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Entlastungsprogramm bei Demenz

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Sorge haben bedeutet im familiären Alltag Verlässlichkeit in den Beziehungen,<br />

Förderung von Kompetenzen und Lebensneugier, die Fähigkeit, die Bedürfnisse<br />

des Gegenübers zum Handlungsmaßstab machen zu können, neue Strukturen<br />

und Regeln der gemeinschaftlichen Lebensentwicklung zu finden. Aus der Sorge<br />

resultiert eine innere Bezogenheit der Familienmitglieder, aber auch Verzicht, der<br />

durchaus geleistet wird, ohne etwas zu vermissen. Aus der Sicht desjenigen, der<br />

versorgt wird bzw. versorgt werden muss, offenbart sich in der Sorge aber auch<br />

menschliche Abhängigkeit und bildet damit die zweite Seite der Sorge. 216 Nicht<br />

selten wird „eine aktuell nicht durch Gegenleistung kompensierte Pflegeleistung<br />

auf Dauer für die Gebenden und die Nehmenden unweigerlich zum Stress“ 217 .<br />

In der Beratung, gerade in den sogenannten Entlastungsgesprächen, geht es um<br />

Spannungs- und Beziehungsregulation. Vom Beratungsformat her bilden Entlas-<br />

tungsgespräche keinen beratungswissenschaftlich relevanten Unterschied zu<br />

den anderen Beratungen. Lediglich von ihrem Inhalt her sind sie deutlich stärker<br />

psychosozialen Charakters. Sie fokussieren die emotionalen Aspekte deutlicher<br />

bzw. geben den emotionalen Prozessen mehr Raum. Damit tragen diese Ge-<br />

spräche zur Affektsteuerung <strong>bei</strong> und machen den Weg frei für handlungsbezoge-<br />

ne und verändernde Interventionen. Emotionen und Affekte sind gerade in der<br />

Beratung stärker handlungsleitend als allgemein angenommen. Sich entlasten<br />

hat Katharsis-Wirkung (psychisch reinigende Wirkung), das Loslassen und Frei-<br />

geben von Emotionen schafft erst die Grundlage für Veränderungen. Beratung<br />

braucht also notwendigerweise affektive Involviertheit. Ist diese gering, ändert<br />

sich wenig bis nichts; ist diese hoch, kann man von einer höheren Verände-<br />

rungsbereitschaft ausgehen. Es gilt geradezu, einen sprachlichen Ausdruck für<br />

Emotionen zu finden. 218<br />

Im Beratungsprozess im Projekt EDe wurden 857 durchgeführte „Entlastungsge-<br />

spräche“ dokumentiert. In Kapitel 6.1.4 wurde beschrieben, dass die Entlas-<br />

tungsgespräche insbesondere ein aktives Zuhören der Gesundheitsberaterin/des<br />

Gesundheitsberaters sowie Anteilnahme und aufrichtige Wertschätzung der Leis-<br />

tung der pflegenden Angehörigen umfassten. Die Angehörigen konnten ihre Sor-<br />

gen um den Erkrankten und ihre Probleme, die die Pflegesituation mit sich bringt,<br />

„loswerden“ – sich davon entlasten. Es war Raum für Affekte wie Traurigkeit,<br />

Zorn, Scham. In den abschließenden Telefoninterviews haben die pflegenden<br />

Angehörigen das persönliche Gespräch, den persönlichen Ansprechpartner, zu<br />

dem man Vertrauen haben konnte, und das Verständnis, was ihnen durch die<br />

Gesundheitsberaterinnen und -berater entgegengebracht wurde, als zentral he-<br />

rausgestellt.<br />

216 Hantel-Quitmann, W. (1997), 21<br />

217 Zeman, P. (1997), 106<br />

218 Zwicker-Pelzer, R. (2009), unveröffentlichtes Vorlesungsmanuskript<br />

195

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