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216 SONDERGÖTTER lebendigkeit der bedeutung besessen hat, darf als zweifelloses ergebniss erklärt werden. Damit ist aber erwiesen, dass auch in den höchsten gebieten religiöser Vorstellung die begriffsbildung den gleichen ausgang und fortgang gehabt hat wie in den niederen. Lykos ist ein begriff so hoch, dass er Zeus selbst den rang streitig machen kann. Aber er gehörte zu dem älteren göttergescblecht, das mit den Titanen vor dem herrscberantbtz des Zeus sich verbergen musste. Mit Zeus zugleich bat Apollon das erbe angetreten und sich mit ableitungen des damals noch verständlieben namens geschmückt. Als der sprachliche Zusammenhang gelöst war, der das verständniss der Wortbedeutung aufrecht hielt, begann die Volksetymologie ihr loses spiel und machte den gott AÜKOI; zum wolf, XÜKO?. Der gedankenlosigkeit seeundärer sagenbildung war es ein leichtes, den Apollon AÜKeio? in sein gerades gegentheil, einen AUKO- Kxövoq 'wolfstödter' zu verkehren, wie schon bei Sophokles (El. 6) zu lesen ist. BEINAMEN DER GÖTTER 13 Wir könnten uns an den erörterten beispielen genügen lassen. Der oben s. 122 geforderte nachweis ist, denke ich, erbracht. Und der geneigte leser, der sich wiederholt durch gleichartige gedankengänge hindurehwinden musste, wird vielleicht flnden, dass des guten eher zu viel gethan ist. Aber einzelne Wahrnehmungen, die sich uns auf dem wege aufdrängten, verlangen besondere betrachtung, um das gewonnene ergebniss gegen die übbcben einreden sicher zu steben. Wir haben unsere laufgräben weit genug geführt und können zum angriff übergebn. Wenn die aben mythologische betraebtungen anstellten, konnten sie das nicht auf andere weise als dass sie von den erfahrungen ihres religiösen bewusstseins ausgiengen. Dies kannte nur persönbche, plastisch ausgestaltete, in sage und dichtung lebendige götter. Von diesen also gieng man aus, auf sie bezog man alle erscheinungen. So lag ein tempel des

BEINAMEN DER GÖTTER 217 'guten gottes' ('AYaöon GeoO) unweit von Megalopobs in Arkadien; Pausanias kann es nicht über sich bringen, das einfach als thatsaebe zu verzeichnen (Viii 36, 5), sondern knüpft daran die bemerkung: ' wenn die götter die geber alles guten und Zeus der oberste der götter ist, so sollte man demgemäss folgern, dass das eine benennung (eiriKXTiffiv) des Zeus ist'. Diese art zu denken war berechtigt, insofern sie naturnothwendig war. .\uch über ihre spraeherscheinungen haben die alten nicht anders geurtheilt noch urtheilen können. Wir lächeln heute, wenn wir einen meister wie Apollonios die Verbindung 9oßoü)aai xiva durch elbpse der präposition bid erklären hören. Aber die ganze homerische syntax des Aristarchos, wie sie aus Friedländers übersiebt der schematologia Aristarchea jeder leicht kennen lernen kann, steht auf derselben stufe: er, wie alle, geht aus von der fertigen, logisch durchgearbeiteten spräche. Mit dieser grammatik haben wir endgültig gebrochen, seitdem wir durch Bopp und JGrimm gelernt haben die spräche geschichtlich zu betrachten. Während die alten, mit der einen muttersprache beschäftigt, ausschliesslich auf das lebendige sprachbewusstsein angewiesen waren, vermögen wir mit hilfe der verwandten sprachen auch vereinzelte erscheinungen in älteren denkmälern sachgemäss zu deuten und umgekehrt gebilde der fertigen spräche zuweilen als ergebnisse zufälliger entwicklung, ja verirrung zu verstehn. In der mytbologie haben wir bis beute uns nicht frei gemacht von der beschränkten betraebtungsweise der alten. Persönliche götter führen je nach den eigenschaften und kräften, die sie bethätigen, besondere beinamen, die naturgemäss in der regel durchsichtig und fassbeb sind. Wenn nun begriffe, die als beinamen eines oder mehrerer götter bekannt oder wenigstens solchen ähnlich sind, für sich als bezeichnungen einer gottheit auftreten, so müssen das verselbständigungen von beinamen sein, beinamen die, weil sie geläufig sind, um der kürze willen den doppelnamen vertreten können. Man ist dergleichen aus der dichtersprache gewöhnt. Öfter wird Apollon 'der goldgelockte' genannt: für Pindaros ua. ist 6 XpocroKo^a? ohne weiteres Apollon. Schon im homerischen epos ist 'OXopTTio? ohne beifügung des eigennamens häufig aus-

BEINAMEN DER GÖTTER 217<br />

'guten gottes' ('AYaöon GeoO) unweit von Megalopobs in Arkadien;<br />

Pausanias kann es nicht über sich bringen, das einfach<br />

als thatsaebe zu verzeichnen (Viii 36, 5), sondern knüpft<br />

daran die bemerkung: ' wenn die götter die geber alles guten<br />

und Zeus der oberste der götter ist, so sollte man demgemäss<br />

folgern, dass das eine benennung (eiriKXTiffiv) des Zeus ist'.<br />

Diese art zu denken war berechtigt, insofern sie naturnothwendig<br />

war. .\uch über ihre spraeherscheinungen haben die<br />

alten nicht anders geurtheilt noch urtheilen können. Wir<br />

lächeln heute, wenn wir einen meister wie Apollonios die Verbindung<br />

9oßoü)aai xiva durch elbpse der präposition bid erklären<br />

hören. Aber die ganze homerische syntax des Aristarchos,<br />

wie sie aus Friedländers übersiebt der schematologia<br />

Aristarchea jeder leicht kennen lernen kann, steht auf derselben<br />

stufe: er, wie alle, geht aus von der fertigen, logisch<br />

durchgearbeiteten spräche. Mit dieser grammatik haben wir<br />

endgültig gebrochen, seitdem wir durch Bopp und JGrimm<br />

gelernt haben die spräche geschichtlich zu betrachten. Während<br />

die alten, mit der einen muttersprache beschäftigt, ausschliesslich<br />

auf das lebendige sprachbewusstsein angewiesen waren,<br />

vermögen wir mit hilfe der verwandten sprachen auch vereinzelte<br />

erscheinungen in älteren denkmälern sachgemäss zu deuten<br />

und umgekehrt gebilde der fertigen spräche zuweilen als ergebnisse<br />

zufälliger entwicklung, ja verirrung zu verstehn. In<br />

der mytbologie haben wir bis beute uns nicht frei gemacht<br />

von der beschränkten betraebtungsweise der alten.<br />

Persönliche götter führen je nach den eigenschaften und<br />

kräften, die sie bethätigen, besondere beinamen, die naturgemäss<br />

in der regel durchsichtig und fassbeb sind. Wenn nun<br />

begriffe, die als beinamen eines oder mehrerer götter bekannt<br />

oder wenigstens solchen ähnlich sind, für sich als bezeichnungen<br />

einer gottheit auftreten, so müssen das verselbständigungen<br />

von beinamen sein, beinamen die, weil sie geläufig sind,<br />

um der kürze willen den doppelnamen vertreten können. Man<br />

ist dergleichen aus der dichtersprache gewöhnt. Öfter wird<br />

Apollon 'der goldgelockte' genannt: für Pindaros ua. ist 6<br />

XpocroKo^a? ohne weiteres Apollon. Schon im homerischen<br />

epos ist 'OXopTTio? ohne beifügung des eigennamens häufig aus-

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