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Der Drachenkampf.pdf - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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III<br />

Das Zwei-Brüder-Märchen in der Sammlung Grimm<br />

Die <strong>Drachenkampf</strong>episode im Zwei-Brüder-Märchen (Grimms Märchen<br />

Nr.60), dessen Versionen von Schweden über das Mittelmeer und<br />

Kleinasien bis nach Tibet hin verbreitet sind, ist ganz bestimmt nicht<br />

das einzige Motiv des Märchens. Aber dieses Märchen zeigt alle jene<br />

Elemente, die die <strong>Drachenkampf</strong>mythen mit den altorientalischen<br />

Mysterien verbinden, und bietet damit eine Gelegenheit, das Problem<br />

der Beziehung der Pygmäen und der Kabiren zu beleuchten oder die<br />

Ähnlichkeiten der nordwest-australischen Mythologie mit den altorientalischen<br />

Mysterien aus einer gemeinsamen Geisteshaltung heraus zu<br />

begreifen.<br />

Die Geschichte, welche erklärt, warum einer der zwei Brüder in die<br />

<strong>Drachenkampf</strong>situation kam, warum sie also von Zuhause fort mußten,<br />

ist die Geschichte des neidischen Onkels (älterer VaBr), den die beiden<br />

Brüder um das Herz und die Leber eines Wundervogels betrogen<br />

haben. Auch diese Geschichte erscheint in den Versionen dieses Märchens<br />

bis nach Tibet (siehe unten). Das genealogische Schema der Akteure<br />

wiederholt sich dementsprechend, wenn auch mit einigen Abweichungen:<br />

Va VaBr<br />

arm reich<br />

Br Br Jungfrau Drache<br />

1 Held Held Opfer<br />

2 Opfer Opfer<br />

3 Opfer Held<br />

Die Senioritätsregel und die Statuszuschreibung in korporativen Verwandtschaftsverbänden<br />

erklärt, warum ein jüngerer Bruder sich den<br />

Weisungen seines älteren Bruders fügen muß und seine Gehorsamspflicht<br />

sogar soweit geht, daß er auch auf dessen Geheiß seine Söhne<br />

aussetzen muß, deren Aussetzung soziologisch auch die Abspaltung<br />

einer Filiallinie aus einem patrilinearen Verwandtschaftsverband reflektiert.<br />

In dieser Perspektive beschreibt das Märchen dann die Pro-<br />

89

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