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20110804_Bewertung Personalbemessung - GKV-Spitzenverband

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Pflegebedürftigen mit vergleichbarem Grad der Beeinträchtigung können daher immer nur<br />

eine Annäherung an den tatsächlichen durchschnittlichen Leistungsbedarf dieser Gruppe<br />

sein. Es gibt verschiedene Wege zu dieser Annäherung. Ein häufiges Verfahren besteht darin,<br />

den Zeitbedarf durch Experten schätzen zu lassen. Dieses Verfahren ist unter methodischen<br />

Gesichtspunkten sehr unsicher und führt zu einer Reihe von Begrenzungen. Ein typisches<br />

Beispiel hierfür sind die heutigen Zeitkorridore für die Begutachtung zur Feststellung<br />

von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI. Sie können nur für Situationen Gültigkeit beanspruchen,<br />

in denen die Pflege von nicht zur Pflege ausgebildeten Personen erfolgt und in<br />

Form der vollständigen Übernahme von Verrichtungen erfolgt. Für andere Formen der Pflege<br />

helfen diese Orientierungswerte also nicht weiter. Diese Problematik lässt sich verallgemeinern:<br />

Alle normativ bestimmten Soll-Zeiten müssen von bestimmten Annahmen ausgehen,<br />

die zugleich ihre Gültigkeit begrenzen.<br />

Ein anderer Weg ist die empirisch gestützte Annäherung an den erforderlichen Leistungsumfang.<br />

Dieser Weg wurde in anderen Ländern schon mehrfach gewählt. Hier stellt sich eine<br />

andere, grundlegende Frage: Inwieweit können Ist-Zeiten als notwendiger Zeitumfang gelten?<br />

Mit Hilfe welcher Qualitätskriterien und Methoden lässt sich verifizieren, dass Ist-Zeiten<br />

auch als Soll-Zeiten gelten können?<br />

Auch hier ist allenfalls eine mehr oder weniger gute Begründung, aber kein Beweis im strengen<br />

wissenschaftlichen Sinne möglich. In den Ländern, in denen empirisch ermittelte Zeitwerte<br />

als Kennzahlen zur Bedarfsermittlung herangezogen werden, findet man zum Teil gar<br />

keine nähere Reflektion der Frage, ob Ist-Zeiten nicht auch eine Unter- oder Überversorgung<br />

abbilden könnten (s. z.B. Japan, Tsutsui/Muramatsu 2005 und Matsumoto 2007).<br />

Es ist daher angebracht, in der Diskussion um die Bemessung des notwendigen Leistungsumfangs<br />

(und damit des Personalbedarfs) Abstand davon zu nehmen, nach objektiv richtigen<br />

Zeitwerten zu suchen. Solche Werte existieren nicht und ließen sich letztlich auch nur<br />

unter idealtypischen Bedingungen ermitteln, die Laborbedingungen gleichen (keine Begrenzung<br />

von Personalressourcen, ausgezeichnet qualifizierte Mitarbeiter, wissenschaftlich fundierte<br />

Handlungskonzepte, optimale räumliche Bedingungen, optimale Hilfsmittelausstattung,<br />

vorbildliche und reibungslose Arbeitsabläufe, intensive und unproblematische Kooperation<br />

mit Ärzten usw.) womit man sich so weit von der Versorgungsrealität entfernen würde,<br />

dass der Nutzen solcher Werte doch eher fraglich wäre.<br />

Im vorliegenden Projekt wurden die Daten der NRW-Studie Pflegebedarf und Leistungsstruktur<br />

als Bezugsgröße verwendet, allerdings nicht ohne nähere Prüfung, ob hier eine<br />

Annäherung der gemessenen Zeiten an eine bedarfsgerechte Versorgung unterstellt werden<br />

kann. Diese Frage wurde bereits im Rahmen der NRW-Studie selbst thematisiert. Anhand<br />

verschiedener Kriterien wurde überprüft, inwieweit die erhobenen Leistungsstrukturen Qualitätsdefizite<br />

abbilden. Dabei wurden verschiedene Schwachstellen der Versorgung identifiziert<br />

von denen allerdings nur drei in direkter Verbindung mit dem Zeitaufwand zu sehen<br />

waren: die nächtliche Versorgung, die Unterstützung von Bewohnern mit kognitiven Beeinträchtigungen<br />

und Mobilitätseinbußen sowie die individuelle Ressourcenförderung. Hiervon<br />

abgesehen kam die Studie nach differenzierter Prüfung der Daten zu dem Schluss, dass die<br />

ermittelten Leistungszeiten in verschiedenen Bereichen zwar eher als knapp bemessen einzustufen<br />

sind, aber abgesehen von den drei oben angesprochenen Ausnahmen im Durch-<br />

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