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Bindungstheorie, klinische Psychologie und Psychotherapie bei ...

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1<br />

die Verbesserung durch die Behandlung als auch der vorzeitige<br />

Therapieabbruch vorhergesagt werden. Am stärksten profitierten danach<br />

von der Intervention Patienten mit anfänglich distanzierten Bindungsrepräsentationen.<br />

Alle Behandlungsabbrecher waren dagegen aus<br />

der verwickelten Bindungskategorie (genauer: aus Subkategorie E1,<br />

verwickelt <strong>und</strong> passiv).<br />

Im Gegensatz zu den Ergebnissen der Studie von Fonagy et al.<br />

(1993) waren stärker distanzierte Bindungsstrategien (dimensionaler<br />

Ansatz nach der Auswertungsmethode nach Kobak, 1989) <strong>bei</strong> Dozier<br />

(1990) verb<strong>und</strong>en mit einer größeren Zurückweisung der therapeutischen<br />

Behandlungsangebote, einer geringeren Selbstöffnung in der Therapie<br />

<strong>und</strong> im allgemeinen sprachen distanziert Geb<strong>und</strong>ene schlechter auf die<br />

Behandlung an. Je höher die Bereitschaft zur Mitar<strong>bei</strong>t (Compliance)<br />

in der Therapie war, desto eher waren die Patienten sicher geb<strong>und</strong>en<br />

(vs. ängstliche Bindung auf Kobak´s Dimension).<br />

Erste empirische Belege sprechen zudem für einen Zusammenhang<br />

von der Art der inneren Bindungsrepräsentanz von Patienten mit der<br />

vom Therapeuten wahrgenommenen Qualität der therapeutischen Allianz<br />

(Dolan, Arnkoff & Glass, 1993 zitiert nach Seidler, 1994).<br />

Wesentlich interessanter als die Frage, ob sich die inneren Ar<strong>bei</strong>tsmodelle<br />

durch (psychotherapeutische) Interventionen überhaupt verändern<br />

lassen, ist die Frage nach den qualitativen <strong>und</strong> quantitativen<br />

Aspekten der wie auch immer bedingten Veränderungsprozesse von unsicheren<br />

hin zu sicheren Bindungsrepräsentationen. Verändern sich die<br />

Schilderungen (narrative Aspekte der Bindungsrepräsentationen) der<br />

Elternbeziehungen per se oder "nur" die emotionalen Bewertungen<br />

dieser Beziehungen? Verändert sich die Kohärenz des Mitgeteilten <strong>und</strong><br />

nimmt die Reflexionsfähigkeit zu, <strong>und</strong> welchen Einfluß hat das auf das<br />

Verhalten gegenüber Lebensaufgaben, die bislang unrealistisch<br />

verar<strong>bei</strong>tet wurden? Verändert sich die Anzahl gesprochener Wörter<br />

oder die Zahl der Worte mit bestimmter semantischer Bedeutung 3<br />

?<br />

Woran liegt es, daß sich Bindungsrepräsentationen in Richtung<br />

angemessenerem Umgang mit "Wirk"-lichkeiten verändern? Die schwierige<br />

Suche nach einer Begründung kann man aus der <strong>Bindungstheorie</strong><br />

ableiten: Geht man davon aus, daß die unsicher an ihre Eltern geb<strong>und</strong>enen<br />

Personen eine Bindungsrepräsentation von den Eltern als<br />

"emotional nicht verfügar" haben, daß also die Eltern von diesen<br />

Personen nicht als "sichere Basis" für ihre Erk<strong>und</strong>ungen in der<br />

wirklichen Welt (Weiss, 1989) wahrgenommen wurden bzw. werden, dann<br />

kann eine zuverlässige Therapeutin als neue "sichere Basis" für diese<br />

Person dienen, <strong>und</strong> per se versuchen, deren Ar<strong>bei</strong>tmodelle zu korrigieren<br />

oder zu modifizieren. Die Repräsentationen der ehemals<br />

unsicher geb<strong>und</strong>enen Person könnten sich folglich ändern, da ihre Erwartungen<br />

an die Umwelt (zunächst maßgeblich an den behandelnden<br />

Therapeuten), daß ihre Bedürfnisse nach Zuwendung <strong>und</strong> Schutz<br />

zurückgewiesen werden, konstant <strong>und</strong> häufig nicht bestätigt werden.<br />

Ebenso werden ihre Erwartungen, die sie selbst betreffen, also, daß<br />

sie z.B. kein Recht darauf haben, (Bindungs)-Bedürfnisse zu äußern<br />

oder sich liebenswert zu fühlen, empirisch 4 durch das Verhalten, die<br />

Interventionen <strong>und</strong> die Person der Therapeutin widerlegt. Auf dieser<br />

Basis kann die Einsicht befördert werden, daß die alten "inneren<br />

Ar<strong>bei</strong>tsmodelle" für die eigene Existenz unangemessen sind, <strong>und</strong> durch<br />

brauchbarere zu ersetzen sind.<br />

3 Zur Beantwortung dieser Fragestellungen müssen mehrere Auswertungsmethoden des<br />

Bindungsinterviews, wie z.B. die von Fremmer-Bombik (1987/1992) herangezogen werden.<br />

4 "Empirisch" ist hier im Sinne von "erfahrungs- <strong>und</strong> erlebnisbezogen" gemeint.

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