effektiver zu gestalten. Günstig auf die<br />
Bewältigung wirkt sich dabei die Offenlegung des Geschehenen durch das Opfer aus<br />
(instrumentelle und gefühlsexpressive Bewältigungsstrategie). Die gesellschaftliche<br />
Anerkennung als Opfer oder Überlebender kann das Gefühl des<br />
„Verstandenwerdens“ stärken. Als bedeutende Ressource kommt der sozialen<br />
Unterstützung eine wichtige Rolle zu. Hierbei kommt es nicht darauf an, dass das<br />
Opfer ein möglichst großes soziales Netzwerk hat, sondern, dass es in seinen<br />
sozialen Kontakten emotionale und instrumentelle Unterstützung, Informationen und<br />
soziale Begleitung erhält.<br />
Ausführlichere Angaben zu Studienergebnissen und Forschungsbefunden der<br />
einzelnen Risiko- und Schutzfaktoren finden sich in Resick (2003).<br />
2.2.6. Therapieverfahren zur Behandlung der PTSD<br />
2.2.6.1. Psychopharmakologie<br />
Davidson und van der Kolk (1996; in Resick, 2003) erarbeiteten folgende Ziele, die<br />
die Pharmakologie zur Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung<br />
erfüllen sollte: die Reduzierung der Frequenz und/oder Schwere der intrusiven<br />
Symptomatik, Verminderung der Interpretation von Triggern als Wiederkehr des<br />
Traumas, Reduzierung der generellen Übererregung und von Vermeidungsverhalten,<br />
Verbesserung der depressiven Stimmung und emotionaler Taubheit, Verminderung<br />
aggressiver Impulse und psychiotischer sowie dissoziativer Symptome.<br />
Bisher konnten eingesetzte Medikamente jeweils nur einige dieser Ziele erreichen.<br />
Clonidin und Propranolol wirken auf das adrenerge System und erreichen eine
- 14 -<br />
Theorie<br />
Verminderung von Übererregung und Symptomen des Wiedererlebens. Präparate,<br />
die auf das serotonerge System wirken, sogenannte selektive Serotonin-<br />
Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI), zum Beispiel Fluoxetin, Sertralin und Fluvoxamin,<br />
erreichen Verbesserungen bei Vermeidungsverhalten, emotionaler Taubheit und<br />
ebenfalls bei Erregungssymptomen. Trizyklische Antidepressiva und<br />
Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer), z.B. Desipramin, Imipramin und<br />
Amitryptilin, wirken sowohl auf das adrenerge als auch auf das serotonerge System.<br />
Die Erfolge beschränken sich jedoch auf die Verbesserung von Symptomen des<br />
Wiedererlebens und der depressiven Symptome, wobei Vermeidungs- und<br />
Erregungssymptome kaum vermindert werden. Eine weitere Klasse von<br />
Medikamenten stellen die Benzodiazepine dar, die sich durch eine angstlösende<br />
Wirkung auszeichnen. Schreckreaktionen und Übererregungssymptome können<br />
hiermit verbessert werden.<br />
Allerdings sollte eine medikamentöse Behandlung nicht die einzige Intervention<br />
bleiben, sondern unterstützend zur Psychotherapie eingesetzt werden. Wird das<br />
Trauma nicht weiter bearbeitet, kehren die Symptome nach Absetzten des<br />
Medikaments zurück. Psychopharmakotherapie sollte als Unterstützung der<br />
Behandlung gesehen werden und nicht als alleinige Therapie eingesetzt werden<br />
(Resick, 2003).<br />
2.2.6.2. Krisenintervention – Prävention<br />
Die Krisenintervention ist keine Behandlung im engeren Sinne. Sie dient als<br />
Prävention zur Vorbeugung chronischer PTSD. Sie setzt unmittelbar nach dem<br />
traumatischen Ereignis ein und soll in den ersten Stunden helfen mit dem Erlebten<br />
kompetent umzugehen, darüber hinaus werden Bewältigungsstrategien zum<br />
Umgang mit dem Erlebten vermittelt. In verschiedenen Bereichen wird die<br />
Krisenintervention routinemäßig eingesetzt, z.B. beim Militär, um die Auswirkungen<br />
von Kriegstraumen zu vermindern. In Krisenzentren können vergewaltigte Frauen<br />
Beratung und Kurzzeitinterventionen erhalten. Nach Katastrophensituationen wie<br />
Zugunglücken, Flugzeugabstürzen und Naturkatastrophen werden die Notfallkräfte<br />
während und nach dem Einsatz betreut. In diesem Bereich wird das Vorgehen des<br />
Critical Incident Stress Debriefing (CISD; nach Mitchell, 1983; in Resick, 2003)<br />
genutzt. Diese Technik umfasst eine mehrstündige Sitzung nach einem<br />
Katastropheneinsatz. Die Teilnehmer haben die Möglichkeit über Erlebnisse,
- 15 -<br />
Theorie<br />
Gedanken und Gefühle während des Einsatzes zu sprechen und erhalten<br />
Informationen zum Umgang mit dem Erlebten (Resick, 2003). Mittlerweile gibt es<br />
verschiedene Vorgehensweisen des Debriefings (nach Armstrong, O´Callahan &<br />
Marmar, 1991; oder Young, 1988). Resick (2003) berichtet für diese Verfahren<br />
heterogene Befunde bezüglich ihrer präventiven Wirksamkeit.<br />
2.2.6.3. Psychodynamische Therapien<br />
Zentrale Punkte einer psychodynamischen Therapie sind die therapeutische<br />
Beziehung, Übertragung und Gegenübertragung. Auch bei der Behandlung einer<br />
Posttraumatischen Belastungsstörung werden diese Elemente genutzt, um ein<br />
traumatisches Erlebnis zu bearbeiten. In der therapeutischen Beziehung findet der<br />
Patient einen geschützten und sicheren Rahmen in dem aus der Unmenge von<br />
belastenden Erinnerungen, Träumen und Gedanken, eine zusammenhängende<br />
Geschichte erarbeitet werden kann. Unter der Annahme, dass sich die traumatischen<br />
Inhalte in der therapeutischen Beziehung reinszenieren, kann mit Hilfe von<br />
Übertragung und Gegenübertragung eine Neuinszenierung des Erlebten geschehen.<br />
Der Patient wird durch die Bearbeitung von Konflikten in die Lage versetzt<br />
Zusammenhänge zu früheren Erfahrungen, dem aktuellen Trauma, derzeitigen<br />
Überzeugungen und zukünftigen Erwartungen und Zielen zu erkennen und zu<br />
integrieren (Resick, 2003). Reddemann (2001, zit. nach Resick, 2003) greift das<br />
Thema der Selbstkonzepte auf: Sie geht davon aus, dass die Patienten keine<br />
ausreichenden psychischen Ressourcen („Ich-Stärke“) zur Verfügung haben, um die<br />
erschütternden Bilder zu verarbeiten. In psychodynamisch-imaginativen<br />
Stabilisierungsübungen lernen die Patienten sich innere sichere Orte zu schaffen, die<br />
es dem Patienten erlauben sich anschließend mit dem Trauma zu konfrontieren und<br />
die Vermeidung aufzugeben. Dieses Vorgehen ist vor allem bei chronischer PTSD<br />
und der Borderline Persönlichkeitsstörung angezeigt.<br />
2.2.6.4. Kognitive Verhaltenstherapien<br />
Einen kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlungsansatz stellt das<br />
Stressimpfungstraining (SIT; Meichenbaum 1974; in Resick, 2003) dar. Ziel dieser<br />
Intervention ist es, dass der Patient sein Vermeidungsverhalten aufgibt und<br />
Angstgefühle zulässt, damit diese eine Habituation erfahren können. Die Therapie<br />
besteht zum einem aus Psychoedukation sowie dem Erlernen und der Anwendung
- 16 -<br />
Theorie<br />
von Techniken (Entspannungsverfahren, Progressive Muskelrelaxation,<br />
Imaginationsübungen, Gedankenstop, verdecktes Modelllernen, Problemlösen und<br />
angeleiteter Selbstdialog) und Fertigkeiten zum Umgang mit traumabezogenen<br />
Gedanken, Bildern, Träumen und Erinnerungen.<br />
Bei Expositionsbehandlungen wird der Patient direkt mit angstauslösenden<br />
Situationen konfrontiert (Resick, 2003). Dies kann in vivo als auch in sensu<br />
stattfinden. Im Laufe der Konfrontation nehmen Angstgefühle ab und habituieren. Der<br />
Patient lernt so, dass die bisher gefürchteten und vermiedenen Situationen nicht<br />
bedrohlich sind und auch angstfrei erlebt werden können. Die Expositionen können<br />
hierarchisch durchgeführt werden (Systematische Desensibilisierung nach Wolpe,<br />
1958; in Resick, 2003): Der Patient erstellt dazu eine hierarchische Ordnung<br />
angstauslösender Situationen. Die Konfrontation beginnt mit weniger<br />
angstauslösenden Reizen und nach jeder erfolgreichen Bewältigung folgt die<br />
Konfrontation mit dem nächst stärkeren Auslöser. Beim Flooding wird hingegen mit<br />
dem am stärksten angstinduzierenden Auslöser gearbeitet.<br />
Bei lang andauernden Konfrontationen sollte der Patient wiederholt, andauernd und<br />
detailliert das Ereignis in vivo bearbeiten und den Habituationsprozess mit in sensu-<br />
Konfrontationen unterstützen.<br />
Bei kognitiven Techniken wird der Patient mittels des sokratischen Dialogs dabei<br />
unterstützt das traumatische Ereignis in seine kognitiven Schemata zu integrieren.<br />
Durch das Trauma entstandene Überzeugungen werden in Frage gestellt und auf<br />
Richtigkeit überprüft, Übergeneralisierungen vermindert und verzerrte<br />
Überzeugungen über die Person und die Umwelt werden verändert (Resick, 2003).<br />
2.2.6.5. Eye-Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR; Shapiro<br />
1989/1995)<br />
Die EMDR-Technik umfasst sowohl Konfrontation als auch kognitive Techniken zur<br />
Überprüfung dysfunktionaler Überzeugungen. Zusätzlich gibt es einen Teil, in dem<br />
der Patient, während er über das traumatische Erlebnis berichtet, den<br />
Fingerbewegungen des Therapeuten folgt. Dabei werden seitliche<br />
Augenbewegungen ausgelöst, welche die kognitive Verarbeitung eines Traumas<br />
begünstigen (Resick, 2003). Die Effektivität von EMDR ist belegt (Shapiro, 1989;<br />
Rothbaum, 1995; Wilson, Becker & Tinker, 1995; zit. nach Resick, 2003), doch unklar
- 17 -<br />
Theorie<br />
bleibt bisher, über welche Mechanismen eine Augenbewegung eine kognitive<br />
Bearbeitung erleichtert.<br />
2.2.6.6. Effektivität psychotherapeutischer Interventionen<br />
Shermann (1998) untersuchte in einer Metaanalyse mehrere Studien zur Effektivität<br />
verschiedener Therapieverfahren. Der Einsatz von Techniken wie z.B.<br />
Muskelrelaxation, in sensu und in vivo-Exposition, Biofeedback, Psychodrama aus<br />
den verschiedenen Therapierichtungen, zeigte eine signifikante Besserung der<br />
PTSD-Symptomatik nach der Therapie. Mit einer durchschnittlichen Effektstärke von<br />
d=.52 (r=.25) gelten die hier erwähnten Therapieansätze, als in ihrer Wirksamkeit<br />
belegt.<br />
Eine Metaanalyse von Bradley et al. (2005) betrachtet über 26 Studien die<br />
Wirksamkeit von Exposition, kognitiver Verhaltenstherapie, EMDR und<br />
Kombinationsbehandlungen aus Exposition und kognitiver Therapie. Die ermittelte<br />
durchschnittliche Prä-Post-Effektstärke liegt für diese Behandlungsformen bei 1.43<br />
im Bereich großer Effekte. Dabei konnten keine Hinweise auf eine differentielle<br />
Wirksamkeit der einzelnen therapeutischen Vorgehensweisen gefunden werden.<br />
Zwischen 40% und 70% der Patienten erreichten eine Verbesserung der PTSD-<br />
Symptomatik und erfüllten bei Therapieende die Kriterien einer Posttraumatischen<br />
Belastungsstörung nicht mehr.
2.2. Persönlichkeitsstörungen<br />
2.2.1. Persönlichkeitsstörungen<br />
- 18 -<br />
Theorie<br />
Bevor die Störung der Persönlichkeit beschrieben wird, soll zuvor kurz darauf<br />
eingegangen werden, was unter Persönlichkeit verstanden wird. Je nach Fachgebiet<br />
und theoretischer Ausrichtung, gibt es verschiedene Arten von Umschreibungen, was<br />
eine Persönlichkeit ausmacht, welche Eigenschaften sie besitzt, wie sie im Verlauf<br />
des Lebens entsteht, und anhand welcher Faktoren die Persönlichkeit einer Person<br />
von der eines anderen Individuums abzugrenzen ist. Wittchen (1996) fasst die<br />
Gemeinsamkeiten der verschiedenen Ansätze zusammen:<br />
„Fast allen Definitionen ist trotz ihrer Unterschiedlichkeit jedoch gemeinsam,<br />
dass mit dem Begriff der Persönlichkeit die Einzigartigkeit und die über Zeit<br />
und Situationen hinweg relative Stabilität von Strukturen und Prozessen<br />
angesprochen wird. Im Vordergrund der Beschäftigung mit Persönlichkeit<br />
steht also die Betrachtung derjenigen Eigenheiten einer Person, die als<br />
charakteristische Verhaltensweisen, Interaktionsmuster und Denkstile<br />
beschrieben werden können.“ (S. 27)<br />
Diese Gemeinsamkeiten sind es auch, die herangezogen werden um die Störung<br />
einer Persönlichkeit zu definieren. So zeigt sich bei „gestörten“ Persönlichkeiten ein<br />
stabiles, allerdings unflexibles und unangepasstes Muster von Verhalten, Denken,<br />
Wahrnehmen, Erleben und Interagieren mit anderen Personen. Dieses Muster ist<br />
nicht mehr als funktional oder notwendig anzusehen um gesellschaftlich-kulturellen<br />
Anforderungen und Erwartungen zu entsprechen. Das soziale Umfeld erlebt vor<br />
allem das Interaktionsverhalten und die Beziehungsgestaltung dieser Person als<br />
unangepasst und in ihrer Rigidität als nicht akzeptabel. Allein die Unflexibilität der<br />
Persönlichkeit und die Abweichung von der gesellschaftlich akzeptierten Norm<br />
reichen nicht aus, um eine Persönlichkeit als gestört zu deklarieren. Hinzu kommt,<br />
dass nicht nur das soziale Umfeld auf Probleme stößt, sondern dass es für die<br />
Person selbst zu Beeinträchtigungen ihrer Funktionsfähigkeit in sozialen, beruflichen<br />
oder anderen Bereichen kommt, wodurch auch Leiden für das Individuum selbst<br />
entsteht. Zu subjektivem Leiden kommt es meist allerdings nur indirekt, über<br />
unbefriedigende Sozialkontakte, ausbleibende Erfolge und ständige Zurückweisung
- 19 -<br />
Theorie<br />
(Wittchen, 1996). Die Person erlebt das gestörte Interaktionsmuster zu sich gehörig<br />
und ist nicht unbedingt bestrebt eben dieses Muster „los zu werden“ oder zu<br />
verändern – es ist aus seiner Sicht eines seiner Eigenschaften als Individuum, seine<br />
Persönlichkeit. Dies wird als Ich-Syntonie der Persönlichkeitsstörungen bezeichnet<br />
(Fiedler, 1997). Somit entsteht zwischen der Außen- und Innenperspektive eine<br />
Diskrepanz in der Form, dass die persönlichkeitsgestörte Person Problemsituationen,<br />
und die soziale Umwelt persönliche Dispositionen als Ursache der misslingenden<br />
Interaktion und des Leidens ansieht. Vor allem bei der Diagnostik erschwert dieser<br />
Unterschied, in der Wahrnehmung der Störung und ihrer Ursachen eine<br />
Urteilsfindung. Der Diagnostiker sollte das Interaktionsmuster mit dem Patienten über<br />
einen längeren Zeitraum beobachten und andere externe Datenquellen heranziehen,<br />
bevor er einer Person die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung vergibt (Fiedler,<br />
1997).<br />
Die Störungen der Persönlichkeit finden ihren Anfang in der Kindheit oder<br />
Adoleszenz und manifestiert sich im Erwachsenenalter. Das ICD-10 (WHO, 2000)<br />
empfiehlt die Diagnose nicht vor dem Alter von 16 oder 17 Jahren zu stellen. Die<br />
diagnostischen Kriterien des DSM IV TR (APA, 2003) finden sich im Anhang A.<br />
2.2.2. Klassifikation<br />
Das DSM IV TR (APA, 2003), als auch das ICD-10 (WHO, 2000), definieren mehrere<br />
spezifische Persönlichkeitsstörungen. Es handelt sich dabei um prototypische,<br />
theorienfreie Beschreibungen von Störungsbildern. Für eine Diagnose einer<br />
bestimmten Persönlichkeitsstörung, muss jeweils eine vorgegebene Anzahl von<br />
Merkmalen eines Prototyps beim Patienten erkennbar sein. Die in den beiden<br />
Klassifikationssystemen aufgeführten Persönlichkeitsstörungen weisen ein hohes<br />
Maß an Übereinstimmungen auf. Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der<br />
Klassifikation werden bei Wittchen (1996) ausführlich dargestellt, und sollen an<br />
dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Im Folgenden erfolgt die Beschreibung der<br />
einzelnen Persönlichkeitsstörungen anhand der Kriterien des DSM IV TR (APA,<br />
2003). Dieses Manual fasst mehrere Persönlichkeitsstörungen, aufgrund von<br />
Ähnlichkeiten im klinischen Bild, in drei Cluster zusammen. Cluster A enthält<br />
Persönlichkeitsstörungen, die durch sonderbare und exzentrische<br />
Persönlichkeitszüge auffallen. Als dramatisch, emotional und launisch gelten die<br />
Persönlichkeitsstörungen des Cluster B, wohingegen Cluster C eher ängstliche und
- 20 -<br />
Theorie<br />
furchtsame Persönlichkeiten zusammenfasst. Für jede der Persönlichkeitsstörungen<br />
gelten auch die allgemeinen Kriterien für Persönlichkeitsstörungen (Anhang A).<br />
Cluster A<br />
Paranoide Persönlichkeitsstörung<br />
Personen mit einer paranoiden Persönlichkeit sind voller Misstrauen ihrer Umwelt<br />
gegenüber. Mit Argwohn betrachten sie ihr soziales Umfeld, und unterstellen<br />
anderen Personen Böswilligkeit und verdächtigen sie, ihnen schädigen oder sie<br />
ausnutzen zu wollen. Harmlose Bemerkungen können als bedrohlich<br />
wahrgenommen, tatsächliche Verletzungen und Kränkungen nicht verziehen<br />
werden. Die Loyalität und Vertrauenswürdigkeit anderer, auch nahestehender<br />
Personen, wird in Zweifel gezogen. Selbst der Partner wird der Untreue bezichtigt.<br />
Aus dieser Haltung heraus startet er oft Gegenangriffe, welche im sozialen Umfeld<br />
als völlig unnötig oder unangebracht aufgenommen werden. (APA, 2003; Davison &<br />
Neale, 2002; Fiedler, 1997)<br />
Schizoide Persönlichkeitsstörung<br />
Personen mit dieser Störungen wirken aus der Außenperspektive beobachtet, in<br />
sozialen Beziehungen sehr kühl und distanziert. Meist hat diese Person auch keine<br />
engen Freunde oder Bekannte, und Unternehmungen führt sie meist als<br />
Einzelgänger aus. Im sozialen Kontakt ist die Bandbreite des Gefühlsausdrucks<br />
eingeschränkt. Lob und Kritik werden gleichgültig aufgenommen. Aus der<br />
Perspektive der Person findet man eine Interesselosigkeit an sozialen Kontakten,<br />
anderen Menschen und sexuellen Erfahrungen. Es besteht auch kein Wunsch oder<br />
Bedürfnis danach Freunde zu haben, oder zu einem sozialen Netz zugehörig zu<br />
sein. Nur wenige Unternehmungen bereiten diesen Personen Freude. (APA, 2003;<br />
Davison & Neale, 2002; Fiedler, 1997)<br />
Schizotypische Persönlichkeitsstörung<br />
Auch diese Persönlichkeitsstörung ist durch zwischenmenschliche Defizite<br />
gekennzeichnet. Im sozialen Kontakt fühlen sich Personen mit einer schizotypen<br />
Persönlichkeitsstörung unbehaglich, bis sozial ängstlich (die Angst nimmt mit<br />
zunehmender Vertrautheit allerdings nicht ab), enge Beziehungen zu anderen<br />
kommen nur schwierig zustande. Wie bei der Schizoiden Persönlichkeitsstörung
- 21 -<br />
Theorie<br />
findet man auch hier inadäquaten oder eingeschränkten Affekt. Verzerrungen des<br />
Wahrnehmens und Denkens äußern sich in Beziehungsideen, seltsamen<br />
Überzeugungen oder magischen Denkinhalten z.B. das Verhalten anderer Personen<br />
durch eigenes Denken beeinflussen zu können. Wobei auch Argwohn und paranoide<br />
Vorstellungen eine Rolle spielen. Die Person kann von körperlichen Illusionen und<br />
außergewöhnlichen Wahrnehmungserfahrungen berichten. Das äußere<br />
Erscheinungsbild und der Sprech- und Denkstil sind seltsam, exzentrisch und<br />
merkwürdig. (APA, 2003; Davison & Neale, 2002; Fiedler, 1997)<br />
Cluster B<br />
Borderline Persönlichkeitsstörung<br />
Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Affekten<br />
sowie Impulsivität, sind wohl die deutlichsten Merkmale einer<br />
Borderlinepersönlichkeit. Borderliner haben große Angst verlassen zu werden, und<br />
sind ständig bemüht dies zu verhindern. Das Bild sozialer Bezugspersonen und auch<br />
das eigene Selbstbild schwanken zwischen Idealisierung und Entwertung. Emotional<br />
sind Borderliner instabil und der Affekt wechselt schnell und ohne Vorwarnung, im<br />
Inneren herrscht dabei ein ständiges Gefühl der Leere. Wutausbrüche kommen<br />
plötzlich und heftig. Ihre Impulsivität führt besonders in Bereichen wie Sexualität,<br />
Glücksspiel oder Substanzmissbrauch zur Selbstschädigung. Selbstverletzungen<br />
oder Suizidale Handlungen kommen häufig vor. Unter Belastung können auch<br />
paranoide Vorstellungen und dissoziative Symptome auftreten. (APA, 2003; Davison<br />
& Neale, 2002; Fiedler, 1997)<br />
Antisoziale Persönlichkeitsstörung<br />
Vornehmliches Merkmal ist ein rücksichtsloses und normverletzendes<br />
Sozialverhalten. Ein sozial unangepasstes Verhalten wie Schule schwänzen, Lügen,<br />
Diebstahl oder von zu Hause weglaufen sollte schon vor dem 15. Lebensjahr<br />
beobachtbar gewesen sein und im Erwachsenenalter fortbestehen, in Form<br />
ständiger Missachtung und Verletzung der Rechte anderer. Es scheint diesen<br />
Person unmöglich sich an gesellschaftliche Normen, Recht und Gesetz zu halten.<br />
Reizbarkeit, Aggressivität und Impulsivität führen zu Schlägereien. Lügen, Betrügen<br />
und Missachtung der eigenen Sicherheit und der Sicherheit anderer, bringt nicht nur<br />
sie, sondern auch andere in Schwierigkeiten. Eine durchgängige
- 22 -<br />
Theorie<br />
Verantwortungslosigkeit führt zu Arbeitslosigkeit und Verschuldung. Dabei zeigen<br />
diese Personen keine Reue bei Kränkungen oder Misshandlungen anderer. (APA,<br />
2003; Davison & Neale, 2002; Fiedler, 1997)<br />
Histrionische Persönlichkeitsstörung<br />
Personen mit histrionischer Persönlichkeit zeigen übermäßige Emotionalität. Sie<br />
streben ständig nach Aufmerksamkeit, und fühlen sich unwohl, wenn sie nicht im<br />
Mittelpunkt stehen. Gerne wird dann zu theatralischen, provokanten, sexuell<br />
verführerischen Auftreten gewechselt, um wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit<br />
zu rücken. Der Gefühlsausdruck im Gesicht wechselt rasch und die Sprache ist<br />
übertrieben, aber dabei wenig detailliert. Bei anderen erweckt dies den Eindruck von<br />
gekünstelten Gebaren und Oberflächlichkeit. Beziehungen werden durch den<br />
Histrioniker enger aufgefasst als sie sind. Dabei lassen sie sich leicht durch andere<br />
Personen oder Umstände beeinflussen. (APA, 2003; Davison & Neale, 2002;<br />
Fiedler, 1997)<br />
Narzisstische Persönlichkeitsstörung<br />
Anders als Histrioniker streben Narzissten nicht nach Aufmerksamkeit, sondern<br />
Anerkennung. Sie selbst halten sich für großartig, grandios und übermäßig wichtig.<br />
Sie träumen von Erfolg, Macht, Glanz, Schönheit und idealer Liebe. Sie sind<br />
überzeugt andere seien neidisch auf sie (obwohl sie es häufig selbst sind), und nur<br />
Personen, die genauso besonders oder einzigartig sind wie sie, könnten sie<br />
verstehen, und erhalten das Recht mit ihnen zu verkehren. Dies zeigt sich in<br />
arroganten und überheblichen Verhaltensweisen, die kaum Empathie für andere<br />
enthält, ja sogar ausbeuterische Züge annehmen kann. Im ständigen Anspruch an<br />
die Anerkennung ihrer Grandiosität entwickeln sie Erwartungen besonders behandelt<br />
zu werden. (APA, 2003; Davison & Neale, 2002; Fiedler, 1997)<br />
Cluster C<br />
Vermeidend-Selbstunsichere Persönlichkeitsstörung<br />
Personen mit dieser Störung haben ständig Angst vor Kritik, Zurückweisung oder<br />
Missbilligung. Sie fühlen sich selbst als unzulänglich, unbeholfen, unattraktiv und<br />
anderen unterlegen. Aus diesem Grund vermeiden sie zwischenmenschliche<br />
Kontakte und neue Herausforderungen. Sie rechnen ständig damit beschämt oder
- 23 -<br />
Theorie<br />
lächerlich gemacht, kritisiert oder abgelehnt zu werden. Sie lassen sich nur auf<br />
intimere Beziehungen ein, wenn sie sich sicher sind, dass sie gemocht werden.<br />
(APA, 2003; Davison & Neale, 2002; Fiedler, 1997)<br />
Dependente / Abhängige Persönlichkeitsstörung<br />
Personen mit dieser Störung, tun sich schwer Entscheidungen eigenständig zu<br />
treffen und benötigen andere Personen die ihnen Rat und Bestätigung geben. Ihre<br />
eigene Meinung können sie anderen gegenüber nur schwerlich vertretet, aus Angst<br />
Zuwendung und Unterstützung zu verlieren. Sie sind ständig bemüht Fürsorge<br />
anderer zu erhalten, dafür nehmen sie auch unangenehme Tätigkeiten auf sich.<br />
Allein fühlen sie sich hilflos und unwohl, und glauben sich nicht selbst versorgen zu<br />
können. Dabei kann sich eine Passivität zeigen, bei der die Personen<br />
Schwierigkeiten haben Unternehmungen selbst zu beginnen und unabhängig von<br />
anderen durchzuführen. (APA, 2003; Davison & Neale, 2002; Fiedler, 1997)<br />
Zwanghafte Persönlichkeitsstörung<br />
Im wahrsten Sinne des Wortes erledigen Personen mit dieser Störung zwanghaft,<br />
penibel und detailgetreu verschiedene Aufgaben. Die Durchführung von Tätigkeiten<br />
erfolgt mit übermäßiger Beschäftigung mit Regeln, Listen, Ordnung, Organisation<br />
und Planen. Die eigentliche Tätigkeit findet dabei keinen Abschluß. Arbeit und<br />
Produktivität, statt Freizeit und Freundschaften ist ihre Lebensdevise. Die<br />
Gewissenhaftigkeit und Rigidität bezieht sich auch auf Fragen wie Moral, Ethik,<br />
Normen und Werte. Sie sind geizig und können sich nur schwer von Dingen trennen<br />
und erledigen anfallende Aufgaben lieber selbst, als sie an andere zu delegieren.<br />
(APA, 2003; Davison & Neale, 2002; Fiedler, 1997)<br />
Nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörungen<br />
In dieser Kategorie werden Persönlichkeitsstörungen klassifiziert, die nicht die<br />
Kriterien einer anderen Persönlichkeitsstörung voll erfüllen oder Merkmale mehrerer<br />
prototypischer Charaktere aufweisen, jedoch in klinisch bedeutsamer Weise Leiden<br />
und Beeinträchtigungen verursachen. Auch wenn ein Diagnostiker einen bestimmten<br />
Typ identifiziert, der nicht in der Klassifikation enthalten ist (z.B. passiv-aggressive<br />
oder depressive Persönlichkeit) kann er diesen hier verschlüsseln. (APA, 2003;<br />
Davison & Neale, 2002; Fiedler, 1997)
2.2.3. Epidemiologie und Verlauf<br />
2.2.3.1. Prävalenz<br />
- 24 -<br />
Theorie<br />
Das Auftreten der Persönlichkeitsstörung ist abhängig von der Art der spezifischen<br />
Persönlichkeitsstörung, der untersuchten Population und verwendeten<br />
Erhebungsinstrumente. Für standardisierte und strukturierte<br />
Untersuchungsinstrumente ist die Reliabilität höher als für unstrukturierte Interviews.<br />
Dies verursacht hohe Spannweiten der Prävalenzraten von Stichprobe zu Stichprobe<br />
(Schmitz, Fydrich, Limbacher, 1996). In der Normalbevölkerung treten die<br />
narzisstische (ca. 1%), vermeidend-selbstunsichere (0,5-1%), zwanghafte (1%) und<br />
schizoide (1%) Persönlichkeitsstörungen am seltensten auf. Die borderliner<br />
Persönlichkeit (2%), die paranoide Persönlichkeit (0,5-2,5%) und die histrionische<br />
Persönlichkeit (2-3%) treten etwas häufiger auf. Der Anteil der Normalbevölkerung<br />
der an einer Persönlichkeitsstörung erkrankt, beträgt für die schizotype<br />
Persönlichkeitsstörung und die antisoziale 3% (zumindest für Männer, Schätzungen<br />
für Frauen liegen bei 1%) (APA, 2003). Für Klinische Stichproben, also einer<br />
untersuchten Population von Patienten, die ambulant oder stationär behandelt<br />
werden, findet man weit höhere Prävalenzraten, mit einer hohen Spannweite. Für die<br />
einzelnen Persönlichkeitsstörungen betragen die behandelten Prävalenzraten:<br />
paranoide PD 2-30%, antisoziale PD 3-30%, abhängige PD ca. 20%, borderline PD<br />
10-20%, histrionische PD 10-15%, narzisstische PD 2-16%, vermeidend-<br />
selbstunsichere PD ca. 10%, zwanghafte PD 3-10 %. (APA, 2003; Fiedler 1997)<br />
Für die unbehandelte Population geben Schmitz, Fydrich, Dietrich, Heinicke & König<br />
(1996) folgende Verteilungsmerkmale von Persönlichkeitsstörungen an:<br />
„a.) Persönlichkeitsstörungen kommen etwa gleich häufig bei Männern und<br />
Frauen vor. Für einzelne Persönlichkeitsstörungen gibt es jedoch deutliche<br />
Unterschiede zwischen den Geschlechtern;<br />
b.) Persönlichkeitsstörungen sind etwas gleich häufig in verschiedenen<br />
Altersgruppen aufzufinden, es gibt eine Tendenz zu geringerem Auftreten in<br />
höherem Alter;<br />
c.) Persönlichkeitsstörungen treten häufiger in der Stadtbevölkerung auf als in<br />
ländlichen Bevölkerungsgruppen und<br />
d.) sie sind häufiger in sozial schwächeren Schichten anzutreffen.“ (S.59)
2.2.3.2. Verlauf<br />
- 25 -<br />
Theorie<br />
Persönlichkeitsstörungen haben ihren Beginn in der Kindheit und Jugend. Im<br />
Erwachsenenalter manifestiert sich das Störungsbild und verläuft dann relativ stabil.<br />
Wenige PDs zeigen in einigen Symptombereichen eine Abnahme mit zunehmenden<br />
Alter z.B. borderline PD und antisoziale PD (APA, 2003). Bei der schizotypen und<br />
dependenten PD weisen niedrige Retest-Reliabilitäten darauf hin, dass diese<br />
Störungsmuster im Zeitverlauf nicht als stabil bezeichnet werden können (Davison &<br />
Neale, 2002). Durbin und Klein (2006) ermittelten für Persönlichkeitsstörungen eine<br />
Stabilität für ein 10-Jahres-Intervall, die als niedrig bis marginal bezeichnet werden<br />
kann, und der Stabilität von Angststörungen entspricht.<br />
2.2.3.3. Komorbidität<br />
Das diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen (APA, 2003) weist<br />
durch seine Art der Klassifikation von Persönlichkeitsstörungen explizit auf den<br />
Aspekt der Komorbidität hin. Jederzeit kann zu einer Achse-I-Diagnose auch eine<br />
Persönlichkeitsstörung vergeben werden, da diese auf Achse II verschlüsselt wird.<br />
Das ICD-10 lässt in jedem Fall Mehrfachdiagnosen bei Persönlichkeitsstörungen zu.<br />
Bei Angstpatienten, Patienten mit affektiven Störungen oder Essstörungen zeigt sich<br />
in über 40% der Fälle mindestens eine komorbide Persönlichkeitsstörung (Fiedler<br />
1997). Gemeinsam mit der selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung werden häufig<br />
Zwangsstörungen und soziale Phobie diagnostiziert. Bei der antisozialen<br />
Persönlichkeit sind meist Alkohol- und Drogenmissbrauch bzw. Abhängigkeit zu<br />
verzeichnen (Fiedler, 2000). Die Posttraumatische Belastungsstörung tritt häufig<br />
komorbide mit der borderline Persönlichkeitsstörungen auf (Konemann et al., 2006).<br />
Auch untereinander zeigen die Persönlichkeitsstörungen eine hohe Komorbidität.<br />
Dies liegt daran, dass die Beschreibung der spezifischen Persönlichkeitsstörungen<br />
nur prototypisch ist, ein Patient also Merkmale aus mehreren dieser Prototypen oder<br />
überschneidenden Merkmalsbereichen zeigen kann. Einen Überblick über Probleme<br />
der Klassifikation durch die Symptomüberschneidungen bei Persönlichkeitsstörungen<br />
findet sich bei Comer (2001, S.454). Durch die Überschneidung der<br />
Symptombereiche und hohe Spannweiten bei der Prävalenzschätzungen der PDs,<br />
sind Aussagen zur Komorbidität der Achse-II-Störungen untereinander nur schwer<br />
möglich. Fiedler (2000) gibt das empirische gegebene Risiko bei einer<br />
Hauptdiagnose einer PD, eine weitere PD zu haben, als Otts Ratios an. Bei Otts
- 26 -<br />
Theorie<br />
Ratios mit Werten größer als vier, wird ein klinisch relevanter Zusammenhang<br />
angenommen. Dieser besteht z.B. bei jeder anderen PD, außer der antisozialen PD.<br />
2.2.4. Äthiologie<br />
Für jede einzelne Persönlichkeitsstörung gibt es mehrere Modelle, welche versuchen<br />
die Entstehung und Dynamik der einzelnen Störungen zu erklären. Einheitliche<br />
Äthiologiemodelle, die die Entwicklungsbedingungen für alle<br />
Persönlichkeitsstörungen zusammenfassen, sind eher selten (Fiedler, 1997)<br />
Biologische Modelle suchen nach genetischen Einflüssen und Besonderheiten der<br />
Physiologie des Gehirns und anderer Organsysteme, bei Patienten mit<br />
Persönlichkeitsstörungen. Cluster A Persönlichkeitsstörungen wird im allgemeinen<br />
eine genetische Verwandtschaft zur Schizophrenie zugewiesen. Für einige<br />
Störungen konnte eine genetische Prädisposition bereits bestätigt werden z.B.<br />
familiär gehäuftes Auftreten der borderline und antisozialen Persönlichkeitsstörung<br />
(Davison & Neale, 2002)<br />
Psychoanalytische Konzepte betonen die mangelnde Ausprägung des Ichs durch<br />
unglückliche Erziehungssituationen in der Zeit seiner Entstehung. Bei externen<br />
Konflikten im Erwachsenenalter entsteht durch innerpsychische Konflikte jedesmal<br />
eine Regression in die Zeit der Ich-Entstehung, und bezieht sich auf frühere Eltern-<br />
Kind-Konflikte statt auf die momentane Problemlage. Das Verhalten ist für den<br />
Gegenüber dann als situations- und altersunangemessen zu beobachten. (Schmitz,<br />
Fydrich & Limbacher, 1996)<br />
Bio-psycho-soziale Erklärungsmodelle setzten auf ein mehrfaktorielles Design und<br />
versuchen verschiedene Bedingungen zusammenfassen, welche die Entstehung und<br />
Aufrechterhaltung der Persönlichkeitsstörung begünstigen. Die biosoziale<br />
Lerntheorie der Persönlichkeitsstörungen nach Millon (1981, zit. nach Fiedler, 1997)<br />
fasst beispielhaft einige Faktoren zusammen, welche vor allem bei der Entstehung<br />
der PD eine Rolle spielen:<br />
1. Grundlegende biologische Faktoren (genetische und pränatale Einflüsse)<br />
2. Biologische Umgebungsfaktoren (frühkindliche zwischenmenschliche<br />
Erfahrungen und Lernbedingungen); Ungünstig: unter- oder überstimulierende<br />
Erziehung, Unterforderung, geringe Anregung, Überforderung und<br />
übermäßiges Gewähren lassen
- 27 -<br />
Theorie<br />
3. Umgebungsfaktoren (Einflüsse durch Erfahrungsausbildung über Modelll-<br />
Lernen, klassisches und operantes Konditionieren); Ungünstig: wiederholte<br />
positive Bestätigung oder negative Bekräftigung unangepassten, sellbst-<br />
schützenden Verhaltens, die Entstehung von Verhaltenslücken durch Nicht-<br />
Lernen<br />
Das Diathese-Stress-Modell (Fiedler, 1993/1994, in Fiedler, 1997) liefert einen<br />
Erklärungsansatz, um Auslöser und die Aufrechterhaltung der<br />
Persönlichkeitsstörungen näher zu beschreiben. Kernpfeiler des Modells ist die<br />
Vulnerabilität einer Person, „mit der eine besondere dispositionelle Empfindlichkeit,<br />
Labilität oder Verletzlichkeit der Person gegenüber sozialen Anforderungen und<br />
Stress gemeint ist.“ (Fiedler, 1997, S. 140-141) Diese Vulnerabilität setzt sich<br />
zusammen aus der diathetischen Prädisposition (ungünstige genetische Einflüsse,<br />
prä-, peri- und postnatale Traumen) und der psychosozialen Disposition (ungünstige<br />
familiäre Verhältnisse, negative erzieherische Einflüsse, sexuelle oder gewalttätige<br />
Kindesmisshandlung). Zum Schutz der eigenen Vulnerabilität hat eine Person<br />
verschiedene Bewältigungsstrategien und Interaktionsmuster entwickelt z.B. sozialer<br />
Rückzug um Verletzungen zu vermeiden, spontane Rollenwechsel oder fehlendes<br />
Einfühlungsvermögen. Bei Kontakten mit dem sozialen Umfeld kommt es durch die<br />
andere Art der interpersonellen Verhaltensweisen zu Krisen und Konflikten. (Fiedler,<br />
1997)<br />
Das Modell der doppelten Handlungsregulation (Sachsse, 1997) umschreibt<br />
Persönlichkeitsstörungen als Beziehungs- oder Interaktionsstörungen. Personen<br />
besitzen Motive/Bedürfnisse (z.B. Annerkennung bekommen, autonom oder wichtig<br />
sein, solidarische Beziehungen führen), die ihre interaktionalen Ziele bestimmen.<br />
Verschiedene Handlungs- und Verarbeitungskompetenzen helfen der Person im<br />
Handeln diese Ziele zu verwirklichen, Schemata über das Selbst und andere halten<br />
Informationen zum interpersonellen Umgang bereit. Durch wiederholte negative<br />
Erfahrungen in der Kindheit entstehen bei einigen Personen widersprüchliche<br />
Annahmen über ihr Selbst und über Beziehungen z.B. das interpersonelle Ziel nach<br />
Wichtigkeit tritt gleichzeitig mit der Überzeugung auf, nicht wichtig sein zu können.<br />
Dieses Dilemma wird gelöst indem die Person Verhalten zeigt, für welche das<br />
interaktionelle Ziel erreicht wird z.B. besonders ordentlich Aufgaben erledigen,<br />
besonders hübsch sein. Allerdings führt dies nur zur kurzfristigen Befriedigung des
- 28 -<br />
Theorie<br />
Interaktionsziels, und die Überzeugung der eigenen Unwichtigkeit bleibt bestehen.<br />
Das Handeln muss also immer wieder ausgeführt werden, um eine Befriedigung zu<br />
erreichen, und wird manipulativ, um auch andere dazu zu bringen, die eigenen<br />
Motive zu befriedigen. Dies wiederum verärgert die Interaktionspartner, und die<br />
Person erhält negative Rückmeldung auf ihr Verhalten. Diese Rückmeldung wird<br />
wiederum als Bestätigung für die dysfunktionalen Überzeugungen und<br />
Grundannahmen aufgenommen, und verstärkt die Aufrechterhaltung der Diskrepanz<br />
zwischen abwertenden Schemata und Motivbefriedigung wie in einem „Teufelskreis“.<br />
(Sachsse, 2004)<br />
2.2.5. Therapie<br />
In der therapeutischen Praxis gelten Patienten mit Persönlichkeitsstörung als<br />
Herausforderung. Häufig erscheinen die Patienten aufgrund einer anderen Achse-I-<br />
Störung, nicht wegen der Persönlichkeitsstörung an sich, in einer therapeutischen<br />
Einrichtung. Die Behandlung der Achse-I-Störung ist jedoch nicht intensiv und<br />
extensiv genug, um die Problematik der Persönlichkeit zu umfassen (Davison &<br />
Neale 2002). Die Ich-Syntonie der Persönlichkeitsstörung erschwert die Einsicht des<br />
Patienten in sein gestörtes Interaktionsmuster und Beziehungsverhalten, das sich<br />
auch im therapeutischen Setting wiederholt. Doch auf diese Einsicht und auf eine<br />
Änderungsmotivation basiert der Therapeutischer Vertrag. Hinzu kommt, dass einige<br />
Patienten den Therapeuten testen und manipulieren. Man stelle sich nur eine<br />
narzisstische Persönlichkeit vor, welche ständig die Loyalität des Therapeuten prüft,<br />
und seine Kompetenz ihn zu behandeln, in Frage stellt. Die Compliance des<br />
Patienten bleibt durch diesen Umstand schwankend und unsicher (vgl. Fiedler,<br />
1997).<br />
So vielfältig wie die Störungsbilder selbst und ihre äthiologischen Erklärungsmodelle,<br />
so vielzählig sind auch die Behandlungsformen. Erst wenige Jahre besteht die<br />
Kriterienfestlegung für die Diagnose von Persönlichkeitsstörungen. So versuchten die<br />
Therapieschulen bisher, ihr therapeutisches Angebot, im Einzelfall an die<br />
Besonderheiten persönlichkeitsgestörter Patienten anzupassen: Psychoanalyse<br />
(Kernberg et al. 1993), interpersonelle Psychotherapie (Benjamin, 1996) oder<br />
kognitive Therapie nach Beck & Freeman et al. (1997) (vgl. Ritz-Schulte, 2004).<br />
Zunehmend werden aber auch konkrete Behandlungskonzepte für diese Patienten in<br />
den verschiedenen Therapieschulen entwickelt und evaluiert. Einzelne
- 29 -<br />
Theorie<br />
Persönlichkeitsstörungen werden gezielt behandelt. So findet man heute im Falle der<br />
borderline Persönlichkeitsstörung unter anderem die Objekt-Beziehungs-<br />
Psychotherapie (Kernberg, 1985, vgl. Davison & Neale, 2002), oder auch die<br />
Dialektische Verhaltenstherapie (Lineham, 1987, vgl. Davison & Neale, 2002).<br />
Zwischen den verschiedenen Schulen, lassen sich jedoch auch Gemeinsamkeiten im<br />
Vorgehen zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen feststellen; Es wird zentral<br />
darauf abgezielt, das gestörte Interaktions- und Beziehungsmuster zu behandeln,<br />
und nicht die Persönlichkeitsstörung an sich. Dabei bezieht man sich vornehmlich auf<br />
die Realität und Gegenwart, sowie die jeweiligen Besonderheiten der spezifischen<br />
Persönlichkeitsstörung, z.B. Impulsivität (Reinecker , 2003).<br />
Beispielhaft für diese Gemeinsamkeiten, soll an dieser Stelle das Vorgehen bei einer<br />
Interpersonellen Therapie beschrieben werden: Das Vorgehen des Therapeuten ist<br />
strukturiert und psychoedukativ. Zu Beginn steht die Analyse der bestehenden<br />
Beziehungsmuster in Konfliktsituationen. Zusammen mit dem Patienten wird<br />
betrachtet, welche konflikthaften Interaktionsmuster sich seit der Kindheit in den<br />
verschiedensten Lebensbereichen wiederholen. Anschließend wird der Patient dabei<br />
unterstützt selbstschädigende Handlungen und Interaktionen zu unterlassen, sowie<br />
alternative Interaktionsmöglichkeiten zu entwickeln und einzusetzen (Reinecker,<br />
2003).<br />
Aufgrund der fast unüberschaubaren Anzahl an Therapieansätzen zu den einzelnen<br />
Persönlichkeitsstörungen und unter Einhaltung, des in dieser Arbeit vorgegebenen<br />
Rahmens, muss an dieser Stelle auf nähere Erläuterungen, zu den jeweiligen<br />
Therapieansätzen verzichtet werden. Über- und Einblicke der verschiedenen<br />
Therapiemöglichkeiten bei Persönlichkeitsstörungen finden sich bei Fiedler (1997),<br />
Reinecker (2003) und Schmitz, Fydrich & Limbacher (1996).
3. Ableitung der Fragestellung<br />
3.1. Komorbidität PD und PTSD<br />
- 30 -<br />
Fragestellung<br />
Komorbiditätsschätzungen variieren sehr, abhängig von der untersuchten Stichprobe<br />
(z.B. Kriegsveteranen oder Überlebende eines Flugzeugabsturzes), des<br />
Behandlungssettings (ambulant oder stationär) und den eingesetzten<br />
Diagnoseinstrumenten (z.B. strukturierte Interviews oder<br />
Therapeuteneinschätzungen).<br />
Dunn et al. (2004) führten eine Untersuchung an 115 Kriegsveteranen durch, die sich<br />
aufgrund einer PTSD in ambulanter Therapie befanden. Es zeigte sich, daß 45% der<br />
Patienten mindestens eine Persönlichkeitsstörung zeigten. Am häufigsten fanden<br />
sich paranoide (17,4%), ängstlich-vermeidende (12,2%), obsessiv-kompulsive<br />
(16,5%), borderline (8,7%) und antisoziale PD (7,00%). Ähnliche Ergebnisse finden<br />
sich auch bei Soutwick et al. (1993) mit einer Komorbiditätsrate von insgesamt 30%.<br />
Auch in dieser Studie an 34 Kriegsveteranen finden sich am häufigsten borderline,<br />
obsessiv-kompulsiv, ängstlich-vermeidende und paranoide Persönlichkeitsstörung. In<br />
einer Studie von Bollinger er al. (2000) zeigen sogar 75% der an PTSD erkrankten<br />
Kriegsveteranen eine zusätzliche Persönlichkeitsstörung.<br />
In einer Untersuchung an 17 deutschen psychosomatischen <strong>Kliniken</strong> von Konemann<br />
et al. (2006) tritt die PTSD am häufigsten zusammen mit der borderline PD (14,3%),<br />
angstlich-vermeidenden (5,4%), abhängigen(6,1%) und antisozialen PD (6,8%) auf.<br />
Die hohen Prävalenzraten von Persönlichkeitsstörungen in der Gruppe der PTSD-<br />
Patienten, die deutlich von der Auftretenshäufigkeit dieser Beziehungsstörungen in<br />
der Allgemeinbevölkerung abweicht (0,5-3%, lt. APA, 2003), kann außer den<br />
methodischen Unterschieden von Studie zu Studie, weitere Ursachen haben. So ist<br />
eine Pseudokomorbidität, die durch überlappende Diagnosekriterien entsteht, nicht<br />
nur bei der PTSD und den Persönlichkeitsstörungen ein bekanntes Problem. Die<br />
Vermeidungssymptome stehen bei der PTSD als auch bei ängstlich–vermeidender<br />
Persönlichkeitsstörung im Vordergrund. Ärger und emotionale Unkontrolliertheit<br />
treten bei der PTSD ebenso auf, wie bei der antisozialen und borderline<br />
Persönlichkeitsstörung (van Velzen & Emmelkamp, 1996).<br />
Von besonderer Bedeutung ist die Beziehung zwischen der Borderline-<br />
Persönlichkeitsstörung und Traumafolgestörungen. Fiedler (2000) unterscheidet zwei<br />
Gruppen von Borderline-Patienten. Auf der einen Seite finden sich Patienten, welche
- 31 -<br />
Fragestellung<br />
keine konkreten Traumen aus Kindheit und Jugend erinnern. Die Mehrheit der<br />
Borderline-Patienten (60-80%) jedoch, können konkrete Traumen berichten und<br />
leiden vermehrt an posttraumatischen und dissoziativen Symptomen. Borderline-<br />
Patienten mit einer Traumagenese könnten also auch als Patienten mit einer<br />
besonderen Form chronifizierter Posttraumatischer Belastungsstörung aufgefasst<br />
werden. Fiedler fordert dahingehend eine bessere Kriterienfestlegung zur<br />
Differentialdiagnose von Borderlinepatienten mit und ohne Traumagenese.<br />
Zudem sollte auch auf Selektionsfehler bei der Betrachtung hospitalisierter<br />
Stichproben geachtet werden. Hier treten höhere Komorbiditätsraten auf, als bei<br />
einer Stichprobe nicht hospitalisierter PTSD-Patienten, da ein Klinikaufenthalt meist<br />
mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit, mehr als eine Störung zu haben, einhergeht.<br />
(Southwick et al., 1993)<br />
Speziell bei der PTSD stellen einige Persönlichkeitsmerkmale psychologische<br />
Risikofaktoren für das Erleben traumatischer Ereignisse und die Entwicklung einer<br />
PTSD-Symptomatik dar. Bei einer Untersuchung an 402 Studienanfängern erhoben<br />
Lauterbach und Vrana (2001) das Auftreten und die Intensität traumatischer<br />
Erlebnisse, sowie verschiedene Persönlichkeitseigenschaften u. a. Neurotizismus,<br />
Extraversion und mit antisozialer als auch borderline Persönlichkeitsstörung<br />
assoziierte Eigenschaften. Dabei zeigte sich, dass das Vorliegen von antisozialen<br />
und borderline Persönlichkeitszügen mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für<br />
multiple Traumen einhergehen. Hohe Neurotizismuswerte sagen eine schwerere<br />
PTSD-Symptomatik voraus. Gil (2005) führte eine prospektiven Studie an 185<br />
Studenten durch, die in ein Busunglück in Israel verwickelt waren. Die 2 Wochen vor<br />
dem Busunglück erhobenen Persönlichkeitsmerkmale „novelty seeking“, „harm<br />
avoidance“ und „reward dependence“ wurden auf ihre Vorhersagekraft für das<br />
Auftreten von PTSD- Symptomen einen Monat nach dem Unfall, hin untersucht.<br />
Neben Charakteristiken des Traumas (Involviertheitsgrad) sagte auch der<br />
vermeidenden Persönlichkeitsstil („harm avoidance“) die Entwicklung von PTSD-<br />
Symptomen voraus. Malta et al. (2002) stellten an einer Stichprobe von 158<br />
Überlebenden von Autounfällen fest, dass bei Personen die eine<br />
Persönlichkeitsstörung aufwiesen, die Wahrscheinlichkeit ein Jahr nach einem<br />
Autounfall eine PTSD zu zeigen, signifikant höher war, als bei Patienten ohne PD.<br />
Die Patientengruppe mit PD zeigte zudem signifikant weniger Remissionsraten nach<br />
1 Jahr (33%), als bei der Patientengruppe ohne PD (74%).
- 32 -<br />
Fragestellung<br />
Ein weiterer Faktor, der an der hohen Komorbidität von PD und PTSD beteiligt sein<br />
könnte, ist eine gleiche biologische Vulnerabilität. Erste Hinweise auf genetische<br />
Einflüsse finden sich bei Stein et al. (2002). In einer Zwillingsstudie an 222<br />
monozygoten und 184 dizygoten Zwillingspaaren stellte sich heraus, dass es einen<br />
genetischen Einfluß auf das Risiko ein Trauma zu erleben gibt. Dieses Risiko ist<br />
durch individuelle Unterschiede in der Persönlichkeit vermittelt, welche zu<br />
verschiedenen Risikoentscheidungen im Lebensverlauf führen. Die gleichen Gene<br />
scheinen auch die Empfänglichkeit für die PTSD-Symptomatik nach einem Trauma<br />
zu beeinflussen.<br />
3.2. Einfluss der Persönlichkeitsstörungen auf die Behandlung von Achse-I-<br />
Störungen<br />
Lange Zeit wurde postuliert, dass das Vorliegen von Persönlichkeitsstörungen die<br />
Therapie von Achse-I-Störungen erschwert. (Fiedler, 2000; Reich &Green, 1991;<br />
Reich & Vasile, 1993) Grund zu der Annahme, waren meist auftauchende Probleme<br />
in der Therapeuten-Patienten-Beziehung die ein Vorankommen der Behandlung der<br />
Achse-I-Störung blockiert. Das eigentlich interaktionelle Problem wird oftmals unter<br />
dem Aspekt der Personenperspektivierung dem Patienten zugewiesen. Für den<br />
Patienten wird dies zu einem Stigmatisierungsproblem. Die daraus entstehende<br />
Erwartungshaltung des Therapeuten dem Patienten gegenüber, verschärft als sich<br />
selbst erfüllende Prophezeiung, die Blockade (Fiedler, 1996). Auf Patientenseite<br />
kommt die Ich-Syntonie als Eigenart der Persönlichkeitsstörung hinzu, welches zu<br />
vermehrten Widerstand gegen die therapeutische Behandlung und abnehmender<br />
Compliance des Patienten führt (Fiedler 1996). Unter dem ökonomischen<br />
Gesichtspunkt fallen Patienten durch häufige Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe, und<br />
damit der Verursachung höherer Gesundheitskosten auf (Fiedler, 2006).<br />
In mehreren Studien zeichnen sich Belege für die Annahme eines negativen<br />
Einflusses komorbider Persönlichkeitsstörungen auf die Behandlung von Achse-I-<br />
Störungen ab. Reich & Green (1991) führten ein Review an 21 Studien zum Einfluß<br />
komorbider Persönlichkeitsstörungen auf den Behandlungserfolg bei der Therapie<br />
von Achse-I-Störungen durch. Es zeigte sich über die Studien hinweg, dass<br />
Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung schlechter auf die Behandlung einer<br />
Achse-I-Störungen ansprachen, als Patienten die keine zusätzliche<br />
Persönlichkeitsstörung aufwiesen. Reich & Vasile (1993) konnten nach einem
- 33 -<br />
Fragestellung<br />
Review weiterer 17 Studien diese Ergebnisse nochmals bestätigen. Van Velzen und<br />
Emmelkamp (1996) ziehen die Eindeutigkeit dieses Zusammenhangs in Zweifel.<br />
Zwar zeigen sich Hinweise auf eine Beeinträchtigung des Therapieerfolges bei<br />
einzelnen störungsassoziierten Persönlichkeitsmerkmalen, dies aber nicht<br />
durchgängig bei allen Therapieformen. Sie warnen davor, generell zu behaupten,<br />
dass komorbide Persönlichkeitsstörungen den Therapieerfolg bei der Behandlung<br />
von Achse-I-Störungen verringern. Und sie fordern, nicht nur die Outcome-Variablen<br />
als Erfolgsmaße zu betrachten, sondern auch systematisch die Therapieabbrecher<br />
auf Persönlichkeitsstörungen hin zu untersuchen. So zeigte sich in einer Studie an<br />
einer nicht hospitalisierten Stichprobe (N=128) von Marini et al. (2005), dass das<br />
Vorhandensein einer komorbiden borderline Persönlichkeit einen bedeutender<br />
Prädiktor für den Abbruch einer unterstützenden Kurzzeittherapie für verschiedene<br />
Achse-I-Störungen darstellt. Eine Studie von Kordy und Senf (1992) untersucht<br />
Patienten an einer Heidelberger psychosomatischen Klinik. Sie überprüften die<br />
Vorhersagekraft einiger Variablen auf die vorzeitigen Beendigung einer<br />
psychoanalytisch orientierten Gruppentherapie. Es zeigte sich, dass Patienten mit<br />
depressiven, zwanghaften oder hysterischen Persönlichkeitszügen eine leicht höhere<br />
Abbruchquote zeigen als Patienten mit anderen Persönlichkeitszügen.<br />
Zum Einfluss der Persönlichkeitsstörung auf die Behandlung von Achse-I-Störungen<br />
gibt es vornehmlich Untersuchungen zu Patientenstichproben mit Depression und<br />
Angststörungen. Dabei zeigte sich, dass nicht in jedem Fall die<br />
Persönlichkeitsstörung den Therapieerfolg der Achse-I-Störung schmälert (Van<br />
Velzen & Emmelkamp, 1996; Dreesen & Arntz, 1998).<br />
Im Folgenden sollen beispielhaft einige Befunde zum Einfluss komorbider<br />
Persönlichkeitsstörungen auf die Behandlungen diverser Achse-I-Störungen<br />
aufgeführt werden.<br />
Persönlichkeitsstörungen und die Behandlung von Depression<br />
Hardy et al. (1995) untersuchten den Einfluss komorbider Persönlichkeitsstörungen<br />
bei der Behandlung von Depression, für psychodynamische-interpersonelle<br />
Psychotherapie und kognitiv-behaviorale Therapie. Dabei zeigte sich, dass Patienten<br />
mit komorbider Persönlichkeitsstörung des Clusters C einen geringeren<br />
Therapieerfolg hatten, als depressive Patienten ohne Persönlichkeitsstörung. Dieser<br />
Unterschied gilt aber nur für die psychodynamisch-interpersonelle Therapieform.
- 34 -<br />
Fragestellung<br />
Newton-Howes, Tyres & Johnson (2006) fanden in einer Metaanalyse, dass das<br />
Vorhandensein einer Persönlichkeitsstörung, das Risiko eines erfolglosen<br />
Therapieabschlusses bei der Behandlung von Depression verdoppelt, unabhängig<br />
von der Behandlungsform.<br />
Shea et al. (1990) berichten aus dem Forschungsprogramm des National Institute of<br />
Mental Health, dass nach der Behandlung einer Depression, bei Vorhandensein<br />
einer zusätzlichen Persönlichkeitsstörung, die Einschränkungen in sozialen<br />
Funktionsbereich höher war, und mehr Residualsymptome der Depression auftraten,<br />
als bei Patienten ohne komorbide PD. Allerdings zeigten sich keine Unterschiede in<br />
beruflichen Funktionsbereichen und bei den Mittelwerten der Depressionsscores<br />
nach der Behandlung.<br />
Persönlichkeitsstörungen und die Behandlung von Somatoformen Störungen<br />
In einer Untersuchung von Leibbrand et al. (1998) fanden sich, bei einer stationären<br />
verhaltenstherapeutischen Behandlung an 119 Patienten einer psychosomatischen<br />
Klinik mit somatoformen Störungen, keine Unterschiede zwischen Patienten ohne<br />
komorbider Persönlichkeitsstörungen und Persönlichkeitsstörungen aus den Clustern<br />
A, B und C.<br />
Persönlichkeitsstörungen und die Behandlung von Bulimie<br />
Fahy et al. (1993) fanden in einer Studie an 59 weiblichen Bulimiepatientinnen, dass<br />
das zusätzliche Vorhandensein einer PD bei einer ambulanten, kognitiv-behavioralen<br />
Therapie, nur dann zu einem schlechteren Outcome führt, wenn zusätzlich eine<br />
Depression vorliegt.<br />
Einfluß der Persönlichkeitsstörungen auf die Behandlung von Angsttörungen<br />
Dreesen & Arntz (1998) ermittelten in einer Metaanalyse nach der Best-Evidence-<br />
Methode widersprüchliche Ergebnisse zum Einfluss komorbider<br />
Persönlichkeitsstörungen, auf den Behandlungserfolg bei Angststörungen. Von<br />
insgesamt 15 analysierten Studien zeigten 7 eine Verringerung des Therapieerfolgs<br />
bei Vorliegen einzelner Persönlichkeitsstörungen oder störungsassoziierten<br />
Persönlichkeitsmerkmalen (z.B. ängstlich-vermeidende, borderline, antisoziale und<br />
schizotype PD, obsessiv-kompulsiv und vermeidende Persönlichkeitseigenschaften).
- 35 -<br />
Fragestellung<br />
7 Studien zeigten keine Effekte und 1 Studie sogar einen positiven Effekt von<br />
Persönlichkeitsstörung auf den Langzeittherapieerfolg.<br />
3.3. Die Fragestellung<br />
Eine eindeutige und generelle Schlußfolgerung, dass Persönlichkeitsstörungen die<br />
Behandlung von Achse-I-Störungen erschweren, kann also nicht gezogen werden.<br />
Anscheinend zeigen nur einige Persönlichkeitsstörungen einen negativen Einfluss<br />
bei beziehungsorientierten Behandlungsformen wie der psychodynamisch-<br />
interpersonellen Psychotherapie (Hardy et al., 1995). Persönlichkeitsstörungen<br />
werden als Störungen des Interaktionsverhaltens und der Beziehungsgestaltung<br />
aufgefasst. Ein schlechteres Therapieergebnis bei Achse-I-Störungen, könnte also<br />
über ein Problem der Therapeut-Patienten-Beziehung vermittelt sein. So zeigen<br />
Patienten mit komorbiden PD weniger Compliance, als auch geringere<br />
Therapiemotivation. Einzelne Persönlichkeitszüge z.B. die Impulsivität bei borderline<br />
und antisozialer PD, erschweren das Aufnehmen von (therapeutischen) Beziehungen<br />
(Van Velzen & Emmelkamp, 1996). Eine schlechtere therapeutische Beziehung muss<br />
allerdings nicht nur vom Patienten ausgehen, sondern kann auch in Form einer<br />
selbsterfüllenden Prophezeiung durch den Therapeuten verursacht sein. Der Glaube,<br />
dass Patienten mit Persönlichkeitsstörungen nur schwer therapierbar und im<br />
Umgang schwierig sind, kann zu negativen Einstellungen des Therapeuten seinem<br />
Patienten gegenüber führen, und sein eigenes Verhalten beeinflussen (Fiedler,<br />
1996). Wie wichtig die therapeutische Beziehung ist, zeigten Rau und Goldfried<br />
(1994). In einer Studie stellten sie fest, dass vor allem eine starke Allianz zwischen<br />
Therapeut und Patient, bedeutend die Rate der Therapieabbrüche verringert, und die<br />
Verbesserungsrate kurz nach einer kognitiven Verhaltenstherapie erhöht. Die<br />
genaue Analyse der Therapeutischen Beziehung und über welche Mechanismen ein<br />
schlechteres Therapieergebnis zustande kommen könnte, soll in diesem Fall nicht<br />
näher betrachtet werden.<br />
Gegenstand des Interesses in dieser Arbeit ist, ob komorbide<br />
Persönlichkeitsstörungen den Therapieerfolg bei der Behandlung der<br />
Posttraumatischen Belastungsstörung, an einer psychosomatischen Klinik mit<br />
integrativem Behandlungsansatz, verschlechtern. In dieser Klinik werden<br />
schulenübergreifende Konzepte und Methoden zur Behandlung angewandt. Im Falle<br />
der Posttraumatischen Belastungsstörungen kommen neben
- 36 -<br />
Fragestellung<br />
verhaltenstherapeutischen Verfahren, auch interpersonelle und psychodynamische<br />
Verfahren zum Einsatz, die eine offene Beziehungsgestaltung erfordern. Ein<br />
negativer Einfluss auf den Therapieerfolg der Patienten mit komorbiden<br />
Persönlichkeitsstörungen, über Interaktionsprobleme, ist anzunehmen.<br />
Zudem werden Persönlichkeitsstörungen oft mit traumatischen Erlebnissen in der<br />
Kindheit und Jugend in Verbindung gebracht. So berichten Patienten mit<br />
Persönlichkeitsstörung beispielsweise signifikant häufiger über sexuellen und<br />
physischen Missbrauch in Kindheit und Jugend, als Personen ohne<br />
Persönlichkeitsstörungen (Fiedler, 2006). In einigen Fällen könnte man also auch von<br />
einer Sonderform „andauernder Persönlichkeitsveränderungen nach<br />
Extrembelastungen“ (WHO, 2000) ausgehen, welche eine schwere, chronische<br />
Traumafolgestörung darstellt. Die Bearbeitung solcher Traumen dürfte, aufgrund der<br />
Chronifizierung, eine tiefgreifendere Behandlung benötigen, als die Bearbeitung noch<br />
nicht chronifizierter Traumafolgestörungen. Um diesen Anspruch zu genügen,<br />
müsste das Behandlungskonzept der Klinik Bad Grönenbach für Patienten mit und<br />
ohne Persönlichkeitsstörung in gleichem Ausmaß zu einem Therapieerfolg führen.<br />
Bei Gunderson et al. (1991, zit. nach Leibbrand et al., 1998) finden sich Hinweise auf<br />
ein hierarchisches Beziehungsmuster der verschiedenen Cluster untereinander. Für<br />
Persönlichkeitsstörungen des Clusters C, als der Normalität am nächsten liegende,<br />
so genannte Gewohnheitsstörungen, wird ein geringerer Einfluss auf die Behandlung<br />
von Achse-I-Störungen angenommen, wohingegen die PDs aus den Clustern A und<br />
B schwerwiegender sind, und sich ungünstig auf das Therapieergebnis auswirken<br />
können (Leibbrand et al., 1998).<br />
In einer Studie an ambulanten Patienten mit Majorer Depression berichten Sato et al.<br />
(1994) dass Patienten mit einer zusätzlichen Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster<br />
A schlechter abschnitten, als Patienten mit Persönlichkeitsstörungen aus den<br />
Clustern B und C, sowie Patienten ohne Persönlichkeitsstörungen. Ecker und<br />
Dehmlow (1996) stellten bei der stationären verhaltenstherapeutischen Behandlung<br />
von Zwangspatienten einen deutlichen Einfluss von Cluster B<br />
Persönlichkeitsstörungen auf das Behandlungsergebnis fest, im Gegensatz zu<br />
Persönlichkeitsstörungen aus den anderen Clustern.
4. Methoden<br />
4.1. Forschungsdesign<br />
- 37 -<br />
Methoden<br />
Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um ein quasiexperimentelles,<br />
retrospektives Prä-Post-Design. Die Untersuchungsdurchführung und<br />
Datenerhebung fand routinemäßig in der Psychosomatischen Klinik in Bad<br />
Grönenbach statt. Die Klinik bedient sich eines integrativen Behandlungsansatzes,<br />
die Therapiedurchführung erfolgt im Gruppensetting.<br />
Aus den Daten der Klinik wurden für die vorliegende Untersuchung Maße zur<br />
Beurteilung des Therapieerfolges entnommen. Als abhängige Variablen werden die<br />
Therapieabbruchrate, der allgemeine (globale Gesundheitsmaße) und der<br />
störungsbezogene Therapieerfolg (Symptommaße) betrachtet. Der allgemeine<br />
Therapieerfolg wird indirekt über einen Prä-Post-Vergleich allgemeiner psychischer<br />
und physischer Symptombelastung und des Vorliegens interpersoneller Probleme,<br />
als auch direkt über die subjektive Einschätzung der Veränderungen im Erleben und<br />
Verhalten durch den Patienten, sowie der globalen Beurteilung körperlicher und<br />
seelischer Veränderungen durch den Therapeuten, erfasst. Der störungsbezogene<br />
Therapieerfolg wird über Prä-Post-Vergleiche des Vorliegens PTSD-bezogener und<br />
dissoziativer Symptome ermittelt.<br />
Betrachtet werden Patienten dieser Einrichtung, die im Zeitraum 3. Mai 2000 bis 27.<br />
Dezember 2005 eine Therapie aufnahmen, und die Diagnose sowie eine dem<br />
Behandlungskonzept der Klinik entsprechende Behandlung, für eine<br />
Posttraumatische Belastungsstörung erhielten. Die Zuweisung zu den<br />
Untersuchungsgruppen (unabhängige Variable) erfolgt nicht randomisiert, sondern<br />
abhängig von der ICD-10-Diagnose einer oder mehrerer Persönlichkeitsstörungen<br />
der Patienten.<br />
4.2. Die Klinik für psychosomatische Medizin in Bad Grönenbach und ihr<br />
Behandlungskonzept<br />
Die Beschreibung der Klinik basiert zum Teil auf eigenen Erfahrungen der<br />
Verfasserin während eines Praktikums in der Einrichtung. Ergänzende Informationen<br />
wurden dem Jubiläumsband der Klinik (Wittgensteiner <strong>Kliniken</strong> AG, 2004) und der<br />
Internetpräsentation der Klinik (www.klinik-am-stiftsberg.de) entnommen.
- 38 -<br />
Methoden<br />
Die Psychosomatische Klinik in Bad Grönenbach bedient sich bei der<br />
psychosomatischen Rehabilitation einer humanistisch und erfahrungsorientierten,<br />
psychodynamischen Psychotherapie. In Kombination mit erlebnisorientierten<br />
Verfahren (z.B. Gestalttherapie, Psychodrama) und störungsspezifischen Elementen<br />
der Verhaltenstherapie, bietet die Klinik Bad Grönenbach eine Integrative<br />
Psychotherapie an. Auf Grundlage eines organismischen Menschenmodells umfasst<br />
die psychosomatische Rehabilitation medizinische und psychotherapeutische<br />
Behandlungen. Nach einer ausführlichen Diagnostik wird für jeden Patienten ein<br />
individueller Therapieplan erstellt, welcher die günstigste Strategie und Methode zur<br />
Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit im Alltag- und Berufsleben und die<br />
Linderung von Krankheitsfolgen, für den jeweiligen Patienten darstellt.<br />
Die Klinik umfasst eine Größe von 175 Betten, und unterteilt sich in vier Abteilungen<br />
mit störungsbezogenen Schwerpunkten. In Abteilung 1 liegt der Behandlungsfokus<br />
auf Depression, Ängsten und stofflichen sowie nichtstofflichen Süchten. In Abteilung<br />
2 werden vornehmlich Patienten mit Essstörungen, Posttraumatischen<br />
Belastungsstörungen und somatoformen Erkrankungen behandelt. Abteilung 3<br />
widmet sich der Therapie von Borderline-Störung und anderen strukturellen<br />
Störungen (Persönlichkeitsstörungen). In der 4. Abteilung erfolgt die Rehabilitation<br />
nach körperlichen und seelischen Burn-out.<br />
Das Therapieangebot setzt sich aus Gruppenthearpiesitzungen in Kerngruppen (10-<br />
12 Patienten) und störungsbezogenen Gruppen zusammen. Die Zuweisung zu den<br />
Gruppen erfolgt nach einer ausführlichen medizinischen Diagnose, nach der ICD-10-<br />
Klassifikationen des Beschwerdebildes des Patienten und der Operationalisierten<br />
Diagnostik unbewusster Psychodynamischer Konflikte (Arbeitskreis OPD, 2001).<br />
In allen vier Abteilungen dienen die Kerngruppen dazu, das Augenmerk auf<br />
lebensgeschichtliche Hintergründe der Erkrankung zu lenken, und aktuelle (teilweise<br />
unbewusste) Aspekte der eigenen Beziehungsgestaltung, die entscheidend zur<br />
Aufrechterhaltung der Problematik führen, zu überarbeiten. Dadurch wird ein<br />
besseres Verständnis und Einsicht in die Symptomatik durch den Patienten erreicht.<br />
Zusätzlich bedient sich die Klinik dem geistig-spirituellen Konzept der anonymen<br />
Selbsthilfegruppen (AA, OA, u.a.). In der Therapeutischen Gemeinschaft („Teaching-<br />
Learning Community“, nach Dr. W. Lechler, 1971) findet zwischen den Patienten ein<br />
reger Austausch statt. So können sich die Patienten angstfrei mit ihren Problemen,<br />
Symptomen und Gefühlen auseinander setzen, neue Verhaltensweisen erlernen und
- 39 -<br />
Methoden<br />
im Kontakt üben, neue Beziehungsmuster einzusetzen. Die Behandlung erfolgt daher<br />
im Gruppensetting.<br />
4.2.1. Behandlungskonzept für PTSD<br />
Die Traumabehandlung der Klinik Bad Grönenbach bedient sich dem<br />
Therapeutischen Verfahren der traumazentrierten, imaginativen Therapie nach<br />
Reddemann und Sachsse (1997).<br />
Ziel der Traumabehandlung ist zum einen die Stabilisierung grundlegender<br />
psychischer Fähigkeiten (z.B. Wahrnehmung und Steuerung der eigenen Gefühle,<br />
Selbstberuhigung und –tröstung, Wiedererlangen der Kontrolle über die eigene<br />
innere Welt), als auch die Reduktion begleitender Symptome und Krankheiten (z.B.<br />
Depression, Ängste).<br />
Im Fokus der Behandlung liegt die Aktivierung der Ressourcen und<br />
Selbstheilungskräfte des Patienten. Ziel ist nicht die Wiederherstellung des<br />
Zustandes vor dem Trauma, sondern eine Integration des Geschehenen in das<br />
Leben des Patienten und seiner Lebensgeschichte. Intensive, überwältigende und<br />
schmerzhafte Erinnerungen und Emotionen sollen abgeschwächt werden, Symptome<br />
der Intrusion, Vermeidung und Übererregung nicht mehr den Alltag beeinflussen,<br />
und somit die Handlungsfähigkeit des Patienten wieder herstellen.<br />
Sachsse (2004) unterteilt notwendige Behandlungsschritte der Traumabehandlung:<br />
1. Stabilisierung<br />
Diese Phase dient zum einen dem Aufbau einer tragfähigen therapeutischen<br />
Arbeitsbeziehung. Der Patient erhält Informationen über die Posttraumatische<br />
Belastungsstörung und die Möglichkeiten der Behandlung. Von wichtiger Bedeutung<br />
zu diesem Zeitpunkt ist die Aktivierung der Ressourcen des Patienten, sowie die<br />
psychische Stabilisierung. Mit Hilfe von Stabilisierungsübungen erlernt der Patient,<br />
sich selbst innere Sicherheit, Geborgenheit und Schutz zu schaffen, und seine<br />
Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Im Anhang C.8. sind zwei Stabilisierungsübungen<br />
zu finden, des weiteren gibt es noch die Imaginationsübungen „der innere Garten“<br />
und die „Baumübung“. Zudem erlernt der Patient dissoziative Symptome und Flash-<br />
Backs, durch grounding zu stoppen.
2. Bearbeitung traumatischer Erinnerungen<br />
- 40 -<br />
Methoden<br />
Erst bei genügender Stabilität kann die Konfrontation mit dem traumatischen Erlebnis<br />
erfolgen. Die Traumakonfrontation (alt. Traumaexposition) erfolgt stufenweise und<br />
kontrolliert mittels verschiedener Techniken (z.B. Reizkonfrontation, Bildschirm-<br />
Technik, Fahrstuhl-Technik, EMDR). Die Imagination, für die Bildschirm-Technik<br />
findet sich im Anhang C.8.3. Dabei geht der Patient in vivo zum Zeitpunkt des<br />
traumatischen Erlebnisses zurück. Bei der Beschreibung der Situation erlebt der<br />
Patient im sicheren therapeutischen Setting die Bilder, Gefühle, Worte und<br />
körperliche Empfindungen der Vergangenheit wieder. Erlernte Imaginations- und<br />
Stabilisierungsübungen helfen dem Patienten sich von den damaligen<br />
Geschehnissen zu distanzieren, und mit Hilfe der aktivierten Ressourcen<br />
entgegenzutreten. Notwendig für diese Traumakonfrontation ist die innere und<br />
äußere Sicherheit des Patienten während der Konfrontation, dies erfordert die<br />
Stabilität des Patienten, Abbruch des Kontaktes zum Täter und eine tragfähige<br />
Therapeut-Patienten-Beziehung.<br />
3. Trauer und Integration sowie Neuorientierung<br />
In der Integrationsphase werden wieder die Selbstheilungskräfte und Ressourcen<br />
des Patienten aktiviert, um Trauerarbeit leisten zu können, oder andere<br />
Konfliktbewältigungsstrategien als Dissoziation und Schuldzuweisungen zu erlernen.<br />
Jetzt können auch Selbstwert oder Selbstakzeptanzthemen, die mit dem Trauma in<br />
Beziehung stehen bearbeitet werden. Traumabedingte Einschränkungen und<br />
Verluste kann der Patient jetzt betrachten, bearbeiten und betrauern. Es empfiehlt<br />
sich der Einsatz von Abschiedsritualen z.B. Schreiben von Briefen an Menschen, die<br />
mit dem Trauma in Beziehung stehen (Briefe müssen nicht abgeschickt werden) und<br />
Meditation (Reddemann, 2004).<br />
4.2.2. Therapeutisches Angebot<br />
Die Patienten sind einer wöchentlich mehrmals stattfindenden Kerngruppe zugeteilt.<br />
In der Kerngruppe erfolgt die Bearbeitung zentraler Themen. In Interaktion mit den<br />
Mitpatienten kann der Patient erfahren, wie seine Beziehungsgestaltung durch die<br />
Symptome beeinflusst ist, ob Befürchtungen, Vorstellungen und<br />
Beziehungserwartungen der Wirklichkeit entsprechen, und lernen Vertrauen zu
- 41 -<br />
Methoden<br />
fassen. Neue Fertigkeiten, wie grounding oder Stabilisierungsübungen können z.B.<br />
bei der Konfrontation mit Triggern direkt angewendet werden.<br />
In der wöchentlich stattfindenden Stabilisierungsgruppe werden die<br />
Imaginationsübungen trainiert, und die Patienten erhalten Informationen über<br />
Trauma, Traumacoping und Traumafolgen sowie zur Behandlung. Vornehmlich<br />
werden stabilisierende Imaginationsübungen eingeübt. Heilsame und positive Bilder<br />
werden den früher bedrohlichen Erlebnissen gegenübergestellt und ermöglichen eine<br />
Distanzierung von traumabezogenen belastenden Erinnerungen, Gedanken und<br />
Bildern. In der einmal pro Woche stattfindenden Frauengruppe, können<br />
traumatisierte Frauen in einem geschützten Rahmen, die geschlechtsspezifischen<br />
Probleme thematisieren.<br />
Zusätzlich können in der Körper- und Kunsttherapie, die in der Kerngruppe<br />
bearbeiteten Themen non-verbal weitergeführt und vertieft werden. Sportangebote<br />
und Entspannungstrainings helfen, den Körper in Anspannung und Entspannung zu<br />
erleben. Damit soll einen positiver Zugang zu körperlichen Wahrnehmungen<br />
gefördert werden.<br />
Da die Posttraumatische Belastungsstörung mit vielen Begleiterkrankungen<br />
einhergeht, können die Patienten in speziellen Gruppen auch diese Themen<br />
bearbeiten, zum Beispiel in der Sucht- oder Essstörungsgruppe. Bei ausreichender<br />
Stabilität kann der Patient in der Angstgruppe auch die Angstsymptome (z.B.<br />
Vermeidung) bearbeiten. Sozialtherapie, Depressionstherapie und die Medizinische<br />
Betreuung runden ein integratives, ganzheitliches Behandlungsangebot ab.<br />
4.2.3. Datenerhebung und Diagnose<br />
In der Regel erfolg die Erfassung der Diagnosen über freie Diagnostik, durch den<br />
Therapeuten, in Anlehnung an die klinisch-diagnostischen Leitlinien des ICD-10. Zum<br />
Teil werden ICD-10-Checklisten verwendet, welche aber nur in etwa der Hälfte der<br />
Fälle vorliegen. Ergänzend bedient sich die psychosomatische Klinik Bad<br />
Grönenbach der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik (OPD)<br />
unbewusster Konflikte. Ärzte und Therapeuten vermerken die Diagnosen, als auch<br />
den Status des Patienten zum Aufnahme- und Entlasszeitpunkt auf<br />
Therapeutendokumentationsbögen.<br />
Seit 1992 werden an der psychosomatischen Klinik in Bad Grönenbach routinemäßig<br />
Prä- und Postdaten der Patienten zur Qualitätssicherung erfasst. Über ein
- 42 -<br />
Methoden<br />
computergestütztes Verfahren werden den Patienten eine Reihe verschiedener Tests<br />
zur Selbstbeurteilung, in der ersten und letzten Behandlungswoche vorgelegt. Die<br />
Testbatterie enthält unter anderem die Basisdokumentationsbögen (PTM-BaDo,<br />
Heymann, 2003), den Veränderungsfragebogen des Erlebens und Verhaltens (VEV,<br />
Zielke & Kopf-Mehnert, 1978), die Symptom-Checkliste 90 R (Franke, 1995), Gießen-<br />
Test (Beckmann, Brähler & Richter, 1991), das Beck-Depressions-Inventar<br />
(Hautzinger et al., 1994), das Inventar interpersoneller Probleme (Horowitz, 1993)<br />
und den Zufriedenheitsfragebogen (Schmidt, Lamprecht & Wittmann, 1989). Die in<br />
dieser Untersuchung verwendeten Tests werden im folgenden Abschnitt<br />
beschrieben. Die Einzelitems dieser Messinstrumente finden sich im Anhang C.<br />
4.3. Meßmethoden<br />
Die Auswahl der Messinstrumente erfolgte nach inhaltlichen und methodischen<br />
Gesichtspunkten. Nach Schulte (1993; in Vocks et al., 2005) kann man den<br />
Therapieerfolg inhaltlich auf den Ebenen der Krankheitsursache, der Krankheit<br />
selbst, Symptomen und Beschwerden sowie der Krankheitsfolgen betrachten. In der<br />
vorliegenden Arbeit sind jedoch nur die Krankheit selbst als auch ihre Symptome von<br />
Interesse; Die Krankheit selbst dient als Diagnosekriterium der Gruppenbildung, die<br />
Symptome werden mittels störungsspezifischen und störungsübergreifenden<br />
Symptommaßen erfasst.<br />
Auf methodischer Ebene wird der Therapieerfolg zum einen direkt durch<br />
retrospektive Erfolgsbeurteilungen durch den Patienten und den Therapeuten, zum<br />
anderen indirekt durch eine Zwei-Punkt-Veränderungsmessung operationalisiert.<br />
4.3.1. Basisdokumentation<br />
Die Psychologische Basisdokumentation psychotherapeutischer Medizin (PTM-<br />
BaDo) von Heymann et al. (2003), wird von den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft<br />
der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaft (AWMF) zur Qualitätssicherung<br />
und Dokumentation eingesetzt. <strong>Kliniken</strong> nutzen dieses Instrument nicht nur zur<br />
Überprüfung der Wirksamkeit ihrer Therapien, die Daten können auch zum Vergleich<br />
der <strong>Kliniken</strong> untereinander oder in Multicenterstudien genutzt werden. In der<br />
Basisdokumentation werden soziodemografische Variablen (z.B. Alter, Geschlecht,<br />
Familienstand, Ausbildungstand, Arbeitsunfähigkeitszeiten), klinische Variablen (z.B.<br />
Klinikaufenthaltsdauer, Haupt- und Nebendiagnosen) und therapeutische Variablen
- 43 -<br />
Methoden<br />
(z.B. Häufigkeit der Teilnahme an störungsspezifischen oder erlebnisorientierten<br />
Therapieverfahren während des Klinikaufenthaltes) von Patienten, Therapeuten<br />
(Therapeutendokumentation) und Ärzten erfasst. Zusammen mit den Daten aus<br />
anderen testpsychologischen Verfahren (z.B. SCL-90-R, VEV) kann ein globales<br />
Urteil über den Therapieerfolg einzelner Patienten als auch der gesamten Klinik<br />
abgegeben werden.<br />
Die in dieser Untersuchung verwendeten Items, aus der Basisdokumentation der<br />
Patienten, sowie der Therapeutendokumentation, finden sich im Anhang C.<br />
4.3.2. Erhebungsinstrumente zur Erfassung des Allgemeinen Therapieerfolgs<br />
4.3.2.1. Symptom-Checkliste-90-Revidiert (SCL-90-R)<br />
Die Symptom-Checkliste-90 in revidierter Form (Franke, 1995) ist ein<br />
Selbstbeurteilungsfragebogen. Er erfasst auf 9 Skalen das Vorhandensein von<br />
subjektiven physischen und psychischen Belastungen durch Symptome aus den<br />
Bereichen Somatisierung, Zwanghaftigkeit, Unsicherheit im Sozialkontakt,<br />
Depressivität, Ängstlichkeit, Aggressivität und Feindseeligkeit, Phobische Angst,<br />
Paranoides Denken und Psychotizismus. Insgesamt beantwortet der Patient 90 Items<br />
zum Vorliegen von, und Beeinträchtigungen durch, physische und psychische<br />
Symptome in den letzten 7 Tagen, auf einer 5-stufigen Skala (0 = überhaupt nicht bis<br />
4 = sehr stark). Die einzelnen Items finden sich im Anhang C.3. Je höher die<br />
Rohwerte auf den einzelnen Skalen, desto höher ist die erlebte physische und<br />
psychische Belastung durch entsprechende Symptome.<br />
Über die Skalen hinweg können drei Gesamtkennwerte berechnet werden, die die<br />
psychische Symptombelastung einer Person widerspiegeln. Der PST („positiv<br />
symptom total“) ist die Anzahl der Symptome bei denen eine Belastung vorliegt. Der<br />
PSDI („positive symptom distress index“) gibt die Intensität des Antwortverhaltens<br />
des Patienten an. Ein Indikator für das aktuelle Ausmaß, der insgesamt vorhandenen<br />
physischen und psychischen Symptombelastung ist der GSI („global severity index“).<br />
Er ermöglicht die Bewertung der allgemeinen Beeinträchtigungsschwere. Dieser<br />
Kennwert kann auch herangezogen werden, um gesunde von psychisch erkrankten<br />
Personen zu unterscheiden. Bei einem T-Wert des GSI von über 62 gilt ein Probant<br />
als psychisch auffällig.<br />
Brähler et al. (2002) bezeichnen die Durchführung, Auswertung und Interpretation<br />
des SCL-90-R als objektiv. Die Reliabilität (interne Konsistenz) liegt für stationäre
- 44 -<br />
Methoden<br />
Patientenstichproben zwischen α=.74 und α=.97. Brähler et al. (2002) weisen dem<br />
Test zudem eine „face validity“ zu.<br />
1.3.2.2. Inventar interpersoneller Probleme (IIP)<br />
Das IIP (Horowitz et al., 1993/2001, dt: Strauß & Kordy, 1993) ist ein<br />
Selbstbeurteilungsinstrument zur Erfassung von Schwierigkeiten im Umgang mit<br />
anderen Menschen (interpersonale Probleme) Dieses Instrument basiert auf den<br />
Theoretischen Grundlagen des Circumplexmodell von Leary (1997; in Horowitz,<br />
1993). Das Inventar eignet sich zur Status- und Therapieverlaufskontrolle. Der<br />
Fragebogen umfasst 64 Items, welche sich in 8 Skalen zusammenfassen lassen: zu<br />
autokratische/dominant, zu streitsüchtig/konkurrierend, zu abweisen/kalt, zu<br />
introvertiert/sozial vermeidend, zu selbstunsicher/unterwürfig, zu<br />
ausnutzbar/unterwürfig, zu fürsorglich/freundlich, zu expressiv/aufdringlich. Die<br />
einzelnen Items des Fragebodens finden sich im Anhang C.5. Mit Hilfe der einzelnen<br />
Skalenwerte (fünfstufiges Antwortformat der Einzelitems) kann für jede Person ein<br />
kreisförmiges Diagramm erstellt werden, welches das spezifische interpersonelle<br />
Verhaltensmuster einer Person wiedergibt. Dabei werden die Werte in einem<br />
zweidimensionalen Diagramm mit den Achsen Zuneigung (Pole: feindseeliges vs.<br />
freundliches Verhalten) und Dominanz/Kontrolle (Pole: dominantes vs. unterwürfiges<br />
Verhalten) eingetragen. In der vorliegenden Untersuchung wird jedoch nur der<br />
Gesamtsummenwert betrachtet. Dieser spiegelt das durchschnittliche Ausmaß<br />
interpersoneller Schwierigkeiten wieder.<br />
Die Objektivität des Tests ist gegeben, faktorielle, externe und prognostische Validität<br />
können angenommen werden (Brähler et al., 2002). Die Retestreliabilitäten der<br />
Skalen liegen zwischen .81 und .90 (Horowitz et al, 1993).<br />
1.3.2.3. Fragebogen zur Erfassung der Veränderung des Erlebens und Verhaltens<br />
Der VEV (Zielke & Kopf-Mehnert, 1978) ist ein Test zur direkten<br />
Veränderungsmessung. Dieses Instrument kommt meist zur Überprüfung der<br />
Wirksamkeit verschiedener Interventionsverfahren zum Einsatz. Dabei sollen<br />
Richtung und Stärke der subjektiv wahrgenommenen Veränderungen im Erleben und<br />
Verhalten durch die Therapie, retrospektiv durch den Patienten eingeschätzt werden.<br />
Der VEV besteht aus 42 Items, die einen bipolaren Faktor erfassen. Die Antwortskala<br />
reicht von -3 bis +3 Punkten, mit denen der Patient einschätzen kann in welchem
- 45 -<br />
Methoden<br />
Ausmaß eine Änderung tatsächlich eingetreten oder ausgeblieben ist (die einzelnen<br />
Items finden sich im Anhang C.4.). Punktwerte über 187 weisen in Richtung des Pols<br />
„Entspannung, Gelassenheit und Optimismus“ und markieren eine signifikant positive<br />
Veränderung (α=0.05) während der Therapie. Werte kleiner als 150 (p=0.05) deuten<br />
auf eine negative Veränderung in Richtung „Spannung, Unsicherheit und<br />
Pessimismus“ hin.<br />
Brähler (2002) bezeichnet den VEV als objektiv. Die Reliabilität liegt bei der innere<br />
Konsistenz zwischen r=.96 und r=.99 und zeichnet den VEV als sehr messgenauen<br />
Test ein. Die Kriteriumsvalidität liegt zwischen r=.29 und r=.63.<br />
4.3.3. Erhebungsinstrumente zur Erfassung des störungsbezogenen<br />
Therapieerfolgs<br />
1.3.3.1. Impact of Event Scale – revidierte Fassung (IES-R)<br />
Die IES-R (Maerker &Schützwohl, 1998) ist ein Selbstbeurteilungsinstrument zur<br />
Erfassung von Symptomen der Posttraumatischen Belastungsstörung und Reaktion<br />
in Folge eines traumatischen Erlebnisses. Die insgesamt 22 Items (die einzelnen<br />
Items finden sich im Anhang C.6.) können in 3 Subskalen unterteilt werden: Intrusion,<br />
Vermeidung und Übererregung. Jedes Item wird auf einer 4-stufigen Skala<br />
beantwortet (überhaupt nicht, selten, manchmal, oft). In der Standartfassung<br />
beziehen sich die Angaben des Patienten auf die letzten 7 Tage. Die<br />
Psychosomatische Klinik Bad Grönenbach erweiterte den Zeitraum auf 14 Tage. Für<br />
jede Skala kann ein Summenwert angegeben werden. Je höher der Wert auf einer<br />
der Subskalen, desto höher sind die aktuellen Folgen eines traumatischen<br />
Ereignisses in diesem Symptombereich. Zusätzlich kann ein Kennwert zur<br />
Vorhersage einer PTSD-Diagnose berechnet werden: Diagnostischer Kennwert X= -<br />
0,02 x Intrusion + 0,07 x Vermeidung + 0,15 x Übererregung - 4,36. Erreicht X einen<br />
Wert größer als 0, so ist eine PTSD-Diagnose wahrscheinlich. Bei Überprüfung der<br />
Autoren stellten sich heraus, dass in 82,8% der Fälle bei den Patienten mit X>0 auch<br />
tatsächlich eine PTSD-Diagnose vergeben werden konnte. Brähler (2002): Die<br />
einzelnen Skalen erreichen mit einer inneren Konsistenz zwischen r=.71 und r=.90<br />
eine hohe Reliabilität. Es liegen Normierungen für verschiedene Stichproben vor<br />
(z.B. Kriminalitätsopfer, Verkehrsunfallopfer)
1.3.3.2. Fragebogen zur Dissoziation – Kurzform (FDS-20)<br />
- 46 -<br />
Methoden<br />
Der FDS (Freyberger, Spitzer & Stieglitz, 1999) ist ein Screeninginstrument zur<br />
Erfassung dissoziativer Phänomene (subjektives Gefühl der Empfindungslosigkeit,<br />
des Losgelöstseins von anderen oder das Fehlen emotionaler Reaktionsfähigkeit,<br />
eine Beeinträchtigung der bewussten Wahrnehmung der Umwelt, Depersonalisation,<br />
Derealisation oder Dissoziative Amnesie). Aufgrund des FDS kann keine kategoriale<br />
Zuordnung zu Störungsbildern erfolgen, aber einen Hinweis auf dissoziative<br />
Symptome geben, die oft Bestandteil der diagnostischen Kriterien einiger<br />
Erkrankungen sind – so auch bei der Posttraumatischen Belastungsstörung. Spitzer,<br />
Mestel, Klingelhöfer & Freyberger (2004) verkürzten den ursprünglich 44 Items<br />
umfassenden FDS (Freyberger, Spitzer & Stieglitz, 1999) auf 20 Items. Die<br />
Teststatistischen Werte der Kurzform mit 20 Items (FDS-20) erreicht ähnlich gute<br />
Werte, wie die 44 Items umfassende Version des FDS (Brähler, 2002, gibt die<br />
Objektivität als gegeben an, die Reliabilität als interne Konsistenz mit α=.93). Unter<br />
der Annahme, dass dissoziative Phänomene in einem Kontinuum von adaptiv bis<br />
pathologisch vorkommen, gibt der Patient auf einer 10-stufigen Skala (10%-100%)<br />
das Ausmaß und die Häufigkeit des Erlebens an. Die Spannweite beträgt 0-200<br />
Punkte. Nach dem Jacobsen-c-Kriterium liegt der Cut-Off-Wert, der Gesunde von<br />
Kranken trennt bei 16,8 Punkten. Werte, die größer als dieser Cut-Off-Wert sind,<br />
legen allerdings nur den Verdacht einer dissoziativen Störung nahe, und bedürfen<br />
weiterer Fremdbeurteilungen.<br />
Die Reliabilität ist mit r=.91 sehr gut. Es liegen für den FDS-20 Normierungen für eine<br />
Gesunde Bevölkerungsstichprobe als auch für eine Stichprobe dissoziiernder<br />
Patienten vor (Spitzer et al., 2004).<br />
4.4. Untersuchungsstichprobe<br />
Die Untersuchungsstichprobe setzt sich aus 609 Patienten der Psychosomatischen<br />
Klinik in Bad Grönenbach zusammen. Vorraussetzung zur Zuteilung zur<br />
Untersuchungsstichprobe, ist die Diagnose einer Posttraumatischen<br />
Belastungsstörung, eine entsprechende psychotherapeutische Behandlung, gemäß<br />
des Klinikkonzepts, sowie die Beantwortung der folgenden Trauma-Splitting Frage<br />
mit „Ja“ :
- 47 -<br />
Methoden<br />
„Hast Du jemals ein außergewöhnlich belastendes Ereignis mit (z.B. Unfall, Überfall, Gewalt,<br />
sexuellen Missbrauch oder ähnliches) erlebt oder warst ZeugIn davon, das in Dir damals intensive<br />
Gefühle von Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen hervorrief und noch heute ungewollt in Form von<br />
Erinnerungen oder Träumen in Erscheinung tritt oder Dein Leben in anderer Weise deutlich belastet?“<br />
Die Patienten nahmen zwischen dem 3. Mai 2000 und dem 18. Oktober 2005 eine<br />
Therapie in der genannten Institution auf.<br />
Aus der Stichprobe wurden Patienten mit Persönlichkeitsstörungen aus mehreren<br />
Clustern (außer Cluster A und B) ausgeschlossen. Aussagen zum Einfluss einzelner<br />
Persönlichkeitsstörungscluster wäre dann nicht mehr möglich. Es würde also unklar<br />
bleiben, ob die eher schwereren Persönlichkeitsstörungen der Cluster A und B, oder<br />
die der Normalität näher liegenden Persönlichkeitsstörungen des Clusters C einen<br />
Einfluss auf den Therapieerfolg bei der Behandlung der Posttraumatischen<br />
Belastungsstörung haben (Leibbrand et al., 1998). Aus dem gleichen Grund wurden<br />
Patienten mit der Diagnose einer nicht näher bezeichneten Persönlichkeitsstörung<br />
ausgeschlossen.<br />
Ein weiteres Ausschlusskriterium stellen fehlende Prä- oder Postdaten der<br />
abhängigen Variablen dar.<br />
4.4.1. Soziodemographische Beschreibung der Stichprobe<br />
Der Frauenanteil in dieser Stichprobe liegt bei 85,6% (N=521), 14,4% (N=88) der<br />
Gesamtstichprobe sind Männer. Vertreten sind Patienten im Alterbereich von 17 bis<br />
66 Jahren, mit einem durchschnittlichen Alter von 35,53 Jahren (SD=9,907).<br />
Mehr als die Hälfte der Patienten ist ledig (60,3%, N=367), 19,0% (N=116)<br />
verheiratet, 11,8% (N=72) geschieden. Abitur (N=253, 41,5%), Realschulabschluss<br />
bzw. mittlere Reife (N=188, 30,9%) und Hauptschulabschluss (N=137, 22,5%) sind<br />
die am häufigsten erreichten Schulabschlüsse. Eine Lehre oder einen<br />
Fachschulbesuch nutzten 52,2% (N=318) zur beruflichen Qualifikation, 18,9%<br />
(N=112) verfügen über einen Hochschulabschluss. Die genauen Angaben zu den<br />
soziodemografischen Variablen können Tabelle 1 (Seite 48) entnommen werden.
4.4.2. Klinische Beschreibung der Stichprobe<br />
- 48 -<br />
Methoden<br />
Von den 609 Patienten, die eine Diagnose der Posttraumatischen Belastungsstörung<br />
erhielten, gilt bei 303 Patienten (49,75%) diese als Hauptdiagnose. In 50,25%<br />
(N=306) der Fälle wurde eine Posttraumatische Belastungsstörung als<br />
Nebendiagnose vergeben. Im Mittel erhielten die Patienten 3,69 Diagnosen<br />
(SD=1,374). Am häufigsten finden sich neben der PTSD-Diagnose affektive<br />
Störungen (N=450, 73,9%), Essstörungen (N=293, 48,1%) und Angststörungen<br />
(N=153, 25,1%). Weitere komorbide Störungen sind Abb. 1 zu entnehmen.<br />
Tabelle 1: Soziodemographische Variablen: Gesamtstichprobe<br />
Alter<br />
Geschlecht weiblich<br />
Männlich<br />
Familienstand<br />
in Jahren M=35,6 (SD=9,907)<br />
Ledig<br />
Verheiratet<br />
Getrennt lebend<br />
Geschieden<br />
Verwitwet<br />
Wiederverheiratet<br />
Schulabschluss Geht noch zur Schule<br />
Kein Abschluss<br />
Sonderschule<br />
Haupt/Volksschule<br />
Mittlere Reife<br />
Abitur<br />
Sonstiges<br />
Berufsabschluss In Ausbildung/Student<br />
Lehre/Fachschule<br />
Meister<br />
Uni/Fachhochschule<br />
Ohne Ausbildung<br />
Sonstiges<br />
N (%)<br />
521 (85,6%)<br />
88 (14,4%)<br />
367 (60,3%)<br />
116 (19,0%)<br />
38 (6,2%)<br />
72 (11,8%)<br />
6 (1,0%)<br />
9 (1,5%)<br />
14 (2,3%)<br />
5 (0,8%)<br />
1 (0,2%)<br />
137 (22,5%)<br />
188 (30,9%)<br />
253 (41,5%)<br />
10 (1,6%)<br />
76 (12,5%)<br />
318 (52,2%)<br />
18 (3,0%)<br />
112 (18,4%)<br />
54 (8,9%)<br />
30 (4,9%)<br />
Anmerkung: M= Mittelwert, SD=Standartabweichung, N=Anzahl Personen, %=prozentualer Anteil<br />
an Gesamtstichprobe
Somatoforme Störungen<br />
Suchterkrankungen<br />
Affektive Störungen<br />
Phobische Störungen<br />
Angsstörungen<br />
Psychosomatische Störungen<br />
Essstörungen<br />
Abb.1: Komorbide Störungen (Personenzahlen)<br />
46<br />
58<br />
70<br />
79<br />
- 49 -<br />
153<br />
293<br />
Methoden<br />
Bis zur Aufnahme in die Psychosomatische Klinik in Bad Grönenbach waren die<br />
Patienten durchschnittlich 17,97 Wochen (SD=38,138) ununterbrochen<br />
arbeitsunfähig krank gewesen, durchschnittlich 15,26 Wochen (SD=16,242) davon in<br />
den letzten 12 Monaten vor der Aufnahme. Die Behandlungsdauer betrug<br />
durchschnittlich 65,94 Tage (SD=19,770, min=20, max=185). Vor Aufnahme in diese<br />
Institution, absolvierten die Patienten bereits durchschnittlich 2,26 ambulante<br />
Psychotherapien (SD=1,498, min=0, max=9). Weitere Behandlungsformen und die<br />
Tabellarische Darstellung therapiebezogener Werte finden sich in Tabelle 1.<br />
Beschreibung der Untersuchungsgruppen<br />
Die Zuteilung zu den Untersuchungsgruppen erfolgt abhängig von der Diagnose<br />
einer oder mehrerer Persönlichkeitsstörungen aus den 3 Clustern des DSM IV TR<br />
(APA, 2003). Nach dem Diagnosekriterium wurden 3 Gruppen gebildet, deren<br />
Therapieerfolg in dieser Untersuchung miteinander verglichen wird. Die erste Gruppe<br />
PDohne (N=384) bilden die PTSD-Patienten, welche keine zusätzliche Diagnose einer<br />
Persönlichkeitsstörung erhielten. PDA/B (N=182) ist die Gruppe der PTSD-Patienten<br />
mit einer komorbiden Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster A (schizotyp, schizoid<br />
oder paranoid) und/oder dem Cluster B (borderline, nazistisch, histrionisch,<br />
antisozial). Dementsprechend befinden sich in der PDC-Gruppe (N=43) Personen<br />
mit der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster C (vermeidend-<br />
selbstunsicher, abhängig, zwanghaft) zusätzlich zur PTSD-Diagnose. Die Verteilung<br />
der einzelnen komorbiden Persönlichkeitsstörungen in dieser Stichprobe ist der<br />
folgenden Tabelle zu entnehmen. Dabei sind Mehrfachnennungen bei den Clustern<br />
A und B möglich.<br />
450
Tabelle 3: Verteilung komorbider Persönlichkeitsstörungen in der Gesamtstichprobe<br />
Cluster A<br />
Cluster B<br />
Cluster C<br />
Persönlichkeitsstörung<br />
Paranoid<br />
Schizoid<br />
Schizotyp<br />
Borderline<br />
Histrionisch<br />
Narzistisch<br />
Antisozial<br />
Vermeidend-selbstunsicher<br />
Zwanghaft<br />
Abhängig<br />
Persönlichkeitsstörung nnb.<br />
4.4.3.1. Untersuchungsgruppe PDohne<br />
- 50 -<br />
Anzahl<br />
4<br />
1<br />
1<br />
172<br />
1<br />
8<br />
1<br />
28<br />
2<br />
13<br />
96<br />
Prozentualer Anteil an<br />
Gesamtstichprobe<br />
0,7<br />
0,2<br />
0,2<br />
28,2<br />
0,2<br />
1,3<br />
0.2<br />
4,6<br />
0,3<br />
2,1<br />
15,8<br />
Methoden<br />
In dieser Untersuchungsgruppe befinden sich 384 Patienten mit der Diagnose einer<br />
Posttraumatischen Belastungsstörung, ohne die zusätzliche Diagnose einer<br />
Persönlichkeitsstörung. Es finden sich 332 Frauen (86,5%) und 52 Männer (13,5%)<br />
in dieser Gruppe. Das Durchschnittsalter liegt bei 36,51 Jahren (SD=10,125). Über<br />
die Hälfte (N=216, 56,3%) der Patienten ist ledig. Zum Großteil verfügen sie über<br />
einen Realschulabschluss (N=117, 30,5%) oder Abitur (N=170, 44,3%). Rund 50 %<br />
nutzten eine Lehre bzw. den Besuch einer Fachschule zur beruflichen Qualifikation<br />
(N=193, 50,3%).<br />
In der Psychosomatischen Klinik Bad Grönenbach erhielten die Patienten dieser<br />
Gruppe im Durchschnitt 3,24 Diagnosen (SD=1,215), Vornehmlich wurden neben<br />
der Posttraumatischen Belastungsstörung affektive Störungen (N=296, 77,1%),<br />
Essstörungen (N=154, 40,1%) und Angststörungen (N=109, 28,4%) festgestellt. Die<br />
Behandlungsdauer betrug durchschnittlich 61,60 Tage (SD=17,521). Die Patienten<br />
waren vor Aufnahme in die Klinik im Mittel 15,53 Wochen (SD=36,498)<br />
ununterbrochen krank geschrieben und versuchten mit durchschnittlich zwei
- 51 -<br />
Methoden<br />
(M=2,10, SD= 1,408) vorhergehenden ambulanten Therapien eine Heilung zu<br />
erzielen.<br />
4.4.3.2. Untersuchungsgruppe PDA/B<br />
Die Gruppe PDA/B hat einen Umfang von 182 Patienten, von denen 152 Personen<br />
Frauen (83,5%) und 30 Männer (16,5%) sind. Das Durchschnittsalter beträgt 32,68<br />
Jahre (SD=8,676). In dieser Gruppe sind fast drei Viertel der Patienten ledig (N=129,<br />
70,9%). Mittlere Reife (N=54, 29,7%) und Abitur (N=71, 39,0%) sind die häufigsten<br />
Schulabschlüsse. 95 Patienten (52,2%) können eine Lehre als Berufsabschluss<br />
aufweisen.<br />
Vor dem Aufenthalt in der Klinik waren die Patienten dieser Gruppe durchschnittlich<br />
24,17 Wochen (SD=42,966) ununterbrochen krank geschrieben. Etwa 2 ambulante<br />
Therapien (M=2,54, SD=1,638) und im Mittel 1,48 stationäre Aufenthalte in<br />
Psychiatrischen Einrichtungen (SD=2,748) weist diese Patientengruppe auf. Die<br />
durchschnittlich 4,57 Diagnosen (SD=1,302) beziehen sich meist auf Essstörungen<br />
(N=124, 68,1%) und Affektive Störungen (N=121, 66,5%). Die Behandlungsdauer<br />
betrug durchschnittlich 76,10 Tage (SD=21,276).<br />
4.4.3.3. Untersuchungsgruppe PDC<br />
Zu dieser Gruppe zählen 43 Patienten mit der Diagnose einer PTSD und einer<br />
komorbiden Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster C. Sie besteht aus 37 Frauen<br />
(86,0%) und 6 Männern (14,0%), mit einem Durchschnittsalter von 38,79 Jahren<br />
(SD=10,334). Zwölf Personen (27,9%) in dieser Gruppe sind verheiratet und 22<br />
Personen (51,2%) ledig. Mittlere Reife (N=17, 39,5%) und Abitur (N=12, 27,9%) sind<br />
die häufigsten Schulabschlüsse und die Lehre der häufigste Berufsabschluss (N=30,<br />
69,8%).<br />
Die Durchschnittliche Behandlungsdauer in der Klinik betrug 61 Tage (SD=15,029).<br />
Den Patienten wurden im Mittel 4 Diagnosen psychischer Störungen vergeben<br />
(M=3,98, SD=1,123), die sich vor allem auf affektive Störungen (N=33, 76,7%),<br />
Essstörungen (N=15, 34,9%) und Angststörungen (N=15, 34,9%) bezogen.<br />
Ununterbrochen arbeitsunfähig krank geschrieben waren die Patienten im<br />
Durchschnitt 13,53 Wochen vor dem Aufenthalt in der Klinik (SD=26,779), und 2,42<br />
ambulante Therapien (SD=1,500) wurden im Vorfeld absolviert.
Tabelle 4: Soziodemographische Variablen: Werte einzelne Untersuchungsgruppen<br />
Alter<br />
Stichprobengröße<br />
Geschlecht<br />
Weiblich<br />
Männlich<br />
Familienstand<br />
Ledig<br />
Verheiratet<br />
Getrennt lebend<br />
Geschieden<br />
Verwitwet<br />
Wiederverheiratet<br />
Schulabschluss<br />
Geht noch z. Schule<br />
Kein Abschluss<br />
Haupt/Volksschule<br />
Mittlere Reife<br />
Abitur<br />
Sonstiges<br />
Berufsausbildung<br />
In<br />
Ausbildung/Student<br />
Lehre/Fachschule<br />
Meister<br />
Uni/Fachhochschule<br />
Ohne Ausbildung<br />
sonstiges<br />
PDohne<br />
- 52 -<br />
PDA/B<br />
M (SD) M (SD) M (SD)<br />
36,48 (10,244)<br />
32,68 (8,676)<br />
N (%) N (%) N (%)<br />
384<br />
332 (86,5%)<br />
52 (13,5%)<br />
216 (56,3%)<br />
80 (20,6%)<br />
25 (6,5%)<br />
54 (14,1%)<br />
4 (1%)<br />
4 (1%)<br />
8 (2,1%)<br />
3 (0,8%)<br />
79 (20,6% )<br />
117 (30,5%)<br />
170 (44,3%)<br />
6 (1,6%)<br />
182<br />
152 (83,5%)<br />
30 (16,5%)<br />
129 (70,9%)<br />
24 (13,2%)<br />
10 (5,5%)<br />
14 (7,7%)<br />
2 (1,1%)<br />
3 (1,6%)<br />
4 (2,2%)<br />
2 (1,1%)<br />
46 (25,3%)<br />
54 (29,7%)<br />
71 (39,0%)<br />
1 (0,5%)<br />
PDC<br />
38,79 (10,334)<br />
43<br />
37 (86,0%)<br />
6 (14,1%)<br />
22 (51,2%)<br />
12 (27,9%)<br />
3 (7,0%)<br />
4 (9,3%)<br />
0<br />
2 (4,7%)<br />
2 (4,7%)<br />
0<br />
12 (27,9%)<br />
17 (39,5%)<br />
12 (27,9%)<br />
0<br />
N (%) N (%) N (%)<br />
49 (12,8%)<br />
193 (50,3%)<br />
14 (3,6%)<br />
81 (21,1%)<br />
30 (7,8%)<br />
16 (4,2%)<br />
23 (12,6%)<br />
95 (52,2%)<br />
3 (1,6%)<br />
25 (13,7% )<br />
22 (12,1%)<br />
14 (7,7%)<br />
4 (9,3%)<br />
30 (69,8%)<br />
1 (2,3%)<br />
6 (14,0%)<br />
2 (4,7%)<br />
0<br />
Methoden<br />
Anmerkung: M=Mittelwert; SD=Standartabweichung; N=Anzahl Personen; (%)=Prozentualer Anteil an der<br />
jeweiligen Teilstichprobe
Tabelle 5: Klinische Variablen: Werte einzelne Untersuchungsgruppen<br />
Komorbide Diagnosen:<br />
(Mehrfachnennungen möglich)<br />
Essstörungen<br />
Psychosomatische Störungen<br />
Angststörungen<br />
Phobische Störungen<br />
Affektive Störungen<br />
Suchterkrankungen<br />
Somatoforme Störungen<br />
Anzahl gestellter Diagnosen<br />
Arbeitsunfähigkeit in Wochen<br />
Länge Arbeitsunfähigkeit<br />
gesamt<br />
Letzte 12 Monate vor Aufnahme<br />
Anzahl vorhergehende<br />
Behandlungen:<br />
Psychosomatik (stationär)<br />
Psychiatrie (stationär)<br />
Tagesklinik<br />
Ambulante Therapie<br />
Behandlungsdauer in Tagen<br />
PDohne PDA/B PDC<br />
N (%) N (%) N (%)<br />
154 (40,1%)<br />
40 (10,4%)<br />
109 (28,4%)<br />
36 ( 9,4%)<br />
296 (77,1%)<br />
28 ( 7,3%)<br />
59 (15,4%)<br />
- 53 -<br />
124 (68,1%)<br />
26 (14,3%)<br />
29 (15,9%)<br />
6 (3,3%)<br />
121 (66,5%)<br />
28 (15,4%)<br />
16 (8,8%)<br />
15 (34,9%)<br />
4 (9,3%)<br />
15 (34,9%)<br />
4 (9,3%)<br />
33 (76,7%)<br />
2 (4,7%)<br />
4 (9,3%)<br />
M (SD) M (SD) M (SD)<br />
3,24 (1,215)<br />
15,53 (36,498)<br />
13,63 (15,618)<br />
0,48 (0,844)<br />
0,35 (1,165)<br />
0,04 (0,188)<br />
2,10 (1,408)<br />
61,60 (17,521)<br />
4,57 (1,302)<br />
24,17 (42,966)<br />
19,44 (17,162)<br />
1,07 (1,640)<br />
1,48 (2,748)<br />
0,15 (0,406)<br />
2,54 (1,638)<br />
76,10 (21,276)<br />
3,98 (1,123)<br />
13,53 (26,779)<br />
12,23 (14,718)<br />
0,93 (1,298)<br />
0,37 (0,846)<br />
0,16 (0,433)<br />
2,42 (1,500)<br />
61,00 (15,029)<br />
Methoden<br />
Anmerkung: M=Mittelwert; SD=Standartabweichung; N=Anzahl Personen; (%)=Prozentualer Anteil an der<br />
jeweiligen Teilstichprobe<br />
4.4.3.4. Vergleich der Untersuchungsgruppen<br />
Hinsichtlich soziodemographischer Variablen unterscheiden sich die Gruppen<br />
bezüglich der Variablen Familienstand, Schulabschluss und Alter voneinander. Bei<br />
der Variable Alter ist festzustellen, dass die Patienten der Gruppe PSA/B signifikant<br />
jünger sind, als die Patienten aus den Gruppen PDohne und PDC.<br />
Bei den klinischen Variablen zeigen sich jedoch häufiger signifikante Unterschiede<br />
zwischen den Gruppen. Die Gruppe der Patienten ohne komorbide<br />
Persönlichkeitsstörung, weist eine geringere Anzahl gestellter Diagnosen im<br />
Vergleich zu den Gruppen PDA/B und PDC auf. Wobei der Gruppe PDA/B signifikant<br />
mehr Diagnosen, als der Gruppe PDC vergeben wurden. In der Gruppe PDA/B treten<br />
signifikant häufiger Essstörungen und Angststörungen auf, als in den beiden anderen
- 54 -<br />
Methoden<br />
Gruppen. Zudem zeigen die Patienten eine höheres Vorkommen von komorbiden<br />
phobischen, affektiven, somatoformen Störungen und Suchterkrankungen, als die<br />
Patienten ohne Persönlichkeitsstörung.<br />
Für die Zeit der gesamten Arbeitsunfähigkeit, zeigt die Gruppe mit komorbiden<br />
Persönlichkeitsstörungen aus den Clustern A und B einen höheren Durchschnittswert<br />
als die Gruppe PDohne. Signifikante Unterschiede finden sich auch bei der mittleren<br />
Arbeitsunfähigkeitszeit in den 12 Monaten vor Aufnahme in die Klinik, bei den<br />
Gruppen PDohne und PDC im Verhältnis zur PDA/B-Gruppe.<br />
Auch die Behandlungsdauer fällt für die Patienten aus der Gruppe PDA/B länger aus,<br />
als für die Patienten in den Gruppen PDohne und PDC.<br />
Die einzelnen Prüfgrößen für die Gruppenvergleiche sind der Tabelle 6 (Anhang B)<br />
zu entnehmen.<br />
4.5. Statistische Analysemethoden<br />
Die statistische Auswertung erfolgt am Computer, mittels SPSS (Statistical Package<br />
of Social Science) für Windows Version 11.0. Die Daten wurden auf Extremwerte und<br />
fehlende Werte untersucht. Einzelne fehlende Werte wurden über den Zeitreihen-<br />
Mittelwert geschätzt. Die soziodemographische Beschreibung erfolgt über<br />
Häufigkeitsverteilungen.<br />
Die abhängigen Variablen wurden, mittels Kolmogoroff-Smirnov-Test und Levene-<br />
Test, auf die Erfüllung der Voraussetzungen für varianzanalytische Verfahren<br />
überprüft. Die Forderung nach Normalverteilung der abhängigen Variablen in den<br />
einzelnen Gruppen ist nur in Einzelfällen verletzt (FDS-20 Summenwert). Levene-<br />
Tests bestätigen, außer im Fall des FDS-20 Summenwertes, Varianzgleichheit in den<br />
Gruppen für die abhängigen Variablen. Haupt- und Interaktionseffekte wurden mittels<br />
univariater und multivariater Varianzanalyse sowie Repeated-Mesurement-<br />
Varianzanalysen berechnet. Im Falle des FDS-20, bei dem die Voraussetzungen<br />
nicht erfüllt sind, wird nichtparametrischen Tests der Vorzug gegeben (Kruskal-<br />
Wallis-Rangsummentest, Wilcoxon-Test für abhängige Stichproben).<br />
Das Signifikanzniveau wurde auf 5% Prozent für die zweiseitige Testung festgelegt.<br />
Zusätzlich zu den inferenzstatistischen Verfahren, erfolgt die Berechnung von<br />
Effektstärken. Dieser Kennwert gibt den Ausmaß des durchschnittlich erreichten<br />
Effektes einer Intervention an. Für die Standardisierung des Kennwertes liegen<br />
mehrere Möglichkeiten vor. Maier-Riele & Zwingmann (2000) schlagen für
- 55 -<br />
Methoden<br />
naturalistische Eingruppen-Prä-Post-Designs, ohne Kontrollgruppen, folgende<br />
Standartisierung der Effektstärken vor:<br />
ES= Mprä – Mpost / SDprä<br />
Anmerkung: Mprä =Mittelwert der Prätestung, Mpost =Mittelwert der Posttestung, SDprä =<br />
Standartabweichung der Prätestung, SDpost =Standartabweichung der Posttestung<br />
Aufgrund des quasiexperimentellen Designs ohne Kontrollgruppe, in dieser<br />
Untersuchung, können die Effektstärken jedoch nicht im Sinne Cohens (1988)<br />
interpretiert werden (ES>0.2 = kleiner Effekt, ES>0.5 = mittlerer Effekt, ES>0.8 =<br />
großer Effekt), sondern müssen um Spontanremissionseffekte in Höhe von ES= 0.1<br />
korrigiert werden (Grawe et al. 1994; nach Mestel et al., 2001). Damit ergibt sich<br />
folgende Einteilung der Effektstärken: ES>0.3 = kleiner Effekt, ES>0.6 = mittlerer<br />
Effekt, ES>0.9 = großer Effekt.<br />
4.6. Statistische Hypothesen<br />
Fragestellung 1<br />
Ist die Traumabehandlung in der psychosomatischen Klinik Bad Grönenbach<br />
wirksam?<br />
Hypothesse 1.1.: Patienten mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung zeigen<br />
eine Abnahme der PTSD-Symptomatik, dissoziativer Werte und der allgemeiner<br />
psychischen Symptombelastung sowie einen Rückgang interpersoneller Probleme,<br />
vom Zeitpunkt ihrer Aufnahme bis zum Entlasszeitpunkt.<br />
Hypothese 1.2.: Die PTSD-Patienten schätzen ihre Veränderung im Erleben und<br />
Verhalten nach der Therapie als gebessert ein.<br />
Hypothese 1.3.: Die Therapeuten schätzen die PTSD-Patienten als seelisch und<br />
körperlich gebessert ein.<br />
Fragestellung 2<br />
Ein Indikator des Therapieerfolgs bzw. Therapiemisserfolgs ist die<br />
Therapieabbruchrate (Van Velzen & Emmelkamp, 1996). Brechen PTSD-<br />
Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung häufiger die Therapie ab?
- 56 -<br />
Methoden<br />
Hypothese 2.1.: PTSD-Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung aus den<br />
Clustern A und B beenden die Therapie häufiger vorzeitig, als PTSD-Patienten mit<br />
einer Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster C und PTSD-Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung.<br />
Hypothese 2.2.: PTSD-Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung aus dem<br />
Cluster C beenden die Therapie häufiger vorzeitig, als PTSD-Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung.<br />
Fragestellung 3<br />
Gibt es Unterschiede im Ausmaß des Therapieerfolgs bezüglich der<br />
allgemeinen psychischen Symptombelastung, bei PTSD-Patienten mit und<br />
ohne Persönlichkeitsstörungen?<br />
Hypothese 3.1.: Die Abnahme der allgemeinen psychischen Symptombelastung vom<br />
Zeitpunkt der Aufnahme bis zum Entlasszeitpunkt, fällt für PTSD-Patienten mit<br />
komorbider Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster A und B geringer aus, als für<br />
Patienten ohne Persönlichkeitsstörung und Persönlichkeitsstörungen des Clusters<br />
C.<br />
Hypothese 3.2.: Die Abnahme der allgemeinen psychischen Symptombelastung vom<br />
Zeitpunkt der Aufnahme bis zum Entlasszeitpunkt, fällt für PTSD-Patienten mit<br />
komorbider Persönlichkeitsstörung des Clusters C geringer aus, als für Patienten<br />
ohne Persönlichkeitsstörung.<br />
Fragestellung 4<br />
Gibt es Unterschiede in der Veränderung der Wahrnehmung interpersoneller<br />
Probleme zwischen den Patienten mit Perönlichkeitsstörungen?<br />
Hypothese 4.1.: Die Abnahme interpersoneller Probleme vom Zeitpunkt der<br />
Aufnahme bis zum Entlasszeitpunkt, fällt für PTSD-Patienten mit komorbider<br />
Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster A und B geringer aus, als für Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung und Persönlichkeitsstörungen des Clusters C.<br />
Hypothese 4.2.: Die Abnahme interpersoneller Probleme vom Zeitpunkt der<br />
Aufnahme bis zum Entlasszeitpunkt, fällt für PTSD-Patienten mit komorbider<br />
Persönlichkeitsstörung des Clusters C geringer aus, als für Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung.
Fragestellung 5<br />
- 57 -<br />
Methoden<br />
Gibt es Unterschiede zwischen PTSD-Patienten mit und ohne<br />
Persönlichkeitsstörungen bezüglich der subjektiven Einschätzung von<br />
Veränderungen im Verhalten und Erleben nach der Therapie?<br />
Hypothese 5.1.: PTSD-Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung der Cluster<br />
A und B schätzen die Veränderungen im Erleben und Verhalten durch die Therapie<br />
weniger in Richtung Verbesserung ein, als die PTSD-Patienten mit der Kodiagnose<br />
einer Persönlichkeitsstörungen des Clusters C und Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung.<br />
Hypothese 5.2.: PTSD-Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung des Clusters<br />
C schätzen die Veränderungen im Erleben und Verhalten weniger in Richtung<br />
Verbesserung ein, als die PTSD-Patienten ohne Persönlichkeitsstörung.<br />
Fragestellung 6<br />
Gibt es Unterschiede im Ausmaß des Therapieerfolgs bei der PTSD-<br />
Symptomatik und dissoziativen Phänomenen, bei PTSD-Patienten mit und<br />
ohne Persönlichkeitsstörungen?<br />
Hypothese 6.1.: Die Abnahme der PTSD-Symptomatik und dissoziativer Werte vom<br />
Zeitpunkt der Aufnahme bis zum Entlasszeitpunkt, fällt für PTSD-Patienten mit<br />
komorbider Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster A und B geringer aus, als für<br />
Patienten ohne Persönlichkeitsstörung und Persönlichkeitsstörungen des Clusters<br />
C.<br />
Hypothese 6.2.: Die Abnahme der PTSD-Symptomatik und dissoziativer Werte vom<br />
Zeitpunkt der Aufnahme bis zum Entlasszeitpunkt, fällt für PTSD-Patienten mit<br />
komorbider Persönlichkeitsstörung des Clusters C geringer aus, als für Patienten<br />
ohne Persönlichkeitsstörung.<br />
Fragestellung 7<br />
Gibt es Unterschiede zwischen PTSD-Patienten mit und ohne<br />
Persönlichkeitsstörungen bezüglich der Einschätzung seelischer und<br />
körperlicher Veränderungen durch den Therapeuten?
- 58 -<br />
Methoden<br />
Hypothese 7.1.: PTSD-Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung der Cluster<br />
A und B erhalten eine geringere Einschätzung der seelischen und körperlichen<br />
Veränderungen in Richtung Verbesserung durch den Therapeuten, als die PTSD-<br />
Patienten mit der Kodiagnose einer Persönlichkeitsstörungen des Clusters C und<br />
Patienten ohne Persönlichkeitsstörung.<br />
Hypothese 7.2.: PTSD-Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung des Clusters<br />
C erhalten eine geringere Einschätzung der seelischen und körperlichen<br />
Veränderungen in Richtung Verbesserung durch den Therapeuten, als die PTSD-<br />
Patienten ohne Persönlichkeitsstörung.
5. Ergebnisse<br />
5.1. Überprüfung auf Prätestunterschiede<br />
- 59 -<br />
Ergebnisse<br />
Da es sich in dieser Untersuchung um ein quasiexperimentelles Design ohne<br />
Kontrollgruppe handelt, ist die Überprüfung eventueller Prä-Test-Unterschiede<br />
zwischen den Gruppen unabdingbar. Unterschiede bezogen auf<br />
soziodemographische und klinische Variablen finden sich in Tabelle 6 (Anhang B) Im<br />
Falle der abhängigen Variablen finden sich nachfolgende Unterschiede zwischen den<br />
Gruppen:<br />
Die allgemeine psychische Symptombelastung wurde über den Rohwert des Global<br />
Severity Index (GSI) aus dem SCL-90-R erfasst. Eine einfaktorielle Varianzanalyse<br />
zeigt mit einem F-Wert von 4,627 (df=2) signifikante Unterschiede der psychischen<br />
und physichen Symptombelastung zum Aufnahmezeitpunkt, zwischen den Gruppen<br />
an. In Einzelvergleichen, mittels T-Tests für unabhängige Stichproben, zeigt sich,<br />
dass die Gruppe PDA/B deutlich höhere Werte aufweist, als die beiden anderen<br />
Gruppen. Auch im Falle der störungsspezifischen Symptome der Posttraumatischen<br />
Belastungsstörung (IES-R) finden sich signifikant höhere Werte auf den Skalen<br />
Vermeidung und Übererregung in der Gruppe PDA/B, als in den Gruppen der<br />
Patienten mit Persönlichkeitsstörungen des Clusters C und Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung. Die Interpersonellen Probleme (IIP) lagen ebenfalls in der<br />
Gruppe PDA/B höher, als in den beiden anderen Gruppen. Das gleiche Bild zeigt sich<br />
auch bei den dissoziativen Werten (FDS-20) bei einer Überprüfung, mittels Kruskall-<br />
Wallis-Test und Mann-Whitney-Test im Einzelgruppenvergleich. Die einzelnen<br />
Prüfgrößen der Gruppenvergleiche können Tabelle 26 entnommen werden. Die<br />
genauen Mittelwerte der Gruppen zum Prämesszeitpunkt finden sich in den Tabellen<br />
23,24,25 im Anhang D.1.
Tabelle 10: Unterschiedstestung Gruppen zum Prämesszeitpunkt: abhängige Variablen<br />
Allg.<br />
Symptombelastung<br />
SCL-90-R: GSI (RW)<br />
Störungsbezogene<br />
PTSD- Symptomatik:<br />
- 60 -<br />
Ergebnisse<br />
PDohne – PDA/B – PDC PDohne – PDA/B PDohne – PDC PDA/B – PDC<br />
F (df) T (df) T (df) T (df)<br />
4,627 (2)*<br />
-2,556 (564)*<br />
1,110 (425)<br />
2,488 (223)*<br />
IES-R Intrusion (Su) 1,798 (2) -0,995 (564) 1,403 (425) 1,893 (223)<br />
IES-R Vermeidung (Su) 7,843 (2)*** -3,312 (564)** 1,480 (425) 3,304 (223)**<br />
IES-R Übererregung (Su) 4,020 (2)* -1,975 (564)* 1,970 (59,6) 2,794 (223)*<br />
Interpersonelle<br />
Probleme<br />
IIP (Su)<br />
Dissoziative Symptome<br />
FDS-20 (Su)<br />
11,832 (2)***<br />
-4,850 (564)***<br />
-0,469 (425)<br />
2,188 (223)*<br />
Chi 2 U U U<br />
32,999 (2)***<br />
25670,5***<br />
6648,5<br />
2096,5***<br />
Anmerkung: RW=Rohwert; Su=durchschnittlicher Summenwert;T= Prüfgröße der einfaktoriellen Varianzanalyse; T= Prüfgröße<br />
des T-Tests für zwei unabhängige Stichproben; df= Freiheitsgrade; chi²=Werte des Kruskal-Wallis-Test für unabhängige<br />
Stichproben; U=Prüfgröße des Mann-Whitney-Tests für zwei unabhängige Stichproben, Irrtumswahrscheinlichkeit =p
Tabelle 8: Zeiteffekte: Prä-Post-Veränderungen IES-R: Gesamtstichprobe<br />
IES-R Summenwert gesamt<br />
IES-R Summe Intrusion<br />
IES-R Summe Vermeidung<br />
IES-R Summe Übererregung<br />
prä 60,74 (22,445)<br />
post 49,64 (23,411)<br />
prä 19,58 (9,197)<br />
post 16,70 (9,126)<br />
prä 21,43 (9,725)<br />
post 17,74 (9,743)<br />
prä 19,76 (8,068)<br />
post 15,21 (8,666)<br />
M (SD) T (df)<br />
- 61 -<br />
11,345 (608)***<br />
Ergebnisse<br />
ES<br />
0.49 +<br />
6,927 (608)*** 0.31 +<br />
9,025 (608)*** 0.38 +<br />
12,774 (608)*** 0.56 +<br />
Anmerkung: M=Mittelwert; SD=Standartabweichung; T=Prüfgröße des T-Tests für gepaarte Stichproben; df=Freiheitsgrade;<br />
Irrtumswahrscheinlichkeit: p
- 62 -<br />
Ergebnisse<br />
Unsicherheit und Pessimismus“ ein (Summenwert
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
43<br />
deutlich verbessert<br />
64,5<br />
33,7<br />
etwas verbessert<br />
Abb.3: Therapeuteneinschätzung (Prozentwerte)<br />
25<br />
11<br />
unverändert<br />
5.3. Ergebnisse zu Fragestellung 2<br />
3,4 1,5 0,7 0,2 0,2 2,5 0<br />
etwas verschlechtert<br />
- 63 -<br />
körperliche Veränderung<br />
seelische Veränderung<br />
deutlich verschlechtert<br />
kein Problembereich<br />
Ergebnisse<br />
Hypothese 2.1.: PTSD-Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung aus den<br />
Clustern A und B beenden die Therapie häufiger vorzeitig, als PTSD-Patienten mit<br />
einer Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster C und PTSD-Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung.<br />
Hypothese 2.2.: PTSD-Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung aus dem<br />
Cluster C beenden die Therapie häufiger vorzeitig, als PTSD-Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung.<br />
Von den 509 Patienten in dieser Stichprobe beendeten 28 Personen (4,6%) die<br />
Therapie vorzeitig. Die Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung des Clusters A<br />
oder B brechen häufiger die Therapie vorzeitig ab, als die Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung (chi²=9,547, df=1, p=0,002). Im Bezug zu den Patienten der<br />
Gruppe PDC finden sich jedoch keine signifikanten Unterschiede in der Häufigkeit<br />
einer vorzeitigen Therapiebeendigung (chi²=2,082, df=1, p=0,149).<br />
Die Hypothese 1.2. wird zugunsten der Nullhypothese zurückgewiesen. Patienten mit<br />
einer Posttraumatischen Belastungsstörung und einer komorbiden<br />
Persönlichkeitsstörung des Clusters C, brechen nicht häufiger die Therapie vorzeitig<br />
ab, als PTSD-Patienten ohne Persönlichkeitsstörung (chi²=0,041, df=1, p=0,839).
Tabelle 12: Therapiebeendigung einzelne Untersuchungsgruppen<br />
a** b a,b<br />
PDohne<br />
PDA/B<br />
PDC<br />
Therapieabbruch 11 (2,9%) 16 (8,8%) 1 (2,3%)<br />
- 64 -<br />
Ergebnisse<br />
Therapiebeendigung 373 (97,1%) 166 (91,2) 42 (97,7%)<br />
Anmerkung: Werte sind Anzahl der Persönen, für die gegebene Kategorien zutreffen, in Klammern findet sich der prozentuale<br />
Anteil an der jeweiligen Untersuchungsgruppe; Gruppen die mit gleichen Buchstaben gekennzeichnet sind, unterscheiden sich<br />
nicht voneinander (Chi-Quadrat-Test), Gruppen mit unterschiedlichten Buchstaben zeigen einen signifikanten<br />
Gruppenunterschied an (*=p
- 65 -<br />
Ergebnisse<br />
Gleichzeitig führte Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung in der<br />
Klinik Bad Grönenbach in allen 3 Gruppen zu einer signifikanten Reduktion der<br />
allgemeinen psychischen Symptombelastung:<br />
Tabelle 14: Zeiteffekte einzelne Untersuchungsgruppen SCL-90-R (GSI)<br />
PDohne<br />
PDA/B<br />
PDC<br />
M (SD) Mdiff (SD) T-Wert (df) p<br />
Prä 1,48 (0,653) 0,57 (0,585) 19,131 (383) 0,000 0.87 ++<br />
Post 0,91 (0,598)<br />
Prä 1,63 (0,649) 0,488 (0,636) 10,343 (181) 0,000 0.75 ++<br />
Post 1,146 (0,641)<br />
Prä 1,37 (0,520) 0,52 (0,612) 5,588 (42) 0,000 1.00 +++<br />
Post 0,85 (0,352)<br />
Anmerkung: M=Mittelwert, Mdiff =Mittelwert der Differenzen prä-post, SD=Standartabweichung, T=Prüfgröße des T-Tests für<br />
gepaarte Stichproben, p=Irrtumswahrscheinlichkeit; + = kleiner Effekt, ++ = mittlerer Effekt, +++ = großer Effekt<br />
Die Gruppe PDC erreicht eine Verbesserung der allgemeinen psychischen<br />
Symptombelastung im Bereich großer Effekte (ES=1.00), wobei in den Gruppen<br />
PDA/B und PDohne Effektstärken im mittlern Bereich zu vermerken sind (ES=0.87;<br />
ES=0.75).<br />
Es ist jedoch keine Interaktion zwischen den Gruppen und der Zeit festzustellen<br />
(F=1,201, dffehler=1, dfhypo=606, p=0,301). Die Gruppen unterscheiden sich statistisch<br />
nicht im Ausmaß der Veränderung, bezüglich der allgemeinen Symptombelastung,<br />
vom Zeitpunkt der Aufnahme bis zum Entlasszeitpunkt.<br />
Eine differentielle Wirkung des Vorliegens einer Persönlichkeitsstörung in<br />
hypothesengeleiteter Richtung, auf die Abnahme der allgemeinen psychischen<br />
Symptombelastung, kann somit nicht angenommen werden. Allerdings zeigt die<br />
Effektstärkenberechnung entgegen der Hypothese 3.2. einen größeren Effekt bei den<br />
Patienten mit Persönlichkeitsstörungen aus dem Cluster C, als für die Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung. Die Nullhypothesen werden beibehalten: Die Abnahme<br />
allgemeiner psychischer Symptombelastung vom Zeitpunkt der Aufnahme bis zum<br />
Entlasszeitpunkt, fällt für PTSD-Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung aus<br />
dem Cluster A und B nicht niedriger aus, als für Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung und Persönlichkeitsstörungen des Clusters C. Die Abnahme<br />
allgemeiner psychischer Symptombelastung vom Zeitpunkt der Aufnahme bis zum<br />
Entlasszeitpunkt, fällt für PTSD-Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung des<br />
Clusters C nicht niedriger aus, als für Patienten ohne Persönlichkeitsstörung.<br />
ES
5.5. Ergebnisse zur Fragestellung 4<br />
- 66 -<br />
Ergebnisse<br />
Hypothese 4.1.: Die Abnahme interpersoneller Probleme vom Zeitpunkt der<br />
Aufnahme bis zum Entlasszeitpunkt, fällt für PTSD-Patienten mit komorbider<br />
Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster A und B geringer aus, als für Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung und Persönlichkeitsstörungen des Clusters C.<br />
Hypothese 4.2.: Die Abnahme interpersoneller Probleme vom Zeitpunkt der<br />
Aufnahme bis zum Entlasszeitpunkt, fällt für PTSD-Patienten mit komorbider<br />
Persönlichkeitsstörung des Clusters C geringer aus, als für Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung.<br />
In allen drei Untersuchungsgruppen findet sich ein signifikanter Zeiteffekt. Das<br />
durchschnittliche Ausmaß interpersoneller Schwierigkeiten (Summenwert IIP) nahm<br />
jeweils signifikant, vom Prä- zum Postmesszeitpunkt ab. Dabei zeigen sich für die<br />
Gruppen PDohne und PDA/B mittlere Effekte (ES= 0.70; ES= 0.67) und für die Gruppe<br />
PDC große Effekte (ES= 1.03).<br />
Tabelle 15: Zeiteffekte einzelne Untersuchungsgruppen: Summenwert IIP<br />
PDohne<br />
PDA/B<br />
PDC<br />
Die Unterschiede zwischen den Mittelwerten der Gruppen zum Postmesszeitpunkt<br />
(F=12,163, df=2) finden sich bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme der Therapie. Eine<br />
multivariate Varianzanalyse mit Messwiederholung zeigt keine Interaktionseffekte<br />
Zeit*Gruppe (F=2,151, dfHypothese=2, dfFehler=606).<br />
M (SD) Mdiff (SD) T-Wert (df) p ES<br />
Prä 15,118 (3,593) 2,508 (3,717) 13,224 (383) 0,000 0.70 ++<br />
Post 12,610 (4,360)<br />
Prä 16,659 (3,394) 2,278 (4,205) 7,309 (181) 0,000 0.67 ++<br />
Post 14,380 (4,443)<br />
Prä 15,389 (3,549) 3,659 (4,545) 5,279 (42) 0,000 1.03 +++<br />
Post 11,730 (4,583)<br />
Anmerkung: M=Mittelwert, Mdiff =Mittelwert der Differenzen prä-post, SD=Standartabweichung, T=Prüfgröße des T-Tests für<br />
gepaarte Stichproben, p=Irrtumswahrscheinlichkeit; + = kleiner Effekt, ++ = mittlerer Effekt, +++ = großer Effekt<br />
Tabelle 16: Mittelwertsunterschiede Gruppen – Post: Summenwert IIP<br />
PDA/B - PDohne PDA/B - PDC PDohne - PDC<br />
T (df) -4,485 (564)*** 3,497 (223)** 1,249 (425)<br />
Anmerkung: Zellen enthalten T-Werte (Prüfgröße des T-Tests für unabhängige Stichproben) mit den entsprechenden<br />
Reiheitsgraden, Irrtumswahrscheinlichkeiten: p
- 67 -<br />
Ergebnisse<br />
Die Hypothesen 4.1. und 4.2. können nicht angenommen werden. Es bestehen keine<br />
Unterschiede zwischen den Untersuchungsgruppen bezüglich des Ausmaßes der<br />
Verbesserung interpersoneller Probleme vom Prä- zum Postmesszeitpunkt in<br />
hypothesengeleiteter Richtung.<br />
5.6. Ergebnisse zu Fragestellung 5<br />
Hypothese 5.1.: PTSD-Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung der Cluster<br />
A und B schätzen die Veränderungen im Erleben und Verhalten durch die Therapie<br />
weniger in Richtung Verbesserung ein, als die PTSD-Patienten mit der Kodiagnose<br />
einer Persönlichkeitsstörungen des Clusters C und Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung.<br />
Hypothese 5.2.: PTSD-Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung des Clusters<br />
C schätzen die Veränderungen im Erleben und Verhalten weniger in Richtung<br />
Verbesserung ein, als die PTSD-Patienten ohne Persönlichkeitsstörung.<br />
Bezüglich der Veränderung im Erleben und Verhalten (VEV Summenwert) ist<br />
festzustellen, dass die PTSD-Patienten in allen Gruppen diese als verbessert<br />
einstufen (M=215,15, SD=44,335; T=15,669, df=608). Eine einfaktorielle<br />
Varianzanalyse deutet dabei auf Unterschiede zwischen den Gruppen hin (F=4,713,<br />
df=2, p=0,009).<br />
Tabelle 17: Mittelwerte und Abweichung der Mittelwerte vom kritischen Wert signifikant verbesserter<br />
Veränderungen (VEV Summenwert 187)<br />
Gesamtstichprobe PDohne PDA/B PDC<br />
M (SD) 215,15 (44,335) 218,64 (42,496) 206,76 (46,144) 219,49 (48,727)<br />
T (df) 15,669 (608)*** 14,591 (383)*** 5,777 (181)*** 4,373 (42)***<br />
M= Mittelwert; SD= Standartabweichung; T= Prüfgröße T-Tests (Testwert 187); df= Freiheitsgrade: Irrtumswahrscheinlichkeit:<br />
p
- 68 -<br />
Ergebnisse<br />
Persönlichkeitsstörung, aber nicht signifikant niedriger als Patienten mit der<br />
Kodiagnose einer Persönlichkeitsstörungen des Clusters C.<br />
PTSD-Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung des Clusters C schätzen die<br />
Veränderungen im Erleben und Verhalten nicht niedriger ein, als die PTSD-Patienten<br />
ohne Persönlichkeitsstörung.<br />
5.7. Ergebnisse zur Fragestellung 6<br />
Hypothese 6.1.: Die Abnahme der PTSD-Symptomatik und dissoziativer Werte vom<br />
Zeitpunkt der Aufnahme bis zum Entlasszeitpunkt, fällt für PTSD-Patienten mit<br />
komorbider Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster A & B geringer aus, als für<br />
Patienten ohne Persönlichkeitsstörung und Persönlichkeitsstörungen des Clusters C.<br />
Hypothese 6.2.: Die Abnahme der PTSD-Symptomatik und dissoziativer Werte vom<br />
Zeitpunkt der Aufnahme bis zum Entlasszeitpunkt, fällt für PTSD-Patienten mit<br />
komorbider Persönlichkeitsstörung des Clusters C geringer aus, als für Patienten<br />
ohne Persönlichkeitsstörung.<br />
Eine einfaktorielle Varianzanalyse zeigt für die Subskalen des IES-R (Intrusion,<br />
Vermeidung und Übererregung) signifikante Unterschiede zwischen den Mittelwerten<br />
der Untersuchungsgruppen zum Entlasszeitpunkt an. Die Gruppe PSA/B unterschiedet<br />
sich bei Einzelvergleichen mittels T-Test für unabhängige Stichproben signifikant von<br />
der Gruppe PDC als auch von der Patientengruppe ohne Persönlichkeitsstörung, auf<br />
allen Skalen des IES-R (Tabelle 19). Bei der Überprüfung von<br />
Mittelwertsunterschieden zum Prämesszeitpunkt zeigten sich allerdings keine<br />
Unterschiede zwischen den Gruppen auf der Subskala Intrusion. Für den Fall der<br />
Vermeidungs- und Übererregungssymptome lagen diese signifikanten Unterschiede<br />
bereits bei Aufnahme in die Klinik vor. Unterschiede zwischen den Gruppen PDC und<br />
PDohne lassen sich nur bezüglich der Vermeidungssymptomatik finden (T=2,096,<br />
df=425, p=0,037). Die beiden Gruppen unterschieden sich zum Prämesszeitpunkt<br />
auf diesen Skalen nicht.
Tabelle 19: Gruppenvergleiche Postmesszeitpunkt: IES-R-Subskalen, FDS-20<br />
PDohne - PDA/B -<br />
PDC<br />
- 69 -<br />
Ergebnisse<br />
PDohne - PDA/B PDohne - PDC PDA/B - PDC<br />
F (df) T (df) T (df) T (df)<br />
IES-R Intrusion 5,356 (2)** -3,012 (564)** 0,718 (425) 2,243 (223)*<br />
IES-R Vermeidung 16,850 (2)*** -4,932 (564)*** 2,096 (425)* 4,548 (223)***<br />
IES-R Übererregung 9,152 (2)*** -3,865 (564)*** 1,084 (425) 3,123 (223)**<br />
chi² (df) U U U<br />
FDS-20 35,328 (2)*** 25255,5*** 7029,0 2232,5***<br />
Anmerkung: F=Prüfgröße einfaktorieller Varianzanalysen; T=Prüfgröße T-Tests für unabhängige Stichproben; chi²=Prüfgröße<br />
Kruskal-Wallis-Rangsummentest; df=Freiheitsgrade; U=Prüfgröße Mann-Whitney-Test; Irrtumswahrscheinlichkeit: p
- 70 -<br />
Ergebnisse<br />
Die dissoziativen Werte sanken in allen Gruppen signifikant zum Prä- zum<br />
Postmesszeitpunkt. Die Effektstärken (PDohne : ES= 0.31, PDA/B: ES= 0.32, PDC:<br />
ES= 0.39) liegen für alle Gruppen im Bereich mittlerer Effekte. Eine Repeated-<br />
measurement-Varianzanalyse konnte für den FDS-20 nicht durchgeführt werden,<br />
aufgrund der Verletzung aller Voraussetzungen dieses Testverfahrens. Da sich das<br />
Muster der Mittelwertsunterschiede zum Prämesszeitpunkt, auch zum<br />
Postmesszeitpunkt wiederfindet, und die Effektstärken in allen Gruppen mittlere<br />
Effekte anzeigen, kann angenommen werden, dass auch im Falle des FDS-20 keine<br />
Interaktion Zeit*Gruppe vorliegt. Das Ausmaß der Veränderung dissoziativer<br />
Symptome, fällt demnach für alle Untersuchungsgruppen gleich hoch aus.<br />
Tabelle 20: Zeiteffekte Untersuchungsgruppen: IES-R-Subskalen, FDS-20<br />
IES-R Intrusion<br />
(Summe)<br />
IES-R<br />
Vermeidung<br />
Prä<br />
PDohne PDA/B PDC<br />
M (SD) T (df) ES M (SD) T (df) ES M (SD) T (df) ES<br />
19,48<br />
(9,269)<br />
post 16,04<br />
Prä<br />
(8,986)<br />
20,73<br />
(9,812)<br />
(Summe) post 16,69<br />
IES-R<br />
Übererregung<br />
Prä<br />
(9,442)<br />
19,47<br />
(8,345)<br />
(Summe) post 14,42<br />
FDS-20<br />
(Summe)<br />
Prä<br />
(8,609)<br />
19,384<br />
(16,120)<br />
post 14,35<br />
(15,120)<br />
6,502 (383) *** 0.37<br />
7,924 (383) *** 0.41<br />
11,304 (383) *** 0.61<br />
20,31<br />
(9,160)<br />
18,49<br />
(9,244)<br />
23,62<br />
(9,473)<br />
20,93<br />
(9,809)<br />
20,92<br />
(7,686)<br />
17,41<br />
(8,499)<br />
2,369 (181)* 0.20<br />
2,369 (181) ** 0.28<br />
5,378 (181)*** 0.46<br />
17,41<br />
(8,500)<br />
15,00<br />
(8,950)<br />
18,43<br />
(8,354)<br />
13,53<br />
(8,614)<br />
17,39<br />
(6,349)<br />
12,93<br />
(8,250)<br />
Z Z Z<br />
-8,331*** 0.31<br />
27,54<br />
(18,000)<br />
21,84<br />
(17,667)<br />
-4,588*** 0.32<br />
14,39<br />
(12,102)<br />
9,67<br />
(9,539)<br />
1,794 (42) 0.28<br />
3,595 (42)** 0.59<br />
3,321 (42)** 0.70<br />
-2,597** 0.39<br />
Anmerkung: M=Mittelwert; SD=Standartabweichung; T=Prüfgröße T-Test für gepaarte Stichproben; df=Freiheitsgrade; Z=<br />
Prüfgröße Wilkoxon-Test für abhängige Stichproben; Irrtumswahrscheinlichkeit=p
Summenwert IES Intrusion<br />
21<br />
20<br />
19<br />
18<br />
17<br />
16<br />
15<br />
14<br />
prä<br />
Abb.6: Interaktionsmuster IES Intrusion<br />
Meßzeitpunkte<br />
5.8. Ergebnisse zur Fragestellung 7<br />
- 71 -<br />
post<br />
Gruppen<br />
PD ohne<br />
PD A/B<br />
PD C<br />
Ergebnisse<br />
Hypothese 7.1: PTSD-Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung der Cluster A<br />
und B erhalten eine geringere Einschätzung der seelischen und körperlichen<br />
Veränderungen in Richtung Verbesserung durch den Therapeuten, als die PTSD-<br />
Patienten mit der Kodiagnose einer Persönlichkeitsstörungen des Clusters C und<br />
Patienten ohne Persönlichkeitsstörung.<br />
Hypothese 7.2: PTSD-Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung des Clusters<br />
C erhalten eine geringere Einschätzung der seelischen und körperlichen<br />
Veränderungen in Richtung Verbesserung durch den Therapeuten, als die PTSD-<br />
Patienten ohne Persönlichkeitsstörung.<br />
Bezüglich der Therapeuteneinschätzung (Therapeutendokumentationsbogen) ist zu<br />
vermerken, dass in 50 Fällen (8,2%) bei der Einschätzung körperlicher<br />
Veränderungen, und in 38 Fällen (6,2%) der Einschätzung seelischer<br />
Veränderungen, keine Angeben durch den Therapeuten vorliegen.<br />
Bezüglich des körperlichen Befindens haben sich aus Therapeutensicht knapp 75%<br />
der Patienten aus den Gruppen PDohne und PDA/B gebessert. In der Gruppe PDC<br />
konnte sogar für etwas mehr als 80% der Patienten eine Verbesserung durch den<br />
Therapeuten festestellt werden. Die Patienten mit komorbiden<br />
Persönlichkeitsstörungen erhielten in keinem Fall die Einschätzung deutlicher<br />
Verschlechterung. In der Gruppe PDA/B ist nur eine Person als etwas verschlechtert<br />
eingestuft worden, im Gegensatz zu 7 Patienten der Gruppe PDohne. Die einzelnen
- 72 -<br />
Ergebnisse<br />
Patientenzahlen und prozentualen Anteile an der jeweiligen Stichprobe finden in den<br />
Tabellen 21 und 22 (Anhang D.5.).<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
43,8<br />
39,6<br />
51,2<br />
Abb.4: körperliche Veränderung (Prozentwerte)<br />
34,4 33<br />
30,2<br />
dtl. Gebesert etwas<br />
gebessert<br />
13,2<br />
10,4<br />
7<br />
4,4<br />
1,8 1,1 0 0,3 0 0<br />
1,8<br />
0<br />
unveränd. etwas verschl. dtl. verschl. k.r.PB.<br />
PD ohne<br />
PD A/B<br />
PD C<br />
In allen Untersuchungsgruppen konnten etwa 65% der Patienten, durch den<br />
Therapeuten, als seelisch deutlich gebessert eingestuft werden. Wie auch bei der<br />
Einschätzung körperlicher Veränderungen finden sich in den Gruppen PDA/B und PDC<br />
keine Personen, die als deutlich verschlechtert gelten können, in der Gruppe PDC<br />
auch keine Person mit der Einschätzung „etwas gebessert“.<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
64,1 64,8<br />
67,4<br />
Abb.5: seelische Veränderungen (Prozentwerte)<br />
26,6 25,6<br />
21,4<br />
deutlich gebessert etwas gebessert unverändert etwas<br />
verschlechtert<br />
3,4<br />
3,8<br />
2,3<br />
0,5 1,1 0 0,3 0 0<br />
deutlich<br />
verschlechtert<br />
PD ohne<br />
PD A/B<br />
PD C
6. Diskussion<br />
6.1. Zusammenfassung der Ergebnisse<br />
- 73 -<br />
Diskussion<br />
Die Wirksamkeit der integrativen Traumatherapie, konnte durch das Annehmen der<br />
Hypothesen 1.1., 1.2. und 1.3., belegt werden. Die allgemeinen Störungsmaße (SCL-<br />
90-R: GSI, IIP) veränderten sich signifikant im Bereich mittlerer Effekte, die<br />
subjektive Einschätzung von Veränderungen durch die Patienten, lag im Bereich von<br />
Verbesserung, auch die Therapeuten schätzten die Patienten als mehrheitlich<br />
gebessert ein. Der Therapieerfolg für die störungsbezogenen Symptome der<br />
Posttraumatischen Belastungsstörung (IES-R: Intrusion, Vermeidung, Übererregung,<br />
FDS-20: dissoziative Symptome) war signifikant und lag im Bereich kleiner Effekte.<br />
Für die Therapieabbruchrate zeigte sich, dass Patienten mit<br />
Persönlichkeitsstörungen aus den Clustern A & B häufiger vorzeitig die Therapie<br />
beenden, als Patienten mit Persönlichkeitsstörungen aus dem Cluster C oder ohne<br />
komorbide Persönlichkeitsstörung. Es fanden sich allerdings keine Unterschiede<br />
zwischen den Gruppen PDohne und PDC bezüglich des Auftretens vorzeitiger<br />
Therapiebeendigung, weswegen die Hypothese 2.1. zurückgewiesen werden<br />
musste.<br />
Die Fragestellungen 3, 4 und 5 bezogen sich auf Unterschiede bezüglich des<br />
allgemeinen Therapieerfolgs, bei PTSD-Patienten mit und ohne<br />
Persönlichkeitsstörung. Es wurde die allgemeine psychische Symptombelastung,<br />
interpersonelle Probleme, sowie die subjektive Einschätzung der Veränderungen<br />
durch den Patienten zwischen den Gruppen PDohne, PDA/B und PDC betrachtet. Die<br />
Betrachtung von Prä-Post-Veränderungen der allgemeinen psychischen und<br />
physischen Symptombelastung, sowie interpersoneller Probleme, zeigte jedoch keine<br />
hypothesengerichteten signifikanten Unterschiede im Ausmaß der<br />
Symptomreduktion. Die Hypothesen der Fragestellungen 3 und 4 wurden<br />
dementsprechend zurückgewiesen. Auch die Fragestellung 7 konnte nicht gemäß<br />
den Hypothesen bestätigt werden. Die Therapeuten schätzten die körperliche und<br />
seelische Veränderung der Patienten mit Persönlichkeitsstörungen nicht schlechter<br />
ein, als für PTSD-Patienten ohne komorbide Persönlichkeitsstörung.<br />
Im Falle der subjektiven Beurteilung der Veränderungen durch die Patienten (VEV)<br />
zeigte sich jedoch, dass sich entsprechen der Hypothese 5.1. Patienten mit<br />
Persönlichkeitsstörungen aus den Clustern A & B weniger verbessert einstuften, als
- 74 -<br />
Diskussion<br />
die Patienten der anderen Untersuchungsgruppen. Wobei keine Unterschiede in der<br />
Einschätzung zwischen den Patienten der Gruppen PDohne und PDC zu verzeichnen<br />
waren. Die Hypothese 5.2. wurde zurückgewiesen.<br />
Fragestellung 6 betrachtete die Unterschiede zwischen den Gruppen bezüglich der<br />
störungsbezogenen Symptome. Es bleibt fest zu halten, dass sich die dissoziativen<br />
Symptome in allen drei Untersuchungsgruppen im gleichen Ausmaß, im Bereich<br />
kleiner Effekte, verringern. Bei der PTSD-Symptomatik ist allerdings festzustellen,<br />
dass Patienten mit Persönlichkeitsstörungen bezogen auf die Intrusionssymptomatik<br />
geringere Effektstärken erreichen, als Patienten ohne Persönlichkeitsstörung. Bei der<br />
Vermeidungssymptomatik schneiden die Patienten mit PDs aus den Clustern A & B<br />
hypothesengerecht schlechter ab, als die beiden anderen Untersuchungsgruppen.<br />
Die Übererregungssymptome nahmen in allen Untersuchungsgruppen im Bereich<br />
kleiner Effekte im gleichen Ausmaß ab. Da sich für die störungsbezogenen<br />
Symptome jedoch keine einheitliches Bild in hypothesengeleiteter Richtung zeigt,<br />
werden die Hypothesen der Fragestellung 6 zurückgewiesen.<br />
6.2. Einordnung in den aktuellen Forschungsstand<br />
Es wurde unterstellt, dass Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung weniger von<br />
einer integrativen, stationären Psychotherapie profitieren, als Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung. Dabei wurde davon ausgegangen, dass es eine<br />
hierarchische Beziehung der Persönlichkeitsstörungen gibt (Gunderson, 1991; nach<br />
Leibbrand et al., 1998). Es wurde postuliert, dass die als schwerwiegender geltenden<br />
Persönlichketisstörungen aus den Clustern A und B den geringsten Therapieerfolg<br />
zeigen, Patienten mit Persönlichkeitsstörungen aus dem Cluster C besser als diese<br />
Patienten abschneiden, aber noch unter dem Therapieerfolg der Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung bleiben.<br />
Insgesamt kann für die integrative stationäre Traumatherapie in dieser Untersuchung<br />
eine Wirksamkeit auf allgemeine Störungsmaße (Allgemeine psychische<br />
Symptombelastung, interpersonelle Probleme) und PTSD-bezogene Symptome<br />
(Intrusion, Vermeidung, Übererregung, dissoziative Symptome) bestätigt werden.<br />
Nicht nur der Prä-Post-Vergleich, sondern auch die subjektive Einschätzung der<br />
Patienten, als auch die Beurteilung durch die Therapeuten untermauern dieses<br />
Ergebnis.
- 75 -<br />
Diskussion<br />
Ähnliche Ergebnisse finden sich auch bei Dilcher (1999). Die stationäre Evaluation<br />
der Klinik Schwedenstein zeigte eine deutliche Verbesserung der Kern- und<br />
Begleitsymptomatik, allgemeiner Belastung und Depression bei einer, an das<br />
Konzept von Reddemann und Sachsse (1997) angelehnten Traumatherapie.<br />
Brom, Kleber & Defares (1989) verglichen in einer kontrollierten Studie eine<br />
psychodynamische Kurzzeittherapie mit systematischer Desensibilisierung und<br />
Hypnotherapie bei Traumapatienten. Dabei zeigte sich, dass alle drei Verfahren<br />
gleich gut geeignet sind, um die Reduktion allgemeiner Symptome zu erreichen. Bei<br />
der Vermeidungssymptomatik erwies sich die Psychodynamische Kurzzeittherapie<br />
den anderen Verfahren überlegen. Bei der Reduktion der Intrusionssymptome<br />
unterliegt die Psychodynamische Kurzzeittherapie jedoch der systematischen<br />
Desensibilisierung und der Hypnotherapie. Dieser Umstand findet sich in dieser<br />
Untersuchung bei den Patienten mit Persönlichkeitsstörungen wieder.<br />
Auch wenn das komorbide Auftreten der Persönlichkeitsstöungen bei der<br />
Posttraumatischen Belastungsstörung keine explizite Fragestellung in dieser<br />
Untersuchung darstellte, soll im kurzen darauf eingegangen werden, um die<br />
Besonderheit der Untersuchungsgruppe der PTSD-Patienten mit komorbiden<br />
Persönlichkeitsstörungen aus den Clustern A und B zu verdeutlichen.<br />
Die Komorbiditätsrate von Persönlichkeitsstörungen bei PTSD-Patienten in dieser<br />
Untersuchung (36,78%, ohne nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörungen)<br />
liegt über den Angaben von Fydrich (1996) für eine Stichprobe hospitalisierter<br />
Patienen in einer Psychosomatischen Klinik, in Höhe von 27,1%. Es bleibt zu<br />
beachten, dass es sich in beiden Fällen, um selektive Stichproben hospitalisierter<br />
Patienten handelt, bei denen die Komorbiditätsraten meist höher ausfallen, als in<br />
anderen Stichproben (Southwick et al., 1993).<br />
Auffällig ist in dieser Stichprobe der relativ hohe Anteil komorbider borderline<br />
Persönlichkeitsstörungen (28,24%). Dieser übertrifft noch die Befunde von<br />
Konemann et al. (2006), die für diese Störung ein komorbides Auftreten bei rund<br />
15% einer Stichprobe hospitalisierter Patienten an einer psychosomatischen Klinik<br />
registrierten. Konemann berichtet des weiteren das häufige Auftreten von angstlich-<br />
vermeidenden (5,4%), abhängigen (6,1%) und antisozialen Persönlichkeitsstörungen<br />
(6,8%). Bis auf die antisoziale Persönlichkeitsstörung finden sich auch in der
- 76 -<br />
Diskussion<br />
vorliegenden Untersuchung am häufigsten die vermeidend-selbstunsichere (4,6%)<br />
und die abhängige Persönlichkeitsstörung (2,1%).<br />
Das häufige Vorkommen von borderline Persönlichkeitsstörungen in der Klinik Bad<br />
Grönenbach ist zum einen durch Selektionseffekte erklärbar. In der<br />
psychosomatischen Klinik Bad Grönenbach wird in der 3. Abteilung ein<br />
Behandlungskonzept speziell für Borderline und andere Strukturelle Störungen<br />
angeboten („Grönenbacher Modell“; Stauss, 1994), was die Patientenzahlen für<br />
dieses Krankheitsbild, im Vergleich zu anderen <strong>Kliniken</strong> erhöht. Zum anderen wird<br />
die borderline Persönlichkeitsstörung mit traumatischen Erlebnissen in der frühen<br />
Kindheit in Zusammenhang gebracht (van der Kolk, 1989). Das Behandlungkonzept<br />
für Traumafolgestörungen, welches an der Klinik angeboten wird, zielt auch auf die<br />
Bearbeitung von Typ-II-Traumen ab, welche im Falle der Borderline-Patienten zum<br />
Großteil vorliegen müssten. Leider ist den verwendeten Daten, nicht zu entnehmen,<br />
um welche Traumen es sich im Einzelnen handelt. Auf eine detaillierte Analyse für<br />
verschiedene Traumen muss an dieser Stelle also verzichtet werden.<br />
Der größte Teil (94,51%) der Untersuchungsgruppe PDA/B stellen eben diese<br />
Patienten mit einer borderline Persönlichkeitsstörung dar. Sie charakterisieren sich<br />
unter anderem durch längere Arbeitsunfähigkeitszeiten und eine größere Anzahl<br />
vorhergehender Behandlungen. Dies entspricht auch der Beschreibung von Perrez<br />
& Baumann (2005), wonach Patienten mit Persönlichkeitsstörungen häufiger das<br />
Gesundheitssystem mit psychotherapeutischen Behandlungen in Anspruch nehmen.<br />
Zudem sind die Patienten dieser Gruppe insgesamt jünger, als die Patienten mit<br />
Persönlichkeitsstörungen des Clusters C oder Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung. Das Bild der Gruppe der Patienten mit<br />
Persönlichkeitsstörungen des Clusters A und B entspricht der Verlaufsbeschreibung<br />
der Borderline-Persönlichkeitsstörung des DSM IV TR: „Am häufigsten wird ein<br />
Muster chronischer Instabilität im jungen Erwachsenenalter […] und einer häufigen<br />
Nutzung von Einrichtungen des allgemeinen Gesundheitswesens und spezieller<br />
psychiatrischer Institutionen beobachtet“ (S.775). Die Lange<br />
Behandlungsvorgeschichte, die hohe Anzahl zusätzlicher Diagnosen und die<br />
höheren Werte der abhängigen Variablen zu Therapiebeginn, können als Indiz für<br />
eine stärkere allgemeine Beeinträchtigung und Belastung bei Patienten mit<br />
Persönlichkeitsstörungen des Clusters A und B aufgefasst werden. Diese höhere<br />
Belastung bleibt auch bei Entlassung aus der Klinik, für diese Patienten bestehen.
- 77 -<br />
Diskussion<br />
Eventuell ist das Fortbestehen einiger Symptome zu Therapieende auch der Grund<br />
für die weniger positive Einschätzung der Veränderung durch diese Patienten.<br />
Allerdings bleibt zu vermerken, dass diese Patienten bezüglich der allgemeinen<br />
Symptommaße (allgemeine psychische Symptombelastung, interpersonelle<br />
Probleme) im gleichen Ausmaß von der integrativen Therapie in Bad Grönenbach<br />
profitieren. Die Reduktion der Symptome fällt nicht niedriger aus, als in den beiden<br />
anderen Untersuchungsgruppen.<br />
Jedoch zeigt sich im Falle der störungsbezogenen Symptome der Posttraumatischen<br />
Belastungsstörung, für diese Patienten ein deutlich geringerer Symptomrückgang bei<br />
intrusiven Erleben und Vermeidungsverhalten, als bei Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörungen. Die Klinik Bad Grönenbach hat bei der Traumabehandlung<br />
ein adaptives Vorgehen, was die Möglichkeit von Traumakonfrontation angeht. So<br />
kann diese erst erfolgen, wenn der Patient genügend Stabilität besitzt. Da in der<br />
Gruppe PDA/B vornehmlich Patienten mit borderline Persönlichkeitsstörung zu finden<br />
sind, die sich durch ein hohes Maß an Instabilität kennzeichnen, konzentrierte sich<br />
die Behandlung wahrscheinlich vornehmlich auf die Stabilisierung der Patienten.<br />
Dafür scheint auch der Umstand zu sprechen, dass die Übererregungssymptome bei<br />
diesen Patienten im gleichen Ausmaß zurück gegangen sind, wie bei den Patienten<br />
der anderen Untersuchungsgruppen, was auf die Wirkung der Imaginationsübungen<br />
und Entspannungsverfahren zurückgeführt werden könnte. Intrusives Erleben und<br />
Vermeidungsverhalten könnte unter Umständen erst durch eine Konfrontation stärker<br />
reduziert werden.<br />
Auf der anderen Seite bemerkt Fiedler (2000), dass die Mehrheit der<br />
Borderlinepatienten (60-80%) konkrete Traumen erinnert. Diese Gruppe leidet<br />
vermehrt an dissoziativen und posttraumatischen Symptomen. Diese<br />
Personengruppe könnte also auch als Patienten mit einer besonderen Form einer<br />
chronifizierten Posttraumatischen Belastungsstörung bezeichnet werden, was die<br />
Ursache für den geringeren Therapieerfolg bei der PTSD-Symptomen erklären<br />
könnte. Fiedler (2006) bemerkt auf der anderen Seite aber auch, dass bei etwas der<br />
Hälfte der Borderlinepatienten keine Belastungserfahrungen in der Kindheit<br />
nachweisbar sind. Leider ist den Daten der vorliegenden Arbeit nicht zu entnehmen,<br />
um welche Traumen es sich im einzelnen bei diesen Patienten handelt. Es bedarf für<br />
diese Patientengruppe einer weitergehenden Erforschung der Beziehung zwischen<br />
Trauma und Borderline-Erkrankung, sowie der Überprüfung, ob sich
- 78 -<br />
Diskussion<br />
Borderlinepatienten mit Trauma und solche ohne traumatische Erlebnisse, in<br />
Krankheitsentstehung, Symptomen und Belastungen sowie Krankheitsfolgen<br />
unterscheiden, um eine differentialdiagnostische Beurteilung zu ermöglichen. An<br />
dieser Stelle bleibt also offen, ob die geringere Symptomabnahme dieser Patienten<br />
auf die Schwere der Traumatisierung oder das adaptive Vorgehen der Klinik Bad<br />
Grönenbach zurück zu führen ist.<br />
Entgegen der Hypothesen scheinen die Patienten mit Persönlichkeitsstörungen aus<br />
dem Cluster C am meisten bei der Reduktion der allgemeinen psychischen<br />
Symptombelastung und interpersoneller Probleme zu profitieren. Die Patienten<br />
dieser Gruppe unterschieden sich weder zu Beginn noch am Ende des stationären<br />
Aufenthaltes von den Patienten ohne Persönlichkeitsstörung, und zeigten jedoch<br />
eine weitaus höhere Symptomreduktion im Bereich großer Effekte. Dieser Befund<br />
widerspricht den Angaben von Hardy et al. (1995), wonach gerade die Patienten mit<br />
einer komorbiden Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster C bei einer<br />
psychodynamisch-interpersonellen Depressionsbehandlung schlechter abschnitten,<br />
als Patienten ohne PD oder Persönlichkeitsstörungen aus anderen Clustern.<br />
Allerdings zeigt sich im vorliegenden Fall in der Gruppe der Patienten mit komorbiden<br />
Persönlichkeitsstörungen aus dem Cluster C, bei der störungsbezogenen<br />
Symptomatik keine Abnahme der intrusiven Symptome. Es bleibt an dieser Stelle<br />
jedoch offen, ob es sich evtl. eher um ein statistisches Artefakt handelt. Die<br />
Untersuchungsgruppe PDC stellt mit N=43 eine kleine Stichprobe dar, bei der große<br />
Effekte erreicht werden müssen, um das Signifikanzniveau zu erreichen.<br />
Es scheint eine differentielle Wirkung von Persönlichkeitsstörungen auf den<br />
Therapieerfolg zu geben. Jedoch lässt sich die hierarchische Anordnung nach<br />
Gunderson (1991; Leibbrand, 1998) nicht in der Form bestätigen, dass sie auch den<br />
Unterschiede im Therapieerfolg vorhersagen kann. Die schwereren<br />
Persönlichkeitsstörungen der Cluster A und B sind zwar allgemein stärker belastet<br />
und beeinträchtigt, können jedoch bei den allgemeinen Symptombereichen im<br />
gleichen Ausmaß von dem integrativen Therapieangebot der Klinik Bad Grönenbach<br />
profitieren, wie Patienten ohne Persönlichkeitsstörungen. Und die der Normalität<br />
näher liegenden Störungen zeigen entgegen der Erwartung sogar in diesem Bereich
- 79 -<br />
Diskussion<br />
eine deutlich höhere Symptomreduktion, als die Patienten ohne<br />
Persönlichkeitsstörung.<br />
Die teilweise hypothesengerechten Unterschiede zwischen den Patienten mit und<br />
ohne PDs bei der störungsbezogenen PTSD-Symptomatik, lassen allerdings eher<br />
den Schluss zu, dass die Intervention aufgrund der höheren Beeinträchtigungen und<br />
Belastungen von Patienten mit Persönlichkeitsstörungen nicht im vollen Ausmaße<br />
durchgeführt werden konnte. Das Therapeutische Angebot der Klinik Bad<br />
Grönenbach ist integrativ gestaltet. Die Anwendung einer störungsspezifischen und<br />
gleichzeitigen phänomenorientierten Perspektive erlaubt eine Orientierung des<br />
Behandlungsvorgehens, an den für die Störung typischen Merkmalen, als auch an<br />
der Einzigartigkeit und Komplexität des Patienten. So werden neben der Diagnose<br />
auch Personeneigenarten, die Biographie, der sozial-gesellschaftliche Lebenskontext<br />
als auch die Interaktioneigenarten und Interaktionsauffälligkeiten jedes einzelnen<br />
Patienten berücksichtigt. Die Therapie kann sich so flexibel an die Gegebenheiten<br />
anpassen und Einflüsse aus vielen Bereichen berücksichtigen (Fiedler, 2000). Damit<br />
kann die Klinik zum einen der Forderung von Fiedler (1997), nach einer Abstimmung<br />
der Behandlung auf die Achse-I und Achse-II-Störungen gerecht werden: Die<br />
Therapie sollte sich an der Behandlung der Achse-I-Störung orientieren und bei<br />
Bedarf die Persönlichkeitsstörung mit in den Behandlungsfokus einbeziehen oder<br />
vollständig in den Behandlungsmittelpunkt der Therapie rücken. Auf der anderen<br />
Seite kann dadurch auch im Einzelfall entschieden werden, eine bestimmte<br />
Intervention nicht durchzuführen. Dies hat im vorliegenden Fall zur Folge, dass die<br />
Persönlichkeitsstörungen anscheinend nur indirekt einen negativen Einfluss auf den<br />
Therapieerfolg bei der PTSD-Symptomatik haben, indem bei einigen (stark<br />
belasteten und beeinträchtigten) Patienten evtl. keine Traumakonfrontation<br />
stattfinden konnte.<br />
Leider konnte den Daten nicht entnommen werden, welche Behandlung, die<br />
einzelnen Patienten tatsächlich erfahren haben. Es bedürfte also weitergehend einer<br />
Untersuchung, ob sich auch noch Unterschiede in der PTSD-Symptomatik bei den<br />
Patienten mit Persönlichkeitsstörungen finden lassen, wenn bekannt ist, dass<br />
tatsächlich eine Traumakonfrontation stattfand. Es wäre zu vermuten, dass sich<br />
dann ähnliche Ergebnisse wie bei Sachsse et al. (2006) finden ließen. Sie<br />
evaluierten eine stationäre, psychodynamische orientierten traumafokusierten<br />
Behandlung, wie sie auch in der Klinik Bad Grönenbach zur Anwendung kommt.
- 80 -<br />
Diskussion<br />
Diese Behandlungsform verhalf Patienten mit chronischer Posttraumatischer<br />
Belastungsstörungen und borderline Persönlichkeitsstörungen zu einer signifikanten<br />
Abnahme störungsbezogener Symptome (Dissoziation, Vermeidung, Intrusion) und<br />
psychiatrischer Symptome (z.B. Selbstverletzung) bei Beendigung und ein Jahr nach<br />
der Therapie.<br />
Stärkere Beeinträchtigungen und Belastungen der Patienten mit<br />
Persönlichkeitsstörungen aus den Clustern A & B, könnten auch den erhöhten Anteil<br />
von Therapieabbrechern in dieser Gruppe erklären. Zwar deckt sich die höhere Drop-<br />
Out-Rate in dieser Gruppe mit den Befunden aus einer Studie von Marini et al.<br />
(2005); In ihrer Untersuchung, erwies sich das Vorhandensein einer komorbiden<br />
Borderlinepersönlichkeit als bedeutender Prädiktor für den Abbruch einer<br />
unterstützenden Kurzzeittherapie für verschiedene Achse-I-Störungen. In der<br />
vorliegenden Untersuchung besteht die Gruppe PDA/B fast ausschließlich aus<br />
Patienten mit borderline Persönlichkeitsstörung. Es bleibt aber auch fest zu halten<br />
dass Patienten, welche vorzeitig die Therapie abbrechen, zumeist auch auf anderen<br />
Gebieten höhere Werte, Belastungen und Beeinträchtigungen zeigen. Lieberz &<br />
Ciemer (2000) fanden Hinweise darauf, dass das Alter eine Rolle bei der vorzeitigen<br />
Beendigung einer stationären Therapie spielt: je jünger ein Patient, desto höher ist<br />
die Wahrscheinlichkeit eines Therapieabbruches. Die Patienten in der Gruppe PDA/B<br />
waren signifikant jünger, als die PTSD-Patienten in den anderen Gruppen. Zudem<br />
finden sich mehr Patienten mit komorbiden Sucht-, Angst- und Essstörungen. Diese<br />
Störungen finden sich auch bei Lieberz & Ciemer (2000) am häufigsten in der<br />
Gruppe der Therapieabbrecher. Die erhöhte Abbruchrate der Patienten mit<br />
Persönlichkeitsstörungen aus den Clustern A und B, kann demnach auch nicht direkt<br />
auf das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung zurück geführt werden, sondern<br />
könne auch indirekt über die mit der Störung assoziierten Merkmale vermittelt sein.<br />
6.3. Kritische Diskussion der eingesetzten Methoden<br />
In der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um eine stark selektierte<br />
Stichprobe. Die festgelegten Ausschlusskriterien, könnten zu stark angesetzt<br />
gewesen sein, so dass mehrere Patienten mit Posttraumatischer Belastungsstörung<br />
nicht in die Stichprobe einbezogen wurden. Es wurden nur Patienten betrachtet, die<br />
zu Therapiebeginn und am Ende der Therapie die Traumascreeningfrage mit „Ja“<br />
beantworteten und anschließend die Impact of Event Scale (IES-R) bearbeiteten. Es
- 81 -<br />
Diskussion<br />
ist durchaus vorstellbar, dass Patienten erst im Verlauf der Therapie traumatische<br />
Erlebnisse aufarbeiteten und bei Aufnahme der Therapie die Traumascreeningfrage<br />
nicht beantworteten, unter der Annahme, dies sei kein relevanter Problembereich.<br />
Auf der anderen Seite können zu Beginn erinnerte traumatische Erlebnisse während<br />
der Therapie nicht als Fokus der Behandlung bearbeitet worden sein, so dass die<br />
Patienten zum Entlasszeitpunkt mit der Erwartung, dass das Trauma kein relevanter<br />
Problembereich sein könnte, die Traumascreeningfrage mit „Nein“ beantworten.<br />
Die Gruppeneinteilung erfolgte nach dem Vorhandensein komorbider<br />
Persönlichkeitsstörungen. Leider war aufgrund stark divergenter Prävalenzraten,<br />
keine Untersuchung einzelner Persönlichkeitsstörungen auf den Behandlungserfolg<br />
durchführbar, wodurch die Störungsbilder zu Gruppen (Clustern) zusammengefasst<br />
werden mussten. Dies hat zur Folge, dass das doch sehr heterogene Bild von<br />
Persönlichkeitsstörungen auf einzelne Merkmale reduziert wird. Seit einiger Zeit<br />
findet sich zunehmend Kritik an der kategorialen Einteilung von<br />
Persönlichkeitsstörungen. Alternativ werden mittlerweile dimensionale Ansätze zur<br />
Klassifikation von Persönlichkeitsstörungen vorgeschlagen (Fiedler, 1997). Des<br />
weiteren unterschieden sich die untersuchten Gruppen stark in ihrer Größe.<br />
Methodisch hat dies zur Folge, dass bei den größeren Gruppen (PDA/B: N=182 und<br />
PDohne: N=384) kleine Effekte schnell signifikant werden und in der kleineren Gruppe<br />
(PDC: N=43) größere Effekte erreicht werden müssten, um das Signifikanzniveau zu<br />
erreichen. Es wurde nicht unterschieden ob die Persönlichkeitsstörungen oder die<br />
Posttraumatische Belastungsstörung als Haupt- oder Nebendiagnose vergeben<br />
wurde. Dadurch hätte man eventuell Rückschlüsse ziehen können, auf welchen<br />
Problembereich die Therapie fokussierte.<br />
Die borderline Persönlichkeitsstörung ist in dieser Untersuchung sehr stark vertreten.<br />
Die Vermutung, dass diese Störung auch als Traumafolgestörung aufgefasst werden<br />
kann (Fiedler, 2006), scheint sich zu bestätigen. Dissoziative und störungsbezogene<br />
Symptome der PTSD finden sich in dieser Arbeit in der Gruppe mit vornehmlich<br />
Borderlinepatienten, mit der höchsten Ausprägung zu beiden Messzeitpunkten.<br />
Jedoch handelt es sich in der vorliegenden Arbeit um eine durch das Konzept und<br />
therapeutische Angebot der Klinik stark selektierten Stichprobe. Die Klinik wirbt unter<br />
anderem mit ihrem traumazentrierten Behandlungskonzept für Borderline<br />
Persönlichkeitsstörungen.
- 82 -<br />
Diskussion<br />
An der Psychosomatischen Klinik Bad Grönenbach erfolgt die Diagnostik über freie<br />
Therapeuteneinschätzungen in Anlehnung an die ICD 10 Kriterien. Nur in etwa der<br />
Hälfte der Fälle werden Diagnosechecklisten zur Erfassung der Erfüllung von<br />
Störungsmerkmalen bei dem jeweiligen Patienten eingesetzt. Diese<br />
Erhebungsmethode erzielt Reliabilitäten, weit unter der Messgenauigkeit von<br />
strukturierten und standardisierten Interviewverfahren (z.B. IPDE, DIPS), und<br />
unterliegen mehr klinischen Urteilsfehlern (Mestel, 2005).<br />
Zur Beurteilung des Therapieerfolges wurden nur vereinfachte Durchschnittsmaße<br />
ausgewertet. Für die allgemeine Symptombelastung wurde nur die Schwere der<br />
Belastung durch den Global Severity Index (SCL-90-R) betrachtet, ohne auf einzelne<br />
Subskalen einzugehen. Eine Auswertung, der durch den SCL-90-R erfassten<br />
einzelnen Symptombereiche, hätte noch ein differenzierteres Bild über die<br />
Belastungen der Patienten mit und ohne Persönlichkeitsstörungen liefern können.<br />
Auch im Falle des IIP, wurde aus Kapazitätsgründen auf die genauere Darstellung<br />
und Analyse der Faktorenstruktur interpersoneller Probleme verzichtet.<br />
Die Analyse der Therapieabbruchrate erfolgte ausschließlich über<br />
Häufigkeitsverteilungen in den einzelnen Untersuchungsgruppen. Aufgrund der<br />
niedrigen Abbruchrate, und sich damit methodisch-statistisch ergebender Probleme,<br />
wurde auf ein Gruppenvergleich zwischen Therapieabbrechern und<br />
Therapiebeendern verzichtet. Eine genaue Analyse der Charakteristiken, könnte<br />
jedoch weitere Aufschlüsse über das Zustandekommen der unterschiedlichen<br />
Abbruchraten in den Untersuchungsgruppen Aufschluss geben.
7. Literaturverzeichnis<br />
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- 91 -<br />
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Zielke, M., Kopf-Mehnert, C. (1978) Veränderungsfragebogen des Erlebens und<br />
Verhaltens, VEV“, Beltz-Testgesellschaft: Weinheim
Anhang<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Anhang A: Diagnostische Kriterien DSM IV TR<br />
Anhang B: Stichprobe<br />
Anhang C: Methoden<br />
Anhang D: Ergebnisse<br />
1. Posttraumatische Belastungsstörung II<br />
2. Persönlichkeitsstörung III<br />
1. Stichprobenbeschreibung IV<br />
2. Soziodemographische und klinische Variablen: Gruppenunterschiede V<br />
1. Basisdokumentation VI<br />
2. Therapeutendokumentation VII<br />
3. SCL-90-R VIII<br />
4. VEV X<br />
5. IIP XI<br />
6. IES-R XII<br />
7. FDS-20 XIII<br />
8. Imaginationsübungen XV<br />
I<br />
Anhang<br />
1. Therapieeffekte XVII<br />
2. Gruppeneffekte XVIII<br />
3. Interaktionen XIX<br />
4. VEV XIX<br />
5. Therapeuteneinschätzung XIX<br />
Anhang E Verzeichnisse<br />
1. Tabellenverzeichnis XXI<br />
2. Abbildungsverzeichnis XXII<br />
3. Abkürzungsverzeichnis XXII
Anhang A<br />
- II -<br />
Anhang A<br />
Anhang A. 1. Allgemeine Diagnostische Kriterien für Posttraumatische Belastungsstörung<br />
nach DSM-IV-TR<br />
A. Die Person wurde mit einem traumatischen Ereignis konfrontiert, bei dem die beiden folgenden<br />
Kriterien vorhanden waren:<br />
1. die Person erlebte, beobachtete oder war mit einem oder mehreren Ereignissen konfrontiert, die<br />
tatsächlichen oder drohenden Tod oder ernsthafte Verletzung oder eine Gefahr der körperlichen<br />
Unversehrtheit der eigenen Person oder anderer Personen beeinhalteten.<br />
2. Die Reaktion der Person umfaßte intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen.<br />
B. Das traumatische Erlebnis wird beharrlich auf mindestens eine der folgenden Weisen<br />
wiedererlebt:<br />
1. wiederkehrende und eindringliche belastende Erinnerungen an das Ereignis, die Bilder, Gedanken<br />
und Wahrnehmungen umfassen können.<br />
2. Wiederkehrende, belastende Träume von dem Erlebnis.<br />
3. Handeln oder Fühlen, als ob das traumatische Ereignis wiederkehrt (beeinhaltet das Gefühl, das<br />
Ereignis wieder zu erleben, Illusionen, Halluzinationen und dissoziative Flashback-Episoden,<br />
einschließlich solcher, die beim Aufwachen oder Intoxikationen auftreten).<br />
4. Intensive psychische Belastung bei der Konfrontation mit internalen oder externalen<br />
Hinweisreizen, die den Aspekt des traumatischen Ereignisses symbolisieren oder an Aspekte des<br />
selben erinnern.<br />
5. Körperliche Reaktionen bei der Konfrontation mit internalen und externalen Hinweisreizen, die den<br />
Aspekt des traumatischen Ereignisses symbolisieren oder an Aspekte des selben erinnern.<br />
C. Anhaltende Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma verbunden sind, oder eine Abflachung<br />
der allgemeinen Reagibilität (vor dem Trauma nicht vorhanden). Mindestens drei der folgenden<br />
Symptome liegen vor:<br />
1. bewußtes Vermeiden von Gedanken, Gefühlen oder Gesprächen, die mit dem Trauma in<br />
Verbindung stehen.<br />
2. bewußtes Vermeiden von Aktivitäten, Orten oder Menschen, die Erinnerungen an das Trauma<br />
wachrufen.<br />
3. Unfähigkeit, einen wichtigen Aspekt des Traumas zu erinnern.<br />
4. deutlich vermindertes Interesse oder verminderte Teilnahme an wichtigen Aktivitäten.<br />
5. Gefühl der Losgelöstheit oder Entfremdung von anderen,<br />
6. eingeschränkte Bandbreite des Affekts (z.B. Unfähigkeit zärtliche Gefühle zu empfinden),<br />
7. Gefühle einer eingeschränkten Zukunft (z.B. erwatet nicht, Karriere, Ehe , Kinder oder normal<br />
langes Leben zu haben).<br />
D. Anhaltende Symptome erhöhten Arousals (vor dem Trauma nicht vorhanden). Mindestens zwei<br />
der folgenden Symptome liegen vor:<br />
1. Schwierigkeiten ein- oder durchzuschlafen,<br />
2. Reizbarkeit oder Wutausbrüche,<br />
3. Konzentrationsschwierigkeiten,<br />
4. übermäßige Wachsamkeit (Hypervigilanz),<br />
5. übertriebene Schreckreaktion.<br />
E. Das Störungsbild (Symptome unter Kriterium B, C und D) dauert länger als einen Monat.<br />
F. Das Störungsbild verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigung in<br />
sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.<br />
Bestimme ob:<br />
Akut: Wenn Symptome weniger als 3 Monate andauern.<br />
Chronisch: Wenn die Symptome mehr als 3 Monate andauern.<br />
Mit verzögertem Beginn: Wenn der Beginn der Symptome mindestens 6 Monate nach dem<br />
Belastungsfaktor liegt.
- III -<br />
Anhang A<br />
Anhang A.2. Allgemeine Diagnostische Kriterien für Persönlichkeitsstörungen des DSM-4-TR<br />
A. Ein überdauerndes Muster von innerem Erleben und Verhalten, daß merklich von den<br />
Erwartungen der soziokulturellen Umgebung abweicht. Dieses Muster manifestiert sich in<br />
mindestens 2 der folgenden Bereiche:<br />
1. Kognition (also die Art, sich selbst, andere Menschen und Ereignisse wahrzunehmen und zu<br />
interpretieren)<br />
2. Affektivität ( also die Variationsbreite, die Intensität, die Labilität und Angemessenheit emotionaler<br />
Reaktionen)<br />
3. Gestalt und zwischenmenschlicher Beziehungen<br />
4. Impulskontrolle<br />
B. Das überdauernde Muster ist unflexibel und tiefgreifend in einem weiten Bereich persönlicher und<br />
sozialer Situationen.<br />
C. Das überdauernde Muster führt in klinisch bedeutsamer Weise zu Leiden oder Beeinträchtigungen<br />
in sozialen, beruflichen und anderen Funktionsbereichen.<br />
D. Das Muster ist stabil und langdauernd, und sein Beginn ist zumindest bis in die Adoleszenz oder<br />
ins frühe Erwachsenenalter zurück zu verfolgen.<br />
E. Das überdauernde Muster läßt sich nicht besser als Manifestation oder Folge einer anderen<br />
psychischen Störung erklären.<br />
F. Das überdauernde Muster geht nicht auf die direkte körperliche Wirkung einer Substanz (z.B.<br />
Droge, Medikament) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors (z.B. Hirnverletzung) zurück.
Anhang B<br />
Anhang B.1.<br />
Tabelle 1: Klinische Variablen: Gesamtstichprobe<br />
Diagnoseart:<br />
Hauptdiagnose<br />
Nebendiagnose<br />
Komorbide Diagnosen:<br />
(Mehrfachnennungen möglich)<br />
Essstörungen<br />
Psychosomatische Störungen<br />
Angststörungen<br />
Phobische Störungen<br />
Affektive Störungen<br />
Suchterkrankungen<br />
Somatoforme Störungen<br />
Anzahl gestellter Diagnosen<br />
Arbeitsunfähigkeit in Wochen<br />
Länge Arbeitsunfähigkeit gesamt<br />
Letzte 12 Monate vor Aufnahme<br />
Anzahl vorhergehende Behandlungen:<br />
Psychosomatik (stationär)<br />
Psychiatrie (stationär)<br />
Tagesklinik<br />
Ambulante Therapie<br />
Behandlungsdauer in Tagen<br />
- IV -<br />
303<br />
306<br />
293<br />
70<br />
153<br />
46<br />
450<br />
58<br />
79<br />
3,69<br />
17,97<br />
15,26<br />
0,69<br />
0,69<br />
0,08<br />
2,26<br />
65,94<br />
N (%)<br />
49,75<br />
50,25<br />
48,1<br />
11,5<br />
25,1<br />
7,6<br />
73,9<br />
9,5<br />
13,0<br />
M SD<br />
1,374<br />
38,139<br />
16,242<br />
1,201<br />
1,848<br />
0,296<br />
1,498<br />
19,770<br />
Anmerkung: M=Mittelwert, SD=Standartabweichung, N=Anzahl Personen, (%)=Prozentualer Anteil an der<br />
Gesamtstichprobe<br />
Anhang B
Anhang B.2.<br />
Tabelle 6: Gruppenvergleiche der soziodemographischen und klinischen Variablen<br />
Alter¹<br />
Geschlecht² 33916,0<br />
Familienstand² 29930,0**<br />
Schulabschluss² 32640,0<br />
Berufsabschluss² 34166,5<br />
Komorbide<br />
Diagnosen:²<br />
(Mehrfachnennungen<br />
möglich)<br />
Essstörungen<br />
Psychosom. Störungen<br />
Angststörungen<br />
Phob. Störungen<br />
Affekt. Störungen<br />
Suchterkrankung<br />
Somatof. Störungen<br />
Anzahl gestellter<br />
Diagnosen²<br />
Arbeitsunfähigkeit in<br />
Wochen²<br />
AU gesamt<br />
AU 12 Monate vor<br />
Aufnahme<br />
Anzahl<br />
vorhergehende<br />
Behandlungen²<br />
Psychosomatik (stat.)<br />
Psychiatrie (stationär)<br />
Tagesklinik<br />
Ambulante Therapie<br />
Behandlungsdauer in<br />
Tagen²<br />
PSohne-PSA/B PSohn - PSC- PSA/B - PSC<br />
4,648*** (409,449) -1,398 (425) -4,002*** (223)<br />
25150,0***<br />
33592,0<br />
30593,0**<br />
32820,0*<br />
31240,0**<br />
32116,0**<br />
32647,0*<br />
16059,0***<br />
27046,0***<br />
27078,0***<br />
25586,0***<br />
23270,0***<br />
31042,0***<br />
28827,0**<br />
19781,0***<br />
- V -<br />
8222,0 3814,0<br />
7941,5 3200,0*<br />
6642,5* 3434,0<br />
7195,0 3395,5<br />
7825,0<br />
8164,0<br />
7719,5<br />
8350,0<br />
8228,0<br />
8038,0<br />
7755,5<br />
5312,0***<br />
7679,5<br />
8068,0<br />
6654,0*<br />
7791,0<br />
7361,0**<br />
7193,5<br />
8122<br />
2612,0***<br />
3718,0<br />
3171,5**<br />
3678,0<br />
3511,5<br />
3493,0<br />
3893,0<br />
2883,0**<br />
3216,0<br />
2909,5*<br />
3632,5<br />
2778,5**<br />
3882,5<br />
3717,5<br />
3150,0***<br />
Anhang B<br />
Anmerkung: ¹ T-Werte der T-Tests mit den dazugehörigen Freiheitsgraden (df); ²Prüfgröße U des Mann-Whitney-Tests für<br />
unabhängige Stichproben; *p
Anhang C.1. Basisdokumentation (PTM-BaDo; Heymann et al. 2003):<br />
verwendete Einzelitems<br />
Variable Ausprägung<br />
Geschlecht 1= männlich<br />
2= weiblich<br />
Alter 17-66 Jahre<br />
Familienstand<br />
„Bitte geben sie hier ihren aktuellen<br />
Familienstand an. Gemeint ist der zeitlich<br />
zuletzt eingetretene Familienstand. Nur<br />
eine Angabe ist möglich“<br />
Schulabschluss<br />
„Was ist ihr höchster Schulabschluss? Nur<br />
eine Angabe ist möglich“<br />
Berufsabschluss<br />
„Was ist ihr höchster Berufsabschluss? Nur<br />
eine Angabe ist möglich.“<br />
Arbeitsunfähigkeit gesamt<br />
„Wie viele Wochen sind sie bis zur<br />
Aufnahme in unsere Klinik ununterbrochen<br />
arbeitsunfähig krank gewesen? Es geht<br />
darum ,wie lange sie unfähig waren, ihrer<br />
vorrangigen Beschäftigung/ Tätigkeit/<br />
Arbeit nachzugehen.“<br />
Arbeitsunfähigkeit 12 Monate<br />
„Wie viele Wochen sind sie in den letzten<br />
12 Monaten insgesamt arbeitsunfähig<br />
krank gewesen? Es geht darum ,wie lange<br />
sie unfähig waren, ihrer vorrangigen<br />
Beschäftigung/ Tätigkeit/ Arbeit<br />
nachzugehen. Bitte addieren sie die<br />
Krankschreibungszeiten gegebenenfalls.“<br />
Anzahl Behandlungen Psychosomatik<br />
(stationär)<br />
„Wie viele Aufenthalte hatten sie bisher<br />
insgesamt in <strong>Kliniken</strong> für Psychosomatik,<br />
Psychotherapie oder Suchterkrankungen<br />
bevor sie zu uns kamen? Hier sind keine<br />
psychiatrischen Landeskrankenhäuser<br />
- VI -<br />
Anhang C<br />
1= ledig (hierunter fallen alleinstehende Personen<br />
ebenso wie Paare in nicht-ehelich<br />
Lebensgemeinschaft)<br />
2= verheiratet<br />
3= getrennt lebend (Verheiratete, die nicht mehr als<br />
Paar zusammenleben; dies ist nicht im räumlichen,<br />
sondern im sozialen Sinne gemeint)<br />
4= geschieden<br />
5= verwitwet<br />
6= wieder verheiratet<br />
1= gehe noch zur Schule<br />
2= keinen Schulabschluss (Abbruch der<br />
Schullaufbahn)<br />
3= Sonderschulabschluss<br />
4= Haupt-/ Volksschulabschluss<br />
5= Realschulabschluss/ Mittlere Reife/ polytechnische<br />
Oberschule<br />
6= Abitur oder Fachabitur<br />
9= sonstiger Abschluss (z.B. ausländischer Abschluss,<br />
der sich nicht klar einem deutschen Schulabschluss<br />
zuordnen lässt)<br />
1= befinde mich noch in Berufsausbildung, bin<br />
Student/in<br />
2= habe Lehre oder Fachschule abgeschlossen<br />
3= bin Meister<br />
4= abgeschlossene Fachhochschule oder Universität<br />
5= ohne Abschluss einer Berufsausbildung<br />
9= sonstiger Abschluss (z.B. unklar, ob es sich um<br />
einen Berufsabschluss handelt)<br />
0-256 Wochen<br />
0-52 Wochen<br />
(Anzahl)
(PLK) gemeint.“<br />
Anzahl Behandlung Psychiatrie<br />
„Wie viele Aufenthalte hatten sie bisher<br />
insgesamt in stationären psychiatrischen<br />
<strong>Kliniken</strong> (Psychiatrische<br />
Landeskrankenhäuser - PLK) bevor sie zu<br />
uns kamen? Z.B. wegen Alkhol- oder<br />
Drogenentzug, Suizidversuch oder akuter<br />
Psychose.“<br />
Anzahl Behandlungen Tagesklinik<br />
„Wie viele Aufenthalte hatten sie bisher in<br />
Tageskliniken (teilstationäre Einrichtungen)<br />
bevor sie zu uns kamen? In Tageskliniken<br />
kann man im Gegensatz zu einer<br />
stationären Therapie nicht übernachten<br />
und das Therapieangebot ist<br />
umfangreicher als in einer ambulanten<br />
Behandlung.“<br />
Anzahl ambulante Therapie<br />
„Von wie vielen niedergelassenen,<br />
ambulanten Psychotherapeuten oder<br />
Psychiatern (Nervenärzte) sind sie bisher<br />
insgesamt behandelt worden? Nicht<br />
gemeint sind hier Besuche von<br />
Selbsthilfegruppen, Beratungsgespräche<br />
oder Selbsterfahrungsworkshops.“<br />
(Anzahl)<br />
(Anzahl)<br />
(Anzahl)<br />
Anhang C.2. Therapeutendokumentationsbogen: verwendete Einzelitems<br />
- VII -<br />
Anhang C<br />
Variable Ausprägung<br />
Art der Therapiebeendigung 1= regulär<br />
2= vorzeitig durch Patient<br />
3= vorzeitig durch Therapeut/ Klinik<br />
4= vorzeitig mit beiderseitigem Einverständnis<br />
5= Verlegung mit geplanter Wiederaufnahme<br />
6= Verlegung ohne geplanter Wiederaufnahme<br />
7= sonstiges<br />
Hauptdiagnose<br />
Nebendiagnosen 0 bis 9<br />
Körperliche Veränderungen<br />
„Wie hat sich das körperliche Befinden des/der<br />
Patient/in verändert?“<br />
Seelische Veränderungen<br />
„Wie hat sich das seelische Befinden des/der<br />
Patient/in verändert?“<br />
8= vorzeitige Beendigung durch Kostenträger<br />
Eine Hauptdiagnose (=diejenige, die aktuell bei<br />
Therapiebeginn oder im Lebenslauf die größte<br />
Bedeutung zukommt)<br />
0= kein relevanter Problembereich<br />
1= deutlich gebessert<br />
2= etwas gebessert<br />
3= unverändert<br />
4= etwas verschlechtert<br />
5= deutlich verschlechtert<br />
0= kein relevanter Problembereich<br />
1= deutlich gebessert<br />
2= etwas gebessert<br />
3= unverändert<br />
4= etwas verschlechtert<br />
5= deutlich verschlechtert
Anhang C.3. SCL-90-R (Franke, 1995)<br />
Anweisung:<br />
Bitte beantworten Sie jede Frage! Wie sehr litten Sie unter….<br />
- VIII -<br />
Anhang C<br />
Antwortformat:<br />
„überhaupt nicht“ „ein wenig“ „ziemlich“ „stark“ „sehr stark“<br />
0 1 2 3 4<br />
Item in Zuordnung zu den Subskalen:<br />
Somatisierung:<br />
1 Kopfschmerzen<br />
4 Ohnmachts- oder Schwindelgefühle<br />
12 Herz- und Brustschmerzen<br />
27 Kreuzschmerzen<br />
40 Überlkeit oder Magenverstimmung<br />
42 Muskelschmerzen<br />
48 Schwierigkeiten beim Atmen<br />
49 Hitzewallungen oder Kälteschauer<br />
52 Taubheit oder Kribbeln, in einz. Korperteilen<br />
53 Gefühl, einen Klumpen im Hals zu haben<br />
56 Schwächegefühl in einzelnen Körperteilen<br />
58 Schweregefühl in Armen oder Beinen<br />
Zwanghaftigkeit<br />
3 immer wieder auftauchende unangenehme Gedanken, Worte oder Ideen, die nicht aus dem Kopf<br />
gehen<br />
9 Gedächtnisschwierigkeiten<br />
10 Beunruhigung wegen acht- und Nachlässigkeit<br />
28 Gefühl, dass es schwer fällt, etwas anzufangen<br />
38 Idee, dass andere Leute von den geheimsten Gedanken wissen<br />
45 Zwang, wieder und wieder nachzukontrollieren, was man tut<br />
46 Schwierigkeiten, sich zu entscheiden<br />
51 Leere im Kopf<br />
55 Konzentrationsschwierigkeiten<br />
65 zwanghafte Wiederholung der selben Tätigkeit wie berühren, zählen, waschen<br />
Unsicherheit im Sozialkontakt<br />
6 all zu kritische Einstellungen gegenüber anderen<br />
21 Schüchternheit oder Unbeholfenheit im Umgang mit dem anderen Geschlecht<br />
34 Verletzlichkeit in Gefühlsdingen<br />
36 Gefühl, dass andere mich nicht verstehen oder teilnahmslos sind<br />
37 Gefühl, dass die Leute unfreundlich sind und mich nicht leiden können<br />
41 Minderwertigkeitsgefühle gegenüber anderen<br />
61 unbehagliches Gefühl, wenn Leute mich beobachten oder über mich reden<br />
69 starke Befangenheit im Umgang mit anderen<br />
73 Unbehagen beim Essen oder Trinken in der Öffentlichkeit<br />
Depressivität<br />
5 Verminderung des Interesses an Sexualität<br />
14 Energielosigkeit oder Verlangsamung in den Bewegungen oder Gedanken<br />
15 Gedanken sich das Leben zu nehmen<br />
20 Neigung zum Weinen<br />
22 Befürchtungen, ertappt oder erwischt zu werden<br />
26 Selbstvorwürfe über bestimmt Dinge<br />
29 Einsamkeitsgefühlen<br />
30 Schwermut<br />
31 Gefühl, sich zu viele Sorgen machen zu müssen<br />
32 Gefühl, sich für nichts zu interessieren<br />
54 Gefühl der Hoffnungslosigkeit angesichts der Zukunft<br />
71 Gefühl, dass alles sehr anstrengend ist<br />
79 Gefühl wertlos zu sein
Ängstlichkeit<br />
2 Nervosität und inneres Zittern<br />
17 Zittern<br />
23 plötzliches Erschrecken ohne Grund<br />
33 Furchtsamkeit<br />
39 Herzklopfen oder Herzjagen<br />
57 Gefühl, gespannt oder aufgeregt zu sein<br />
72 Schreck. Oder Panikanfälle<br />
80 Gefühl, dass mir etwas schreckliches passieren wird<br />
86 schreckerregende Gedanken und Vorstellungen<br />
Aggressivität und Feindseeligkeit<br />
11 Gefühl, leicht reizbar oder verärgerbar zu sein<br />
24 Gefühlsausbrüche, denen gegenüber ich machtlos war<br />
63 Drang, jemanden zu schlagen, zu verletzen oder ihm Schmerz zuzufügen<br />
67 Drang, Dinge zu zerbrechen oder zu zerschmettern<br />
74 Neigung, immer wieder in Erörterungen und Auseinandersetzungen zu geraten<br />
81 Bedürfnis laut zu schreien oder mit Gegenständen zu werfen<br />
- IX -<br />
Anhang C<br />
Phobische Angst<br />
13 Furcht auf offenen Plätzen oder auf der Strasse<br />
25 Befürchtungen , wenn ich allein aus dem Haus gehe<br />
47 Furcht vor Fahrten in Bus, Strassenbahn, U-Bahn oder Zug<br />
50 Notwendigkeit, bestimmte Dinge, Orte oder Tätigkeiten zu meiden, da ich durch diese erschreckt<br />
werde<br />
70 Abneigung gegen Menschenmengen, z.B. beim Einkaufen oder im Kino<br />
75 Nervosität, wenn ich allein gelassen werde<br />
82 Furcht, in der Öffentlichkeit in Ohnmacht zu fallen<br />
Paranoides Denken<br />
8 Gefühl, dass andere an den meisten meiner Schwierigkeiten Schuld sind<br />
18 Gefühl, dass man den meisten Leuten nicht trauen kann<br />
43 Gefühl, dass andere mich beobachten oder über mich reden<br />
68 Ideen oder Anschauungen, die andere nicht mit mir teilen<br />
76 mangelnde Anerkennung meiner Leistungen durch andere<br />
83 Gefühl, dass andere mich ausnutzen, wenn ich es zulassen würde<br />
Psychotizismus<br />
7 Idee, dass jemand Macht über meine Gedanken hat<br />
16 hören von Stimmen, die sonst keiner hört<br />
35 Idee, dass andere Leute von meinen geheimsten Gedanken wissen<br />
62 Auftauchen von Gedanken, die nicht die eigenen sind<br />
77 Einsamkeitsgefühle, selbst wenn ich in Gesellschaft bin<br />
84 sexuelle Vorstellungen, die ziemlich unangenehm sind<br />
85 Gedanken, dass ich für meine Sünden bestraft werden sollte<br />
87 Gedanken, dass etwas ernstlich mit meinem Körper nicht in Ordnung ist<br />
88 Eindruck, sich einer anderen Person nie so richtig nahe fühlen zu können<br />
90 Gedanken, dass irgendetwas mit meinem Verstand nicht in Ordnung ist<br />
Fragen ohne Zuordnung zu einer Skala<br />
19 schlechter Appetit<br />
44 Einschlafschwierigkeiten<br />
59 Schwächegefühl in einzelnen Körperteilen<br />
60 Drang, sich zu überessen<br />
64 frühes Erwachen am Morgen<br />
66 unruhiger oder gestörter Schlaf<br />
89 Schuldgefühle
- X -<br />
Anhang C<br />
Anhang C.4: Veränderungsfrageboden des Erlebens und Verhaltens (Zielke &<br />
Kopf-Mehnert, 1978)<br />
Äntwortformat:<br />
„in gleicher Richtung“ „keine“ „in entgegen gesetzter Richtung“<br />
+3 +2 +1 0 -1 -2 -3<br />
Einzelitems:<br />
1. Ich fühle mich weniger gehetzt.<br />
2. Ich rege mich über viele Dinge nicht mehr auf.<br />
3. Ich weiß jetzt eher, was ich tun will und tun kann.<br />
4. Ich habe jetzt das Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken, aus der ich nicht herauskomme.<br />
5. Das Leben hat für mich keinen rechten Inhalt mehr.<br />
6. Ich bin mit mir zufrieden und mache mir weniger Gedanken über mich selbst.<br />
7. Ich sehe Schwierigkeiten gelassener entgegen.<br />
8. Ich bin innerlich ruhiger geworden.<br />
9. Alle Dinge haben jetzt Bedeutung und Leben für mich .<br />
10. Ich habe weniger Ausdauer und gebe schneller auf.<br />
11. Ich bin heiterer geworden.<br />
12. Meine Stimmungen schwanken jetzt stärker als früher.<br />
13. Ich fühle mich unabhängiger von anderen.<br />
14. Ich leide nicht mehr unter meiner Unsicherheit.<br />
15. Im Umgang mit anderen Menschen bin ich ruhiger geworden.<br />
16. Ich fühle mich weniger beunruhigt, wenn ich an die Zukunft denke.<br />
17. Diese quälende Ungewissheit ist stärker geworden.<br />
18. Unerwartete Ereignisse nehme ich gelassener hin.<br />
19. Ich fühle mich stärker isoliert als früher.<br />
20. Ich weiß jetzt manchmal nicht mehr, wie es weitergehen soll.<br />
21. Ich kann es noch nicht verstehen, aber es geht mir seit einiger Zeit besser.<br />
22. Ich kann jetzt freier sprechen.<br />
23. ich habe weniger Selbstvertrauen.<br />
24. Irgendwie sehe ich wieder mehr Sinn in meinem Leben.<br />
25. Ich fühle mich freier.<br />
26. Mit Personen des anderen Geschlechts kann ich schlechter Kontakt aufnehmen.<br />
27. Meine Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Personen haben zugenommen.<br />
28. Ich bin häufiger niedergestimmt.<br />
29. ich fühle mich meinen Aufgaben nicht mehr gewachsen.<br />
30. Ich bin entspannter.<br />
31. Ich fühle mich ruhiger und ausgeglichener.<br />
32. Ich habe ein klares Bild von mir und meiner Zukunft.<br />
33. Irgendwie bin ich froh, und sehe die Dinge optimistischer.<br />
34. Ich glaube, dass ich jetzt eher weiß, was für mich wichtiger ist.<br />
35. Ich kann mich jetzt mit meinen Problemen besser abfinden.<br />
36. Im Gespräch mit anderen fühle ich mich nicht mehr so unsicher.<br />
37. Ich komme mit mir selbst schlechter aus.<br />
38. Ich kann das Ungemach des alltäglichen Lebens besser ertragen.<br />
39. Ich habe keine Angst mehr, in einer Sache zu versagen, die mir gelingen soll.<br />
40. Es macht mich nicht mehr so unsicher, wenn sich ein anderer mir gegenüber selbstbewusst<br />
gibt.<br />
41. Ich liege nicht mehr im Kriegszustand mit mir selbst.<br />
42. Ich habe immer größere Schwierigkeiten, mich mit anderen Menschen zu unterhalten.
Anhang C.5: IIP Einzelitems (Strauß & Kordy, 1993)<br />
Antwortformat:<br />
„nicht“ „wenig“ „mittelmäßig“ „ziemlich“ „sehr“<br />
0 1 2 3 4<br />
Einzelitems:<br />
- XI -<br />
Anhang C<br />
Es fällt mir schwer…<br />
1. anderen Menschen zu vertrauen.<br />
2. anderen gegenüber „Nein“ zu sagen.<br />
3. mich Gruppen anzuschließen.<br />
4. bestimmt Dinge für mich zu behalten.<br />
5. andere wissen zu lassen, was ich will.<br />
6. jemanden zu sagen, dass er mich nicht weiter belästigen soll.<br />
7. mich fremden Menschen vorzustellen.<br />
8. andere mit anstehenden Problemen zu konfrontieren.<br />
9. mich gegenüber jemand anderem zu behaupten.<br />
10. andere wissen zu lassen, dass ich wütend bin.<br />
11. eine langfristige Verpflichtung gegenüber anderen einzugehen.<br />
12. jemandem gegenüber die „Chef-Rolle“ zu übernehmen.<br />
13. anderen gegenüber aggressiv zu sein, wenn die Lage es erfordert.<br />
14. mit anderen etwas zu unternehmen.<br />
15. anderen Menschen meine Zuneigung zu zeigen.<br />
16. mit anderen zurecht zu kommen.<br />
17. die Ansichten eines anderen zu verstehen.<br />
18. meine Gefühle anderen gegenüber frei heraus zu äußern.<br />
19. wenn nötig standfest zu sein.<br />
20. ein Gefühl für Liebe für jemand anderen zu empfinden.<br />
21. anderen Grenzen zu setzen.<br />
22. jemand anderen in seinen Lebenszielen zu unterstützen.<br />
23. mich anderen nahe zu fühlen.<br />
24. mich wirklich um die Probleme anderer zu kümmern.<br />
25. mich mit jemand anderem zu streiten.<br />
26. alleine zu sein.<br />
27. jemandem ein Geschenk zu machen.<br />
28. mir auch gegenüber den Menschen Ärger zu gestatten, die ich mag.<br />
29. die Bedürfnisse eines anderen über meine eigenen zu stellen.<br />
30. mich aus den Angelegenheiten anderer heraus zu halten.<br />
31. Anweisungen von Personen entgegen zu nehmen, die mir vorgesetzt sind.<br />
32. mich über das Glück eines anderen Menschen zu freuen.<br />
33. andere zu bitten, mit mir etwas zu unternehmen.<br />
34. mich über andere zu ärgern.<br />
35. mich zu öffnen und meine Gefühle jemand anderem mitzuteilen.<br />
36. jemand anderem zu verzeihen, nachdem ich ärgerlich war.<br />
37. mein eigenes Wohlergehen nicht aus dem Auge zu verlieren, wenn jemand anderes in Not ist.<br />
38. fest und bestimmt zu bleiben, ohne mich darum zu kümmern, ob ich die Gefühle anderer<br />
verletze.<br />
39. selbstbewusst zu sein, wenn ich mit anderen zusammen bin.
Anhang C.6: IES-R (Maercker & Schützwohl, 1997)<br />
- XII -<br />
Anhang C<br />
Traumasceeningfrage:<br />
„Hast Du jemals ein außergewöhnlich belastendes Ereignis mit (z.B. Unfall, Überfall, Gewalt,<br />
sexuellen Missbrauch oder ähnliches) erlebt oder warst ZeugIn davon, das in Dir damals intensive<br />
Gefühle von Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen hervorrief und noch heute ungewollt in Form von<br />
Erinnerungen oder Träumen in Erscheinung tritt oder Dein Leben in anderer Weise deutlich belastet?“<br />
□ Ja<br />
□ Nein<br />
Antwortformat:<br />
„überhaupt nicht“ „selten“ „manchmal“ „oft“<br />
0 1 2 3<br />
Einzelitems:<br />
1. Immer wenn ich an dieses Ereignis erinnert wurde , kehrten die Gefühle wieder.<br />
2. Ich hatte Schwierigkeiten nachts durchzuschlafen.<br />
3. Andere Dinge erinnerten mich immer wieder daran<br />
4. Ich fühlte mich reizbar und ärgerlich.<br />
5. Ich versuchte, mich nicht aufzuregen, wenn ich daran dachte oder erinnert wurde.<br />
6. Auch ohne es zu beabsichtigen, musste ich daran denken<br />
7. Es kam mir so vor, als ob es gar nicht geschehen wäre oder irgendwie unwirklich war.<br />
8. Ich versuchte, Erinnerungen daran aus dem Wege zu gehen<br />
9. Bilder, die mit dem Ereignis zu tun hatten, kamen mir plötzlich in den Sinn.<br />
10. Ich war leicht reizbar und schreckhaft.<br />
11. Ich versuchte nicht daran zu denken<br />
12. Ich merkte zwar, dass meine Gefühle durch das Ereignis noch sehr aufgewühlt waren, aber<br />
ich beschäftigte mich nicht mit ihnen.<br />
13. Die Gefühle, die das Ereignis in mir auslösten, waren ein bisschen wie abgestumpft.<br />
14. Ich stellte fest, saß ich handelte oder fühlte, als ob ich in die Zeit des Ereignisses<br />
zurückversetzt sei.<br />
15. Ich konnte nicht einschlafen, weil ich immer dieses Ereignis vor mir hatte.<br />
16. Es kam mir vor, dass die Gefühle, die mit dem Ereignis zusammenhingen, plötzlich für kurze<br />
Zeit viel heftiger wurden.<br />
17. Ich versuchte, das Ereignis aus meiner Erinnerung zu streichen.<br />
18. Es fiel mir schwer mich zu konzentrieren.<br />
19. Die Erinnerungen an das Ereignis lösten bei mir körperliche Reaktionen aus, wie Schwitzen,<br />
Atemnot, Schwindel oder Herzklopfen.<br />
20. Ich träume davon.<br />
21. Ich empfinde mich selbst als sehr vorsichtig, aufmerksam oder hellhörig.<br />
22. Ich versuchte nicht darüber zu sprechen
- XIII -<br />
Anhang C<br />
Anhang C.7: Einzelitems FDS-20 (Spitzer, Mestel, Klingelhöfer & Freyberger,<br />
2004)<br />
Antwortformat:<br />
„nie“ „immer“<br />
0 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%<br />
Einzelitems:<br />
1. Einige Menschen habe zeitweise das Gefühl, dass ihr Körper oder ein Teil ihres Körpers nicht zu<br />
ihnen gehört. Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie häufig Ihnen dies passiert.<br />
2. Einige Menschen haben manchmal das Gefühl, als betrachten sie die Welt durch einen Schleier,<br />
so dass Personen und Gegenstände weit entfernt, undeutlich oder unwirklich erscheinen.<br />
Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie häufig Ihnen dies passiert.<br />
3. Einige Menschen erleben gelegentlich, dass sie in den Spiegel schauen und dich nicht erkennen.<br />
Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie häufig Ihnen dies passiert.<br />
4. Einige Menschen machen manchmal die Erfahrung, neben sich zu stehen oder sich selbst zu<br />
beobachten, wenn sie etwas tun; und dabei sehen sie sich selbst tatsächlich so, als ob sie eine<br />
andere Person betrachten. Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie häufig Ihnen dies<br />
passiert.<br />
5. Einige Menschen sind gelegentlich nicht sicher, ob Ereignisse, an die sie sich erinnern, wirklich<br />
geschehen sind, oder ob sie diese lediglich geträumt haben. Kennzeichnen sie bitte mit ihrer<br />
Antwort, wie häufig Ihnen dies passiert.<br />
6. Einige Menschen stellen manchmal fest, dass sie Dinge getan haben, an die sie sich nicht<br />
erinnern können. Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie häufig Ihnen dies passiert.<br />
7. Einige Menschen stellen zeitweise fest, dass sie sich so seht in eine Phantasiegeschichte oder<br />
einen Tagtraum hinein versetzen, dass sie den Eindruck haben, diese geschähen wirklich.<br />
Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie häufig Ihnen dies passiert.<br />
8. Einige Menschen stellen manchmal fest, dass sie bestimmte Stimmen in ihrem Kopf hören, de si<br />
anweisen, Dinge zu tun, oder die ihr Handeln kommentieren. Kennzeichnen sie bitte mit ihrer<br />
Antwort, wie häufig Ihnen dies passiert.<br />
9. Einige Menschen spüren manchmal Körperteile nicht mehr oder erleben eigenartige Gefühle wie<br />
z.B. Brennen, Kribbeln oder Taubheit, ohne dass ein Arzt eine körperliche Ursache finden konnte.<br />
Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie häufig Ihnen dies passiert.<br />
10. Einige Menschen stellen gelegentlich fest, dass ihre Beine oder Arme sehr schwach sind oder die<br />
ihre Gliedmaßen gar nicht mehr bewegen können, ohne dass ein Arzt eine körperliche Ursache<br />
finden konnte. Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie häufig Ihnen dies passiert.<br />
11. Einigen Menschen passiert es gelegentlich, dass man ihnen vorwirft zu lügen, obwohl se selbst<br />
der festen Überzeugung sind, nicht gelogen zu haben. Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort,<br />
wie häufig Ihnen dies passiert.<br />
12. Einigen Menschen passiert es gelegentlich, dass sie ihre Bewegungen nicht mehr koordinieren<br />
und kontrollieren können (z.B. greifen sie daneben), ohne dass ein Arzt eine körperliche Ursache<br />
finden konnte. Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie häufig Ihnen dies passiert.<br />
13. Einige Menschen haben zuweilen das Gefühl, dass andere Personen, Gegenstände und die Welt<br />
um sie herum nicht wirklich sind. Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie häufig Ihnen dies<br />
passiert.<br />
14. Einige Menschen erleben gelegentlich, dass sie sich nicht erinnern können, ob sie etwas wirklich<br />
getan haben oder lediglich darüber nachgedacht haben es zu tun (z.B. wissen sie nicht, ob sie<br />
einen Brief wirklich eingeworfen haben oder lediglich darüber nachgedacht haben, ihn<br />
einzuwerfen). Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie häufig Ihnen dies passiert.<br />
15. Einigen Menschen passiert es zuweilen, dass sie stunden- oder tagelang fast völlig bewegungslos<br />
dasitzen, fast nicht sprechen, sich fast nicht bewegen und auch auf äußere Reize, wie z.B. laute<br />
Geräusche , nicht richtig reagieren. Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie häufig Ihnen dies<br />
passiert.<br />
16. Einige Menschen erinnern sich manchmal so lebhaft an ein vergangenes Ereignis, dass sie das<br />
Gefühl haben, dieses Ereignis erneut zu erleben. Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie<br />
häufig Ihnen dies passiert.<br />
17. Einige Menschen stellen manchmal fest, dass sie einfach dasitzen und ins Leere starren, an<br />
nichts denken und nicht bemerken, wie die Zeit vergeht. Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort,<br />
wie häufig Ihnen dies passiert.
- XIV -<br />
Anhang C<br />
18. Einige Menschen erleben gelegentlich, wie sie beim Stehen oder Gehen unsicher werden,<br />
eigenartige Bewegungen machen oder sich plötzlich gar nicht mehr bewegen können, ohne dass<br />
ein Arzt eine körperliche Ursache finden konnte. Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie<br />
häufig Ihnen dies passiert.<br />
19. Einige Menschen stellen manchmal fest, an einem vertrauten Ort zu sein und ihnen dennoch als<br />
fremd und unbekannt zu erleben. Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie häufig Ihnen dies<br />
passiert.<br />
20. Einige Menschen stellen gelegentlich fest, dass sie in vergleichbaren Situationen so<br />
unterschiedlich handeln, dass sie das Gefühl haben, zwei unterschiedliche Personen zu sein.<br />
Kennzeichnen sie bitte mit ihrer Antwort, wie häufig Ihnen dies passiert.
Anhang C.8: Beispiele für Stabilisierungsübungen<br />
- XV -<br />
Anhang C<br />
Einleitung<br />
Nimm bitte eine bequeme und stabile Körperhaltung ein.<br />
Du kannst liegen oder auch bequem sitzen.<br />
Für manche ist es gut, die Augen zu schließen, andere halten sie lieber offen; dann sollten sie auf<br />
einen festen Punkt vor dir gerichtet werden.<br />
Wenn du magst, kannst du dich in der dir vertrauten Weise entspannen, z.B. in dem du sanft deine<br />
Aufmerksamkeit einige Atemzüge lang auf das spontane Ein- und Ausfließen deines Atems lenkst;<br />
oder mit der inneren Aufmerksamkeit achtsam die Berührungsflächen deines Körpers zum Boden oder<br />
Stuhl wahrnimmst.<br />
In jedem Augenblick behältst du die volle Kontrolle über alles, was geschieht. Um sich dieser Kontrolle<br />
sicher zu sein, kannst du einen Körperteil (z.B. die Faust, eine Wade) bewusst angespannt halten.<br />
Wenn du noch mehr Kontrolle brauchst, lass deine Augen offen bzw. öffne sie wieder.<br />
Wenn die Entscheidung für die Übung getroffen wird:<br />
1. Imagination: „Der innere sichere Ort“<br />
Öffne dich nun bitte zu jener Wahrnehmung in deinem Inneren von einem sicheren Ort, an dem du<br />
dich völlig sicher und wohl fühlen kannst.<br />
Dies ist ein Ort, der nur dir zur Verfügung steht, den nur du alleine betreten kannst und der deshalb<br />
völlig sicher ist.<br />
Lass einfach auftauchen, was kommt: Vielleicht siehst du im Inneren ein Bild von deinem sicheren Ort,<br />
vielleicht spürst du irgend etwas oder denkst ganz einfach nur an einen solchen Ort.<br />
Sollte auf der Suche nach dem sicheren Ort Unangenehmes auftauchen, was gelegentlich geschieht,<br />
so schenke dem keine große Beachtung und gehe einfach weiter.<br />
Du kannst voller Vertrauen sein, dass du einen guten sicheren inneren Ort finden wirst, wenn du eine<br />
Zeit lang konzentriert und geduldig suchst.<br />
Ein solcher Ort, kann sich z.B. auf dieser Erde befinden, ein Ort den du vielleicht kennst oder von dem<br />
du schon einmal gehört hast. Es könnte aber auch ein Ort irgendwo im Weltraum sein oder einer, den<br />
du dir selbst ausdenkst.<br />
Vielleicht benötigst du irgendein Hilfsmittel, um zu deinem sicheren Ort zu gelangen; z.B. ein Boot, ein<br />
Flugzeug oder anderes.<br />
Schau dich dann bitte ganz genau an deinem inneren Ort um. Nimm mit all deinen Sinnen diesen Ort<br />
wahr: was du dort sehen kannst, an Geräuschen hören kannst, an angenehmen Gerüchen riechen<br />
kannst oder mit deinem Körper wahrnehmen kannst.<br />
Es ist wichtig, dass du dich an deinem inneren sicheren Ort ganz wohl, sicher und geborgen fühlst. In<br />
dem du noch fehlende Dinge hinzufügst oder andere veränderst, richte dir deinen Ort so einem dass<br />
du dich wirklich sicher, wohl und geborgen fühlst.<br />
Und spüre dann bitte mehr und mehr, wie es sich körperlich anfühlt, an diesem guten Ort zu sein; wie<br />
gut es dir an diesem Ort geht.<br />
Und sei dir dabei bewusst, dass du jederzeit, wenn du dies möchtest, an deinen inneren sicheren Ort<br />
zurückkehren kannst.<br />
Verabschiede dich nun von deinem sicheren Ort, in den du ihn nochmals mit deinen Sinnen<br />
wahrnimmst und gleichzeitig spürst, wie gut es dir an diesem Ort geht.<br />
Und komm dann langsam mit deinem ganzen Bewusstsein zurück, indem du die Körperspannung<br />
erhöhst, tiefer durchatmest, dich bewegst und die Augen öffnest.<br />
2. Imagination: „Die inneren hilfreichen Wesen“<br />
Ich möchte dich nun einladen, dich mit jenem Teil oder Ort in dir in Verbindung zu setzen, der deine<br />
innere Weisheit darstellt. Du kannst sie als körperliche Empfindung wahrnehmen, vielleicht auch<br />
bildlich vorstellen, z.B. als Licht oder einfach nur denken. Diese Weisheit ist schon immer in dir<br />
gewesen und hat dich dein ganzes Leben begleitet, unbeschadet und frei von allem, was dir<br />
widerfahren ist. Nimm bitte nun Kontakt zu deiner inneren Weisheit auf. Und bitte im Folgenden deine<br />
innere Weisheit, dich in Kontakt mit einem oder mehreren inneren hilfreichen Wesen zu bringen. Diese<br />
Wesen können Gestalten sein, von denen du einmal gehört oder gelesen hast, die von dieser oder<br />
anderer Welt stammen, aus Märchen oder Mythen, die menschliche, tierische oder auch andere<br />
Gestalt haben. Du kannst diese Wesen vielleicht sehen oder ihre Präsenz spüren oder hören.<br />
Vielleicht stellst du sie dir auch ganz einfach vor.<br />
Lass dich nun mehr und mehr in Kontakt mir diesen Wesen kommen und sie mit allen Sinnen<br />
wahrnehmen
- XVI -<br />
Anhang C<br />
Diese inneren hilfreichen Wesen, sind nur gute Wesen, nur wohlwollend, nehmen dich ganz an, so wie<br />
du bist und stehen dir unterstützend zur Seite. Wenn du möchtest, kannst du sie jetzt mit einer<br />
konkreten Frage um Antwort und Hilfe bitten. Es ist gut, die Frage so genau wie möglich zu stellen und<br />
offen zu sein für jede Antwort, wie sie auch kommen mag, auch wenn du sie vielleicht nicht gleich<br />
verstehen kannst.<br />
Wenn du eine Antwort bekommen hast, ist es gut, sich dafür zu bedanken. Und mach dir dabei<br />
bewusst, das deine inneren hilfreichen Wesen jederzeit zur Verfügung stehen, wenn du sie rufst.<br />
Gehe nun zurück zu deiner inneren Weisheit. Wenn du möchtest, bedanke dich auch bei ihr für ihre<br />
Führung und verabschiede dich von ihr.<br />
Und komm dann langsam mit deinem ganzen Bewusstsein zurück, indem du die Körperspannung<br />
erhöhst, tiefer durchatmest, dich bewegst und die Augen öffnest.<br />
3. Imagination: „Veränderung innerer Bilder und Filmrücklauf mittels Fernsteuerung“<br />
Bitte stelle dir an der gegenüber liegenden Wand oder nur in Gedanken eine Filmleinwand oder einen<br />
Bildschirm vor. Dazu hältst du in deiner Hand eine Fernbedienung, welche über verschiedene<br />
Funktionen verfügt, mit denen du den Film oder die Bilder auf der vorgestellten Leinwand verändern<br />
kannst.<br />
Nun suche dir ein Ereignis aus den letzten Tagen hier in der Klinik aus, das für dich einen aversiven<br />
Charakter hatte, kein gravierendes Ereignis, sondern lediglich eine etwas unangenehme Begebenheit.<br />
Lass jetzt bitte dieses Ereignis als Film auf der vorgestellten Leinwand ablaufen, so dass du es wie ein<br />
Video anschauen kannst; Wie es beginnt, was dann kommt, und dann usw.<br />
Bitte nimm nun die Fernbedienung und halte den Film mit der Stop-Taste mittendrin an, so dass ein<br />
Standbild auf dem Bildschirm erscheint.<br />
Experimentiere nun mit den weiteren Funktionen deiner Fernbedienung und dem Standbild:<br />
- Lass mit deiner Zoom-Taste das Bild circa um die Hälfte kleiner werden: kleiner, kleiner,<br />
kleiner…dann lasse es wieder etwas größer werden.<br />
- Lasse mit der Taste „hell-dunkel“ das Bild immer dunkler werden, bis kaum noch Kontraste zu<br />
erkenn sind…und dann lasse es wieder heller werden.<br />
- Lasse mit der Taste für Farbgebung das Bild von bunt auf schwarz-weiß wechseln; wenn du<br />
Lust hast, kannst du nun dem Bild einen rosa Farbton oder eine sonstige beliebige Farbe<br />
geben.<br />
- Lasse mit der Taste „Unscharffunktion“ das Bild im Nebel verschwinden, und dann wieder<br />
etwas klarer werden.<br />
Anschließend betätige bitte die Schnellrücklauf-Taste, mit welcher der gesamte Film im<br />
Schnellrücklauf bis zum Anschlag zurückgespult wird.<br />
Nimm nun bitte die Film-Kassette aus dem Videogerät heraus und deponiere sie in deinem „inneren<br />
Tresor“
Anhang D.1.<br />
Tabelle 9: Zeiteffekte: Prä-Post-Veränderungen abhängige Variablen: Gesamtstichprobe<br />
SCL-90-R<br />
GSI (Rohwert)<br />
- XVII -<br />
Anhang D<br />
Prä post Mdiff (SD) T (df) ES<br />
1,52 (0,648)<br />
0,978 (0,616)<br />
2,89 (10,283)<br />
22,217 (608)***<br />
0.84++<br />
IES-R (Summenwert) 60,74 (22,445) 49,64 (23,411) 11,10 (24,146) 11,345 (608)*** 0.49+<br />
IES-R Intrusion 19,58 (9,197) 16,70 (9,126) 2,89 (10,283) 6,927 (608)*** 0.31+<br />
IES-R Vermeidung 21,43 (9,725) 17,74 (9,743) 3,70 (10,112) 9,025 (608)*** 0.38+<br />
IES-R Übererregung 19,76 (8,068) 15,21 (8,666) 4,55 (8,788) 12,774 (608)*** 0.56+<br />
IIP (Summenwert) 15,598 (3,594) 13,077 (4,481) 2,521 (3,938) 15,799 (608)*** 0.70++<br />
FDS-20<br />
(Summenwert)<br />
21,82 (17,239)<br />
16,26 (16,059)<br />
5,56 (14,653)<br />
Z=-9,770***<br />
0.32+<br />
Anmerkung: M=Mittelwert; SD=Standartabweichung; T=Prüfgröße des T-Tests für gepaarte Stichproben; df=Freiheitsgrade;<br />
p=Irrtumswahrscheinlichkeit; Z=Prüfgröße Wilkoxon-Test für abhängige Stichproben; Irrtumswahrscheinlichkeit =p
Tabelle 25: Zeiteffekte PDC<br />
SCL-90-R<br />
GSI (Rohwert)<br />
- XVIII -<br />
Anhang D<br />
prä post Mdiff (SD) T (df) ES<br />
1,37 (0,520)<br />
0,85 (0,352)<br />
0,52 (0,612)<br />
5,588 (42)***<br />
1.00+++<br />
IES-R Intrusion 17,41 (8,500) 15,00 (8,950) 2,41 (8,807) 1,794 (42) 0.28<br />
IES-R Vermeidung 18,43 (8,354) 13,53 (8,614) 4,89 (8,925) 3,595 (42)** 0.59+<br />
IES-R Übererregung 17,39 (6,349) 12,93 (8,250) 4,46 (8,806) 3,321 (42)** 0.70++<br />
IIP (Summenwert) 15,389 (3,549) 11,730 (4,583) 3,659 (4,545) 5,279 (42)*** 1.03+++<br />
FDS-20<br />
(Summenwert)<br />
14,39 (12,102)<br />
9,67 (9,539)<br />
4,72 (11,526)<br />
Z= -2,597**<br />
0.39+<br />
Anmerkung: M=Mittelwert; SD=Standartabweichung; T=Prüfgröße des T-Tests für gepaarte Stichproben; df=Freiheitsgrade;<br />
p=Irrtumswahrscheinlichkeit; Z=Prüfgröße Wilkoxon-Test für abhängige Stichproben; Irrtumswahrscheinlichkeit =p
Anhang D.3: Interaktionen Zeit*Gruppen<br />
Tabelle 7: Interaktionseffekte Zeit*Gruppe: abhängige Variablen<br />
F df (Fehler) df (Hypothese) P<br />
- XIX -<br />
Anhang D<br />
SCL-90-R: GSI (RW) 1,201 2 606 0,301<br />
IES-R Intrusion (Su) 1,606 2 606 0,202<br />
IES-R Vermeidung (Su) 1,429 2 606 0,240<br />
IES-R Übererregung (Su) 1,893 2 606 0,152<br />
IIP (Su) 2,151 2 606 0,117<br />
Anmerkung:; Ergebnisse Repeated Measurement-Varianzanalyse; RW= Rohwert; Su= durchschnittlicher Summenwert;<br />
F=Prüfgröße nach Phillai-Spur, Wilks-Lambda, Hotelling-Spur, df (Fehler)= Fehlerfreiheitsgrade, df (Hypothese)=<br />
Hypothesenfreiheitsgrade, p=Irrtumswahrscheinlichkeit<br />
Anhang D.4: Veränderungen der Erlebens und Verhaltens (VEV)<br />
Tabelle 18: Einzelgruppenvergleiche VEV<br />
T df p<br />
PDA/B - PDohne 3,021 564 0,003<br />
PDA/B - PDC -1,610 223 0,109<br />
PDohne - PDC -0,123 425 0,902<br />
Anmerkung: T=Testgröße des T-Tests für unabhängige Stichproben; df=Freiheitsgrade,<br />
p=Irrtumswahrscheinlichkeit<br />
Anhang D.5: Einschätzung körperlicher und seelischer Veränderungen durch<br />
den Therapeuten: Gruppenvergleiche<br />
Tabelle 21: Therapeuteneinschätzung körperliche Veränderung: Gruppenvergleiche<br />
PDohne PDA/B PDC<br />
„deutlich gebessert“ 168 (43,8) 72 (39,6) 22 (51,2)<br />
„etwas gebessert“ 132 (34,4) 60 (33,0) 13 (30,2)<br />
„unverändert“ 40 (10,4) 24 (13,2) 3 (7,0)<br />
„etwas verschlechtert“ 7 (1,8) 2 (1,1) -<br />
„deutlich verschlechtert“ 1 (0,3) - -<br />
„kein relevanter Problembereich“ 7 (1,8) 8 (4,4) -<br />
Anmerkung: Zellen enthalten Personenzahlen und in Klammern den prozentualen Anteil an der jeweiligen Teilstichprobe
Tabelle 22: Therapeuteneinschätzung seelische Veränderung: Gruppenvergleiche<br />
PDohne PDA/B PDC<br />
- XX -<br />
Anhang D<br />
„deutlich gebessert“ 246 (64,1) 118 (64,8) 29 (67,4)<br />
„etwas gebessert“ 102 (26,6) 39 (21,4) 11 (25,6)<br />
„unverändert“ 13 (3,4) 7 (3,8) 1 (2,3)<br />
„etwas verschlechtert“ 2 (0,5) 2 (1,1) -<br />
„deutlich verschlechtert“ 1 (0,3) - -<br />
„kein relevanter Problembereich“ - - -<br />
Anmerkung: Zellen enthalten Personenzahlen und in Klammern den prozentualen Anteil an der jeweiligen Teilstichprobe
E.1. Tabellenverzeichnis<br />
- XXI -<br />
Anhang E<br />
Tabelle 1: Soziodemographische Variablen: Gesamtstichprobe S. 49<br />
Tabelle 2: Klinische Variablen: Gesamtstichprobe Anhang S. IV<br />
Tabelle 3: Verteilung komorbider Persönlichkeitsstörungen in der<br />
Gesamtstichprobe<br />
Tabelle 4: Soziodemographische Variablen: Werte einzelne<br />
Untersuchungsgruppen<br />
S. 50<br />
S. 52<br />
Tabelle 5: Klinische Variablen: Werte einzelne Untersuchungsgruppen S. 53<br />
Tabelle 6: Gruppenvergleiche der soziodemographischen und klinischen<br />
Variablen<br />
Anhang S. V<br />
Tabelle 7: Interaktionseffekte Zeit*Gruppe: abhängige Variablen Anhang S. XIX<br />
Tabelle 8: Zeiteffekte: Prä-Post-Veränderungen IES-R: Gesamtstichprobe S. 61<br />
Tabelle 9: Zeiteffekte: Prä-Post-Veränderungen abhängige Variablen:<br />
Gesamtstichprobe<br />
Anhang S. XVII<br />
Tabelle 10: Unterschiedstestung zum Prämesszeitpunkt S. 60<br />
Tabelle 11: Unterschiedstestung zum Postmesszeitpunkt Anhang S. XVIII<br />
Tabelle 12: Therapiebeendigung einzelne Untersuchungsgruppen S. 64<br />
Tabelle 13: Mittelwertsunterschiede Gruppen – Post: SCL-90-R (GSI) S. 64<br />
Tabelle 14: Zeiteffekte einzelne Untersuchungsgruppen SCL-90-R (GSI) S. 65<br />
Tabelle 15: Zeiteffekte einzelne Untersuchungsgruppen: Sumenwert IIP S. 66<br />
Tabelle 16: Mittelwertsunterschiede Gruppen – Post: Summenwert IIP S. 66<br />
Tabelle 17: Mittelwerte und Abweichung der Mittelwerte vom kritischen Wert<br />
signifikant verbesserter Veränderungen (VEV Summenwert 187)<br />
S. 67<br />
Tabelle 18: Einzelgruppenvergleiche VEV Anhang S. XIX<br />
Tabelle 19: Gruppenvergleiche Postmesszeitpunkt: IES-R-Subskalen, FDS-20 S. 69<br />
Tabelle 20: Zeiteffekte Untersuchungsgruppen: IES-R-Subskalen, FDS-20 S. 70<br />
Tabelle 21: Therapeuteneinschätzung körperliche Veränderung:<br />
Gruppenvergleiche<br />
Anhang S. XIX<br />
Tabelle 22: Therapeuteneinschätzung seelische Veränderung: Gruppenvergleiche Anhang S. XIX<br />
Tabelle 23: Zeiteffekte PDohne Anhang S. XVII<br />
Tabelle 24: Zeiteffekte PDA/B Anhang S. XVII<br />
Tabelle 25: Zeiteffekte PDC Anhang S. XVIII
E.2. Abbildungsverzeichnis<br />
- XXII -<br />
Anhang E<br />
Abb.1: Komorbide Störungen (Personenzahlen) S. 49<br />
Abb.2: Veränderung im Erleben und Verhalten S. 62<br />
Abb.3: Therapeuteneinschätzung (Prozentwerte) S. 63<br />
Abb.4: körperliche Veränderung (Prozentwerte) S. 72<br />
Abb.5: seelische Veränderung (Prozentwerte) S. 72<br />
Abb.6: Interaktionsmuster IES Intrusion S. 71<br />
E.3: Abkürzungsverzeichnis<br />
PTSD Posttraumatische Belastungsstörung<br />
PD Persönlichkeitsstörung<br />
nnb. nicht näher bezeichnet<br />
DSM IV TR Diagnostisches und Statistisches Manual psychischer Störungen (American<br />
Psychiatric Association, 2003)<br />
ICD-10 Internationale Klassifikation psychischer Störungen (Weltgesundheitsorganisation,<br />
2000)<br />
OPD Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik unbewusster Konflikte<br />
RCI Reliable Change Index<br />
GSI Global Severity Index<br />
VEV Veränderungsfrageboden des Erlebens und Verhaltens (Zielke & Kopf-Mehnert,<br />
1978)<br />
SCL-90-R Symptomcheckliste 90, revidierte Fassung (Franke, 1995)<br />
IIP Inventar interpersoneller Probleme (Horowitz, 1993)<br />
IES-R Impact of Event Scale (Maercker & Schützwohl, 1998)<br />
FDS-20-K Fragebogen zur Dissoziation (Freyberger, Spitzer & Stieglitz, 1999)<br />
PTM-BaDo Basisdokumentation<br />
WHO Weltgesundheitsorganisation<br />
APA American Psychiatric Association
Selbständigkeitserklärung<br />
Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende <strong>Diplomarbeit</strong> selbständig<br />
verfasst und keine anderen, als die angegebenen Hilfsmittel verwendet<br />
habe.<br />
Jena, Februar 2007<br />
<strong>Diana</strong> <strong>Clauß</strong>