Diplomarbeit Monika Kögler - HELIOS Kliniken GmbH
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Ludwig-Maximilians-Universität München<br />
Fakultät für Psychologie und Pädagogik<br />
Department Psychologie<br />
Spiritualität als Ressource?<br />
Zusammenhang von Spiritualität<br />
mit psychischer Belastung und Therapieerfolg<br />
bei PatientInnen der psychosomatischen Klinik Bad Grönenbach<br />
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
vorgelegt von<br />
<strong>Monika</strong> Kögler<br />
München, im Dezember 2006<br />
_____________________________________________________________<br />
1. Gutachterin: Prof. Dr. Rita Rosner<br />
2. Gutachter: Dr. Christoph Kraiker
Inhaltsverzeichnis<br />
Zusammenfassung (Abstract) 4<br />
1. Einleitung: Spiritualität als Ressource 5<br />
1.1 Begriffsdefinitionen: Spiritualität und Religiosität 6<br />
1.2 Standortbestimmung 7<br />
1.2.1 Religionspsychologie 7<br />
1.2.2 Transpersonale Psychologie 8<br />
1.2.3 Spiritualität/Religiosität in der Evaluationsforschung 9<br />
1.2.4 Standort der vorliegenden Studie 9<br />
1.3 Messung von Spiritualität/Religiosität 10<br />
1.3.1 Statistische Daten zu Spiritualität/Religiosität in Deutschland 10<br />
1.3.2 Maße für Spiritualität/Religiosität 12<br />
1.3.3 Zusammenfassung: Messung von Spiritualität/Religiosität 15<br />
1.4 Stand der Forschung zu Spiritualität/ Religiosität als Ressource für<br />
psychische Gesundheit 17<br />
1.4.1 Überblick über den Forschungsstand in den USA 17<br />
1.4.2 Forschungsergebnisse aus Deutschland und der Schweiz 19<br />
1.4.3 Zusammenfassung des Forschungsstandes 24<br />
1.5 Fragestellungen und Hypothesen 26<br />
2. Methode 28<br />
2.1 TeilnehmerInnen und Versuchsdurchführung 28<br />
2.1.1 Die Institution 28<br />
2.1.2 Datenerhebung 29<br />
2.1.3 Soziodemographische Daten 30<br />
2.2 Instrumente 33<br />
2.2.1 Spiritualitäts-und Religiositätsfragebögen 33<br />
2.2.2 Messung des Therapieerfolgs 44<br />
2.3 Datenaufbereitung und statistische Auswertung 47<br />
2.3.1 Behandlung von fehlenden Werten 47<br />
2.3.2 Statistische Verfahren 49<br />
3. Ergebnisse 51<br />
3.1 Ergebnisse zu den Spiritualitätsfragebögen 51<br />
3.1.1 Zusammenhang von Religionszugehörigkeit und<br />
Spiritualitätsmaßen 51<br />
3.1.2 Zusammenhang der Spiritualitätsmaße untereinander 55<br />
3.1.3 Faktorenstruktur der Spiritualitätsitems 56<br />
3.2 Zusammenhang von Spiritualität/Religiosität und psychischer<br />
Belastung zu Behandlungsbeginn 60<br />
3.2.1 Zusammenhang von Spiritualität/Religiosität und<br />
psychischer Belastung (GSI) 60<br />
3.2.2 Explorative Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen<br />
Spiritualität und psychischer Belastung 60<br />
2
3.3 Spiritualität als Prädiktor für Therapieerfolg 64<br />
3.3.1 Deskriptive Daten 64<br />
3.3.2 Vorhersage von Therapieerfolg aufgrund von TPV,<br />
Geschlecht, Alter und Schulabschluss 65<br />
3.3.3 Explorative Untersuchungen zu Spiritualität als Prädiktor für<br />
Therapieerfolg 67<br />
4. Diskussion 74<br />
4.1 Diskussion der Ergebnisse zu den Spiritualitätsfragebögen 74<br />
4.1.1 Zusammenhang von Religionszugehörigkeit und<br />
Spiritualitätsmaßen 74<br />
4.1.2 Zusammenhang der Spiritualitätsskalen 75<br />
4.2 Diskussion der Ergebnisse bezüglich des Zusammenhangs von<br />
Spiritualität und psychischer Belastung zu Behandlungsbeginn 77<br />
4.3 Diskussion der Ergebnisse bezüglich der Vorhersage von<br />
Therapieerfolg durch Spiritualität 79<br />
4.3.1 Methodische Probleme 79<br />
4.3.2 Berücksichtigung von spezifischen PatientInnengruppen 82<br />
4.4 Perspektiven für Forschung und Praxis 84<br />
Literatur 87<br />
Anhang A: Fragebogen zur Spiritualität 92<br />
Anhang B: Auszug aus der Klinikdokumentation 96<br />
3
Zusammenfassung (Abstract)<br />
Ressourcenaktivierung hat sich als wichtiger Wirkfaktor in der Psychotherapie ge-<br />
zeigt. Spiritualität wird als mögliche Ressource für psychische Gesundheit diskutiert,<br />
konnte aber als solche für den deutschsprachigen Kulturraum bisher kaum nachge-<br />
wiesen werden. In der vorliegenden Studie wird untersucht, ob bei PatientInnen der<br />
Psychosomatischen Klinik Bad Grönenbach Spiritualität in einem Zusammenhang<br />
mit psychischer Belastung steht, und ob der Therapieerfolg sich durch Spiritualität<br />
der PatientInnen zu Beginn der Behandlung vorhersagen lässt. Außerdem werden<br />
die verwendeten Spiritualitätsfragebögen im Hinblick auf ihren Zusammenhang un-<br />
tereinander sowie zur Religionszugehörigkeit betrachtet. Es wird bei 94 PatientIn-<br />
nen zu Behandlungsbeginn die Korrelation zwischen psychischer Belastung und<br />
unterschiedlichen Spiritualitätsmaßen ermittelt. Bei 131 PatientInnen wird Spirituali-<br />
tät, gemessen mit der Skala Transpersonales Vertrauen (TPV), als möglicher Prä-<br />
diktor für Therapieerfolg überprüft. Es zeigt sich, dass die psychische Belastung zu<br />
Behandlungsbeginn positiv mit negativem religiösen Coping korreliert, das mit ei-<br />
nem Fragebogen zum religiösen Coping gemessen wurde. Dagegen wurde für posi-<br />
tive Spiritualitätsmaße kein Zusammenhang mit psychischer Belastung gefunden.<br />
Regressionsanalytisch gelang keine Vorhersage von Spiritualität zu Behandlungs-<br />
beginn auf Veränderung der psychischen Belastung im Verlauf der Behandlung<br />
oder auf rückblickende Erfolgsbeurteilung. Die Ergebnisse deuten insgesamt auf<br />
negatives religiöses Coping als Vulnerabilitätsfaktor hin, während sie keine Schlüs-<br />
se auf Spiritualität als positive Ressource zulassen. Für die klinische Praxis er-<br />
scheint es sinnvoll, Spiritualität als Ressource bzw. Vulnerabilitätsfaktor zu berück-<br />
sichtigen.<br />
4
Einleitung 5<br />
1. Einleitung: Spiritualität als Ressource<br />
„Dein Glaube hat dich gesund gemacht“ (Mk 5,34), das sind in der Bibel (Luther-<br />
Übersetzung) die Worte Jesu nach der Heilung einer Frau. Im christlichen Kontext<br />
ist von „heilendem Glauben“ die Rede; Anhänger östlicher Wege betonen die ge-<br />
sundheitlich positive Wirkung von Meditation. Auch viele Betroffene sind überzeugt,<br />
dass das Vertrauen in eine höhere Macht ihnen in Lebenskrisen und Krankheiten<br />
geholfen hat.<br />
Auf der anderen Seite wird Religiosität auch als möglicher Vulnerabilitätsfaktor be-<br />
schrieben. Bekannt sind Freuds Urteil über Religion als eine „universelle Zwangs-<br />
neurose“ und Mosers (1976) Schilderung der Gottesvergiftung durch das Bild eines<br />
bedrohlichen, strafenden Gottes. Als ekklesiogenen Neurosen werden nach Hark<br />
(1994) weit gefasst „alle jene psychischen Störungen und seelischen Probleme ver-<br />
standen, die durch Angst machende Gottesbilder und durch neurotisch gestörte<br />
Glaubensvorbilder erzeugt werden“ (S. 152).<br />
Anliegen dieser Studie ist es, einen Beitrag zur Diskussion über Spiritualität als<br />
Ressource für psychische Gesundheit zu leisten. Die Aktivierung von Ressourcen<br />
hat sich als wichtiger Wirkfaktor in der Psychotherapie erwiesen. Nach Grawe und<br />
Grawe-Gerber (1999) ermöglicht eine Aktivierung der Ressourcen der PatientIn-<br />
nen 1 , zu denen auch Überzeugungen und Werthaltungen – also auch Spirituali-<br />
tät/Religiosität – gehören, eine Befriedigung der Grundbedürfnisse etwa nach Orien-<br />
tierung, Bindung und Selbstwerterhöhung. Eine Aktivierung von Spiritualität könnte<br />
zum Behandlungserfolg bei PatientInnen einer psychosomatischen Klinik beitragen,<br />
etwa weil diese Sinn in ihren Problemen erkennen, weniger Kontrollverlust erleben,<br />
ihr Selbstwert gestützt wird oder sie größeres Vertrauen in TherapeutInnen und<br />
Therapie haben.<br />
Als Kehrseite der Medaille ist eine Kenntnis von Spiritualität als potentieller Vulne-<br />
rabilitätsfaktor wesentlich für die Therapie. Möglicherweise kann eine Auseinander-<br />
setzung mit negativen Gottesbildern zur Heilung beitragen.<br />
Einleitend wird der Stand der psychologischen Forschung zu Spiritualität als Res-<br />
source bzw. Vulnerabilitätsfaktor dargestellt (vgl. 1.4). Zuvor sollen allerdings we-<br />
sentliche Begriffe definiert (vgl. 1.1) und eine allgemeine Einführung zur psychologi-<br />
schen Forschung im Bereich Spiritualität/Religiosität (vgl. 1.2) sowie zur Messung<br />
von Spiritualität/Religiosität (vgl. 1.3) gegeben werden.<br />
1 Die Schreibweise mit dem großen „I“ wurde gewählt, da eine ausschließliche Verwendung der<br />
männlichen Form nicht angebracht schien, weil der Großteil der PatientInnen und TherapeutInnen in<br />
der Psychosomatischen Klinik Bad Grönenbach Frauen sind. Andererseits ist eine ausschließliche<br />
Verwendung der weiblichen Form unüblich.
Einleitung 6<br />
1.1 Begriffsdefinitionen: Spiritualität und Religiosität<br />
Die Begriffe Religiosität und Spiritualität sind nicht eindeutig definiert, teilweise wer-<br />
den sie synonym verwendet, teilweise als polare Gegensätze. Diese Arbeit folgt –<br />
jenseits dieser beiden Extreme - in ihrer Begriffsdefinition einem Konsens in der<br />
einschlägigen Forschung (vgl. Murken, 1998a; Utsch, 1998; Zinnbauer & Parga-<br />
ment, 2005; Zwingmann, 2004).<br />
Religiosität wird verstanden als religiöses Erleben und Verhalten von Menschen,<br />
also als die psychologische Seite von Religion. Religion – ein ebenfalls unscharfer<br />
Begriff – ist geprägt durch eine bestimmte kulturelle Tradition mit Normen und Riten,<br />
die auf eine transzendente, d.h. die Welt übersteigende Wirklichkeit ausgerichtet<br />
sind. Pargament (2002a) etwa sieht Religion als „search for significance in ways<br />
related to the sacred“ (S. 240). Damit verbindet er einen substantiellen Religions-<br />
begriff, der den Bezug auf das Heilige (the sacred) als Spezifikum der Religion be-<br />
schreibt, mit einem funktionalen Religionsbegriff, der nach der Funktion für den<br />
Menschen fragt, hier ausgedrückt als die Suche nach Bedeutsamkeit (significance).<br />
Schon allein der Begriff Religion ist freilich christlich geprägt und so nur mit Vorsicht<br />
auf andere „Religionen“ – etwa Buddhismus oder Hinduismus - anzuwenden.<br />
Spiritualität wird begriffen als eine Lebenshaltung, die auf eine transzendente Wirk-<br />
lichkeit ausgerichtet ist, jedoch ohne Bindung an eine bestimmte Tradition. In der<br />
gegenwärtigen Verwendung des Begriffs vermischt sich die angelsächsisch-<br />
neuplatonische Traditionslinie, die innere Erfahrung jenseits von Dogmen betont,<br />
mit der romanisch-mönchischen Begriffstradition eines Lebens aus dem Geist<br />
(Scharfetter, 1997). Beiden gemeinsam ist, dass es ihnen um eine Lebenshaltung -<br />
nicht um Theorie - geht.<br />
Transpersonales Vertrauen wird in dieser Arbeit synonym mit Spiritualität verstan-<br />
den. Belschner (2006) sieht den Begriff gleichbedeutend mit Gottvertrauen, das<br />
jedoch „in unserer Kultur mit bestimmten, eher christlichen Vorstellungen verbunden<br />
ist“ (S. 6). Es geht um eine Lebenshaltung des Vertrauens auf eine transzendente<br />
Wirklichkeit. Der Begriff transpersonal meint dabei eine Öffnung für einen Bewusst-<br />
seinsbereich, der über das Alltagsbewusstsein hinausgeht (zur Transpersonalen<br />
Psychologie vgl. 1.2.2).<br />
Die Begriffe Religiosität und Spiritualität haben eine gemeinsame Schnittmenge im<br />
Bezug auf eine transzendente Wirklichkeit. In diesem Sinn kann Spiritualität als der<br />
Überbegriff verstanden werden. Es gibt aber auch Forscher, die Religiosität als den
Einleitung 7<br />
weiteren Begriff verstehen, weil sie – anders als Spiritualität – auch auf andere als<br />
auf transzendente Ziele ausgerichtet sein kann, z.B. Gesundheit, Selbstentfaltung,<br />
Gemeinschaft, etwa im Sinne von extrinsischer Religiosität (Koenig et al., 2001;<br />
Zinnbauer & Pargament, 2005; zum Konzept der extrinsischen Religiosität vgl.<br />
1.3.2.1).<br />
Zwingmann (2004) fasst die Abgrenzung der Begriffe Religiosität und Spiritualität,<br />
der auch hier gefolgt werden soll, prägnant zusammen: „Religiosität wird als die<br />
Übernahme von Glaubensüberzeugungen sowie die Teilnahme an Aktivitäten und<br />
Ritualen einer organisierten Religionsgemeinschaft mit einem spezifischen Normen-<br />
und Traditionssystem angesehen. Demgegenüber gilt Spiritualität als subjektiv er-<br />
lebter Sinnhorizont, der sowohl innerhalb als auch außerhalb traditioneller Religiosi-<br />
tät verortet sein kann und damit allen – nicht nur religiösen – Menschen zu Eigen<br />
ist“ (S. 17). Der Begriff Spiritualität ist damit inhaltlich offener und weniger vorbelas-<br />
tet durch Assoziationen mit bestimmten Institutionen.<br />
Die Begriffe sind also im Folgenden so zu verstehen: Religiosität ist an eine be-<br />
stimmte Tradition mit spezifischen Riten, Normen etc. gebunden, während Spirituali-<br />
tät eher individuell und erfahrungsorientiert ist. Von Spiritualität/Religiosität ist die<br />
Rede, wenn nicht entschieden werden kann oder muss, welches der Konzepte an-<br />
gesprochen ist.<br />
1.2 Standortbestimmung<br />
Zum Forschungsbereich „Spiritualität und psychische Gesundheit“ gibt es eine Viel-<br />
falt unterschiedlicher Zugänge, was die verwendete Terminologie und Methodik<br />
betrifft. Die vorliegende Untersuchung hat ihren Standort in der Psychologie und für<br />
sie sind vor allem drei Zugänge wichtig, die sich um eine quantitative Erfassung von<br />
Spiritualität bzw. Religiosität bemühen: Religionspsychologie, Gesundheitsbezoge-<br />
ne Lebensqualitätforschung und Transpersonalen Psychologie.<br />
1.2.1 Religionspsychologie<br />
Die Religionspsychologie, verstanden als eine Disziplin innerhalb der Psychologie,<br />
die sich mit dem religiösen/spirituellen Erleben und Verhalten von Menschen be-<br />
schäftigt, gibt es nicht. Vor allem in den USA wurden und werden zwar im Bereich<br />
der Psychology of Religion zahlreiche Studien durchgeführt, und es gibt eine eigene<br />
Sektion in der American Psychological Association. Allerdings beklagt Utsch (1998)<br />
ein großes Theoriedefizit, was die Fragen betrifft, wie der Gegenstandsbereich ein-<br />
zugrenzen und angemessen zu operationalisieren ist.
Einleitung 8<br />
Im deutschsprachigen Raum ist das Interesse an religionspsychologischen Fragen<br />
erst in den 1990er Jahren neu erwacht und kämpft noch um ihren Platz in der aka-<br />
demischen Landschaft (Moosbrugger & Zwingmann, 2004). Beispielsweise beschäf-<br />
tigt sich eine an die Universität Trier angebundene „Arbeitsgruppe Religionspsycho-<br />
logie“ mit Fragen wie der Messung von Religiosität, der religiösen Bewältigung von<br />
kritischen Ereignissen und der Mitgliedschaft in neuen religiösen Gemeinschaften<br />
(Homepage: http://www.psychology-of-religion.de).<br />
1.2.2 Transpersonale Psychologie<br />
Bei der Transpersonalen Psychologie handelt es sich um eine breite, heterogene<br />
Strömung (Freeman, 2006; Tart, 2006). Der Begriff transpersonal wurde im Titel des<br />
1969 erstmals erschienenen Journal of Transpersonal Psychology gewählt, um die<br />
„Erfahrungen von Menschen zu beschreiben, die von einem weit über die Sphäre<br />
der Individualität und Personalität hinausgehenden Identitätsgefühl berichten“<br />
(Walsh & Vaugham, 1985, S.14). Nach Belschner (2006) „bezieht sich der Begriff<br />
‚transpersonal’ auf eine geistige Haltung und auf ein Gefühl von Einheit und Ver-<br />
bundenheit, welches in vielen mystischen Erlebnisberichten in verschiedenen Epo-<br />
chen und Kulturen beschrieben wird“ (S. 5). Die Transpersonale Psychologie basiert<br />
nicht auf dem Lehrgebäude einer bestimmten Religion, allerdings greift sie vor allem<br />
Gedanken aus asiatischen Weltanschauungen auf. In der Konzeption von transper-<br />
sonalem Bewusstsein als über die Personalität, das menschliche Ego,<br />
hinausgehendem Bewusstsein wird der Einfluss von östlicher Spiritualität deutlich.<br />
Wesentlich ist die Unterscheidung von verschiedenen Bewusstseinszuständen, ins-<br />
besondere die Differenzierung des Außer-Alltagsbewusstseins in Unter-<br />
Bewusstsein und Über-Bewusstsein (Scharfetter, 1997; Wilber, 1988). Das Über-<br />
bewusstsein wird auch als transpersonaler Bewusstseinsraum bezeichnet<br />
(Belschner, 2002). Es kann etwa in der Meditation, aber auch beim Konsum von<br />
bewusstseinserweiternden Drogen erfahren werden.<br />
Ähnlich wie die Religionspsychologie kämpft auch die Transpersonale Psychologie<br />
um einen Platz in der Akademischen Landschaft, ein Grund, sich quantitativ-<br />
empirischer Methoden zu bedienen – trotz aller Probleme, Bewusstseinsphänome-<br />
ne zu operationalisieren (Kohls, 2004; Yeginer, 2000a). In Deutschland setzt sich<br />
etwa das Deutsche Kollegium für Transpersonale Psychologie und Psychotherapie<br />
für „die interdisziplinäre Zusammenarbeit und den Austausch zwischen Wissen-<br />
schaftlerInnen und ForscherInnen auf dem Gebiet der Transpersonalen Psychologie
Einleitung 9<br />
und Psychotherapie“ ein und bietet seit kurzem einen Master-Studiengang an, aller-<br />
dings in Northampton (Homepage: http://www.dktp.org).<br />
1.2.3 Spiritualität/Religiosität in der Evaluationsforschung<br />
Ein dritter, sehr praxisorientierter Zugang zum Bereich Spiritualität/Religiosität als<br />
Ressource für psychische Gesundheit kommt aus dem Gesundheitswesen. Dieser<br />
Ansatz ist in den größeren Rahmen der Bemühungen um Qualitätssicherung und<br />
Evaluation im Gesundheitssystem einzuordnen. Spiritualität/Religiosität wird dabei<br />
als mögliche Komponente von gesundheitsbezogener Lebensqualität (Zwingmann,<br />
2004) und als mögliche Ressource für den Therapieerfolg in den Blick genommen.<br />
Die Forschung zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität fragt nach Selbstein-<br />
schätzung von PatientInnen hinsichtlich mehrerer Komponenten ihres Gesundheits-<br />
zustandes. Am häufigsten werden physische, psychische, soziale und funktionale<br />
Aspekte einbezogen. Spiritualität/Religiosität wird dabei als möglicher weiterer Ein-<br />
flussfaktor diskutiert.<br />
Spiritualität/Religiosität wird in Deutschland auf der Basis von unterschiedlichen<br />
weltanschaulichen Hintergründen in die Evaluation von Therapieergebnissen einbe-<br />
zogen: Die DE’IGNIS Fachklinik für christliche Psychiatrie und Psychosomatik in<br />
Egenhausen (Nordschwarzwald) hat in ihre Basisdokumentation Items eingefügt,<br />
„die sich auf die Religiosität der PatientInnen und deren Auswirkung auf Krankheits-<br />
verständnis und allgemeines Wohlbefinden beziehen“ (Senst et al., 2000, S. 308).<br />
Als theoretischer Hintergrund wird dabei unter anderem das Konzept der Ressour-<br />
cenaktivierung (Grawe & Grawe-Gerber, 1998) angeführt.<br />
Die Forschung des Lehrstuhls für Medizintheorie und Komplementärmedizin an der<br />
anthroposophisch geprägten Universität Witten-Herdecke beschäftigt sich mit Spiri-<br />
tualität und Religiosität sowie Coping-Aktivitäten bei krebskranken PatientInnen<br />
(Büssing et al. 2005; 2006a; 2006b). Aus der Sicht der – transpersonal orientierten<br />
– Gesundheitspsychologie integriert Belschner (2000) Spiritualität bzw. Transperso-<br />
nales Vertrauen als alles umfassenden Raum des transpersonalen Bewusstseins in<br />
sein Modell Integraler Gesundheit. Entsprechende Instrumente bezieht beispiels-<br />
weise die Fachklinik Heiligenfeld in ihre Klinikevaluation ein.<br />
1.2.4 Standort der vorliegenden Studie<br />
Die drei Zugänge zum Zusammenhang zwischen Spiritualität/Religiosität und psy-<br />
chischer Gesundheit wurden prototypisch dargestellt. Tatsächlich überschneiden sie<br />
sich in ihren Interessensbereichen, zugrunde liegenden Theorien und verwendeten
Einleitung 10<br />
Messinstrumenten. Die Religionspsychologie beschäftigt sich ebenso wie die<br />
Transpersonale Psychologie mit spirituellen Erfahrungen, die Forschung zur Ge-<br />
sundheitsbezogenen Lebensqualität bedient sich vorhandener Instrumente aus bei-<br />
den Forschungsrichtungen. Ein Anliegen dieser Arbeit ist es auch, die unterschiedli-<br />
chen Konzepte miteinander in Kontakt zu bringen.<br />
Wesentlich ist, dass es der Psychologie nicht darum geht, die Existenz einer trans-<br />
zendenten Macht zu belegen oder zu widerlegen, sondern ihr geht es um Erleben<br />
und Verhalten von Menschen. Allerdings hat das Menschenbild des Forschers sehr<br />
wohl Einfluss auf die Forschung (Utsch, 1996). Von meinem eigenen Standort habe<br />
ich einerseits Erfahrung mit der katholischen Kirche und habe vor dem Psychologie-<br />
studium ein Studium in Katholischer Theologie abgeschlossen. Andererseits habe<br />
ich als bedeutsam für mein Leben vor allem meditative Formen sowohl aus dem<br />
christlichen als auch aus dem buddhistischen Kontext erlebt. Wichtig erscheint mir<br />
sowohl eine theoretische Fundierung der Forschung im Bereich Spirituali-<br />
tät/Religiosität als auch der Bezug zur spirituellen Erfahrung.<br />
1.3 Messung von Spiritualität/Religiosität<br />
Beschäftigt man sich mit der Messung von Spiritualität und Religiosität, ist es we-<br />
sentlich, den kulturellen Kontext zu berücksichtigen. Ein Großteil der religionspsy-<br />
chologischen Forschung wird in den USA durchgeführt. Um beurteilen zu können,<br />
inwieweit religionspsychologische Skalen auch für Deutschland anwendbar sind,<br />
sollen zunächst einige statistische Daten zur Religiosität und Spiritualität in<br />
Deutschland vorangestellt werden. Anschließend werden Konzepte zur Messung<br />
von Spiritualität/Religiosität vorgestellt, die zum Verständnis der in der vorliegenden<br />
Studie verwendeten Instrumente nötig erscheinen.<br />
1.3.1 Statistische Daten zu Spiritualität/Religiosität in Deutschland<br />
Gemäß den Angaben des Religionswissenschaftlichen Medien- und Informations-<br />
dienstes (REMID, im Internet: www.remid.de) gehörten 2003 rund die Hälfte der<br />
Einwohner Deutschlands (51%) einer der großen Volkskirchen an, 23% waren kon-<br />
fessionslos, das restliche Viertel verteilte sich auf nichtchristliche Religionen, Frei-<br />
kirchen und so genannte neue Religionen. Da die Statistik auf (teilweise geschätz-<br />
ten) Mitgliederzahlen von Organisationen basiert, bildet sie Spiritualität unabhängig<br />
von institutioneller Bindung nicht ab.<br />
Nach der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS,<br />
Homepage: http://www.gesis.org/Dauerbeobachtung/Allbus/) von 2002 ist die Ein-
Einleitung 11<br />
schätzung der persönlichen Wichtigkeit des Lebensbereichs „Religion und Kirche“<br />
und die subjektive Selbsteinschätzung der Religiosität zwischen 1980 und 2000 –<br />
im Unterschied zu den Mitgliederzahlen der Kirchen - nicht zurückgegangen. Aller-<br />
dings liegen die Mittelwerte bei beiden Fragen im Westen nur leicht über dem Mit-<br />
telwert, im Osten weit darunter (Terwey, 2003). Andere Lebensbereiche erscheinen<br />
als bedeutsamer als Religiosität.<br />
Die häufigsten Aussagen zum Gottesglauben in Westdeutschland waren in dersel-<br />
ben Umfrage von 2002 der Glaube an irgendeine höhere Macht (23%), Glaube an<br />
Gott trotz Zweifel (20%) und fester Glaube an Gott (20%). Dagegen bezeichneten<br />
sich in Ostdeutschland 50% als Atheisten und nur 5% als ohne Zweifel an einen<br />
leibhaftigen Gott glaubend (Terwey, 2003). Ein Leben nach dem Tod hielten nach<br />
einer repräsentativen Umfrage von 1998 in Westdeutschland 49% für sicher oder<br />
wahrscheinlich, in Ostdeutschland 13 % (Terwey, 2003). An die Hölle glauben im<br />
Westen 33% sicher oder wahrscheinlich, im Osten 12%. Eine gleichermaßen hohe<br />
Bedeutung hatte in West- und Ostdeutschland der Glaube an paranormale Phäno-<br />
mene, etwa Wunderheiler (40% im Westen bzw. 29% im Osten) oder Glücksbringer<br />
(43% bzw. 31%).<br />
Was die Messung von Spiritualität/Religiosität in Deutschland betrifft, ist also zu<br />
erwarten, dass sich nur in Westdeutschland ein relativ großer Bevölkerungsanteil<br />
(über 40%) in Fragebögen wieder findet, die einen personalen Gott voraussetzen,<br />
während ein breiterer Spiritualitätsbegriff einen deutlich größeren Bevölkerungsan-<br />
teil erreichen könnte. Negative Aspekte des Gottesbildes, etwa der Glaube an die<br />
Hölle, spielen eine geringe, aber doch nicht zu vernachlässigende Rolle.<br />
Anders sieht die religiöse Landschaft in den USA aus, woher die meisten religions-<br />
psychologischen Studien stammen. Die im Folgenden genannten Daten stammen<br />
von der Homepage der Association of Religious Data Archives (http://thearda.com).<br />
Nach Daten des General Social Survey gehörten im Jahr 2004 85.6% der Einwoh-<br />
ner der USA einer Religion an, über die Hälfte davon einer von zahlreichen prote-<br />
stantischen Denominationen. Eine große Bedeutung als wichtigen Teil im Leben<br />
räumten der Religion nach den General Election Studies von 2004 77% der Befrag-<br />
ten ein. Absolut sicher an Gott glaubten in einer Umfrage von 2005 (Baylor Religion<br />
Survey) 75.3%, absolut sicher an die Hölle 52.9%. Abgesehen von der größeren<br />
Bedeutung der Religion in der amerikanischen Gesellschaft scheinen auch die In-<br />
halte, an die die Menschen glauben, sich von deutschen Verhältnissen zu unter-<br />
scheiden. Dies ist zu bedenken, wenn Fragebögen, die in den USA entwickelt wur-<br />
den, in Deutschland angewandt werden sollen.
Einleitung 12<br />
1.3.2 Maße für Spiritualität/Religiosität<br />
Zur empirischen Erfassung von Religiosität und Spiritualität gibt es im deutschspra-<br />
chigen Raum bisher kaum etablierten Maße. Einen Überblick über wichtige Ansätze<br />
der Messung von Spiritualität/Religiosität geben Hill (2005) und Huber (1996) für<br />
die religionspsychologische Forschung, Yeginer (2000a) für die Transpersonale<br />
Psychologie und Zwingmann (2005) aus der Perspektive des Gesundheitswesens.<br />
Umstritten war in der religionspsychologischen Forschung, ob Spiritualität/ Religiosi-<br />
tät eindimensional zu messen ist oder – inzwischen die Mehrheitsmeinung – in meh-<br />
reren Dimensionen. Glock etwa fand die fünf Dimensionen Ideologie, Ritual, Wis-<br />
sen, Erfahrung, Konsequenzen (Wulff, 1991). MacDonald (2000) entwickelte aus<br />
transpersonal-humanistischer Sicht ein Spiritualitätsmodell mit folgenden fünf Fakto-<br />
ren: Kognitive Orientierung, Erfahrung, Existentielles Wohlbefinden, Paranormale<br />
Überzeugungen, Religiosität.<br />
Grundsätzlich lassen sich Maße unterscheiden, die Spiritualität/Religiosität in ihrer<br />
Gesamtheit messen wollen und solche, die auf bestimmte Wirkfaktoren abzielen.<br />
Als Beispiel für die Messung von Religiosität als Ganze ist im Folgenden das Kon-<br />
zept der intrinsischen religiösen Motivation dargestellt. Die Suche nach bestimmten<br />
Wirkfaktoren repräsentiert das Modell des religiösen Coping.<br />
1.3.2.1 Die intrinsische religiöse Motivation (Zentralität)<br />
Für die Geschichte der Operationalisierung von Religiosität bedeutsam war Allports<br />
Unterscheidung zwischen intrinsischer und extrinsischer religiöser Motivation. Der<br />
zweidimensionalen Religious Orientation Scale von Allport und Ross (1967) liegt<br />
folgendes Konzept zugrunde: „The extrinsically motivated person uses his religion,<br />
whereas the intrinsically motivated lives his religion“ (S. 334). Menschen mit einer<br />
extrinsischen religiösen Motivation benutzen also Religiosität als Mittel zum Zweck<br />
für andere Ziele, z.B. Trost, Geselligkeit oder Status. Eine intrinsische religiöse Mo-<br />
tivation dagegen ist verinnerlicht, sie durchdringt die ganze Persönlichkeit, und an-<br />
dere Motive sind ihr untergeordnet.<br />
Kritisiert wird an Allports Ansatz vor allem, dass er seine eigene Glaubensüberzeu-<br />
gung mit psychologischen Konstrukten vermischt hat und entsprechend wertend<br />
zwischen „guter“ intrinsischer und „schlechter“ extrinsischer Religiosität unterschei-<br />
det. Dies führt nach Huber (2003) zu Problemen bei der Operationalisierung der<br />
extrinsischen Orientierung.<br />
Bleibende Bedeutung jedoch hat das Konzept der intrinsischen religiösen Motivation<br />
als einer verinnerlichten Religiosität, die das Erleben und Verhalten stark beein-
Einleitung 13<br />
flusst. Mehrdimensional erhebt beispielsweise das Münchner Motivationspsycholo-<br />
gische Religiositätsinventar (MMRI) intrinsische Religiosität (Grom, Hellmeister &<br />
Zwingmann, 1998; Zwingmann et al., 2004).<br />
Huber (2003) plädiert dafür, Zentralität – etwa im Sinn der intrinsischen religiösen<br />
Motivation Allports – und Inhalt von Spiritualität/Religiosität getrennt zu erfragen:<br />
„Religiöses Erleben und Verhalten ist eine Funktion der Zentralität und des Inhalts<br />
religiöser Konstruktsysteme“ (S.80).<br />
Religiosität wird dabei verstanden als persönliches Konstruktsystem im Sinn Kellys,<br />
also als eines der Deutungsmuster, das die Interpretation der Wirklichkeit bestimmt.<br />
In einem Bild veranschaulicht Huber (2004), was es bedeutet, Religiosität in dieser<br />
Weise zu verstehen: „Es genügt nicht, danach zu fragen, wie oft jemand seine ‚reli-<br />
giöse Brille’ aufsetzt, es ist auch notwendig danach zu fragen, wie diese Brille ge-<br />
nau getönt ist“ (S. 81). Die inhaltliche Tönung kann etwa das Bild eines strafenden<br />
oder eines gütigen Gottes sein.<br />
Die Zentralität von Religiosität, d.h. eine wie zentrale Stellung das religiöse Kon-<br />
struktsystem im Selbst- und Weltbild eines Menschen einnimmt, operationalisiert<br />
Huber (2003) als Intensität von fünf grundlegenden Ausdrucksformen der Religiosi-<br />
tät nach Glock, die er als Gottesdienst, kognitives Interesse, Ideologie, Gebet und<br />
Erfahrung bezeichnet. Der Gesamtwert auf der Zentralitätsskala wird als Indikator<br />
gewertet, dass das religiöse Konstruktsystem eine zentrale Stellung in der Persön-<br />
lichkeit einnimmt. Eine hohe Zentralität wiederum bedeutet, dass es funktionell au-<br />
tonom ist im Sinn der intrinsischen Orientierung nach Allport.<br />
Die von Huber (2003) entwickelte Zentralitätsskala hat den Anspruch, innerhalb<br />
abrahamitisch-religiöser Konstruktsysteme möglichst offen für unterschiedliche in-<br />
haltliche Ausgestaltungen zu sein. Er schlägt vor, Zentralitätsskalen auch für andere<br />
religiöse Kulturen zu entwickeln. Ergänzt werden soll die Zentralitätsskala durch<br />
eine Messung des spezifischen Inhalts von Religiosität, etwa in Anknüpfung an die<br />
Forschung zum religiösen Coping.<br />
1.3.2.2 Religiöses Coping<br />
Die Forschung zum religiösen Coping, die vor allem Pargament (1997) angestoßen<br />
hat, interessiert sich nicht allgemein für Religiosität, sondern vielmehr für situations-<br />
spezifische religiöse Bewältigungsstrategien. Coping wird dabei im Sinn des trans-<br />
aktionalen Stressmodells von Lazarus und Folkman (1984) verstanden.<br />
Religiöse Bewältigungsstrategien werden als Mediatoren zwischen Religiosität und<br />
Anpassung an kritische Lebensereignisse gesehen. Entscheidend ist also nicht,<br />
woran jemand abstrakt glaubt, sondern ob es in konkreten Situationen Auswirkun-
Einleitung 14<br />
gen hat. Es wird vermutet, dass Religiosität nur einen kleinen direkten Effekt auf die<br />
Anpassung an kritische Lebensereignisse hat, dass vielmehr religiöse Bewälti-<br />
gungsstrategien entscheidend sind (vgl. Abbildung 1).<br />
Die Effektivität von religiösem Coping ist nach Pargament situationsabhängig: In<br />
Situationen mit einem hohen Stressniveau wirken religiöse Bewältigungsstrategien<br />
stärker, d.h. religiöses Coping fungiert als Stress-Moderator. Pargament (2002a)<br />
postuliert, dass religiöses Coping einen einzigartigen zusätzlichen Effekt gegenüber<br />
anderen Coping-Mechanismen beiträgt. Der einzigartige Faktor soll in der Einbezie-<br />
hung des Heiligen bestehen und besonders bedeutsam in Grenzsituationen sein, in<br />
denen menschliche Erklärungen und Kontrollmechanismen versagen.<br />
Abbildung 1: Religiöse Copingstrategien als Mediatoren (nach Pargament, 1997)<br />
Pargament hat die religiösen Bewältigungsstrategien auf verschiedene Art systema-<br />
tisiert. Der umfassendste Fragebogen zu religiösem Coping ist derzeit der RCOPE<br />
(Pargament, Koenig & Perez, 2000), der auf älteren Skalen basiert und sowohl posi-<br />
tive als auch negative Formen von religiösem Coping einbezieht. Dort sind die Co-<br />
pingstrategien nach grundlegenden Wirkmechanismen eingeteilt. Als besonders<br />
wichtige Mechanismen sollen Sinnfindung und Kontrolle etwas ausführlicher erläu-<br />
tert werden.<br />
Sinnfindung kann durch eine Weltsicht, die eine transzendente Wirklichkeit ein-<br />
schließt, erleichtert werden (vgl. George, Ellison & Larson, 2002; Henning, 2003).<br />
Dabei ist nach Antonovskys (1997) Konzept der Salutogenese eine Lebenshaltung,<br />
die die Welt als zusammenhängend und sinnvoll erlebt (Kohärenzgefühl), eine wich-<br />
tige Ressource für Gesundheit.<br />
Eng damit verbunden ist das Gefühl der Kontrolle, das durch den Glauben an eine<br />
höhere Macht gesteigert oder in unkontrollierbaren Situationen aufrechterhalten<br />
werden kann. Pargament (1997) unterscheidet dabei mehrere Formen des Coping,<br />
um Kontrolle zu gewinnen, die entsprechend der internalen und externalen Kontroll-<br />
überzeugung nach Rotter (1971) verstanden werden können. Menschen mit passi-<br />
vem religiösen Coping (Unterskalen im RCOPE: Passive Religious Deferral und<br />
Pleading for Direct Intercession) etwa warten passiv auf ein Eingreifen Gottes. Akti-
Einleitung 15<br />
ve Hingabe (Active Religous Surrender) dagegen bedeutet, eine Sache in Gottes<br />
Hände zu legen, nachdem man sein Möglichstes getan hat. Kooperatives Coping<br />
(Collaborative Religous Coping) zielt darauf, Probleme in Zusammenarbeit mit Gott<br />
zu lösen. Aktives Coping (Self-Directing Religious Coping) schließlich bezieht Gott<br />
überhaupt nicht in den Bewältigungsprozess ein.<br />
1.3.2.3 Spiritualität als Erfahrung und Lebenshaltung<br />
Die Forschung der Transpersonalen Psychologie interessiert sich vor allem für die<br />
Erfahrungsdimension von Spiritualität, so etwa die deutschen Messinstrumente<br />
Freiburger Fragebogenstudie zu Außergewöhnlichen Erfahrungen (Kohls, 2004)<br />
oder die Skala Transpersonales Vertrauen von Belschner, die auf „eigene spirituelle<br />
Erfahrung als Erkenntnismodalität (- im Gegensatz zum kognitiven Wissen um reli-<br />
giöse Glaubensinhalte)“ (Yeginer, 2000a, S. 47) abzielt. Nach Belschner (2001b)<br />
erhebt der TPV das „Lebenskonzept des Sich-Einlassens und der inneren Führung,<br />
das aus einer erfahrenen grundsätzlichen Verbundenheit mit allem entstanden ist“<br />
(S. 93).<br />
Dabei geht es – ähnlich wie im Konzept der intrinsischen Motivation/Zentralität – um<br />
eine verinnerlichte Überzeugung. Parallelen zu den unterschiedlichen Möglichkeiten<br />
der Kontrolle im RCOPE bestehen insbesondere bei der Unterskala Hingabe. Aus-<br />
drücklich bezieht auch Belschner (2001b) sich auf das Konzept der Kontrolle von<br />
Rotter.<br />
1.3.3 Zusammenfassung: Messung von Spiritualität/Religiosität<br />
Umfrageergebnisse deuten darauf hin, dass Spiritualität/Religiosität für einen gro-<br />
ßen Prozentsatz der deutschen Bevölkerung nach wie vor eine Bedeutung hat, auch<br />
wenn – vor allem auf dem Gebiet der früheren DDR – der Glaube an paranormale<br />
Phänomene oder eine nicht personal gedachte höhere Macht von mehr Menschen<br />
geteilt wird als der Glaube an einen personalen Gott.<br />
Es stehen unterschiedliche Fragebögen zur Verfügung, um zu untersuchen, inwie-<br />
weit Spiritualität/Religiosität eine Ressource darstellt. Dabei wird einerseits der Ge-<br />
genstandsbereich unterschiedlich gefasst, sei es als Spiritualität ohne Bindung an<br />
eine bestimmte religiöse Gemeinschaft, sei es als Religiosität im Sinn einer der<br />
abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum oder Islam. Andererseits wird<br />
die Bedeutung für das Erleben und Verhalten auf unterschiedliche Aspekte zurück-<br />
geführt. Für bedeutsam wird etwa gehalten, einen wie großen Stellenwert Religiosi-<br />
tät in der Gesamtpersönlichkeit eines Menschen einnimmt und wie sehr sie sich<br />
daher in bestimmten Ausdrucksformen zeigt (Zentralität). Die Forschung zum religi-
Einleitung 16<br />
ösen Coping geht davon aus, dass vor allem die religiösen Einstellungen und Ver-<br />
haltensweisen wirksam sind, die sich in spezifischen Stresssituationen auswirken.<br />
Das Konzept des transpersonalen Vertrauens fragt nach einer Lebenshaltung des<br />
Vertrauens, die sich aus spirituellen Erfahrungen ergibt.<br />
Die beschriebenen Arten, Spiritualität/Religiosität zu operationalisieren, zeigen Ge-<br />
meinsamkeiten aber auch Unterschiede (vgl. Tabelle 1). Zentralitätsskala und<br />
RCOPE sind für die Zielgruppe monotheistisch religiöser Menschen entwickelt, die<br />
Skala TPV ist unabhängig von einer bestimmten religiösen Tradition.<br />
Die Zentralitätsskala zielt vor allem auf die generelle Bedeutung von Religiosität, die<br />
sie weitgehend unabhängig von bestimmten Inhalten erfassen will. Auch die Skala<br />
TPV will eine Lebenshaltung unabhängig von spezifischen Inhalten, sogar unab-<br />
hängig von einem monotheistischen Weltbild, erfragen. Dagegen interessiert sich<br />
der RCOPE für Inhalte der Religiosität in spezifischen Situationen.<br />
Sowohl RCOPE als auch TPV zielen auf Funktionen von Religiosität ab, ein<br />
Schnittpunkt ist beispielsweise Kontrolle durch die Hingabe an eine höhere Macht.<br />
Dabei hat der RCOPE - anders als die beiden anderen Maße - auch mögliche nega-<br />
tive Inhalte und Funktionen von Spiritualität im Blick.<br />
Tabelle 1. Überblick über drei Spiritualitätsmaße<br />
Thema (monotheistische)<br />
Religiosität<br />
Zentralitätsskala Religiöses Coping<br />
(RCOPE)<br />
(monotheistische)<br />
Religiosität<br />
Wirkfaktor Zentralität Situationsspezifisches<br />
religiöses Coping<br />
Negative Aspekte<br />
einbezogen?<br />
Nein Ja Nein<br />
Transpersonales<br />
Vertrauen<br />
Spiritualität<br />
Lebenshaltung
Einleitung 17<br />
1.4 Stand der Forschung zu Spiritualität/ Religiosität als Ressource für<br />
psychische Gesundheit<br />
Die Forschung zu Spiritualität/Religiosität als Ressource für psychische Gesundheit<br />
besteht hauptsächlich aus korrelativen Studien, die keine Aussagen über einen<br />
kausalen Zusammenhang zulassen. Ferner wurde der Großteil der Forschung in<br />
den USA durchgeführt und ist nur bedingt auf den deutschen Kulturraum übertrag-<br />
bar. Im Folgenden sollen die wichtigsten Forschungsergebnisse aus den USA im<br />
Überblick dargestellt werden. Ausführlicher wird auf Studien aus Deutschland und<br />
der Schweiz eingegangen.<br />
Psychische Gesundheit kann dabei als negativ – als Fehlen von Symptomen psy-<br />
chischer Belastung – und positiv – beispielsweise als Lebenszufriedenheit – opera-<br />
tionalisiert werden.<br />
1.4.1 Überblick über den Forschungsstand in den USA<br />
Insgesamt deutet die umfangreiche, vor allem in den USA durchgeführte empirische<br />
Forschung auf einen positiven Zusammenhang von Spiritualität/Religiosität mit psy-<br />
chischer Gesundheit hin (vgl. Miller & Kelley, 2005; Henning, 2003; Grom, 2002;<br />
2004). Nach dem Literaturüberblick von Koenig et al. (2001) zeigte die Mehrzahl der<br />
850 berücksichtigten quantitativen Studien aus dem 20. Jahrhundert einen positi-<br />
ven, wenn auch geringen Zusammenhang - d.h. je religiöser, desto psychisch ge-<br />
sünder waren die Befragten.<br />
Betrachtet man spezifische Diagnosen, so wurde ein Zusammenhang von Religiosi-<br />
tät mit geringerer psychischer Belastung nach Koenig et al. (2001) in den USA ins-<br />
besondere für Substanzmissbrauch und für Suizidalität gefunden, was vor allem auf<br />
Normen der Glaubensgemeinschaften und das soziale Eingebundensein zurückge-<br />
führt wird. Uneindeutig sind die Befunde bei Angststörungen. Nach Koenig und<br />
Larson (2001) berichtet zwar etwas mehr als die Hälfte (insgesamt 35 von 69) Stu-<br />
dien aus den USA weniger Angst bei religiösen Menschen, wobei jedoch immerhin<br />
zehn auch den umgekehrten Zusammenhang fanden.<br />
Was Depressivität betrifft, so deutet nach der Überblicksarbeit von Koenig et al.<br />
(2001) die Mehrzahl der Studien aus den USA (60 von 93) darauf hin, dass religiöse<br />
Menschen weniger unter depressiven Symptome leiden. Insgesamt sind die gefun-<br />
denen Zusammenhänge zwischen Spiritualität/Religiosität und Depression aber<br />
klein. Die Metaanalyse von Smith, McCullough und Poll (2003) etwa fand einen ge-<br />
ringen Zusammenhang (durchschnittliche Effektgröße r = -.096) für den Zusam-
Einleitung 18<br />
menhang zwischen Religiosität und depressiven Symptomen, wobei der mittlere<br />
Effekt für Menschen, die einen Schicksalsschlag erlebt haben, größer ist (r = -.152).<br />
In ihrer Metaanalyse berichten Smith et al. (2003) zudem von unterschiedlichen<br />
Ergebnissen für positive und negative Formen von Spiritualität. Extrinsische religiö-<br />
se Orientierung und negatives religiöses Coping hängen im Unterschied zu allen<br />
anderen eingesetzten Maßen - z.B. intrinsische Orientierung und positives religiöses<br />
Coping - mit höheren Depressivitätswerten zusammen.<br />
Auch die Metaanalyse von Ano und Vasconcelles (2005), in die 49 Arbeiten aus den<br />
USA eingingen, deutet darauf hin, dass positives und negatives Coping unterschied-<br />
lich auf die psychische Belastung wirken. Sie fanden einen kleinen Zusammenhang<br />
zwischen positivem religiösen Coping und geringerer psychischer Belastung (kumu-<br />
lative Effektgröße = .14) und zwischen negativem religiösen Coping und mehr Be-<br />
lastungssymptomen (kumulative Effektgröße = .22). Der Zusammenhang zwischen<br />
negativem Coping und höherer Belastung scheint dabei insgesamt deutlicher zu<br />
sein als der zwischen positivem Coping und geringerer Belastung. Pargament, Koe-<br />
nig, Tarakeshwar und Hahn (2004) fanden beispielsweise in einer Querschnittsstu-<br />
die mit 268 älteren Amerikanern, dass einzelne Skalen zu negativem religiösen Co-<br />
ping zum Zeitpunkt der ersten Messung geringere Lebensqualität und höhere de-<br />
pressive Stimmung zum Zeitpunkt der zweiten Messung (zwei Jahre später) vor-<br />
aussagen. Der umgekehrte Zusammenhang, dass positives religiöses Coping mit<br />
besserer Lebensqualität und geringerer Depressivität korreliert, wurde dagegen<br />
nicht gefunden.<br />
Besonders deutlich ist in der Überblicksarbeit von Ano und Vasconcelles (2005) der<br />
Zusammenhang zwischen positivem Coping und positiver psychischer Anpassung,<br />
die - als positive Seite von psychischer Gesundheit - mit Maßen wie Hoffnung, Le-<br />
benszufriedenheit oder spirituellem Wachstum gemessen wird (kumulative Effekt-<br />
größe .33), während negatives Coping nicht mit geringerer psychischer Anpassung<br />
korreliert.<br />
Insgesamt wird in Überblicksarbeiten und Metaanalysen aus den USA tendenziell<br />
positiver, wenn auch sehr kleiner Zusammenhang sowohl zwischen allgemeinen<br />
Religiositätsmaßen als auch zwischen Maßen einer positiven Religiosität und Ma-<br />
ßen psychischer Gesundheit berichtet. Ein negativer Zusammenhang wird zwischen<br />
einer negativen Spiritualität, beispielsweise religiösem Coping, und psychischer<br />
Gesundheit berichtet.
Einleitung 19<br />
1.4.2 Forschungsergebnisse aus Deutschland und der Schweiz<br />
Bei der Darstellung der Forschungsergebnisse aus Deutschland und der Schweiz<br />
wird zunächst auf den Zusammenhang von Spiritualität/Religiosität und subjektivem<br />
Wohlbefinden, psychischer Belastung und Depressivität eingegangen. Abschlie-<br />
ßend werden die Ergebnisse von Studien referiert, die sich mit Spiritualität unab-<br />
hängig von einer bestimmten Religionszugehörigkeit als Ressource beschäftigen.<br />
1.4.2.1 Zusammenhang mit subjektivem Wohlbefinden<br />
Allemand und Znoj (2005) fanden bei einer Studie mit 112 PatientInnen einer psy-<br />
chosomatischen Klinik in der Schweiz keinen Unterschied zwischen PatientInnen<br />
mit niedrigen und hohen Werten auf Religiositätsskalen, was die Symptombelastung<br />
(SCL-90-R, GSI), den körperlichen Beschwerdedruck und die interpersonalen Prob-<br />
leme betrifft. Allerdings stellten sie einen Zusammenhang zwischen subjektivem<br />
Wohlbefinden und Religiosität fest. Sie berichten, „dass die Berücksichtigung religi-<br />
öser Bedürfnisse von PatientInnen den Heilungsprozess zumindest in subjektiver<br />
Hinsicht unterstützt und erleichtert“ (S. 255).<br />
Zum Entlassungszeitpunkt zeigten sich deutliche Korrelationen zwischen Selbst-<br />
aussagen zu subjektivem Wohlbefinden und Aussagen zur Religiosität. Kleine bis<br />
mittlere Zusammenhänge wurden dabei für die Religiositäts-Skalen Positives<br />
Selbstwertgefühl, Kooperative Kontrolle, Prosoziales Empfinden/Verhalten und Pas-<br />
sive Kontrolle gefunden. Als einziger statistisch signifikanter Prädiktor zur Vorhersa-<br />
ge des subjektiven Wohlbefindens zum Entlassungszeitpunkt erwies sich allerdings<br />
Passive Kontrolle, d.h. eine Haltung, die passiv auf das Eingreifen Gottes wartet.<br />
Das überraschende Ergebnis für diese Art von Kontrolle, die beispielsweise von<br />
Pargament (1997) als eher problematisch eingeschätzt wurde, erklären Allemand<br />
und Znoj (2004) damit, dass die Items auch als Ausdruck von Loslassen und Gott-<br />
vertrauen verstanden werden können. Zu Beginn der Behandlung waren Zusam-<br />
menhänge zwischen Religiositätsskalen und Selbstaussagen zu Wohlbefinden und<br />
Lebenszufriedenheit weniger deutlich festzustellen.<br />
Religiosität wurde in der Studie erhoben mit drei allgemeinen Fragen zur Religiosität<br />
(Ausprägung der Religiosität, Wichtigkeit des religiösen Glaubens, Trost und Kraft<br />
aus dem Glauben) sowie mit einer Kurzform des Münchner Motivationspsychologi-<br />
schen Religiositätsinventars (MMRI), die unter anderem Skalen zur Kontrolle durch<br />
Religiosität enthält (Grom et al., 1999; Zwingmann et al., 2004). Lebenszufrieden-<br />
heit wurde mit einem Fragebogen zur Lebenszufriedenheit in acht verschiedenen<br />
Lebensbereichen erfasst, globales subjektives Wohlbefinden mit drei allgemeinen<br />
Fragen (z.B. „Wie zufrieden sind Sie gegenwärtig mit Ihrem Leben?“).
Einleitung 20<br />
Ihre Ergebnisse interpretieren Allemand und Znoj (2004) im Sinne der Ressourcen-<br />
aktivierung nach Grawe und Grawe-Gerber (1998) damit, „dass positive Kontroller-<br />
fahrungen und selbstwerterhöhende Erfahrungen mit einem positiven Wohlbefinden<br />
und einer größeren Lebenszufriedenheit einhergehen“ (S. 253). Für eine Aktivierung<br />
der religiösen Ressourcen spricht nach Allemand und Znoj (2004) auch, dass im<br />
Prä-Post-Vergleich die Religiositätsskalen - insbesondere Kooperative und Passive<br />
Kontrolle und Positives Selbstwertgefühl - signifikant während der Behandlung zu-<br />
genommen haben.<br />
Mit dem Zusammenhang zwischen Religiosität und Lebenszufriedenheit beschäftigt<br />
sich auch die explorative Studie von Selinger und Straube (2003). Sie konnten zwar<br />
individuelle Wichtigkeit des Glaubens, nicht aber religiöse Kontrolle als Prädiktor für<br />
Lebenszufriedenheit nachweisen. Allerdings vermuten sie, dass das „Kontrollemp-<br />
finden im Glaubenssystem nicht direkt auf Lebenszufriedenheit wirkt, sondern dies<br />
auf ‚Umwegen’ geschieht, z.B. über Verstärkung/Förderung der Merkmale ‚Selbst-<br />
wert’ (religiös bzw. säkular), ‚seelisches Wohlbefinden’ etc.“ (S. 235, Hervorhebun-<br />
gen im Original).<br />
Um zu überprüfen, inwieweit die Aktivierung von Religiosität in der Behandlung ei-<br />
nen Einfluss auf das Therapieergebnis bzw. die Lebenszufriedenheit hat, müssen<br />
unterschiedliche Behandlungskonzepte verglichen werden. Schowalter et al. (2003)<br />
untersuchen, ob die „Integration spiritueller Elemente in die psychotherapeutische<br />
Behandlung Auswirkungen auf das Therapieergebnis religiöser Patienten hat“ (S.<br />
363). Sie stellen fest, dass sich die PatientInnen einer Klinik mit expliziter religiöser<br />
Orientierung (Die DE’IGNIS Fachklinik, Egenhausen) nicht in der Veränderung der<br />
Symptombelastung (SCL-90-R) von PatientInnen einer Klinik ohne explizite religiöse<br />
Orientierung unterscheiden, wohl aber in der Veränderung des spirituellen Wohlbe-<br />
findens, insbesondere der Nähe zu Gott. Dies trifft auf stark religiöse Personen in<br />
gleicher Weise wie auf moderat religiöse zu. Spirituelles Wohlbefinden wurde von<br />
Schowalter et al. mit dem Fragebogen zum religiösen Erleben (FRE), der deutschen<br />
Übersetzung der Spiritual Outcome Scale (SOS) gemessen.<br />
Interessant an den beschriebenen Studien ist insbesondere, dass sich Religiosität<br />
nach ihren Ergebnissen nicht direkt auf die psychische Belastung auswirkt, sondern<br />
vielmehr auf das subjektive bzw. das religiöse Wohlbefinden, d.h. spirituel-<br />
le/religiöse Menschen sind zwar nicht gesünder, aber sie fühlen sich subjektiv bes-<br />
ser. Dabei wurden Religiositätsmaße verwendet, die ausschließlich positive Aspekte<br />
erheben. Von Interesse ist, ob sich die Ergebnisse, dass kein direkter Zusammen-<br />
hang mit psychischer Belastung feststellbar ist, auch mit anderen Spiritualitäts-
Einleitung 21<br />
/Religiositätsmaßen replizieren lässt, die auch negative Aspekte beinhalten bzw.<br />
nicht an eine bestimmte religiöse Tradition gebunden sind.<br />
Ferner werden von Allemand und Znoj (2004) nur Zusammenhänge zwischen Reli-<br />
giositätsmaßen und Wohlbefinden zu einem Messzeitpunkt (Prä bzw. Post) berich-<br />
tet. Weiterführend könnte untersucht werden, ob aus der Spiritualität/Religiosität zu<br />
Beginn der Therapie eine Veränderung der psychischen Belastung im Verlauf der<br />
Behandlung vorhergesagt werden kann.<br />
1.4.2.2 Religiosität als Vulnerabilitätsfaktor<br />
Murken (1998a) konnte bei einer Studie mit PatientInnen einer psychosomatischen<br />
Fachklinik in Deutschland Religiosität - entgegen der Selbsteinschätzung der Teil-<br />
nehmerInnen, welche Religiosität als hilfreich und unterstützend erlebten, - nicht als<br />
Ressource nachweisen. Er fand weder für allgemeine Religiositätsmaße noch für<br />
Maße einer positiven Religiosität einen Zusammenhang mit Maßen für psychische<br />
Gesundheit. Was den positiven Zusammenhang zwischen Religiosität und persona-<br />
len und sozialen Ressourcen betrifft, so berichtet Murken ausschließlich für die Teil-<br />
stichprobe der Männer eine Korrelation zwischen Wahrgenommener sozialer Unter-<br />
stützung und Positiven Gefühlen gegenüber Gott.<br />
Anders als für die Maße einer positiven Religiosität fand Murken dagegen für Nega-<br />
tive Gefühle zu Gott einen negativen Zusammenhang sowohl mit einem negativen<br />
Selbstkonzept als auch mit Maßen psychischer Gesundheit. Daher kann nach Mur-<br />
ken (1998a) „eine negative Gottesbeziehung als ein Vulnerabilitätsfaktor angesehen<br />
werden, der mit einer Einschränkung personaler Ressourcen und psychischer Ge-<br />
sundheit korreliert“ (S. 159).<br />
In die Überprüfung der geschilderten Hypothesen gingen dabei nur die Daten der<br />
Personen, die sich selbst als religiös bezeichnet hatten ein (N = 321). Allgemeine<br />
Religiosität wurde mit Items zur intrinsischen und extrinsischen Religiosität nach<br />
Zwingmann et al. (1996) sowie mit Skalen zu Spiritualität, Hilfe durch Gebet und<br />
Meditation, Religiöse Gemeinschaft sowie Kirchlichkeit gemessen. Für die spezifi-<br />
sche Qualität der Gottesbeziehung verwendete Murken Skalen von Petersen<br />
(1993), die positive und negative Gefühle gegenüber Gott und unterschiedliche Ein-<br />
schätzungen des Verhaltens Gottes (unterstützend, herrschend/strafend und pas-<br />
siv) differenzieren. Psychische Gesundheit wurde mit der Kurzform des Allgemeinen<br />
Depressionsfragebogens (ADS-K), mit dem der Trait-Version des Angstfragebogens<br />
STAI und einzelnen Skalen aus Persönlichkeitsfragebögen erfasst. Personale Res-<br />
sourcen wurden mit dem Narzissmus-Inventar und einer Skala zum Selbstwertge-<br />
fühl gemessen.
Einleitung 22<br />
Ähnlich berichtet auch Winter (2005) für eine Stichprobe von Schweizer Pfarreimit-<br />
gliedern unterschiedlicher Konfession, dass negatives religiöses Coping ein Vulne-<br />
rabilitätsfaktor sein kann, da es mit geringerem subjektivem Wohlbefinden sowie mit<br />
höherer Ängstlichkeit und Depressivität korreliert. Den umgekehrten Zusammen-<br />
hang für positives Coping, wie ihn etwa die Metaanalyse von Ano und Vasconcelles<br />
(2005) nahe legen, konnte er dagegen nicht bestätigen.<br />
1.4.2.3 Religiosität und Depressivität<br />
Positive Zusammenhänge zwischen Religiosität und geringerer Depressivität berich-<br />
tet Dörr (1987; 2001) immerhin für spezifische PatientInnengruppen. In einer deut-<br />
schen gemischten Stichprobe von jeweils ca. 55 depressiven PatientInnen, kirchli-<br />
chen Gemeindemitgliedern und einer Kontrollgruppe fand Dörr (1987) einen umge-<br />
kehrt u-förmigen Zusammenhang zwischen Religiosität und Depression: „Proban-<br />
den (Pbn) mit einem mittleren Ausmaß religiöser Orientierung sind deutlich depres-<br />
siver als nicht-religiöse Pbn auf der einen und sehr-religiöse Pbn auf der anderen<br />
Seite (S. 109f.)“. Die niedrigste Depressivität zeigten Probanden mit einer sehr ho-<br />
hen intrinsischen Orientierung. Religiosität operationalisierte Dörr mit einer Überset-<br />
zung der Religious Orientation Scale von Allport und Ross (1967) sowie Skalen zur<br />
religiösen Orientierung, zur religiösen Erfahrung und zum Gottesbild. Depressivität<br />
wurde mit der Depressivitätsskala von Zerssen gemessen.<br />
Bei einer Studie mit 203 KlientInnen von christlich geprägten Beratungsstellen und<br />
psychosomatischen <strong>Kliniken</strong> konnte Dörr (2001) in einer Modellprüfung die Annah-<br />
me bestätigen, dass kooperatives religiöses Coping einen negativen Effekt auf De-<br />
pressivität hat. Allerdings fand sie diesen Zusammenhang nur für die PatientInnen-<br />
gruppe, die sich die Bewältigung eine Lebenskrise vergegenwärtigte, nicht für dieje-<br />
nigen, die die Fragebogenversion „Alltagsproblem“ erhielten. Religiöses Coping<br />
erhob Dörr mit einer älteren Skala von Pargament (Religious Problem Solving Sca-<br />
le), die zwischen drei Kontrolldimensionen (kooperativ, passiv, selbstgesteuert)<br />
unterscheidet. Zumindest für Situationen mit einem hohen Stressniveau wurde also<br />
belegt, dass kooperatives Coping mit geringerer Depressivität einhergeht. Die Stu-<br />
dien von Dörr deuten ähnlich wie die Studien aus den USA (Smith et al., 2003) auf<br />
Zusammenhänge zwischen Depressivität und Religiosität hin. Allerdings scheint<br />
eine differenzierte Betrachtung erforderlich, was die Operationalisierung von Religi-<br />
osität und die Wahl der Stichprobe betrifft.
Einleitung 23<br />
1.4.2.4 Spiritualität und Psychische Gesundheit<br />
Bisher wurde auf Studien eingegangen, die sich vorwiegend für den Zusammen-<br />
hang zwischen Religiosität und psychischer Gesundheit interessieren. Abschließend<br />
soll auf Forschungsergebnisse eingegangen werden, die Spiritualität bewusst unab-<br />
hängig von religiösen Traditionen beschreiben. Einige Studien aus der Transperso-<br />
nalen Psychologie legen nahe, dass transpersonale Erfahrungen gesundheitsförder-<br />
lich wirken. Winkler (2001) findet Korrelationen von außergewöhnlichen Erfahrun-<br />
gen während des Therapieaufenthalts von PatientInnen der Fachklinik Heiligenfeld<br />
(Bad Kissingen) und Therapieerfolg. Die außergewöhnlichen Erfahrungen wurden<br />
schriftlich in einer offenen Frage erhoben, die Antworten inhaltsanalytisch ausge-<br />
wertet. Der Therapieerfolg wurde mit einem einmaligen multiplen Ergebniskriterium<br />
(EMEK, vgl. Wittman, Nübling & Schmitt, 2002) erhoben. Insbesondere für außer-<br />
gewöhnliche Erfahrungen ohne visionären und mystischen Charakter - als Beispiel<br />
ist z.B. „das Körpergefühl, in der eigenen Mitte zu sein“, genannt - ergab sich ein<br />
Zusammenhang mit dem Erfolgskriterium. Stabilisierende und destabilisierende<br />
Effekte von außergewöhnlichen Erfahrungen differenziert Kohls (2004).<br />
Nach Belschner (2001b) lassen sich die Therapieeffekte von PatientInnen der psy-<br />
chosomatischen Klinik Heiligenfeld durch Selbstvertrauen und Transpersonales<br />
Vertrauen zusammen besser erklären als durch eine der Variablen allein. Er sieht<br />
darin eine Bestätigung dafür, dass die Lebensformen des Tuns und Lassens kom-<br />
plementär aufeinander angewiesen sind. Selbstvertrauen bzw. die Lebensform Tun<br />
wurde dabei mit der Subskala Internalität aus den Fragebogen zur Erhebung von<br />
Kontrollüberzeugungen zu Krankheit und Gesundheit (KKG) von Lohaus und<br />
Schmitt (1989) sowie der Skala Generalisierte Selbstwirksamkeit von Schwarzer<br />
und Jerusalem (1997) operationalisiert, Transpersonales Vertrauen bzw. die Le-<br />
bensform Lassen mit der Skala TPV. Therapieerfolg wurde mit Hilfe eines einmali-<br />
gen multiplen Erfolgskriteriums (EMEK) gemessen, in das 17 Kriterien eingingen,<br />
darunter Selbsteinschätzungen von Personen und Ergebnisse psychologischer<br />
Tests. Nach Belschner (2001b) haben die Personen mit den höchsten Werten im<br />
transpersonalen Vertrauen und im Selbstvertrauen die besten Behandlungsergeb-<br />
nisse. Angaben zu den Kriterien, die in die Berechnung des multiplen Erfolgskriteri-<br />
ums einbezogen wurden, sowie zu Mittelwerten und Streuung der Skala TPV für<br />
Gesamtgruppe und Untergruppen liegen mir leider nicht vor.<br />
In der Studie von Kohls (2004) kann die Skala TPV allein allerdings weder für die<br />
Gesamtgruppe von 771 TeilnehmerInnen noch für die Untergruppe von 56 Patien-
Einleitung 24<br />
tInnen einer psychosomatischen Klinik einen Teil der Varianz des Brief Symptom<br />
Inventory (Kurzform der SCL-90-R) erklären.<br />
Albani et al. (2005) untersuchten Transpersonales Vertrauen, gemessen mit dem<br />
TPV, als Moderatorvariable zwischen Körperbeschwerden und Lebenszufriedenheit<br />
bei älteren Menschen (N = 593). Der positive Zusammenhang zwischen Körperbe-<br />
schwerden und geringer Lebenszufriedenheit war bei Personen mit einem hohen<br />
TPV-Gesamtwert etwas geringer als bei Personen mit einem geringen TPV-<br />
Gesamtwert, allerdings ist das Ergebnis nicht statistisch signifikant. Ferner geht<br />
durch die Dichotomisierung der Skala Transpersonales Vertrauen Information verlo-<br />
ren.<br />
Von Interesse ist dabei auch, inwieweit die Skala Transpersonales Vertrauen mit<br />
anderen Spiritualitäts-/Religiositätsmaßen und der Zugehörigkeit zu einer religiösen<br />
Gemeinschaft korreliert. Albani et al. (2005) fanden für eine Stichprobe von älteren<br />
Menschen (N = 593) konfessionelle Zugehörigkeit als den wesentlichen Faktor für<br />
die Zustimmung zu den Items der Skala TPV. Ergebnisse dazu, inwiefern bei jünge-<br />
ren Menschen der TPV ebenfalls mit Religionszugehörigkeit zusammenhängt, lie-<br />
gen nicht vor.<br />
1.4.3 Zusammenfassung des Forschungsstandes<br />
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Forschungsergebnisse aus den USA Kor-<br />
relationen zwischen allgemeiner Religiosität sowie positiven Religiositätsmaßen und<br />
geringerer psychischer Belastung konstatieren, die allerdings klein sind (Koenig et<br />
al., 2001). Andererseits berichten sie Zusammenhänge zwischen negativen Religi-<br />
ositätsmaßen und stärkerer psychischer Belastung (Ano und Vasconcelles, 2005).<br />
Die Forschungsergebnisse aus Deutschland und der Schweiz weisen insgesamt auf<br />
einen deutlichen Zusammenhang zwischen einer negativen Religiosität und größe-<br />
rer psychischer Belastung hin, während umgekehrt im deutschsprachigen Raum<br />
kaum Effekte von positiver Spiritualität gefunden werden (Murken, 1998; Winter,<br />
2005). In der vorliegenden Studie soll überprüft werden, ob sich diese Zusammen-<br />
hänge zwischen psychischer Belastung und Spiritualität/Religiosität replizieren las-<br />
sen.<br />
Als positive Ressource hat sich Spiritualität hinsichtlich des subjektiven Wohlbefin-<br />
dens erwiesen, nicht aber hinsichtlich geringerer psychischer Belastung (Allemand<br />
& Znoj, 2004). PatientInnen einer psychosomatischen Klinik mit einem christlich<br />
geprägten Behandlungsangebot profitierten hinsichtlich ihres spirituellen Wohlbefin-
Einleitung 25<br />
dens, nicht aber hinsichtlich der Veränderung der Symptombelastung stärker als<br />
PatientInnen einer Klinik ohne religiöse Prägung (Schowalter et al., 2003).<br />
Dass sich Spiritualität/Religiosität – anders als in den USA – in Deutschland kaum<br />
als Ressource nachweisen ließ, könnte mit der größeren Bedeutung der sozialen<br />
Unterstützung durch die religiöse Gemeinschaft in den USA zusammenhängen<br />
(Dörr, 2001). Man könnte allerdings auch vermuten, dass Spiritualität bisher kaum in<br />
einer für die deutsche Allgemeinbevölkerung angemessenen Weise operationalisiert<br />
wurde. Für Spiritualität unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer religiösen Ge-<br />
meinschaft gibt es bisher erst wenige Forschungsergebnisse.<br />
Den kulturellen Gegebenheiten Deutschlands entsprechend erscheint ein Spirituali-<br />
tätsmaß als geeignet, das Loslassen und Vertrauen in eine höhere Macht, wie es<br />
sich in der Studie von Allemand & Znoj (2004) als signifikanter Prädiktor von subjek-<br />
tivem Wohlbefinden erwiesen hat, in einer von einer bestimmten religiösen Tradition<br />
unabhängigen Formulierung erfasst. Hier bietet sich die Skala Transpersonales Ver-<br />
trauen an, für die bereits nachgewiesen wurde, dass sie zusammen mit Selbstwirk-<br />
samkeit ein besserer Prädiktor für Therapieerfolg ist als Selbstwirksamkeit allein<br />
(Belschner, 2006).<br />
Nicht untersucht wurde bisher außerdem, ob Spiritualität zu Behandlungsbeginn ein<br />
Prädiktor dafür ist, wie sehr PatientInnen von der Therapie profitieren, ob also Spiri-<br />
tualität zu Behandlungsbeginn zur Vorhersage des Ausmaßes der Veränderung der<br />
psychischen Belastung während der Behandlung bzw. der retrospektiven Erfolgs-<br />
beurteilung am Ende der Behandlung beiträgt.<br />
Zu vermuten wäre ein solcher Zusammenhang aufgrund des Konzepts der Res-<br />
sourcenaktivierung. Spiritualität könnte nämlich als eine Ressource im Sinn von<br />
Grawe und Grawe-Gerber (1998) verstanden werden, die eine Befriedigung der<br />
Grundbedürfnisse etwa nach Orientierung, Bindung und Selbstwerterhöhung er-<br />
möglicht. Man könnte vermuten, dass zwar zu Beginn der Behandlung kein Zu-<br />
sammenhang zwischen Spiritualität und psychischer Belastung besteht, aber spiri-<br />
tuelle Personen aufgrund spezifischer Ressourcen stärker von der Behandlung pro-<br />
fitieren. Auch darauf soll in der vorliegenden Untersuchung eingegangen werden.<br />
Für Deutschland gibt es kaum etablierte Messinstrumente für Spirituali-<br />
tät/Religiosität. Die berichteten Studien verwenden unterschiedliche Maße (vgl.<br />
1.3.2). In der vorliegenden Studie werden daher vor der Untersuchung der Haupt-<br />
hypothesen drei Spiritualitätsmaße auf ihren Zusammenhang mit Religionszugehö-<br />
rigkeit sowie ihren Zusammenhang untereinander verglichen.
Einleitung 26<br />
1.5 Fragestellungen und Hypothesen<br />
Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung ist es, einen Beitrag zu der Frage zu<br />
leisten, inwieweit Spiritualität für PatientInnen einer psychosomatischen Klinik eine<br />
Ressource darstellt. Es werden zunächst einige Hypothesen bezüglich der verwen-<br />
deten Messinstrumente überprüft. Als erste Haupthypothese (Hypothese 2) wird<br />
untersucht, wie positive und negative Spiritualität/Religiosität zu Behandlungsbeginn<br />
mit psychischer Belastung zusammenhängen. Als zweite Haupthypothese (Hypo-<br />
these 3) wird getestet, inwieweit Spiritualität zu Behandlungsbeginn ein Prädiktor für<br />
Therapieerfolg ist.<br />
1. Hypothesen zu den verwendeten Spiritualitätsskalen<br />
Hypothese 1a: Personen, die unterschiedliche Religionszugehörigkeit angeben,<br />
unterscheiden sich in ihren Werten auf den Spiritualitätsskalen.<br />
Hypothese 1b: Personen, die sich als spirituell bezeichnen, aber keine Zugehörig-<br />
keit zu einer Religionsgemeinschaft angeben, haben geringere Werte auf den<br />
Skalen zur Zentralität der Religiosität und zum Positiven und Negativen religiö-<br />
sen Coping als Personen, die eine bestimmte Religionszugehörigkeit angeben.<br />
Hypothese 1c: Hinsichtlich der Skala Transpersonales Vertrauen gibt es keinen Un-<br />
terschied zwischen Personen, die sich als spirituell bezeichnen, und Personen,<br />
die sich einer Religionsgemeinschaft zugehörig fühlen.<br />
Hypothese 1d: Es gibt einen Zusammenhang zwischen den Maßen für eine positive<br />
Spiritualität (Transpersonales Vertrauen, Zentralität, Positives religiöses Coping).<br />
Hypothese 1e: Die drei Spiritualitätsmaße Transpersonales Vertrauen, Zentralität<br />
und Religiöses Coping erfassen ein mehrfaktorielles Konstrukt.<br />
2. Hypothesen zum Zusammenhang zwischen Spiritualität/Religiosität und<br />
psychischer Belastung zu Behandlungsbeginn<br />
Hypothese 2a: Die psychische Belastung (gemessen mit dem GSI, SCL-90-R) ist<br />
bei Behandlungsbeginn umso größer, je höher die Werte auf der Skala Negatives<br />
religiöses Coping sind.<br />
Hypothese 2b: Es besteht kein Zusammenhang zwischen positiver Spiritualität,<br />
(gemessen mit der Skala TPV, der Zentralitätsskala und der Skala zum Positiven<br />
religiösen Coping) und psychischer Belastung zu Behandlungsbeginn.
Einleitung 27<br />
3. Hypothesen zu Spiritualität als Prädiktor für Therapieerfolg<br />
Hypothese 3a: Spiritualität zu Behandlungsbeginn, gemessen mit der Skala TPV, ist<br />
ein Prädiktor für die Verringerung der psychischen Belastung im Verlauf der Be-<br />
handlung (gemessen als Differenz der GSI-Rohwerte zu Behandlungsbeginn und<br />
am Behandlungsende).<br />
Hypothese 3b: Spiritualität zu Behandlungsbeginn, gemessen mit der Skala TPV, ist<br />
ein Prädiktor für die retrospektive Erfolgsbeurteilung durch die PatientInnen am<br />
Ende der Behandlung (gemessen mit dem VEV-K).
Methode 28<br />
2. Methode<br />
Bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um eine korrelative Studie. Im<br />
Folgenden werden zunächst die TeilnehmerInnen und die Art der Versuchsdurch-<br />
führung beschrieben, anschließend werden die verwendeten Instrumente dargestellt<br />
und es wird auf die statistische Auswertung eingegangen.<br />
2.1 TeilnehmerInnen und Versuchsdurchführung<br />
Die Daten stammen aus zwei unterschiedlichen Erhebungen in der Psychosomati-<br />
schen Klinik Bad Grönenbach. Zunächst soll die Institution dargestellt werden, an-<br />
schließend wird auf die Art der Datenerhebung und die soziodemographischen Da-<br />
ten der TeilnehmerInnen eingegangen.<br />
2.1.1 Die Institution<br />
In der Klinik für psychosomatische Medizin Bad Grönenbach werden Menschen mit<br />
unterschiedlichen psychischen und psychosomatischen Störungen behandelt. Dazu<br />
zählen Depressionen, Angststörungen, Essstörungen, Substanzabhängigkeit, so-<br />
matoforme Störungen, psychosomatische Erkrankungen, Burn-out-Zustände, post-<br />
traumatische Belastungsstörungen, Borderline-Störungen und Persönlichkeitsstö-<br />
rungen.<br />
Zu Beginn der Datenerhebung war die Klinik in vier Stationen mit insgesamt ca. 175<br />
Betten gegliedert, 2006 kam neu eine Akutabteilung dazu. Die PatientInnen kom-<br />
men größtenteils aus den westlichen Bundesländern. Ausführlich sind die PatientIn-<br />
nencharakteristika auf der Homepage der Klinik dargestellt (Klinik für psychosomati-<br />
sche Medizin Bad Grönenbach, 2006).<br />
Gegründet wurde die Klinik 1979 nach dem Bad Herrenalber Modell für Suchtbe-<br />
handlung. Heute ist die Therapie integrativ und verbindet humanistische, psychody-<br />
namische sowie verhaltenstherapeutische Ansätze. Wesentlich für das Behand-<br />
lungskonzept sind die ganzheitliche Sicht des Menschen als bio-psycho-soziale<br />
Einheit und die therapeutische Gemeinschaft, der sowohl PatientInnen als auch<br />
MitarbeiterInnen angehören. Therapie wird verstanden als „eine Form zwischen-<br />
menschlicher Begegnung, in der sowohl Hilfe zur Bewältigung seelischer Probleme<br />
Platz hat als auch die Begleitung einer inneren Suche nach dem Sinn des erlebten<br />
Schicksals“ (Klinik für psychosomatische Medizin Bad Grönenbach, S. 15).<br />
Aufgrund der humanistischen Wurzeln der Klinik und ihrer Verbindung zu den Ano-<br />
nymen Selbsthilfegruppen, die Kapitulation gegenüber einer höheren Macht für ei-<br />
nen wesentlichen Schritt im Heilungsprozess halten, besteht eine grundsätzliche
Methode 29<br />
Offenheit für Spiritualität. Zum freiwilligen Therapieangebot gehören – unabhängig<br />
von der Konfessionszugehörigkeit – Gespräche mit dem Krankenhausseelsorger<br />
und die so genannte Spirituelle Gruppe.<br />
2.1.2 Datenerhebung<br />
Alle 60 TeilnehmerInnen an der ersten Erhebung stammen aus Abteilung 1<br />
(Schwerpunkte Angststörungen, Depressionen, Substanzmissbrauch). Zu Beginn<br />
der Behandlung, in der so genannten „Ankunftsgruppe“ wurde an alle PatientInnen<br />
von den jeweils zuständigen TherapeutInnen die Skala TPV als Papierversion aus-<br />
gegeben. Die Anleitung zum Ausfüllen des Fragebogens ist oben auf dem Fragebo-<br />
gen abgedruckt. Die Skala TPV entspricht der ersten Skala im Fragebogen zur Spi-<br />
ritualität (vgl. Anhang A). Anonymität war beim Rücklauf vermutlich nicht sicher ge-<br />
währleistet. Die Erhebung erstreckte sich von Juni bis Dezember 2005, wobei -<br />
durch Urlaubszeiten der TherapeutInnen bedingt - bei einigen Ankunftskohorten<br />
keine Fragebögen verteilt wurden.<br />
An der zweiten Erhebung haben 96 PatientInnen aller fünf Abteilungen der Klinik<br />
teilgenommen. Von den 94 Fragebögen, die in die Auswertung einbezogen wurden<br />
(vgl. 2.3.1), kamen 31 aus Abteilung 1 (Angststörungen, Depressionen, Substanz-<br />
missbrauch), 30 aus Abteilung 2 (Essstörungen, somatoforme Störungen und psy-<br />
chosomatische Erkrankungen), 24 aus Abteilung 3 (Persönlichkeitsstörungen, unter<br />
anderem Borderline), zwei aus Abteilung 4 (Burn-out) und sieben aus Abteilung 5<br />
(Akutstation). Die unterschiedliche Verteilung auf die Abteilungen erklärt sich aus<br />
der unterschiedlichen Größe der Abteilungen und der unterschiedlichen Aufent-<br />
haltsdauer der PatientInnen.<br />
Bei der zweiten Erhebung wurde in der ersten Aufenthaltswoche der PatientInnen<br />
im Rahmen der üblichen Datenerhebung („Prä-Tests“) ein Fragebogen zur Spiritua-<br />
lität als Papierversion ausgegeben mit der Aufforderung, ihn innerhalb der nächsten<br />
Woche abzugeben. Der vollständige Fragebogen ist in Anhang A abgedruckt. Die<br />
befragten PatientInnen werden im Fragebogen geduzt, weil dies in der Klinik Bad<br />
Grönenbach so üblich ist. Die Anleitungen zum Ausfüllen sind auf dem Fragebogen<br />
abgedruckt. Der Fragebogen besteht aus Angaben zur Religionszugehörigkeit, der<br />
Skala TPV, der Zentralitätsskala von Huber und einem Fragebogen zum Religiösen<br />
Coping.<br />
Die Erhebung erfolgte im April und Mai 2006. Da es sich um fortlaufende Aufnah-<br />
men mit fast vollständigem Rücklauf handelt, ist zu erwarten, dass es sich um eine<br />
für die PatientInnen der Klinik Bad Grönenbach repräsentative Stichprobe handelt.
Methode 30<br />
Die Datenerhebung erfolgte nicht anonym, da die Fragebögen den übrigen Klinikda-<br />
ten zugeordnet werden sollten. Allerdings ist eine Verfälschung der Antworten un-<br />
wahrscheinlich, da die Fragebögen nicht an die TherapeutInnen, sondern an den<br />
Forschungsverantwortlichen zurückgegeben wurden.<br />
Es liegen insgesamt für 60 TeilnehmerInnen die Skala TPV sowie für 96 Teilnehme-<br />
rInnen der Fragebogen zur Spiritualität vor, der unter anderem aus der Skala TPV,<br />
der Zentralitätsskala und einem Fragebogen zum Religiösen Coping besteht. Zu-<br />
sätzlich wurde für die vorliegende Studie die Klinikdokumentation benutzt. Die Pati-<br />
entInnen füllen jeweils zu Beginn und am Ende ihrer Behandlung am Computer um-<br />
fangreiche Fragebögen aus. Dabei werden unter anderem soziodemographische<br />
Daten erfragt (vgl. Anhang B). Außerdem wurden für die vorliegende Untersuchung<br />
die Testergebnisse in der Skala SCL-90-R zu Beginn und am Ende der Behandlung<br />
sowie die Ergebnisse des VEV-K am Ende der Behandlung verwendet.<br />
2.1.3 Soziodemographische Daten<br />
Angaben zu Alter und Geschlecht sowie zu weiteren soziodemographischen Variab-<br />
len wurden der Basisdokumentation der psychosomatischen Klinik Bad Grönenbach<br />
entnommen (vgl. Anhang B).<br />
In Tabelle 2 und Tabelle 3 sind sowohl die soziodemographischen Daten für die 131<br />
TeilnehmerInnen dargestellt, die die Therapie in der psychosomatischen Klinik Bad<br />
Grönenbach regulär beendet haben, als auch zum Vergleich die soziodemographi-<br />
schen Daten aller TeilnehmerInnen sowie der TeilnehmerInnen an Erhebung 2. So-<br />
weit entsprechende Angaben vorliegen, werden außerdem die durchschnittlichen<br />
PatientInnencharakteristika für die Jahre 1993 bis 2003 angegeben (Klinik für psy-<br />
chosomatische Medizin Bad Grönenbach, 2006).<br />
Tabelle 2. Alter und Geschlecht der TeilnehmerInnen<br />
Daten vollständig alle TeilnehmerInnen Erhebung 2 Klinik gesamt<br />
Alter<br />
bis 30 Jahre 16.8% (22) 18.8% (29) 21.3% (20)<br />
31 bis 40 Jahre 26.0% (32) 27.3% (42) 29.8% (28)<br />
41 bis 50 Jahre 39.7% (52) 38.3% (59) 36.2% (34)<br />
ab 51 Jahre<br />
Geschlecht<br />
17.6% (23 ) 15.6% (24) 12.8% (12)<br />
männlich 31.3% (41) 32.5% (50) 28.7% (27) 26.1%<br />
weiblich 68.7% (90) 67.5% (104) 71.3% (67) 73.9%<br />
TeilnehmerInnen (N) 131 153 94 8209<br />
Anmerkung: Fett gedruckt sind die Daten für die TeilnehmerInnen, die die Therapie regulär beendet<br />
haben („Daten vollständig“). „Klinik gesamt“: Durchschnittswerte aus den Jahre 1993 bis 2003. In<br />
Klammern sind jeweils die absoluten Häufigkeiten angegeben.
Methode 31<br />
Tabelle 3. Weitere Soziodemographische Daten der TeilnehmerInnen<br />
Daten vollständig alle TeilnehmerInnen<br />
Erhebung 2 Klinik gesamt<br />
Familienstand<br />
ledig 41.2% (54) 42.1% (64) 44.7% (42) 57.6%<br />
verheiratet 34.5% (45) 32.9% (50) 36.2% (34) 22.5%<br />
geschieden/getrennt lebend 22.9% (30) 23.7% (36) 18.8% (17) 19.0%<br />
verwitwet<br />
Partnersituation<br />
1.5% (2) 1.3% (2) 1.1% (1) 0.8%<br />
fester Partner 51.9% (68) 53.3% (81) 54.3% (51) 47.2%<br />
kein oder kein fester Partner<br />
Schulabschluss<br />
48.1% (63) 46.7% (71) 45.7% (43) 52.8%<br />
kein/ Sonder-Schulabschluss 0.8% (1) 0.7% (1) 0% (0)<br />
Haupt-/Realschulabschluss 45.8% (60) 47.4% (72) 48.9% (46) 40.8%<br />
Abitur 51.1% (67) 48.7% (74) 47.9% (45) 51.4%<br />
noch in der Schule, Sonstiges<br />
Berufsabschluss<br />
2.3% (3) 3.3% (5) 3.2% (3) 7.8%<br />
ohne Abschluss 3.8% (5) 4.6% (7) 4.3% (4) 10.4%<br />
Lehre 43.5% (57) 45.4% (69) 46.8% (44) 45.9%<br />
Universität, FH, Meister 42.0% (55) 39.5% (60) 36.2% (34) 28.8%<br />
Ausbildung, Sonstiges<br />
Berufstätigkeit<br />
10.7% (14) 10.5% (16) 12.8% (12) 15.0%<br />
Voll- oder Teilzeit 61.1% (80) 58.6% (89) 57.4% (54) 60.9%<br />
gelegentlich/ im Haushalt 6.9% (9) 7.9% (12) 7.4% (7)<br />
arbeitslos 17.6% (23) 20.4% (31) 21.9% (21)<br />
Rente 4.6% (6) 3.9% (6) 3.2% (3)<br />
Ausbildung, Sonstiges 9.9% (13) 9.2% (14) 9.6% (9)<br />
TeilnehmerInnen (N) 131 152 94 8209<br />
Anmerkung: In Klammern sind jeweils die absoluten Häufigkeiten angegeben. „Daten vollständig“<br />
(Werte jeweils fett gedruckt): TeilnehmerInnen mit Daten zu beiden Messzeitpunkten. „Klinik gesamt“:<br />
Durchschnittswerte aus den Jahre 1993 bis 2003.<br />
Das Durchschnittsalter der 131 TeilnehmerInnen, für die zu beiden Messzeitpunkten<br />
Daten vorliegen, beträgt 41.56 Jahre (SD = 10.01). Der oder die Jüngste unter ih-<br />
nen ist 20, der oder die Älteste 70 Jahre. Über zwei Drittel der PatientInnen (68.7%)<br />
sind Frauen.<br />
Was den Familienstand betrifft, sind 34.5% verheiratet oder wieder verheiratet,<br />
41.2% ledig und 22.9% getrennt lebend oder geschieden. Über die Hälfte der Be-<br />
fragten (51.9%) leben in einer festen Beziehung.<br />
Das Bildungsniveau der Befragten ist überdurchschnittlich hoch. Über die Hälfte<br />
(51.1%) haben Abitur. Als höchsten Berufsabschluss haben 42.5% eine Lehre,<br />
42.0% ein Studium oder eine Meisterprüfung. Voll- oder Teilzeit berufstätig waren<br />
61.1% der Befragten, arbeitslos 17.6%.<br />
Vergleicht man die TeilnehmerInnen, für die die Daten vollständig vorliegen, mit den<br />
Klinikdaten aus den Jahren 1993 bis 2003, so sind sie etwa älter als der Klinik-<br />
durchschnitt (M = 41.56; SD = 10.01 gegenüber M = 36.3). Der Anteil der Verheira-<br />
teten ist etwas größer als im Klinikdurchschnitt (34.5% gegenüber 22.5%), ebenso
Methode 32<br />
der Anteil der Personen mit einem hohen Berufsabschluss (Universität, Fachhoch-<br />
schule oder Meister: 42.0% gegenüber 28.8%).<br />
Die TeilnehmerInnen an Erhebung 1 und Erhebung 2 unterscheiden sich nicht signi-<br />
fikant hinsichtlich Geschlecht, GSI-Differenz, VEV-K-Summenwert und TPV-<br />
Gesamtwert (Mittelwertsvergleiche). Da zudem keine systematischen Verzerrungen<br />
aufgrund der Datenerhebung zu erwarten sind, scheint es unproblematisch, die Da-<br />
ten aus beiden Erhebungen gemeinsam auszuwerten.
Methode 33<br />
2.2 Instrumente<br />
Die vorliegende Untersuchung wurde mit Hilfe von Selbstbeurteilungsfragebögen<br />
durchgeführt. Die psychische Belastung wird mit Hilfe die Symptom-Checkliste SCL-<br />
90-R gemessen. Sie wird gleichzeitig auch zur Bestimmung des Therapieerfolgs<br />
verwendet wird und in diesem Zusammenhang dargestellt (vgl. 2.2.2.1). Ausführli-<br />
cher eingegangen wird auf die eingesetzten Spiritualitäts- und Religiositätsfragebö-<br />
gen.<br />
2.2.1 Spiritualitäts-und Religiositätsfragebögen<br />
In der ersten Erhebung wurde nur die Skala Transpersonales Vertrauen (TPV) von<br />
Belschner eingesetzt. In der zweiten Erhebung (N = 94) wurde ein Fragebogen ver-<br />
wendet, der sich aus Angaben zur Religionszugehörigkeit, der Skala TPV, der Zent-<br />
ralitätsskala von Huber (2003) und einer Skala zum Religiösen Coping von Winter<br />
(2005) zusammensetzt (siehe Anhang A).<br />
2.2.1.1 Die Skala Transpersonales Vertrauen (TPV)<br />
Die Skala Transpersonales Vertrauen (TPV), die 1998 von Belschner entwickelt<br />
wurde, ist „ausgerichtet auf die eigene spirituelle Erfahrung als Erkenntnismodalität,<br />
im Gegensatz zum kognitiven Wissen um religiöse Glaubensinhalte“ (Belschner,<br />
2001b, S. 93). Sie erhebt Spiritualität unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer<br />
Religionsgemeinschaft. Nach Belschner (2006) geht die Formulierung der Items auf<br />
Erfahrungen des Autors „in Zen-Meditation, Qigong (Leibarbeit) und die Begleitung<br />
von Menschen in Lebenskrisen sowie langjährige Arbeit in <strong>Kliniken</strong>“ (S. 6) zurück.<br />
Die Skala TPV und ein Überblick über ihre psychometrischen Eigenschaften sind<br />
verfügbar bei Yeginer (2000a). Die Skala besteht aus 11 Items. Auf einer vierstufi-<br />
gen Ratingskala schätzen die Antwortenden ein, wie sehr sie einer Aussage zu-<br />
stimmen. Für die Auswertung werden die Antwortalternativen als Zahlenwerte von 0<br />
(trifft gar nicht zu) bis 3 (trifft vollständig zu) kodiert. Der TPV-Gesamtwert wird aus<br />
der Summe der Werte für alle 11 Items gebildet.<br />
Reliabilität und Validität der Skala wurde an 490 PatientInnen der psychosomati-<br />
schen Klinik Heiligenfeld (Belschner, 2000; 2006) sowie für eine repräsentative Be-<br />
völkerungsstichprobe von 954 Ost- und 1013 Westdeutschen (Albani et al., 2002b)<br />
überprüft.
Methode 34<br />
Kennwerte der Skala TPV<br />
Belschner (2006) berichtet eine internale Konsistenz (Cronbachs Alpha) von .92 für<br />
PatientInnen der psychosomatischen Klinik Heiligenfeld, Albani et al. (2002b) fan-<br />
den in der repräsentativen Bevölkerungsstichprobe Werte für Cronbachs Alpha zwi-<br />
schen .89 und .95 bei unterschiedlichen Teilstichproben. In der vorliegenden Studie<br />
wurde ein Wert von .90 für Cronbachs Alpha (standardisiert) gefunden.<br />
Die Schwierigkeitsindizes liegen nach Belschner (2006) in der Normstichprobe der<br />
PatientInnen aus der psychosomatischen Klinik zwischen .41 und .55, die Trenn-<br />
schärfeindizes zwischen .40 und .84. In der vorliegenden Untersuchung wurden mit<br />
Werten für die Trennschärfe zwischen .48 und .77 ähnlich gute Werte gefunden<br />
(vgl. Tabelle 4). Für keines der Items gilt, dass die interne Konsistenz durch den<br />
Ausschluss des Items noch besser würde. Albani et al. (2002b) berichten eine<br />
schiefe Verteilung insbesondere für die Teilstichproben der konfessionslosen Ost-<br />
und Westdeutschen, woraus sie ableiten, dass die Skala vor allem bei Personen mit<br />
Religionszugehörigkeit differenziert.<br />
Tabelle 4. Trennschärfen, Mittelwerte und Standardabweichungen der Items<br />
der Skala TPV (N=153)<br />
Item rt M SD<br />
1 Ich fühle mich mit einer höheren Wirklichkeit/ einem höheren Wesen/<br />
Gott verbunden. Darauf kann ich auch in schweren Zeiten vertrauen.<br />
2 Manchmal habe ich den Eindruck, dass ich in meinem Leben aus einer<br />
höheren Einsicht heraus geführt werde.<br />
3 Religiöse Praktiken (z.B. Beten, Mantren sprechen, geistige Lieder<br />
singen, Meditieren) helfen mir in schwierigen Situationen.<br />
.77 1.56 1.01<br />
.71 1.56 1.00<br />
.66 1.40 1.15<br />
4 Meine Seele lebt auch nach meinem Tod weiter. .48 1.96 1.12<br />
5 Ich versuche, mich der Hand Gottes/ eines höheren Wesens/ einer<br />
höheren Wirklichkeit anzuvertrauen.<br />
.74 1.50 1.11<br />
6 Ich bin Teil eines großen Ganzen, in dem ich geborgen bin. .73 1.66 1.10<br />
7 Ich bezeichne mich als religiös, auch wenn ich keiner Glaubensgemeinschaft<br />
angehöre.<br />
8 Ich bin ein Mensch mit Körper und Intellekt. Und ich bin auch untrennbar<br />
mit dem Kosmos verbunden.<br />
9 Es gibt in einem Menschenleben manches Glück oder Unglück, das<br />
meine Möglichkeiten des Erklärens und Verstehens übersteigt.<br />
10 Wir Menschen können nicht alles bestimmen. Es gibt eine höhere<br />
Wirklichkeit/ ein höheres Wesen/ Gott, dem ich mich anvertrauen<br />
kann.<br />
11 Ich habe schon die Erfahrung gemacht, dass ich mich mit der Welt<br />
und dem Kosmos eins fühle.<br />
Anmerkungen: rt=Trennschärfe (korrigierte Item-Gesamt-Korrelation)<br />
.49 1.37 1.11<br />
.55 1.75 1.08<br />
.58 2.39 0.86<br />
.74 1.92 1.09<br />
.51 1.11<br />
1.12
Methode 35<br />
Vergleichswerte der Skala TPV<br />
Für die vorliegende Stichprobe lagen die Itemwerte deutlich höher als der von Alba-<br />
ni et al. (2002b) gefundene Wert der Bevölkerungsnorm für Ostdeutsche. Auch im<br />
Vergleich zur Bevölkerungsnorm für Westdeutsche (M = 15.6, SD = 8.5, N = 1014)<br />
haben die PatientInnen der Klinik Bad Grönenbach einen höheren Wert (M = 18.2,<br />
SD = 8.14, N = 153).<br />
Die für die Skala Transpersonales Vertrauen vorliegenden Vergleichswerte sind in<br />
Tabelle 5 zusammengestellt. Der Mittelwert liegt in dieser Studie (N = 131) unter<br />
dem Wert der Fachklinik Heiligenfeld (d = 0.29), aber über dem Wert, der von Albani<br />
et al. in der repräsentativen Untersuchung für Westdeutsche gefunden wurde<br />
(d = 0.33).<br />
Tabelle 5. Vergleichswerte für die Skala Transpersonales Vertrauen<br />
Stichprobe M SD<br />
Bevölkerungsnorm Westdeutsche (N = 1014) 15.6 8.5<br />
Bevölkerungsnorm Ostdeutsche (N = 959) 8.5 9.1<br />
Stationäre PatientInnen Klinik Heiligenfeld (N = 490) 20.86 8.88<br />
Diese Studie, Daten vollständig (N = 131) 18.35 8.28<br />
Diese Studie, alle TeilnehmerInnen (N = 153) 18.12 8.14<br />
Diese Studie, nur Erhebung 2 (N = 94) 17.90 8.03<br />
Anmerkungen: „Daten vollständig“: TeilnehmerInnen mit Daten zu beiden Messzeitpunkten.<br />
Die Vergleichsdaten stammen aus Albani et al. (2002b) sowie Belschner (2006).<br />
Validität der Skala TPV<br />
Was die konvergente Validität betrifft, zeigen Albani et al. (2002b) Zusammenhänge<br />
der Skala TPV mit einer Frage nach der Existenz Gottes und einer Frage nach der<br />
Bedeutung von Religion im Elternhaus. Einen hohen Zusammenhang (Korrelationen<br />
von r = .80 und r = .82) fand Bantelmann (2005) mit der Skala Spirituelle Grunder-<br />
fahrung aus den Integrativen Verlaufsskalen (IVS-39). Deutliche Korrelation (.60 bis<br />
.69) berichtet Kohls (2004) mit den Faktor Mystik positiv des Freiburger Fragebo-<br />
gens zu außergewöhnlichen Erfahrungen (FFAE), jedoch nicht mit dem Faktor Mys-<br />
tik negativ, woraus er schließt, „dass das Konstrukt Transpersonales Vertrauen, nur<br />
auf die positiven Aspekte von Spiritualität fokussiert ist“ (S. 457).<br />
Die diskriminante Validität der Skala TPV zeigt sich darin, dass sie sich in Faktoren-<br />
analysen von anderen gesundheitspsychologischen Skalen als eigenständiger Fak-<br />
tor absetzt (Belschner, 2006). Eine Ausnahme bildet nur das Item 9 „Es gibt in ei-
Methode 36<br />
nem Menschenleben manches Glück oder Unglück, das meine Möglichkeiten des<br />
Erklärens und Verstehens übersteigt.“<br />
Die postulierte Aufteilung in die zwei Faktoren „Einheitserfahrung“ und „Durchläs-<br />
sigkeit für Spiritualität“ konnte nach Belschner (2006) nicht eindeutig bestätigt wer-<br />
den. Albani et al. (2002b) schlagen für die Teilstichprobe der Ostdeutschen eine<br />
Aufteilung in die Dimensionen Transzendente Führung (Items 1 bis 5) und Trans-<br />
zendente Eingebundenheit (Items 6, 8, 9, 11) vor. Items 7 und 10 zeigten in der<br />
Studie von Albani et al. keine eindeutige Ladung, was sie unter anderem mit der<br />
zweideutigen Formulierung erklären.<br />
Für die vorliegende Studie wurden in einer Faktorenanalyse (Hauptkomponenten-<br />
analyse, Eigenwertkriterium) ebenso zwei Faktoren gefunden (vgl. Tabelle 6). Wie<br />
in der von Belschner (2006) berichteten Studie mit PatientInnen der Klinik Bad Hei-<br />
ligenfeld laden die Items 1 bis 5, 7 und 10 auf dem ersten Faktor. Gemeinsames<br />
Thema der Items, die hoch auf dem ersten Faktor laden, ist Vertrauen. Auf Faktor 2<br />
laden vor allem die Items 8 und 11, die Eingebundenheit in den Kosmos beschrei-<br />
ben. Item 6 lädt - ähnlich wie in der von Belschner berichteten Studie - stärker auf<br />
Faktor zwei, hat aber eine relativ hohe Nebenladung auf dem ersten Faktor. Item 9<br />
ist nicht eindeutig einem Faktor zuzuordnen. Die Zustimmungswerte zu dem Item<br />
sind sehr hoch (M = 2.39, SD = 0.86). Sehr gering sind die Kommunalitäten (h 2 < .50)<br />
der Items 4, 7 und 9, das heißt, diese Items werden nur in geringem Maß durch die<br />
beiden Faktoren aufgeklärt, sie haben also einen geringen Zusammenhang mit dem<br />
Konstrukt Transpersonales Vertrauen. Da die Faktorenstruktur der Skala TPV nicht<br />
eindeutig ist und sich für unterschiedliche Populationen unterscheidet, sollen im<br />
Folgenden, wie auch von Belschner (2006) vorgeschlagen, vorrangig die Gesamt-<br />
werte der Skala betrachtet werden.<br />
Tabelle 6. Faktorenstruktur der Skala Transpersonales Vertrauen (TPV) in der<br />
vorliegenden Studie (N=131)<br />
Item h 2<br />
Faktor 1 Faktor 2<br />
TPV 1 .80 .87<br />
TPV 5 .78 .87<br />
TPV 3 .69 .82<br />
TPV 2 .65 .77<br />
TPV 10 .67 .75 .34<br />
TPV 4 .33 .52<br />
TPV 7 .32 .50<br />
TPV 8 .78 .86<br />
TPV 11 .78 .87<br />
TPV 6 .72 .48 .70<br />
TPV 9 .44 .47 .48<br />
Aufgeklärte Varianz 50.8% 12.5%<br />
Anmerkungen: h 2 = Kommunalität; fett gedruckt sind Ladungen ≥ .50.
Methode 37<br />
2.2.1.2 Zentralitätsskala<br />
Die Zentralitätsskala von Huber (2003) will den „Zentralitätsgrad eines abrahami-<br />
tisch-religiösen Konstruktsystems“ (S. 254) abbilden. Sie erfasst in der hier verwen-<br />
deten Kurzform fünf Dimensionen der Religiosität durch jeweils zwei Items. Die I-<br />
tems werden auf einer fünfstufigen Likertskala (0 bis 4) eingeschätzt, wobei die Fra-<br />
gen zur Häufigkeit des Gebets und des Gottesdienstbesuchs den Angaben von Hu-<br />
ber (2004) entsprechend auf eine fünfstufige Skala umkodiert werden. Es kann ein<br />
Summenwert für jede der fünf Dimensionen der Religiosität gebildet werden sowie<br />
ein Gesamtsummenwert.<br />
Kennwerte der Zentralitätsskala<br />
Cronbachs Alpha der Gesamtskala liegt nach Huber (2004) für unterschiedliche<br />
Stichproben zwischen .90 und .94. Auch für die einzelnen Dimensionen wurden<br />
gute Werte gefunden, z.B. für eine Stichprobe von 695 Studierenden zwischen .72<br />
(kognitives Interesse) und .88 (Gottesdienst). Für die Schwierigkeiten werden Werte<br />
zwischen .38 und .74, für die Trennschärfen zwischen .55 und .79 berichtet.<br />
Tabelle 7. Kennwerte der Items der Zentalitätsskala (N = 94)<br />
Item rt M SD<br />
Dimension des Gottesdienstes r = .74<br />
1 Wie häufig nimmst du in der Regel an Gottesdiensten teil – auch<br />
über Radio oder Fernsehen?<br />
.63 1.11 1.15<br />
5 Wie wichtig ist dir die Teilnahme am Gottesdienst? .64 1.18 1.23<br />
Dimension des Gebetes r = .83<br />
2 Wie häufig betest du in der Regel? .82 1.68 1.44<br />
6 Wie wichtig ist für dich das persönliche Gebet? .83 1.85 1.47<br />
Dimension des kognitiven Interesses r = .69<br />
3 Wie sehr interessierst du dich dafür, mehr über religiöse Fragen zu<br />
erfahren?<br />
.62 1.76 1.12<br />
8 Wie oft denkst du über religiöse Fragen nach? .56 1.87 1.00<br />
Dimension der religiösen Ideologie r = .52<br />
4 Wie hoch ist deiner Ansicht nach die Wahrscheinlichkeit, dass Gott<br />
wirklich existiert und nicht nur eine menschliche Idee ist?<br />
.73 2.18 1.42<br />
7 Wie hoch ist deiner Ansicht nach die Wahrscheinlichkeit, dass es<br />
ein Leben nach dem Tod gibt?<br />
.53 2.52 1.41<br />
Dimension der religiösen Erfahrung r = .79<br />
9 Wie oft erlebst du Situationen, in denen du das Gefühl hast, Gott will<br />
dir etwas sagen?<br />
.73 1.41 1.16<br />
10 Wie oft erlebst du Situationen, in denen du das Gefühl hast, dass<br />
Gott in dein Leben eingreift?<br />
.69 1.46 1.12<br />
Anmerkungen: rt = Trennschärfe (korrigierte Item-Gesamt-Korrelation), r = Korrelation zwischen den<br />
beiden Items, die eine Skala bilden.
Methode 38<br />
In dieser Untersuchung zeigt die Zentralitätsskala eine gute interne Konsistenz<br />
(Cronbachs Alpha) von .91. Die Kennwerte der einzelnen Items sind in Tabelle 7<br />
zusammengefasst. Die Trennschärfen der Items liegen zwischen .53 und .83. Die<br />
Korrelationen zwischen den jeweils zwei Items, die eine Dimension abbilden sollen,<br />
sind mit Werten zwischen .53 und .79 hoch. Wie auch in der Untersuchung von Hu-<br />
ber (2003) hat die Dimension Religiöse Ideologie die höchsten Mittelwerte, also den<br />
geringsten Schwierigkeitsgrad. Insgesamt ist die Verteilung der Summenwerte der<br />
Zentralitätsskala linkssteil.<br />
Vergleichswerte der Zentralitätsskala<br />
Der Mittelwert des Gesamtsummenwertes für die teilnehmenden PatientInnen der<br />
Klinik Bad Grönenbach beträgt 17.4 (SD = 9.3). Diese Werte entsprechen in etwa<br />
den Werten, die Huber (2003) für Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen<br />
berichtet (vgl. Tabelle 8).<br />
Tabelle 8. Vergleichswerte für die Zentralitätsskala nach Huber (2003)<br />
Stichprobe M SD<br />
Theologiestudierende (N = 111) 34.3 5.9<br />
Andere Studierende (N = 697) 17.4 9.3<br />
PatientInnen Bad Grönenbach (N = 94) 17.1 9.3<br />
Anmerkungen: Die Daten für Theologiestudierende und Studierende stammen von Huber (2003).<br />
Nach Huber (2003) kann die Z-Skala auch für eine „kategoriale Messung der funkti-<br />
onellen Autonomie religiöser Konstruktsysteme verwendet werden“ (S. 257). Für<br />
eine autonome Funktionsweise des religiösen Konstruktsystems sprechen nach<br />
Huber (2003) Z-Scores ab 30 (auf der Skala mit 10 Items und einer fünfstufigen<br />
Antwortskala von 0 bis 4), da sie vermutlich „zu einer gleichförmig hohen Ausprä-<br />
gung auf allen oder zumindest fast allen religiösen Ausdrucksformen führt“ (S. 258).<br />
Beim größten Teil der TeilnehmerInnen an Erhebung 2 (60.6%) nimmt das religiöse<br />
Konstruktsystem eine heteronome Stellung im Sinne Hubers ein, nur bei 11.7% eine<br />
autonome (vgl. Tabelle 9).<br />
Tabelle 9. Zuordnung zu den Kategorien der Zentralitätsskala (N = 94)<br />
Funktionsweise des religiösen Konstruktsystems Summenwerte Häufigkeit in % (N)<br />
autonom 30 - 40 11.7% (11)<br />
heteronom 11 - 29 60.6% (57)<br />
marginal 0 - 10 27.7% (26)<br />
Anmerkung: Die Kriterien für die Kategorien stammen aus Huber (2003).
Methode 39<br />
Validität der Zentralitätsskala<br />
Hinsichtlich der konvergenten Validität wurde die Skala von Huber (2003) anhand<br />
der Korrelation mit der Stärke der religiösen Prägung des Selbstbildes (ein Item,<br />
r = .83) und der Stärke der alltäglichen Konsequenzen der Religiosität (neun Items,<br />
r = .78) überprüft. Er erwartet, dass die Validitätskoeffizienten noch höher ausfallen<br />
würden, wenn die Stichprobe auf Antwortende mit einer abrahamitisch geprägten<br />
Religiosität beschränkt würde.<br />
Was die Validität des Konstrukts betrifft, so liegen die Interkorrelationen der Einzel-<br />
skalen in der vorliegenden Studie (vgl. Tabelle 10) - anders als bei Huber (2003) -<br />
für den Zusammenhang zwischen Gebet und Ideologie sowie Erfahrung über .70,<br />
so dass die für die vorliegende Studie fraglich ist, ob diese Skalen tatsächlich relativ<br />
autonom sind.<br />
Tabelle 10. Interkorrelationen (Spearmans Rho) der Dimensionen der Zentralitätsskala<br />
(N = 94)<br />
Gottesdienst Gebet Interesse Ideologie Erfahrung<br />
Gottesdienst 1.00 .60 .56 .44 .50<br />
Gebet .60 1.00 .50 .73 .77<br />
Interesse .56 .50 1.00 .41 .42<br />
Ideologie .44 .73 .41 1.00 .63<br />
Erfahrung .50 .77 .42 .63 1.00<br />
Anmerkungen: Interesse: Dimension des kognitiven Interesses, Ideologie: Dimension der religiösen<br />
Ideologie<br />
2.2.1.3 Religiöses Coping<br />
Die verwendete Skala zum religiösen Coping basiert auf dem Fragebogen RCOPE<br />
(Pargament, Koenig & Perez, 2000), der die Fülle der religiösen Bewältigungsstra-<br />
tegien in seinen positiven und negativen Aspekten zu erfassen sucht. Der RCOPE<br />
besteht aus 21 Skalen mit je 5 (in der Kurzform 3) Items, daneben gibt es eine<br />
komprimierte Fassung mit 14 Items, den Brief RCOPE (Pargament, Smith, Koenig &<br />
Perez, 1998). Zielgruppe der Fragebögen sind nach Pargament, Koenig und Perez<br />
(2000) Amerikaner aus der jüdisch-christlichen Tradition.<br />
Für den deutschsprachigen Raum habe ich nur bei Winter (2005) einen Validie-<br />
rungsversuch des RCOPE gefunden. Da diesem eine Bestätigung der Faktoren-<br />
struktur des RCOPE nicht gelang, ist er dazu übergegangen, „ein alternatives und<br />
vereinfachtes Messinstrument zu entwickeln, welches die wichtigsten Erkenntnisse<br />
von Pargament (1997) aufgreift und zugleich eine Validierung zulässt“ (S. 97).<br />
Dieses Messinstrument besteht aus 15 Items, die auf einer vierstufigen Skala von 0<br />
(gar nicht) bis 3 (sehr) eingeschätzt werden. Die Items stammen aus Winters Über-<br />
setzung des RCOPE in der Kurzform mit 63 Items. Die Übersetzung ist sehr frei.
Methode 40<br />
Trotzdem habe ich die Formulierungen beibehalten, um wenigstens eine Ver-<br />
gleichsstichprobe für die vorliegende Untersuchung zu haben.<br />
Winter (2005) bestätigt in einer konfirmatorischen Faktorenanalyse sein theoretisch<br />
begründetes Modell, in dem er die Bewältigungsstrategien nach zugrunde liegenden<br />
Coping-Mechanismen einteilt. Im Folgenden werden bei dem Fragebogen vor allem<br />
die beiden Skalen Positives religiöses Coping und Negatives Religiöses Coping<br />
differenziert betrachtet. In Tabelle 11 sind die Items den jeweiligen Skalen zugeord-<br />
net.<br />
Kennwerte der Skalen zum religiösen Coping<br />
Winter (2005) fand für die interne Konsistenz der Skala Positives religiöses Coping<br />
(10 Items) einen Wert von .90 (Cronbachs Alpha), auch die einzelnen Unterskalen<br />
wiesen akzeptable Werte für die interne Konsistenz auf (zwischen .79 und .88), nur<br />
die Skala Positive soziale Unterstützung hatte mit .64 einen niedrigeren Wert. Was<br />
die Skala Negatives religiöses Coping (5 Items) betrifft, so hatte die Gesamtskala in<br />
der Untersuchung von Winter eine relativ geringe interne Konsistenz von .66. Die<br />
beiden Items, die die Skala Negative spirituelle Unterstützung bilden, korrelierten<br />
immerhin mit .77.<br />
In der vorliegenden Untersuchung zeigten sich ähnliche Ergebnisse, was die Relia-<br />
bilitäten betrifft (vgl. Tabelle 11). Die Skala Positives religiöses Coping hat dabei mit<br />
.92 eine gute interne Konsistenz. Noch höher wäre der Wert, wenn man die Items<br />
14 und 15, also die gesamte Dimension Positive soziale Unterstützung, ausschlie-<br />
ßen würde. Diese beiden Items korrelieren auch relativ gering (r = .36) miteinander.<br />
Die Skala Negatives religiöses Coping weist immerhin eine interne Konsistenz von<br />
.80 auf, die noch erhöht würde, wenn man Item 15 (Negative soziale Unterstützung)<br />
weglassen würde.<br />
Insgesamt sind die Mittelwerte der Items sehr gering, das heißt auch die Schwierig-<br />
keiten sind gering, besonders bei den Items zur Sozialen Unterstützung und gene-<br />
rell bei den Items der Skala Negatives religiöses Coping. Die Fragen nach der Un-<br />
terstützung durch Seelsorger oder Mitchristen scheinen zudem missverständlich<br />
gewesen zu sein, was aus einzelnen handschriftlichen Anmerkungen hervorgeht,<br />
denen zufolge die Items uminterpretiert wurden als Unterstützung durch Therapeut-<br />
Innen und Mitmenschen. Dies stellt die Objektivität der Items in Frage, weshalb ü-<br />
berlegt werden kann, ob die drei Items, die sich mit sozialer Unterstützung beschäf-<br />
tigen (13, 14, 15) aus dem Fragebogen herausgenommen werden sollten.
Methode 41<br />
Tabelle 11. Kennwerte der Items der Skalen zum religiösen Coping (N = 94)<br />
Item rt M SD<br />
Positives religiöses Coping α=.92<br />
Positive Sinnfindung<br />
r = .57<br />
1 Ich sah meine Situation als Aufgabe, welche mir Gott gegeben<br />
hatte.<br />
.60 0.74 0.90<br />
8 Ich versuchte, im Ereignis eine Aufgabe Gottes zu erkennen. .69 0.93 1.04<br />
Positive spirituelle Unterstützung<br />
r = .77<br />
3 Ich suchte Gottes Liebe und Gottes Schutz. .87 1.03 1.07<br />
6 Ich bat Gott um Stärke, Hilfe oder Führung. .80 1.53 1.17<br />
Partnerschaftliche Kontrolle<br />
r = .75<br />
2 Ich versuchte, die Situation zusammen mit Gott zu bewältigen. .87 1.01 1.05<br />
9 Ich arbeitete zusammen mit Gott an einer Lösung der Situation .81 0.66 0.94<br />
Demutskontrolle<br />
r = .84<br />
4 Ich versuchte, das Menschenmögliche zur Bewältigung des Ereignisses<br />
beizutragen und vertraute Gott alles andere an.<br />
.82 1.21 1.12<br />
12 Ich tat, was ich konnte, und legte den Rest in Gottes Hände .82 1.21 1.13<br />
Positive soziale Unterstützung r = .36<br />
14 Ich vertraute mich mit den Sorgen meinen Mitchristen an. .43 0.53 0.86<br />
15 Ich wandte mich an eine(n) SeelsorgerIn. .31 0.29 0.78<br />
Negatives religiöses Coping α=.80<br />
Negative Sinnfindung<br />
r = .78<br />
7 Ich dachte, dass Gott mich für meine Sünden bestrafte .55 0.59 0.93<br />
11 Ich fragte mich, ob Gott das Ereignis geschehen ließ, weil ich gesündigt<br />
hatte.<br />
.69 0.61 0.95<br />
Negative spirituelle Unterstützung<br />
r = .57<br />
5 Ich war wütend auf Gott, da er meine Gebete nicht erhörte. .61 0.66 0.94<br />
10 Ich fragte mich, ob Gott mich verlassen habe. .72 0.79 1.09<br />
Negative soziale Unterstützung<br />
13 Ich fühlte mich vom Seelsorger missverstanden. .35 0.45 0.95<br />
Anmerkungen: rt = Trennschärfe (korrigierte Item-Gesamt-Korrelation), r = Korrelation der zwei Items,<br />
die eine Dimension bilden, α = Cronbachs Alpha für die Unterskalen.<br />
Vergleichswerte der Skalen zum religiösen Coping<br />
Der über alle Items gemittelte Wert der Skala Positives religiöses Coping ist für die<br />
Bad Grönenbacher PatientInnen deutlich geringer (d = 2.07) als für die Schweizer<br />
Gemeindemitglieder in der Studie von Winter (2005), dasselbe gilt für das Negative<br />
religiöse Coping (d = 1.13). Die entsprechenden Werte sind zum Vergleich in Tabel-<br />
le 12 zusammengestellt. Auch in der Studie von Winter sind die Werte für Negatives<br />
religiöses Coping geringer als für Positives religiöses Coping.
Methode 42<br />
Tabelle 12. Vergleichswerte für die Skalen zum religiösen Coping<br />
Stichprobe M SD<br />
Schweizer Gemeindemitglieder (N = 328)<br />
Positive religiöse Copingstrategien 2.61 0.77<br />
Negative religiöse Copingstrategien 1.29 0.42<br />
PatientInnen Bad Grönenbach (N = 94)<br />
Positive religiöse Copingstrategien 0.91 0.78<br />
Negative religiöse Copingstrategien 0.62 0.73<br />
Anmerkung: Die Vergleichsdaten stammen aus Winter (2005). Bei den Mittelwerten handelt es sich um<br />
den Summenwert der Items der jeweiligen Skala, der durch die Anzahl der Items geteilt wurde („über<br />
alle Items gemittelter Wert“).<br />
Validität der Skalen zum religiösen Coping<br />
Als Hinweis auf die konvergente Validität der hier verwendeten Skalen zum religiö-<br />
sen Coping kann gesehen werden, dass nach Winter (2005) die Zentralität mit den<br />
positiven religiösen Bewältigungsstrategien signifikant korreliert. Faktorenanalytisch<br />
sind die zwei Faktoren Negatives religiöses Coping und Positives religiöses Coping<br />
nachweisbar. Es wurde eine Hauptkomponentenanalyse mit orthogonaler Varimax-<br />
Rotation durchgeführt (KMO = .82). Aufgrund eines deutlichen Eigenwertabfalls im<br />
Scree-Plot und aufgrund von theoretischen Überlegungen wurde eine zweifaktorielle<br />
Lösung gewählt. Die Einteilung der Faktoren in positives Coping (Faktor 1) und ne-<br />
gatives Coping (Faktor 2) ist sehr deutlich (vgl. Tabelle 13). Nur Item 8 („Ich ver-<br />
suchte, im Ereignis eine Aufgabe Gottes zu erkennen.“) hat neben der Hauptladung<br />
auf Faktor 1 eine hohe Nebenladung auf Faktor 2.<br />
Kritisch anzumerken ist allerdings, dass die Kommunalitäten insbesondere bei den<br />
Items zur Positiven und Negativen sozialen Unterstützung extrem gering sind und<br />
dass relativ viel Varianz (40.6%) durch die beiden Faktoren unerklärt bleibt.<br />
Tabelle 13. Faktorenstruktur der Skalen zum religiösen Coping<br />
Item h 2<br />
Faktor 1 Faktor 2<br />
Coping 3 .83 .88<br />
Coping 2 .83 .86<br />
Coping 9 .75 .84<br />
Coping 12 .75 .82<br />
Coping 4 .75 .81<br />
Coping 8 .60 .76<br />
Coping 6 .76 .74 .45<br />
Coping 1 .46 .62<br />
Coping 14 .26 .51<br />
Coping 15 .16 .39<br />
Coping 11 .73 .84<br />
Coping 10 .74 .84<br />
Coping 7 .60 .77<br />
Coping 5 .52 .69<br />
Coping 13 .21 .43<br />
Aufgeklärte Varianz 46.7% 12.7%<br />
Anmerkungen: h 2 = Kommunalität, fett gedruckt sind die Items der Skala Negatives religiöses Coping
Methode 43<br />
Offene Frage nach kritischen Situationen<br />
Zu Beginn des Fragenteils zum religiösen Coping im Fragebogen zur Spiritualität<br />
(vgl. Anhang A) wurden die TeilnehmerInnen aufgefordert, die kritische Situation zu<br />
nennen, an die sie konkret dachten. Dies geschah in Anlehnung an den Einleitungs-<br />
text zum Coping-Fragebogen von Dörr (2001) und sollte vor allem sicherstellen,<br />
dass die TeilnehmerInnen sich tatsächlich eine konkrete Krise vergegenwärtigen.<br />
Ansonsten orientiert sich der Einleitungstext am RCOPE (Pargament, Koenig & Pe-<br />
rez, 2000).<br />
Häufige Angaben waren insbesondere der Tod eines nahe stehenden Menschen<br />
(20.2%) und eine eigene psychische oder körperliche Krankheit (20.2%). Die Häu-<br />
figkeiten der Angaben zur offenen Frage nach der kritischen Situation sind in<br />
Tabelle 14 dargestellt.<br />
Tabelle 14. Angaben auf die offene Frage nach einer kritischen Situation (N = 94)<br />
Angabe Häufigkeit in % N<br />
keine Angabe 23.4% (22)<br />
Tod eines nahestehenden Menschen 20.2% (19)<br />
eigene psychische Krankheit 9.6% (9)<br />
eigene körperliche Krankheit 10.6% (10)<br />
Trennung, Beziehungskrise 10.6% (10)<br />
Probleme in Bezug auf Arbeit, Arbeitslosigkeit 7.4% (7)<br />
Sonstiges 18.1% (17)<br />
2.2.1.4 Angaben zur Religionszugehörigkeit<br />
Zu Beginn des Fragebogens zur Spiritualität werden mehrere Antwortmöglichkeiten<br />
zur Auswahl gegeben für die Antwort auf die Frage: „Welcher Religion, Konfession<br />
oder spirituellen Richtung fühlst du dich zugehörig?“ Es wurde also nicht nach der<br />
offiziellen Religionszugehörigkeit, sondern nach dem Zugehörigkeitsgefühl zu einer<br />
Religion, Konfession oder spirituellen Richtung gefragt. Dies ist zu berücksichtigen,<br />
wenn im Folgenden von Angaben zur Religionszugehörigkeit die Rede ist. Eine Ü-<br />
bersicht, welcher Glaubensgemeinschaft sich die Befragten zugehörig fühlen, wird<br />
in Tabelle 15 gegeben. Gut die Hälfte (52.1%) fühlte sich einer der Volkskirchen<br />
zugehörig, was in etwa den statistischen Daten für Deutschland entspricht (vgl.<br />
1.3.1), davon waren zwei Drittel katholisch, was vermutlich auf die Lage der Klinik in<br />
Bayern zurückzuführen ist. Ein Fünftel der TeilnehmerInnen (21.3%) fühlten sich<br />
keiner Religion, Konfession oder spirituellen Richtung zugehörig. Eine größere An-<br />
zahl von Befragten (14.9%) bezeichnete sich als „spirituell, ohne zu einer bestimm-<br />
ten Glaubensgemeinschaft zu gehören“.
Methode 44<br />
Tabelle 15. Zugehörigkeit zu Religionen, Konfessionen, spirituellen Richtungen<br />
(N = 94)<br />
Religionszugehörigkeit Häufigkeit in % N<br />
Katholisch 31.9% (30)<br />
Evangelisch 20.2% (19)<br />
Freikirchlich 0% (0)<br />
Muslimisch 1.1% (1)<br />
Buddhistisch 2.1% (2)<br />
Andere 1.1% (1)<br />
Keine 21.3% (20)<br />
spirituell 14.9% (14)<br />
Doppelankreuzung: evangelisch bzw. katholisch<br />
und buddhistisch bzw. spirituell<br />
4.3% (4)<br />
Keine Angabe 3.2% (3)<br />
2.2.2 Messung des Therapieerfolgs<br />
Nach Michalak et al. (2003) ist es sinnvoll, zwei unterschiedliche Maße für Thera-<br />
pieerfolg zu verwenden. Etabliert haben sich in der Forschung indirekte Verände-<br />
rungsmaße, die auf der Differenz von Statuswerten zu Beginn und am Ende der<br />
Behandlung basieren. Als weitgehend unabhängig davon erwiesen sich Maße zur<br />
retrospektiven Erfolgsbeurteilungen bzw. zur direkten Veränderungsmessung, die<br />
nur zu einem Messzeitpunkt, nämlich am Ende der Behandlung, erhoben werden<br />
(Stieglitz & Baumann, 2001). Nach Michalak et al. (2003) erfasst die retrospektive<br />
Erfolgsbeurteilung „den Postwert im Vergleich zum Therapieziel“ (S. 101) und ist<br />
damit das prognostisch bedeutsamere Maß, denn „je weniger der Patient den er-<br />
hofften Zielzustand erreicht hat, desto eher wird er erneut Behandlung nachfragen“<br />
(S. 101).<br />
Da die Beurteilung des Therapieerfolgs durch TherapeutInnen als sehr wenig valide<br />
erscheint (Meyer & Schulte, 2002), werden nur Selbstbeurteilungsmaße zur Verän-<br />
derungsmessung verwendet. Für die indirekte Veränderungsmessung werden die<br />
Testwerte (Prä und Post) der Symptom-Checkliste (SCL-90-R) herangezogen. Für<br />
die retrospektive Erfolgsbeurteilung die Kurzform des Veränderungsfragebogens<br />
des Erlebens und Verhaltens (VEV-K).<br />
2.2.2.1 Die Symptom-Checkliste (SCL-90-R)<br />
Die Symptom-Checkliste SCL-90-R von L. R. Derogatis (deutsch von Franke, 2002)<br />
ist ein Standardinstrument in der psychologischen Forschung. Sie misst die subjek-<br />
tiv empfundene psychische (und teilweise körperliche) Belastung in den vergange-<br />
nen sieben Tagen.<br />
Die SCL-90-R besteht aus 90 Items, von denen 83 in den neun Skalen Somatisie-
!<br />
Methode 45<br />
rung, Zwanghaftigkeit, Unsicherheit im Sozialkontakt, Depressivität, Ängstlichkeit,<br />
Aggressivität/Feindseligkeit, Phobische Angst, Paranoides Denken und Psychoti-<br />
zismus zusammengefasst sind. Dabei sind diese Kategorien nicht mit den jeweiligen<br />
diagnostischen Kategorien gleichzusetzen.<br />
Die Items werden auf einer fünfstufigen Likert-Skala eingeschätzt. Von den globalen<br />
Kennwerten wurde in dieser Studie insbesondere der Global Severity Index (GSI)<br />
verwendet, der folgendermaßen berechnet wird: Die Summe aller Itemwerte wird<br />
durch die Anzahl der beantworteten Items dividiert. Dieser Wert gilt als „der beste<br />
Indikator für das Ausmaß der insgesamt vorhandenen psychischen Belastung“<br />
(Franke, 2002, S.19).<br />
Die Skala wurde anhand mehrerer Gruppen von Jugendlichen und Erwachsenen<br />
normiert, darunter eine repräsentativen Bevölkerungsstichprobe (N = 2141) und<br />
eine Stichprobe von stationären Psychotherapieklienten (N = 5057). Daher können<br />
die Rohwerte anhand von Normtabellen in T-Werte transformiert werden, die sozio-<br />
demographische Faktoren berücksichtigen.<br />
Die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) der gesamten SCL-90-R ist sehr gut<br />
(zwischen .96 und .98). Für die einzelnen Skalen liegen die Werte bei der Stichpro-<br />
be stationärer Psychotherapieklienten zwischen .77 und .88 (Franke, 2002).<br />
Konvergente, divergente und faktorielle Validität der Skala sind nach Franke weit-<br />
gehend bestätigt. Beispielsweise zeigten sich hohe Zusammenhänge der Skala<br />
Depressivität mit dem Beck Depressions Inventar (BDI).<br />
Zur Messung des Therapieerfolgs mit Hilfe der SCL-90-R werden Differenzwerte<br />
zwischen Prä- und Postwerten berechnet. Nach Steyer, Hannöver, Telser und Krie-<br />
bel (1997) sieht man diesen Differenzwerten jedoch nicht an, ob sie auf tatsächli-<br />
chen Veränderungen oder lediglich auf Messfehler beruhen. Daher schlagen sie die<br />
Berechnung einer deskriptiven Veränderungskenngröße vor. Dabei wird die Diffe-<br />
renz zwischen dem unter der Nullhypothese „keine wahre intraindividuelle Verände-<br />
rung“ erwarteten Postwert und dem tatsächlichen Postwert mit folgender Formel<br />
berechnet:<br />
[ Y " E(X) ] " Re l(X) # X " E(X)<br />
Vdeskript =<br />
Std(X)<br />
[ ]<br />
Dabei ist Y der Posttest-Wert, E(X) der Erwartungswert für den Posttest, wenn keine<br />
Veränderung eintritt, also der Mittelwert des Prä-Tests. Rel(X) ist die Reliabilität des<br />
Prä-Tests und Std(X) die Standardabweichung des Prä-Tests.<br />
Da es sich bei der SCL-90-R allerdings um ein sehr reliables Instrument handelt, ist<br />
kaum ein Gewinn durch die Berechnung der deskriptiven Veränderungskenngröße<br />
zu erwarten. Ferner sind auch die Schätzungen der erwarteten Posttestwerte aus
Methode 46<br />
den Mittelwerten der Prä-Tests bei der relativ kleinen Stichprobe fehlerbehaftet.<br />
Daher soll im Folgenden die einfache Differenz zwischen Prä- und Posttestwerten<br />
als Maß für die Veränderung verwendet werden. Der GSI-Differenzwert wurde in der<br />
vorliegenden Studie als Differenz zwischen GSI-Präwert und GSI-Postwert berech-<br />
net, so dass eine starke Verbesserung einem hohen positiven Wert entspricht.<br />
Um zu überprüfen, ob es sich tatsächlich um eine signifikante Veränderung handelt,<br />
gibt das Manual zur SCL-90-R Interpretationshilfen. Es wird eine kritische Differenz<br />
angegeben, die eine Veränderung überschreiten muss, um als signifikant zu gelten.<br />
Franke (2002) gibt als kritische Differenz für die Gruppe der ambulanten Psychothe-<br />
rapiepatientInnen für den GSI auf der Ebene der Rohwerte einen Wert von ±0.30 für<br />
die kritische Differenz an. Das bedeutet, dass man von einer klinisch signifikanten<br />
Verbesserung sprechen kann, wenn der GSI - betrachtet man Rohwerte - bei einem<br />
Psychotherapiepatienten um .30 gesunken ist.<br />
Als praktikables Kriterium für klinische Signifikanz schlägt Franke einen Rohwert für<br />
den GSI am Ende der Behandlung (Post) von .70 vor. Das heißt, ein Klient kann als<br />
klinisch relevant gebessert gelten, wenn sein GSI-Wert am Ende der Behandlung<br />
weniger als .70 beträgt.<br />
2.2.2.2 Der Veränderungsfragebogen des Erlebens und Verhaltens (VEV-K)<br />
Der Veränderungsfragebogen des Erlebens und Verhaltens (VEV) ist ein Standard-<br />
instrument zur direkten Veränderungsmessung. Die Items erfassen einen bipolaren<br />
Veränderungsfaktor mit Entspannung, Gelassenheit, Optimismus als positivem Pol<br />
und Spannung, Unsicherheit, Pessimismus als negativem Pol (Zielke & Kopf-<br />
Mehnert, 2001).<br />
Die von Kriebel, Paar, Schmitz-Buhl und Raatz (2001) entwickelte Kurzform (VEV-<br />
K) besteht aus 25 Items, die auf einer siebenstufigen bipolaren Schätzskala (von -3<br />
bis +3) beurteilt werden. Anders als die Langform besteht die Kurzform nur aus po-<br />
sitiv gepolten Items.<br />
Aus dem VEV-Gesamtwert kann geschlossen werden, „in welcher Richtung und mit<br />
welcher Stärke sich ein Patient nach einem vorgegebenen Zeitraum, z.B. einer ab-<br />
geschlossenen Therapie, in seinem Verhalten und Erleben verändert hat“ (Kriebel et<br />
al., 2001, S. 21).<br />
Für die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) werden nach Kriebel et al. (2001)<br />
sehr gute Werte von über .90 berichtet, für die Psychosomatische Klinik Bad Grö-<br />
nenbach sogar Werte von .95. Für die Trennschärfen ergaben sich bei fünf Items<br />
Werte von weniger als .32 (Kriebel et al., 2001, S. 23). Die faktorielle und kriteri-<br />
umsbezogene Validität des VEV-K ist nach Kriebel et al. gegeben.
Methode 47<br />
Als kritische Grenze im Gesamtwert des VEV-K für eine signifikante Verbesserung<br />
bei einer einseitigen Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% geben Kriebel et al. (2001)<br />
einen Wert von 115 an. Das heißt, von einer signifikanten Verbesserung kann man<br />
sprechen, wenn eine Person einen Gesamtwert von mindestens 115 erreicht.<br />
2.3 Datenaufbereitung und statistische Auswertung<br />
Im Folgenden werden die zur Überprüfung der Hypothesen angewandten statisti-<br />
schen Verfahren dargestellt. Ausführlicher eingegangen wird dabei zunächst auf<br />
den Umgang mit fehlenden Werten. Anschließend werden die angewandten Verfah-<br />
ren und deren Voraussetzungen dargestellt. Falls nichts anderes angegeben ist,<br />
wurden die statistischen Berechnungen mit SPSS11 für Mac vorgenommen.<br />
2.3.1 Behandlung von fehlenden Werten<br />
Bei der Behandlung von fehlenden Werten ist zu unterscheiden, ob ganze Skalen<br />
oder nur einzelne Items fehlen. Ausgewertet wurden die Fragebögen derjenigen<br />
Personen, für die wenigstens eine Spiritualitätsskala und Testdaten der Klink zu-<br />
mindest zum Messzeitpunkt Behandlungsbeginn (Prä-Daten) vorliegen. Dabei han-<br />
delt es sich um insgesamt 153 Personen.<br />
Die Beurteilung des Therapieerfolgs konnte nur für diejenigen Personen durchge-<br />
führt werden, für die zusätzlich auch die Testdaten der Klinik zum Messzeitpunkt<br />
Behandlungsende (Post-Daten) vorhanden sind, das sind insgesamt 131 Teilneh-<br />
merInnen. In Tabelle 16 ist im Überblick zusammengestellt, welche Daten in den<br />
beiden Erhebungen vorhanden sind und für welche Berechnungen sie verwendet<br />
wurden.<br />
Tabelle 16. Übersicht über Stichprobenzahlen<br />
Vorhandene Daten N1 N2 N gesamt Verwendet für<br />
Spiritualitätsfragebögen 60 96 156 -<br />
Prä-Daten 59 94 153 (bzw.<br />
152)*<br />
Soziodemographische<br />
Angaben, Reliabilitätsanalysen,<br />
Zusammenhang<br />
der Spiritualitätsmaße<br />
untereinander und mit<br />
Maßen psychischer Belastung<br />
Prä-und Post-Daten 54 77 131 Therapieerfolg, Spiritualität<br />
als Prädiktor für Therapieerfolg<br />
Anmerkungen: N1 = Anzahl TeilnehmerInnen Erhebung 1, N2 = Anzahl TeilnehmerInnen Erhebung 2<br />
Fett gedruckt sind Stichproben, die hauptsächlich verwendet wurden. * In einem Fall fehlen die Prä-<br />
Daten nur teilweise.
Methode 48<br />
Tabelle 17. Vergleich der Therapieabbrecher (N = 22) und Therapiebeender (N =<br />
131) hinsichtlich Spiritualität (TPV-Gesamt), Alter und psychischer<br />
Belastung zu Therapiebeginn (GSI-Prä)<br />
Variable M SD t d<br />
TPV Gesamt 18.09 8.54 -1.32 .03<br />
18.35 8.28<br />
Alter 34.68 8.68 -3.36 .73<br />
41.56 10.02<br />
GSI Prä 1.68 0.64 3.31 .78<br />
1.19 0.61<br />
Anmerkungen: t = t-Wert, d = Cohens d<br />
Hauptgrund für das Fehlen der Klinikdaten zum zweiten Messzeitpunkt nach der<br />
Hauptgrund für das Fehlen der Klinikdaten zum zweiten Messzeitpunkt nach der<br />
Behandlung ist ein vorzeitiger Behandlungsabbruch. Die PatientInnen mit fehlenden<br />
Daten zum Behandlungsende unterscheiden sich zwar hinsichtlich psychischer Be-<br />
lastung und Alter, nicht aber hinsichtlich ihrer Spiritualität von den übrigen Patien-<br />
tInnen (vgl. Tabelle 17). Diejenigen, die die Therapie abgebrochen haben, sind im<br />
Schnitt jünger und stärker psychisch belastet, haben aber keinen höheren Gesamt-<br />
wert auf der Skala TPV.<br />
Als eine Methode, die dem „State of the Art“ im Umgang mit einzelnen fehlenden<br />
Werten entspricht, empfehlen Schafer und Graham (2002) Maximum Likelihood<br />
Schätzungen auf der Grundlage von vorhandenen Daten. Dieses Vorgehen setzt<br />
voraus, dass die fehlenden Daten zufällig fehlen, genauer vom Typ Missing at Ran-<br />
dom (MAR) sind, d.h. dass die Wahrscheinlichkeit des Fehlens der Daten nicht von<br />
den fehlenden Daten selbst abhängt, sondern nur von vorhandenen Daten. Weniger<br />
empfehlenswert ist nach Schafer und Graham (2002) der Ausschluss von Fällen<br />
(fallweise oder listenweise) oder die Ersetzung durch Mittelwerte, da sie vorausset-<br />
zen, dass die Daten völlig zufällig fehlen (Missing Completely at Random, MCAR).<br />
Es wurden daher Maximum Likelihood Schätzungen mit Hilfe eines Expectation-<br />
Maximization-Algorithmus (EM) durchgeführt. Verwendet wurde dazu das Zusatz-<br />
modul Missing Value Analysis von SPSS 14 für Windows. Dabei werden, verein-<br />
facht ausgedrückt, in mehreren Durchgängen jeweils Erwartungswerte berechnet<br />
und die Wahrscheinlichkeiten dafür geschätzt, dass die tatsächlichen Werte den<br />
Erwartungswerten entsprechen.<br />
Im Folgenden sollen Items mit mehr als 5% fehlenden Werten genauer analysiert<br />
werden. Einzelne fehlende Werte liegen besonders in Erhebung 2 beim Fragebogen<br />
zur Spiritualität vor, in Erhebung 1 fehlt nur einmal TPV-Item 3. Insbesondere fallen<br />
zahlreiche (11, das entspricht 12%) fehlende Werte für Item 7 auf („Ich bezeichne
Methode 49<br />
mich als religiös, auch wenn ich keiner Glaubensgemeinschaft angehöre.“). Sie sind<br />
vermutlich auf die mehrdeutige Formulierung zurückzuführen. Die Beantwortung der<br />
Frage hängt meiner Ansicht nach mit der Antwort auf andere Spiritualitätsitems zu-<br />
sammen und kann daher aus vorhandenen Daten geschätzt werden.<br />
In neun Fragebögen (9%) ist Item 13 im Fragenteil zum religiösen Coping nicht an-<br />
gekreuzt („Ich fühlte mich vom Seelsorger missverstanden.“). Die handschriftlichen<br />
Anmerkungen auf den Fragebögen weisen darauf hin, dass diese Frage ausgelas-<br />
sen wurde, weil sich die TeilnehmerInnen nicht an einen Seelsorger wandten, was<br />
auch aus der Beantwortung von Item 15 hervorgeht.<br />
Item 3 der Zentralitätsskala fehlt in fünf Fällen (5%). Es erhebt das Interesse, mehr<br />
über religiöse Fragen zu erfahren.<br />
Uneindeutige Ankreuzungen kamen bei den drei Spiritualitätsfragebögen jeweils<br />
einmal vor. Bei der Codierung wurde jeweils der niedrigere Wert gewählt, so dass<br />
das Spiritualitätsmaß den wahren Wert eher unter- als überschätzt.<br />
Die Zentalitätsskala ist bei einem Fragebogen in Erhebung 2 nicht ausgefüllt. Bei<br />
einem anderen Fragebogen ist die Skala zum religiösen Coping nicht beantwortet<br />
und auch die Zentralitätsskala nur sehr spärlich, was vermutlich daran liegt, dass<br />
der Befragte mit den auf Mitglieder einer Religionsgemeinschaft zugeschnittenen<br />
Items nichts anfangen konnte. Auch in diesen beiden Fällen werden die fehlenden<br />
Items aufgrund der übrigen Spiritualitätsitems geschätzt.<br />
2.3.2 Statistische Verfahren<br />
Die vorliegende Studie hat das Design einer korrelativen Studie. Zur Berechnung<br />
von Korrelationen wurde Spearmans Rho (ρ) verwendet, das für ordinalskalierte<br />
oder nicht normalverteilte intervallskalierte Variablen geeignet ist. Spearmans Rho<br />
wird gegenüber dem Pearson-Korrelationskoeffizient (r) bevorzugt, weil es sich bei<br />
den verwendeten Fragebögen um Ratingskalen handelt, für die Intervallskalenni-<br />
veau nicht unbesehen angenommen werden kann. Außerdem muss für Negatives<br />
religiöses Coping (Kolmogorow-Smirnow-Test, p = .001, N = 94) und für die GSI-<br />
Differenzwerte (Kolmogorow-Smirnow-Test, p = .04 für N = 131, p = .05 für N = 77)<br />
die Hypothese verworfen werden, dass es sich um normalverteilte Skalen handelt.<br />
Bei der Skala Negatives religiöses Coping liegen sehr viele (35 von 94) Gesamt-<br />
summenwerte von 0 vor, das heißt, über ein Drittel der TeilnehmerInnen hat bei den<br />
Items, die zu dieser Skala gehören, durchgehend 0 angekreuzt. Insgesamt ist die<br />
Skala deutlich linkssteil (Schiefe = 1.02). Bei den GSI-Differenzwerten zeigt die gra-<br />
phische Ansicht eine zweigipflige Verteilung.
Methode 50<br />
Zur Vorhersage des Therapieerfolgs aufgrund von mehreren Prädiktoren wurden<br />
lineare Regressionsanalysen (Methode: Enter) durchgeführt. Zusätzlich wurden<br />
logistische Regressionen verwendet, mit denen die Abhängigkeit einer dichotomen<br />
Variablen, z.B. das Vorliegen von Therapieerfolg, von unabhängigen Variablen mit<br />
beliebigem Skalenniveau untersucht werden kann (Bühl & Zöfel, 2005). Berechnet<br />
wird dabei die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines Ereignisses in Abhängig-<br />
keit von den Werten der unabhängigen Variablen. Die Güte der Anpassung des<br />
Modells wird mit einer Likelihood- Funktion beurteilt.<br />
Ferner wurde eine Faktorenanalyse (Hauptkomponentenlösung) mit obliquer Rotati-<br />
on (Promax) durchgeführt, in die alle Items des Fragebogens zur Spiritualität ein-<br />
gingen.<br />
Mittelwerte wurden mit Hilfe von t-Tests und einer univariaten Varianzanalyse mit<br />
Scheffé Post-Hoc-Test verglichen. Um die praktische Bedeutsamkeit der Ergebnis-<br />
se zu belegen, werden Effektstärken (Cohens d) berichtet. Dabei gehen in das<br />
Streuungsmaß (s) die Standardabweichungen (s1 und s2) beiden Gruppen nach<br />
folgender Formel ein:<br />
s = s 2 2<br />
1 + s2<br />
2<br />
Die genannten statistischen Analysen wurden mit SPSS (Statistical Package for<br />
Social Sciences) 11 für Mac durchgeführt. Als Signifikanzniveau für die vorliegende<br />
!<br />
Untersuchung wird festgesetzt, dass Ergebnisse mit p < .050 als signifikant gelten,<br />
Werte von p < .010 als hochsignifikant und Werte p < .10 als Tendenz.<br />
Gemäß den Richtwerten von Bortz und Döring (2002, S. 604) gilt beim t-Test für<br />
unabhängige Stichproben eine Effektstärke von d = .2 als klein, von d = .5 als mit-<br />
tel und von d = .8 als groß. Korrelationen, die auch als Effektstärken interpretiert<br />
werden können, werden bei r (bzw. ρ) = .1 als klein, bei r (bzw. ρ) = .3 als mittel und<br />
bei r (bzw. ρ) = .5 als groß betrachtet. Werte für die aufgeklärte Varianz in einer<br />
Regression gelten bei R 2 ≥ .02 als kleiner, bei R 2 ≥ .13 als moderater und bei<br />
R 2 ≥ .26 als starker Effekt.
Ergebnisse 51<br />
3. Ergebnisse<br />
Zunächst werden die Ergebnisse berichtet, die sich auf die verwendeten Spirituali-<br />
tätsfragebögen beziehen. Anschließend wird auf die Ergebnisse zum Zusammen-<br />
hang zwischen Spiritualität/Religiosität und psychischer Belastung zu Behandlungs-<br />
beginn sowie zu Spiritualität als Prädiktor für Therapieerfolg eingegangen.<br />
3.1 Ergebnisse zu den Spiritualitätsfragebögen<br />
Um Aufschluss über die verwendeten Spiritualitätsmaße zu erhalten, wurden sowohl<br />
der Zusammenhang zur Religionszugehörigkeit als auch die Interkorrelationen der<br />
Fragebögen betrachtet. Verwendet wurden dabei die Daten der 94 TeilnehmerInnen<br />
aus Erhebung 2, für die der Fragebogen zur Spiritualität (vgl. Anhang A) vorliegt.<br />
Dieser besteht aus einer Frage zur Selbsteinschätzung der eigenen Zugehörigkeit<br />
zu einer religiösen oder spirituellen Richtung, der Skala Transpersonales Vertrauen,<br />
der Zentralitätsskala und einem Fragebogen zum religiösen Coping, die Skalen Po-<br />
sitives religiöses Coping und Negatives religiöses Coping umfasst.<br />
3.1.1 Zusammenhang von Religionszugehörigkeit und Spiritualitätsmaßen<br />
Um zu untersuchen, wie unterschiedliche Spiritualitätsmaße mit der Zugehörigkeit<br />
zu einer religiösen oder spirituellen Gemeinschaft zusammenhängen, wurden Mit-<br />
telwertsvergleiche mit einer einfaktoriellen Varianzanalyse sowie mit t-Tests durch-<br />
geführt. Die Gruppen wurden entsprechend der häufigsten Antworten auf die Frage<br />
„Welcher Religion, Konfession oder spirituellen Richtung fühlst du dich zugehörig?“<br />
im Fragebogen zur Spiritualität (vgl. Anhang A) gebildet. Als jeweils einzige Katego-<br />
rie haben von den insgesamt 94 TeilnehmerInnen, deren Antworten für die Überprü-<br />
fung dieser Hypothese verwendet wurden, 30 Personen „katholisch“ angekreuzt, 19<br />
Personen „evangelisch“, 14 Personen „spirituell, ohne zu einer bestimmten Glau-<br />
bensgemeinschaft zu gehören“ und 20 Personen „keiner“ (vgl. Tabelle 15). Die übri-<br />
gen Kategorien wurden wegen ihrer geringen Fallzahlen nicht ausgewertet. Diese<br />
vier Gruppen werden im Folgenden mit den Überbegriffen Evangelisch, Katholisch,<br />
Spirituelle, Atheisten bezeichnet, wobei damit keinerlei Wertung ausgedrückt wer-<br />
den soll.
Ergebnisse 52<br />
3.1.1.1 Unterschiede zwischen Personen mit unterschiedlicher Religionszugehörigkeit<br />
Es wurde eine einfaktorielle ANOVA durchgeführt, in die als Gruppen die Katholi-<br />
schen (N = 30), die Evangelischen (N = 19), die Spirituellen (N = 14) sowie die A-<br />
theisten (N = 20) einbezogen wurden. Es zeigt sich ein hoch signifikanter Gesamtef-<br />
fekt für alle Spiritualitätsmaße, sowohl für TPV (F3,79 = 19.00, p ≤ .01) und Zentrali-<br />
tätsskala (F3,79 = 23.50, p ≤ .01), als auch hinsichtlich der Skalen Positives religiöses<br />
Coping (F3,79 = 13.31, p ≤ .01) und Negatives religiöses Coping (F3,79 = 6.70, p ≤.01).<br />
Dies bestätigt Hypothese 1a, dass Personen, die unterschiedliche Religionszugehö-<br />
rigkeit angeben, sich in ihren Werten in den Spiritualitätsfragebögen unterscheiden.<br />
Explorativ wurde weiter untersucht, wo genau die Unterschiede liegen. Die Mittel-<br />
werte und Standardabweichungen der vier Gruppen für die vier Spiritualitätsmaße<br />
sind in Tabelle 18 zusammengefasst. Es fällt auf, dass die Mittelwerte durchwegs<br />
für Katholische am größten und für Atheisten am niedrigsten sind. Dazwischen lie-<br />
gen die Werte für Evangelische und Spirituelle.<br />
Es wurden Einzelvergleiche der vier Gruppen in einem Post-Hoc-Test durchgeführt,<br />
der die Anzahl der durchgeführten Vergleiche berücksichtigt (Scheffé) und die Ef-<br />
fektstärken der Mittelwertsunterschiede berechnet (vgl. Tabelle 19). Es zeigt sich,<br />
dass fast alle Mittelwertsunterschiede bedeutsam sind.<br />
Tabelle 18. Mittelwerte (M) und Standardabweichungen (SD) der vier Gruppen<br />
Katholische, Evangelische, Spirituelle und Atheisten für die vier Spiritualitätsmaße<br />
Spiritualitätsfragebogen Gruppe N M SD<br />
TPV Katholische 30 22.71 5.46<br />
Evangelische 19 19.17 9.19<br />
Spirituelle 14 18.00 3.68<br />
Atheisten 20 8.94 5.92<br />
Zentralität Katholische 30 22.22 6.46<br />
Evangelische 19 19.38 9.38<br />
Spirituelle 14 16.08 5.82<br />
Atheisten 20 6.23 4.60<br />
Positives Coping Katholische 30 13.58 7.20<br />
Evangelische 19 10.77 7.99<br />
Spirituelle 14 6.74 6.37<br />
Atheisten 20 2.18 2.97<br />
Negatives Coping Katholische 30 4.90 4.15<br />
Evangelische 19 3.38 3.31<br />
Spirituelle 14 2.72 3.35<br />
Atheisten 20 .63 1.25
Ergebnisse 53<br />
Tabelle 19. Mittelwertsunterschiede hinsichtlich der Spiritualitätsskalen zwischen<br />
Evangelischen (N = 19), Katholischen (N = 30), Spirituellen (N = 14)<br />
und Atheisten (N = 20)<br />
Spiritualitätsfragebogen Gruppe verglichen mit MU SD d<br />
TPV Katholische Evangelische 3.55 1.87 0.47<br />
Atheisten 13.78* 1.85 2.42<br />
Spirituelle 4.71 2.07 1.01<br />
Evangelische Atheisten 10.22* 2.05 1.32<br />
Spirituelle 1.17 2.25 0.17<br />
Spirituelle Atheisten 9.06* 2.20 1.84<br />
Zentralität Katholische Evangelische 2.83 1.99 0.35<br />
Atheisten 15.99** 1.96 2.85<br />
Spirituelle 6.13 2.20 1.00<br />
Evangelische Atheisten 13.15* 2.17 1.78<br />
Spirituelle 3.30 2.39 0.42<br />
Spirituelle Atheisten 9.85* 2.36 1.88<br />
Positives religiöses<br />
Katholische Evangelische 2.81 1.91 0.37<br />
Coping Atheisten 11.40* 1.88 2.07<br />
Spirituelle 6.84* 2.11 1.01<br />
Evangelische Atheisten 8.59* 2.08 1.43<br />
Spirituelle 4.04 2.29 0.56<br />
Spirituelle Atheisten 4.55 2.28 0.92<br />
Negatives religiöses<br />
Katholische Evangelische 1.52 0.97 0.40<br />
Coping Atheisten 4.27* 0.96 1.39<br />
Spirituelle 2.18 1.08 0.58<br />
Evangelische Atheisten 2.75 1.06 1.10<br />
Spirituelle 0.66 1.17 0.18<br />
Spirituelle Atheisten 2.08 1.16 0.68<br />
Anmerkungen: MU = Mittelwertsdifferenz, SF = Standardfehler der Mittelwertsdifferenzen, d = Cohens<br />
d. Fett gedruckt sind große Effekte (d > .8). Signifikanzangaben nach Post-Hoc-Test (Scheffé), *p <<br />
.05, ** p < .01<br />
Besonders gering sind die Unterschiede zwischen Evangelischen und Spirituellen<br />
im TPV (d = 0.17) und im Negativen religiösen Coping (d = 0.18). Dagegen unter-<br />
scheiden sich für alle Spiritualitätsmaße die Katholischen sehr stark von den Spiri-<br />
tuellen. Besonders groß (d > .68) sind in allen verglichenen Maßen die Unterschiede<br />
zwischen den Atheisten und den anderen drei Gruppen. Dabei sind die Unterschie-<br />
de zwischen den Gruppen bei den Fragebögen zum religiösen Coping insgesamt<br />
etwas geringer als beim TPV und der Zentralitätsskala.<br />
Hinsichtlich der Hypothesen 1b und 1c deuten diese explorativen Ergebnisse bereits<br />
darauf hin, dass in allen Spiritualitätsmaßen die Personen, die sich als spirituell be-<br />
zeichnen, niedrigere Werte haben als diejenigen, die eine Religionszugehörigkeit<br />
angeben.
Ergebnisse 54<br />
3.1.1.2 Unterschiede zwischen Spirituellen und Religiösen<br />
Es wurde erwartet, dass die 14 Personen, die sich als spirituell bezeichnen, im Ver-<br />
gleich zu den 49, die sich einer der großen Kirchen zugehörig fühlen (Religiöse),<br />
geringere Werte auf den Skalen Zentralität und Positives sowie Negatives religiöses<br />
Coping haben, die für die Zielgruppe der Angehörigen einer monotheistischen Reli-<br />
gion entwickelt wurden (Hypothese 1b). Tatsächlich haben Angehörige einer der<br />
großen Kirchen in der Zentralitätsskala im Mittel einen Gesamtwert von 21.12 (SD =<br />
7.76), dagegen diejenigen, die sich als spirituell bezeichnen, nur von 16.08 (SD =<br />
5.82). Die Mittelwertsunterschiede wären zwar, wenn man die Anzahl der durchge-<br />
führten Vergleiche berücksichtigte, nicht signifikant, aber sie erweisen sich als prak-<br />
tisch relevant. Die Effektstärken der Mittelwertsunterschiede sind für die Skalen<br />
Zentralitätsskala und Positives religiöses Coping mittel bis groß (d > .73), für die<br />
Skala zum Negativen religiösen Coping ist ein Effekt ebenfalls deutlich (d = 0.44).<br />
Hypothese 1b ist damit bestätigt. Personen, die sich als spirituell bezeichnen, aber<br />
keine Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft angeben, haben geringere<br />
Werte auf den Skalen zur Zentralität und zum Religiösen Coping.<br />
Es wurde angenommen, dass die 49 Personen, die sich einer Religionsgemein-<br />
schaft zugehörig fühlen, und die 14 Personen, die sich als spirituell bezeichnen, sich<br />
dagegen nicht in ihren Werten im TPV unterscheiden, der Spiritualität unabhängig<br />
von der Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft misst (Hypothese 1c). Tat-<br />
sächlich betrug der Mittelwert für die Personen, die „evangelisch“ oder „katholisch“<br />
angekreuzt hatten 21.34 (SD = 7.26), für diejenigen, die „spirituell“ angekreuzt ha-<br />
ben, aber nur 18.00 (SD = 3.68). Die Effektstärke des Mittelwertsunterschiedes ist<br />
immerhin etwas kleiner (d = 0.58) als bei den Skalen zur Zentralität und zum Positi-<br />
ven religiösen Coping. In Tabelle 20 sind die Mittelwerte von Religiösen und Spiritu-<br />
ellen hinsichtlich aller verwendeten Spiritualitätsskalen im Vergleich dargestellt.<br />
Insgesamt muss Hypothese 1c also verworfen werden. Personen, die sich als spiri-<br />
tuell bezeichnen und solche, die sich einer Religionsgemeinschaft zugehörig fühlen,<br />
unterscheiden sich in ihrem Gesamtwert hinsichtlich aller verwendeten Spirituali-<br />
tätsskalen, auch hinsichtlich der Skala Transpersonales Vertrauen.
Ergebnisse 55<br />
Tabelle 20. Vergleich von Religiösen (N = 49) und Spirituellen (N = 14) hinsichtlich<br />
der Spiritualitätsskalen<br />
M SD t d<br />
Zentralität Religiöse 21.12 7.76<br />
Spirituelle 16.08 5.82 2.25 0.73<br />
Positives Coping Religiöse 12.49 7.55<br />
Spirituelle 6.74 6.37 2.60 0.82<br />
Negatives Coping Religiöse 4.31 3.88<br />
Spirituelle 2.72 3.35 1.36 0.44<br />
TPV Religiöse 21.34 7.26<br />
Spirituelle 18.00 3.68 2.34 0.58<br />
Anmerkungen: Cohens d (d) und t-Wert (t) beziehen sich jeweils auf den Mittelwertsvergleich zwischen<br />
den Gruppen Religiöse und Spirituelle.<br />
3.1.2 Zusammenhang der Spiritualitätsmaße untereinander<br />
Um den Zusammenhang zwischen den Maßen für eine positive Spiritualität (TPV,<br />
Zentralität und Positives religiöses Coping) zu untersuchen, wurden Korrelationen<br />
(Spearmans Rho) berechnet. Es zeigt sich, dass alle drei Maße einer positiven Spi-<br />
ritualität hoch miteinander korrelieren. Besonders hoch sind dabei die Zusammen-<br />
hänge zwischen Zentralität und TPV (ρ = .86).<br />
Hypothese 1d) kann damit als bestätigt angesehen werden: Es gibt einen Zusam-<br />
menhang zwischen Maßen für eine positive Spiritualität.<br />
Explorativ wurden außerdem die Zusammenhänge zwischen der Skala zum Negati-<br />
ven Coping und den positiven Spiritualitätsskalen berechnet, für die keine expliziten<br />
Hypothesen bestanden. Es zeigte sich, dass für TPV und Zentralität jeweils ein mitt-<br />
lerer (ρ ≥ .37) und für Positives religiöses Coping ein großer (ρ ≥ .55) positiver Zu-<br />
sammenhang zum Negativen religiösen Coping bestand. Im Überblick sind die Kor-<br />
relationen zwischen allen Spiritualitätsskalen in Tabelle 21 dargestellt.<br />
Tabelle 21. Korrelationen (Spearmans Rho) zwischen den Spiritualitätsmaßen<br />
(N = 94)<br />
Skala TPV Zentralität Positives Coping Negatives Coping<br />
TPV .86 .78 .37<br />
Zentralität .86 .77 .38<br />
Positives Coping .78 .77<br />
.55<br />
Negatives Coping .37 .38 .55<br />
Anmerkungen: Positives (bzw. Negatives) Coping = Positives (bzw. Negatives) religiöses Coping
Ergebnisse 56<br />
Tabelle 22. Korrelationen (Spearmans Rho) zwischen den Spiritualitätsskalen mit<br />
Berücksichtigung der Unterskalen (N = 94)<br />
Sinn Hilfe Partner Demut Sozial Neg.<br />
Sinn<br />
Neg.<br />
Hilfe<br />
Neg.<br />
Sozial<br />
TPV-<br />
Gesamt<br />
Gottesdienst .24 .55 .43 .38 .51 .31 .30 .15 .63<br />
Gebet .53 .75 .64 .69 .37 .24 .33 .20 .80<br />
Interesse .26 .44 .37 .36 .42 .24 .20 .16 .55<br />
Ideologie .50 .66 .55 .61 .22 .22 .34 .11 .75<br />
Erfahrung .55 .68 .69 .74 .28 .33 .32 .11 .69<br />
TPV-<br />
Gesamt<br />
.54 .79 .66 .74 .47 .31 .38 .21 1.00<br />
Anmerkungen: Fett gedruckt sind Zusammenhänge mit ρ ≥ 50. Die Korrelation mit dem TPV-<br />
Gesamtwert sind sowohl für die Unterskalen von Zentralität als auch von Religiösem Coping angegeben.<br />
Horizontal: Unterskalen zum Religiösen Coping - Sinn: Positive Sinnfindung; Hilfe: Positive spirituelle<br />
Unterstützung; Partner: Partnerschaftliche Kontrolle; Demut: Demutskontrolle; Sozial: Positive soziale<br />
Unterstützung; Neg. Sinn: Negative Sinnfindung; Neg. Hilfe: Negative spirituelle Unterstützung; Neg.<br />
Sozial: Negative soziale Unterstützung<br />
Vertikal: Unterskalen zur Zentralität<br />
Zudem wurden explorativ die Unterskalen des Fragebogens zum Religiösen Coping<br />
und der Zentralitätsskala bei der Berechnung der Zusammenhänge mit den anderen<br />
Spiritualitätsskalen berücksichtigt (vgl. Tabelle 22). Hoch sind dabei die Zusam-<br />
menhänge zwischen TPV und allen Unterskalen der Zentralitätsskala, insbesondere<br />
zu Gebet (ρ = .80). Von den Skalen zum Religiösen Coping korrelieren Positive spi-<br />
rituelle Unterstützung (ρ = .79) und Hingabe (ρ = .74) besonders hoch mit dem TPV.<br />
Die Items der Zentralitätsskala zum kognitiven Interesse an religiösen Inhalten kor-<br />
relieren im Vergleich zu den anderen Unterskalen relativ gering mit den übrigen<br />
Spiritualitätsskalen. Insgesamt bestätigen auch die explorativen Untersuchungen,<br />
die die Unterskalen einbeziehen, Hypothese 1d, die besagt, dass es einen Zusam-<br />
menhang gibt zwischen Maßen für eine positive Spiritualität gibt. Sie geben jedoch<br />
auch Hinweise darauf, dass es sich bei den verwendeten Spiritualitätsitems um ein<br />
mehrfaktorielles Konstrukt handelt.<br />
3.1.3 Faktorenstruktur der Spiritualitätsitems<br />
Mit dem Ziel zu überprüfen, ob es sich bei den vier Spiritualitätsskalen (TPV, Zent-<br />
ralität, Positives religiöses Coping, Negatives religiöses Coping) um ein multifakto-<br />
rielles Konstrukt handelt, wurde für die Daten der TeilnehmerInnen an Erhebung 2<br />
(N = 94) eine Faktorenanalyse mit obliquer Rotation (Hauptachsenanalyse, Promax-<br />
Rotation) über alle 36 Items des Fragebogens zur Spiritualität durchgeführt. Der<br />
KMO-Koeffizient ist gut (.88) und deutet darauf hin, dass die Variablenauswahl für<br />
eine Faktorenanalyse geeignet ist. Die Stichprobengröße ist gerade ausreichend für<br />
eine Faktorenanalyse. Etwas problematisch sind die geringen Kommunalitäten (h 2
Ergebnisse 57<br />
.60) der Items 14 und 15 der Skalen zum Religiösen Coping, der Items 7 und 9 zum<br />
TPV und von Item 8 zur Zentralität.<br />
Es ergeben sich sieben Faktoren mit einem Eigenwert größer als 1, der Scree-Plot<br />
deutet allerdings eher auf eine Lösung mit zwei oder sechs Faktoren hin. Da eine<br />
Extraktion von zu vielen Faktoren weniger problematisch ist als eine Extraktion von<br />
zu wenigen Faktoren, wurden sechs Faktoren zur Extraktion vorgegeben, durch die<br />
insgesamt 70.7% der Varianz erklärt wurden, davon 43.2% durch den ersten, 8.3%<br />
durch den zweiten und 6.0% durch den dritten Faktor. Faktor fünf und sechs erklär-<br />
ten jeweils noch mehr als 4% der Varianz. Es wurde eine Hauptkomponentenanaly-<br />
se mit obliquer Rotation (Promax) gewählt, weil angenommen wurde, dass die Spiri-<br />
tualitätsitems miteinander korrelieren.<br />
Tabelle 23. Hauptkomponentenanalyse der Spiritualitätsskala (unrotiert, N = 94)<br />
Item h<br />
Faktor 1 Faktor 2 Faktor 3 Faktor 4 Faktor 5 Faktor 6<br />
2<br />
TPV 1 .79 .82<br />
TPV 2 .67 .79<br />
TPV 3 .70 .73<br />
TPV 4 .72 .59 -.34 .36 .35<br />
TPV 5 .77 .83<br />
TPV 6 .77 .68 -.33 .37<br />
TPV 7 .44 .62<br />
TPV 8 .70 .50 -.39 -.40 .32<br />
TPV 9 .49 .45 -.35 .31<br />
TPV 10 .70 .79<br />
TPV 11 .76 .39 -.39 .43 -.32 .40<br />
Zentralität 1 .73 .61 .39<br />
Zentralität 2 .79 .82<br />
Zentralität 3 .67 .57 -.32 -.30<br />
Zentralität 4 .66 .78<br />
Zentralität 5 .77 .64 -.33 -.35<br />
Zentralität 6 .81 .84<br />
Zentralität 7 .70 .58 -.47<br />
Zentralität 8 .56 .54 -.44<br />
Zentralität 9 .70 .75<br />
Zentralität 10 .71 .78<br />
Coping 1 .68 .54 .46<br />
Coping 2 .82 .80<br />
Coping 3 .82 .85<br />
Coping 4 .74 .82<br />
Coping 5 .75 .36 .60 .31 .32<br />
Coping 6 .80 .86<br />
Coping 7 .82 .37 .48 .45 -.49<br />
Coping 8 .61 .66 -.34<br />
Coping 9 .80 .75 -.31<br />
Coping 10 .77 .46 .48 .46<br />
Coping 11 .78 .39 .52 .49<br />
Coping 12 .79 .81<br />
Coping 13 .77 .33 .67<br />
Coping 14 .52 .51 .36<br />
Coping 15 .39 .32 .31<br />
Anmerkungen: h 2 = Kommunalität; In der Matrix werden Korrelationen mit dem jeweiligen Faktor von<br />
r>.30 angezeigt.
Ergebnisse 58<br />
Eine erste Inspektion der unrotierten Lösung (vgl. Tabelle 23) zeigte, dass fast alle<br />
Items auf dem ersten Faktor laden. Auf dem zweiten Faktor laden die Items zum<br />
Negativen religiösen Coping positiv und einige Items aus den Skalen TPV und Zent-<br />
ralität negativ.<br />
Zur Interpretation der Faktoren der Promax-rotierten Lösung (vgl. Tabelle 24) wer-<br />
den jeweils hohe partielle Regressionsgewichte (> .40) in der Mustermatrix heran-<br />
gezogen. Den ersten Faktor charakterisieren vor allem die acht Items der Skalen<br />
zum Positiven religiösen Coping (Unterskalen: Positive Sinnfindung, Positive spiri-<br />
tuelle Unterstützung, Partnerschaftliche Kontrolle und Demutskontrolle) sowie die<br />
Zentralitäts-Dimension Erfahrung. Außerdem laden auf diesem Faktor die TPV-<br />
Items 2 und 7 („Ich bezeichne mich als religiös, auch wenn ich keiner Glaubensge-<br />
meinschaft angehöre.“) und das Zentralitätsitem 4 („Wie hoch ist deiner Meinung<br />
nach die Wahrscheinlichkeit, dass Gott wirklich existiert und nicht nur eine mensch-<br />
liche Idee ist?“), die so etwas wie die allgemeine Zustimmung zur Existenz einer<br />
höheren Macht aussagen. Dieser erste Faktor wird unter dem Begriff Coping zu-<br />
sammengefasst.<br />
Auf dem zweiten Faktor laden vor allem die sechs Items der Zentralitäts-<br />
Dimensionen Gottesdienst, Gebet und kognitives Interesse, besonders hoch die<br />
Items der Unterskala Gottesdienst. Auf diesem Faktor lädt außerdem auch Item 3<br />
der Skala TPV, das religiöse Praktiken zum Thema hat, Item 14 der Skalen zum<br />
Religiösen Coping, das Mitchristen nennt, und die Häufigkeit des Gebets (Zentralität<br />
2). Faktor zwei wird mit dem Begriff Gottesdienst umschrieben.<br />
Besonders hoch auf dem dritten Faktor laden Items, die sich mit Weiterleben nach<br />
dem Tod beschäftigen (TPV 4 und Zentralität 7), außerdem laden darauf viele Items<br />
aus der Skala Transpersonales Vertrauen, die Vertrauen thematisieren. Auch die<br />
Häufigkeit des Gebets (Zentralität 2) und die Frage nach der Wahrscheinlichkeit der<br />
Existenz Gottes (Zentralität 4) laden auf diesem Faktor, der mit Vertrauen bezeich-<br />
net werden soll.<br />
Der vierte Faktor ist durch TPV-Items charakterisiert, die eine sehr weite, keinen<br />
personalen Gott voraussetzende Spiritualität beschreiben (TPV 6, 8, 9, 11). Sie<br />
werden mit dem Überbegriff Transpersonale Spiritualität zusammengefasst.<br />
Auf dem fünften und dem sechsten Faktor laden die Items zum negativen religiösen<br />
Coping, auf Faktor fünf vor allem diejenigen, die das Bild eines strafenden oder fer-<br />
nen Gottes ausdrücken. Faktor sechs bilden die drei Items zu Negativer spiritueller<br />
und Negativer sozialer Unterstützung. Daher wird Faktor fünf mit Negatives Gottes-<br />
bild zusammengefasst, Faktor sechs mit Verlassenheit.
Ergebnisse 59<br />
Insbesondere das negative religiöse Coping zeigte sich also sowohl in der rotierten<br />
als auch der unrotierten Lösung als relativ unabhängiger Aspekt. Die rotierte Lösung<br />
differenzierte weiter zwischen verschiedenen Aspekten einer positiven Spiritualität.<br />
Hypothese 1e, die besagt, dass es sich bei dem Fragebogen zur Spiritualität um ein<br />
mehrdimensionales Konstrukt handelt, konnte faktorenanalytisch bestätigt werden.<br />
Tabelle 24. Hauptkomponentenanalyse für alle Items des Fragebogens zur Spiritualität,<br />
Promax-rotierte Lösung (Mustermatrix, N = 94)<br />
Item<br />
Faktor 1<br />
Coping<br />
Faktor 2<br />
Gottesdienst<br />
Faktor 3<br />
Vertrauen<br />
Faktor 4<br />
TranspersonaleSpiritualität<br />
Faktor 5<br />
Negatives<br />
Gottesbild<br />
Faktor 6<br />
Verlassenheit<br />
Coping 1 1.02 -.44<br />
Coping 9 .99 -.35<br />
Coping 2 .97<br />
Coping 8 .91<br />
Coping 12 .87<br />
Coping 3 .83<br />
Coping 4 .75<br />
Zentralität 10 .66<br />
Zentralität 9 .57<br />
TPV 7 .56<br />
Coping 6 .47<br />
Zentralität 6 .45 .39 .32<br />
TPV 2 .44 .39<br />
Zentralität 5 .99<br />
Zentralität 1 .95<br />
Zentralität 3 .86<br />
TPV 3 .68<br />
Zentralität 8 .59 .34<br />
Coping 14 .56 -.31<br />
TPV 4 .95<br />
Zentralität 7 .91<br />
Coping 15 .41 .34 -.59<br />
TPV 1 .33 .51<br />
TPV 5 .34 .51<br />
Zentralität 4 .44<br />
Zentralität 2 .41 .41<br />
TPV 10 .31 .39<br />
TPV 11 .95<br />
TPV 8 .82<br />
TPV 6 .67<br />
TPV 9 .58<br />
Coping 7 .90<br />
Coping 11 .85<br />
Coping 10 .73 .35<br />
Coping 13 .89<br />
Coping 5 .33 .70<br />
Anmerkungen: In der Mustermatrix werden partielle standardisierte Regressionsgewichte<br />
> .3 angezeigt. Die Items sind nach der Höhe ihrer Ladungen sortiert.
Ergebnisse 60<br />
3.2 Zusammenhang von Spiritualität/Religiosität und psychischer Belastung<br />
zu Behandlungsbeginn<br />
In Hypothese 2 wird untersucht, ob zu Behandlungsbeginn psychische Belastung<br />
und Spiritualität in einem Zusammenhang stehen. In die Berechnungen gehen die<br />
Daten der 94 TeilnehmerInnen an Erhebung 2 ein, da nur für diese Daten aus meh-<br />
reren Spiritualitätsfragebögen vorliegen.<br />
3.2.1 Zusammenhang von Spiritualität/Religiosität und psychischer Belastung<br />
(GSI)<br />
Der Zusammenhang zwischen psychischer Belastung und Spiritualität wurde be-<br />
rechnet als Korrelationen (Spearmans Rho) zwischen Spiritualitätsmaßen und dem<br />
globalen Kennwert für die psychische Belastung GSI (SCL-90-R) zu Behandlungs-<br />
beginn. Es zeigte sich eine kleine Korrelation (ρ = .26, p = .01) zwischen der Skala<br />
Negatives religiöses Coping und dem GSI-Gesamtwert. Bei einer einseitigen Tes-<br />
tung, wie es der Formulierung von Hypothese 2a entspricht, ist dieser Wert hoch<br />
signifikant.<br />
Die psychische Belastung ist bei Behandlungsbeginn also umso größer, je höher<br />
das negative religiöse Coping ist. Hypothese 2a ist damit bestätigt.<br />
Es zeigt sich dagegen zu Behandlungsbeginn kein Zusammenhang zwischen der<br />
generellen psychischen Belastung (GSI) und den Skalen TPV (ρ = .00, p = .48),<br />
Zentralität (ρ = -.01, p = .48) und Positives religiöses Coping (ρ = .07, p = .25).<br />
Insofern kann auch Hypothese 2b als bestätigt angesehen werden. Es ist kein Zu-<br />
sammenhang zwischen positiver Spiritualität und psychischer Belastung zu Behand-<br />
lungsbeginn feststellbar.<br />
3.2.2 Explorative Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Spiritualität<br />
und psychischer Belastung<br />
Hypothese 2 wurde weiter explorativ untersucht. Dabei wurden zum einen die Un-<br />
terskalen der SCL-90-R berücksichtigt. Zum anderen wurde überprüft, ob bei Per-<br />
sonen, in deren Leben Spiritualität/Religiosität eine größere Rolle spielt, ein Zu-<br />
sammenhang zwischen Spiritualität und psychischer Belastung besteht.
Ergebnisse 61<br />
Tabelle 25. Korrelationen (Spearmans Rho) zwischen Spiritualitätsskalen und<br />
Unterskalen der SCL-90-R (N = 94)<br />
Negatives religi- TPV Zentralität Positives religiööses<br />
Coping<br />
ses Coping<br />
GSI .26 -.00 -.01 .07<br />
Soma .30 .11 .08 .13<br />
Zwang .11 -.03 -.08 .00<br />
Unsicher .11 -.16 -.08 .02<br />
Depressiv .21 .03 .05 .06<br />
Ängstlich .31 -.06 .03 -.00<br />
Aggressiv .18 .01 -.02 .05<br />
Angst .19 -.06 .00 .04<br />
Paranoid .25 -.06 -.02 .12<br />
Psychotisch .22 -.02 .00 .16<br />
Anmerkungen: Fett gedruckt sind Zusammenhänge mit ρ ≥ .10<br />
Soma: Somatisierung, Zwang: Zwanghaftigkeit, Unsicher: Unsicherheit im Sozialkontakt, Depressiv:<br />
Depressivität, Ängstlich: Ängstlichkeit, Aggressiv: Aggressivität/Feindseligkeit, Angst: Phobische<br />
Angst, Paranoid: Paranoides Denken und Psychotisch: Psychotizismus<br />
3.2.2.1 Zusammenhang zwischen Unterskalen der SCL-90-R und Spiritualitätsskalen<br />
Explorativ wurde der Zusammenhang zwischen den Unterskalen der SCL-90-R und<br />
den Spiritualitätsskalen ermittelt. Neben den Korrelationen mit dem GSI (vgl. 3.2.1)<br />
sind in Tabelle 25 auch die Korrelationen mit den Unterskalen dargestellt. Die Ein-<br />
zelskalen der SCL-90-R korrelieren durchweg positiv mit der Skala Negatives reigi-<br />
öses Coping. Bedeutsamer als die Signifikanzangaben sind hier die Korrelations-<br />
werte als Maß der Effektstärke, da bei einer Bonferroni-Korrektur wegen der Viel-<br />
zahl der berechneten Zusammenhänge keiner signifikant würde und es sich nur um<br />
eine explorative Untersuchung handelt. Deutlich (ρ > .20, p
Ergebnisse 62<br />
3.2.2.2 Zusammenhang bei spirituellen/religiösen PatientInnen<br />
Explorativ wurden die Hypothesen 2a und 2b nur für diejenigen TeilnehmerInnen an<br />
der Studie überprüft, die sich als spirituell und/oder einer Religionsgemeinschaft<br />
zugehörig bezeichnet haben (N = 70). Es zeigte sich, dass die Korrelation zwischen<br />
psychischer Belastung (GSI-Summenwert) und Negativem religiösen Coping etwa<br />
genauso groß ist wie für die Gesamtgruppe (ρ = .26, p = .03). Die Zusammenhänge<br />
zwischen positiven Spiritualitätsmaßen und GSI zu Behandlungsbeginn sind nega-<br />
tiv, aber sehr klein. Am größten ist die Korrelation zwischen GSI und TPV-<br />
Gesamtwert (ρ = -.11, p = .36).<br />
Es wurde ferner explorativ untersucht, ob sich die Zusammenhänge zwischen nega-<br />
tivem religiösen Coping und psychischer Belastung je nach der Lebensbedeutung<br />
der Religiosität unterscheiden. Von den 94 Personen aus Erhebung 2 spielt nach<br />
den Kategorien von Huber (vgl. 2.2.1.2) für 11.7% Religiosität eine marginale Rolle,<br />
nur für 27.7% ist sie sehr zentral (autonome Funktionsweise des religiösen Kon-<br />
struktsystems), der Großteil der Befragten (61%) bewegt sich dazwischen. In der<br />
Terminologie von Huber (2003) bedeutet eine heteronome Funktionsweise des reli-<br />
giösen Konstruktsystems, dass es nicht für alle Lebensbereiche in gleicher Weise<br />
bedeutsam ist.<br />
Es wurde mit Hilfe einer einfaktoriellen Varianzanalyse mit Post-Hoc-Tests (Scheffé)<br />
überprüft, ob die drei Gruppen, die der Einfachheit halber als Zentralität hoch, mittel<br />
bzw. niedrig bezeichnet wurden, sich in ihren Mittelwerten hinsichtlich der psychi-<br />
schen Belastung (GSI) zu Behandlungsbeginn unterscheiden. Die ANOVA zeigte<br />
keinen signifikanten Gesamteffekt (F2,91 = .12, p = .89).<br />
In der Gruppe der Hochreligiösen (N = 26) korreliert das negative religiöse Coping<br />
zu ρ = .21 (p = .32) mit der psychischen Belastung (GSI), dieser Wert ist sogar et-<br />
was geringer als der Wert für die Gesamtgruppe. Höher ist dagegen die Korrelation<br />
zwischen negativem religiösen Coping und psychischer Belastung für die Gruppe,<br />
für die Religiosität mittelmäßige Lebensbedeutung hat (ρ = .36, p = .01). Nur in der<br />
Gruppe der Hochreligiösen ist die psychische Belastung umso höher, je höher die<br />
Werte auf den Skalen TPV (ρ = .23, p = .27) und Zentralität (ρ = .18, p = .38) sind.<br />
In Tabelle 26 sind die Zusammenhänge zwischen GSI und Spiritualitätsskalen für<br />
die Gruppen mit hoher und mittlerer Zentralität der Religiosität im Überblick aufge-<br />
führt. Zu beachten ist, dass sich die drei Gruppen in der Höhe des negativen religiö-<br />
sen Copings unterscheiden (ANOVA, F2,91 = 7.89, p = .00).
Ergebnisse 63<br />
Tabelle 26. Korrelationen (Spearmans Rho) zwischen psychischer Belastung<br />
(GSI) und Spiritualitätsskalen für Gruppen mit unterschiedlicher Zentralität<br />
des religiösen Konstruktsystems<br />
N TPV Zentralität Positives rel.<br />
Coping<br />
Negatives<br />
rel. Coping<br />
Gruppen:<br />
Zentralität<br />
hoch 26 .23 .18 .04 .21<br />
mittel 57 -.06 .02 .07 .36<br />
Der Post-Hoc-Test (Scheffé) zeigt, dass insbesondere die Werte für die Gruppe mit<br />
hoher Zentralität deutlich geringer sind als für die anderen beiden Gruppen.<br />
Schließlich wurde noch explorativ untersucht, ob bei Menschen mit hohem negati-<br />
ven religiösen Coping die Zusammenhänge zwischen negativem religiösen Coping<br />
und psychischer Belastung höher sind als für die Gesamtgruppe. Dazu wurde die<br />
Gruppe mit Hilfe eines Mediansplits in 46 Personen mit geringem und 48 Personen<br />
mit hohem negativem religiösen Coping geteilt. Aufgrund der schiefen Verteilung<br />
sind Personen, die mehr als zweimal bei einer Frage zum negativen Coping zumin-<br />
dest wenig angekreuzt haben, bereits in der Gruppe mit hohem negativen religiösen<br />
Coping. Für die Gruppe mit geringem negativen Coping beträgt die Korrelation zur<br />
psychischen Belastung (GSI) ρ = .07 (p = .62), für die Gruppe mit hohem negativen<br />
Coping ρ = .32 (p = .03).<br />
Betrachtet man die Häufigkeitsverteilung der Fragen zum negativen religiösen Co-<br />
ping, so fällt auf, dass im nur 14 Personen (von Insgesamt 94) den Fragen im Mittel<br />
„ziemlich“ oder „sehr“ zustimmten (Mittelwert der Summe aller Itemwerte ≥ 1.5). Den<br />
Fragen zur Negativen Sinnfindung stimmten im Mittel 20 (von 94) Personen im Mit-<br />
tel „ziemlich“ oder „sehr“ zu (Mittelwert der beiden Items ≥ 1.5). Von den Personen,<br />
für die Testergebnisse auch zu Behandlungsende vorliegen (N = 77) stimmten 14<br />
den Aussagen mit einem strafenden Gottesbild (Skala Negative Sinnfindung) zu-<br />
mindest in gewisser Weise zu. Diese unterscheiden sich nicht bedeutsam von den<br />
übrigen TeilnehmerInnen hinsichtlich GSI (d = 0.16, wobei die TeilnehmerInnen mit<br />
einem strafenden Gottesbild mit M = 0.57, SD = 0.58 gegenüber M = 0.48,<br />
SD = 0.52 die größere Veränderung aufweisen), etwas größer ist der Effekt für den<br />
VEV-K (d = 0.29, wobei die TeilnehmerInnen mit einem strafenden Gottesbild mit<br />
M = 122.86, SD = 26.55 gegenüber M = 130.37, SD = 24.75) rückblickend den klei-<br />
neren Erfolg berichten). Die Effekte sind allerdings angesichts der kleinen und zu-<br />
dem sehr ungleichen Stichprobengrößen nicht aussagekräftig.
Ergebnisse 64<br />
3.3 Spiritualität als Prädiktor für Therapieerfolg<br />
Die Hypothese, ob Spiritualität ein Prädiktor für Therapieerfolg ist, wurde für die 131<br />
TeilnehmerInnen an der Untersuchung, für die sowohl Prä- als auch Posttestwerte<br />
vorliegen, mit Hilfe von Regressionsanalysen überprüft. Die Daten der Teilnehmer-<br />
Innen von Erhebung 1 und Erhebung 2 wurden also zusammengefasst. Es wurden<br />
multiple lineare Regressionen mit der Differenz zwischen Prä- und Postwert des<br />
GSI (Hypothese 3a) und Summenwert des VEV-K (Hypothese 3b) als Kriterien<br />
durchgeführt. Es wurden multiple lineare Regressionen gewählt, weil sie das Kriteri-<br />
um auf Intervallskalenniveau erfassen und so möglichst viel Information beibehal-<br />
ten.<br />
Als Prädiktoren wurden neben dem Summenwert der Skala Transpersonales Ver-<br />
trauen die soziodemographischen Faktoren Alter, Geschlecht und Bildung aufge-<br />
nommen. Bildung wurde mit einem Item zur Schulbildung aus der Klinikdokumenta-<br />
tion erfasst (vgl. Anhang B, Item v016), dessen Ausprägungen zusammengefasst<br />
wurden in Abitur (N = 67) und kein Abitur (N = 64).<br />
Die soziodemographischen Daten Alter, Geschlecht und Bildung wurden in die Re-<br />
gressionsanalyse einbezogen, weil bei ihnen ein Zusammenhang sowohl mit Spiri-<br />
tualität als auch mit Therapieerfolg vermutet werden könnte. Eine – wenn auch sehr<br />
geringe – Vorhersagemöglichkeit auf Therapieerfolg aufgrund von soziodemogra-<br />
phischen Faktoren für die Psychosomatische Klinik Bad Grönenbach hat Eggert<br />
(1998) nachgewiesen. Für die Skala TPV berichtet Belschner (2006) einen ebenfalls<br />
geringen Effekt der Faktoren Alter und Geschlecht.<br />
3.3.1 Deskriptive Daten<br />
Als deskriptive Daten werden die Ergebnisse hinsichtlich der Maße für Therapieer-<br />
folg sowie bivariate Interkorrelationen aller in die Regressionen einbezogenen Vari-<br />
ablen berichtet. Sowohl die mittlere Veränderung im GSI (M = 0.46, SD = 0.51) als<br />
auch der mittlere Summenwert im VEV-K (M = 128.62, SD = 26.14) liegen für die<br />
131 Personen über den Grenzwerten für eine statistisch signifikante Veränderung,<br />
wie sie in Abschnitt 2.2.2 angegeben wurden (0.30 für die GSI-Differenz und 115 für<br />
den VEV-K-Gesamtwert). Eine statistisch signifikante Veränderung gemäß diesen<br />
Kriterien berichten hinsichtlich VEV 95 Personen (72%), hinsichtlich GSI-Differenz<br />
nur 72 Personen (55%).<br />
Die Korrelationen (Spearmans Rho) zwischen den Prädiktoren untereinander und<br />
zwischen Prädiktoren und den Kriterien GSI-Differenz sowie VEV-K-Summenwert<br />
sind insgesamt nur gering. Die deutlichsten Zusammenhänge sind zwischen TPV-
Ergebnisse 65<br />
Gesamtwert und Alter sowie TPV-Gesamtwert und Schulbildung festzustellen (je-<br />
weils ρ = .16, p = -.07, N = 131). Die TeilnehmerInnen waren also umso spiritueller,<br />
je älter sie waren. Außerdem waren diejenigen mit Abitur etwas spiritueller als die-<br />
jenigen ohne Abitur. Die Werte der Frauen auf der Skala TPV sind etwas höher als<br />
die der Männer (M = 18.98, SD = 8.28, N = 90 gegenüber M = 16.98, SD = 8.21,<br />
N = 41; d = .24).<br />
Sehr gering sind die Zusammenhänge zwischen TPV und den Kriterien GSI-<br />
Differenzwert (ρ = .07, p = .44, N = 131) und VEV-K-Summenwert (ρ = .09, p = .28,<br />
N = 131). Mittelgroß dagegen ist die Korrelation zwischen den beiden Prädiktoren<br />
GSI-Differenzwert und VEV-Summenwert (ρ = .41, p = .00, N = 131).<br />
3.3.2 Vorhersage von Therapieerfolg aufgrund von TPV, Geschlecht, Alter<br />
und Schulabschluss<br />
Mit Hilfe von multiplen linearen Regressionsanalysen wurde überprüft, ob Transper-<br />
sonales Vertrauen einen Beitrag zur Vorhersage des Therapieerfolgs leistet. Als<br />
weitere Prädiktoren wurden Alter, Geschlecht und Schulabschluss einbezogen, da<br />
vermutet werden könnte, dass ein Effekt von Spiritualität auf Therapieerfolg in Wirk-<br />
lichkeit auf eine dieser Variablen zurückzuführen ist.<br />
Die Voraussetzungen hinsichtlich multipler linearer Regressionen wurden überprüft.<br />
Nach der grafischen Überprüfung scheinen sowohl die Normalverteilung der Resi-<br />
duen als auch die Homoskedastizität für beide Regressionsberechnungen zumin-<br />
dest annähernd gegeben zu sein. Überrepräsentiert sind die Residuen beim GSI-<br />
Differenzwert im Bereich leicht unterhalb des Mittelwerts, beim VEV-K-Summenwert<br />
leicht über dem Mittelwert. In partiellen Regressionsplots konnte kein Zusammen-<br />
hang zwischen den Prädiktoren und dem Kriterium erkannt werden, auch kein ge-<br />
gebenenfalls vorliegender nicht-linearer Zusammenhang. Auch Kollinearität liegt<br />
den entsprechenden Kennwerten nach (Toleranz, VIF) nicht vor. In der Gesamt-<br />
gruppe fallen zwei Ausreißer auf, was die Residuen für die retrospektive Erfolgsbe-<br />
urteilung mit dem VEV-K betrifft. Bei beiden handelt es sich um Männer, die eine<br />
deutlich geringere Veränderung als erwartet berichten.<br />
Die multiple lineare Regressionsanalyse deutet darauf hin, dass Transpersonales<br />
Vertrauen, Geschlecht, Schulabschluss und Alter zusammen keinen nennenswerten<br />
Anteil an der Varianz (0 %) der GSI-Differenz aufklären. Keine der Variablen trägt<br />
wesentlich zur Vorhersage des Therapieerfolgs bei, die standardisierten Beta-<br />
Gewichte sind sehr gering (vgl. Tabelle 27).
Ergebnisse 66<br />
Tabelle 27. Multiple lineare Regression (Methode: Enter) mit GSI-Differenz als<br />
Kriterium (N = 131)<br />
Variable B SE B β<br />
Konstante .69 .20<br />
TPV Gesamtwert .00 .01 .06 (n.s.)<br />
Geschlecht -.08 .10 -.08 (n.s.)<br />
Schulabschluss .01 .09 .01 (n.s.)<br />
Alter -.01 .00 -.13 (n.s.)<br />
R 2 (adjustiert entsprechend der Anzahl der Prädiktoren) = .00<br />
Anmerkungen: R 2 = multipler Determinationskoeffizient, B = unstandardisiertes Beta, SE B = Standardabweichung<br />
von B, β = standardisiertes Beta, n.s. = nicht signifikant. Die Signifikanz von β wurde<br />
mit einem t-Test überprüft.<br />
Hypothese 3a muss somit verworfen werden. Spiritualität zu Behandlungsbeginn,<br />
gemessen mit der Skala TPV, ließ sich nicht als Prädiktor für die Verringerung der<br />
psychischen Belastung im Verlauf der Behandlung nachweisen.<br />
Auch zur Vorhersage der Varianz der retrospektiven Erfolgsbeurteilung mit dem<br />
VEV-K tragen die Skala TPV und die drei soziodemographischen Prädiktoren Ge-<br />
schlecht, Schulabschluss und Alter nicht nennenswert (nur 2%) bei, die standardi-<br />
sierten Beta-Gewichte der einzelnen Variablen sind sehr gering und nicht signifi-<br />
kant (vgl. Tabelle 28).<br />
Auch Hypothese 3b muss verworfen werden. Transpersonales Vertrauen zu Be-<br />
handlungsbeginn ließ sich nicht als Prädiktor für die rückblickende Erfolgsbeurtei-<br />
lung durch die PatientInnen nachweisen.<br />
Tabelle 28. Multiple Regression (Methode: Enter) mit VEV-K-Summenwert als<br />
Kriterium (N = 131)<br />
Variable B SE B β<br />
Konstante 113.83 10.58<br />
TPV Gesamtwert .20 .29 .06 (n.s.)<br />
Geschlecht .19 5.10 .00 (n.s.)<br />
Schulabschluss .39 4.66 .01 (n.s.)<br />
Alter .26 .24 .10 (n.s.)<br />
R 2 (adjustiert entsprechend der Anzahl der Prädiktoren) = -.02<br />
Anmerkungen: R 2 = multipler Determinationskoeffizient, B = unstandardisiertes Beta, SE B = Standardabweichung<br />
von B, β = standardisiertes Beta, n.s. = nicht signifikant. Die Signifikanz von β wurde<br />
mit einem t-Test überprüft.
Ergebnisse 67<br />
3.3.3 Explorative Untersuchungen zu Spiritualität als Prädiktor für Therapierfolg<br />
Die Möglichkeit der Vorhersage von Therapieerfolg durch Spiritualität wurde explo-<br />
rativ weiter untersucht. Dabei wurde überprüft, ob das dichotome Kriterium „signifi-<br />
kanter Therapieerfolg ja/nein“ durch Spiritualität vorhergesagt werden kann. Außer-<br />
dem wurde untersucht, ob es Hinweise gibt, dass andere Spiritualitätsmaße sich<br />
besser als Prädiktoren eignen als der TPV. Schließlich wurde Hypothese 3 für un-<br />
terschiedliche Untergruppen getestet.<br />
3.3.3.1 Vorhersage des dichotomen Kriteriums Therapieerfolg „ja/nein“<br />
Eine binäre logistische Regression mit dem dichotomen Kriterium „signifikanter The-<br />
rapieerfolg ja/nein“ bietet einen anderen Blickwinkel auf die Frage nach Spiritualität<br />
als Prädiktor für Therapieerfolg. Außerdem wird damit das Problem umgangen,<br />
dass einige Voraussetzungen von linearen Regressionen nicht sicher erfüllt sind.<br />
Problematisch ist beispielsweise, dass für die GSI-Differenz keine Normalverteilung<br />
nachgewiesen werden konnte und dass bei Fragebogendaten das bei einer linearen<br />
Regression geforderte Intervallskalenniveau nicht sicher gegeben ist.<br />
Als Kriterium, ob ein signifikanter Therapieerfolg vorliegt, wurde für den VEV-K ein<br />
Summenwert von mindestens 115, für die GSI-Differenz auf der Ebene der Rohwer-<br />
te ein Wert von mindestens .30 verwendet (vgl. Abschnitt 2.2.2). Als Prädiktoren<br />
wurden wie in der multiplen linearen Regression die Skala Transpersonales Ver-<br />
trauen sowie die soziodemographischen Faktoren Alter, Schulabschluss und Ge-<br />
schlecht verwendet. Insgesamt wird auch hier nur ein verschwindend geringer Anteil<br />
der Varianz der Kriterien durch alle Prädiktoren zusammen vorhergesagt sowohl für<br />
die durch die GSI-Differenz (Nagelkerkes R 2 = 0.01) als auch für die Vorhersage<br />
durch den VEV-K (Nagelkerkes R 2 = 0.01%). Der Omnibus-Test der Modellkoeffi-<br />
zienten ist nicht signifikant (Χ 2 = .42; df = 4; p = .98 bzw. Χ 2 = .93; df = 4; p = .92).<br />
Keiner der Prädiktoren leistet einen signifikanten Beitrag zur Vorhersage des The-<br />
rapieerfolgs, wenn man die Chi-Quadrat-verteilte Wald-Statistik betrachtet. Trans-<br />
personales Vertrauen erwies sich also auch nicht als geeigneter Prädiktor für die<br />
Vorhersage des dichotomen Merkmals „signifikanter Therapieerfolg ja/nein“.
Ergebnisse 68<br />
3.3.3.2 Zusammenhang von Zentralität und Religiösem Coping mit Therapieerfolg<br />
Es wurde überprüft, ob andere Spiritualitätsmaße sich besser als Prädiktoren für<br />
Therapieerfolg eignen könnten. Da nur von insgesamt 77 PatientInnen Daten so-<br />
wohl zu unterschiedlichen Spiritualitätsmaßen als auch zu Maßen des Therapieer-<br />
folgs vorliegen, und die weiteren verwendeten Prädiktoren sich in den vorhergehen-<br />
den Berechnungen als nicht bedeutsam erwiesen hatten, wurden nur bivariate Kor-<br />
relationen und Mittelwertsvergleiche (t-Tests bei unabhängigen Stichproben) statt<br />
multipler Regressionen durchgeführt.<br />
Es wurden Korrelationen (Spearmans Rho) für Zentralität sowie die Skalen zum<br />
Religiösen Coping mit GSI-Differenzwert und VEV-K-Summenwert berechnet, wo-<br />
bei auch die Unterskalen der Fragebögen einbezogen wurden. Außerdem wurden<br />
Effektstärken für die Mittelwertsunterschiede in den Spiritualitätsmaße berechnet<br />
zwischen PatientInnen, die einen statistisch signifikanten Therapieerfolg erzielt ha-<br />
ben (Kriterien siehe 2.2.2), und solchen, die keinen statistisch signifikanten<br />
Therapieerfolg berichten.<br />
Zum Vergleich werden auch die Werte für die Skala TPV angegeben, da es sich um<br />
eine kleinere Stichprobe als in den Ergebnissen von 0 handelt, nämlich alle Teil-<br />
nehmerInnen an Erhebung 2 (nur hier wurde der Fragebogen mit den drei Spirituali-<br />
tätsmaßen ausgegeben), für die Prä- und Posttestwerte vorliegen (N = 77).<br />
Betrachtet man die Korrelationen zwischen den vier Spiritualitätsmaßen und den<br />
beiden Maßen für Therapieerfolg, so korreliert keines der positiven Spiritualitätsma-<br />
ße erkennbar mit den Maßen für Therapieerfolg GSI-Differenzwert und VEV-K-<br />
Summenwert (vgl. Tabelle 29).<br />
Negatives religiöses Coping zeigt dagegen einen kleinen negativen Zusammenhang<br />
(ρ = -.24, p = .02) mit der rückblickenden Erfolgsbeurteilung (VEV-K). Mit der Ver-<br />
änderung in der psychischen Belastung (GSI-Differenz) besteht ein noch geringerer<br />
negativer Zusammenhang (ρ = -.09, p = .22). Je höher also das negative religiöse<br />
Coping zu Therapiebeginn ist, desto schlechter ist die rückblickende Erfolgsbeurtei-<br />
lung am Ende der Behandlung.<br />
Tabelle 29. Korrelationen (Spearmans Rho) zwischen Spiritualitätsmaßen und<br />
Maßen für Therapieerfolg (N=77)<br />
Zentralität Transpersonales<br />
Vertrauen<br />
Positives Coping<br />
Negatives Coping<br />
VEV-K -.00 .04 -.06 -.24<br />
GSI Differenz .06 -.01 .07 -.09<br />
Anmerkungen: Fett gedruckt sind Korrelationen mit ρ > .10.
Ergebnisse 69<br />
Tabelle 30. Korrelationen (Spearmans Rho) zwischen Einzelskalen zur Zentralität<br />
von Religiosität und Maßen für Therapieerfolg (N=77)<br />
Gottesdienst Gebet Kognitiv Ideologie Erfahrung<br />
VEV Summe .05 .09 -.22 .00 .08<br />
GSI Differenz -.03 -.03 .07 .10 .10<br />
Anmerkungen: Fett gedruckt sind Korrelationen mit ρ > .10.<br />
Kognitiv: Kognitives Interesse; Erfahrung: Religiöse Erfahrung<br />
Tabelle 31. Korrelationen (Spearmans Rho) zwischen Einzelskalen zum religiösen<br />
Coping und Maßen für Therapieerfolg (N=77)<br />
VEV<br />
Summe<br />
Sinn Hilfe Partner Demut Sozial Negativ Negativ Negativ<br />
Sinn Sozial Hilfe<br />
-.04 -.02 .02 .06 -.01 -.21 -.21 -.20<br />
GSI .08 .04 .04 .12 .06 -.04 -.05 -.15<br />
Differenz<br />
Anmerkungen: Fett gedruckt sind Korrelationen mit ρ > .10.<br />
Sinn: Positive Sinnfindung; Hilfe: Positive spirituelle Unterstützung; Partner: Partnerschaftliche Kontrolle;<br />
Demut: Demutskontrolle; Sozial: Positive soziale Unterstützung; Negativ Sinn: Negative Sinnfindung;<br />
Negativ Hilfe: Negative spirituelle Unterstützung; Negativ Sozial: Negative soziale Unterstützung<br />
Auch wenn man die jeweils fünf Unterskalen der Zentralitätsskala (vgl. Tabelle 30)<br />
und des Positiven religiösen Copings (vgl. Tabelle 31) betrachtet, sind kaum positi-<br />
ve Zusammenhänge mit den Maßen für Therapieerfolg zu erkennen.<br />
Nur Demutskontrolle, Unterskala des Positiven religiösen Copings, hängt erkennbar<br />
(ρ = .12, p = .16) mit einer positiveren rückblickenden Erfolgsbeurteilung zusam-<br />
men. Negativ korreliert erstaunlicherweise Kognitives Interesse, eine Unterskala aus<br />
der Zentralitätsskala, mit dem VEV-K-Summenwert (ρ = -.22, p = .03). Je höher also<br />
das kognitive Interesse an Religion, desto geringer ist die rückblickende Erfolgsbe-<br />
wertung. Angesichts der Vielzahl der durchgeführten Korrelationen können diese<br />
Einzelergebnisse aber auch zufällig zustande gekommen sein. Betrachtet man die<br />
Einzelskalen zum Negativen religiösen Coping (vgl. Tabelle 31), so fällt auf, dass<br />
alle drei negativ mit der rückblickenden Erfolgsbeurteilung korrelieren (ρ > .20,<br />
p < .05).<br />
Nimmt man statistisch signifikanten Therapieerfolg als Kriterium und vergleicht die<br />
Personen, die hinsichtlich VEV-K bzw. GSI einen statistisch signifikanten Therapie-<br />
erfolg erzielt haben, mit denen, bei denen keine Veränderung oder eine Verschlech-<br />
terung festzustellen ist, so unterscheiden sich die Mittelwerte für die positiven Spiri-<br />
tualitätsmaße TPV, Zentralität und Positives religiöses Coping nicht so stark, dass<br />
die Unterschiede praktische Relevanz haben, die Effektstärken sind gering (vgl.<br />
Tabelle 32 und Tabelle 33).
Ergebnisse 70<br />
Tabelle 32. Mittelwertsvergleiche zwischen Personen mit einem statistisch signifikanten<br />
(N = 57) bzw. einem statistisch nicht signifikanten (N = 20)<br />
Therapieerfolg hinsichtlich VEV-K<br />
Spiritualitätsskala signifikant M SD d<br />
TPV ja 17.97 8.51 -.11<br />
nein 18.90 7.64<br />
Zentralität ja 16.91 9.34 -.10<br />
nein 17.83 9.51<br />
Positives religiöses Coping ja 8.49 7.96 -.07<br />
nein 9.00 6.92<br />
Negatives religiöses Coping ja 2.58 3.38 -.29<br />
nein 3.56 3.46<br />
Anmerkungen: M = Mittelwert der Gesamtwerte einer Skala; d = Cohens d<br />
Tabelle 33. Mittelwertsvergleiche zwischen Personen mit einem statistisch signifikanten<br />
(N = 48) bzw. einem statistisch nicht signifikanten (N = 29)<br />
Therapieerfolg hinsichtlich GSI<br />
Spiritualitätsskala signifikant M SD d<br />
TPV ja 18.42 8.32 .07<br />
nein 17.87 8.27<br />
Zentralität ja 17.21 9.26 .02<br />
nein 17.05 9.61<br />
Positives religiöses Coping ja 8.81 7.82 .07<br />
nein 8.31 7.53<br />
Negatives religiöses Coping ja 3.32 3.70 .39<br />
nein 2.03 2.73<br />
Anmerkungen: M = Mittelwert der Gesamtwerte einer Skala; d = Cohens d<br />
Personen mit einem signifikanten Therapieerfolg hinsichtlich der rückblickenden<br />
Beurteilung (VEV-K) haben einen geringeren Gesamtwert bei den Items zum Nega-<br />
tiven religiösen Coping als die übrigen. Dagegen haben Personen mit einer signifi-<br />
kanten Verbesserung hinsichtlich GSI einen höheren Gesamtwert bei den Items<br />
zum Negativen religiösen Coping als diejenigen, für die keine signifikante Verbesse-<br />
rung festgestellt werden konnte. Allerdings sind die Effektstärken hinsichtlich beider<br />
Veränderungsmaße wenig aussagekräftig, da die Streuungen der Mittelwerte sehr<br />
groß sind (Konfidenzintervall für Cohens d beim VEV-K zwischen -.80 und .22, beim<br />
GSI zwischen -.07 und .86).<br />
3.3.3.3 Spiritualität als Prädiktor bei spirituellen/religiösen Personen<br />
Explorativ wurde untersucht, ob sich bei PatientInnen, in deren Leben Spiritualität<br />
eine hohe Bedeutung hat, Spiritualität als Prädiktor für Therapieerfolg nachweisen<br />
lässt. Mit Hilfe von Mediansplit wurde die Stichprobe aller TeilnehmerInnen, für die<br />
TPV und Testwerte zu beiden Messzeitpunkten vorliegen (N = 131), entsprechend<br />
der Höhe des Gesamtwertes auf der Skala TPV in zwei Gruppen eingeteilt. Für die
Ergebnisse 71<br />
Gruppe mit hohem TPV-Gesamtwert (TPV > 18, N = 65) wurden Korrelationen<br />
(Spearmans Rho) zwischen TPV und den beiden Erfolgsmaßen berechnet. Weder<br />
mit VEV-K-Gesamtwert (ρ = .01, p = .93) noch mit GSI-Differenzwert (ρ = -.06,<br />
p = .65) zeigten sich nennenswerte Zusammenhänge. Für das Quartil mit den<br />
höchsten TPV-Werten (TPV>25, N = 32) deutet sich zumindest ein kleiner Zusam-<br />
menhang sowohl mit GSI-Differenzwert (ρ = .16, p = .37) als auch mit VEV-K-<br />
Gesamtwert (ρ = .16, p = .39) an.<br />
Betrachtet man allerdings eine Kreuztabelle für die vier Quartile des TPV und die<br />
Signifikanz des Therapieerfolgs hinsichtlich GSI-Differenz und VEV-K, so lassen<br />
sich keine signifikanten Unterschiede in den relativen Häufigkeiten feststellen, mit<br />
denen Personen mit unterschiedlich hohen TPV-Werten eine signifikante oder nicht<br />
signifikante Veränderung berichten. Dies trifft sowohl auf die GSI-Differenz (Θ = .08,<br />
X 2 (3) = .93, p = .82) als auch auf den VEV-K-Gesamtwert zu (Θ = .09, X 2 (3) = 0.94,<br />
p = .82). Die vier Gruppen unterscheiden sich auch nicht in den Mittelwerten der<br />
GSI-Differenz (F3,127 = 0.32, p = .81) und des VEV-K-Gesamtwertes (F3,127 = 0.80,<br />
p = .50).<br />
Ähnliches gilt für Gruppen mit unterschiedlicher Zentralität von Religiosität. In<br />
Tabelle 34 ist beispielhaft eine Kreuztabelle für die drei Kategorien der Zentralität<br />
der Spiritualität (autonom, heteronom, marginal) und die Signifikanz des Therapieer-<br />
folgs hinsichtlich GSI dargestellt.<br />
Es ergaben sich auch hier keine signifikanten Unterschiede in den relativen Häufig-<br />
keiten, mit denen Personen mit unterschiedlicher Zentralität der Religiosität eine<br />
signifikante oder nicht signifikante Veränderung berichten, weder beim GSI (Θ = .07,<br />
X 2 (2) = .36, p = .84) noch beim VEV-K (Θ = .05, X 2 (2) = .19, p = .91).<br />
Tabelle 34. Relative Häufigkeiten der signifikanten und nicht signifikanten Veränderung<br />
im GSI in Abhängigkeit von der Zentralität der Religiosität<br />
signifikant nicht signifikant N<br />
autonom 57.1% 42.9% 21<br />
heteronom 63.8% 36.2% 47<br />
marginal 66.7% 33.3% 9<br />
N 48 29 77
Ergebnisse 72<br />
3.3.3.4 Überprüfung von Hypothese 3 für die PatientInnen aus Abteilung 1<br />
Explorativ wurde überprüft, ob die Hypothese für die PatientInnen aus Abteilung 1<br />
bestätigt werden kann, die vorwiegend unter Angst, Depression oder Sucht als<br />
Hauptdiagnosen leiden. PatientInnen in Abteilung 1 waren alle TeilnehmerInnen an<br />
Erhebung 1 sowie 31 TeilnehmerInnen aus Erhebung 2. Insgesamt liegen also 90<br />
Fragebögen vor, von denen bei 79 Daten zu beiden Messzeitpunkten vorhanden<br />
sind. Es zeigten sich immerhin kleine Korrelationen von TPV-Gesamtwert sowohl<br />
mit dem VEV-K-Summenwert (ρ = .14, N = 79, p = .23) als auch mit dem GSI-<br />
Differenzwert (ρ = .22, N = 79, p = .06). Mit der psychischen Belastung (GSI) zu<br />
Beginn der Behandlung zeigte der TPV-Gesamtwert allerdings keinen Zusammen-<br />
hang (ρ = .07, N = 90, p = .54). Es besteht aber kein statistisch signifikanter Mittel-<br />
wertsunterschied zwischen den PatientInnen aus Abteilung 1 und den PatientInnen<br />
aus den übrigen Abteilungen in TPV-Gesamtwert, VEV-K und GSI-Differenz.<br />
Eine multiple lineare Regression mit Alter, Geschlecht, Berufstätigkeit und TPV-<br />
Gesamtwert als Prädiktoren und GSI-Differenzwert als Kriterium (vgl. Tabelle 35)<br />
zeigt, dass die Verwendeten Prädiktoren insgesamt nur 1% der Varianz des Prädik-<br />
toren aufklären, dass aber der TPV-Gesamtwert im Vergleich mit den anderen ver-<br />
wendeten Prädiktoren der noch beste Prädiktor ist (β = .25, p = .04).<br />
Bei der rückblickenden Erfolgsbeurteilung (VEV-K) sagen die gewählten Prädiktoren<br />
für die PatientInnen aus Abteilung 1 immerhin 5% der Varianz vorher (vgl. Tabelle<br />
36) . Auch hier ist der TPV-Gesamtwert als Prädiktor erkennbar (β = .21, p = .07).<br />
Vergleicht man allerdings die TPV-Gesamtwerte der PatientInnen mit einem statis-<br />
tisch signifikanten Therapieerfolg im VEV-K (M = 18.43, SD = 7.8, N = 54) und ei-<br />
nem statistisch nicht signifikanten Therapieerfolg im VEV-K (M = 17.71, SD = 9.24,<br />
N = 25), so ist der Mittelwertsunterschied nicht statistisch signifikant.<br />
Tabelle 35. Multiple lineare Regression mit GSI-Differenzwert als Kriterium<br />
(N=79)<br />
Variable B SE B β<br />
Konstante .04 .28<br />
TPV Gesamtwert .15 .01 .25<br />
Geschlecht .08 .12 .09<br />
Schulabschluss .08 .13 .09<br />
Alter .00 .01 .02<br />
R 2 (adjustiert entsprechend der Anzahl der Prädiktoren) = .01<br />
Anmerkungen: R 2 = multipler Determinationskoeffizient, B = unstandardisiertes Beta, SE B = Standardabweichung<br />
von B, β=standardisiertes Beta, n.s.=nicht signifikant. Die Signifikanz von β wurde mit<br />
einem t-Test überprüft.
Ergebnisse 73<br />
Tabelle 36. Multiple lineare Regression mit VEV-K-Gesamtwert als Kriterium<br />
(N=79)<br />
Variable B SE B β<br />
Konstante 89.7 14.89<br />
TPV Gesamtwert 0.67 .37 .21<br />
Geschlecht 6.04 6.05 .12<br />
Schulabschluss 14.33 6.98 .24<br />
Alter 0.47 .30 .18<br />
R 2 (adjustiert entsprechend der Anzahl der Prädiktoren) = .05<br />
Anmerkungen: R 2 = multipler Determinationskoeffizient, B = unstandardisiertes Beta, SE B = Standardabweichung<br />
von B, β = standardisiertes Beta, n.s. = nicht signifikant. Die Signifikanz von β wurde<br />
mit einem t-Test überprüft.<br />
Hinsichtlich der mittleren GSI-Differenzwerte unterscheiden sich die beiden Grup-<br />
pen ebenfalls nicht signifikant. Die 37 Personen mit einer statistisch signifikanten<br />
Veränderung haben im Mittel einen etwas höheren Wert (M = 19.37, SD = 7.36) als<br />
die Personen mit einer statistisch nicht signifikanten Veränderung (M = 17.16,<br />
SD = 8.90).
Diskussion 74<br />
4. Diskussion<br />
Die Diskussion folgt in ihrem Aufbau der Darstellung der Ergebnisse. Es wird zu-<br />
nächst auf die Ergebnisse zu den Spiritualitätsfragebögen eingegangen, anschlie-<br />
ßend werden die beiden Haupthypothesen diskutiert.<br />
4.1 Diskussion der Ergebnisse zu den Spiritualitätsfragebögen<br />
Bei der Diskussion der Ergebnisse zu den Spiritualitätsfragebögen werden insbe-<br />
sondere mögliche Probleme der verwendeten Skalen sowie des daraus zusammen-<br />
gestellten Fragebogens zur Spiritualität (vgl. Anhang A) thematisiert. Ferner soll<br />
überlegt werden, welche der verwendeten für PatientInnen einer psychosomati-<br />
schen Klinik in Deutschland geeignet ist.<br />
4.1.1 Zusammenhang von Religionszugehörigkeit und Spiritualitätsmaßen<br />
Wie erwartet zeigte sich, dass Personen, die eine unterschiedliche Religionszuge-<br />
hörigkeit angeben, sich in ihren Werten auf den Religiositäts- und Spiritualitätsska-<br />
len unterscheiden (vgl. 3.1.1.1). Am geringsten sind erwartungsgemäß durchgängig<br />
die Werte für diejenigen, die sich keiner Religion, Konfession oder spirituellen Rich-<br />
tung zugehörig fühlen. Für den TPV entspricht dies den Ergebnissen von Albani et<br />
al. (2002b), die allerdings nur zwischen konfessionslos und konfessionszugehörig<br />
differenzierten.<br />
Am höchsten sind bei allen Spiritualitätsskalen die Werte von Personen, die sich<br />
selbst als katholisch bezeichnen. Dieses Ergebnis leuchtet bei der Zentralitätsskala<br />
ein, die unter anderem die Häufigkeit des Gottesdienstbesuchs und des Gebets<br />
erfasst. Weniger selbstverständlich ist es für die Skala TPV, die Spiritualität unab-<br />
hängig von der Religionszugehörigkeit erfasst.<br />
Geringere Werte als die Katholischen hatten bei allen Spiritualitätsskalen die Evan-<br />
gelischen und wiederum geringere diejenigen, die „spirituell, ohne zu einer bestimm-<br />
ten Glaubensgemeinschaft zu gehören“ als für sich zutreffende Alternative ankreuz-<br />
ten. Dies stimmt mit dem unerwarteten Ergebnis überein, dass die Spirituellen nicht<br />
nur auf den Skalen Zentralität und Religiöses Coping, die für Angehörige einer mo-<br />
notheistischen Religionsgemeinschaft formuliert sind, geringere Werte angekreuzt<br />
haben als die Angehörigen einer der Volkskirchen, sondern auch auf der Skala TPV<br />
(vgl. 3.1.1.2).<br />
Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die verwendeten Spiritualitätsskalen alle für<br />
Gruppen mit unterschiedlicher Religionszugehörigkeit ein ähnliches Muster zeigen.<br />
Dass die Mittelwertsunterschiede zwischen den Gruppen mit unterschiedlicher Reli-
Diskussion 75<br />
gionszugehörigkeit bei den Skalen zum Religiösen Coping insgesamt geringer sind,<br />
könnte daran liegen, dass auf diesen Skalen von allen TeilnehmerInnen durchge-<br />
hend geringere Werte angekreuzt wurden.<br />
Bei den Skalen zum Religiösen Coping ist ein deutlicher Bodeneffekt festzustellen,<br />
stimmten den Fragen nur in sehr geringem Ausmaß (im Durchschnitt zwischen „gar<br />
nicht“ und „wenig“) zu. Daher differenzieren die Skalen zum Religiösen Coping Ska-<br />
len insgesamt weniger.<br />
Die Ergebnisse bezüglich des Zusammenhangs zwischen Religionszugehörigkeit<br />
und Antworten auf die Spiritualitätsfragebögen könnte auch dadurch verfälscht sein,<br />
dass alle Maße mit einem gemeinsamen Fragebogen (vgl. Anhang A) erhoben wur-<br />
den, in dessen Einleitungstext die Anweisung steht, bei allen folgenden Fragen je-<br />
weils von der persönlichen Vorstellung von Gott auszugehen. Dies könnte dazu<br />
geführt haben, dass Unterschiede zwischen den Fragebögen verwischt wurden, weil<br />
die TeilnehmerInnen die Items einheitlich entsprechend ihrem Weltbild uminterpre-<br />
tieren. Problematisch könnte es ferner sein, dass die Frage zur Religionszugehörig-<br />
keit zu Beginn des „Fragebogens zur Spiritualität“ steht. Dies könnte zur Folge ha-<br />
ben, dass die Antworten auf die folgenden Fragen von den Normen der jeweils an-<br />
gegebenen Religion oder spirituellen Richtung beeinflusst werden.<br />
4.1.2 Zusammenhang der Spiritualitätsskalen<br />
Wie erwartet korrelieren die positiven Spiritualitätsskalen miteinander (vgl. 3.1.2).<br />
Auffällig ist die Höhe der Korrelationen (ρ > .77), die darauf hinweist, dass die Maße<br />
sehr ähnliche Konstrukte messen. Der besonders hohe Zusammenhang zwischen<br />
Zentralität und TPV könnte daraus zu erklären sein, dass beide Skalen auf die all-<br />
gemeine Lebensbedeutung von Spiritualität abzielen. Überraschend ist der hohe<br />
Zusammenhang aufgrund des unterschiedlichen weltanschaulichen Hintergrundes,<br />
aus dem heraus die beiden Skalen formuliert sind. Dieser scheint – vielleicht auf-<br />
grund des gemeinsamen Kontextes, in dem die Skalen im Fragebogen stehen –<br />
kaum eine Rolle zu spielen.<br />
Eine Faktorenanalyse über alle Items des verwendeten Fragebogens zur Spirituali-<br />
tät (vgl. Anhang A) ergab sechs interpretierbare Faktoren (vgl. 3.1.3). Die Aspekte,<br />
die dabei differenziert werden, decken sich nur zum Teil mit den in den Spirituali-<br />
tätsskalen und ihren Unterskalen abgebildeten Dimensionen. Eigene Faktoren bil-<br />
den in der rotierten Lösung (vgl. Tabelle 24) Items zum positiven religiösen Coping<br />
(Faktor 1 Coping) sowie Items, die mit religiösen Praktiken zu tun haben (Faktor 2<br />
Gottesdienst). Davon relativ unabhängig zeigen sich Items zum negativen Coping,
Diskussion 76<br />
die noch einmal differenziert erscheinen in solche, die ein negatives Gottesbild the-<br />
matisieren (Faktor 5), und solche, die Verlassenheit durch Gott oder Menschen zum<br />
Thema haben (Faktor 6). Weitere in den verwendeten Spiritualitätsskalen enthalte-<br />
ne Aspekte sind eine nicht an einen personalen Gott gebundene Spiritualität (Faktor<br />
4) und Vertrauen (Faktor 3), das besonders charakterisiert wird durch Items, die ein<br />
Weiterleben nach dem Tod thematisieren.<br />
Die Faktorenanalyse spricht eindeutig für eine multifaktorielle Struktur von Spirituali-<br />
tät, die etwa auch Huber (2003) und Murken (1998a) für Deutschland belegen.<br />
Insbesondere negatives religiöses Coping wird als relativ unabhängiger Aspekt be-<br />
stätigt. Es könnte sein, dass die Items zum negativen religiösen Coping aufgrund<br />
ihrer im Vergleich zu allen anderen Items geringeren Schwierigkeit einen eigenen<br />
Faktor bilden. Dieser Argumentation widerspricht, dass die Fragen zum positiven<br />
religiösen Coping ähnlich schief verteilt sind.<br />
Problematisch hinsichtlich der Kommunalitäten in der Faktorenanalyse wie auch<br />
hinsichtlich ihrer Testkennwerte (vgl. Tabelle 11) sind insbesondere diejenigen<br />
Items zum religiösen Coping, die den Bezug zu einer religiöse Gemeinschaft oder<br />
einem Seelsorger thematisieren. Eine linksschiefe Verteilung von Items, die Unter-<br />
stützung durch eine religiöse Gemeinschaft abbilden, berichtet auch Murken<br />
(1998a). Der Bezug zu einer religiösen Gemeinschaft scheint für die meisten Be-<br />
fragten kein Thema zu sein. Daher sollten diese Items eventuell weggelassen wer-<br />
den, wenn man das Konstrukt Spiritualität in Deutschland erfassen will. Ähnlich ge-<br />
ring sind die Kommunalitäten der Items 7 und 9 der Skala TPV, die als doppeldeutig<br />
bzw. ohne direkten Bezug zu einer transzendenten Wirklichkeit erscheinen und<br />
vermutlich deshalb in einem nur geringen Zusammenhang mit den übrigen Items<br />
stehen.<br />
Inwiefern die verwendeten Spiritualitätsskalen das Konstrukt Spiritualität angemes-<br />
sen und umfassend abbilden, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Wei-<br />
ter zu erforschen wäre außerdem, welche der gefunden Faktoren sich besonders<br />
als Ressource bzw. Vulnerabilitätsfaktor erweisen.<br />
Aufgrund der vorliegenden Studie gibt es auch keine eindeutigen Hinweise, welcher<br />
der Spiritualitätsfragebögen sich für PatientInnen einer psychosomatischen Klinik in<br />
Deutschland besonders gut eignet. Die positiven Spiritualitätsskalen korrelieren<br />
hoch untereinander und stehen in einem ähnlichen Zusammenhang zur Religions-<br />
zugehörigkeit, so dass sie – zumindest in einem gemeinsamen Fragebogen zu-<br />
sammengestellt – ein sehr ähnliches Konstrukt zu messen scheinen. Problematisch<br />
an den verwendeten Skalen zum religiösen Coping ist die insgesamt geringe Zu-<br />
stimmung zu den Fragen, so dass der Fragebogen eventuell nicht ausreichend dif-
Diskussion 77<br />
ferenziert. Sinnvoll erscheint es allerdings, auch negative Aspekte der Spirituali-<br />
tät/Religiosität einzubeziehen. Es wäre dabei günstig, die Fragen aus dem RCOPE<br />
auf den deutschen Kulturraum anzupassen oder eine hier entwickelte Skala zu ver-<br />
wenden, die negative Aspekte der Spiritualität/Religiosität erfragt.<br />
4.2 Diskussion der Ergebnisse bezüglich des Zusammenhangs von<br />
Spiritualität und psychischer Belastung zu Behandlungsbeginn<br />
Es wurde überprüft, ob sich zum Messzeitpunkt des Behandlungsbeginns ein Zu-<br />
sammenhang zwischen psychischer Belastung und Spiritualität nachweisen lässt.<br />
Dabei zeigte sich, dass zwar eine positive Spiritualität zu Behandlungsbeginn nicht<br />
in Zusammenhang mit einer geringeren psychischen Belastung steht, sehr wohl<br />
aber negatives religiöses Coping mit einer höheren psychischen Belastung korreliert<br />
(vgl. 3.2.1). Dieser Zusammenhang ist zwar gering, aber statistisch signifikant. Dies<br />
deutet auf eine negative Spiritualität als Vulnerabilitätsfaktor hin.<br />
Die Tatsache, dass negatives religiöses Coping mit höherer psychischer Belastung<br />
korreliert, deckt sich mit Ergebnissen der Forschung zum Religiösen Coping aus<br />
den USA (Ano & Vasconcelles, 2005; Smith et al., 2002). Für Deutschland fand<br />
Murken (1998a) einen Zusammenhang zwischen negativen Gefühlen gegenüber<br />
Gott und höherer psychischer Belastung. Dass der umgekehrte Zusammenhang für<br />
positive Spiritualitätsmaße nicht gefunden wird, stimmt ebenfalls mit Ergebnissen<br />
anderer deutschsprachigen Studien überein (Allemand & Znoj, 2005; Murken,<br />
1998a; Winter, 2005).<br />
Studien aus den USA berichten dagegen Zusammenhänge zwischen Religiosität<br />
und geringerer psychischer Belastung (Koenig et al., 2001; Smith et al. 2003). Diese<br />
Differenz könnte zum einen aus dem unterschiedlichen kulturellen Hintergrund zu<br />
erklären sein. Anders als in den USA scheint etwa die soziale Unterstützung durch<br />
eine religiöse Gemeinschaft in Deutschland nur eine sehr geringe Rolle zu spielen.<br />
Das bestätigen die Antworten auf die entsprechenden Items im Fragebogen zum<br />
Religiösen Coping. Es könnte sein, dass die Funktion von Religiosität als Ressource<br />
in den USA zum Teil auf der sozialen Unterstützung beruht.<br />
Zum anderen ist zu berücksichtigen, wie psychische Gesundheit gemessen wird.<br />
Die Zusammenhänge, die Ano & Vasconcelles (2005) berichten, sind besonders<br />
groß für positive Maße wie Lebenszufriedenheit, aber nur gering für negative Maße,<br />
wie sie in der vorliegenden Studie ausschließlich berücksichtigt werden.<br />
Schließlich ist zu beachten, dass es sich bei den TeilnehmerInnen an der vorliegen-<br />
den Studie um PatientInnen einer psychosomatischen Klinik handelt. Es ist zu er-<br />
warten, dass Spiritualität/Religiosität durch die Symptome einer akuten psychischen
Diskussion 78<br />
Krise gefärbt ist. Grom (1992) spricht etwa davon, dass in einer schweren Depres-<br />
sion auch die Fähigkeit beeinträchtigt ist, religiöse Gefühle zu erleben. Dies könnte<br />
erklären, dass sich bei den PatientInnen einer psychosomatischen Klinik kein Zu-<br />
sammenhang zwischen Spiritualität und geringerer psychischer Belastung nachwei-<br />
sen lässt. Das Konzept des religiösen Copings geht zwar davon aus, dass Spirituali-<br />
tät sich gerade in Belastungssituationen als wirksam erweist, fraglich ist allerdings,<br />
ob dies auf psychische Symptome mit Krankheitswert zutrifft oder ob nicht vielmehr<br />
in einer psychischen Krise das Vertrauen in eine höhere Macht und fundamental<br />
erschüttert ist.<br />
Beim gefundenen Zusammenhang zwischen negativem religiösen Coping und psy-<br />
chischer Belastung ist die Kausalität unklar. Es könnte sein, dass negatives religiö-<br />
ses Coping ein Vulnerabilitätsfaktor ist, umgekehrt beeinflusst aber möglicherweise<br />
auch die psychische Belastung das Gottesbild negativ. Kritisch zu sehen ist die Gü-<br />
te des verwendeten Messinstruments, mit dem der negative Aspekt der Spiritualität<br />
erhoben wurde. Die Skala Negatives religiöses Coping ist nicht normalverteilt. Die<br />
Schwierigkeiten der Items sind sehr gering, so dass es zu einem Bodeneffekt<br />
kommt (vgl. 2.2.1.3). Nur so wenige TeilnehmerInnen stimmten den Fragen zum<br />
negativen religiösen Coping zumindest in gewisser Weise zu, dass kaum repräsen-<br />
tative Aussagen über den Zusammenhang zur psychischen Belastung bei dieser<br />
Personengruppe möglich sind (vgl. 3.2.2.2). Es wäre lohnend, bei einer größeren<br />
Stichprobe den Zusammenhang zwischen negativem religiösem Coping und psy-<br />
chischer Belastung zu untersuchen.<br />
Die zusätzlichen, explorativ durchgeführten Berechnungen könnten Hinweise für<br />
Fragestellungen geben, die für die zukünftige Forschung lohnend wären. Interes-<br />
sant erscheint es vor allem, Zusammenhänge zwischen psychischer Belastung und<br />
Spiritualität für unterschiedliche Personengruppen zu überprüfen. Die explorativen<br />
Untersuchungen deuten nämlich darauf hin, dass unterschiedliche Lebensbedeu-<br />
tung von Spiritualität berücksichtigt werden sollte. Ähnlich wie in der Studie von Dörr<br />
(1987), die den höchsten Zusammenhang zwischen Religiosität und Depressivität<br />
für Personen mit einer mittleren intrinsischen Religiosität fand, waren die Zusam-<br />
menhänge zwischen negativem Coping und psychischer Belastung in der vorlie-<br />
genden Studie für die Personen mit einer mittleren Zentralität nach den Kriterien von<br />
Huber (2003) höher als für die Personen mit einer hohen Zentralität.<br />
Außerdem könnten weitere multivariate Analysen durchgeführt werden, in die als<br />
Variablen etwa Alter, Diagnose oder Geschlecht einbezogen werden. Dies wurde in<br />
der vorliegenden Studie aufgrund der geringen Fallzahlen in den einzelnen Gruppen
Diskussion 79<br />
nicht getan. Einbezogen wurden diese Variablen allerdings in die Überpüfung der<br />
Vorhersage von Therapieerfolg durch Spiritualität.<br />
4.3 Diskussion der Ergebnisse bezüglich der Vorhersage von Therapieerfolg<br />
durch Spiritualität<br />
Die Hypothese, dass Spiritualität ein Prädiktor für Therapieerfolg ist, konnte für die<br />
Gesamtgruppe (N = 131) der TeilnehmerInnen weder, was die Veränderung der<br />
psychischen Belastung betrifft (GSI-Differenz), noch für die rückblickende Erfolgs-<br />
beurteilung (VEV-K) angenommen werden (vgl. 0). Dieses Ergebnis reiht sich in die<br />
bisherige Forschung im deutschsprachigen Raum ein: Bisher gelang es nicht, Spiri-<br />
tualität eindeutig als Ressource zu belegen (Murken, 1998a; Dörr, 2001). In der<br />
Studie von Albani et al. (2005) etwa deutete sich Spiritualität von älteren Menschen<br />
- gemessen mit dem TPV - zwar als Moderator zwischen körperlicher Belastung und<br />
Lebenszufriedenheit an, konnte allerdings nicht statistisch signifikant nachgewiesen<br />
werden. Allemand und Znoj (2004) Spiritualität nur als Prädiktor für subjektives<br />
Wohlbefinden, nicht aber für psychische Belastung.<br />
Die vorliegende Studie setzte als Kriterium nicht Lebenszufriedenheit oder psychi-<br />
sche Belastung am Ende der Therapie an, sondern eine Veränderung der psychi-<br />
schen Belastung bzw. die rückblickende Erfolgsbeurteilung nach der Behandlung.<br />
Es wurde angenommen, dass Spiritualität sich im Verlauf der Behandlung als Res-<br />
source erweist. Hypothesen zur genauen Wirkungsweise wurden nicht aufgestellt<br />
und überprüft. Denkbar wäre etwa, dass Spiritualität sich insofern als Ressource im<br />
Sinne Grawes (1998) zeigt, als sie positives Selbstwertgefühl, Sinn- und Kontroller-<br />
leben oder Vertrauen unterstützt. Ein komplexeres Modell, das mögliche Moderato-<br />
ren und Mediatoren des Zusammenhangs zwischen Spiritualität und psychischer<br />
Belastung bzw. Therapieerfolg berücksichtigt, wurde allerdings nicht überprüft.<br />
Das vorliegende Ergebnis kann so interpretiert werden, dass Spiritualität für die<br />
TeilnehmerInnen an der Untersuchung tatsächlich gar keine Ressource darstellt.<br />
Alternativ kann überlegt werden, inwieweit die verwendeten Methoden ungenügend<br />
sind, um Spiritualität als Ressource nachzuweisen.<br />
4.3.1 Methodische Probleme<br />
Gründe dafür, dass eine Vorhersage von Therapieerfolg aufgrund der Spiritualität<br />
von PatientInnen nicht gelang, kann man in methodischen Problemen suchen, etwa<br />
im Untersuchungsdesign, in der Größe der Stichprobe, der Qualität der Instrumente<br />
oder in den durchgeführten statistischen Verfahren. Vielfach wird an den bisherigen
Diskussion 80<br />
Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Spiritualität und psychischer Ge-<br />
sundheit kritisiert, dass sie eine kausale Interpretation nicht zulassen, andere Vari-<br />
ablen nicht kontrolliert wurden und die Operationalisierung sowohl von psychischer<br />
Gesundheit als auch von Religiosität schwierig ist (George, Ellison & Larson, 2002;<br />
Grom, 2004; Murken, 1998). Auch der vorliegende Studie könnte man diese Mängel<br />
ankreiden.<br />
Was das Untersuchungsdesign betrifft, so kann kritisiert werden, dass Spiritualität<br />
nur zu Behandlungsbeginn, nicht aber am Behandlungsende gemessen wurde, je-<br />
doch unklar ist, inwieweit Spiritualität sich im Behandlungsverlauf ändert. Die Skala<br />
TPV erwies sich zumindest bei PatientInnen der Klinik Heiligenfeld als änderungs-<br />
sensitiv (Belschner, 2006). Möglicherweise ist Spiritualität bei den PatientInnen ei-<br />
ner psychosomatischen Klinik zu Behandlungsbeginn sehr stark beeinflusst von den<br />
Symptomen psychischer Belastung (vgl. 4.2). Sinnvoll könnte es daher sein, zu<br />
überprüfen, ob Spiritualität, gemessen in einer weniger belasten Lebensphase, ei-<br />
nen Prädiktor für die Bewältigung von psychischen Krisen darstellt. Eine solche<br />
Längsschnittstudie wäre allerdings sehr aufwändig.<br />
Die Stichprobengröße ist mit 131 TeilnehmerInnen gering, wenn man einen erwar-<br />
tungsgemäß eher kleinen Zusammenhang zwischen Spiritualität und Behandlungs-<br />
erfolg nachweisen will. Sowohl Studien zur Prädiktion von Therapieerfolg aufgrund<br />
von soziodemographischen und krankheitsbezogenen Faktoren (Eggert, 1998) als<br />
auch Studien zum Zusammenhang von Religiosität und psychischer Belastung<br />
(Koenig, McCullough & Larson, 2001), die ähnliche Fragebogenverfahren wie die in<br />
der vorliegenden Studie verwendeten einsetzten, berichten nur geringe Effekte.<br />
Nach Eggert (1998) reduzierte eine Gruppe von soziodemographischen Prädiktoren<br />
beispielsweise die Unsicherheit bei der Prognose des Therapieerfolgs bei PatientIn-<br />
nen der Psychosomatischen Klinik Bad Grönenbach, gemessen mit dem VEV, nur<br />
um 2.23%. Entsprechend liegt es nahe zu erwarten, dass auch der Beitrag von Spi-<br />
ritualität zur Vorhersage des Therapieerfolgs eher gering ist.<br />
Nach Bortz und Döring (2002, S. 613) ist bei einem erwarteten kleinen Effekt ein<br />
optimaler Stichprobenumfang für bivariate Korrelationen N = 614, wenn sie mit<br />
α = .05 abgesichert werden sollen. Eine ähnliche Stichprobengröße wird auch bei<br />
einer multiplen Korrelation mit vier Prädiktoren empfohlen. Die vorhandene Teil-<br />
nehmerInnenzahl wäre geeignet gewesen, um eine Hypothese zu untersuchen, für<br />
die ein mittlerer Effekt erwartet wird.<br />
Angesichts der bisher gefundenen sehr kleinen Effekte stellt sich die Frage, ob die<br />
bisher zur Messung von Spiritualität/Religiosität verwendeten Instrumente geeignet<br />
sind, diejenigen Aspekte von Spiritualität zu erfassen, die tatsächlich eine Ressour-
Diskussion 81<br />
ce für Personen in Krisensituationen darstellen bzw. ob dies für Menschen aus un-<br />
terschiedlichen religiösen Kontexten mit denselben Fragebögen möglich ist.<br />
In der vorliegenden Studie wurde die Skala TPV zur Operationalisierung von Spiri-<br />
tualität als Prädiktor für Therapieerfolg verwendet. Sie erhebt spirituelle Erfahrung<br />
unabhängig von einer bestimmten Religionszugehörigkeit. Loslassen und Vertrauen<br />
in eine höhere Macht könnte als gemeinsamer Nenner unterschiedlicher spiritueller<br />
Richtungen gesehen werden (Utsch, 2003). Insgesamt hat die Skala TPV eine gute<br />
interne Konsistenz, und es existieren Vergleichsdaten aus einer repräsentativen<br />
Bevölkerungsstichprobe (vgl. 2.2.1.1). Etwas unscharf ist allerdings das gemesse-<br />
ne Konstrukt. Unklar ist, ob die Skala TPV eine ein- oder zweifaktorielle Struktur hat<br />
(Albani et al. 2002b; Belschner, 2006). Die in der vorliegenden Untersuchung<br />
durchgeführten Faktorenanalysen (vgl. 2.2.1.1 und 3.1.3) deuten darauf hin, dass<br />
für die TeilnehmerInnen an der Studie insbesondere die Items, die eine Einheit mit<br />
dem Kosmos ausdrücken (Items 6, 8 und 11) einen zweiten Faktor bilden, während<br />
auf dem ersten Faktor Items laden, die mit dem christlichen Weltbild in Einklang<br />
stehen. Einige Fragen (Items 7 und 9) scheinen in einem geringen Zusammenhang<br />
mit anderen Spiritualitätsitems zu stehen; Item 7 wurde zudem häufig nicht beant-<br />
wortet, vermutlich, weil es zwei Aussagen enthält.<br />
Es drücken sich in den gefundenen Faktoren möglicherweise unterschiedliche spiri-<br />
tuelle Grundkonzepte aus. Itemformulierungen sind zwangsläufig mit einer bestimm-<br />
ten Weltanschauung verbunden. Dies zeigt sich sehr subtil beispielsweise in Item 4<br />
(„Meine Seele lebt auch nach meinem Tod weiter.“), das im Unterschied zur christli-<br />
chen Vorstellung der leiblichen Auferstehung nur vom Weiterleben der Seele<br />
spricht, wie sie etwa der Platonismus vertritt. Die Zustimmung zu den Items des<br />
TPV ist verglichen mit den beiden anderen verwendeten Religiositätsskalen relativ<br />
hoch. Weiter zu untersuchen wäre, inwieweit die Skala TPV diejenigen Aspekte von<br />
Spiritualität misst, die eine Ressource darstellen.<br />
Was die verwendeten statistischen Verfahren betrifft, so könnte die Berechnung der<br />
Veränderung der psychischen Belastung als einfacher Differenzwert zwischen Prä-<br />
und Postwert kritisiert werden, bei welcher der Einfluss von Messfehlern nicht kon-<br />
trolliert wurde (vgl. 2.2.2.1). Das exaktere Verfahren von Steyer (1997) würde aller-<br />
dings vermutlich keine grundlegend anderen Ergebnisse liefern, da die Reliabilitäten<br />
der verwendeten Messinstrumente sehr gut sind. Problematisch für die Berechnung<br />
von multiplen linearen Regressionen ist insbesondere, dass für die GSI-<br />
Differenzwerte keine Normalverteilung nachgewiesen werden konnte.<br />
Da sich allerdings überhaupt keine Hinweise auf den erwarteten Zusammenhang<br />
zwischen Spiritualität und Therapieerfolg zeigen, ist es unwahrscheinlich, dass al-
Diskussion 82<br />
lein mit besseren Methoden ein Effekt nachweisbar wäre. Darauf deuten ebenso die<br />
explorativen Ergebnisse hin. Therapieerfolg konnte auch dann nicht durch Spirituali-<br />
tät vorhergesagt werden, wenn er mit einem dichotomen Kriterium gemessen wur-<br />
de, und es ergaben sich auch für die anderen positiven Spiritualitätsskalen keine<br />
Zusammenhänge. Nur für die Skala Negatives religiöses Coping zeigten sich Zu-<br />
sammenhänge mit Therapieerfolg, was mit den Ergebnissen zu Korrelationen zwi-<br />
schen psychischer Belastung und negativem religiösen Coping zu Behandlungsbe-<br />
ginn (Hypothese 2) in Einklang steht.<br />
4.3.2 Berücksichtigung von spezifischen PatientInnengruppen<br />
Der Grund dafür, dass Spiritualität nicht als Ressource nachgewiesen werden konn-<br />
te, könnte auch darin liegen, dass Spiritualität im Leben der PatientInnen keine be-<br />
deutsame Rolle spielt. Spiritualität könnte ein Lebensbereich von vielen sein, eine<br />
mögliche Ressource, die durch andere mögliche Ressourcen kompensiert werden<br />
kann, wenn sie nicht vorhanden ist. Murken (1998a) spricht in diesem Sinn von<br />
funktionaler Äquivalenz, Huber (2003) von Konstruktsystemen mit unterschiedlicher<br />
Zentralität.<br />
Die statistischen Daten für Deutschland zeigen, dass Religiosität/ Spiritualität für die<br />
Menschen nur eine durchschnittliche Wichtigkeit hat (vgl. 1.3.1). Die für einen Teil<br />
der TeilnehmerInnen (N = 94) vorliegenden Werte für die Zentralitätsskala weisen<br />
darauf hin, dass die Lebensbedeutung von Religiosität tatsächlich auch bei ihnen<br />
gering ist: Hohe Zentralität besitzt Religiosität nach den Kriterien von Huber (2003)<br />
nur für 11.7% der Antwortenden. Andererseits sind die Werte der TeilnehmerInnen<br />
(N = 153) auf der Skala Transpersonales Vertrauen, die Spiritualität unabhängig von<br />
einer spirituellen Richtung misst, im Vergleich zur repräsentativen Bevölkerungsum-<br />
frage deutlich überdurchschnittlich (vgl. 2.2.1.1). Allerdings macht der TPV-<br />
Gesamtwert keine Aussage über die tatsächliche Lebensbedeutung von Spirituali-<br />
tät. Entsprechende Normwerte liegen nicht vor. Für die Skala zum Religiösen Co-<br />
ping, die die praktische Relevanz von Religiosität in Krisensituationen misst (vgl.<br />
1.3.2.2), liegen ebenfalls keine Normwerte für eine hohe Relevanz vor. Im Vergleich<br />
zu einer Studie mit Schweizer Gemeindemitgliedern (Winter, 2005) ist bei den Teil-<br />
nehmerInnen an der vorliegenden Studie aber sowohl das positive als auch das<br />
negative religiöse Coping deutlich geringer ausgeprägt.<br />
Man könnte vermuten, dass sich Spiritualität bei den Gruppen von Personen mit<br />
einer hohen Zentralität des religiösen Konstruktsystems nach den Kategorien von<br />
Huber bzw. einem hohen Transpersonalen Vertrauen (Mediansplit) eher als Prädik-
Diskussion 83<br />
tor für Therapieerfolg erweist. Die explorativen Untersuchungen (vgl. 3.3.3.3) bestä-<br />
tigten dies allerdings nicht. Möglicherweise erfassen die gewählten Kriterien nicht<br />
die für die Lebensbedeutung von Spiritualität bedeutsamen Aspekte. Hierzu wären<br />
eigene Studien durchzuführen. Sinnvoll wäre es dabei außerdem, weitere mögliche<br />
Ressourcen als Kontrollvariablen zu erheben und dazu beispielsweise ein allgemei-<br />
nes Coping-Maß einzusetzen.<br />
Eine zweite Möglichkeit, Spiritualität als Ressource für unterschiedliche PatientIn-<br />
nengruppen zu untersuchen, ist die Unterscheidung nach Diagnosen. In der vorlie-<br />
genden Studie wurde nicht zwischen Störungsbildern differenziert, da die entspre-<br />
chenden Daten für Erhebung 2 in der Klinikdokumentation zum Zeitpunkt der Aus-<br />
wertung noch nicht vorlagen. Die explorative Untersuchung deutet jedoch darauf<br />
hin, dass es lohnend sein könnte, Spiritualität als Ressource bei depressiven und<br />
SuchtpatientInnen zu untersuchen. International und in Deutschland gibt es bereits<br />
zahlreiche Untersuchungen, die sich speziell mit dem Zusammenhang zwischen<br />
Spiritualität und Depression auseinandersetzen (Dörr, 1987; Koenig, McCullough &<br />
Larson, 2001; Smith, McCullough & Poll, 2003).<br />
Die explorativen Ergebnisse der vorliegenden Studie deuten an, dass Spiritualität<br />
als Prädiktor bei PatientInnen der Abteilung 1 (Depression, Angst und Sucht) nach-<br />
weisen lässt (vgl. 0). Dieses Ergebnis müsste allerdings durch weitere Untersu-<br />
chungen abgesichert werden, bei denen darauf geachtet werden, dass soziale Er-<br />
wünschtheit bei der Datenerhebung keine Rolle spielt – dies kann in der vorliegen-<br />
den Studie bei den Daten aus Erhebung 1 nicht ausgeschlossen werden. Außerdem<br />
könnte überprüft werden, ob das spezifische Behandlungsangebot in Abteilung 1<br />
dafür verantwortlich ist, dass Spiritualität gegebenenfalls als Ressource wirken<br />
kann.<br />
Eingehender untersucht werden könnten ferner Geschlechtsunterschiede, was Spi-<br />
ritualität als Ressource betrifft. Darauf deuten die Ergebnisse von Murken (1998)<br />
und Petersen (1993) hin. In der vorliegenden Studie wurde Geschlecht zwar in die<br />
Regressionsanalysen als Prädiktor für Therapieerfolg einbezogen. Es wurde aber<br />
nicht überprüft, ob sich für Männer und Frauen unterschiedliche Zusammenhänge<br />
zwischen Spiritualität und Therapieerfolg zeigen. Darauf wurde auch aufgrund der<br />
geringen Anzahl von männlichen Teilnehmern verzichtet.
Diskussion 84<br />
4.4 Perspektiven für Forschung und Praxis<br />
Die vorliegende Studie hat in Übereinstimmung mit früheren Arbeiten (Murken,<br />
1998a; Winter, 2005) gezeigt, dass es schwierig ist, Spiritualität als positive Res-<br />
source nachzuweisen, während negative Spiritualität sich deutlich als Vulnerabili-<br />
tätsfaktor zeigt.<br />
Ein Desiderat in der Forschung sind gut überprüfte Messinstrumente, die Aspekte<br />
von Spiritualität erfassen, die für Menschen in Deutschland eine Ressource darstel-<br />
len. Dabei erscheint es wichtig, auch die dunkle Seite der Religiosität/Spiritualität<br />
einzubeziehen. Ein negatives Gottesbild hat sich vielfach Vulnerabilitätsfaktor er-<br />
wiesen (Murken, 1998a), scheint aber gegenwärtig in Deutschland keine sehr große<br />
Rolle zu spielen. Möglicherweise gibt es weitere negative Aspekte von Spiritualität,<br />
etwa Realitätsflucht oder ein ungesunde Selbstverleugnung, die bisher noch kaum<br />
berücksichtigt wurden. Eine deutsche Übersetzung des RCOPE sowie eine Über-<br />
prüfung, inwieweit er auf den deutschsprachigen Kulturraum anwendbar ist, existie-<br />
ren bisher nicht. Negative Aspekte der Religiosität erhebt allerdings auch der neu<br />
entwickelte, noch nicht veröffentlichte Religiositäts-Struktur-Test der Arbeitsgruppe<br />
Religionspsychologie in Trier.<br />
Sinnvoll wäre es möglicherweise, zunächst qualitative Forschungsarbeiten durchzu-<br />
führen, um wesentliche Faktoren für die Bedeutung von Spiritualität als Ressource<br />
zu erfassen. Dabei ist es fraglich, ob sich quantitative Messmethoden überhaupt<br />
geeignet sind für etwas so Individuelles wie Spiritualität und ihre Bedeutung als po-<br />
sitive Ressource bzw. Vulnerabilitätsfaktor.<br />
Interessant könnte in diesem Zusammenhang die Forschung zu impliziter Religiosi-<br />
tät (Schnell, 2004) sein, die sich für ein sehr breites Konzept individueller Sinnstif-<br />
tung interessiert. Der aus qualitativen Interviews entwickelte Fragebogen zur Le-<br />
bensbedeutungen (LeBe) erfasst neben Aspekten mit Transzendenzbezug bei-<br />
spielsweise positive sinnstiftende Aspekte wie Kreativität und Coping sowie auch<br />
einige negative Aspekte wie Opfererleben. Allerdings fand Schnell (2004) ebenfalls<br />
nur einen sehr kleinen negativen Zusammenhang zwischen Neurotizismus und dem<br />
breiten Konzept von Sinnerfüllung.<br />
Vielfach gefordert wurde bereits, komplexere theoretisch begründete Modelle zum<br />
Zusammenhang zwischen Spiritualität und psychischer Gesundheit zu überprüfen,<br />
da einfache Korrelationen nicht ausreichend sind. Erste Modelle wurden im<br />
deutschsprachigen Raum etwa von Murken (1998a), Dörr (2000), Selinger & Strau-<br />
be (2002) und Winter (2005) aufgestellt und getestet. Insgesamt bleibt in der bishe-<br />
rigen Forschung allerdings der Widerspruch, dass PatientInnen und Praktiker Spiri-
Diskussion 85<br />
tualität als Ressource benennen (Murken, 1998a; Demling, Wörthmüller &<br />
O´Connolly, 2001), sich dies aber kaum in empirischen Ergebnissen niederschlägt.<br />
Viel versprechend für die künftige Forschung erscheint es, stärker die Bedeutung<br />
von Spiritualität für positive statt für negative Indikatoren psychischer Gesundheit<br />
herauszuarbeiten (Allemand und Znoj, 2004). Belschner (2000) weist etwa darauf<br />
hin, dass Gesundheit als zweifaktorielles Konstrukt mit Gesundheit und Krankheit<br />
als weitgehend unabhängigen Dimensionen verstanden werden kann. Es ist denk-<br />
bar, dass das subjektive Wohlbefinden von spirituellen PatientInnen höher ist, dass<br />
sich dies aber nicht direkt auf die psychische Belastung niederschlägt.<br />
Sinnvoll könnte es ferner sein zu untersuchen, wie sehr PatientInnen von spezifi-<br />
schen spirituellen Angeboten profitieren. Denkbar wäre, dass Spiritualität nur dann<br />
als Ressource wirkt, wenn sie durch ein spezifisches Behandlungsangebot aktiviert<br />
wird. Man könnte etwa – in Weiterführung der Studie von Schowalter et al. (2003),<br />
die PatientInnen von zwei <strong>Kliniken</strong> mit unterschiedlichem Behandlungskonzept un-<br />
tersucht haben, – PatientInnen derselben Klinik untersuchen, von denen nur eine<br />
Gruppe spezifische religiöse Interventionen erhält.<br />
Für die Praxis sollte aus der vorliegenden Arbeit nicht gefolgert werden, dass Spiri-<br />
tualität für den Behandlungserfolg bei PatientInnen einer psychosomatischen Klinik<br />
in Deutschland eine unbedeutende Rolle spielt und von daher nicht weiter berück-<br />
sichtigt werden sollte. Vielmehr kann es an den unzureichenden Methoden zur<br />
Messung von Spiritualität und Therapieerfolg liegen, dass sich keine Effekte zeig-<br />
ten. Insbesondere das Ergebnis zum Zusammenhang zwischen Spirituali-<br />
tät/Religiosität und psychischer Belastung weist darauf hin, dass ein negatives Got-<br />
tesbild möglicherweise einen Vulnerabilitätsfaktor darstellt, auf den in der Therapie<br />
geachtet werden sollte.<br />
Bezüglich der Funktion von Spiritualität als positive Ressource macht die vorliegen-<br />
de Studie deutlich, dass nicht selbstverständlich von heilsamem Glauben gespro-<br />
chen werden kann, wie ich es in der Praxis häufig gehört habe und wie es For-<br />
schungsarbeiten aus den USA suggerieren. Glaube scheint sich zudem nicht – wie<br />
ein Medikament – auf eine einfache Weise als Mittel zum Zweck gebrauchen zu<br />
lassen.<br />
Eine Spiritualitätsskala als Testverfahren in einer psychosomatischen Klinik zu ver-<br />
wenden, kann sinnvoll sein, um spezifisch auf PatientInnen zugeschnittene Behand-<br />
lungsangebote auszuwählen. Möglicherweise profitieren PatientInnen mit einer ho-<br />
hen Offenheit für Spiritualität von spirituellen Gesprächs- und Gruppenangeboten.<br />
Bei der Auswahl eines Testverfahrens sollte darauf geachtet werden, dass es auch
Diskussion 86<br />
den Aspekt eines negativen Gottesbildes berücksichtigt, da dieser sich deutlicher<br />
Vulnerabilitätsfaktor erwiesen hat.<br />
Wichtiger als einen Fragebogen zur Spiritualität in die Diagnostik und Evaluation<br />
einzubeziehen dürfte allerdings eine Sensibilität von TherapeutInnen für das Thema<br />
Spiritualität sein. Denn die im Vergleich zur repräsentativen Bevölkerungsstichprobe<br />
hohen Werte auf der Skala Transpersonales Vertrauen weisen darauf hin, dass Spi-<br />
ritualität für die TeilnehmerInnen an der Studie ein bedeutsames Thema ist.
Literatur 87<br />
Literatur<br />
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und Studien zu Gesundheit und Lebensbewältigung (S. 57-77), Münster: Waxmann.<br />
Zwingmann, Ch., Rumpf, M., Moosbrugger, H. & Frank, D., (1996). Das I-E-Konzept: Wege aus der<br />
Krise? Religiöse Orientierungen und Glaubensinhalte. In H. Moosbrugger, Ch. Zwingmann & D.<br />
Frank (Hrsg.), Religiosität, Persönlichkeit und Verhalten. Beiträge zur Religionspsychologie (S.<br />
97-114). Münster: Waxmann.
Anhang 92<br />
Anhang A: Fragebogen zur Spiritualität<br />
Fragebogen zur Spiritualität<br />
Auf den folgenden Seiten findest du 2 drei kurze Fragebögen zum Thema Spiritualität.<br />
Bitte fülle die Fragebögen innerhalb der nächsten Woche aus und bringe sie zum zweiten<br />
Teil des Prä-Tests mit oder lasse sie von den Sekretärinnen an der Rezeption ins Fach<br />
„Tests“ legen.<br />
Geh bei den folgenden Fragen bitte jeweils von deinen persönlichen Vorstellungen von<br />
„Gott“ aus. Wähle im Zweifelsfall die Antwortalternative, die noch am ehesten auf dich zutrifft.<br />
Antworte zügig und achte bitte darauf, alle Fragen zu beantworten, auch wenn sie ähnlich<br />
lauten.<br />
Vielen Dank!<br />
Dr. Robert Mestel<br />
Leiter Abt. Forschung & Qualitätssicherung<br />
Welcher Religion, Konfession oder spirituellen Richtung fühlst du dich zugehörig?<br />
katholisch<br />
evangelisch<br />
freikirchlich<br />
muslimisch<br />
buddhistisch<br />
andere, nämlich: _________________________<br />
keiner<br />
spirituell, ohne zu einer bestimmten Glaubensgemeinschaft zu gehören<br />
2 In der Psychosomatischen Klinik Bad Grönenbach duzen TherapeutInnen und PatientInnen einan-<br />
der.
Anhang 93<br />
1. Ich fühle mich mit einer höheren Wirklichkeit/ einem höheren<br />
Wesen/ Gott verbunden. Darauf kann ich auch in<br />
schweren Zeiten vertrauen.<br />
2. Manchmal habe ich den Eindruck, dass ich in meinem Leben<br />
aus einer höheren Einsicht heraus geführt werde.<br />
3. Religiöse Praktiken (z.B. Beten, Mantren sprechen, geistige<br />
Lieder singen, Meditieren) helfen mir in schwierigen Situationen.<br />
4. Meine Seele lebt auch nach meinem Tod weiter.<br />
5. Ich versuche, mich der Hand Gottes/ eines höheren Wesens/<br />
einer höheren Wirklichkeit anzuvertrauen.<br />
6. Ich bin Teil eines großen Ganzen, in dem ich geborgen bin.<br />
7. Ich bezeichne mich als religiös, auch wenn ich keiner Glaubensgemeinschaft<br />
angehöre.<br />
8. Ich bin ein Mensch mit Körper und Intellekt. Und ich bin<br />
auch untrennbar mit dem Kosmos verbunden.<br />
9. Es gibt in einem Menschenleben manches Glück oder Unglück,<br />
das meine Möglichkeiten des Erklärens und Verstehens<br />
übersteigt.<br />
10. Wir Menschen können nicht alles bestimmen. Es gibt eine<br />
höhere Wirklichkeit/ ein höheres Wesen/ Gott, dem ich<br />
mich anvertrauen kann.<br />
11. Ich habe schon die Erfahrung gemacht, dass ich mich mit<br />
der Welt und dem Kosmos eins fühle.<br />
trifft<br />
voll-<br />
ständig<br />
zu<br />
trifft<br />
teil-<br />
weise/<br />
etwas<br />
zu<br />
trifft<br />
eher/<br />
teil-<br />
weise<br />
nicht zu<br />
trifft<br />
gar<br />
nicht zu
Anhang 94<br />
Geh bei den folgenden Fragen bitte wieder von deiner persönlichen Spiritualität aus:<br />
1. Wie häufig nimmst du in der Regel an Gottesdiensten teil – auch über Radio oder Fernsehen?<br />
<br />
nie<br />
<br />
höchstens<br />
einmal im<br />
Jahr<br />
<br />
ein paar<br />
Mal im Jahr<br />
2. Wie häufig betest du in der Regel?<br />
<br />
nie<br />
<br />
höchsten<br />
seinmal<br />
im Jahr<br />
<br />
ein paar<br />
Mal im<br />
Jahr<br />
<br />
etwa<br />
einmal im<br />
Monat<br />
<br />
etwa einmal<br />
im Monat<br />
<br />
mehrmals<br />
im Monat<br />
<br />
alle 14 Tage<br />
<br />
etwa<br />
einmal in<br />
der Woche<br />
<br />
mehrmals<br />
in der<br />
Woche<br />
<br />
etwa einmal<br />
in der Woche<br />
<br />
etwa<br />
einmal<br />
am Tag<br />
3. Wie interessant, wichtig oder wahrscheinlich sind für dich die folgenden Inhalte?<br />
Wie sehr interessierst du dich dafür, mehr über<br />
religiöse Fragen zu erfahren?<br />
Wie hoch ist deiner Ansicht nach die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass Gott wirklich existiert und nicht nur<br />
eine menschliche Idee ist?<br />
Wie wichtig ist dir die Teilnahme am Gottesdienst?<br />
gar<br />
nicht<br />
wenig<br />
mittel ziemlich<br />
<br />
mehrmals<br />
in der Woche<br />
<br />
mehrmals<br />
am Tag<br />
<br />
<br />
<br />
Wie wichtig ist für dich das persönliche Gebet? <br />
Wie hoch ist deiner Ansicht nach die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass es ein Leben nach dem Tod gibt? <br />
4. Wie oft kommen die folgenden Ereignisse und Situationen bei dir vor?<br />
Wie oft... nie selten gelegentlich<br />
sehr<br />
oft Sehr<br />
oft<br />
... denkst du über religiöse Fragen nach? <br />
... erlebst du Situationen, in denen du das Gefühl<br />
hast, Gott will dir etwas sagen.<br />
... erlebst du Situationen, in denen du das Gefühl<br />
hast, dass Gott in dein Leben eingreift?
Anhang 95<br />
Bei den Fragen im nächsten Abschnitt geht es darum, wie du mit negativen Ereignissen in<br />
deinem Leben umgehst.<br />
Stelle dir eine Krisensituation in deinem Leben vor, die dich besonders belastet hat.<br />
Trage bitte hier ein, an welche Situation du denkst:<br />
<br />
______________________________<br />
Erinnere dich daran, was du in der Situation getan hast. Wichtig ist nicht, ob es funktioniert<br />
hat, sondern nur, was du unternommen hast.<br />
1. Ich sah meine Situation als Aufgabe, welche mir<br />
Gott gegeben hatte.<br />
2. Ich versuchte, die Situation zusammen mit Gott zu<br />
bewältigen.<br />
gar<br />
nicht<br />
wenig ziemlich<br />
sehr<br />
<br />
<br />
3. Ich suchte Gottes Liebe und Gottes Schutz. <br />
4. Ich versuchte, das Menschenmögliche zur Bewältigung<br />
des Ereignisses beizutragen und vertraute<br />
Gott alles andere an.<br />
5. Ich war wütend auf Gott, da er meine Gebete nicht<br />
erhörte.<br />
<br />
<br />
6. Ich bat Gott um Stärke, Hilfe oder Führung. <br />
7. Ich dachte, dass Gott mich für meine Sünden bestrafte.<br />
8. Ich versuchte, im Ereignis eine Aufgabe Gottes zu<br />
erkennen.<br />
9. Ich arbeitete zusammen mit Gott an einer Lösung<br />
der Situation.<br />
<br />
<br />
<br />
10. Ich fragte mich, ob Gott mich verlassen habe. <br />
11. Ich fragte mich, ob Gott das Ereignis geschehen<br />
ließ, weil ich gesündigt hatte.<br />
12. Ich tat, was ich konnte, und legte den Rest in Gottes<br />
Hände.<br />
<br />
<br />
13. Ich fühlte mich vom Seelsorger missverstanden. <br />
14. Ich vertraute mich mit den Sorgen meinen Mitchristen<br />
an.<br />
<br />
15. Ich wandte mich an eine(n) SeelsorgerIn.
Anhang 96<br />
Anhang B: Auszug aus der Klinikdokumentation<br />
Soziodemographische Variablen, die im Rahmen der Basisdokumentation zu Beginn der<br />
Behandlung in der Psychosomatischen Klinik Bad Grönenbach erhoben wurden (Psy-BaDo-<br />
PTM, vgl. Heymann, Zaudig & Tritt, 2003).<br />
v009 Bitte geben Sie hier Ihren aktuellen Familienstand<br />
an.<br />
Gemeint ist der zeitlich zuletzt eingetretene Famili-<br />
enstand.<br />
Nur eine Angabe ist möglich.<br />
v010 Wie ist Ihre aktuelle Partnersituation? Nur eine An-<br />
gabe ist möglich.<br />
v016 Was ist Ihr höchster Schulabschluss?<br />
Nur eine Angabe ist möglich.<br />
v017 Was ist Ihr höchster Berufsabschluss?<br />
Nur eine Angabe ist möglich.<br />
v020 Wie ist Ihre jetzige berufliche Situation bezogen auf<br />
Ihre Erwerbstätigkeit?<br />
Entscheiden Sie sich bei mehreren Tätigkeiten für<br />
die zeitlich überwiegende.<br />
Sind Sie in mehreren Bereichen berufstätig (erste<br />
drei Antwortkategorien). dann summieren sie die<br />
Arbeitszeiten.<br />
Nur eine Angabe ist möglich.<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
9<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
9<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
9<br />
11<br />
12<br />
13<br />
14<br />
15<br />
16<br />
ledig (hierunter fallen alleinstehende Personen ebenso wie<br />
Paare in nicht-ehelicher Lebensgemeinschaft)<br />
verheiratet<br />
getrennt lebend (Verheiratete. die nicht mehr als Paar zusam-<br />
menleben; dies ist nicht im räumlichen. sondern im sozialen<br />
Sinne gemeint)<br />
geschieden<br />
verwitwet<br />
wieder verheiratet<br />
kurzfristig kein Partner (bis zu drei Jahre)<br />
langfristig. dauerhaft kein Partner (über drei Jahre)<br />
wechselnde Partner (unverbindliche Beziehungen. die keinen<br />
echten sozialen Rückhalt bieten)<br />
fester Ehe-Partner<br />
fester Nicht-Ehe-Partner<br />
gehe noch zur Schule<br />
kein Schulabschluss (Abbruch der Schullaufbahn)<br />
Sonderschulabschluss<br />
Haupt-/ Volksschulabschluss<br />
Realschulabschluss/ Mittlere Reife/ polytechnische Oberschule<br />
Abitur oder Fachabitur<br />
sonstiger Abschluss (z. B. ausländischer Abschluss. der sich<br />
nicht klar einem deutschen Abschluss zuordnen lässt)<br />
befinde mich noch in Berufsausbildung. bin Student/in<br />
habe Lehre oder Fachschule abgeschlossen<br />
bin Meister<br />
abgeschlossene Fachhochschule oder Universität<br />
ohne Abschluss einer Berufsausbildung<br />
sonstiger Abschluss (z. B. unklar. ob es sich um einen Berufs-<br />
abschluss handelt)<br />
berufstätig. Vollzeit (ca. 40 Wochenstunden)<br />
berufstätig. Teilzeit (regelmäßige. aber nicht vollschichtige<br />
Arbeit)<br />
berufstätig. gelegentlich (unregelmäßige Arbeit)<br />
mithelfender Familienangehöriger. nicht berufstätig<br />
(in keinem rechtlich gesicherten Arbeitsverhältnis)<br />
Hausfrau oder Hausmann. nicht berufstätig<br />
Ausbildung oder Umschulung (z. B. Studium. Lehre)<br />
Wehr-/ Zivildienst. freiwilliges soziales Jahr<br />
beschützt beschäftigt (z. B. betreute Wohngruppe)<br />
arbeitslos gemeldet<br />
L: Erwerbs-/ Berufsunfähigkeitsrente auf Dauer bewilligt<br />
L: Erwerbs-/ Berufsunfähigkeitsrente auf Zeit bewilligt<br />
Frührente oder Altersrente oder Pension<br />
Witwen-/ Witwer-Rente<br />
anderweitig ohne berufliche Beschäftigung<br />
unbekannt/ unklar
Anhang 97<br />
Die soziodemographischen Angaben wurden folgendermaßen in Kategorien zusammenge-<br />
fasst:<br />
Familienstand<br />
ledig 1 ledig<br />
verheiratet 2 verheiratet, 6 wieder verheiratet<br />
geschieden/getrennt lebend 3 getrennt lebend, 4 geschieden<br />
verwitwet 5 verwitwet<br />
Partnersituation<br />
fester Partner 4 fester Ehe-Partner, 5 fester Nicht-Ehe-Partner<br />
kein oder kein fester Partner 1 kurzfristig kein Partner, 2 langfristig kein Partner, 3<br />
wechselnde Partner<br />
Schulabschluss<br />
keiner/ Sonderschulabschluss 2 kein Schulabschluss, 3 Sonderschulabschluss<br />
Haupt-/ Realschulabschluss 4 Hauptschule, 5 Realschule<br />
Abitur 6 Abitur<br />
noch in der Schule, Sonstiges 1 noch Schule, 9 sonstiger Abschluss<br />
Berufsabschluss<br />
ohne Abschluss 5 ohne Abschluss<br />
Lehre 2 Lehre<br />
Universität, FH, Meister 4 Fachhochschule/Universität, 3 Meister<br />
Ausbildung, Sonstiges 1 noch in der Ausbildung, 9 sonstiger Abschluss<br />
Berufstätigkeit<br />
berufstätig 1 Vollzeit, 2 Teilzeit<br />
gelegentlich/ im Haushalt 3 gelegentlich, 4 Angehöriger, 5 Hausfrau<br />
arbeitslos 9 arbeitslos, 15 ohne berufl., Beschäftigung<br />
Rente 11, 12, 13, 14 verschiedene Arten der Rente<br />
Ausbildung, Sonstiges 6 Ausbildung, 16 unbekannt
Erklärung<br />
Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende <strong>Diplomarbeit</strong> selbständig verfasst und keine an-<br />
deren als die von mir angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet habe.<br />
_________________________ _____________________________<br />
Ort, Datum <strong>Monika</strong> Kögler