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Bindungstheorie, klinische Psychologie und Psychotherapie bei ...

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theoretischen <strong>und</strong> empirischen Ar<strong>bei</strong>ten behandlungsbedürftige Erwachsene<br />

deutlich häufiger als "Ges<strong>und</strong>e" eine unsichere Bindungsrepräsentation<br />

aufweisen.<br />

Folgende Störungsbilder gehen dagegen eher mit einer verwikelten Bindungsrepräsentation<br />

einher: Depressionen (uni- <strong>und</strong> bipolar), alle<br />

Angststörungen (außer Zwangsstörungen), Personen mit Borderline,<br />

dependenter <strong>und</strong> histrionischer Persönlichkeitsstörung.<br />

Eine distanzierte Repräsentation ist eher zu erwarten <strong>bei</strong>: Schizophrenen,<br />

Eßgestörten (mit Einschränkung), Personen mit antisozialer,<br />

narzißtischer (mit Einschränkung) schizoider, schizotypischer,<br />

zwanghafter <strong>und</strong> paranoider Persönlichkeitsstörung.<br />

Desorientiert oder desorganisiert Geb<strong>und</strong>ene sind überzufällig<br />

häufig unter den Borderline Patientinnen <strong>und</strong> Patientinnen mit posttraumatischen<br />

Belastungsreaktionen zu erwarten (z.B. nach einem sexuellen<br />

Mißbrauch; siehe Fonagy et al., 1993). Ebenso dürften<br />

desorganisierte Bindungsmuster häufiger sein <strong>bei</strong> Patienten mit<br />

schweren Symptomen wie Suizidalität (erste empirische Bef<strong>und</strong>e hierzu:<br />

Adam, 1993).<br />

In Kliniken oder Ambulanzen, in denen die Behandlung (Beratung) freiwillig<br />

begonnen wurde (vs. Zwangsaufnahmen in Psychiatrien etc.),<br />

dürfte der Anteil distanziert geb<strong>und</strong>ener Patienten eher<br />

unterrepräsentiert sein, da diese sich per definitionem erst gar<br />

nicht ihre Probleme eingestehen, oder auch nicht bereit sind, sich<br />

einer Therapeutin zu öffnen (vergleiche hierzu auch Köhler, 1992).<br />

Veränderungen von Bindungsrepräsentationen<br />

Die meisten Ar<strong>bei</strong>ten, die auf der Bindungtheorie basieren, wurden<br />

zunächst mit Säuglingen <strong>und</strong> Kindern durchgeführt (z.B. Ainsworth,<br />

1978). Als <strong>klinische</strong> Theorie geht die <strong>Bindungstheorie</strong> allerdings<br />

davon aus, daß sozial-emotionale Erfahrungen mit besonderen Bindungspersonen<br />

sich in Ar<strong>bei</strong>tsmodellen ("inner working models") niederschlagen,<br />

die vor allem das Fühlen, Denken <strong>und</strong> unmittelbar auch das<br />

Verhalten von Kindern <strong>und</strong> Erwachsenen beeinflussen. Diese Modelle<br />

steuern zeitlich überdauernd sowohl das Verhalten, die Erwartungen<br />

<strong>und</strong> Reaktionen im Umgang mit anderen Personen, als auch den Zugang zu<br />

eigenen Gefühlen <strong>und</strong> Erinnerungen (Grossmann & Grossmann, 1994, 1995;<br />

Main et al., 1985; Sroufe & Fleeson,1986).<br />

Stabilität wäre demnach nicht nur aufgr<strong>und</strong> äußerer Stabilität<br />

der Umwelt einer Person zu erwarten, sondern auch deshalb, weil diese<br />

Person die Umwelt aufgr<strong>und</strong> der gebildeten internalen Ar<strong>bei</strong>tsmodelle<br />

interpretiert <strong>und</strong> danach handelt (Zimmermann, 1994, S.102).<br />

Veränderungen der inneren Ar<strong>bei</strong>tsmodelle (bzw. Bindungsrepräsentationen)<br />

sind aus bindungstheoretischer Sicht nur durch solche<br />

Umwelteinflüsse zu erwarten, die die innere Organisation der Gefühle<br />

verändern. Bei Kindern kann dies erreicht werden durch veränderte<br />

Interaktionsstile zwischen Eltern <strong>und</strong> Kind (Egeland & Faber, 1984;<br />

van den Boom, 1988) oder durch eine Veränderung der Wahrnehmung von<br />

der Verfügbarkeit <strong>und</strong> Responsivität der Bindungsperson auf seiten des<br />

Kindes (Ainsworth, 1990). Bei Erwachsenen können entsprechende Veränderungen<br />

der Bindungsrepräsentationen vor allem durch die neuen<br />

Interaktionsformen bzw. Erfahrungen mit einem (neuen) Liebes- oder<br />

Ehepartner geschehen, oder im besonderen Fall, durch eine <strong>Psychotherapie</strong>.<br />

Unter kognitionspsychologischer Perspektive sind biographische Erzählungen<br />

aktive Konstruktionsleistungen (siehe Wiedemann, 1987) <strong>und</strong><br />

aufgr<strong>und</strong> dieser Prämisse auch veränderlich <strong>und</strong> veränderbar.

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