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Der Drachenkampf.pdf - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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weder als Feind des Lebens, als Verführer oder Dieb, d.h. als Schatzräuber,<br />

oder als Hüter des Schatzes; dann erscheint der Held als<br />

Schatzräuber oder als Vermittler, der die Menschheit wie der Tschonguri-Spieler<br />

des georgischen Märchens durch sein wahrhaft orphisches<br />

Spiel mit dem Drachen aussöhnt.<br />

In <strong>Drachenkampf</strong>märchen dieses Typs wird die Gegnerschaft nicht<br />

absolut ausgesprochen, so daß auch der Kampf nicht bis zu seinem<br />

letzten Ende ausgefochten werden muß.<br />

Im Ring verbunden, verweisen die Schlangen aber noch auf eine ihnen<br />

übergeordnete Macht, die ihren Kampf reguliert und die kosmologische<br />

Harmonie garantiert. In der griechischen Mythologie heißt sie<br />

Schicksal (), das Elemente wie Formen und die besonderen<br />

Vermögen zuweisende Prinzip, welches das Sein in seinen festen Banden<br />

hält (Parmenides).<br />

Man kann auch einige Versionen mit bestimmten kultur- und sozialgeschichtlichen<br />

Vorgängen in Beziehung bringen. Die Götterkämpfe, die,<br />

wie Delitzsch, Winckler oder Friedrich am mesopotamischen Beispiel,<br />

Brugsch, Wallis-Budge, Erman und Sethe am ägyptischen und Samter<br />

sowie Robert Graves am griechischen Beispiel gezeigt haben, Stammes-<br />

und Reichskämpfe reflektieren und mit der Weltreich- oder "Universalstaatsbildung"<br />

(Toynbee) verknüpft werden können, sind Mythen<br />

der Hochkultur, was Frobenius wiederum in einer noch anderen, seiner<br />

kulturmorphologischen Perspektive zeigen konnte. In diesen Mythen<br />

werden alle Aspekte nicht nur astralmythisch integriert, sondern die<br />

Hierarchie der Götter folgt auch der Hierarchie der Reichs- und<br />

Gaustädte, deren Lokalgötter sie sind.<br />

Über die hauptsächlichen Vermittler der Quellen zur chinesischen Mythologie<br />

schreibt M.Soymie: "Die Schriftgelehrten aber haben stets<br />

eine offenkundige Neigung gezeigt, die Mythen zu chronologisieren<br />

und zu historisieren oder, bestenfalls, sie zur Rechtfertigung moralischer<br />

oder politischer Theorien in historische Schemata einzubauen." 9<br />

So bestätigen auch noch diese historisierten Mythen jenen völkerkundlichen<br />

Grundsatz, daß das Verhältnis der mythischen Personen die<br />

Sozialstruktur des Stammes oder Staates reproduziert, der den Mythos<br />

erzählt.<br />

Die Heldensagen der Stämme, die nicht im Ausstrahlungsbereich der<br />

Hochkulturen wohnen, begreifen den Kampf kosmo-moralisch, beziehen<br />

ihn auf Vegetation und Fruchtbarkeit ebenso wie auf die soziale<br />

9 M.Soymie, in: P.Grimal, Mythen der Völker II, Frankfurt 1977, S.262-3<br />

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