Journal 4_Journal 3 - Hamburgische Staatsoper
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OPER PREMIERE<br />
›FAUST‹<br />
Faust<br />
Charles Gounod<br />
2 | <strong>Journal</strong> 4<br />
n Die Geschichte wird von einem Archetypus geprägt: Die<br />
Figur des Faust ist ähnlich wie jene des Don Juan zum Mythos<br />
geworden und hat bis heute nichts von ihrer immer neue<br />
Versionen prägenden Faszination verloren. Der legendäre Kul -<br />
turhistoriker Egon Friedell fand dafür folgende Erklärung:<br />
»Faust ist die Versuchung des modernen Menschen, die sich<br />
in tausend Masken und Verkleidungen anschleicht: als Alko -<br />
holismus, Sexualität, als Weltschmerz, als Übermenschentum;<br />
und dabei ist er der vorbildlich Unbefriedigte, in allem Ein -<br />
zeldasein sich wieder erkennend, qualvoll nach der Einheit der<br />
Erscheinungen ringend, und immer vergeblich. Die Tragödie<br />
Faust ist die Tragödie des Menschen der Neuzeit.«<br />
Die Geschichte kommt ohne Theater und Musik nicht aus:<br />
Schon bald nach dem Tode des »Schwarzkünstlers« (Buch -<br />
druckers) Georg Faust, dem der Volksmund später den Dok -<br />
torgrad und den Namen Johann verliehen hat, entstanden seit<br />
Ende des 16. Jahrhunderts viele dichterische Gestaltungen<br />
nach dem »Faust«-Stoff. Die zweiteilige Tragödie von Johann<br />
Wolf gang von Goethe stellt dabei den absoluten Höhe- und<br />
zentralen Fixpunkt dar. Kein anderer Dichter hat das Sujet so<br />
Vor der Premiere<br />
Einführungsmatinee<br />
mit Mitwirkenden der Produktion<br />
und Musikeinlagen<br />
Moderation: Kerstin Schüssler-Bach<br />
23. Januar 2011 um 11.00 Uhr<br />
Probebühne 1<br />
Großes Haus<br />
Versuchung des Menschen<br />
in tausend Masken<br />
Doktor Faust ist ein alter Mann. Am Sinn seiner Forschungen und seines Lebens zweifelnd, verschreibt er sich dem Teufel.<br />
Durch Jugend und Reichtum will er noch einmal die Liebe erleben. Dabei stürzt er das Mädchen Margarethe ins Verderben<br />
und tötet ihren Bruder Valentin. Goethes Drama ist eine Studie über die Verführbarkeit des Menschen, der alles erreichen<br />
möchte, ohne sich die Konsequenzen klarzumachen. Französische Musik zu einem deutschen Mythos: Charles Gounods<br />
Oper »Faust« gehört zu den wenigen dauerhaft erfolgreichen Adaptionen des Goethe-Klassikers. Regisseur Andreas<br />
Homoki und Bühnen- und Kostümbildner Wolfgang Gussmann setzen das Werk für die <strong>Staatsoper</strong> Hamburg neu in Szene;<br />
der junge Heidelberger Generalmusikdirektor Cornelius Meister übernimmt das Dirigat.<br />
Unterstützt durch die Stiftung<br />
zur Förderung der<br />
<strong>Hamburgische</strong>n <strong>Staatsoper</strong>.<br />
rechte Seite: Gösta Ekman<br />
und Camilla Horn in Murnaus<br />
»Faust«-Verfilmung<br />
Die Premiere von »Faust«<br />
wird von NDR Kultur live übertragen.<br />
subtil in seiner Tiefe ausgelotet und ihm eine derart sprachlich<br />
vollendete Gestalt verliehen. Mit der Veröffentlichung des<br />
ersten Teils der Faust-Tragödie begann zugleich die Geschichte<br />
der Faust-Vertonungen. Die geniale Dichtung übte auf die<br />
Komponisten jener Zeit eine große Anziehungskraft aus. Dazu<br />
kam die Vorliebe der romantischen Musiker für das Phan tas -<br />
tische und Geheimnisvolle. Die Spanne der Vertonungen reicht<br />
von einzelnen Liedern wie »Gretchen am Spinnrade« durch<br />
Schubert und Loewe über Louis Spohr, Schumanns »Faust«-<br />
Szenen bis hin zu einem Versuch des Komponisten Heinrich<br />
Zöllner, sämtliche Verse des Werkes in Musik zu setzen.<br />
»Das Abstoßende, Widerwärtige, Furchtbare, was die<br />
Musik des ›Faust‹ stellenweise enthalten müsste, ist unserer<br />
Zeit zu wider. Die Musik müsste im Charakter des Don Juan<br />
sein; Mozart hätte den Faust komponieren müssen«, schrieb<br />
Goethe im Jahre 1829 an Johann Eckermann. Doch Mozart<br />
kam nicht mehr in Frage.<br />
Als die Tragödie Goethes in andere Sprachen übersetzt<br />
wurde, regte der Stoff auch dort die Musiker an, sich mit dem<br />
Sujet auseinanderzusetzen. 1826 hatte der französische Dichter<br />
Gérard de Nerval den »Faust« ins Französische übertragen.