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23.04.2013 Aufrufe

SÖ2 ENTSTEHUNG daran fallen in einem seelischen Vorgang zusammen, sind das gleichzeitige werk desselben cindrucks. Diese beobachtung ist der Schlüssel für das räthsel der augenblieksgötter. Aber auch die sondergötter können ursprünglich nicht anders entstanden sein. Es erfordert eine hohe Steigerung des denkvermögens, aus dem einzelfall den allgemeingültigen begriff abzuleiten. So lange diese stufe nicht erreicht war, musste auch der artbegriff' zunächst als einzelvorstellung geschaffen werden, die erst durch die erfahrung den charakter der allgemeinheit empfieng. Wir sehen, wie langsam selbst in bewegter geschiehtbcher zeit ein Umschwung der religiösen vorstellungsweise sich vollzieht, und können nun ermessen, eine wie lange entwieklungsreibe des mensehbehen denkens schon der herrschaft der sondergötter vorausliegt und wiederum von dieser den Zeitpunkt trennt, wo persönliche götter in den vordergi-und des religiösen Interesses und des cultus traten. Dieser Zeitpunkt war lange übersehritten, als die Homerische dichtung entstand. In dem hellen lichte des himmels, den sie bewohnen, stehn scharf umrissen, leibhaftig, fassbar die Olympier vor uns. Wie menschlichen wesen höherer Ordnung gibt ihnen der dichter gestalt und gesehichte, lässt sie reden und handeln. So eingelebt ist diese vorstcllungsweise, dass auch die schattenhaften begriffsgestalten, die gelegentlich in die dichtung hineinragen, wie der Traumgott (B 6 ff.) und die Ate (T 91 ff. 126 ff.), mit demselben fleisch und blut ausgestattet werden. Es ist ein gewaltiger fortschritt. Und er ist nicht erst von Homer vollzogen worden, wie Herodot sich sagen liess, auch nicht etwa ein besonderes verdienst der Griechen. So hoch wir die plastische gestaltungskraft des griechischen geistes in dichtung und kunst anschlagen, persönliche götter mussten vorhanden sein, ehe sie ausgestaltet werden konnten, und sie waren vorhanden, wie die gleichartige entwicklung der verwandten Völker zeigt. Die Inder hatten schon in vedischer zeit ihren Indra usw., die Kelten den Teutates Taranis der sehrift de s7iperstitione) die wendung vorgebildet haben? Auf die entstehung mythischer Vorstellungen hat schon Giamb. Vico das Taciteische wort angewandt, Nuova scieuza ii 4.

nERSl'iNLICIIEt! GÖTTER 303 Hesus, wir Deutsehen den Wuotan Donar Zio usw., selbst die Litauer ihren Perkuns, um der Italiker zu geschweigeu. Überhaupt ist der gedanke an eine plötzliche Umbildung sei es durch die schöpferische phantasie eines dichters, sei es durch erleucbtungen priesterbchen geistes vöbig ausgeschlossen. Wie könnten sonst, da doch götter nicht getauft werden, die namen dieser persönlichen götter fast durchweg so undurchsichtig und unverständlich sein? Wie haben wir uns also den Vorgang zu denken, durch welchen aus zahllosen begrifflich durchsichtigen sondergöttern einzelne, verhältnissmässig wenige, götter mit voller, plastischer persönlichkeit sich abhoben und zu mittelpunkten des öffentlichen und privaten cultus wurden"? Gleichwerthig konnten freibch diese sondergötter schon für das ursprüngliche bcwusstsein, das sie schuf, unmöglich alle sein. Der gott des segen und leben verleihenden himmelslichtes, der schutzgott des hauses und hausfriedens, der heiland, der abwebrer des übels haben ein jeder unvergleichbar höhere Wichtigkeit als ein gott der das eggen oder das ausjäten des Unkrauts gedeihlieb macht {Occator, Runcinator) oder als ein 'Mückenjäger'. Also in der ursprünglichen begriffsbildung selbst liegt bereits der trieb, der einzelne götter als besonders wichtige und darum auch mächtige über andere, deren begriffskreis beschränkter oder unbedeutender ist, sich emporheben lässt. Aber eine genügende erklärung für die persönliche natur der götter polytheistischer religionen ist damit noch nicht gewonnen. Auch den Kabaiken und den Thrakern des Athos müssen solche wichtigere und höhere gottesbegriffe geläufig gewesen sein und doch waren sie 'götterlos' (s. 277 f.). Die Untersuchung eines einzelnen falls wird, was wir gelegentlich schon ahnen konnten, zur gewissbeit erbeben. Wir wählen eine der am reichsten ausgestatteten gestalten des Olymps, den Apollon^. Alle weit, schon das altertbum fasst ihn als Sonnengott. Ja es ist uns noch unlängst versichert worden: 'dass Apollon... ursprünglich die 3 Den spraohgeschichtbchen Stoff gibt jetzt auch Wernicke in Wissowa's realencyklopädie ii 1 s. 1 f.

nERSl'iNLICIIEt! GÖTTER 303<br />

Hesus, wir Deutsehen den Wuotan Donar Zio usw., selbst die<br />

Litauer ihren Perkuns, um der Italiker zu geschweigeu. Überhaupt<br />

ist der gedanke an eine plötzliche Umbildung sei es<br />

durch die schöpferische phantasie eines dichters, sei es durch<br />

erleucbtungen priesterbchen geistes vöbig ausgeschlossen. Wie<br />

könnten sonst, da doch götter nicht getauft werden, die namen<br />

dieser persönlichen götter fast durchweg so undurchsichtig und<br />

unverständlich sein? Wie haben wir uns also den Vorgang zu<br />

denken, durch welchen aus zahllosen begrifflich durchsichtigen<br />

sondergöttern einzelne, verhältnissmässig wenige, götter mit<br />

voller, plastischer persönlichkeit sich abhoben und zu mittelpunkten<br />

des öffentlichen und privaten cultus wurden"?<br />

Gleichwerthig konnten freibch diese sondergötter schon<br />

für das ursprüngliche bcwusstsein, das sie schuf, unmöglich<br />

alle sein. Der gott des segen und leben verleihenden himmelslichtes,<br />

der schutzgott des hauses und hausfriedens, der heiland,<br />

der abwebrer des übels haben ein jeder unvergleichbar<br />

höhere Wichtigkeit als ein gott der das eggen oder das ausjäten<br />

des Unkrauts gedeihlieb macht {Occator, Runcinator) oder<br />

als ein 'Mückenjäger'. Also in der ursprünglichen begriffsbildung<br />

selbst liegt bereits der trieb, der einzelne götter als<br />

besonders wichtige und darum auch mächtige über andere,<br />

deren begriffskreis beschränkter oder unbedeutender ist, sich<br />

emporheben lässt.<br />

Aber eine genügende erklärung für die persönliche natur<br />

der götter polytheistischer religionen ist damit noch nicht gewonnen.<br />

Auch den Kabaiken und den Thrakern des Athos<br />

müssen solche wichtigere und höhere gottesbegriffe geläufig<br />

gewesen sein und doch waren sie 'götterlos' (s. 277 f.). Die<br />

Untersuchung eines einzelnen falls wird, was wir gelegentlich<br />

schon ahnen konnten, zur gewissbeit erbeben.<br />

Wir wählen eine der am reichsten ausgestatteten gestalten<br />

des Olymps, den Apollon^. Alle weit, schon das<br />

altertbum fasst ihn als Sonnengott. Ja es ist uns noch unlängst<br />

versichert worden: 'dass Apollon... ursprünglich die<br />

3 Den spraohgeschichtbchen Stoff gibt jetzt auch Wernicke in<br />

Wissowa's realencyklopädie ii 1 s. 1 f.

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