20110804_Bewertung Personalbemessung - GKV-Spitzenverband
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Ressourcenförderung<br />
Ressourcenförderung bzw. Ressourcenerhalt gehören zu den wichtigsten Zielen einer professionellen<br />
Pflege. Die pflegerische Versorgung sollte nicht nur darauf ausgerichtet sein,<br />
einen gesundheitlich bedingten Selbständigkeitsverlust auszugleichen. Vielmehr sollte der<br />
Pflegebedürftige auch bewusst darin unterstützt werden, Selbständigkeit soweit wie möglich<br />
wiederzuerlangen oder zumindest zu erhalten. Dabei geht es nicht nur um körperliche Fähigkeiten,<br />
sondern auch um geistig-psychische und soziale Aspekte des Lebens. Das Referenzkonzept<br />
geht von folgendem Verständnis individueller Ressourcen aus:<br />
Ressourcen des Pflegebedürftigen (...) sind personale Eigenschaften, die den Bewohner<br />
dazu befähigen, selbständig zu handeln, den eigenen Bedürfnissen nachzugehen und Anforderungen<br />
oder Probleme des Alltags zu bewältigen. Ressourcen sind also nicht einfach<br />
gleichzusetzen mit der Fähigkeit, konkrete Handlungen durchzuführen. Die Fähigkeit, selbständig<br />
Nahrung zu sich zu nehmen oder sich einen Verband anzulegen, ist für sich genommen<br />
keine Ressource. Diese Fähigkeit ergibt sich vielmehr aus dem Zusammenspiel von<br />
Grob- und Feinmotorik, Handlungsmotivation, optischer und sensorischer Wahrnehmung,<br />
Körperkraft, Bewegungskoordination, Wissen, Erfahrung und ähnlichem mehr. Somit spricht<br />
der Begriff Ressourcen zwar auch Fähigkeiten an, doch handelt es sich dabei um grundlegende<br />
körperliche Fähigkeiten. Darüber hinaus verdeutlichen die Beispiele, dass Ressourcen<br />
auch Wissen/Erfahrung, kognitive Fähigkeiten und psychische Strukturen umfassen<br />
(Korte-Pötters et al. 2007, Kapitel 2: 5).<br />
Die Diskussion um Möglichkeiten und Grenzen einer ressourcenfördernden ( aktivierenden ,<br />
rehabilitativ orientierten ) Pflege 22 im Heimbereich wird bislang allerdings überwiegend ohne<br />
Bezug zu empirischen Daten und Strukturen des Handeln in der vollstationären Pflege geführt,<br />
häufig auch ohne Konkretisierung der Maßnahmen oder Handlungskonzepte, mit denen<br />
Ressourcenförderung erreicht werden soll. Häufig trifft man beispielsweise auf die Erwartung,<br />
jede Pflegehandlung solle so ausgeführt werden, dass eine Aktivierung der Fähigkeiten<br />
des betreffenden Bewohners erfolgt. Diese Vorstellung ist schon deshalb wirklichkeitsfern,<br />
weil sie vom ungleichmäßigen Arbeitsanfall in der vollstationären Pflege abstrahiert. Für<br />
Aktivierungssequenzen in der Pflege muss mehr Zeit einkalkuliert werden als beispielsweise<br />
für die vollständige Übernahme von Leistungen. Daher bleibt während der Belastungsspitzen<br />
im Tagesverlauf (etwa während der morgendlichen Pflege vor dem Frühstück) kein nennenswerter<br />
Spielraum hierfür, zumindest nicht unter den Bedingungen der heutigen Personalausstattung.<br />
Die allgemeine Forderung nach Aktivierung bei jeder Gelegenheit hilft an dieser Stelle wenig<br />
weiter. Sie kann sogar kontraproduktiv sein, denn sie verstellt den Blick auf die Notwendigkeit,<br />
realistische, individuell angepasste Formen der Ressourcenförderung zu entwickeln<br />
und Freiräume zur Durchführung herzustellen. Die Effekte des Strebens nach einer im Versorgungsalltag<br />
ständig präsenten Aktivierung sind im Übrigen eher ernüchternd. Nach jahrelangen<br />
Diskussionen kann heute noch immer nicht davon gesprochen werden, dass eine<br />
wirkungsvolle Ressourcenförderung in der vollstationären Regelversorgung fest verankert ist.<br />
22 Es existiert in der Diskussion kein einheitlicher Sprachgebrauch. Das SGB XI spricht vorzugsweise<br />
von Aktivierung bzw. aktivierender Pflege (z.B. §6 Abs. 2, §28 Abs. 4 oder §87b Abs. 1).<br />
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