Der Drachenkampf.pdf - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
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einer Schlange, die sich frißt und selbst gebiert, 2) der Schlangenring<br />
aus zwei Schlangen, die sich gegenseitig zu fressen versuchen oder<br />
ausspeien und dementsprechend entweder einander verschlingen oder<br />
auseinanderhervorwachsen (die neue erbrechen). Hier wird die Möglichkeit<br />
des Sieges einer der beiden Schlangen als Schein gedeutet,<br />
denn die Steigerung der Mächte der einen Seite zieht automatisch eine<br />
Steigerung auch der Kräfte der anderen Seite nach sich.<br />
Die Vorstellung vom Sieg einer Partei in diesem Kampf erscheint erst,<br />
nachdem der Schlange nur noch eine Hälfte des kosmologischen Raumes<br />
zugeordnet wird, den die Schlange dann vertritt, und nach der<br />
ethischen Festlegung der Seite, zu der die Schlange gehört, und zwar in<br />
beiden Alternativen: die Schlange entweder als Sieger oder Verlierer,<br />
wodurch sie kosmologisch entweder als Repräsentant des Lebens oder<br />
der Todeskräfte gedeutet wird, d.h. dementsprechend auch das Schicksal<br />
des Kosmos.<br />
3) Die Ausdifferenzierung des Ringes in verschiedene Bilder seiner<br />
Kräfte, von denen das Bild der Schlange zur Darstellung der negativen<br />
Kräfte beibehalten wird, während<br />
die positive Seite entweder<br />
durch die Mutter oder durch den<br />
siegreichen, lichten Helden<br />
dargestellt wird. Aber auch in<br />
dieser ikonographischen Differenzierung<br />
können die Vorzeichen<br />
von Gut und Böse vertauscht<br />
sein und der Drache<br />
oder die Schlange die gute Seite<br />
und dementsprechend der<br />
menschliche oder nicht-drachenhafte Widerpart die böse Seite verkörpern.<br />
In den Versionen des Kindhelden kulminiert der kritische Zustand,<br />
während der Held schläft oder noch ein Kind ist, das erst noch aufwachsen<br />
muß (tartarisch, belorussisch, persisch), oder noch im Mutterleib<br />
auf seine wunderbare Geburt wartet oder durch andere entsprechende<br />
Mängel oder Zeitumstände behindert ist, seiner Aufgabe gerecht<br />
zu werden. Als Mythos ist die Episode häufig kosmologischvegetationsmythisch,<br />
kosmologisch-jahreskreislich oder stammesgeschichtlich.<br />
Sie projiziert eine Krisis genealogischer Kontinuität auf<br />
den Kosmos, den Stamm oder die herrschende Dynastie, die problematische<br />
Ablösung einer Generation durch die ihr nachfolgende, und<br />
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