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Journal 4_Journal 3 - Hamburgische Staatsoper

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BALLETT REPERTOIRE<br />

›ENDSTATION SEHNSUCHT‹ ›NIJINSKY‹ ›TOD IN VENEDIG‹ ›HOMMAGE AUX BALLETS RUSSES‹<br />

Endstation Sehnsucht<br />

Nijinsky<br />

n »Nijinskys Leben lässt sich einfach zusammenfassen:<br />

zehn Jahre Wachsen, zehn Jahre Ler -<br />

nen, zehn Jahre Tanzen, dreißig Jahre Finsternis.<br />

Insgesamt etwa sechzig Jahre. Wie lange er in der<br />

Erinnerung der Menschen leben wird, können<br />

wir nur vermuten«, befand der englische Ballett -<br />

historiker Richard Buckle. John Neumeier ist es<br />

seit jeher ein großes Anliegen, Nijinskys Leben als<br />

konzentrierte Form einer permanenten Veraus -<br />

gabung dem Vergessen zu entreißen und einer<br />

Künstlerexistenz zu gedenken, die sich im Glanz<br />

der Scheinwerfer ebenso vollzog wie in den Schat -<br />

tenseiten einer durch Kriegswirren verunsicherten<br />

Zeit. 2000 kreierte John Neumeier sein Ballett<br />

»Nijinsky«, hier gelang ihm eine choreografische<br />

Annäherung an einen vielseitigen Tän zer und<br />

visionären Künstler. Einer der letzten öf fentli chen<br />

Auftritte Nijinskys dient Neumeier als Schlüssel -<br />

szene in seinem Ballett: Wenn Nijinsky am 19. Ja -<br />

nuar 1919 im Ballsaal des Suvretta House in St.<br />

Moritz tanzt, vollzieht sich seine »Hochzeit mit<br />

Gott«. Dem staunenden Publikum offenbart<br />

Nijinsky die Agonie des schaffenden Künstlers.<br />

Später erinnert sich seine Frau: »Er wir belte durch<br />

den Raum, riss uns mit in den Krieg, in die Ver -<br />

nichtung, stellte sich Leid und Schrecken, kämpfte<br />

mit seinen stählernen Mus keln, seiner Ge -<br />

schmeidigkeit, blitzartigen Schnel lig keit und seinem<br />

ätherischen Sein gegen das unvermeidliche<br />

Ende. Es war der Tanz um sein Leben, gegen den<br />

Tod.« Davon ausgehend blendet John Neumeier<br />

einzelne Stationen seines künstlerischen Erfolgs<br />

ein, Nijinsky als Goldener Sklave in »Sche he ra -<br />

zade« ebenso wie als Geist der Rose oder Harle -<br />

quin aus »Carnaval«, und verdichtet sie zu Innen -<br />

bildern einer zunehmend irritierten Exis tenz.<br />

Nijinskys Wahn sinn führt ihn tiefer in sein inneres<br />

Wesen. Erin nerungen an Kindheit, Fami lie<br />

und Schule vermischen sich mit alptraumhaften<br />

Sequenzen aus dem Ersten Welt krieg, der die<br />

äußeren Bedingun gen für eine Zeit auferlegte, die<br />

außer Rand und Band geraten war.<br />

21., 22., 25. Januar, 19.30 Uhr<br />

8 | <strong>Journal</strong> 4<br />

n Ein Ballett wie ein Donnerschlag. Ein Bal lett,<br />

das bannt wie das Auge der Schlange. Es wirft den<br />

bösen Blick auf die Liebe, darin Pasolini nä her<br />

als Tennessee Williams. Ein Ballett des sensiblen,<br />

hochkultivierten John Neumeier, das sich vor sätz -<br />

lich und bis zum bitteren Ende in Schrecken sielt.<br />

Die Welt (1983)<br />

Diese Premiere wurde zu einem Triumph für<br />

John Neumeier und sein Ensemble. Neumeiers<br />

»Endstation Sehnsucht« schöpft die größte Überzeugungskraft<br />

aus der Schlüssigkeit, mit der die<br />

musikalisch-tänzerischen und die szenischen<br />

Kom ponenten ineinander aufgehen. Und sein<br />

Tanztheater gewinnt Stärke gerade dort, wo es<br />

sich von den unvermeidlichen Erinnerungen an<br />

Vorbilder entfernt und unabhängig macht von<br />

Tennessee Williams’ Psycho-Drama selbst und<br />

von Elia Kazans berühmter Verfilmung mit<br />

Marlon Brando.<br />

Die Welt (1987)<br />

Wie mitreißend die komplexe Handlung<br />

auch rein tänzerisch zum Ausdruck gebracht<br />

werden kann, bewies 1983 Ballett-Guru John<br />

Neumeier, dessen Inszenierung bis 1989 in der<br />

<strong>Staatsoper</strong> aufgeführt wurde. Nun feierte die<br />

legendäre Choreografie eine sensationelle Wieder -<br />

auf nah me in neuer Besetzung. Fazit: Überwältigend,<br />

mitreißend, unbedingt sehenswert.<br />

Hamburger Morgenpost (2009)<br />

20. Januar, 19.30 Uhr

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