20110804_Bewertung Personalbemessung - GKV-Spitzenverband
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2. Ausgangslage<br />
2.1 Diskussion und Entwicklung von Methoden der <strong>Personalbemessung</strong> in<br />
Deutschland<br />
Mit der Einführung der Pflegeversicherung begann eine intensive Diskussion um Kriterien<br />
und Methoden, anhand derer die notwendige Personalausstattung vollstationärer Pflegeeinrichtungen<br />
zukünftig ermittelt werden sollte. Die neuen Pflegestufen boten hierzu keine guten<br />
Voraussetzungen, denn in ihnen kommt nur ein Teil des Bedarfs des Bewohners der Bedarf<br />
an Unterstützung bei der Durchführung von Alltagsverrichtungen zum Ausdruck. Andere<br />
Aspekte des Bedarfs wie Hilfen beim Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen<br />
oder der gesamte Bereich der psychosozialen Unterstützung bleiben bei der<br />
Ermittlung einer Pflegestufe weitgehend unberücksichtigt. Diese Aspekte sind jedoch gerade<br />
bei Heimbewohnern von Bedeutung, weil diese Personengruppe noch mehr als die Gruppe<br />
der Pflegebedürftigen in der häuslichen Versorgung von komplexen Gesundheitsstörungen<br />
(Multimorbidität) und psychischen Problemlagen betroffen ist (Wingenfeld 2008). An empirischen<br />
Studien lässt sich dementsprechend ablesen, dass bei manchen Bewohnergruppen<br />
ein Missverhältnis zwischen der Pflegestufe und dem Zeitaufwand existiert, der für diese<br />
Bedarfsaspekte zu veranschlagen ist (Wingenfeld/Schnabel 2002: 101ff).<br />
Die Pflegestufen beruhen zudem auf einer Bedarfseinschätzung, die auf die von Pflegepersonen<br />
ohne Berufsausbildung benötigte Pflegezeit Bezug nimmt (§ 15 Abs. 3 SGB XI). Es ist<br />
jedoch sehr fraglich, ob diese Laienpflegezeit mit den Zeiten beruflicher Pflege vergleichbar<br />
ist. Der Gesetzgeber hat dies bei der Einführung der Pflegeversicherung explizit verneint.<br />
Anderenfalls könnten die bei der Begutachtung festgestellten Pflegezeiten unmittelbar in<br />
erforderliche Personalressourcen umgerechnet werden. Die tatsächlichen Pflegezeiten weichen<br />
jedoch in erheblichem Maße von den im SGB XI genannten Zeitmargen, nach denen<br />
die einzelnen Pflegestufen unterschieden werden, ab. In der nordrhein-westfälischen Studie<br />
Pflegebedarf und Leistungsstruktur in vollstationären Pflegeeinrichtungen wurde beispielsweise<br />
bei Bewohnern mit der Pflegestufe III für den Bereich Hilfen bei Alltagsverrichtungen<br />
ein durchschnittlicher Zeitaufwand von 87 Minuten je Bewohner und Tag ermittelt. Bei der<br />
Begutachtung nach dem SGB XI wird die Pflegestufe III jedoch erst dann zugeordnet, wenn<br />
sich der Bedarf an Laienpflegezeit mindestens auf 240 Minuten im Tagesdurchschnitt beläuft.<br />
Selbst wenn man alle anderen Leistungsbereiche (Behandlungspflege, psychosoziale<br />
Unterstützung, indirekte Leistungen) mitberücksichtigt, liegt der mittlere Zeitaufwand mit rund<br />
158 Minuten im Tagesdurchschnitt noch weit unterhalb des Schwellenwertes, den das SGB<br />
XI für die Pflege durch Personen ohne Berufsausbildung ansetzt.<br />
Allein diese beiden Eigenschaften der heutigen Pflegestufensystematik die Begrenzung auf<br />
den Bedarf an Hilfen bei Alltagsverrichtungen und der Maßstab Laienpflegezeit stellen die<br />
Verwendung der Pflegestufen für die Ermittlung des notwendigen Zeitaufwands in der voll-<br />
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