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Der Drachenkampf.pdf - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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Während die Triaden das Verhältnis der Unsterblichkeit zur Sterblichkeit,<br />

der Fruchtbarkeit zur Unfruchtbarkeit, der Filiation zum individuellen<br />

Geschlecht, des Guten zum Bösen, im Bilde der Geschlechtsdifferenzierung<br />

darstellen oder sogar einen Geschlechtsdualismus repräsentieren,<br />

und das Individuationsprinzip sich in der Filiationsfolge<br />

ausdrückt, zeichnen die Zwillingsmythen diese Unterscheidung nach<br />

der Geschicklichkeit, nach der moralischen Qualität der Helden oder<br />

nach dem Seele-Körper-Gegensatz. (Diesseits-Jenseits). Ihre Polarisierung<br />

erscheint als Differenzierung zweier Personen gleichen Geschlechts<br />

im gleichen kosmologischen Raum, d.h. als gleichzeitige Erscheinung,<br />

von der aber eine Hälfte stets verborgen bleibt, während<br />

jene Differenzierung von Attis oder Adonis in die Dimension der Zeit<br />

verlegt worden ist: Vater-Sohn, alter- und neuer Geliebter. Das Objekt<br />

der Anregung weiblicher Schöpfungskraft variiert, ist endlich und<br />

zeitabhängig, während die weibliche Zeugungskraft als potentia<br />

(), aber nicht als actus () unbegrenzt und zeitlos da<br />

ist.<br />

Wenn wir den Hinweisen des Cicero und Varrus über Herakles folgen,<br />

die zuletzt von de Maury 7 mit einer noch größeren Fülle von Belegen<br />

wiederholt worden sind, dann stellt er ohne Zweifel eine kabirische<br />

Zwillingsgottheit dar, die nicht nur dem Dioskurenschema entspricht,<br />

sondern auch einen Prototyp des Drachenkämpfers abgibt.<br />

Wie im Grimmschen Zweibrüdermärchen ist er ein Gemahl der Göttin<br />

der Wälder, der er im Halbjahresturnus geopfert wird, um auf diesem<br />

Weg, nachdem seine Haut vom Leibe gerissen wurde, nachdem er den<br />

Berg Oeta erklommen hatte und durch seinen Fall die Eiche seines<br />

Scheiterhaufens gespalten hatte, in Gestalt eines Adlers mit dem Rauch<br />

zum Himmel zu ziehen.<br />

Dieser große Sohn einer noch größeren Mutter ist auch ein frühreifes<br />

Wunderkind, daß schon als Kind Schlangen erwürgt und als Jüngling<br />

der unbesiegbare Vernichter der Drachen und Ungeheuer ist. Er ist der<br />

Vater und der Sohn in Personalunion oder die Zwillinge oder der Geliebte,<br />

der die Göttin erfreut oder den sie betrauert. Als all das ist er die<br />

personifizierte Geschlechterfolge, d.h. die ganze Reihe präskriptiver<br />

Gatten der großen Mutter oder ihrer/seiner Söhne, und als Vater ein<br />

Vater ohne Töchter, gemäß der uxorilokalen Konfiguration der kabirischen<br />

Gruppierung. Er ist also ein Äquivalent für alle männlichen Kabiren<br />

des Orients und stand schon in der Antike für die meisten, zu-<br />

7 A.de Maury, La magie et l´astrologie dans l´antiquité et au moyen âge, Paris 1860<br />

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