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282 AlGENBLICKSGÖTTER mädchen mit Johanniski'aut und andci-en am Vorabend des sonnwendtags gepflückten blumen umwinden und am thorweg des hauses aufpflanzen: der bausberr bringt ihr eine spende dar und betet um gute heuernte. Wie festlich die garbe oder der Johannisbaum auch herausgeputzt sein mag, es ist und bleibt ein fetisch, und die Vorstellungen, die daran geknüpft werden, helfen uns die denkvorgänge verstehen, durch welche auf der untersten stufe religiösen empfindens Vorstellungen gebildet werden, welche ihre Versinnbildlichung in einem fetischmässigen symbol finden. Aber man würde irren, wenn man diese reste ältester vorstellungsweise etwa für besonderbeiten der Preussen und Litauer halten wollte. Für die allgemeine göttliebe Verehrung der letzten garbe bedarf es nach Mannhardt keines beweises mehr. Dass sie auch bei den Griechen bestand, lässt sich wenigstens auf einem umweg wahrscheinlich machen. Es ist bekannt dass Demeter als 'louXib verehrt wui'de. Das beiwort kommt von oflXoi; und mit redupbeationssilbe 'i'ouXog garbe, abgeleitet aus w. vel- lat. uoluere. Danach könnte die göttin unmittelbar von den garben benannt sein, so gut wie sie 'Ajitaia mäherin und 'ApaXXocpöpoc; garbenbringerin hiess. Aber es gab auch ein erntebed, das man ouXoq i'ouXoq nannte^. Nach dem verse, der von Athenaios bei der gelegenbeit angeführt wird, würde man sich einen falschen begriff von dem volkstbümlieben schnitterlied bilden; die worte TiXeTarov oüiXov ouXov 'i'ei, 'i'ouXov 'iei enthalten ein gebet um reichlichen feldsegen und konnten nur in einem hymnus an Demeter oder Ge stehn; sie werden thatsächlich auch nur als beleg für das appellative ouXo? louXoi; angeführt. Aber der kehrvers des alten Volkslieds wandte sich nicht an Demetei', sondern an den lulos selbst: das steht fest durch das wort des kundigsten zeugen, den wir heute in der Sache vernehmen können, des Apobodoros S; durch ihn wissen 2 Athen, xiv p. 618

DIE ERSTE UND LETZTE G.\RBE 283 wir, dass das lied nach dem gotte benannt war, der im kehrvers angerufen wurde, gerade wie das klagelied ialemos oder der paian (s. 153). lulos war also der gott der garbe, wahrscheinlich der letzten, wie Kurche. Ich zweifle nicht, dass die analyse der mythen und culte noch weitere spuren ergeben wird; aber auf dies gebiet möchte ich Mannhardt nicht folgen. Die Verehrung der ersten garbe ist bei den beutigen Völkern Europas, so viel ich sehe, ganz verblasst; nur ist es u. a. mehrfach üblich geblieben, dass Schnitter und Schnitterinnen sieb zu dem tag festlich schmücken und dem herrn einen ährenkranz oder ährenbüscbel feierlich überreichen'. Aber an einzelnen orten Schwabens bat sich die sitte erbalten, dass die Schnitter nebst dem bauern, bevor sie die Winterfrucht schneiden, niederknieen und gemeinsam gebete verrichten. Ein sehwacher rest des litauischen opfers zum erntebeginn. Lebendigere färben lässt uns Vergilius {georg. 1, 347 f.) sehn: 'niemand' sagt er 'wag' es die sicbel zuvor an die zeitigen halme zu legen, eh' er den eichenkranz um die schlafe sieh wand und der Ceres bäurischen hopser getanzt und die tiblieben verse gesprochen'. Hier sieht man noch die religiöse scheu, die ähren niederzulegen, in denen eine gottbeit wohnt, und darf wenigstens ahnen, dass der ersten und letzten garbe von dem italischen landvolk, dem so viele götter das getreide wachsen und reifen machten (s. 76 f.), ähnliche Verehrung gezollt wurde wie in Nordeuropa. Bei den bauern von Roccapia in den Abruzzen ist noch heute folgender brauch ^ lebendig. Wenn das getreide ausgedroscben ist, stopfen sie einen wams und ein paar hosen zu einem Strohmann aus, der unter abgemeinem hailob oben 41 'Kued irep iv piv Oprivoi? 'idXejao?, ^v bi upvoi? "louXo?, dip' div Kai xd? d)bd? aöxd? KaXoOoiv, oöxu) Kai XÜJV 9epiffxÜLiv tbbi^ Aixu^pon?'. 4 Pfannenschmid Germ, erntef. s. 89 f. 94. 400, 17. Weiteres gibt AKubn nordd. sagen s. 397 f. n. 103. 107 Westfäl. sagen 2, 187 n. 522; nach Strackerjan, Abergl. u. sagen aus dem herzogth. Oldenburg 2, 79 n. 363 darf beim aufladen und einfahren des ersten fuders nicht gesprochen werden. Das folgende nach ABirlinger, Aus Schwaben 2, 328. 5 A. de Nino, usi Abruzzesi 2, 158. Andere erntebräuche ebd. 1, 152 f. 123 f.

DIE ERSTE UND LETZTE G.\RBE 283<br />

wir, dass das lied nach dem gotte benannt war, der im kehrvers<br />

angerufen wurde, gerade wie das klagelied ialemos oder<br />

der paian (s. 153). lulos war also der gott der garbe, wahrscheinlich<br />

der letzten, wie Kurche. Ich zweifle nicht, dass die<br />

analyse der mythen und culte noch weitere spuren ergeben<br />

wird; aber auf dies gebiet möchte ich Mannhardt nicht folgen.<br />

Die Verehrung der ersten garbe ist bei den beutigen Völkern<br />

Europas, so viel ich sehe, ganz verblasst; nur ist es u. a.<br />

mehrfach üblich geblieben, dass Schnitter und Schnitterinnen<br />

sieb zu dem tag festlich schmücken und dem herrn einen<br />

ährenkranz oder ährenbüscbel feierlich überreichen'. Aber an<br />

einzelnen orten Schwabens bat sich die sitte erbalten, dass die<br />

Schnitter nebst dem bauern, bevor sie die Winterfrucht schneiden,<br />

niederknieen und gemeinsam gebete verrichten. Ein<br />

sehwacher rest des litauischen opfers zum erntebeginn. Lebendigere<br />

färben lässt uns Vergilius {georg. 1, 347 f.) sehn: 'niemand'<br />

sagt er<br />

'wag' es die sicbel zuvor an die zeitigen halme zu legen,<br />

eh' er den eichenkranz um die schlafe sieh wand und der Ceres<br />

bäurischen hopser getanzt und die tiblieben verse gesprochen'.<br />

Hier sieht man noch die religiöse scheu, die ähren niederzulegen,<br />

in denen eine gottbeit wohnt, und darf wenigstens<br />

ahnen, dass der ersten und letzten garbe von dem italischen<br />

landvolk, dem so viele götter das getreide wachsen und reifen<br />

machten (s. 76 f.), ähnliche Verehrung gezollt wurde wie in<br />

Nordeuropa. Bei den bauern von Roccapia in den Abruzzen<br />

ist noch heute folgender brauch ^ lebendig. Wenn das getreide<br />

ausgedroscben ist, stopfen sie einen wams und ein paar hosen<br />

zu einem Strohmann aus, der unter abgemeinem hailob oben<br />

41 'Kued irep iv piv Oprivoi? 'idXejao?, ^v bi upvoi? "louXo?, dip' div Kai<br />

xd? d)bd? aöxd? KaXoOoiv, oöxu) Kai XÜJV 9epiffxÜLiv tbbi^ Aixu^pon?'.<br />

4 Pfannenschmid Germ, erntef. s. 89 f. 94. 400, 17. Weiteres<br />

gibt AKubn nordd. sagen s. 397 f. n. 103. 107 Westfäl. sagen 2, 187<br />

n. 522; nach Strackerjan, Abergl. u. sagen aus dem herzogth. Oldenburg<br />

2, 79 n. 363 darf beim aufladen und einfahren des ersten fuders<br />

nicht gesprochen werden. Das folgende nach ABirlinger, Aus<br />

Schwaben 2, 328.<br />

5 A. de Nino, usi Abruzzesi 2, 158. Andere erntebräuche ebd.<br />

1, 152 f. 123 f.

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