Der Drachenkampf.pdf - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
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Einleitung<br />
<strong>Drachenkampf</strong>mythen oder -sagen zählen zu jenem Typus von Mythen über<br />
den aufklärenden Charakter von Grenzsituationen oder über die Existenzerhellung<br />
durch Grenzsituationen, zu den Mythen der Beschreibung von Grenz-<br />
oder Schwellenüberschreitungen als kalkulierten Gefahren, die entweder als<br />
innerliche, emotionale oder charakterliche zu bewältigen sind oder als öffentliche<br />
Prüfungen des Könnens und Sollens durch den Ernstfall; Mythen welche<br />
dementsprechend entweder die Überwindung von Angst und Furcht als<br />
Voraussetzung dafür darstellen, sich überhaupt der Herausforderung stellen<br />
zu können, oder ein bestimmtes Urvertrauen in das erworbene und von seiner<br />
Kultur vermittelte Wissen und Können vorstellen, das im Ernstfall auf die<br />
Probe gestellt wird. Sie repräsentieren also auch einen Typus des Übergangsmythos,<br />
eine Typus von Mythen der Prüfung und der Bewährungsproben.<br />
Die Herausforderung kann die Zustände, Verhältnisse oder Sitten eines Volkes<br />
generell betreffen, ja den ganzen Kosmos überhaupt oder den Charakter,<br />
die Reife oder das Können von bestimmten Person ansprechen.<br />
Die Gefahren, die herausfordern, werden stets ambivalent vorgestellt, also<br />
nicht ausschließlich negativ, weshalb es auch nicht um deren bloße Abwehr<br />
geht, sondern um den Gewinn, den die Überwindung oder Bewältigung der<br />
Gefahr verspricht. Es geht bei den Gefahren, die herausfordern, vor allem um<br />
die Chancen, die Rettung oder den Schatz, die ihre Übrwindung versprechen,<br />
und ohne diese Leistung nicht zu erwerben sind.<br />
Die Gefahren der <strong>Drachenkampf</strong>mythen erscheinen als der Preis der aufzubietenden<br />
Mühen für den Erwerb der in Aussicht gestellten Schätze, welche den<br />
Helden erst dazu zu bewegen vermögen, ihnen überhaupt entgegen zu treten,<br />
von Versprechungen des Glücks, des innerlichen wie äußerlichen Gewinns,<br />
versteckt hinter dem Schrecken und den Todesdrohungen, mit denen sie jeden<br />
anderen als den Helden davon abhalten, sich ihnen zu stellen, versteckt hinter<br />
den Beispielen an Leid und Schmerz oder den Nachrichten vom Tode der<br />
Gescheiterten, die das ihre dazu beitragen, eine Mehrzahl davon abzuhalten,<br />
die Herausforderung anzunehmen. Wenn die herkömmlichen Tugenden, Regeln<br />
und Bräuche der Gemeinschaft zur Abwehr der Gefahren im Ernstfall<br />
oder Notstand nicht mehr ausreichen, dann hofft sie auf den Helden, der nicht<br />
nur die Gefahren überwindet, sondern auch nach der Aufhebung des Notstandes<br />
ihre Ordnung bestätigt und sich eingliedert in die Gemeinschaft.<br />
Das typische Erzählschema des <strong>Drachenkampf</strong>mythos ist die Geschichte der<br />
Herausforderung eines meist jugendlichen Helden durch eine tödliche Gefahr<br />
(Grenzsituation, Ernstfall), vergegenständlicht in der Gestalt eines Ungeheuers,<br />
meist reptilischen Wesens, welches dem Helden entweder etwas verweigert,<br />
was ihm oder seinem Volke zusteht, oder welches ihn oder sein Volk