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Pyramus und Thisbe (Met. 4,55-166)

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Zusammenfassung der Sage<br />

<strong>Pyramus</strong> <strong>und</strong> <strong>Thisbe</strong> (<strong>Met</strong>. 4,<strong>55</strong>-<strong>166</strong>)<br />

Es lebten einmal zwei junge Leute, <strong>Pyramus</strong> <strong>und</strong> <strong>Thisbe</strong>, deren Elternhäuser direkt nebeneinander<br />

standen. Sie waren unsterblich ineinander verliebt <strong>und</strong> natürlich hätten sie auch, wie es damals üblich<br />

war, rechtmäßig geheiratet, aber ihre Väter hatten es verboten. Doch ihre Liebe war so stark, dass sie<br />

sich jeden Tag im Keller der Häuser trafen, um sich durch einen Riss in der Mauer wenigstens<br />

miteinander zu sprechen. Doch ihr Verlangen sich gegenseitig in den Armen zu halten wurde immer<br />

größer <strong>und</strong> eines Tages beschlossen sie, sich nachts am Grab des Ninus zu treffen. <strong>Thisbe</strong> kam als<br />

Erste an dem vereinbarten Ort <strong>und</strong> setzte sich unter den auf dem Grab wachsenden Maulbeerbaum,<br />

der zu dieser Zeit gerade schneeweiße Beeren trug. Als sie dort saß <strong>und</strong> auf ihren Liebsten wartete,<br />

kam eine Löwin, deren Maul noch mit Rinderblut beschmiert war, um sich an der benachbarten Quelle<br />

zu tränken. Das junge Mädchen floh vor Schrecken in eine in der Nähe liegende Höhle <strong>und</strong> verlor<br />

dabei ihren Schleier, mit dem sie zuvor ihr Gesicht bedeckt hatte. Als die Löwin fertig getrunken<br />

hatte, zerriss sie mit ihrem blutigen Maul den verlorenen Schleier des Mädchens, bevor sie in den<br />

Wald zurückkehrt. Als <strong>Pyramus</strong> am vereinbarten Ort ankam, sah er die Spuren eines wilden Tieres im<br />

Sand <strong>und</strong> den zerrissenen Schleier, an dem noch Blut klebte. Er machte sich große Vorwürfe, dass er<br />

seine geliebte <strong>Thisbe</strong> nachts alleine gelassen hatte. Ohne sie wolle er nicht mehr weiterleben, also griff<br />

er nach seinem Schwert <strong>und</strong> rammte es sich in seinen Unterleib. Als <strong>Thisbe</strong> ihre Furcht besiegt hatte,<br />

kehrte sie zu dem Baum zurück, dessen Früchte durch das spritzende Blut des jungen Mannes<br />

dunkelrot gefärbt waren, sodass sie den Baum auf Anhieb gar nicht erkannte. Als sie näher herantrat,<br />

sah sie den im Sterben liegenden <strong>Pyramus</strong> <strong>und</strong> umarmte ihn. <strong>Pyramus</strong> öffnete noch einmal die Augen<br />

<strong>und</strong> erkannte <strong>Thisbe</strong>, die ihn im Arm hielt, bevor er starb. <strong>Thisbe</strong> aber, die genau wusste, dass<br />

<strong>Pyramus</strong> sich ihretwegen das Leben genommen hatte, nahm ebenfalls das Schwert <strong>und</strong> stieß es sich in<br />

die Brust. Seither ist die Farbe der Beeren des Maulbeerbaumes dunkelrot zum Zeichen der Trauer<br />

<strong>und</strong> des vergossenen Blutes.<br />

„Ego te, miseranda, peremi”<br />

Was ist Schuld? Wie lebt man mit Schuld <strong>und</strong> wieso hat man Schuldgefühle?<br />

Schlägt man den Begriff Schuld im Wörterbuch nach so findet man folgende Definition: „Schuld<br />

bedeutet die Verwerfbarkeit eines strafrechtlich relevanten Verhaltens“ (www.rechtswoerterbuch.de/<br />

recht/s/schuld/).<br />

Vor Gericht werden Menschen nach Schuld oder Unschuld verurteilt. Es gibt Täter <strong>und</strong> Opfer, Richter<br />

<strong>und</strong> Angeklagte. Ob schuldig oder unschuldig, im Prinzip liegt diese Entscheidung bei dem Richter.<br />

Aber Schuld gibt es nicht nur vor Gericht. Wir Menschen können an verschiedenen Sachen schuld<br />

sein. Man kann daran schuld sein, dass eine Beziehung zerbricht, man kann schuld daran sein, dass ein<br />

Mensch stirbt <strong>und</strong> man kann schuld daran sein, wenn ein Gegenstand kaputt geht.<br />

Was man getan hat, kann man dann nicht mehr rückgängig machen; jetzt muss man lernen mit der<br />

Schuld zu leben. Es ist je nach Größe der Tat leichter oder schwerer damit umzugehen. Aber jeder von<br />

uns geht mit Schuld <strong>und</strong> Schuldgefühlen anders um. Die einen von uns öffnen sich, werden aktiv <strong>und</strong><br />

versuchen ihren Fehler, ihre Schuldgefühle dadurch, dass sie auf andere Menschen zugehen <strong>und</strong><br />

anderen Menschen helfen, wieder wegzumachen. Die anderen ziehen sich zurück, verarbeiten ihre<br />

Schuldgefühle lieber innerlich für sich selbst. Und wiederum gibt es Menschen, die mit ihrer Schuld<br />

einfach nicht fertig werden <strong>und</strong> deshalb zu Suchtmitteln wie Zigaretten, Alkohol <strong>und</strong> Drogen greifen.<br />

Aber oft nehmen sich Menschen, die mit ihrer Schuld nicht klarkommen, das Leben. So erging es zum<br />

Beispiel auch <strong>Pyramus</strong>, der mit der Schuld, dass <strong>Thisbe</strong> seinetwegen gestorben ist, nicht leben wollte,<br />

oder auch <strong>Thisbe</strong>, die mit dem Wissen, dass <strong>Pyramus</strong> sich ihretwegen umgebracht hat, auch nicht<br />

leben konnte. Wie man mit Schuld umgeht, muss jeder selber wissen, aber man muss auch sagen, dass<br />

es einen Weg gibt mit seiner Schuld umzugehen. Oftmals hilft es auch einfach mal zu reden. Reden ist<br />

oftmals ein guter Weg, um seine Schuldgefühle zu mindern.


Sehnsucht<br />

Ein Briefwechsel zwischen Anna (Latinistikstudentin) <strong>und</strong> Nikolai (Soldat):<br />

Anna:<br />

Liebster Nikolai,<br />

Ich hoffe Du bist sicher angekommen <strong>und</strong> natürlich hoffe ich, dass es Dir gut geht. Es ist erst eine Woche her, seit Du unsere Heimat <strong>und</strong><br />

damit auch mich verlassen hast. Aber schon in dieser kurzen Zeit vermisse ich Dich so sehr, dass ich es nicht in Worte fassen kann. Ich<br />

versuche mich mit anderen Dingen zu beschäftigen, damit ich nicht die ganze Zeit daran denken muss, was Du wohl machst <strong>und</strong> ob es Dir wohl<br />

gut geht. Ich weiß nicht, wie lang mir die lateinischen Bücher <strong>und</strong> Texte, die ich studieren muss, ausreichen. Ich befürchte niemals die ganzen<br />

sechs Monate, bis du endlich wieder da bist. Ich bin schon sehr über deinen ersten Brief gespannt.<br />

Ich liebe Dich<br />

Anna<br />

Nikolai:<br />

Liebste Anna,<br />

Du solltest erst mal wissen, dass es mir hier gut geht. Bevor ich Dich kennen gelernt habe, war mein Beruf mein ein <strong>und</strong> alles. Ich habe<br />

dieses Land geliebt trotz der Verwüstung, des Leids <strong>und</strong> der Tränen, die darauf vergossen wurden. Ich habe die Hoffnung auf Frieden nie<br />

aufgegeben <strong>und</strong> ich habe es geliebt den Menschen zu helfen. Aber seit ich dich kenne, ist alles anders, ich hab keine Lust mehr auf dieses Land.<br />

Seit ich Dich kenne, ist mein Job nicht mehr ganz so einfach. Früher habe ich einen Fuß vor den anderen gesetzt, immer voraus, war es noch<br />

so gefährlich. Jetzt ist es anders. Bei jedem Schritt, bei allem, was ich tu - ich muss immer an dich denken, daran, dass, sollte mir was zustoßen,<br />

ich jemanden, nämlich dich, verletzten könnte. Ich zähle jetzt schon jeden Tag, jede St<strong>und</strong>e, Minute <strong>und</strong> Sek<strong>und</strong>e, bis ich wieder in<br />

Sicherheit bin, in Sicherheit bei Dir. Wenn dir die lateinischen Texte helfen dir die Zeit zu vertreiben <strong>und</strong> Sie dir irgendwann ausgehen,<br />

dann werde ich einfach veranlassen, Dir ein paar neue zu schicken. Die Zeit wird schneller vorbeigehen, als Du denkst.<br />

Ich liebe Dich<br />

Nikolai<br />

Anna:<br />

An meinen geliebten Nikolai.<br />

Meine Sehnsucht nach Dir wird immer größer, aber ich versuche tapfer zu bleiben. Mein Studium <strong>und</strong> meine Fre<strong>und</strong>innen lenken mich etwas<br />

ab. Seit kurzem übersetze ich Ovids <strong>Met</strong>amorphosen <strong>und</strong> gerade bin ich bei der Sage über <strong>Pyramus</strong> <strong>und</strong> <strong>Thisbe</strong>. Ich weiß nicht, ob du diese<br />

kennst, deshalb möchte ich sie Dir kurz erzählen. <strong>Pyramus</strong> <strong>und</strong> <strong>Thisbe</strong> sind ein junges Liebespaar, das wegen einem Streit zwischen ihren<br />

Vätern nicht heiraten dürfen. Sie beschließen sich nachts heimlich zu treffen, doch durch ein blödes Missverständnis kommt es dazu, dass<br />

<strong>Pyramus</strong> sich das Leben nimmt, weil er denkt <strong>Thisbe</strong> sei von einem Löwen getötet worden. Als <strong>Thisbe</strong> dies erfährt, bringt sie sich auch um, weil<br />

sie ohne ihn nicht weiterleben kann. Diese Geschichte hat mich sehr an uns erinnert. Ich wüsste nicht, was ich tun würde, wenn Du in diesem<br />

sinnlosen Krieg fallen würdest. Ich kann ohne Dich nicht mehr leben. Also, ich flehe dich an, bitte, bitte, pass auf Dich auf <strong>und</strong> komm' sicher<br />

wieder zu mir zurück, damit ich nicht wie <strong>Thisbe</strong> an deinem Tod mitsterbe. Du sollst wissen, dass ich jeden Abend für Dich bete, damit alles gut<br />

geht <strong>und</strong> wir uns bald wieder in den Armen halten können.<br />

Ich liebe Dich<br />

Anna<br />

Nikolai:<br />

Geliebte Anna,<br />

ich freue mich jedes Mal wieder deine Briefe zu lesen <strong>und</strong> natürlich vermisse ich Dich genau so sehr. Doch dein letzter Brief hat mich traurig<br />

gemacht <strong>und</strong> mich zum Nachdenken angeregt. Die Geschichte, die Du erzählt hast, war sehr schön, doch seitdem merke ich auch, wie sehr<br />

dich die Situation belastet. Du musst Dir keine Sorgen machen, ich werde nicht sterben!!! Und selbst wenn es so wäre, dann musst Du mir<br />

versprechen, dass Du Dich nicht wie <strong>Thisbe</strong> in Trauer stürzt oder Dich sogar umbringst. Du weißt, wie sehr ich Dich liebe <strong>und</strong> vermisse.<br />

Egal, was passiert, ich werde dich nie mehr vergessen. Nie mehr werde ich aufhören Dich zu lieben. Unsere Liebe zueinander wird uns auch<br />

noch die restliche Zeit überstehen lassen. Dann endlich werde ich Dich wieder in die Arme nehmen können. Mit tausenden Küssen <strong>und</strong><br />

noch mehr Liebe<br />

Nikolai


Liebe<br />

Viele Gedicht <strong>und</strong> Geschichten handeln von Liebe, doch was ist Liebe<br />

eigentlich? Nicht DEFINIERBAR? Oder wie soll man sie sonst beschreiben?<br />

Vernünftig?<br />

Wohl kaum. Liebe macht blind, das weiß jeder, der schon einmal verliebt<br />

war. Man verliert den Blick für das Wahre. Außerdem kann Liebe wehtun,<br />

sehr weh. Also, vernünftig trifft die Definition von Liebe schon mal nicht.<br />

Unglück?<br />

Eher nicht, denn dann gäbe es auch nicht so viele glücklich Verliebte auf<br />

dieser Welt. Aber ganz falsch ist es nicht. Wenn man einen Blick auf die<br />

Statistiken wirft, merkt man, dass die Scheidungsraten in den letzten Jahren<br />

immer weiter gestiegen sind. Trotz alledem ist Liebe kein Unglück.<br />

Immer wieder hört man: „Sie hat sich verliebt, das ist leichtsinnig!“ oder „Er<br />

behauptet es war Liebe auf den ersten Blick, wie unmöglich!“ Wenn das so<br />

viele sagen, ist Liebe also leichtsinnig <strong>und</strong> unmöglich?<br />

Auch dies ist Schwachsinn, denn wieso sollte es leichtsinnig sein, sich zu<br />

verlieben? Jeder, der schon mal verliebt war, weiß wie schön dieses Gefühl<br />

ist, was für eine Kraft Liebe hat.<br />

Sie kann sogar so stark sein, dass manche Verliebten sich den Schwur geben<br />

„Bis dass der Tod uns scheidet“. <strong>Pyramus</strong> <strong>und</strong> <strong>Thisbe</strong> brachten sich<br />

füreinander um, Romeo <strong>und</strong> Julia auch.<br />

Das sagt doch schon alles aus. Liebe braucht keine Definition.

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