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Entlastungsprogramm bei Demenz

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Entlastungsgespräche waren Bestandteil fast jeder Beratung, häufig auch der<br />

telefonischen Kontakte. Sie hatten in den Beratungsgesprächen immer Priorität,<br />

erst danach konnte die geplante Beratung stattfinden. Die Zeitdauer dieser Ge-<br />

spräche war sehr unterschiedlich, insgesamt gingen die Beratungen damit oft-<br />

mals weit über die geplante Zeit von ca. 60 Minuten hinaus. Ihr Stellenwert wurde<br />

umso höher, je länger die Beratungsbeziehung andauerte und je stabiler das<br />

Vertrauensverhältnis zu der jeweiligen Familie wurde.<br />

Ein Entlastungsgespräch wurde entweder durch das situative Bedürfnis der pfle-<br />

genden Angehörigen initiiert, z. B. durch eine veränderte Pflegesituation oder ein<br />

anderes akutes „Ereignis“ in der Familie. Auf der anderen Seite wurden Entlas-<br />

tungsgespräche jedoch auch durch die Gesundheitsberaterin/den Gesundheits-<br />

berater angestoßen mit der Frage: „Wie geht es Ihnen heute?“<br />

Inhalte und Wirkungen von „Entlastungsgesprächen“<br />

Die pflegenden Angehörigen hatten Gelegenheit, die Probleme, die die <strong>Demenz</strong>-<br />

erkrankung mit sich bringt, „loszuwerden“. Insbesondere erzählten sie auch über<br />

ihre Reaktionen auf die Verhaltensweisen des Erkrankten, die ihnen ein schlech-<br />

tes Gewissen machten. Die Gesundheitsberaterinnen und -berater sahen ihre<br />

Aufgabe darin, zunächst zuzuhören, die pflegenden Angehörigen ernst zu neh-<br />

men, nicht zu bewerten und nicht zu verurteilen 179 . In diesen Gesprächsanteilen<br />

war weniger aktives Handeln gefragt, sondern Verstehen und Akzeptanz dessen,<br />

was die Angehörigen erzählt haben. Gleichermaßen war es ein wichtiger Be-<br />

standteil der Gespräche, den Angehörigen aufrichtige Wertschätzung für ihre täg-<br />

liche Leistung entgegenzubringen. Von den Angehörigen wurde es vielfach be-<br />

reits als Wertschätzung empfunden, dass die Gesundheitsberaterin/der Gesund-<br />

heitsberater zu ihnen nach Hause kam und sie die Gelegenheit hatten, ausführ-<br />

lich über ihre Situation zu sprechen (siehe auch Kap. 6.1.4).<br />

Die Entlastungsgespräche waren davon geprägt, dass sie Raum für Emotionen<br />

der pflegenden Angehörigen boten. Die Traurigkeit über die Erkrankung der Pfle-<br />

gebedürftigen konnte thematisiert werden, die Angehörigen durften darüber wei-<br />

nen. In vielen Fällen, so stellten es die Gesundheitsberaterinnen und -berater<br />

dar, hatten in solchen Situationen schon das „bloße“ Zuhören und ein vertieftes<br />

Nachfragen entlastende Wirkung. Oftmals war es den Gesundheitsberaterinnen<br />

und -beratern auch gelungen, durch gemeinsames Lachen mit den pflegenden<br />

Angehörigen die „Schärfe aus dem Alltag zu nehmen“.<br />

Entlastungsgespräche hatten nicht ausschließlich demenzbedingte Probleme<br />

zum Inhalt. In vielen Familien haben sich den Gesundheitsberaterinnen und -<br />

179 Die gleichzeitige Rolle der Gesundheitsberaterinnen und -berater als Anwälte der <strong>Demenz</strong>erkrankten<br />

rechtfertigt an dieser Stelle die Formulierung „…nicht zu verurteilen“.<br />

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