Der Drachenkampf.pdf - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
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en Vater der jüngere Bruder des reicheren Linienhalters und Führers<br />
des korporativen Verwandtschaftsverbandes ist. Seine Stellung erklärt,<br />
warum der Vater als jüngerer Bruder ihrem Onkel Gehorsam schuldig<br />
ist, der sogar soweit geht, daß er sie, seine Kinder, auf dessen Geheiß<br />
auszusetzen bereit ist (Im sozialen Horizont: die Segmentabspaltung<br />
von Lineages, die Auswanderung absgpaltener Stammesteile). Filiationslogisch<br />
stellt diese Einleitungsepisode die Abspaltung einer Lineage<br />
aus einem patrilinear organisierten Verwandtschaftsverband<br />
(Sippe) dar und die Abenteuer der neuen Lineages auf ihrer Suche<br />
nach Allianzpartnern und ihrem Bemühen um körperschaftliche Konsolidierung.<br />
Die ausgesetzten Brüder können ihre Frauen nicht mehr<br />
aus dem Kreise der Frauengeber ihres Vaters oder der väterlichen Lineage<br />
beziehen, und ihre Heiraten können daher auch nicht mehr die<br />
traditionellen Allianzen reproduzieren. Sie selbst sind also gezwungen,<br />
ganz neue Wege der Verbindung und Kooperation zu gehen und das<br />
einzige, was ihnen in dieser Situation ihrer Aussonderung noch geblieben<br />
ist, ist ihre brüderliche Solidarität (ein konstitutives Merkmale<br />
jeder Verwandtschaftsorganisation), welche sich aber im Märchen allen<br />
Herausforderungen gegenüber tatsächlich als gewachsen erweist.<br />
Auch dieses hier nur kurz skizzierte Deutungsschema wurde schon<br />
verschiedentlich ausprobiert, mehr oder minder glücklich und mehr<br />
oder minder möglich.<br />
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