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Entlastungsprogramm bei Demenz

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Fall<strong>bei</strong>spiel 4<br />

Der demenzerkrankte Herr wird von seiner Tochter betreut. Die Familie der Tochter<br />

war überwiegend aus einem Gefühl der Verpflichtung zur Pflegeübernahme in das<br />

Haus des Vaters eingezogen. Dieser war während der gesamten Projektzeit in<br />

Pflegestufe I eingestuft. Er war inkontinent und hatte einen bekannten Alkoholismus.<br />

Im Erstassessment zeigte sich <strong>bei</strong> der Tochter eine hohe Belastung durch die<br />

praktischen Betreuungsaufgaben, die sie überwiegend allein übernommen hatte,<br />

sowie hohe persönliche Einschränkungen und eine hohe Belastung durch die Doppelrolle<br />

– Pflege des Vaters/Kümmern um die eigene Familie. Der Vater war ruhelos<br />

und <strong>bei</strong> der Körperpflege gegenüber der Tochter zunehmend aggressiv. Die Inkontinenz<br />

entwickelte sich ebenfalls zu einem immer größeren Problem.<br />

Im Mittelpunkt der Situation stand die hohe Belastung der pflegenden Tochter durch<br />

Unruhe, Aggressivität und Inkontinenz des demenzerkrankten Vaters. Die Kinder<br />

luden keine Freunde mehr nach Hause ein, weil sie sich schämten. Die Frage der<br />

Heimeinweisung war ein immer wieder kehrendes Thema. Die Gesundheitsberaterin<br />

schulte die Tochter in vier Beratungsbesuchen im Umgang mit den Verhaltensänderungen<br />

des Vaters und leitete sie zum Umgang mit der Inkontinenz sowie zur<br />

Reduktion der Sturzgefahr an. Mehrere Telefongespräche zwischen der Tochter<br />

und der Gesundheitsberaterin hatten das Ziel einer emotionalen Erleichterung. Auf<br />

Drängen der Gesundheitsberaterin wurde ein Neurologe aufgesucht, der eine Medikamenteneinstellung<br />

vornahm. In der Folge war es dann auch möglich, weitere<br />

Unterstützung in Form von stundenweiser Betreuung und Tagespflege in Anspruch<br />

zu nehmen, so dass ein Einzug in ein Pflegeheim zunächst verhindert werden konnte.<br />

Im Abschlussassessment zeigten sich Entlastungen in den praktischen Betreuungsaufgaben<br />

und in den persönlichen Einschränkungen der Tochter.<br />

Evaluationsworkshop<br />

Um häusliche Pflegesituationen zu stabilisieren, müssen zunächst einmal Insta-<br />

bilitäten fachkundig aufgedeckt werden, die von den Familien als solche nicht<br />

wahrgenommen werden. Das bedeutet, dass eine Zugangsmöglichkeit zu den<br />

Familien bestehen muss, <strong>bei</strong> denen potenziell instabile Pflegesituationen be-<br />

stehen können. Im Projekt waren die Qualitätssicherungsbesuche nach § 37 Abs.<br />

3 SGB XI die Grundlage für die Beratungen und haben vielfach den Zugang zu<br />

den Familien eröffnet. Sie gehören als nicht freiwilliges „Angebot“ zur zugehen-<br />

den Form der Beratung.<br />

Die Wichtigkeit der Zugangsmöglichkeiten zu den Familien und der zugehenden<br />

Form der Beratung wurde in einem weiteren Evaluationsworkshop mit den Ge-<br />

sundheitsberaterinnen und -beratern erfasst. Sie schätzten die zugehende Bera-<br />

tung aus der Perspektive der meisten der von ihnen betreuten Familien als not-<br />

wendig ein, da den Familien häufig die Eigeninitiative fehlte und es notwendig<br />

war, dass jemand von außen kam und Hilfen und Veränderungen anregte. Viele<br />

der älteren pflegenden Angehörigen benötigten zugehende Beratung, weil sie<br />

selbst nicht mehr mobil genug waren, um <strong>bei</strong>spielsweise eine Beratungsstelle<br />

aufzusuchen, oder weil sie die demenzerkrankten Angehörigen nicht allein las-<br />

sen wollten oder konnten. Außerdem wurde <strong>bei</strong> einem großen Teil der pflegen-<br />

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