Praxisleitfaden für den Einsatz standardisierter Soll ... - d-NRW
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Kompetenzzentrum Digitale Verwaltung <strong>NRW</strong><br />
<strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
kdv<br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Einsatz</strong> <strong>standardisierter</strong> <strong>Soll</strong>-Prozesse in der<br />
Kommunalverwaltung<br />
Ein Projekt des Kompetenzzentrums Digitale Verwaltung <strong>NRW</strong>
Impressum<br />
Bochum / Seeheim, im Dezember 2010<br />
Auftraggeber: Kompetenzzentrum Digitale Verwaltung <strong>NRW</strong><br />
c / o d-<strong>NRW</strong> Besitz-GmbH & Co. KG<br />
Lise-Meitner-Allee 4<br />
44801 Bochum<br />
Autoren: Harald Schumacher, b.i.t.consult GmbH, Seeheim<br />
E-Mail: kdv@d-nrw.de<br />
<strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Einsatz</strong> <strong>standardisierter</strong> <strong>Soll</strong>-Prozesse in der<br />
Kommunalverwaltung<br />
Ein Projekt des Kompetenzzentrums Digitale Verwaltung <strong>NRW</strong><br />
Gunter Rückziegel, b.i.t.consult GmbH, Seeheim<br />
harald.schumacher@bitconsult.de<br />
gunter.rueckziegel@bitconsult.de<br />
3
4<br />
Redaktionelle Hinweise<br />
Redaktionelle Hinweise<br />
Der vorliegende <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Einsatz</strong> <strong>standardisierter</strong> <strong>Soll</strong>-Prozesse in der<br />
Kommunalverwaltung ist der vierte und letzte Teil der KDV / d-<strong>NRW</strong>-Publikationsreihe<br />
zum Modellierungsstandard FaMoS.<br />
Weitere Publikationen zur Modellierungsmethode FaMoS sind:<br />
Band 1 Standards und Regeln zur Fachmodellierung kommunaler Geschäftsprozes-<br />
se (Modellierungshandbuch FaMoS 2.0)<br />
Band 2 Erfahrungsbericht zur Anwendung des Fachmodellierungsstandards<br />
Band 3 Nutzen, Ziele, Anforderungen und Metho<strong>den</strong> der Prozessstandardisierung<br />
(White Paper zum Fachmodellierungsstandard)
Danksagung<br />
Wir bedanken uns sehr herzlich bei allen Projektbeteiligten, die mit großem persönlichen Enga-<br />
gement und viel fachlichen Input zur Entwicklung und Durchführung des Projekts beigetragen<br />
haben:<br />
Projektleitung / Projektbüro:<br />
Jürgen Platte d-<strong>NRW</strong><br />
Janine Pleus d-<strong>NRW</strong><br />
Projektmentoren:<br />
Manfred Bals Stadt Dortmund<br />
Dirk Blauhut Stadt Köln<br />
Ralf Grevinga Stadt Dortmund<br />
Expertengremium:<br />
Ulrich Cassel Kreis Lippe<br />
Carol Fuchs Stadt Köln<br />
Martin Goetzke Stadt Dortmund<br />
Michael Hokkeler KGSt<br />
Peter Klinger Sprecher des KDV<br />
Stefan Schoenfelder Stadt Münster/ Citeq<br />
Harald Schumacher b.i.t.consult<br />
Gunter Rückziegel b.i.t.consult<br />
Projektkommunen:<br />
Stadt Bochum<br />
Stadt Dortmund<br />
Stadt Duisburg<br />
Stadt Köln<br />
Stadt Lü<strong>den</strong>scheid<br />
Stadt Münster<br />
Hochsauerlandkreis<br />
Märkischer Kreis<br />
Kreis Soest<br />
5
6<br />
Urheber- und Nutzungsrechte<br />
Urheber- und Nutzungsrechte<br />
Urheber des <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong>s <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Einsatz</strong> von <strong>Soll</strong>-Prozessen in der Kommunalver-<br />
waltung ist die b.i.t.consult GmbH, Seeheim. Der d-<strong>NRW</strong> Besitz-GmbH & Co. KG, Dort-<br />
mund, handelnd <strong>für</strong> das Kompetenzzentrum Digitale Verwaltung (KDV) <strong>NRW</strong> wurde ein<br />
unwiderrufliches, ausschließliches, auf Nordrhein-Westfalen begrenztes, übertragbares<br />
Nutzungs-, Verbreitungs- und Veröffentlichungsrecht eingeräumt.<br />
Die d-<strong>NRW</strong> Besitz-GmbH & Co. KG Dortmund, handelnd <strong>für</strong> das KDV <strong>NRW</strong>, räumt ihrer-<br />
seits der Landesverwaltung, <strong>den</strong> kommunalen Gebietskörperschaften in Nordrhein-<br />
Westfalen, deren Verbün<strong>den</strong> und Ausbildungsstätten das nicht ausschließliche, nicht<br />
übertragbare, zeitlich unbegrenzte Recht ein, <strong>den</strong> <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> und die darin aufge-<br />
führten Hilfsmittel im eigenen Geschäftsbereich zu nutzen. Die Nutzung ist kostenlos.<br />
Eine Weitergabe an und eine Nutzung durch Stellen außerhalb der öffentlichen Verwal-<br />
tung ist nur mit vorheriger Genehmigung des Urhebers zulässig. Dies gilt auch <strong>für</strong> die<br />
Bearbeitung, Verbreitung, Verwertung und Veröffentlichung des <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong>s und<br />
seiner Hilfsmittel.<br />
Eine Vervielfältigung des Leitfa<strong>den</strong>s ist der Landesverwaltung <strong>NRW</strong>, <strong>den</strong> kommunalen<br />
Gebietskörperschaften in Nordrhein-Westfalen sowie deren Verbün<strong>den</strong> und Ausbil-<br />
dungsstätten zum Zwecke der Eigennutzung gestattet.
Inhaltsverzeichnis<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Danksagung 5<br />
Urheber- und Nutzungsrechte 6<br />
Vorbemerkungen 10<br />
1. Projektreihe „Standardisierung kommunaler Prozesse“ 11<br />
1.1 Projektkontext............................................................................................................. 11<br />
1.2 Projektziel.................................................................................................................... 12<br />
1.3 Projektvorgehen ......................................................................................................... 15<br />
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 17<br />
2.1 Einführung .................................................................................................................. 17<br />
2.2 Projektinitialisierung und Qualitätssicherung <strong>Soll</strong>-Modell .................................... 19<br />
2.3 <strong>Soll</strong>- / Ist-Vergleich .................................................................................................... 36<br />
2.4 Stufenkonzept Umsetzung ........................................................................................ 49<br />
2.5 Fachliche Feinkonzeption ......................................................................................... 52<br />
2.5.1 Einführung von Fachanwendungen.............................................................................. 53<br />
2.5.2 Fachkonzept Web-Frontend......................................................................................... 53<br />
2.5.3 Fachkonzept Eingangsbearbeitung.............................................................................. 65<br />
2.5.4 Fachkonzept Dokumentenmanagement ...................................................................... 71<br />
2.5.5 Fachkonzept elektronischer Workflow.......................................................................... 73<br />
2.5.6 Fachkonzept Schnittstellen .......................................................................................... 82<br />
2.5.7 Fachkonzept Ausgangsbearbeitung............................................................................. 84<br />
3. Hinweise zum Veränderungsmanagement 88<br />
3.1 Rahmenbedingungen und Grundsätze .................................................................... 88<br />
3.2 Das Phasenmodell der Veränderung........................................................................ 89<br />
3.3 Prozessorientiertes Veränderungsmanagement .................................................... 91<br />
7
8<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 1: Abgrenzung „fachliche“ und „technische“ Modellierung 14<br />
Abbildung 2: Übersicht über Teilnehmer und Prozesse 15<br />
Abbildung 3: Einordnung des Projekts in <strong>den</strong> Projektlebenszyklus 16<br />
Abbildung 4: Übersicht der Arbeitspakete und Projektrollen 18<br />
Abbildung 5: Deckblatt Projektergebnisdokumentation 19<br />
Abbildung 6: Bearbeitungshistorie und Versionskontrolle 19<br />
Abbildung 7: Checkliste Prozessoptimierung 21<br />
Abbildung 8: Fragebogen zur "Qualitätssicherung <strong>Soll</strong>-Modell" 26<br />
Abbildung 9: Vorgehen und Beteiligte zur Vorbereitung des <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleichs 28<br />
Abbildung 10: Grafische Darstellung Rollenmodell 29<br />
Abbildung 11: Tabellarische Darstellung "Rollenmodell" 29<br />
Abbildung 12: Ableitung funktionaler IT-Anforderungen aus dem Fachmodell 31<br />
Abbildung 13: Vorlage Prozessfunktionstabelle 34<br />
Abbildung 14: Skizze des E-Government IT-Frameworks 35<br />
Abbildung 15: Prinzip des organisatorischen <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleichs 37<br />
Abbildung 16: Leitfragen zum <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich Organisation 37<br />
Abbildung 17: Vorlage "Maßnahmenplan Organisation" 40<br />
Abbildung 18: Portfoliomethode zur Bewertung von Lösungsalternativen 42<br />
Abbildung 19: Schnittstellenanalyse mit der Prozesslandkarte 43<br />
Abbildung 20: Vorlage <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich Schnittstellen 44<br />
Abbildung 21: Dienste und Funktionen in der E-Government IT-Architektur 46<br />
Abbildung 22: Leitfragen zum <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich IT 47<br />
Abbildung 23: Vorlage "Maßnahmenplan Technologie" 49<br />
Abbildung 24: Alternative Stufenkonzeptionen 50<br />
Abbildung 25: Leitfa<strong>den</strong> und Entwicklungsstufen zur E-Government-Umsetzung 51<br />
Abbildung 26: Leitfragen zur Entwicklung des Stufenkonzepts 51<br />
Abbildung 27: Vorlage zur Darstellung des Stufenkonzepts 52
Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 28: Klassifizierung angebotsorientierter Online Dienste 54<br />
Abbildung 29: Ablaufmodell zur Fachkonzeption Web-Frontend 54<br />
Abbildung 30: Checkliste Fachkonzept Web-Frontend 56<br />
Abbildung 31: Notation zur Erstellung von Anwendungsfalldiagrammen 60<br />
Abbildung 32: Vorlage Anwendungsfallbeschreibung 62<br />
Abbildung 33: Muster Fachkonzept Eingangsbearbeitung 70<br />
Abbildung 34: Checkliste Anforderung und Eignung DM 72<br />
Abbildung 35: Detaillierung: von der Fachprozess- zur Workflow-Ebene 74<br />
Abbildung 36: Fachprozessmodell "Bestellung" 75<br />
Abbildung 37: Rollen- Modell und Beschreibung zum „Bestellprozess“ 77<br />
Abbildung 38: Referenzierung von Rolle und Organisation 77<br />
Abbildung 39: Dokumentenmodell „Bestellprozess“ 77<br />
Abbildung 40: Vorlage „Beschreibung Informationsobjekt“ 78<br />
Abbildung 41: Prozessfunktionstabelle „Bestellprozess“ 79<br />
Abbildung 42: Workflowdiagramm „Bestellprozess“ 81<br />
Abbildung 43: Vorlage Schnittstellenbeschreibung 83<br />
Abbildung 44: Vorlage Outputanalyse 87<br />
Abbildung 45: „Drei Phasen Modell“ der Veränderung 90<br />
Abbildung 46: Inhalte und Aufgaben im "Drei Phasen Modell" 91<br />
Abbildung 47: Planungsschema Veränderungsmanagement 93<br />
9
10<br />
Vorbemerkung<br />
Vorbemerkung<br />
Der vorliegende <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> wurde gemeinsam mit <strong>den</strong> Teilnehmerinnen und Teil-<br />
nehmern des KDV-Projektes „<strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Einsatz</strong> <strong>standardisierter</strong> <strong>Soll</strong>-<br />
Prozesse in der Kommunalverwaltung“ unter Moderation und fachlicher Begleitung der<br />
Berater der b.i.t.consult GmbH erarbeitet.<br />
Am Projekt waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Städte Bochum, Dortmund, Duis-<br />
burg, Köln, Lü<strong>den</strong>scheid und Münster sowie der Kreisverwaltungen Hochsauerlandkreis,<br />
Märkischer Kreis und des Kreises Soest beteiligt. Unterstützt wur<strong>den</strong> die Teilnehmer von<br />
einem Team von E-Government kundigen Mentoren aus <strong>den</strong> beteiligten Kommunen und<br />
einem Expertengremium, dass die Projektergebnisse bewertete und reflektierte. Die Lei-<br />
tung des Projekts oblag d-<strong>NRW</strong>.<br />
Das Projekt „<strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong>“ bildet <strong>den</strong> Abschluss der KDV-Projektreihe „Standardisie-<br />
rung kommunaler Prozesse“, die die Erarbeitung, Anwendung und Evaluation von „kon-<br />
zeptionellen“ und „handwerklichen“ Grundlagen zur Frage der Gestaltung und Optimie-<br />
rung kommunaler Prozesse unter größtmöglicher Nutzung von E-Government-<br />
Technologien beinhaltete.<br />
Eine Besonderheit, wenn nicht ein Alleinstellungsmerkmal dieses Projektes in der Land-<br />
schaft kommunaler Modernisierungsprojekte lag darin, dass erstmalig optimierte <strong>Soll</strong>-<br />
Prozesse nach dem „Einer <strong>für</strong> Alle“ Prinzip in einem interkommunalen Verbundprojekt<br />
entwickelt und praktisch umgesetzt wur<strong>den</strong>. Dies bedeutet, dass zukünftig nicht jede<br />
Kommune „das Rad neu erfin<strong>den</strong>“ muss, sondern auf bereits vorhan<strong>den</strong>e allgemeingülti-<br />
ge Referenzmodelle zurückgreifen kann, um die eigenen Prozesse und (Infra-) Strukturen<br />
zu optimieren. 1<br />
Das KDV <strong>NRW</strong> verfolgte unter anderem das Ziel, die interkommunale Zusammenarbeit<br />
in Leistungsnetzwerken zu ermöglichen und zu fördern. Die Standardisierung und ihre<br />
praktische Umsetzung bil<strong>den</strong> eine wesentliche Grundlage bei der vernetzten Erstellung<br />
kommunaler Leistungen bzw. Produkten. 2<br />
1 Die Projektergebnisse haben hier bereits eine erste „Resonanz“ erzeugt: Die Kommunale Gemeinschaftsstelle<br />
<strong>für</strong> Verwaltungsmanagement (KGSt) hat auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung mit d-<strong>NRW</strong>/KDV<br />
und b.i.t.consult beschlossen, <strong>den</strong> Fachmodellierungsstandard FaMoS als Notations- und Beschreibungsstandard<br />
in die Prozessbibliothek der KGSt einzuführen. Die im Projekt “Standardisierung kommunaler Prozesse“<br />
erarbeiteten Prozessmodelle und Metho<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> Bestandteil dieser Prozessbibliothek.<br />
2 Vgl. Modellversuch Vernetzte Verwaltung. Informationen und Bericht unter http://www.d-nrw.de/referenzen/ mo-<br />
dellversuch.
1. Projektreihe „Standardisierung kommunaler Prozesse“ 11<br />
1. Projektreihe „Standardisierung kommunaler Prozesse“<br />
1.1 Projektkontext<br />
Das Projekt „<strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong>“ bildet <strong>den</strong> Abschluss von drei Projekten zur Standardisierung<br />
kommunaler Prozesse. Ausgangspunkt war insbesondere die Überlegung, dass eine Vernet-<br />
zung kommunaler Produktionsprozesse und die Bildung kommunaler Leistungsnetzwerke nur<br />
dann erfolgreich durchgeführt wer<strong>den</strong> können, wenn zuvor fachliche und organisatorische<br />
Standards zur Aufgabenwahrnehmung und Prozessdurchführung entwickelt und interkommunal<br />
abgestimmt wur<strong>den</strong>. Dies setzt voraus, dass eine gemeinsame „Sprache“ und „Methodik“ zur<br />
Beschreibung der Geschäftsprozesse existiert, die einerseits von Fachmitarbeitern und Organi-<br />
satoren der Kommunen „verstan<strong>den</strong>“ wird und andererseits „anschlussfähig“ an Metho<strong>den</strong> zur<br />
technischen Modellierung und Automation der Geschäftsprozesse ist.<br />
Im ersten Projekt wurde deshalb zunächst eine Methode zur Beschreibung und Modellierung<br />
kommunaler Geschäftsprozesse, der Fach-Modellierungs-Standard (FaMoS), entwickelt und<br />
praktisch erprobt. Anknüpfend an aktuelle Entwicklungen im Bereich der Geschäftsprozessmo-<br />
dellierung und -optimierung 3 , war es Ziel, <strong>den</strong> Kommunen eine Methodik bereitzustellen, die<br />
geeignet ist:<br />
verwaltungsspezifische Anforderungen und Prozess-Sachverhalte ohne Investition in<br />
spezielle Modellierungswerkzeuge und geringem Einarbeitungs- und Schulungsaufwand<br />
adäquat abzubil<strong>den</strong>,<br />
im Sinne eines integrierten Modellierungsansatzes sowohl fachliche und technologische<br />
Sachverhalte als auch die organisationsübergreifende, „strategische“ Sicht mit der „ope-<br />
rativ- / fachlichen“ Perspektive zu verknüpfen und<br />
durch eine klar strukturierte Modellarchitektur mit mehreren Darstellungs- und Detaillie-<br />
rungsebenen der Prozessmodelle die Modellierungsergebnisse interkommunal ver-<br />
gleichbar zu machen und die fachliche Standardisierung kommunaler Prozesse systema-<br />
tisch zu unterstützen.<br />
Im zweiten Projekt wurde die Methodik FaMoS genutzt, um sogenannte E-Government-<strong>Soll</strong>-<br />
Modelle <strong>für</strong> mehrere kommunale Kernprozesse zu entwickeln. Diese E-Government-<strong>Soll</strong>-<br />
Modelle bil<strong>den</strong> jeweils im Hinblick auf die fachlichen Inhalte und Aufgaben einer Kommune<br />
einen standardisierten und im Hinblick auf die informationstechnologische Unterstützung der<br />
Prozessdurchführung einen optimierten <strong>Soll</strong>-Prozess ab. Die E-Government-<strong>Soll</strong>-Modelle wur-<br />
<strong>den</strong> „interkommunal“ und „interdisziplinär“ entwickelt und abgestimmt, es waren also jeweils<br />
mehrere Kommunen und Vertreter der Fachbereiche, Organisatoren und kommunale IT-<br />
Experten an der Entwicklung beteiligt.<br />
Im Ergebnis konnte zu allen im Projekt bearbeiteten Kernprozessen ein interkommunal abge-<br />
stimmtes E-Government-<strong>Soll</strong>-Modell definiert wer<strong>den</strong>. Dabei wurde zunächst ein Fachrefe-<br />
renzmodell unabhängig von der technologischen Unterstützung entwickelt und „technologie-<br />
3 Zum Beispiel an Konzepte zur Service orientierten Modellierung und Metho<strong>den</strong> zur Modellierung technischer Workflows<br />
wie BPMN.
12 1. Projektreihe „Standardisierung kommunaler Prozesse“<br />
frei“, aber im Hinblick auf seine fachliche Aufgabenstruktur und im Hinblick auf eine möglichst<br />
effektive und effiziente organisatorische Strukturierung des Ablaufs im Sinne eines „Fach-<br />
Standards“ beschrieben und dokumentiert. Dieses standardisierte Fachreferenzmodell ist<br />
grundsätzlich auf alle nordrhein-westfälischen Kommunen übertragbar.<br />
Die Fachreferenzmodelle wur<strong>den</strong> in einem zweiten Schritt aus technologischer Sicht betrach-<br />
tet und im Hinblick auf ihre „E-Government-Potenziale“ analysiert. Dabei lag der Fokus auf der<br />
Frage: „Welche informationstechnologischen Dienste und Anwendungen können <strong>den</strong> Fach-<br />
prozess unterstützen und einen Beitrag zur Optimierung der Prozessdurchführung aufseiten<br />
der Verwaltungskun<strong>den</strong> und/oder der Verwaltung selbst leisten?“ Die Potenzialanalyse orien-<br />
tierte sich dabei keineswegs an <strong>den</strong> bei <strong>den</strong> Teilnehmerkommunen bereits verfügbaren E-<br />
Government-Diensten und IT-Anwendungen, sondern am technologischen „Stand der Dinge“<br />
beim E-Government, also an <strong>den</strong> zur Zeit am Markt <strong>für</strong> kommunale IT verfügbaren und prak-<br />
tisch erprobten Konzepten und Lösungen. Im Ergebnis der Diskussion wur<strong>den</strong> die <strong>für</strong> das<br />
jeweilige Fachreferenzmodell relevanten E-Government-Dienste und Anwendungskomponen-<br />
ten i<strong>den</strong>tifiziert und in einem Strukturdiagramm dokumentiert. Abschließend wur<strong>den</strong> durch eine<br />
Projektion der <strong>Soll</strong>-E-Government-IT auf das Fachreferenzmodell mögliche Auswirkungen und<br />
Veränderungen im Fachreferenzmodell diskutiert und als E-Government-<strong>Soll</strong>-Modell doku-<br />
mentiert.<br />
Obwohl die E-Government-<strong>Soll</strong>-Prozesse in interkomunaler Zusammenarbeit gemeinsam und<br />
einvernehmlich standardisiert wur<strong>den</strong>, können sie in der Regel nicht direkt eingesetzt wer<strong>den</strong>.<br />
Sowohl der organisatorische Aufbau als auch die eingesetzten IT-Komponenten weichen in<br />
<strong>den</strong> Gebietskörperschaften von einander ab. So wer<strong>den</strong> z. B. verschie<strong>den</strong>e Fachverfahren mit<br />
unterschiedlichen Qualitäten eingesetzt oder es stehen (noch) nicht alle im E-Government-<br />
<strong>Soll</strong>-Prozess enthaltenen IT-Komponenten zur Verfügung bzw. der in Anspruch genommene<br />
kommunale IT-Dienstleister bietet diese Dienste (noch) nicht an (Portaltechnik, Signatur, Au-<br />
thentifizierung, Dokumentenmanagement, eAkte etc.). Jede Kommune muss <strong>den</strong> <strong>Soll</strong>-Prozess<br />
auf ihre spezifischen Bedingungen übertragen.<br />
1.2 Projektziel<br />
Das dritte und abschließende Projekt „<strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong>“ verfolgte deshalb das Ziel, einen „Metho-<br />
<strong>den</strong>baukasten“ zu entwickeln und zu erproben, der die Kommunen dabei unterstützt, E-<br />
Government-<strong>Soll</strong>-Modelle auf ihre Organisation zu übertragen und diese organisatorisch und<br />
technologisch in die kommunale Praxis zu überführen. Auf diesem Wege sollen Veränderungs-<br />
prozesse in nordrhein-westfalischen Kommunen angestoßen und gefördert wer<strong>den</strong>.<br />
Die Projekterfahrungen haben gezeigt, dass angestoßene Veränderungsprojekte regelmäßig<br />
nur initiiert und erfolgreich abgeschlossen wer<strong>den</strong>, wenn es gelingt, eine Verständigung zwi-<br />
schen Verwaltungsführung, Fachbereichen, Organisatoren und IT-Experten einer Kommune<br />
über Ziele und Nutzen, aber auch und insbesondere über die konkreten fachlichen, organisa-<br />
torischen und technologischen Ansatzpunkte und Maßnahmen zur Veränderung herbeizufüh-<br />
ren.<br />
Eine besondere Herausforderung liegt dabei in der Überwindung der „Sprachbarriere“ zwi-<br />
schen allen Beteiligten: „Fachseite“, „Organisation“ und „Technik“. Insbesondere „Organisato-<br />
ren“ und „IT-Experten“ sprechen nicht nur verschie<strong>den</strong>e (Fach-)Sprachen, sie verwen<strong>den</strong> zur
1. Projektreihe „Standardisierung kommunaler Prozesse“ 13<br />
Analyse und Darstellung gleicher Sachverhalte häufig auch gänzlich andere Metho<strong>den</strong> und<br />
Detaillierungstiefen 4 . Dies äußert sich in der Praxis z.B. darin, dass die Informationsbedürfnisse<br />
und Anforderungen der IT-Seite vonseiten der Organisatoren und Prozessexperten entweder<br />
nicht oder nur unzureichend erfüllt wer<strong>den</strong>. Umgekehrt fällt es der IT-Seite nicht selten schwer,<br />
Anforderungen und Vorstellungen der Fachseite und / oder Organisatoren zu verstehen und<br />
<strong>den</strong> Informationsbedarf in einer der Fachseite verständlichen Sprache zu artikulieren. Im Er-<br />
gebnis können Verständigungsschwierigkeiten zwischen <strong>den</strong> Beteiligten dazu führen, dass<br />
Fachseite und Organisation Prozesse ohne Berücksichtigung der informationstechnologi-<br />
schen Möglichkeiten optimieren,<br />
bestehende IT-Optimierungsmöglichkeiten nicht genutzt und Potenziale verschenkt wer-<br />
<strong>den</strong>,<br />
durch Reorganisation des Arbeitsablaufs mehr Aufwand bei der technischen Umsetzung<br />
entsteht als organisatorisch eingespart wer<strong>den</strong> kann,<br />
vonseiten der „Organisation“ mit großem Engagement und Aufwand erstellte <strong>Soll</strong>-<br />
Prozesse und Anforderungskonzepte von der „IT“ verworfen und im ungünstigsten Fall<br />
neu erstellt wer<strong>den</strong> und / oder<br />
die eingeführte IT-Lösung die fachlichen Anforderungen nur unzureichend erfüllt. In der<br />
Folge ergibt sich ein mehr oder weniger langer Zyklus von Nachbesserungen.<br />
Die folgende Abbildung stellt <strong>den</strong> Zusammenhang und <strong>den</strong> Übergang von der fachlichen zur<br />
technischen Modellierung von Prozessen und IT-Systemen schematisch dar.<br />
4 Zur Vertiefung der Darstellung wird auf die Kapitel 2.1.4 bis 6 im „Modellierungshandbuch FaMoS 2.0“ verwiesen;<br />
verfügbar als Download unter www.d-nrw.de/projekte/kdv/standardisierung-kommunaler-prozesse und<br />
http://bitconsult.de/publikationen/cat_view/2-publikationen.html.
14 1. Projektreihe „Standardisierung kommunaler Prozesse“<br />
Fachliche<br />
Modellierung<br />
Informationstechnische<br />
Modellierung<br />
Abbildung 1: Abgrenzung „fachliche“ und „technische“ Modellierung 5<br />
In der Praxis besteht eine methodische Lücke bei der Überführung des Fachprozessmodells in<br />
das IT-Ausführungsmodell. Diese methodische Lücke führt dazu, dass die <strong>für</strong> die IT-<br />
Umsetzung fachlicher Anforderungen erforderlichen Informationen bei der „Übergabe“ von<br />
Projekten von Organisation und Fachseiten an die IT oft nur unvollständig vorliegen und zu<br />
<strong>den</strong> oben beschriebenen Auswirkungen führen.<br />
Der vorliegende <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> möchte dazu beitragen diese Lücke ein Stück weit zu schlie-<br />
ßen, indem er einfache Vorgehensweisen, Checklisten und Vorlagen zur Dokumentation IT-<br />
umsetzungsrelevanter Informationen anbietet. Diese können von der „Fachseite“ in ihrer eige-<br />
nen Sprache und ohne vertiefte Kenntnis der aufseiten der Technik verwendeten Metho<strong>den</strong><br />
gehandhabt und <strong>den</strong>noch von der IT verstan<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>. Alle Hilfsmittel wur<strong>den</strong> von <strong>den</strong> Pro-<br />
jektteilnehmern auf ihre Praxistauglichkeit hin überprüft, idem sie angewendet, verbessert und<br />
qualitätsgesichert wur<strong>den</strong>.<br />
In diesem Sinne dient der <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> dazu „<strong>Soll</strong>-Modelle“ systematisch zu einführungs-<br />
tauglichen „Realisierungsmodellen“ zu verfeinern.<br />
Der vorliegende <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> versteht sich als „Handreichung“ <strong>für</strong> Führungskräfte und Pro-<br />
zessverantwortliche der Fachbereiche sowie Organisatoren, Projekt- und Veränderungsmana-<br />
ger in Kommunen, die helfen soll, die Kommunikation und <strong>den</strong> Informationsaustausch zwi-<br />
schen <strong>den</strong> beteiligten Akteuren möglichst ziel- und ergebnisorientiert zu gestalten sowie Rei-<br />
bungsverluste und Redundanzen in der fachlichen und technischen Analyse und Konzeption<br />
zu reduzieren.<br />
Umfang der<br />
Fachmodellierung<br />
Fach-<br />
Fach-<br />
Prozess-<br />
Prozess-<br />
Architektur<br />
Architektur<br />
Fachprozessmodell<br />
Fachprozessmodell<br />
(„Ablaufmodell“)<br />
(„Ablaufmodell“)<br />
Fachliches<br />
Fachliches<br />
Service<br />
Service<br />
Modell<br />
Modell<br />
(Fach-SOA)<br />
(Fach-SOA)<br />
Fachliche<br />
Fachliche<br />
IT-Anforderungen<br />
IT-Anforderungen<br />
Informationstechnisches<br />
Informationstechnisches<br />
Service-Modell<br />
Service-Modell<br />
(IT-SOA)<br />
(IT-SOA)<br />
IT-Prozess-Ausführungsmodell<br />
IT-Prozess-Ausführungsmodell<br />
IT-Anwendungsmodell,<br />
IT-Anwendungsmodell,<br />
IT-Servicedefinitionen,<br />
IT-Servicedefinitionen,<br />
Programmcode<br />
Programmcode<br />
Modellumfang und Detaillierung<br />
Fokus Fachmodellierung:<br />
• Fachliche Modellierung von Prozessen<br />
• Anschlussfähigkeit an die technische<br />
Modellierung und Prozessautomation<br />
• Definition fachlicher IT-Anforderungen<br />
• Ableitung der Fach-Service<br />
Architektur aus <strong>den</strong> Geschäftsprozessen<br />
• Berücksichtigung verwaltungsspezifischer<br />
Anforderungen und Inhalte<br />
Fokus <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
5 Zur Vertiefung der Darstellung wird auf die Kapitel 2.1.4 bis 6 im „Modellierungshandbuch FaMoS 2.0“ verwiesen;<br />
verfügbar als Download unter www.d-nrw.de/projekte/kdv/standardisierung-kommunaler-prozesse und<br />
http://bitconsult.de/publikationen/cat_view/2-publikationen.html.
1. Projektreihe „Standardisierung kommunaler Prozesse“ 15<br />
1.3 Projektvorgehen<br />
Alle Projektkommunen waren bereits Teilnehmer des zweiten Projektes, in dem 19 kommunale<br />
E-Government-<strong>Soll</strong>-Modelle erarbeitet wur<strong>den</strong>. Für 6 dieser 19 Prozesse wur<strong>den</strong> im Projekt<br />
„<strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong>“ entsprechende Umsetzungsstrategien entwickelt (siehe Abbildung 2).<br />
teilnehmende Kommune bearbeiteter Kernprozess<br />
Hochsauerlandkreis Apothekenaufsicht<br />
Stadt Bochum<br />
Stadt Dortmund<br />
Stadt Köln<br />
Kreis Soest<br />
Elternbeiträge KiTa<br />
Märkischer Kreis Hilfe zur Pflege<br />
Stadt Münster Schülerfahrkosten<br />
Stadt Lü<strong>den</strong>scheid Vollstreckung<br />
Stadt Duisburg Wohngeld<br />
Abbildung 2: Übersicht über Teilnehmer und Prozesse<br />
Die besondere Ausgangslage bestand daher darin, dass aus der Sicht der teilnehmen<strong>den</strong><br />
Kommunen zu Projektbeginn <strong>für</strong> die jeweiligen Fachprozesse bereits ein mehr oder weniger tief<br />
ausgearbeitetes E-Government-<strong>Soll</strong>-Modell vorlag, welches nicht innerhalb der eigenen Orga-<br />
nisation entstan<strong>den</strong> war und zunächst einmal mit <strong>den</strong> beteiligten Fachbereichen der Projekt-<br />
kommunen diskutiert und „geistig“ und „fachlich“ angenommen wer<strong>den</strong> musste. Weiterhin be-<br />
stan<strong>den</strong> (und bestehen) innerhalb der Projektkommunen jeweils völlig unterschiedliche finan-<br />
zielle und kulturelle Rahmenbedingungen sowie unterschiedliche personelle, organisatorische,<br />
technologische und methodische Voraussetzungen <strong>für</strong> die Durchführung und Umsetzung von<br />
Veränderungsprojekten im Bereich der „Prozessoptimierung durch E-Government“. Der Praxis-<br />
leitfa<strong>den</strong> verzichtet daher vollständig auf <strong>den</strong> <strong>Einsatz</strong> spezieller Modellierungswerkzeuge oder<br />
Metho<strong>den</strong>. Die vorgestellten „Werkzeuge und Metho<strong>den</strong>“ können also „mit Bordmitteln“ in jeder<br />
Kommune angewendet wer<strong>den</strong>. Die bereits angesprochene „besondere Ausgangslage“, ein E-<br />
Government <strong>Soll</strong>-Modell, welches nicht unter Beteiligung der eigenen Mitarbeiter und Organisa-<br />
tion entwickelt wurde, liegt bereits vor, machte eine Modifikation herkömmlicher Vorgehensmo-<br />
delle in GPO 6 -Projekten notwendig.<br />
Zudem wer<strong>den</strong> Referenzprozesse wie standardisierte und good- oder best-practice Prozesse in<br />
zunehmendem Maße über Prozessbibliotheken zur Verfügung gestellt.<br />
Die modifizierte Projektstruktur und ihre Einordnung in <strong>den</strong> Lebenszyklus von GPO-Projekten<br />
wer<strong>den</strong> in der Abbildung 3 dargestellt.<br />
6 GPO = Geschäftsprozessoptimierung
16 1. Projektreihe „Standardisierung kommunaler Prozesse“<br />
Abbildung 3: Einordnung des Projekts in <strong>den</strong> Projektlebenszyklus
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 17<br />
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
2.1 Einführung<br />
Die Einführung eines E-Government-<strong>Soll</strong>-Modells in die tägliche Verwaltungspraxis vollzieht<br />
sich in <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong> vier Schritten:<br />
Projektinitialisierung und Qualitätssicherung <strong>Soll</strong>-Modell (Kapitel 2.2)<br />
Um das bereits vorliegende fachliche <strong>Soll</strong>-Modell in der eigenen Organisation bekannt und<br />
„hoffähig“ zu machen erfolgt „vor Ort“ eine Qualitätssicherung des <strong>Soll</strong>-Modells unter Einbezie-<br />
hung von Fachbereich, Organisation und IT-Experten. Ziel und Ergebnis dieser Projektphase<br />
ist, dass alle Teilnehmer das Modell und seine Zielrichtung verstan<strong>den</strong> haben.<br />
<strong>Soll</strong>-/Ist-Vergleich (Kapitel 2.3)<br />
Durch einen <strong>Soll</strong>-/Ist-Vergleich erfolgt im nächsten Schritt eine I<strong>den</strong>tifizierung der Handlungs-<br />
bedarfe in <strong>den</strong> Bereichen Organisation und technologische Infrastruktur der Kommune. Zielset-<br />
zung dabei ist es, alle Handlungsbedarfe zu i<strong>den</strong>tifizieren und zu priorisieren und daraus be-<br />
reits erste Maßnahmen im Bereich des Veränderungsmanagement abzuleiten (Beteiligungen,<br />
Information und Kommunikation).<br />
Stufenkonzept Umsetzung (Kapitel 2.4)<br />
Sind die Handlungsbedarfe intern kommuniziert und ihre Priorisierung(-en) abgestimmt, wer<strong>den</strong><br />
die Handlungsbedarfe in ein Grobkonzept zur Umsetzung des <strong>Soll</strong>-Modells transformiert. Die-<br />
ses Grobkonzept zeigt auf, in welchen Umsetzungsstufen und in welchem Zeithorizont der<br />
<strong>Soll</strong>zustand erreicht wer<strong>den</strong> soll. Ziel und Ergebnis dabei ist die Ableitung eines Projektumset-<br />
zungskonzepts (Stufenkonzept), welche die örtlichen Rahmenbedingungen und Umsetzungs-<br />
voraussetzungen vollständig berücksichtigt und zugleich einen Entwicklungspfad aufzeigt, der<br />
auf jeder Umsetzungsstufe bereits eine voll praxistaugliche Teillösung bereitstellt und einen<br />
wahrnehmbaren und messbaren Prozessnutzen erzeugt.<br />
Fachliche Feinkonzeption (Kapitel 2.5)<br />
Für die erste Umsetzungsstufe wird nun mit <strong>den</strong> im <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> bereitgestellten Hilfsmitteln<br />
ein fachliches Feinkonzept erarbeitet. Das fachliche Feinkonzept spezifiziert die Anforderungen<br />
an die gewünschte IT-Unterstützung aus fachlicher Sicht und liefert der IT bereits wertvolle<br />
Detailinformationen, die eine Abschätzung von Machbarkeit, Aufwand und zusätzlichen (IT-<br />
spezifischen) Spezifikationsbedarfen ermöglicht.<br />
Der Aufbau des <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong>s orientiert sich an dem in der folgen<strong>den</strong> Abbildung dargestellten<br />
Vorgehensmodell. Das Vorgehensmodell verfeinert die bereits im vorigen Abschnitt dargestell-<br />
ten Projektphasen nach Arbeitspaketen und zeigt exemplarisch auf, welche Rollen jeweils an
18 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
der Bearbeitung der Projektaufgaben und Arbeitspakete beteiligt sind. Die Federführung bzw.<br />
Projektleitungsfunktion liegt in jeder Phase bei der Rolle „Organisator“.<br />
Personal-<br />
Betreuer<br />
Organisator<br />
Fach-<br />
Führungskraft<br />
IT-System<br />
-architekt<br />
Organisator<br />
Fachexperte<br />
Fach-Anw.-<br />
Betreuer<br />
Fach-<br />
Führungskraft Fach-Aw.-<br />
Betreuer<br />
Fachexperte<br />
IT-System<br />
-architekt<br />
Organisator Fachexperte<br />
IT-System<br />
-architekt<br />
Abbildung 4: Übersicht der Arbeitspakete und Projektrollen<br />
Die im Folgen<strong>den</strong> dargestellten Hilfsmittel und Vorlagen sind so angelegt und gestaltet, dass<br />
sie auch unabhängig von dem in <strong>den</strong> Abbildungen 3 und 4 dargestellten Vorgehensmodellen<br />
in GPO-Projekten der Kommune einsetzbar sind. Je nach der konkreten Projektaufgabenstel-<br />
lung können und sollen die Vorlagen selektiv genutzt wer<strong>den</strong>. Sie erheben andererseits auch<br />
keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern repräsentieren die Erfahrungen des oben be-<br />
schriebenen interkommunalen Veränderungsprojekts. Die Auswahl der im <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> be-<br />
handelten Themen und Fragestellungen orientierte sich also an <strong>den</strong> Fragestellungen und Prio-<br />
ritäten der projektbeteiligten Kommunen.<br />
Erstellung<br />
Rollenmodell<br />
<strong>Soll</strong><br />
<strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich<br />
Organisation<br />
Grobkonzept<br />
organisatorische<br />
Maßnahmen<br />
Prozesspotenzialcheck<br />
Qualitätssicherung<br />
<strong>Soll</strong>-Modell<br />
Erstellung<br />
IT-Funktions-<br />
Modell <strong>Soll</strong><br />
<strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich<br />
Fach-<br />
Anwendungen<br />
Stufenkonzept Einführung <strong>Soll</strong>- Prozess und IT<br />
Alle dargestellten Checklisten, Erhebungsbögen usw. fin<strong>den</strong> Sie auch im Internetangebot von<br />
d-<strong>NRW</strong> unter der Adresse http://www.d-nrw.de/referenzen/kdv/standardisierung-kommunaler-<br />
prozesse als Dokumentvorlagen zur unmittelbaren Verwendung.<br />
Grobkonzept<br />
technologische<br />
Maßnahmen<br />
Erstellung<br />
IT-AW-Architektur<br />
<strong>Soll</strong><br />
<strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich<br />
E-Gov.<br />
Basiskomponenten<br />
Analyse und Darstellung fachlicher Anforderungen zur IT-Umsetzung<br />
der Umsetzungsstufe (-n)<br />
A<br />
QS <strong>Soll</strong>-<br />
Modell<br />
B<br />
<strong>Soll</strong>-/Ist-<br />
Vergleich<br />
C<br />
Stufen-<br />
Konzept<br />
D<br />
Fein-<br />
Konzept
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 19<br />
2.2 Projektinitialisierung und Qualitätssicherung <strong>Soll</strong>-Modell<br />
Die Projektphase „Qualitätssicherung <strong>Soll</strong>-Modell“ besteht aus vier Arbeitspaketen:<br />
A. A. Der Abstimmung einer auf die jeweiligen Projektziele und -inhalte ausgerichteten<br />
Projektdokumentation und der im Projekt zu verwen<strong>den</strong><strong>den</strong> Dokumentenvorlagen<br />
B. Dem Prozesspotenzialcheck, in dem der von der Kommune ausgewählte Ge-<br />
schäftsprozess im Hinblick auf mögliche Schwachstellen und Optimierungspotenzi-<br />
ale bewertet wird<br />
C. Der Qualitätssicherung des <strong>Soll</strong>-Modells, welches aus einer Prozessbibliothek oder<br />
sonstigen Quellen als „Blaupause“ <strong>für</strong> die Optimierung des ausgewählten Ge-<br />
schäftsprozesses dienen soll.<br />
D. D. Der Vorbereitung des <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleichs, bei der Modellinhalte aus dem <strong>Soll</strong>-Modell<br />
extrahiert und in eine <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich geeignete Darstellung transformiert<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
A. Projektdokumentation<br />
Im Rahmen der Projektinitialisierung wer<strong>den</strong> Projektziele, Umfang und Inhalte sowie Vorgehen<br />
und Arbeitspakete und der Projektterminplan mit allen Teilnehmern besprochen und die Struk-<br />
turierung der Projektdokumentation sowie die zu verwen<strong>den</strong><strong>den</strong> Dokumentenvorlagen verbind-<br />
lich abgestimmt. Die folgen<strong>den</strong> Abbildungen 5 und 6 zeigen beispielhaft, welche Informationen<br />
auf dem Deckblatt der Projektergebnisdokumentation und in der Bearbeitungshistorie zu <strong>den</strong><br />
jeweiligen Ergebnisdokumenten mindestens enthalten sein sollten.<br />
Prozessname:<br />
Prozesseigentümer/Fachbereich<br />
Mitgewirkt haben / Bearbeiter:<br />
Projektmoderator:<br />
Kontakt <strong>für</strong> Rückfragen:<br />
Inhaltsverzeichnis / Anlagen<br />
Dokument / Name:<br />
Abbildung 5: Deckblatt Projektergebnisdokumentation<br />
Version Nr Inhalt / Bearbeitungsvermerk Bearbeiter Status Datum<br />
Abbildung 6: Bearbeitungshistorie und Versionskontrolle
20 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Wird die Projektdokumentation als Ergebnisdokumentatio verwendet, sollte sie auch Ergeb-<br />
nisse, Empfehlungen zur Umsetzung sowie zum weiteren Planungs- und Entscheidungsbedarf<br />
und eine Zusammenfassung wesentlicher Punkte enthalten.<br />
B. Checkliste Prozessoptimierung<br />
Die folgende „Checkliste“ (Abbildung 7, Seiten 21-25) enthält eine Reihe von Fragen zu mögli-<br />
chen Schwachstellen bzw. Optimierungsansätzen in kommunalen Leistungs- und Stützpro-<br />
zessen. Die Checkliste kann als Interviewleitfa<strong>den</strong> verwendet wer<strong>den</strong>, um im Vorfeld einer<br />
detaillierten und modellbasierten Prozessanalyse erste Anhaltspunkte zu <strong>den</strong> in einem „Ist-<br />
Prozess“ versteckten Schwachstellen und Optimierungsansätzen zu erhalten. Im weiteren<br />
Verlauf der Prozesspotenzialanalyse dient die Checkliste zur Dokumentation von Projekter-<br />
gebnissen und als „Ideenspeicher“ <strong>für</strong> vertiefende Fragestellungen und Verbesserungsvor-<br />
schläge. Die Checkliste ist in mehrere Abschnitte gegliedert, die sich jeweils auf die in jedem<br />
Prozessablauf enthaltenen Teilprozesse beziehen. Diese Abschnitte lauten:<br />
a. „Kun<strong>den</strong>- und Partnerprozesse“<br />
b. „Eingangsbearbeitung“<br />
c. „Vorgangsbearbeitung“<br />
d. „Ausgangsbearbeitung“<br />
Bearbeitungshinweise:<br />
Zunächst sollten Sie im Tabellenkopf <strong>den</strong> Prozessnamen sowie die <strong>den</strong> Prozess auslö-<br />
sen<strong>den</strong> „Startereignisse“ und die <strong>den</strong> Prozess been<strong>den</strong><strong>den</strong> „Endereignisse“ eintragen,<br />
um <strong>den</strong> Untersuchungsgegenstand einzugrenzen.<br />
Die Checkliste enthält mehrere Spalten zur Dokumentation der Interviewergebnisse:<br />
Notieren Sie in der Spalte „J/N“, ob ein bestimmter Sachverhalt zutrifft, bzw. ob er <strong>für</strong> die<br />
weitere Untersuchung relevant ist.<br />
Tragen Sie ggfs. In der Spalte „Wert“ quantifizierbare Größen und Angaben zu <strong>den</strong> Pro-<br />
zesssachverhalten ein, zum Beispiel: „Ist-Werte“ oder „Schätzwerte“.<br />
Priorisieren Sie <strong>den</strong> Sachverhalt in der Spalte „Prio“ nach dem bewährten A-B-C-<br />
Schema.<br />
Erläutern Sie ggfs. <strong>den</strong> Sachverhalt in der Spalte „Ursachen / Wirkungen / Bemerkun-<br />
gen“.<br />
Halten Sie ggfs. erste Ideen und Verbesserungsvorschläge in der Spalte „Empfehlun-<br />
gen“ fest.<br />
Checkliste: siehe Abbildung 7, folgende Seiten 21 bis 25
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 21<br />
Checkliste Prozessoptimierung<br />
© d-<strong>NRW</strong> / b.i.t.consult, 2010<br />
Prozess Name: Prozess Start: Prozess Ende:<br />
Klasse/Nr.<br />
Mögliche Schwachstellen J/N Wert Prio Ursachen / Wirkungen / Bemerkungen Empfehlung<br />
A Kun<strong>den</strong>- und Partnerprozesse<br />
A 1 allgemeine Fragen zu Kun<strong>den</strong> und Partnerprozessen<br />
1 Wie hoch ist der Anteil der Anträge, die in bearbeitungsfähigem Zustand eingehen?<br />
7 Welche elektronischen Informationsangebote bestehen?<br />
8 Welche schriftlichen Informationsangebote bestehen?<br />
9 Welche telefonischen Informationsangebote bestehen?<br />
10 Welche persönlichen Informationsangebote bestehen?<br />
Sind alle Informationen, Formulare und Unterlagen "in der Sprache der Kun<strong>den</strong>"<br />
13<br />
verfasst?<br />
Qualität des Online Service Angebots<br />
A 2<br />
Sind Download-Formulare "interaktiv" und "fallspezifisch bzw. kontextsensitiv"<br />
aufgebaut und gestaltet?<br />
11<br />
Können Daten aus elektronischen Formularen oder Bearbeitungsmasken in<br />
Fachanwendungen importiert und genutzt wer<strong>den</strong>?<br />
Abbildung 7: Checkliste Prozessoptimierung (1 / 5)<br />
18<br />
35 Können Verwaltungsgebühren Online bezahlt wer<strong>den</strong>?<br />
Qualität des Bürger Service Angebots (Bürgeramt)<br />
5 Wann und wie oft ergeben sich Wartezeiten <strong>für</strong> die Kun<strong>den</strong>?<br />
6 Wann und wie oft ergeben sich Leerzeiten <strong>für</strong> die Mitarbeiter?<br />
A 4<br />
Wer<strong>den</strong> alle bürgerorientierten Dienstleistungen der Verwaltung auch im BürgerService<br />
angeboten?<br />
8<br />
Wie hoch ist der Anteil der Bürgeranliegen, die im Erstkontakt abschließend erledigt<br />
wer<strong>den</strong> können?<br />
13<br />
Kommt es häufig zu Rückfragen und Klärungen zwischen "Front-Office" und "Back-<br />
Office" Mitarbeitern?<br />
15<br />
Haben die Servicemitarbeiter ausreichen<strong>den</strong> Zugriff auf relevante Fachanwendungen<br />
der Verwaltung?<br />
17<br />
Wer<strong>den</strong> Eingangsdokumente, die im BürgerService angenommen wer<strong>den</strong> digitalisiert<br />
oder mit der Post ins Backoffice weitergeleitet?<br />
19<br />
Können Zahlungsvorgänge direkt beim Servicemitarbeiter/Kun<strong>den</strong>berater angenommen<br />
und abschließend, d.h. ohne Nachbearbeitungsaufwand in Kasse oder FiBu bearbeitet<br />
wer<strong>den</strong>?<br />
20<br />
B Eingangsbearbeitung
22 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Poststelle<br />
B 1<br />
1 Über wieviele Stationen erreicht die Eingangspost <strong>den</strong> zuständigen Bearbeiter?<br />
3 Wie hoch ist der Anteil der geschlossen zugestellten Posteingangsdokumente?<br />
Wie hoch ist der Anteil interner Absender bzw. Empfänger am Postaufkommen in der<br />
Poststelle?<br />
8<br />
10 Wie hoch ist der Anteil der im ersten Durchlauf falsch zugeordneten Posteingänge?<br />
Digitalisierung und Scan-Verfahren (frühes Scannen)<br />
B 2<br />
2 Wer<strong>den</strong> eingehende Dokumente / Posteingänge an zentraler Stelle digitalisiert?<br />
Sind das Scan-Verfahren und nachgelagerte Vorgangsbearbeitungssysteme<br />
ausreichend integriert, wer<strong>den</strong> die Dokumente in <strong>den</strong> Arbeitskorb des Bearbeiters<br />
übergeben?<br />
9<br />
Multikanalmanagement, Integrierte Kommunikationskanäle<br />
B 3<br />
Sind alle <strong>für</strong> <strong>den</strong> Prozess offenen Eingangskanäle, etwa: Fax, E-Mail/DE-Mail/E-<br />
Postbrief, Online Service und Telefon mit dem Vorgangsbearbeitungssytem / der<br />
Fachanwendung integriert und können deshalb in einer Anwendung ohne Medienbruch<br />
bearbeitet wer<strong>den</strong>?<br />
1<br />
C Vorgangsbearbeitung<br />
C 1 Ablauforganisation, Prozessgestaltung<br />
Abbildung 7: Checkliste Prozessoptimierung (2 / 5)<br />
a Kostentreiber<br />
1 Ist der Arbeitsablauf <strong>für</strong> alle Bearbeiter einheitlich geregelt, dokumentiert und bekannt?<br />
2 Arbeiten alle Bearbeiter nach diesem Ablauf?<br />
3 Welche Teilprozesse oder Prozessaktivitäten sind besonders kostenintensiv?<br />
Gibt es Aktivitäten im Prozessablauf, die überflüssig sind und entfallen können, ohne<br />
dass das gewünschte Prozessergebnis dadurch negativ beeinflusst wird?<br />
6<br />
b Zeitfresser<br />
Welche Teilprozesse oder Prozessaktivitäten "fressen" besonders viel<br />
Bearbeitungszeit?<br />
9<br />
12 Welche Teilprozesse oder Prozessaktivitäten benötigen besonders hohe Rüstzeiten?<br />
Welche Teilprozesse oder Prozessaktivitäten sind mit Liege- oder Wartezeiten<br />
verbun<strong>den</strong>?<br />
14<br />
16 Wo enstehen im Prozessablauf Transportzeiten?
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 23<br />
18 Welche Störungen führen zu Unterbrechungen im Bearbeitungsablauf?<br />
Welche Teilprozesse, Prozessaktivitäten oder Tätigkeiten können zukünftig parallel<br />
statt sequenziell durchgeführt wer<strong>den</strong>?<br />
20<br />
c Qualitätstreiber<br />
Welche Zuarbeiten, Vorarbeiten oder vorlaufende Aktivitäten verursachen besonders<br />
häufig Rückfragen oder Rückverweisungen (="Fehler")?<br />
23<br />
27 Welche Kosten entstehen durch die Fehler- Bearbeitung und Behebung?<br />
In welchem Verhältnis stehen die Kosten der Fehler- und Risikominimierung zu <strong>den</strong><br />
Kosten der Fehlerbearbeitung?<br />
30<br />
Existieren bereits Qualität sichernde Tätigkeiten oder Kontrolltätigkeiten, die aber nie<br />
Fehler i<strong>den</strong>tifizieren und deshalb grundsätzlich entfallen können?<br />
31<br />
Welche (manuellen) Qualitätssicherungsmaßnahmen und Kontrollen können<br />
automatisiert wer<strong>den</strong>?<br />
32<br />
Welche Fremdkontrollen wer<strong>den</strong> können entfallen, weil sie bereits an anderer Stelle<br />
durchgeführt wur<strong>den</strong>? ("Sechs- und mehr-Augen-Prinzip" notwendig…?)<br />
34<br />
Aufbauorganisation<br />
C 2<br />
a Strukturierung<br />
Sind Zuständigkeiten und Prozessrollen (Aufgaben, Rechte, Pflichten) klar und<br />
überschneidungsfrei geregelt?<br />
35<br />
Wur<strong>den</strong> bei der Definition der Prozessrollen die Unterschiede zwischen kun<strong>den</strong>nahen<br />
Front-Office Tätigkeiten, sachbearbeiten<strong>den</strong> Back-Office Tätigkeiten sowie<br />
unterstützen<strong>den</strong> Aufgaben und Führungsaufgaben angemessen berücksichtigt?<br />
Abbildung 7: Checkliste Prozessoptimierung (3 / 5)<br />
36<br />
Ist die im Rollenkonzept festgelegte Arbeitsteilung im Hinblick auf die Erreichung der<br />
operativen Ziele effektiv (zielführend) und effizient (wirtschaftlich).<br />
38<br />
Kann die Bearbeitung durch eine Bündelung von Vor- und Zuarbeiten an anderer Stelle<br />
entlastet, beschleunigt oder kostengünstiger gestaltet wer<strong>den</strong>?<br />
39<br />
40 Welche Vor- und Zuarbeiten können automatisiert wer<strong>den</strong>?<br />
Kommt es im Bearbeitungsablauf zu (häufigen) Bearbeiterwechseln innerhalb des<br />
Fachbereichs oder zwischen verschie<strong>den</strong>en Fachbereichen?<br />
41<br />
45 Wer<strong>den</strong> Abstimmungen aufgrund räumlicher oder örtlicher Trennung erschwert?<br />
b Standardisierung<br />
46 Wie komplex und variantenreich ist der Prozessablauf?<br />
47 Wie viele Akteure und Rollen sind am Prozessablauf beteiligt?<br />
Kann der Prozessablauf durch eine Organisationsverfügung, zum Beispiel durch die<br />
Vorgabe eines <strong>Soll</strong>-Prozessablaufs, standardisiert wer<strong>den</strong>?<br />
49<br />
Können Verfahrensregelungen oder Satzungen der Kommune, die aufwändige<br />
Arbeitsabläufe erzwingen vereinfacht wer<strong>den</strong>?<br />
52
24 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
c Stellenbemessung<br />
Sind die Mitarbeiter gleichmässig ausgelastet, oder kommt es in bestimmten<br />
Aufgabenbereichen immer wieder zu Personalengpässen bzw. Arbeitsrückstän<strong>den</strong>?<br />
53<br />
55 Existieren Aufgaben oder Tätigkeiten, <strong>für</strong> die sich niemand verantwortlich fühlt?<br />
Existieren Aufgaben oder Tätigkeiten, die durchgeführt wer<strong>den</strong>, obwohl sie nicht<br />
Bestandteil einer Stellenbeschreibung bzw. Prozessrolle sind?<br />
56<br />
Prozessnahe IT-Unterstützung<br />
C 3<br />
a Automationspotenziale<br />
64 Welche manuellen Aktivitäten oder Tätigkeiten können automatisiert wer<strong>den</strong>?<br />
Haben alle Bearbeiter elektronischen Zugriff auf alle <strong>für</strong> die Aufgabenwahrnehmung<br />
66 und Prozessdurchführung erforderlichen Informationen, Dokumente, Formulare und<br />
Textvorlagen?<br />
Können papiergestützte Vorgangsakten oder hybride Akten durch elektronische Akten<br />
ersetzt wer<strong>den</strong>?<br />
68<br />
b IT-Anwendungen<br />
Stellt die Anwendung alle <strong>für</strong> die fachliche Bearbeitung der Fälle erforderlichen<br />
Funktionen (z.B.: Berechnungen zu Sonderfällen) zur Verfügung, sodass keine<br />
"Nebenrechnungen" oder "Bearbeitungen" ausserhalb der Anwendung erforderlich<br />
sind?<br />
69<br />
Wer<strong>den</strong> bestimmte Daten redundant, d.h. an verschie<strong>den</strong>en Orten oder in<br />
unterschiedlichen Anwendungen, erfasst, gespeichert und/oder gepflegt?<br />
Abbildung 7: Checkliste Prozessoptimierung (4 / 5)<br />
70<br />
Welche "sonstigen", möglicherweise selbst entwickelten IT-Anwendungen und<br />
Hilfsmittel wer<strong>den</strong> von <strong>den</strong> Sachbearbeitern genutzt?<br />
71<br />
Sind alle benötigten Anwendungen "auf dem Desktop" des Bearbeiters integriert, oder<br />
muss dieser ständig zwischen mehreren Anwendungen hin und her wechseln?<br />
73<br />
Können die Eingangs- und Ausgangs- Dokumente, Ergebnisdokumente und Vermerke<br />
elektronisch gespeichert wer<strong>den</strong>?<br />
77<br />
Unterstützt die Anwendung das Management der Abläufe, oder findet das<br />
Workflowmanagement "im Kopf" des Sachbearbeiters statt?<br />
79<br />
Unterstützt die Anwendung die elektronische Aktenführung und die revisionssichere<br />
Dokumentation der Bearbeitungshistorie?<br />
80<br />
87 Wird der neueste Releasestand der Anwendung genutzt?<br />
Sind alle verfügbaren Funktionsmodule der Anwendung implementiert, auf dem<br />
aktuellen Stand und wer<strong>den</strong> sie auch tatsächlich genutzt?<br />
88<br />
Sind alle Mitarbeiter ausreichend in der professionellen Nutzung der Anwendung<br />
geschult und geübt?<br />
90<br />
c IT-Schnittstellen
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 25<br />
Wo existieren Medienbrüche im Prozessablauf, die zum Beispiel ein "Ausdrucken" oder<br />
"Erfassen" von Informationen oder Daten erforderlich machen?<br />
91<br />
Sind alle Eingangs- und Ausgangs- Medien (Online Portal, mail, fax, Post) die der<br />
Geschäftsprozess nutzt mit dem die Vorgangsbearbeitung "führen<strong>den</strong>" System<br />
integriert?<br />
92<br />
Können Daten, die bereits in internen oder externen It-Anwendungen der öffentlichen<br />
Verwaltung gespeichert sind, automatisiert abgefragt und ohne Medienbruch<br />
weiterverarbeitet wer<strong>den</strong>?<br />
94<br />
Sind erforderliche Schnittstellen zu vor- oder nachgelagerten Anwendungen und<br />
Systemen (z.B.: Kasse) vollständig implementiert und funktional angemessen<br />
ausgestaltet (z.B.: "bidirektional")?<br />
96<br />
d Infrastruktur am Arbeitsplatz:<br />
Haben alle Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz Zugriff auf wichtige Basisanwendungen wie<br />
etwa: Intranet, E-Mail Service, Online-Recherchemöglichkeiten usw.<br />
98<br />
Ist die Qualität der Bildschirmausstattung zur Sichtung und Bearbeitung elektronischer<br />
Dokumente ausreichend?<br />
Abbildung 7: Checkliste Prozessoptimierung (5 / 5)<br />
99<br />
Verfügen die Arbeitsplatz-Rechner über eine angemessene Rechen-Kapazität und<br />
aktuelle Standardsoftware?<br />
100<br />
Ist die am Arbeitsplatz verfügbare Bandbreite ausreichend und ermöglicht<br />
angemessene Lade- und Antwortzeiten?<br />
101<br />
Ermöglicht die Ausstattung mit sonstigen Peripheriegeräten (z.B.: Scanner, Printer,<br />
Kartenleser) ein zügiges arbeiten?<br />
102<br />
D Ausgangsbearbeitung<br />
D 1 intern<br />
Kann der innerbehördliche Austausch von (Papier-) Dokumenten zugunsten der<br />
elektronischen Kommunikation reduziert wer<strong>den</strong>?<br />
1<br />
extern<br />
D 2<br />
Kann die manuelle Bearbeitung des Postausgangs (drucken, kuvertieren, freimachen)<br />
zentralisiert und automatisiert wer<strong>den</strong>?<br />
1
26 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
C. Qualitätssicherung von <strong>Soll</strong>-Modellen<br />
Die Qualitätssicherung von <strong>Soll</strong>-Modellen unter Einbeziehung der Fachdienste und der IT ist in<br />
mehrfacher Hinsicht ein erfolgskritischer Projektschritt. Sie dient zunächst dazu, das <strong>Soll</strong>-<br />
Modell im Hinblick auf seine verwaltungsfachlichen, betriebswirtschaftlichen und informations-<br />
technologischen Inhalte und Aussagen zu diskutieren und zu überprüfen. Mindestens ebenso<br />
wichtig ist jedoch, dass in der Diskussion des <strong>Soll</strong>-Modells ein gemeinsames Verständnis der<br />
Ziele und Möglichkeiten zur Prozessoptimierung in der Projektgruppe erreicht wird.<br />
Der in Abbildung 8 dargestellte Fragebogen dient als Checkliste, Ergebnisdokumentation und<br />
Ideenspeicher zur Qualitätssicherung von <strong>Soll</strong>-Prozess-Modellen:<br />
Leitfragen zur „Qualitätssicherung des <strong>Soll</strong>-Modells“<br />
Bitte diskutieren Sie diese Leitfragen mit ihren Fachexperten!<br />
Fügen sie ggfs. Verbesserungsvorschläge oder Kommentare unter „Bemerkungen“ ein<br />
Ergänzen Sie bitte bei Bedarf die Leitfragen und Bemerkungen!<br />
1<br />
Fachmodell / fachliche Inhalte:<br />
Enthält das Modell alle am Prozess beteiligten Akteure und Rollen (interne, ex-<br />
terne Prozessbeteiligte)?<br />
2 Fachmodell / fachliche Inhalte:<br />
3<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
Sind alle Geschäftsaufgaben und Fallkonstellationen, die aus fach- und verfah-<br />
rensrechtlicher Sicht mindestens bearbeitet wer<strong>den</strong>, müssen durch das Modell<br />
abgedeckt?<br />
Fachmodell / fachliche Inhalte:<br />
Enthält das Modell alle im Zuge der Bearbeitung benötigten Geschäftsobjekte<br />
und Informationsobjekte?<br />
Sind alle Inputobjekte im Modell enthalten?<br />
Sind alle Outputobjekte im Modell enthalten?<br />
Ist ihre Benennung aus fachlicher Sicht korrekt und eindeutig?<br />
4 Prozesslogik:<br />
Sind alle Schnittstellen zu (internen und externen) Stützprozessen berücksich-<br />
tigt?<br />
5 Prozesslogik:<br />
Sind alle Schnittstellen zu externen Prozessen / Partnerprozessen berücksich-<br />
tigt?
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 27<br />
6 Prozesslogik:<br />
Sind die vom Kun<strong>den</strong> der Verwaltungsleistung durchzuführen<strong>den</strong> Geschäftsauf-<br />
gaben und Aktivitäten („Kun<strong>den</strong>prozesse“) berücksichtigt?<br />
7 Medienintegration:<br />
Wur<strong>den</strong> alternative Zugangswege (Multikanalmanagement) und Kommunikati-<br />
onskanäle (Medienintegration) im Modell berücksichtigt?<br />
8 E-Government und Prozessautomation:<br />
Wur<strong>den</strong> alle zurzeit „am Markt <strong>für</strong> i-Technologie“ verfügbaren E-Government<br />
Service Optionen („State of the Art E-Government“) berücksichtigt?<br />
(Entspricht das E-Government <strong>Soll</strong>-Modell dem letzten Stand der Technik?)<br />
9 E-Government und Prozessautomation:<br />
Wur<strong>den</strong> mögliche Auswirkungen von E-Government und Prozessautomation auf<br />
die Organisations- und Prozessstruktur korrekt eingeschätzt und modelliert?<br />
10 Technologischer Innovationsbedarf:<br />
Wie würde die Lösung aussehen, wenn NEUE E-Government Service Optionen<br />
integriert wür<strong>den</strong>? (z.B.: „E-Postbrief“, „DE-Mail“, „E-PA“)<br />
11 Organisatorische Innovationen:<br />
Wurde das Front Office / Back-Office Organisations-Prinzip angemessen be-<br />
rücksichtigt?<br />
12 Organisatorische Innovationen:<br />
Wur<strong>den</strong> im <strong>Soll</strong>-Modell Chancen und Möglichkeiten zur Einführung von „Shared<br />
Services“ angemessen berücksichtigt?<br />
13 Rechtlicher Innovationsbedarf:<br />
Bestehen nach Ihrer Einschätzung Hindernisse im Rechtsrahmen des Verwal-<br />
tungshandelns zur Durchführung bzw. Umsetzung des <strong>Soll</strong>-Modells?<br />
Abbildung 8: Fragebogen zur "Qualitätssicherung <strong>Soll</strong>-Modell"<br />
D. Vorbereitung des <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleichs<br />
Nachdem das <strong>Soll</strong>-Modell anhand der oben dargestellten Fragen im Hinblick auf seine Voll-<br />
ständigkeit und Plausibilität überprüft wurde, muss in einem nächsten Schritt der <strong>Soll</strong>-Ist-<br />
Vergleich vorbereitet wer<strong>den</strong>. Dazu müssen bestimmte Modellinhalte aus dem <strong>Soll</strong>-Modell ext-<br />
rahiert und in eine <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich geeignete Darstellung transformiert wer<strong>den</strong>. Mögli-<br />
cherweise liegt das <strong>Soll</strong>-Modell bereits als „Datei“ in einem Datenbank gestützten Modellie-<br />
rungswerkzeug vor. In diesem Fall können die im Folgen<strong>den</strong> beschriebenen Teilmodelle mögli-
28 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
cherweise mit Hilfe einer „Report-Funktion“, d.h. durch eine Modellierungswerkzeug gestützte<br />
Auswertung aus der Modelldatenbank erzeugt und grafisch oder tabellarisch dargestellt wer-<br />
<strong>den</strong>. Alternativ dazu erfolgt die Extraktion der Modellinhalte „manuell“. Für die Darstellung der<br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich erforderlichen Teilmodelle empfehlen wir in diesem Fall die Nutzung<br />
folgen<strong>den</strong> Vorlagen:<br />
Rolle 1<br />
Rolle 2<br />
Rolle 3<br />
Rolle 2<br />
A 2<br />
a. Rollenmodell<br />
b. Prozessfunktionstabelle<br />
c. IT-Anwendungsarchitekturdiagramm<br />
„<strong>Soll</strong>-Prozessmodell“<br />
A 1<br />
A 4<br />
A 5<br />
A 6<br />
A 7<br />
A 3<br />
A 8<br />
AW 1<br />
AW 2<br />
AW 1<br />
Abbildung 9: Vorgehen und Beteiligte zur Vorbereitung des <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleichs<br />
Die oben stehende Abbildung 9 zeigt schematisch auf, wie die „Zerlegung“ und Transformati-<br />
on des integrierten <strong>Soll</strong>-Modells, in dem fachliche, organisatorische und technologische Sach-<br />
verhalte in einer kompakten, mehrperspektivischen Darstellung zusammengefasst wur<strong>den</strong>, in<br />
die Teilperspektiven bzw. Teilmodelle erfolgen soll. Diese Aufgabe ist eine „Gruppenarbeit“,<br />
bei der mehrere Fachexperten zu Rate gezogen wer<strong>den</strong> sollten:<br />
Die Rolle „Organisator“ hat die Aufgabe, das <strong>Soll</strong>-Modell zu erläutern, das Rollenmodell<br />
zu extrahieren und die Arbeit zu moderieren.<br />
Die Rolle „Fachexperte“ hat die Aufgabe, die aus fachlicher Sicht zur Prozessdurchfüh-<br />
rung erforderlichen IT-Bearbeitungsfunktionen zu benennen und wird dabei vom IT-<br />
Anwendungsbetreuer beraten.<br />
„Rollenmodell“<br />
Rollen<br />
Rolle 1<br />
A 1<br />
Aufgaben<br />
Rechte<br />
Der „Anwendungsbetreuer“ bringt sein aktuelles Wissen über prozessrelevante IT-<br />
Anwendungen und Servicekomponenten ein und kann die aus fachlicher Sicht geforder-<br />
ten IT-Funktionen bestimmten IT-Anwendungen und Komponenten zuordnen.<br />
A 2<br />
A 3<br />
Rolle 2<br />
AW 1<br />
A 6<br />
A 7<br />
A 8<br />
Rolle 3<br />
„IT-Anw.-Architektur“<br />
A 4<br />
A 5<br />
AW 2<br />
„IT-Funktionsmodell“<br />
A 2<br />
A 3<br />
AW 1<br />
Aw1<br />
A 6<br />
A 7<br />
A 8<br />
portal<br />
Service<br />
Service<br />
AW 2<br />
A 4<br />
A 5<br />
Service<br />
Organisator Anwendungs-<br />
Betreuer<br />
Fachexperte<br />
IT-System<br />
-architekt
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 29<br />
Der „IT-Systemarchitekt“ stellt alternative Lösungsszenarien vor und skizziert, wie die<br />
vom Prozess geforderten IT-Komponenten und Services innerhalb der E-Government<br />
Anwendungsarchitektur zusammenspielen.<br />
a. Rollenmodell<br />
Das Rollenmodell enthält alle am Prozess beteiligten Prozessrollen und beschreibt deren Ar-<br />
beitsaufgaben in der Form von Aktivitäten, Aktivitätengruppen oder Teilprozessen. Das Rol-<br />
lenmodell bildet <strong>den</strong> Ausgangspunkt <strong>für</strong> <strong>den</strong> organisatorischen <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich, indem die im<br />
<strong>Soll</strong>-Modell definierte Zuordnung der Arbeitsaufgaben zu <strong>den</strong> Rollen mit der bestehen<strong>den</strong> Auf-<br />
gabenverteilung in der Organisation verglichen wird.<br />
Das Rollenmodell kann tabellarisch oder grafisch dargestellt wer<strong>den</strong>. Die grafische Darstellung<br />
kann in der Regel sehr einfach durch „copy & paste“ 7 der entsprechen<strong>den</strong> Notationselemente<br />
aus dem grafischen Prozessmodell erzeugt wer<strong>den</strong> und eignet sich besser zur Visualisierung<br />
der Rollen, zum Beispiel <strong>für</strong> Gruppendiskussionen und Workshops.<br />
Abbildung 10: Grafische Darstellung Rollenmodell<br />
Die tabellarische Darstellung des Rollenmodells macht ohne Werkzeugunterstützung mehr<br />
Arbeit (die entsprechen<strong>den</strong> Inhalte und Aussagen aus dem grafischen Modell müssen in die<br />
Tabelle übertragen wer<strong>den</strong>), ist aber auch wesentlich aussagekräftiger und kann zum Beispiel<br />
als Vorlage und Input <strong>für</strong> eine Stellenbeschreibung wieder verwendet wer<strong>den</strong>:<br />
7 copy & paste = „Kopieren und Einfügen“<br />
Rolle<br />
Teilprozess<br />
Aktivitätengruppe<br />
Aktivität<br />
Abbildung 11: Tabellarische Darstellung "Rollenmodell"
30 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Bearbeitungshinweise<br />
Die Zuordnung der Teilprozesse, Aktivitätengruppen und Aktivitäten sowie die zu ihrer<br />
Bearbeitung erforderlichen Hilfsmittel und Ressourcen ergeben sich unmittelbar aus der<br />
grafischen Prozessdarstellung.<br />
Die Aktivitäten können jeweils nur einer Rolle, nämlich ihrem „Eigentümer“, zugewiesen<br />
wer<strong>den</strong>, Interaktionen mit anderen Rollen führen immer zu Aktivitäten auf bei<strong>den</strong> Seiten<br />
der Interaktion (überschneidungsfreie Aktivitäten).<br />
Entscheidungen und Entscheidungskompetenzen können in der Regel aus <strong>den</strong> an <strong>den</strong><br />
Prozessverzweigungen angegebenen Entscheidungsregeln („business rules“ 8 ) abgele-<br />
sen oder auch aus entsprechen<strong>den</strong> Kommentierungen des Fachmodells abgeleitet wer-<br />
<strong>den</strong>.<br />
Zu <strong>den</strong> „Rechten“ wer<strong>den</strong> unter anderem die „Zugriffsrechte“ auf bestimmte IT-<br />
Anwendungen gerechnet.<br />
Die Tabelle sollte bei Bedarf und im Sinne der Übersichtlichkeit im Bereich „Teilprozes-<br />
se, Aktivitätengruppen und Aktivitäten“ um weitere Zeilen erweitert wer<strong>den</strong>.<br />
b. Prozessfunktionstabelle<br />
Die Prozessfunktionstabelle stellt eine Erweiterung des grafischen <strong>Soll</strong>-Modells dar. Sie be-<br />
schreibt „en Detail“ welche unterstützen<strong>den</strong> IT-Funktionen oder IT-Services der Fachprozess<br />
erfordert. Mit Hilfe der Prozessfunktionstabelle können alle Prozess unterstützen<strong>den</strong> IT-<br />
Anwendungen durch einen Abgleich der <strong>Soll</strong>-Funktionen mit <strong>den</strong> Ist-Funktionen im Hinblick<br />
auf die Qualität und <strong>den</strong> Umfang der Prozessunterstützung bewertet und funktionale „Lücken“<br />
in der prozessnahen IT i<strong>den</strong>tifiziert wer<strong>den</strong>. In der Praxis enthalten die <strong>Soll</strong>-Modelle nur selten<br />
Informationen, die unmittelbar Auskunft über alle benötigten IT-Services und IT-Funktionen<br />
geben, da Fachmodelle in der Regel „nur“ <strong>den</strong> Detaillierungsgrad von „Aktivitäten“ und von mit<br />
<strong>den</strong> Aktivitäten assoziierten IT-Anwendungen erreichen. Dennoch bietet das <strong>Soll</strong>-Modell eine<br />
sehr gute Ausgangsbasis zur I<strong>den</strong>tifikation funktionaler IT-Anforderungen. Kernfrage dabei ist:<br />
„Welche maschinellen, teilmaschinellen oder manuellen Bearbeitungsfunktionen sind in einer<br />
Fach-Prozessaktivität (implizit) enthalten?“. Logik und Vorgehen zur I<strong>den</strong>tifikation der funktio-<br />
nalen IT-Anforderungen aus einem <strong>Soll</strong>-Modell sind in der folgen<strong>den</strong> Abbildung schematisch<br />
dargestellt:<br />
8 business rules = Geschäftsregeln. Diese sind zum Beispiel bei der Entwicklung maschinell gesteuerter Prozessabläufe<br />
besonders wichtig und müssen dann in eine „maschinenlesbare“ Form gebracht wer<strong>den</strong>.
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 31<br />
Rolle 1<br />
Rolle 2<br />
Rolle 3<br />
Rolle 2<br />
„<strong>Soll</strong>-Prozessmodell“<br />
A 2<br />
A 1<br />
A4<br />
A 5<br />
A 6<br />
A 7<br />
Geschäfts-<br />
Aufgabe /<br />
„Aktivitäten-<br />
Gruppe“<br />
Abbildung 12: Ableitung funktionaler IT-Anforderungen aus dem Fachmodell<br />
Auch hier ist es ratsam unterschiedliche Experten an der Aufgabe zu beteiligen, dazu gehören:<br />
die Rollen „Organisator“, „Fach-Prozessexperte“ und „IT-Anwendungsbetreuer“. Um die Funkti-<br />
onsanforderungen systematisch zu erfassen und <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich aufzubereiten, sollte<br />
die grafische Darstellung des <strong>Soll</strong>-Modells zunächst in eine tabellarische Darstellung überführt<br />
wer<strong>den</strong>. Professionelle Modellierungswerkzeuge unterstützten dies in der Regel durch entspre-<br />
chende Auswertungsfunktionen. Andernfalls muss die Transformation der Darstellung manuell<br />
erfolgen, indem die <strong>für</strong> die „Prozessfunktionsanalyse“ relevanten grafischen Modellinhalte und<br />
Aussagen in eine Excel-Tabelle überführt wer<strong>den</strong>. Die von uns empfohlene Tabellenstruktur ist<br />
in der Abbildung 13 dargestellt.<br />
Bearbeitungshinweise<br />
A 3<br />
A 8<br />
AW 1<br />
AW 2<br />
AW 1<br />
Aktivität<br />
Aktivität<br />
Die Prozessfunktionstabelle dient der Erfassung und Spezifikation der funktionalen IT-<br />
Anforderungen (IT-Bearbeitungsfunktionen) aus der Perspektive des <strong>Soll</strong>-Modells. Sie ist<br />
über die Projektphasen "Grobkonzept" bis zur "Feinkonzeption" im Sinne eines Anforde-<br />
rungskonzepts und Pflichtenhefts <strong>für</strong> die IT-Umsetzung laufend fortzuschreiben. Dabei ist<br />
die Versionskontrolle (siehe; Bearbeitungshistorie) zu beachten. Die Prozessfunktionsta-<br />
belle entsteht als Extrakt bestimmter Informationen durch manuelle Übertragung oder als<br />
Report aus einem Modellierungswerkzeug aus dem <strong>Soll</strong>-Modell. Verantwortlich <strong>für</strong> die<br />
Erstellung der Prozesstabelle ist der Organisator bzw. Prozessberater. Er wird dabei un-<br />
terstützt durch die Prozessexperten aus dem Fachbereich und die IT-<br />
Anwendungsbetreuer der Kommune.<br />
Prozessfunktionstabelle SOLL / IST<br />
Aktivität Funktion IT-Anwendung<br />
Aktivität Funktion IT-Anwendung<br />
Aktivität Funktion IT-Anwendung<br />
Aktivität Funktion IT-Anwendung<br />
Aktivität Funktion IT-Anwendung<br />
Manuelle<br />
Tätigkeit<br />
Maschinelle<br />
Funktion<br />
Übertragen Sie zunächst das Aktivitätenflussdiagramm in die Tabelle (Spalten A-F).<br />
Durch die konsistente Nummerierung der Prozesselemente können grafisches Modell
32 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
und Tabelle jederzeit aufeinander bezogen wer<strong>den</strong>. Es ist empfehlenswert, die Zuord-<br />
nung der Aktivitäten zu <strong>den</strong> Prozessrollen "in einem Zuge" durchzuführen. Tragen Sie<br />
zunächst die im Prozessmodell verwendeten Rollen in <strong>den</strong> Tabellenkopf (Spalten G-I)<br />
ein. Fügen Sie bei Bedarf zusätzliche Spalten ein. Weisen Sie die Aktivitäten durch Ein-<br />
trag einer "1" in die entsprechende Rollenspalte einer Rolle zu. Die Verwendung der "1"<br />
anstelle eines "X" ermöglicht später numerische Auswertungen.<br />
Prüfen Sie, ob die von Kun<strong>den</strong> durchzuführen<strong>den</strong> Prozessaktivitäten im Modell (mindes-<br />
tens in der Prozesslandkarte) enthalten sind (Beispiel: "Antrag erstellen"). Diese müs-<br />
sen zum Beispiel in Fällen, bei <strong>den</strong>en „Online Anträge" zum <strong>Soll</strong>-Konzept gehören, ge-<br />
nau wie verwaltungsinterne Prozesse modelliert und spezifiziert wer<strong>den</strong>. Prüfen Sie<br />
gleichfalls, ob (mindestens in der Prozesslandkarte) die von <strong>den</strong> Prozesspartnern<br />
durchzuführen<strong>den</strong> Prozessaktivitäten im Modell enthalten sind. In vielen Fällen nutzen<br />
Prozesspartner ebenfalls IT-Systeme, zu <strong>den</strong>en dann im <strong>Soll</strong>konzept IT-Schnittstellen<br />
entwickelt wer<strong>den</strong> müssen.<br />
Übertragen Sie nun zu jeder Aktivität die Input- Daten und Dokumente aus dem Grafi-<br />
schen Prozessmodell (Spalten: J-K).<br />
Im nächsten Schritt beginnt die Spezifikation der Anforderungen des <strong>Soll</strong>-Modells an die<br />
Prozess unterstützen<strong>den</strong> IT-Anwendungen und Komponenten. Dabei ist es zunächst<br />
völlig unerheblich, welche Anwendung oder Komponente die gewünschte Bearbeitungs-<br />
funktion später bereitstellen wird. Dies zu entschei<strong>den</strong> obliegt dem IT-<br />
Systemarchitekten. Um die vom Prozess benötigten IT-Bearbeitungsfunktionen zu er-<br />
kennen und allgemeinverständlich zu beschreiben, sollten Sie zunächst die Fachexper-<br />
ten befragen, welche Tätigkeiten mit der Durchführung der jeweiligen Prozessaktivität<br />
verbun<strong>den</strong> sind und welche Geschäftsobjekte oder Informationsobjekte (Daten und Do-<br />
kumente) dabei angenommen, erzeugt, bearbeitet, erfasst, geprüft, gezeichnet, gespei-<br />
chert, versendet usw. wer<strong>den</strong>. Aus der Beschreibung der notwendigen Arbeitsschritte<br />
können die von der Prozessaktivität geforderten IT- Bearbeitungsfunktionen in der Re-<br />
gel direkt abgeleitet wer<strong>den</strong>. Dies erfordert allerdings eine gute Allgemeinkenntnis der<br />
Unterstützungsmöglichkeiten und Automationspotenziale, die IT heutzutage anbieten<br />
kann! Diskutieren und erfassen Sie vorhan<strong>den</strong>e und gewünschte IT-Funktionen. Bitte<br />
vergessen Sie dabei nicht die Automationspotenziale an Schnittstellen zu externen und<br />
internen Prozessbeteiligten. Nehmen Sie dazu die Prozesslandkarte zur Hilfe; dort soll-<br />
ten alle Schnittstellen zu externen und internen Prozessbeteiligten eingetragen sein.<br />
Tragen Sie die Ergebnisse in der Spalte L „IT-Bearbeitungsfunktionen Beschreibung"<br />
ein. Fügen sie ggfs. in der Spalte Q "Bemerkungen" ergänzende Informationen hinzu.<br />
Bei komplexen Aktivitäten kann es sehr hilfreich sein, diese zunächst in einem zusätzli-<br />
chen Modellierungsschritt weiter zu verfeinern. Dabei wird der Ablauf der Tätigkeiten<br />
wiederum in einem grafischen Ablaufmodell modelliert. Hilfreich ist es, auf dieser Detail-<br />
lierungsebene zwischen "manuellen Tätigkeiten" (Arbeitsschritten) und "maschinellen<br />
Bearbeitungsfunktionen" zu unterschei<strong>den</strong>. Ergänzen Sie bei Bedarf die Prozessfunkti-<br />
onstabelle im Bereich "Aktivitätenflussdiagramm" an <strong>den</strong> entsprechen<strong>den</strong> Aktivitäten um<br />
eine Spalte "Tätigkeiten".
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 33<br />
Nun ist es möglich, mit Hilfe der vollständig ausgefüllten Prozessfunktionstabelle <strong>den</strong> <strong>Soll</strong>-<br />
/Ist- Vergleich der geforderten und der von <strong>den</strong> vorhan<strong>den</strong>en IT-Anwendungen und An-<br />
wendungskomponenten bereitgestellten Bearbeitungsfunktionen durchzuführen. Spre-<br />
chen Sie dazu mit <strong>den</strong> IT-Anwendungsbetreuern und IT-Architekten Ihrer Kommune.<br />
Diese wissen in der Regel, welche der vom <strong>Soll</strong>-Prozess geforderten IT-<br />
Bearbeitungsfunktionen von welcher Anwendung oder Anwendungskomponente bereit-<br />
gestellt wer<strong>den</strong> (Ist) oder bereitgestellt wer<strong>den</strong> können (<strong>Soll</strong>), bzw. welche IT-Module zu-<br />
sätzlich beschafft oder entwickelt wer<strong>den</strong> müssen, um <strong>den</strong> <strong>Soll</strong>prozess zu realisieren.<br />
Dokumentieren Sie ihre Gesprächsergebnisse dazu in <strong>den</strong> Spalten: M-Q.
34 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Abbildung 13: Vorlage Prozessfunktionstabelle<br />
A B C D E F G H I J K L M N O P Q<br />
Aktivitätenflussdiagramm Bearbeiter-Rolle Daten und Dokumente IT-Bearbeitungsfunktionen<br />
Anwendung / Komponente<br />
Bemerkungen<br />
TP-Nr TP-Name AkGr-Nr. AkGr-Name Akt-Nr. Aktivität-Name Rolle-Name Rolle-Name Rolle-Name Input Output Beschreibung IST SOLL Name Hersteller<br />
1 1.1 1.1.1 1 Antrag Eingangsbestätigung<br />
1.1.2 1<br />
1.2<br />
2 2.1 2.1.1 1
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 35<br />
c. IT-Anwendungsarchitekturdiagramm<br />
Das Anwendungsarchitekturdiagramm skizziert <strong>den</strong> grundsätzlichen Aufbau und das Zusam-<br />
menspiel der vom <strong>Soll</strong>-Modell geforderten IT-Anwendungen. Es handelt sich dabei um eine<br />
grob vereinfachte Darstellung in der Form eines Blockdiagramms. Zur Erstellung des <strong>Soll</strong>-<br />
Modell spezifischen IT-Anwendungsarchitekturdiagramms müssen die im <strong>Soll</strong>-Modell aufge-<br />
führten IT-Anwendungen oder Servicekomponenten in das E-Government IT-Framework ein-<br />
geordnet wer<strong>den</strong>. Die folgende Abbildung 14 stellt dieses E-Government IT-Framework in ver-<br />
einfachter Form als Blockdiagramm dar. Diese Abbildung können Sie als Vorlage <strong>für</strong> die Erstel-<br />
lung ihres Prozess spezifischen IT-Anwendungsarchitekturdiagramms verwen<strong>den</strong>, indem Sie<br />
die vom <strong>Soll</strong>-Prozess benötigten Anwendungen, Komponenten und Dienste in das entspre-<br />
chende „Feld“ eintragen und alle nicht benötigten Komponenten weglassen.<br />
Vorsprache<br />
Telefon<br />
DOC<br />
Brief<br />
Logistik-Service<br />
Bündeln<br />
Zustellen<br />
Scan-Service<br />
Registrieren<br />
Digitalisieren<br />
Indizieren<br />
SCAN-<br />
Extrahieren<br />
Service<br />
Input Mgmt.<br />
Zuordnen<br />
Aufklären<br />
Weiterleiten<br />
E-Mail<br />
Sonst. Verzeichnisdienste<br />
Bearbeitungshinweise<br />
Abbildung 14: Skizze des E-Government IT-Frameworks<br />
Gehen Sie bitte das komplette <strong>Soll</strong>-Modell durch und notieren Sie alle im Modell aufge-<br />
führten IT-Anwendungen, IT-Dienste und Komponenten sowie Schnittstellen und Daten-<br />
dienste (professionelle Modellierungswerkzeuge können dazu eine Auswertung der in ei-<br />
nem Modell verwendeten IT-Ressourcen erstellen)<br />
Berücksichtigen Sie dabei bitte unbedingt die Kun<strong>den</strong>- und Partnerprozesse mit ihren<br />
verschie<strong>den</strong>en Verwaltungszugängen und möglicherweise unterschiedliche Zugänge<br />
(mobil, stationär) <strong>für</strong> die Mitarbeiter der Verwaltung, sowie die Schnittstellen zu internen<br />
Stütz- und Partnerprozessen aus der Prozesslandkarte!<br />
Ordnen Sie nun die i<strong>den</strong>tifizierten IT-Ressourcen des <strong>Soll</strong>-Modells in das Architekturdia-<br />
gramm ein<br />
Online Brief<br />
Online<br />
Zugang<br />
(Kunde)<br />
Extranet<br />
Zugang<br />
(Intermediär)<br />
Intranet<br />
Zugang<br />
(Mitarbeiter)<br />
Mobiler<br />
Zugang<br />
(Mitarbeiter)<br />
(Prozess-) Portal (Composite Application Plattform, Desktop/Taskflow)<br />
Vorgangssteuerung (Workflowmanagement System/bus)<br />
Servicesteuerung (Middleware, Servicemanagement System/bus )<br />
E-Mail<br />
Elektronische Vorgangsbearbeitung<br />
(Workflow Management & Service-Aufrufe)<br />
E-Poststelle<br />
Virtuelle Poststelle<br />
E-Signatur<br />
I<strong>den</strong>tity Management<br />
Input Management.<br />
&<br />
Verzeichnisdienste<br />
E-Government Portal<br />
Servicebibliothek (Service Repository)<br />
E-Governmnent Basiskomponenten<br />
Customer Management<br />
Dokumenten- Mgmt.<br />
& sonstige<br />
Basis-Dienste<br />
(z.B.: Formulare, Payment,<br />
Content usw.)<br />
E-Shop-Systems<br />
E-Payment Systems<br />
Content Management<br />
Knowledge Management<br />
Office Anwendungen<br />
Formular Management<br />
It-Hardware- und Netzinfrastruktur<br />
Document Management<br />
HKR-System<br />
EWO-Melde-Register<br />
sonstige Fachverfahren<br />
Telefon<br />
Fachverfahren Fach-<br />
Verfahren,<br />
Fach-<br />
Dienste<br />
Sonstige Web-Services<br />
Office Anwendungen<br />
E-Mail<br />
Online Brief<br />
Brief<br />
E-DOC DOC<br />
Versand-Mgmt<br />
Nachweis<br />
.<br />
erbringen<br />
zustellen<br />
Versen<strong>den</strong><br />
Print-Mgmt<br />
Output<br />
Vorsprache<br />
Freimachen<br />
.<br />
Couvertieren<br />
Mgmt. Drucken /<br />
Weiterleiten<br />
PRINT-<br />
Registrieren<br />
Indizieren<br />
Service<br />
konvertieren<br />
Output-Mgmt<br />
DOC
36 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Behandeln Sie dabei IT-Schnittstellen zu internen oder externen Prozessbeteiligten wie<br />
„Fachdienste“<br />
Lassen Sie die Anwendungsbereiche im Framework, die nicht zur Umsetzung des <strong>Soll</strong>-<br />
Modells erforderlich sind, weg.<br />
2.3 <strong>Soll</strong>- / Ist-Vergleich<br />
Nachdem das <strong>Soll</strong>-Modell qualitätsgesichert und seine organisatorischen und technologischen<br />
Aussagen und Inhalte aufbereitet wur<strong>den</strong>, kann ein Vergleich zwischen Ist- und <strong>Soll</strong>-Situation<br />
der Prozessimplementierung durchgeführt wer<strong>den</strong>, um die Differenzen und Handlungsbedarfe<br />
herauszuarbeiten und einer systematischen Umsetzungsplanung zugänglich zu machen. Der<br />
<strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich besteht aus zwei Bereichen, dem organisatorischen und dem technologi-<br />
schen <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich. Der <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich liefert also die „Bausteine“ <strong>für</strong> das im nächsten<br />
Projektschritt zu erstellende „Stufenkonzept“ zur Einführung des <strong>Soll</strong>-Modells.<br />
Da bereits ein qualitätsgesichertes <strong>Soll</strong>-Modell vorliegt, kann an dieser Stelle in der Regel auf<br />
eine aufwendige Ist-Modellierung verzichtet wer<strong>den</strong>. Sie wäre nur dann erforderlich, wenn zum<br />
Beispiel ein Prozesskostenvergleich erwünscht ist, der die Prozessoptimierungseffekte quanti-<br />
fiziert und als Grundlage <strong>für</strong> eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Prozessprojekts herange-<br />
zogen wer<strong>den</strong> soll. Gegebenenfalls kann die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung aber auch „qualita-<br />
tiv“ durch die Anwendung der „Checkliste Prozessoptimierung“ auf <strong>den</strong> Ist-Prozess durchge-<br />
führt wer<strong>den</strong>. Wir empfehlen in jedem Fall die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung mit dem Stufen-<br />
konzept zu verknüpfen, damit sicher gestellt ist, dass jede einzelne Umsetzungsstufe „greifba-<br />
re“ Effekte und Vorteile erzielt. Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Umsetzungsstufen kann<br />
also auch zur Überprüfung der Plausibilität des Stufenkonzepts herangezogen wer<strong>den</strong>.<br />
Organisatorischer <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich<br />
Der organisatorische <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich beantwortet die Frage, wie das Rollenkonzept des <strong>Soll</strong>-<br />
Modells in die bestehende Aufbauorganisation integriert wer<strong>den</strong> soll und welche Verände-<br />
rungsbedarfe sich im Zuge dieser Integration im Bereich der Aufbauorganisation ergeben. Er<br />
liefert dadurch eine erste Grundlage <strong>für</strong> die Planung von Maßnahmen und die Eingrenzung<br />
der im anstehen<strong>den</strong> Veränderungsprozess zu beteiligen<strong>den</strong> Stellen und Personen. Zur Durch-<br />
führung des Abgleichs muss die Definition der Prozessrolle mit <strong>den</strong> ihr zugeordneten Aufga-<br />
ben und Tätigkeiten mit der Aufgabenbeschreibung der Stellen im Organigramm abgeglichen<br />
und „kompatibel“ gemacht wer<strong>den</strong>. Jede mögliche Abweichung, zum Beispiel im Hinblick auf:<br />
Aufgabenumfang und Inhalte der Stelle, damit verbun<strong>den</strong>e „Rechte & Pflichten“, Anforderun-<br />
gen an <strong>den</strong> Stelleninhaber, Qualifikationserfordernisse, Stellenbewertung, Stellenbemessung<br />
usw. muss durch eine entsprechende „Maßnahme“ in <strong>den</strong> „<strong>Soll</strong>zustand“ überführt wer<strong>den</strong>.<br />
Die folgende Abbildung stellt Hilfsmittel und Ansatzpunkte sowie die beteiligten Akteure im<br />
organisatorischen <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich schematisch dar:
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 37<br />
Rolle 1<br />
A 1<br />
Rolle 3<br />
A4<br />
A 5<br />
„Rollenmodell“<br />
A 2<br />
A 3<br />
Rolle 2<br />
A 6<br />
A 7<br />
A 8<br />
Abbildung 15: Prinzip des organisatorischen <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleichs<br />
Der organisatorische <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich führt zu einer Liste von organisatorischen Maßnahmen,<br />
die erforderlich sind, um das <strong>Soll</strong>-Modell in der Organisation zu implementieren. Ein Beispiel:<br />
Die Rolle 2 mit <strong>den</strong> Aktivitäten A2, A3, A6, A7 und A8 aus dem <strong>Soll</strong>-Modell soll auf der Stelle X<br />
implementiert wer<strong>den</strong>. Die Ist-Stellenbeschreibung berücksichtigt diese Aktivitäten nicht. Daher<br />
wäre eine Anpassung erforderlich.<br />
?<br />
Der folgende Fragebogen enthält eine Zusammenstellung der Erkenntnis leiten<strong>den</strong> Fragen zur<br />
Durchführung des organisatorischen <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleichs. Die Beantwortung der Fragen führt im<br />
Ergebnis zu einer ersten Übersicht zu <strong>den</strong> <strong>für</strong> die Projektdurchführung erforderlichen Maßnah-<br />
men im Bereich der Organisation und des Veränderungsmanagements 9 . Die Fragen sind nach<br />
folgen<strong>den</strong> Überschriften gegliedert:<br />
´FB / OE<br />
A Projektnutzen und Ziele<br />
B Handlungsfeld abgrenzen<br />
C Handlungsbedarfe erkennen<br />
D Projektvorschlag entwickeln<br />
E Entscheidungsbedarfe erkennen<br />
F Projektorganisation planen<br />
Leitfragen zum „<strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich Organisation“<br />
Organigramm /<br />
Stellenbeschreibung<br />
Stelle A<br />
Stelle B<br />
Stelle X Stelle Y Stelle Z<br />
Aufgaben<br />
Stelle X<br />
Aufgaben<br />
Stelle A<br />
Aufgaben<br />
Stelle B<br />
Aufgaben<br />
Stelle Y<br />
Erstellen bzw. „extrahieren“ Sie zunächst aus dem <strong>Soll</strong>-Prozess-Modell das Rollenmodell<br />
zum vorliegen<strong>den</strong> <strong>Soll</strong>-Prozess.<br />
Nehmen Sie ein Organigramm, Aufgabenverteilungsplan und ggfs. Stellenbeschreibungen<br />
ihrer Kommune / Organisation zur Hand und referenzieren Sie die Rollen und ihre Geschäftsaufgaben<br />
auf „ihre“ Organisationsstruktur (Stellen).<br />
9 Siehe Kapitel 3 „Hinweise zum Veränderungsmanagement“ am Ende des <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong>s.<br />
Aufgaben<br />
Stelle Z<br />
Organisator<br />
Führungskraft<br />
Personal-<br />
Betreuer
38 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Bitte diskutieren Sie die dabei folgen<strong>den</strong> Leitfragen mit ihren Fachexperten!<br />
I<strong>den</strong>tifizieren Sie dabei ggfs. alle Abweichungen zwischen „IST“ und „SOLL“ und tragen Sie<br />
Ergebnisse und Maßnahmenvorschläge zur Veränderung in die folgende Tabelle ein.<br />
A Projektnutzen und Ziele:<br />
1 Welche übergeordneten („strategischen“ und „politischen“ Ziele wer<strong>den</strong> durch<br />
das Projekt unterstützt und erreicht bzw. „gefördert“?<br />
Wie kann die Zielerreichung gemessen wer<strong>den</strong>?<br />
2 Welchen konkreten Nutzen bringt das Projekt <strong>für</strong> die Kommune?<br />
Wie kann der erreichte Nutzen gemessen wer<strong>den</strong>?<br />
B Handlungsfeld abgrenzen:<br />
3 Welche Organisationseinheiten, Entscheider und Aufgabenträger sind heute an<br />
der Leistungserbringung beteiligt und deshalb direkt von der Einführung des<br />
<strong>Soll</strong>-Prozesses „betroffen“?<br />
4 Welche Organisationseinheiten, Entscheider und Aufgabenträger sind zu<br />
„beteiligen“ und/oder zu „informieren“?<br />
5 Ist die Personalvertretung zu beteiligen bzw. zu informieren?<br />
C Handlungsbedarfe erkennen:<br />
6 Können Rollen / Aufgabenzuordnungen auf die bestehende Struktur übertragen<br />
wer<strong>den</strong>?<br />
7 Ändert sich die Aufbauorganisation?<br />
8 Ändert sich die Aufgabenverteilung?<br />
9 Ändert sich die Ablauforganisation?<br />
10 Ist die <strong>für</strong> die Einführung des <strong>Soll</strong>-Prozesses die Einführung einer organisationsübergreifen<strong>den</strong><br />
Prozessverantwortung erfolgskritisch?<br />
11 Welche (internen und externen) Liefer- und Leistungsbeziehungen und Vereinbarungen<br />
(„Service Level Agreements“) dazu sind betroffen?<br />
D Projektvorschlag entwickeln:<br />
12 Welche Maßnahmen sind im Bereich der Organisation zu ergreifen um <strong>den</strong><br />
<strong>Soll</strong>-Prozess einzuführen?<br />
13 Welche organisatorischen Maßnahmen sind erfolgskritisch und haben deshalb<br />
eine hohe Priorität?<br />
14 Welche organisatorischen Maßnahmen (und Entscheidungen) stehen in einem<br />
sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang und müssen deshalb in einem<br />
„Maßnahmenpaket“ zusammengeführt, bzw. gebündelt wer<strong>den</strong>?<br />
15 Welche ursächlichen Zusammenhänge und Abhängigkeiten bestehen zwischen<br />
Organisationsentwicklung und Technologie- Entwicklung?
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 39<br />
(z.B.: Einführungschritte und -stufen, Qualifizierungsbedarfe etc.)<br />
16 Welche Ressourcen (Personal-und sonstiger Aufwand) wer<strong>den</strong> <strong>für</strong> die Entwicklung<br />
und Umsetzung der organisatorischen Maßnahmen benötigt?<br />
17 Wie beurteilen sie die „Wirtschaftlichkeit“ des Projekts?<br />
18 Welches sind die „kritischen Erfolgsfaktoren“ <strong>für</strong> die Durchführung des Projekts?<br />
19 Wie verankern Sie das Projekt in der Verwaltungsführung und <strong>den</strong> politischen<br />
Gremien?<br />
20 Wie verankern und entwickeln Sie das Projekt in <strong>den</strong> beteiligten Fachbereichen<br />
(Projekt begleitendes „Veränderungsmanagement“)?<br />
E Entscheidungsbedarfe erkennen:<br />
21 Welche Entscheidungen müssen (ggfs. in welcher Reihenfolge) herbeigeführt<br />
wer<strong>den</strong>?<br />
22 Wer entwickelt die Entscheidungsvorlage(-n)?<br />
23 Wer trifft die Entscheidung(-en)?<br />
F Projektorganisation planen:<br />
24 Welche Know-How-Träger wer<strong>den</strong> <strong>für</strong> die Feinkonzeption gebraucht?<br />
25 Welche Know-How-Träger wer<strong>den</strong> <strong>für</strong> die Entwicklung eines Stufenkonzepts<br />
zur Einführung gebraucht?<br />
26 Welche Know-How-Träger wer<strong>den</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> kontinuierlichen Verbesserungsprozess<br />
gebraucht?<br />
27 Sind die Projekt- Rollen und Aufgaben definiert, kommuniziert, verstan<strong>den</strong> und<br />
akzeptiert?<br />
Bearbeitungshinweise<br />
Abbildung 16: Leitfragen zum <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich Organisation<br />
Die Fragen sind nummeriert. Fette Nummern markieren jene Fragen, deren Beantwor-<br />
tung im Rahmen des <strong>Soll</strong>- / Ist-Vergleichs zwingend erforderlich ist.<br />
Die Beantwortung der weiteren Fragen empfiehlt sich im Zuge der Grobkonzeption und<br />
bei der Entwicklung eines Stufenkonzepts <strong>für</strong> die Einführung des <strong>Soll</strong>-Modells.<br />
Entwickeln und dokumentieren Sie ein (grobes) Konzept mit allen zur Implementierung<br />
des <strong>Soll</strong>-Zustandes erforderlichen Maßnahmen.<br />
Priorisieren Sie die Maßnahmen nach dem bewährten A-B-C-Schema!<br />
„Schnüren“ Sie sinnvolle Maßnahmenpakete aus thematisch, d.h. in organisatorischer<br />
und funktionaler Hinsicht, zusammenhängen<strong>den</strong> Maßnahmen.
40 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Stellen Sie sicher, dass jedes Maßnahmenpaket in sich abgeschlossen und vollständig<br />
ist und einen klar erkennbaren Nutzen stiftet.<br />
Bringen Sie die Maßnahmenpakete in eine zeitliche Abfolge („Einführungsstufen“)!<br />
Synchronisieren Sie die Stufen der Organisationsentwicklung mit <strong>den</strong> Einführungsstufen<br />
der technologischen Entwicklung! (siehe nächster Abschnitt: technologischer <strong>Soll</strong>-Ist-<br />
Vergleich)<br />
Die folgende Tabelle hilft Ihnen, alle Maßnahmenvorschläge zu dokumentieren und zu struktu-<br />
rieren:<br />
Maßnahmenplan Organisation<br />
Nr. Typ Maßnahme Prio Paket<br />
A Projektnutzen<br />
B Handlungsfeld<br />
C Handlungsbedarf<br />
D Projektvorschlag<br />
E Entscheidungen<br />
F Projektorganisation<br />
G Projektplanung<br />
Technologischer <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich<br />
Nr.<br />
Stufe<br />
Nr.<br />
Abbildung 17: Vorlage "Maßnahmenplan Organisation"<br />
Bemerkung<br />
Der technologische <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich beantwortet die Frage, welche Maßnahmen im Bereich<br />
der Informationstechnologie zu ergreifen sind, um das <strong>Soll</strong>-Modell zu implementieren. Dabei<br />
müssen in der Regel die prozessnahe IT-Infrastruktur, also alle Anwendungen, welche die<br />
Prozessdurchführung direkt unterstützen (z.B. „Fachanwendungen“) und IT-Komponenten mit<br />
Querschnittscharakter (E-Government Basisinfrastruktur, zum Beispiel Online Services, For-<br />
mulardienste, etc.) in <strong>den</strong> Vergleich mit einbezogen wer<strong>den</strong>. Grundsätzlich sollte der techno-<br />
logische <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich seitens der Organisation und der Fachbereiche allerdings ohne die<br />
Unterscheidung in „prozessnahe“ und Querschnittskomponenten auskommen. Aus „fachlicher<br />
Sicht“ und aus „Prozess-Sicht“ ist es unerheblich, welche IT-Anwendung oder Komponente<br />
eine erforderliche Bearbeitungsfunktion bereitstellt, oder technisch ausgedrückt: „implemen-<br />
tiert“. Es fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit der IT-Abteilung zu entschei<strong>den</strong>, wie fachliche<br />
und prozessorganisatorische Anforderungen an IT erfüllt wer<strong>den</strong>. Die Unterscheidung ist also<br />
eher der Tatsache geschuldet, dass kommunale IT eben in der Regel einerseits aus prozess-<br />
nahen „Office-“ und „Fachanwendungen“ und andererseits aus E-Government Anwendungen<br />
<strong>für</strong> die gesamte Verwaltung besteht. Die Unterscheidung soll also lediglich die Verständigung<br />
zwischen „Organisation“ und „Technik“ erleichtern. Der technologische <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich be-
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 41<br />
steht aus einer Bestandsaufnahme und einer sogenannten „Lückenanalyse“ (GAP-Analyse 10 )<br />
in drei Bereichen:<br />
Prozessfunktion<br />
Schnittstellen<br />
(E-Government)-Basiskomponenten<br />
Lückenanalyse der Prozessfunktionen<br />
Ziel der Analyse ist es, eine Übersicht über die „operativen Lücken“ in der IT-<br />
Prozessunterstützung zu erhalten und anschließend zu überlegen, wie diese Lücken geschlos-<br />
sen wer<strong>den</strong> können. Als „Werkzeug“ zur Durchführung der Lückenanalyse dient die bereits im<br />
Abschnitt „Qualitätssicherung von <strong>Soll</strong>-Modellen“ vorgestellte „Prozessfunktionstabelle“. Die<br />
Tabelle wird zunächst dadurch fortgeschrieben, dass die bereits im Rahmen der „Qualitätssi-<br />
cherung“ i<strong>den</strong>tifizierten maschinellen und teilmaschinellen Prozessaktivitäten und Tätigkeiten<br />
auf die bestehende IT-Unterstützung <strong>für</strong> <strong>den</strong> Prozess, d.h. auf die Gruppe der prozessnahen<br />
IT-Anwendungen referenziert wer<strong>den</strong>, um operative IT-Lücken sichtbar zu machen. 11<br />
Bearbeitungshinweise<br />
Erstellen Sie eine Liste aller IT-Anwendungen, die von <strong>den</strong> Prozessbearbeitern („Rollen“)<br />
im Ist-Zustand verwendet wer<strong>den</strong>.<br />
Nehmen Sie zusätzlich die „Checkliste Prozessoptimierung“ zur Hand (siehe Abbildung<br />
7), sie enthält sehr viele Hinweise auf typische Schwachstellen und Optimierungspoten-<br />
ziale, die nicht immer, auch <strong>für</strong> IT erfahrene Sachbearbeiter „auf der Hand liegen“.<br />
Notieren Sie zu jeder IT-Bearbeitungsfunktion in der Spalte L, ob diese Funktion von ei-<br />
ner der in der Liste aktueller Anwendungen geführten Anwendungen angeboten wird<br />
(z.B. durch ein „X“ oder ein „Ja“ in Spalte M).<br />
Dabei ist es hilfreich sich zu vergegenwärtigen, ob es sich bei einer bestimmten funktio-<br />
nalen Anforderung um eine fachliche Funktion (z.B.: „Berechnung des Wohngeldan-<br />
spruchs“) oder um eine allgemeine „office“ Funktion (z. B.: „Bearbeitung von Textvorla-<br />
gen“), eine Prozessautomationsfunktion (z.B.: „Dokument weiterleiten“), oder eine Servi-<br />
ce-Schnittstelle (z.B.: „Einwohnermeldedaten abfragen“) handelt.<br />
Notieren Sie in der Spalte O <strong>den</strong> korrekten und vollständigen Namen der Anwendung und<br />
ihren Versionsstand.<br />
Notieren Sie in der Spalte P <strong>den</strong> Namen des Herstellers oder Anbieters.<br />
10 GAP: engl. <strong>für</strong> „Lücke“. Der Begriff „GAP-Analyse“ bezeichnet eine universelle betriebswirtschaftliche Methode zur<br />
I<strong>den</strong>tifikation von strategischen oder operativen Lücken und zur Ableitung von Handlungsbedarfen in unterschiedlichen<br />
Projektkontexten.<br />
11 Die Prozessfunktionstabelle ist ebenso ein sehr geeignetes Hilfsmittel, um Anforderungskonzepte <strong>für</strong> die Auswahl und<br />
Beschaffung von Fachanwendungen zu erstellen oder Fachanwendungen im Hinblick auf ihre „Prozessproduktivität“<br />
und Unterstützungsqualität zu beurteilen.
42 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Beurteilen Sie in der Spalte Q die Qualität der Anwendung bzw. notieren Sie möglicher-<br />
weise ergänzende Anforderungen und Merkmale, die im <strong>Soll</strong>-Zustand erfüllt wer<strong>den</strong> sol-<br />
len.<br />
Funktionen, die keiner bestehen<strong>den</strong> Anwendung zugeordnet wer<strong>den</strong> können stellen „ope-<br />
rative Lücken“ dar, die geschlossen wer<strong>den</strong> müssen, um eine effiziente Prozessdurchfüh-<br />
rung zu gewähren.<br />
Funktionen, die zwar „im Prinzip“ vorhan<strong>den</strong> sind, aber qualitativ verbessert wer<strong>den</strong> kön-<br />
nen, stellen „qualitative Lücken“ dar, die ebenfalls geschlossen wer<strong>den</strong> müssen.<br />
Diskutieren Sie die i<strong>den</strong>tifizierten operativen und qualitativen Lücken mit <strong>den</strong> jeweils zu-<br />
ständigen Anwendungs- bzw. Verfahrensbetreuern, um Ideen und Vorschläge <strong>für</strong> die Be-<br />
hebung der Lücken zu sammeln. Diskutieren Sie dabei auch Umsetzungsalternativen.<br />
Erstellen Sie eine Liste der Lösungsvorschläge und Alternativen und bewerten Sie ggfs. al-<br />
ternative Lösungsvorschläge im Hinblick auf ihre Verbesserungsqualität <strong>für</strong> <strong>den</strong> Prozess<br />
und ihre Machbarkeit, bzw. ihren Umsetzungsaufwand. Eine geeignete Methode zur Dar-<br />
stellung der Bewertungsergebnisse ist die Portfoliomethode (siehe folgende Abbildung).<br />
Starke<br />
Verbesserung<br />
geringe<br />
Verbesserung<br />
B A<br />
Abbildung 18: Portfoliomethode zur Bewertung von Lösungsalternativen<br />
Lückenanalyse der Prozess- und Anwendungsschnittstellen<br />
Ein nach der FaMoS-Methode erstelltes <strong>Soll</strong>-Modell enthält eine sogenannte „Prozesslandkar-<br />
te“ vom Typ „Prozesskollaborationsdiagramm“. Dieses Diagramm gibt Auskunft über alle<br />
Schnittstellen des <strong>Soll</strong>-Modells zu internen und externen Prozessbeteiligten. Ziel der Lücken-<br />
analyse ist es festzustellen, ob die im „Ist“ vorhan<strong>den</strong>en Schnittstellen <strong>den</strong> Anforderungen des<br />
<strong>Soll</strong>-Modells entsprechen. Die folgende Abbildung 19 zeigt eine solche Prozesslandkarte. Sie<br />
stellt <strong>den</strong> Geschäftsprozess „Bearbeitung von Verkehrsordnungswidrigkeiten“ dar.<br />
Dabei wurde zu jeder Schwimmbahn links die Rolle des Bearbeiters und rechts die vom Bear-<br />
beiter verwendete „führende“ IT-Anwendung eingetragen. Die daten- und dokumentenbasier-<br />
ten Prozessschnittstellen wur<strong>den</strong> durchnummeriert, um ihre systematische Erfassung und<br />
Beschreibung 12 zu erleichtern. Die Prozesslandkarte zeigt auf, zwischen welchen Akteuren<br />
und zwischen welchen IT-Anwendungen Schnittstellen bestehen.<br />
12 Zur Methodik der fachlichen Beschreibung von Schnittstellen siehe Abschnitt 2.5.6 „Fachkonzept Schnittstelle“.<br />
C<br />
hoher<br />
Aufwand<br />
B<br />
geringer<br />
Aufwand
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 43<br />
Abbildung 19: Schnittstellenanalyse mit der Prozesslandkarte<br />
Verkehrs-<br />
Überwachung<br />
durchführen<br />
TP1<br />
Verstoßdaten<br />
aufbereiten<br />
TP2<br />
(Rücklauf)<br />
Bußgelder<br />
bearbeiten<br />
TP6<br />
Forderungen<br />
durchsetzen<br />
TP7<br />
Vk-Qwi<br />
Bescheide und<br />
Anhörungen<br />
versen<strong>den</strong><br />
TP3<br />
(Rücklauf)<br />
Verwarnungen<br />
bearbeiten<br />
TP5<br />
Postalischen<br />
Rücklauf<br />
VK-Owi<br />
digitalisieren<br />
TP4<br />
Bescheide und<br />
Anhörungen<br />
bearbeiten<br />
Strafzettel<br />
bearbeiten<br />
Zahlung<br />
annehmen<br />
Halterdaten<br />
bereitstellen<br />
Voreinträge<br />
bereitstellen<br />
Adressdaten<br />
bereitstellen<br />
Halter-/<br />
Fahrer-<br />
Ermitteln<br />
Adressdaten<br />
bereitstellen<br />
XOR<br />
€<br />
Zahlung<br />
annehmen<br />
XOR<br />
€<br />
Zahlung<br />
annehmen<br />
Bescheide und<br />
Anhörungen<br />
bearbeiten<br />
€<br />
X<br />
X<br />
Halter-/<br />
Fahrer-<br />
Ermitteln<br />
X<br />
Halter-/<br />
Fahrer-<br />
Ermitteln<br />
X<br />
Betroffene<br />
Ermitteln<br />
X<br />
Halterdaten<br />
bereitstellen<br />
Voreinträge<br />
bereitstellen<br />
Adressdaten<br />
bereitstellen<br />
X<br />
Halterdaten<br />
bereitstellen<br />
Voreinträge<br />
bereitstellen<br />
Adressdaten<br />
bereitstellen<br />
X X<br />
Ermittlungs-<br />
Akten<br />
Bereitstellen<br />
X<br />
XOR<br />
XOR<br />
Papier-<br />
Anzeige<br />
X<br />
Ermittlungs-<br />
Unterlagen<br />
bereitstellen<br />
Ermittlungs-<br />
Unterlagen<br />
bereitstellen<br />
StaAw<br />
VK-Gericht<br />
EWO<br />
Meldestelle<br />
KBA<br />
SB-<br />
Kasse<br />
Betroffene<br />
IT-DL /<br />
SSC<br />
SB-<br />
BG-Stelle<br />
SVD<br />
VKÜ<br />
VK-<br />
Polizei<br />
SVD-<br />
Ermittler<br />
X XOR X XOR<br />
XOR<br />
X<br />
X<br />
X X<br />
<strong>Soll</strong>-<br />
Stellung<br />
X<br />
X<br />
X<br />
X<br />
X<br />
X X X<br />
X<br />
X<br />
X<br />
X<br />
X X<br />
X<br />
X<br />
X<br />
€<br />
€<br />
€<br />
<strong>Soll</strong>-<br />
Stellung<br />
X<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
8<br />
6<br />
7<br />
5 9<br />
10 11<br />
12<br />
15<br />
13<br />
14<br />
17<br />
18<br />
19<br />
20 21<br />
22<br />
16<br />
Verkehrs-<br />
Überwachung<br />
durchführen<br />
TP1<br />
Verkehrs-<br />
Überwachung<br />
durchführen<br />
TP1<br />
Verstoßdaten<br />
aufbereiten<br />
TP2<br />
Verstoßdaten<br />
aufbereiten<br />
TP2<br />
(Rücklauf)<br />
Bußgelder<br />
bearbeiten<br />
TP6<br />
(Rücklauf)<br />
Bußgelder<br />
bearbeiten<br />
TP6<br />
Forderungen<br />
durchsetzen<br />
TP7<br />
Forderungen<br />
durchsetzen<br />
TP7<br />
Vk-Qwi<br />
Bescheide und<br />
Anhörungen<br />
versen<strong>den</strong><br />
TP3<br />
Vk-Qwi<br />
Bescheide und<br />
Anhörungen<br />
versen<strong>den</strong><br />
TP3<br />
(Rücklauf)<br />
Verwarnungen<br />
bearbeiten<br />
TP5<br />
(Rücklauf)<br />
Verwarnungen<br />
bearbeiten<br />
TP5<br />
Postalischen<br />
Rücklauf<br />
VK-Owi<br />
digitalisieren<br />
TP4<br />
Postalischen<br />
Rücklauf<br />
VK-Owi<br />
digitalisieren<br />
TP4<br />
Bescheide und<br />
Anhörungen<br />
bearbeiten<br />
Strafzettel<br />
bearbeiten<br />
Zahlung<br />
annehmen<br />
Halterdaten<br />
bereitstellen<br />
Voreinträge<br />
bereitstellen<br />
Adressdaten<br />
bereitstellen<br />
Halter-/<br />
Fahrer-<br />
Ermitteln<br />
Adressdaten<br />
bereitstellen<br />
XOR<br />
€<br />
Zahlung<br />
annehmen<br />
XOR<br />
€<br />
Zahlung<br />
annehmen<br />
Bescheide und<br />
Anhörungen<br />
bearbeiten<br />
€<br />
X<br />
X<br />
Halter-/<br />
Fahrer-<br />
Ermitteln<br />
X<br />
Halter-/<br />
Fahrer-<br />
Ermitteln<br />
X<br />
Betroffene<br />
Ermitteln<br />
X<br />
Halterdaten<br />
bereitstellen<br />
Voreinträge<br />
bereitstellen<br />
Adressdaten<br />
bereitstellen<br />
X<br />
Halterdaten<br />
bereitstellen<br />
Voreinträge<br />
bereitstellen<br />
Adressdaten<br />
bereitstellen<br />
X X<br />
Ermittlungs-<br />
Akten<br />
Bereitstellen<br />
X<br />
XOR<br />
XOR<br />
Papier-<br />
Anzeige<br />
X<br />
Ermittlungs-<br />
Unterlagen<br />
bereitstellen<br />
Ermittlungs-<br />
Unterlagen<br />
bereitstellen<br />
StaAw<br />
VK-Gericht<br />
EWO<br />
Meldestelle<br />
KBA<br />
SB-<br />
Kasse<br />
Betroffene<br />
IT-DL /<br />
SSC<br />
SB-<br />
BG-Stelle<br />
SVD<br />
VKÜ<br />
VK-<br />
Polizei<br />
SVD-<br />
Ermittler<br />
X XOR X XOR<br />
XOR<br />
X<br />
X<br />
X X<br />
<strong>Soll</strong>-<br />
Stellung<br />
X<br />
X<br />
X<br />
X<br />
X<br />
X X X<br />
X<br />
X<br />
X<br />
X<br />
X X<br />
X<br />
X<br />
X<br />
€<br />
€<br />
€<br />
<strong>Soll</strong>-<br />
Stellung<br />
X<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
8<br />
6<br />
7<br />
5 9<br />
10 11<br />
12<br />
15<br />
13<br />
14<br />
17<br />
18<br />
19<br />
20 21<br />
22<br />
16<br />
EWMR<br />
VZR<br />
HKR<br />
EGVP<br />
E-Postbrief<br />
E-Postbrief<br />
Mobile Erf.<br />
Bilddaten.<br />
Intranet.<br />
E-Postbrief<br />
SC-Owi<br />
Scan/OCR<br />
Matching
44 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Im Rahmen der technologischen Lückenanalyse ist nun zu klären, welche der Schnittstellen im<br />
Ist durch „Technik“ unterstützt wer<strong>den</strong> kann, um möglichst alle im „Ist“ vorhan<strong>den</strong>en Medien-<br />
brüche zu beseitigen.<br />
Vorlage <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich Schnittstellen<br />
© d-<strong>NRW</strong> / b.i.t.consult, 2010<br />
A B C D E F G H I J K L M N<br />
Bezeichnung Nr Sender Empfänger Interaktionstyp Informationstyp it-Unterstützung Empfehlung<br />
Name/Funktion Schnittstelle Akteur/Rolle<br />
Bearbeitungshinweise<br />
it-Anwendung<br />
Akteur/Rolle<br />
it-Anwendung<br />
unilateral<br />
bilateral<br />
Abbildung 20: Vorlage <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich Schnittstellen<br />
Eingang<br />
Ausgang<br />
Daten<br />
E-Dokumente<br />
P-Dokumente<br />
IST SOLL Maßnahme<br />
Ergänzen Sie, falls erforderlich ihre „Prozesslandkarte“ um Pools <strong>für</strong> alle am Prozess beteiligten<br />
Akteure und um entsprechende Schwimmbahnen <strong>für</strong> die Rollen. 13<br />
Fügen Sie die entsprechen<strong>den</strong> Rollensymbole und IT-Anwendungssymbole ein.<br />
Kontrollieren Sie, ob die Prozesslandkarte alle Prozessschnittstellen an <strong>den</strong>en Daten<br />
oder Dokumente ausgetauscht wer<strong>den</strong> enthält.<br />
Unterschei<strong>den</strong> Sie dabei Schnittstellen, an <strong>den</strong>en (elektronische) Daten ausgetauscht<br />
wer<strong>den</strong> von <strong>den</strong> Schnittstellen an <strong>den</strong>en papiergebun<strong>den</strong>e Dokumente (z. B. Post- Ein-<br />
gang / -Ausgang) oder elektronische Dokumente (z.B. E-Mail, Fax, Online Portal) aus-<br />
getauscht wer<strong>den</strong>.<br />
Nummerieren Sie die Schnittstellen durch und erstellen Sie eine Liste aller Schnittstellen<br />
(siehe Abbildung 19).<br />
Tragen Sie eine (möglichst funktionsorientierte) Bezeichnung <strong>für</strong> die Schnittstelle in<br />
Spalte A der Vorlage ein.<br />
Tragen Sie die Schnittstellennummer aus der Prozesslandkarte in Spalte B ein.<br />
Tragen Sie Angaben zum Sender bzw. Empfänger der Informationsobjekte aus der Pro-<br />
zesslandkarte in die Spalten C und D ein.<br />
13 Erläuterungen zur Methodik von FaMoS (Fachmodellierungsstandard) fin<strong>den</strong> Sie im Modellierungshandbuch<br />
FaMoS 2.0; vgl. auch Fußnote 4.
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 45<br />
Kreuzen Sie <strong>den</strong> Interaktionstyp 14 der Schnittstelle in <strong>den</strong> Spalten E oder F an.<br />
Charakterisieren Sie durch entsprechende Kreuze in <strong>den</strong> Spalten G-K <strong>den</strong> Typ des Infor-<br />
mationsobjekts (Datenobjekt, E-Dokument oder Papierdokument) und verwen<strong>den</strong> Sie bei<br />
Bedarf (bilaterale Interaktion) <strong>für</strong> „Eingang“ und „Ausgang“ getrennte Zeilen, damit Me-<br />
dienbrüche zwischen Eingangs- und Ausgangskanal „sichtbar“ wer<strong>den</strong>.<br />
Tragen Sie nun in Spalte L ein, welche Medien, IT-Services und Anwendungen im Ist-<br />
Zustand die Interaktion unterstützen. Falls an einer Prozessschnittstelle mehrere Medien<br />
genutzt wer<strong>den</strong>, sollten Sie <strong>für</strong> jedes Medium eine separate Zeile nutzen.<br />
Tragen Sie nun in Spalte M <strong>den</strong> <strong>Soll</strong>-Zustand ein, falls der Ist-Zustand nicht optimal ges-<br />
taltet ist.<br />
Tragen Sie in Spalte N ihre Maßnahmenvorschläge zur Schließung „operativer Lücken“<br />
bei Schnittstellen ein. Diskutieren und bewerten Sie die Lösungsvorschläge mit ihren IT-<br />
Experten und Fachexperten.<br />
Priorisieren Sie bei Bedarf alternative Lösungsvorschläge mit Hilfe der in Abbildung 18<br />
dargestellten Portfoliomethode.<br />
Lückenanalyse der E-Government Basiskomponenten<br />
Grundlage <strong>für</strong> die Lückenanalyse bei <strong>den</strong> IT-Querschnittsfunktionen und Basiskomponenten ist<br />
die bereits im Rahmen der Qualitätssicherung des <strong>Soll</strong>-Modells erstellte grobe Skizze der Pro-<br />
zess spezifischen IT-Anwendungsarchitektur. Nun geht es schlicht darum festzustellen, ob die<br />
dort skizzierten <strong>Soll</strong>-Funktionen und Dienstekomponenten innerhalb der lokalen E-Government<br />
IT-Infrastruktur bereitgestellt wer<strong>den</strong> oder nicht. Die folgende Abbildung 21 zeigt eine schema-<br />
tische Übersicht der Dienste, Funktionen und Komponenten, die in einer vollständig entwickel-<br />
ten, SAGA konformen und Service orientierten E-Government IT-Architektur enthalten sein<br />
sollten.<br />
Sie detailliert und ergänzt die in Abbildung 14 gezeigte grobe Skizze zur Anwendungsarchitek-<br />
tur <strong>für</strong> das <strong>Soll</strong>-Modell. Anhand der von Ihnen erstellten Skizze zur Prozess spezifischen An-<br />
wendungsarchitektur und der in Abbildung 21 dargestellten Gesamtübersicht zur E-<br />
Government Dienstearchitektur können Sie nun operative und strategische Lücken „ihrer“ E-<br />
Government IT i<strong>den</strong>tifizieren:<br />
Die „operative Lücke“ zur Umsetzung des ausgewählten <strong>Soll</strong>-Prozesses ergibt sich aus<br />
dem <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich zwischen Prozess spezifischer <strong>Soll</strong>-Architektur und der vorhande-<br />
nen Ist-Infrastruktur<br />
Die „strategische Lücke“ ergibt sich aus dem <strong>Soll</strong>-Ist Vergleich der vorhan<strong>den</strong>en Ist-<br />
Infrastruktur mit der Gesamtübersicht der E-Government Dienstearchitektur.<br />
14 „Unilateral“ = Informationsobjekt(-e) fließen nur in eine Richtung; „Bilateral“: Informationsobjekte fließen in beide<br />
Richtungen, möglicherweise muss hier zwischen verschie<strong>den</strong>en „Nutzungsszenarien“ unterschie<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>. Ver-<br />
wen<strong>den</strong> Sie in diesem Fall je Nutzungsszenario eine separate Zeile und Benennen Sie das Nutzungsszenario in Spalte<br />
A entsprechend.
46 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Vorsprache<br />
Telefon<br />
DOC<br />
Brief<br />
Logistik-Service<br />
Bündeln<br />
Zustellen<br />
Scan-Service<br />
Registrieren<br />
Digitalisieren<br />
Indizieren<br />
Extrahieren<br />
Input Mgmt.<br />
Zuordnen<br />
Aufklären<br />
Weiterleiten<br />
E-Mail<br />
Online<br />
Zugang<br />
(Kunde)<br />
Abbildung 21: Dienste und Funktionen in der E-Government IT-Architektur<br />
Dokumentieren und diskutieren Sie die eventuell bei diesem <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich i<strong>den</strong>tifizierten<br />
operativen und strategischen Lücken mit ihren IT-Experten. Entscheidungen und Maßnahmen<br />
zur Schließung operativer Lücken sollten immer auch im Hinblick auf die Gesamtarchitektur,<br />
die letztlich eine Infrastruktur <strong>für</strong> alle kommunalen Prozesse bereitstellen muss, getroffen bzw.<br />
ergriffen wer<strong>den</strong>. Dies bedeutet einerseits, dass die Schließung „operativer Lücken“ als Chan-<br />
ce begriffen wer<strong>den</strong> sollte, einen weiteren Schritt zum Aufbau der Gesamtarchitektur zu tun<br />
und andererseits, dass ein enger Zusammenhang zwischen der operativen und der strategi-<br />
schen Perspektive besteht, in dem grundsätzlich strategische IT-Entscheidungen ein höheres<br />
Gewicht als operative IT-Entscheidungen haben sollten. Diesem Zusammenhang muss im nun<br />
folgen<strong>den</strong> Schritt, der Entwicklung eines Stufenkonzeptes zur Umsetzung des <strong>Soll</strong>-Prozess-<br />
Konzepts, Rechnung getragen wer<strong>den</strong>.<br />
Extranet<br />
Zugang<br />
(Intermediär)<br />
In dem folgen<strong>den</strong> Fragebogen haben wir nochmals alle wichtigen „Leitfragen“ zur Durchfüh-<br />
rung des technologischen <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleichs zusammengestellt. Bitte berücksichtigen Sie<br />
dabei: es geht nicht um die Klärung technologischer Detailfragen, sondern „lediglich“ darum,<br />
die aus fachlicher und aus prozessualer Sicht <strong>für</strong> eine optimale Prozessdurchführung fehlen-<br />
<strong>den</strong> IT-Services zu benennen und einer an Umsetzungsstufen orientierten Projektplanung<br />
„zugänglich“ zu machen. Der Fragebogen ist in folgende Abschnitte gegliedert:<br />
A Analyse <strong>Soll</strong>-Prozess-Modell<br />
Intranet<br />
Zugang<br />
(Mitarbeiter)<br />
B Fortschreibung Prozessfunktionstabelle<br />
C Gap-Analyse Prozess- Funktionen und Automation<br />
D <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich Prozess Schnittstellen<br />
E <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich Anwendungsarchitektur<br />
Mobiler<br />
Zugang<br />
(Mitarbeiter)<br />
(Prozess-) Portal (Composite Application Plattform, Desktop/Taskflow)<br />
Vorgangssteuerung (Workflowmanagement System/bus)<br />
Servicesteuerung (Middleware, Servicemanagement System/bus )<br />
Sonst. Verz.-Dienste<br />
Online Brief<br />
E-Mail<br />
Virtuelle Poststelle<br />
E-Signatur<br />
Servicebibliothek (Service Repository)<br />
E-Government Services<br />
I<strong>den</strong>tity Management<br />
E-Payment Systems<br />
E-Shop-Systems<br />
Customer Management<br />
Knowledge Management<br />
Content Management<br />
Formular Management<br />
Document Management<br />
Hardware- und Netzinfrastruktur<br />
HKR-System<br />
EWO-Melde-Register<br />
sonstige Fachverfahren<br />
Telefon<br />
Fachservices<br />
Sonstige Web-Services<br />
Office<br />
Anwendungen<br />
E-Mail<br />
Online Brief<br />
Brief<br />
E-DOC DOC<br />
Versand-Mgmt<br />
Nachweis<br />
erbringen<br />
.<br />
zustellen<br />
Versen<strong>den</strong><br />
Print-Mgmt<br />
Weiterleiten<br />
Registrieren<br />
Indizieren<br />
konvertieren<br />
Vorsprache<br />
Freimachen<br />
.<br />
Couvertieren<br />
Drucken<br />
Output-Mgmt<br />
DOC
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 47<br />
Leitfragen zum <strong>Soll</strong>- Ist- Vergleich IT<br />
Diskutieren Sie die folgen<strong>den</strong> Fragen mit <strong>den</strong> Fach-, Prozess- und IT-Experten ihrer Kommune.<br />
Schreiben Sie dazu zunächst die Prozessfunktionstabelle im Bereich „Ist-Zustand“(Spalten<br />
L-Q) fort.<br />
Erstellen Sie zusätzlich eine Liste mit einer Grobbeschreibung und Bewertung aller Prozessschnittstellen.<br />
Erstellen Sie eine Grobskizze der <strong>Soll</strong>-Anwendungsarchitektur und führen<br />
Sie <strong>den</strong> <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich dazu durch.<br />
A Kritische Analyse bzw. Auswertung des <strong>Soll</strong>-Prozess-Modells:<br />
1<br />
Ist das <strong>Soll</strong>-Prozess-Modell bereits so detailliert, dass alle <strong>für</strong> die Durchführung<br />
der Prozessaktivitäten erforderlichen IT-Funktionen bzw. IT-Services „bekannt<br />
und benannt“ sind?<br />
2 Aus welchen IT-Komponenten bzw. IT-Anwendungen besteht das <strong>Soll</strong>-<br />
Anwendungssystem?<br />
3 Welche Prozessaktivitäten / Teilprozesse wer<strong>den</strong> im IST von welcher Anwendung<br />
unterstützt?<br />
4 Aus welchen IT-Komponenten bzw. IT-Anwendungen besteht das IST-<br />
Anwendungssystem?<br />
5 Welche funktionalen Lücken bzw. IT-Servicelücken ergeben sich aus dem <strong>Soll</strong>-<br />
Ist-Vergleich?<br />
B Fortschreibung der Prozessfunktionstabelle:<br />
6 (Falls Sie Leitfrage 1 mit „Nein“ beantworten müssen)<br />
Welche Prozessaktivitäten müssen weiter zergliedert wer<strong>den</strong>, damit die benötigten<br />
IT-Funktionen „sichtbar“ wer<strong>den</strong>?<br />
Zergliedern Sie gegebenenfalls diese Aktivitäten in manuell und maschinell<br />
ausführbare „Tätigkeiten“ („Feinmodell“/Funktionsmodell)<br />
Erstellen Sie eine Prozessfunktionstabelle und tragen Sie zu allen Aktivitäten<br />
die jeweils geforderten IT-Bearbeitungsfunktionen ein 15<br />
(siehe Anlage: „Prozessfunktionstabelle“)<br />
7 Welche Fachfunktionen wer<strong>den</strong> jeweils durch die Aktivitäten benötigt?<br />
8 Welche Office-Funktionen wer<strong>den</strong> jeweils durch die Aktivitäten benötigt?<br />
9 Welche Prozesssteuerungsfunktionen wer<strong>den</strong> jeweils durch die Aktivitäten benötigt?<br />
10 Welche Dokumentenmanagementfunktionen wer<strong>den</strong> jeweils benötigt?<br />
15 Siehe Abbildung 13
48 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
11 Welche Datenbereitstellungs- und Bearbeitungsfunktionen wer<strong>den</strong> jeweils benötigt?<br />
12 Welche Schnittstellen und Dienste zur „Kommunikation“ von Daten oder Dokumenten<br />
wer<strong>den</strong> jeweils benötigt?<br />
13 Welche Dienste zur Abwicklung von Zahlungsvorgängen wer<strong>den</strong> jeweils benötigt?<br />
14 Welche Vorlagen, Inhalte, Wissensquellen und sonstigen elektronischen Hilfsmittel,<br />
Dienste oder Anwendungen wer<strong>den</strong> benötigt?<br />
C „Gap-Analyse“ der Prozessfunktionen und des Prozessautomationsgrads:<br />
15 Welche Anwendungen unterstützen aktuell <strong>den</strong> Prozess und sind deshalb im<br />
Rahmen der Gap-Analyse sind zu untersuchen?<br />
16 Welche Prozessfunktionen wer<strong>den</strong> von welcher Anwendung bereitgestellt?<br />
17 Welche Prozessfunktionen wer<strong>den</strong> nicht bereitgestellt?<br />
18 Welche IT-Anwendungen, Module oder E-Government Dienste und Komponenten<br />
können die „operativen Lücken“ bei nicht abgedeckten Funktionen schließen?<br />
D <strong>Soll</strong>- Ist- Vergleich Schnittstellen:<br />
19 Welche Schnittstellen verlangt das <strong>Soll</strong>-Konzept zwischen dem internen IT-<br />
Anwendungssystem und externen IT-Anwendungen?<br />
20 Welche Merkmale haben die vorhan<strong>den</strong>en Schnittstellen?<br />
(siehe Vorlage: <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich Schnittstellen)<br />
21 Welche Medienbrüche bestehen bei Schnittstellen?<br />
22 Welche Automationspotenziale bestehen bei Schnittstellen?<br />
E <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich Anwendungsarchitektur:<br />
23 Welche IT-Anwendungen oder Funktionsmodule und Basisdienste gehören zum<br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Soll</strong>-Prozess erforderlichen Zielsystem?<br />
24 Welche IT-Anwendungen oder Funktionsmodule und Basisdienste sind aktuell<br />
nicht vorhan<strong>den</strong> und müssen beschafft oder entwickelt wer<strong>den</strong>? (vergl. Frage 18)<br />
25 Können vorhan<strong>den</strong>e Anwendungen (mit operativen Lücken) technisch in das Ziel-<br />
system integriert wer<strong>den</strong>?<br />
26 Welche Anwendungen müssen aufgrund ihrer als „kritisch“ bewerteten technolo-<br />
gischen Interoperabilität zum Zielsystem abgelöst wer<strong>den</strong>?<br />
Abbildung 22: Leitfragen zum <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich IT
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 49<br />
Die folgende Tabelle hilft Ihnen alle Maßnahmenvorschläge zu dokumentieren und zu struktu-<br />
rieren:<br />
Maßnahmenplan Technologie<br />
Nr Typ Maßnahme Prio Paket<br />
A Prozess-<br />
Bearbeitungsfunktionen<br />
B Schnittstellen<br />
C Basiskomponenten<br />
D Online Dienste<br />
E Entscheidungen<br />
F Projektorganisation<br />
G Projektplanung<br />
Nr.<br />
Stufe<br />
Nr.<br />
Abbildung 23 Vorlage "Maßnahmenplan Technologie"<br />
2.4 Stufenkonzept Umsetzung<br />
Bemerkung<br />
Im Rahmen des <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleichs wur<strong>den</strong> systematisch alle Potenziale, Möglichkeiten und<br />
Maßnahmen zur Optimierung des Ist-Prozesses i<strong>den</strong>tifiziert und dokumentiert. Da in der Praxis<br />
nur selten alle Optimierungsansätze zu einem Geschäftsprozess in einem Zuge umgesetzt<br />
wer<strong>den</strong> können, müssen die Optimierungsansätze und Maßnahmen im Rahmen einer Stufen-<br />
konzeption sinnvoll gebündelt und in eine logische und zeitliche Abfolge gebracht wer<strong>den</strong>. Für<br />
die Gestaltung des Stufenkonzepts bieten sich zwei grundsätzliche Alternativen an, die in der<br />
folgen<strong>den</strong> Abbildung 24 schematisch dargestellt sind.<br />
Das Vorgehen in „Variante A“ ist konsequent auf das Endergebnis des Projekts ausge-<br />
richtet. In jeder Umsetzungsstufe wer<strong>den</strong> die Grundlagen und Voraussetzungen <strong>für</strong> die<br />
nächste Umsetzungsstufe geschaffen, bis das geplante Gesamtergebnis erreicht wurde.<br />
Diese „klassische“ Vorgehensweise in der Projektplanung „optimiert“ zwar <strong>den</strong> Projekt-<br />
aufwand, hat aber <strong>den</strong> Nachteil, dass erst mit dem Projektabschluss eine funktionsfähige<br />
Lösung zur Verfügung steht. Bei Projekten, die über einen längeren Zeitraum geplant<br />
wur<strong>den</strong>, birgt dieser Planungsansatz aber gewisse Risiken. Jeder Praktiker weiss, dass<br />
sich die „Rahmenbedingungen“ wie etwa verfügbare Finanzmittel oder Projektziele im<br />
Zeitablauf ändern können. Dies führt nicht selten zum Abbruch ehrgeiziger Verände-<br />
rungsprojekte, mit dem Ergebnis dass statt einer „Pyramide“ (geplantes Projektergebnis)
50 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
ein „Hubschrauberlandeplatz“ (erreichtes Ergebnis) entsteht, <strong>den</strong> niemand wollte und<br />
<strong>den</strong> keiner gebrauchen kann.<br />
Variante A: „klassische“ Vorgehensweise<br />
Variante B: „modulare“ Vorgehensweise<br />
Abbildung 24: Alternative Stufenkonzeptionen 16<br />
Die „modulare“ Vorgehensweise (Variante B) hat demgegenüber <strong>den</strong> Vorteil, dass mit<br />
jeder einzelnen Umsetzungsstufe bereits ein „gebrauchsfertiges Teilergebnis“ (kleine Py-<br />
ramide) entsteht, welches mit jeder weiteren Umsetzungsstufe erweitert wird, bis das Pro-<br />
jektziel erreicht wird. Diese Vorgehensweise schließt also das Risiko einer „Projektruine“<br />
weitgehend aus.<br />
Übersetzt man die Vorgehensweise aus Variante B in die Sprache und Objektwelt des kom-<br />
munalen E-Government ergibt sich daraus ein relativ allgemein gültiger Entwicklungspfad <strong>für</strong><br />
Prozessoptimierungs- und Organisationsentwicklungsprojekte, die auf dem <strong>Einsatz</strong> der E-<br />
Government Technologien beruhen. Dieser Entwicklungspfad ist in der folgen<strong>den</strong> Abbildung<br />
25 dargestellt. Er kann als „roter Fa<strong>den</strong>“ zur Entwicklung ihres Umsetzungsstufenkonzepts<br />
dienen.<br />
1<br />
1<br />
2<br />
16 Darstellung in Anlehnung an Philipp Meyerbröcker: Die kleine Pyramide. In: Projektmagazin. Heft 10/2010.<br />
2<br />
3<br />
3
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 51<br />
2. Stufe: Plus Elektronische Vorgangsbearbeitung<br />
Dokumentenmanagement / Archivierung<br />
E-Vorgangsbearbeitung, E – Workflows,<br />
Scannen / Digitalisieren, Outputmanagement<br />
1. Stufe: Verwaltungsprozessoptimierung<br />
Optimierter <strong>Einsatz</strong> Büroautomation und Fachverfahren,<br />
Entbürokratisierung, Schnittstellenminimierung,<br />
Lauf- und Liegezeitenverkürzung,<br />
Personalbemessung<br />
Abbildung 25:Leitfa<strong>den</strong> und Entwicklungsstufen zur E-Government-Umsetzung<br />
Die folgen<strong>den</strong> Leitfragen (siehe Abbildung 26) helfen bei der Erstellung und Qualitätssicherung<br />
ihres Stufenkonzepts. Die Fragen beziehen sich auf die Plausibilität und Konsistenz der Um-<br />
setzungsstufen. In Abbildung 27 fin<strong>den</strong> Sie unseren Vorschlag zur Zusammenführung der im<br />
Rahmen des <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleichs i<strong>den</strong>tifizierten, organisatorischen und technologischen Maß-<br />
nahmenpakete in einer tabellarischen Darstellung ihres Stufenkonzepts. Sie sollten das Stufen-<br />
konzept unbedingt um eine Planung der Projekt begleiten<strong>den</strong> Maßnahmen im Bereich des Ver-<br />
änderungsmanagements ergänzen. Wie Sie das machen, erfahren Sie im Kapitel „Hinweise<br />
zum Veränderungsmanagement“ am Ende unseres Leitfa<strong>den</strong>s.<br />
Leitfragen zum Stufenkonzept<br />
Überprüfen Sie anhand der folgen<strong>den</strong> Leitfragen die „Plausibiliät“ ihres Stufenkonzepts.<br />
Diskutieren Sie die folgen<strong>den</strong> Fragen mit <strong>den</strong> Fach-, Prozess- und IT-Experten ihrer Kommune.<br />
A Plausbilität der Umsetzungsstufen<br />
4. Stufe: Neues Kommunales Produktionsmodell<br />
Front- und Backoffice-Organisation / Netzwerkverwaltung<br />
Shared Services<br />
auf der Basis <strong>standardisierter</strong> Verwaltungsprozesse<br />
3. Stufe: Plus E-Government<br />
Modellierung von E-Governmentfunktionen in <strong>den</strong> Prozessen,<br />
Verschmelzung digitalisierter Prozesse mit <strong>den</strong> manuellen,<br />
Verlagerung von Arbeiten auf die Nutzer,<br />
Bildung Nutzergruppen, SB-Services durch eID<br />
1 Ist das Stufenkonzept nach dem Prinzip der „kleinen Pyrami<strong>den</strong>“ aufgebaut,<br />
d.h.: entsteht nach jeder Umsetzungsstufe eine in sich geschlossene und praktisch<br />
einsetzbare (Teil-)Lösung?<br />
2 Welche Auswirkungen hat die Umsetzungsstufe auf vor- und/oder nachgelagerte<br />
Prozesse bzw. Teilprozesse?<br />
3 Entstehen zu irgendeinem Zeitpunkt in der Umsetzung der Stufen zusätzliche<br />
Medien- oder Systembrüche im Prozessablauf?
52 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
4 Können Sie <strong>den</strong> qualitativen Nutzen der Teillösungsstufen beschreiben?<br />
5 Können Sie <strong>den</strong> quantitativen Nutzen (zum Beispiel Prozesskostenersparnisse)<br />
auf jeder Teillösungsstufe beziffern?<br />
B Konsistenz der Umsetzungsstufen<br />
6 Welche technische Maßnahme gehört zur Umsetzungsstufe?<br />
7 Welche organisatorische Maßnahme gehört zur Umsetzungsstufe?<br />
8 Welche personelle Maßnahme gehört zur Umsetzungsstufe?<br />
9 Wie soll die Einführung der Umsetzungsstufe erfolgen? Welche Maßnahmen im<br />
Bereich des Veränderungsmanagement sind erforderlich?<br />
Name / Inalt<br />
Umsetzungsstufe<br />
Ergebnis<br />
Nutzen<br />
Organisation<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
Technik<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
Veränderungsmanagement<br />
Abbildung 26: Leitfragen zur Entwicklung des Stufenkonzepts<br />
Vorlage Planung Stufenkonzept<br />
© d-<strong>NRW</strong> / b.i.t.consult, 2011<br />
Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe X<br />
Maßnahmenpakete<br />
Abbildung 27: Vorlage zur Darstellung des Stufenkonzepts<br />
2.5 Fachliche Feinkonzeption<br />
Die folgende Themenliste zur fachlichen Feinkonzeption umfasst praktisch relevante Aufga-<br />
benstellungen. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die ausgewählten Themen<br />
entsprechen einer von <strong>den</strong> Projektteilnehmern selbst vorgenommenen Priorisierung. Die<br />
Themenauswahl deckt aber nichtsdestoweniger <strong>den</strong> kompletten Zyklus eines „typischen“ E-<br />
Government Prozesses ab. Dies „garantiert“, dass die im Folgen<strong>den</strong> behandelten Themen und<br />
Konzeptionsaufgaben in vielen Praxisprojekten wieder auftauchen wer<strong>den</strong>.<br />
Wie bereits in der Einführung zum <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> dargestellt, liegt der Schwerpunkt der fachli-<br />
chen Feinkonzeption darin, relevante Anforderungen an die Prozess unterstützende IT aus
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 53<br />
fachlicher Sicht und in fachlicher Sprache zu formulieren, damit IT-Fachleute auf dieser Grund-<br />
lage Lösungsvorschläge und Alternativen entwickeln können, ohne ihrerseits erneut in die Be-<br />
standsaufnahme bzw. <strong>Soll</strong>konzeption „einsteigen“ zu müssen. Der Leitfa<strong>den</strong> zur Feinkonzepti-<br />
on wendet sich also an Organisatoren und Prozessexperten der Kommune und möchte diesen<br />
bei der Bestimmung ihrer Anforderungen helfen.<br />
2.5.1 Einführung von Fachanwendungen<br />
Wie eine empirische Untersuchung der b.i.t.consult GmbH ergab 17 , existieren, trotz des an-<br />
scheinend umfassen<strong>den</strong> IT-<strong>Einsatz</strong>es in der kommunalen Verwaltung immer noch eine ganze<br />
Reihe von Kernprozessen, die heute nur ansatzweise eine IT-Unterstützung erfahren. Außer-<br />
dem entsprechen nicht wenige kommunale Fachanwendungen nicht mehr dem heutigen Stand<br />
der Technik, sodass die Auswahl und Einführung einer Fachanwendung ein in der kommunalen<br />
Praxis immer noch sehr relevantes Thema ist. Die Erfahrung zeigt, dass dabei neben <strong>den</strong> „rein<br />
fachlichen“ Funktionen zunehmend Anforderungen und Aspekte zur Prozessautomation<br />
(„Workflowmanagement“), der E-Aktenführung und der Integrationsfähigkeit von Fachanwen-<br />
dungen in komplexe E-Government Service-Architekturen eine entschei<strong>den</strong>de Rolle spielen.<br />
Unabhängig davon, ob die gesuchte Anwendung als autarke „stand alone“ Lösung oder als<br />
integrierte Anwendung in einer E-Government Dienstearchitektur betrieben wer<strong>den</strong> soll, emp-<br />
fiehlt es sich zunächst einmal ein weitgehend „technikfreies“ fachliches Anforderungskonzept<br />
auf der Grundlage einer soli<strong>den</strong> Prozessanforderungsanalyse zu erstellen.<br />
Das Hilfsmittel zur Ableitung fachlicher und prozessualer Anforderungen aus Prozessmodellen<br />
haben wir bereits kennen gelernt: die Prozessfunktionstabelle (siehe Abbildung 13). Mit ihrer<br />
Hilfe können fachliche und funktionale Anforderungen an IT-Anwendungen direkt aus dem Pro-<br />
zessmodell abgeleitet und umfassend dokumentiert wer<strong>den</strong> (Spalten A-L, N und G). Wie die<br />
Prozessfunktionstabelle angewendet wer<strong>den</strong> soll, wurde bereits im gleichnamigen Abschnitt<br />
erläutert.<br />
2.5.2 Fachkonzept Web-Frontend<br />
Online Services stellen eine ganz zentrale Möglichkeit dar, kommunale Geschäftsprozesse um<br />
neue, kun<strong>den</strong>orientierte Angebote zu erweitern und zugleich die Abläufe in der Verwaltung zu<br />
optimieren bzw. teilweise oder vollständig zu automatisieren. Grundsätzlich können kun<strong>den</strong>sei-<br />
tige Online-Dienste der Verwaltung nach fünf Kategorien bzw. Entwicklungsstufen eingeord-<br />
net 18 wer<strong>den</strong>:<br />
17 Siehe: „Studie Effizientes E-Government“, Köln/Seeheim 2011; als Download nach vorheriger Registrierung verfügbar<br />
unter: http://www.bitconsult.de/publikationen.html#content<br />
18 Siehe: Cap Gemini, „smarter, faster, better, the 8th European E-Government Benchmark”;<br />
http://ec.europa.eu/information_society/eeurope/i2010/docs/benchmarking/egov_benchmark_2009.pdf
54 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
1 Informationsangebote<br />
2 Einseitige Interaktionen<br />
(z.B. Downloads)<br />
3 Zweiseitige Interaktionen<br />
(z.B.: Terminvereinbarungen, Austausch e-Dokumente)<br />
4 Online Transaktionen<br />
(z.B.: sichere Online-Abwicklung und Bezahlung von Verwaltungsvorgängen, etwa einer<br />
Online-Meldeauskunft)<br />
5 Kun<strong>den</strong>spezifische, proaktive und automatisierte Online-Transaktionen<br />
(z.B.: regelmäßige Erteilung von Online Massenauskünften <strong>für</strong> registrierte „Heavy User“)<br />
Abbildung 28: Klassifizierung angebotsorientierter Online-Dienste<br />
In der Regel müssen solche Online-Dienste im Web-Frontend der Verwaltung allerdings völlig<br />
neu entwickelt wer<strong>den</strong>, sie können nicht aus „Ist-Prozessen“ abgeleitet wer<strong>den</strong>. Die Entwick-<br />
lung von Online Diensten der Kategorie drei und insbesondere der Kategorien vier und fünf<br />
stellt <strong>für</strong> die meisten Kommunen immer noch eine grundlegende Prozessinnovation dar. Die<br />
Aufgabe des Organisators ist es, fachliche Anforderungen, wie etwa die zur Sachbearbeitung<br />
zwingend notwendigen Angaben (z.B. Anschrift) und die technischen Anforderungen, wie etwa<br />
ein automatischer Abgleich der Daten mit dem Melderegister, zu i<strong>den</strong>tifizieren, um sie der IT<br />
<strong>für</strong> die Programmierung mitzuteilen.<br />
Um innovative <strong>Soll</strong>-Prozesse bzw. Teilprozesse zu entwickeln und dabei ihre fachlichen und<br />
technologischen Anforderungen zu spezifizieren, empfehlen wir Ihnen zunächst anhand der<br />
folgen<strong>den</strong> Checkliste „Fachkonzept Web-Frontend“ relevante, allgemeine Anforderungen zu<br />
sammeln und anschließend anhand der Vorlage „Anwendungsfallbeschreibung“ eine detaillier-<br />
te Beschreibung des oder der Anwendungsfälle („Use Cases“) zum Web-Frontend zu erstel-<br />
len.<br />
Abbildung 29: Ablaufmodell zur Fachkonzeption Web-Frontend
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 55<br />
Das Vorgehen zur Erstellung des Fachkonzepts ist in dem oben stehen<strong>den</strong> Ablaufmodell dar-<br />
gestellt. Die Aktivität 3 „Maskenfluss modellieren“ markiert <strong>den</strong> Übergang zur technischen Fein-<br />
konzeption. Zur Erfassung und Dokumentation der Anforderungen und Servicemerkmale (fach-<br />
liche Grobspezifikation) eines Web-Frontends <strong>für</strong> Kun<strong>den</strong> und Partner der Verwaltungsprozes-<br />
se dient die folgende tabellarische Übersicht zu <strong>den</strong> wesentlichen Funktionen eines online<br />
gestützten Self-Service-Angebots.
56 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
erforde<br />
liegt<br />
rlich?<br />
vor?<br />
Detaillierung Metho<strong>den</strong>hinweise<br />
J N J N<br />
Checkliste:<br />
Feinkonzept "Web-Frontend" / "Portal"<br />
© d-<strong>NRW</strong> / b.i.t.consult, 2010<br />
Kommunikations- und<br />
Marketingkonzept<br />
A Zielgruppen- und Nutzer- Analyse<br />
Kun<strong>den</strong>segmentierung,<br />
Rollenkonzept,<br />
Kommunikationskonzept<br />
X<br />
Beschreibung der Zielgruppen und Kun<strong>den</strong><br />
bzw. Nutzergruppen<br />
Wer sind die Nutzer (Zielgruppe)? Ist die Zeilgruppe "homogen" oder<br />
müssen <strong>für</strong> unterschiedliche Gruppen unterschiedliche Service-Angebote<br />
bzw. Zugänge geschaffen wer<strong>den</strong>?<br />
1<br />
internetzugang<br />
extranetzugang<br />
intranetzugang<br />
Prozesslandkarte<br />
2<br />
Ableitung aus <strong>den</strong> Prozessaufnahmen,<br />
Sind die Anwendungsfälle aus Nutzersicht i<strong>den</strong>tifiziert?<br />
X Use Case Diagramm<br />
Prozesslandkarte oder Neukonzeption<br />
Use Case Beschreibung<br />
3<br />
Kommunikationskonzept<br />
Ist der Kun<strong>den</strong>nutzen beschrieben? siehe: "Kurzbeschreibung" Use Case X<br />
Use Case Beschreibung<br />
Use Case Modell<br />
(Diagramm / Beschreibung)<br />
Sind die Aktivitäten des Nutzers und die Funktionen der Anwendung<br />
1 (Portal-Frontend) vollständig erfasst und dokumentiert? Use Case Diagramm<br />
Akteure (Mensch/Maschine) X Use Case Diagramm<br />
Anwendungsfälle X Use Case Diagramm<br />
Unteranwendungsfälle X Use Case Diagramm<br />
Ausnahmen ("exceptions") X Use Case Diagramm<br />
Varianten ("extensions") X Use Case Diagramm<br />
2 Welche Zugangsmöglichkeiten sollen dem Nutzer angeboten wer<strong>den</strong>? Use Case Beschreibung<br />
freier Zugang, keine Beschränkung Use Case Beschreibung<br />
Zugang mit Nutzername / Passwort Use Case Beschreibung<br />
Zugang mit Nutzername / Passwort / TAN Use Case Beschreibung<br />
Zugang über nPA Use Case Beschreibung<br />
Zugang über de-Mail / E-Postbrief Use Case Beschreibung<br />
personalisierte Anwendungsoberfläche Use Case Beschreibung<br />
persönliches Postfach Use Case Beschreibung<br />
single sign on Use Case Beschreibung<br />
3 Welche Bearbeitungsfunktionen sollen dem Nutzer geboten wer<strong>den</strong>? Use Case Beschreibung<br />
B Fachliches Feinkonzept funktionale Anforderungen<br />
Abbildung 30: Checkliste Fachkonzept Web-Frontend (1 / 4)
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 57<br />
Ansprechpartner suchen Use Case Beschreibung<br />
Inhalte suchen Use Case Beschreibung<br />
Inhalte ansehen Use Case Beschreibung<br />
Inhalte downloa<strong>den</strong> Use Case Beschreibung<br />
Formular ansehen Use Case Beschreibung<br />
Formular bearbeiten Use Case Beschreibung<br />
Formular unterschreiben Use Case Beschreibung<br />
Formular downloa<strong>den</strong> Use Case Beschreibung<br />
Druckfunktion Use Case Beschreibung<br />
Use Case Beschreibung<br />
Daten ansehen<br />
Datenmodell<br />
Use Case Beschreibung<br />
Daten erfassen<br />
Datenmodell<br />
Use Case Beschreibung<br />
Daten bearbeiten/ändern/löschen<br />
Datenmodell<br />
Use Case Beschreibung<br />
Dokumente downloa<strong>den</strong><br />
Dokumentenmodell<br />
Use Case Beschreibung<br />
Daten Downloa<strong>den</strong><br />
Datenmodell<br />
Use Case Beschreibung<br />
Dokumente uploa<strong>den</strong>, versen<strong>den</strong><br />
Dokumentenmodell<br />
Use Case Beschreibung<br />
Daten uploa<strong>den</strong>, versen<strong>den</strong><br />
Datenmodell<br />
E-Mail versen<strong>den</strong> Use Case Beschreibung<br />
Rückruf vereinbaren Use Case Beschreibung<br />
Terminvereinbarungen Use Case Beschreibung<br />
4 Welche BearbeitungsService-Funktionen sollen dem Nutzer geboten wer<strong>den</strong>? Use Case Beschreibung<br />
Plausibilitätsprüfung Daten Use Case Beschreibung<br />
Vollständigkeitsprüfung Formulareingaben Use Case Beschreibung<br />
Vollständigkeitsprüfung Anlagen Use Case Beschreibung<br />
Geführter Nutzerdialog über mehrere<br />
Eingabefenster mit Eingabeabhängigen<br />
Maskenfluss, Ablaufmodell<br />
Entscheidungen zum Maskenfluss<br />
5 Benötigt der Nutzer ergänzende Informationsangebote und "Inhalte"? Use Case Beschreibung<br />
gesetzliche Grundlagen, Rechtsbelehrung Use Case Beschreibung<br />
Zuständige Bearbeiter / Kontaktdaten Use Case Beschreibung<br />
Produkt- /( Leistungsbeschreibung Use Case Beschreibung<br />
Hilfetexte, Bearbeitungshilfen, Erläuterungen Use Case Beschreibung<br />
sonstige Use Case Beschreibung<br />
Abbildung 30: Checkliste Fachkonzept Web-Frontend (2 / 4)
58 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
müssen <strong>für</strong> <strong>den</strong> gesamten<br />
C sonstige funktionale Anforderungen<br />
Use Case Beschreibung<br />
Anwendungsfall gelten!<br />
1 Barrierefreiheit Use Case Beschreibung<br />
barrierefreier Zugang Use Case Beschreibung<br />
Mehrsprachigkeit Use Case Beschreibung<br />
2 Shopmodul Use Case Beschreibung<br />
E-Payment Use Case Beschreibung<br />
Warenkorb Use Case Beschreibung<br />
3 Web-Telefonie Use Case Beschreibung<br />
Telefonanruf aus der Anwendung heraus Use Case Beschreibung<br />
Anwenderbetreuung durch Callcenter Agent Use Case Beschreibung<br />
4 allgemeine Informationsdienste Kommunikationskonzept<br />
Newsletter Kommunikationskonzept<br />
Veranstaltungskalender Kommunikationskonzept<br />
Stadtplan Kommunikationskonzept<br />
sonstige Kommunikationskonzept<br />
müssen <strong>für</strong> <strong>den</strong> gesamten<br />
Use Case Beschreibung<br />
Anwendungsfall gelten!<br />
Geschäftsregeln,<br />
Datenschutzbedarfsanalyse,<br />
Datenschutzkonzept<br />
sichere Datenverbindung / -Übertagung (VPN) Use Case Beschreibung<br />
D sonstige technische Anforderungen<br />
Abbildung 30: Checkliste Fachkonzept Web-Frontend (3 / 4)<br />
1 Datensicherheit: Nutzung von sensiblen Kun<strong>den</strong>daten<br />
Verschlüsselung der Daten/Dokumente (SSL) Use Case Beschreibung<br />
Einverständniserklärung Nutzer Use Case Beschreibung<br />
fortgeschrittene E-Signatur (siehe B2) Use Case Beschreibung<br />
qualifizierte E-Signatur Use Case Beschreibung<br />
2 Anbindung von internen IT-Verfahren und Service-Komponenten Use Case Beschreibung<br />
Formularserver Use Case Beschreibung<br />
Virtuelle Poststelle Use Case Beschreibung<br />
CMS Use Case Beschreibung<br />
DMS Use Case Beschreibung<br />
Use Case Beschreibung<br />
Feinkonzept "Schnittstelle"<br />
Fachverfahren
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 59<br />
Use Case Beschreibung<br />
Feinkonzept "Schnittstelle"<br />
Kasse<br />
Datenbank Use Case Beschreibung<br />
Outputmagementsystem Use Case Beschreibung<br />
Inputmanagementsystem (Indizierung Formulare!) Use Case Beschreibung<br />
ID-Management Use Case Beschreibung<br />
CRM Use Case Beschreibung<br />
Use Case Beschreibung<br />
Feinkonzept "Schnittstelle"<br />
Use Case Beschreibung<br />
externe Verwaltungen<br />
Feinkonzept "Schnittstelle"<br />
Use Case Beschreibung<br />
Unternehmen<br />
Feinkonzept "Schnittstelle"<br />
Use Case Beschreibung<br />
NGO und Freie Träger<br />
Feinkonzept "Schnittstelle"<br />
3 Anbindung von externen IT-Verfahren und Service-Komponenten<br />
Abbildung 30: Checkliste Fachkonzept Web-Frontend (4 / 4)
60 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Bearbeitungshinweise zur Checkliste Fachkonzept Web-Frontend<br />
Kreuzen Sie zunächst in der Checkliste die zur Feinspezifikation des Anwendungsfalls<br />
erforderlichen Themen und Merkmale in der Spalte „erforderlich“ an<br />
Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Zielgruppen und Nutzeranalyse und das Kom-<br />
munikationskonzept. Das „beste“ Online Service-Angebot kann keine Wirkung entfalten,<br />
wenn es der Zielgruppe nicht bekannt gemacht wird! Erstellen Sie dazu frühzeitig einen<br />
das Feinkonzept ergänzen<strong>den</strong> Maßnahmenplan.<br />
Beachten Sie die Metho<strong>den</strong>hinweise zur weiteren Konkretisierung Ihres Fachkonzepts<br />
Schreiben Sie die Checkliste zur Kontrolle des Projektfortschritts und der Dokumentation<br />
des Fachkonzepts fort (Spalte: liegt vor?)<br />
Zur weiteren Verfeinerung des Fachkonzepts empfehlen wir die Erstellung eines Anwendungs-<br />
falldiagramms und die Erstellung einer Anwendungsfallbeschreibung. Diese bil<strong>den</strong> <strong>den</strong> fach-<br />
konzeptionellen „Input“ <strong>für</strong> die Ableitung von Rollen und Rechten, der Prozesssteuerungslogik<br />
und des Maskenflusses im Rahmen der technischen Feinkonzeption. Das Anwendungsfalldia-<br />
gramm ist besonders gut geeignet, um zunächst eine grobe Übersicht zu <strong>den</strong> am Anwen-<br />
dungsfall (=Systemnutzung) beteiligten Akteuren und Rollen sowie die durch die Web-<br />
Anwendung bereit zu stellen<strong>den</strong> Funktionsgruppen („Aktivitäten“) zu erhalten. Die zur Erstel-<br />
lung eines Anwendungsfalldiagramms benötigten Symbole und ihre Verwendung sind in der<br />
folgen<strong>den</strong> Abbildung schematisch dargestellt:<br />
Das „Use Case“- Diagramm nach der UML (Unified Modelling Language)<br />
Rolle / Akteur<br />
Geschäftsprozess<br />
<br />
Teilprozess<br />
Name<br />
Anwendungsfall 1<br />
Anwendungsfall X<br />
Unter-<br />
Anwendungsfall 1.1<br />
Unter-<br />
Anwendungsfall 1.2<br />
Aktivität<br />
(Objekt / Verrichtung)<br />
Abbildung 31: Notation zur Erstellung von Anwendungsfalldiagrammen<br />
Bearbeitungshinweise zum Anwendungsfalldiagramm<br />
Unter- Unter-<br />
Anwendungsfall 1.1.1<br />
Unter- Unter-<br />
Anwendungsfall 1.1.1<br />
Entsprechung der Detaillierungsebenen in FaMoS<br />
Aktivitätengruppe<br />
(Objekt / Verrichtung)<br />
Tätigkeit<br />
(Objekt / Verrichtung)<br />
Eine Standard-Methode zur Modellierung von Anwendungsfällen bietet die UML 19 mit<br />
dem sogenannten „Use-Case-Diagramm“ (Anwendungsfalldiagramm). Die Anwen-<br />
dungsfälle entsprechen grundsätzlich <strong>den</strong> Teilprozessen oder Aktivitätengruppen bzw.<br />
19 UML = Unified Modelling Language, ein in der IT-Anwendungsentwicklung verwendeter Metho<strong>den</strong>standard zur<br />
Modellierung von Anforderungen an IT-Systeme
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 61<br />
Aktivitäten in einem <strong>Soll</strong>-Modell. Im Unterschied zum <strong>Soll</strong>-Modell wird aber der Kontroll-<br />
fluss aus der Betrachtung ausgeblendet. Anwendungsfälle fokussieren auf die Funktio-<br />
nen, die eine Anwendung bereitstellen soll.<br />
Dabei wer<strong>den</strong>, analog zum Vorgehen bei der Prozessmodellierung, die Anwendungsfälle<br />
solange in ihre Unteranwendungsfälle zergliedert, bis die Funktionen „sichtbar“ wer<strong>den</strong>.<br />
Zu jedem Anwendungsfall entsteht also eine „Liste“ von mehr oder weniger stark detail-<br />
lierten Anwendungsfunktionen.<br />
Die Menge der Anwendungsfunktionen wird umgekehrt, je nach Komplexität der Anforde-<br />
rungen, durch die Anwendungsfälle bzw. ihre Unteranwendungsfälle gruppiert bzw. ge-<br />
bündelt.<br />
Dabei entsprechen die Funktionsbündel der Anwendungsfälle <strong>den</strong> <strong>für</strong> Anwender zu ent-<br />
wickeln<strong>den</strong> Bearbeitungsfunktionen in <strong>den</strong> „Bearbeitungsmasken“ der zu erstellen<strong>den</strong><br />
Anwendung.<br />
Bei komplexen Anwendungsfällen empfiehlt es sich, ein Maskenflussdiagramm und Pro-<br />
zessablaufdiagramme zu erstellen, welche Auskunft über die logische Verknüpfung und<br />
Abfolge der Bearbeitungsmasken in der Anwendung geben (Kontrollfluss, Workflowdi-<br />
agramm).<br />
Es hat sich praktisch bewährt zunächst das sogenannte „Happy-Day-Szenario 20 “ und erst<br />
anschließend die „Ausnahmen“ zu modellieren.<br />
Im Anschluss an die grafische Modellierung der Anwendungsfälle soll zur Spezifikation der<br />
fachlichen Anforderungen in <strong>den</strong> Anwendungsfällen eine Anwendungsfallbeschreibung erstellt<br />
wer<strong>den</strong>. Diese beschreibt <strong>den</strong> Ablauf sowie allgemeine, funktionale und technische Anforde-<br />
rungen. Auf ihrer Grundlage können bereits erste Entwürfe der grafischen Benutzer-<br />
Schnittstelle (GUI / Bearbeitungsmaske) erstellt wer<strong>den</strong>. Auf ihrer Grundlage kann ein techni-<br />
scher Entwurf der Web-Anwendung erstellt wer<strong>den</strong>. Eine entsprechende Dokumentenvorlage<br />
mit einem kurzen Fallbeispiel zur Anwendungsfallbeschreibung fin<strong>den</strong> Sie in der Abbildung 32.<br />
Bearbeitungshinweise zur Anwendungsfallbeschreibung<br />
Erstellen Sie zu jedem im Anwendungsfalldiagramm skizzierten Anwendungsfall (und bei<br />
Bedarf zu <strong>den</strong> Unteranwendungsfällen) eine detaillierte Anwendungsfallbeschreibung<br />
Beginnen Sie jeweils bei der Beschreibung des Anwendungsfalls zunächst mit dem so-<br />
genannten „Happy Day-Szenario“. Dieses beschreibt <strong>den</strong> Regelfall der Nutzung bzw.<br />
<strong>den</strong> einfachsten Anwendungsfall. Beschreiben Sie erst danach die Sonderfälle und Aus-<br />
nahmen.<br />
Neben der Ablaufbeschreibung können ergänzende Angaben, zum Beispiel zur erwarte-<br />
ten Nutzungshäufigkeit, <strong>den</strong> sonstigen funktionalen und technischen Anforderungen so-<br />
20 Das sogenannte „Happy Day Szenario“ beschreibt <strong>den</strong> einfachsten Anwendungsfall und blendet alle Prozessvarianten zur<br />
Bearbeitung von Ausnahmen und Sonderfällen sowie mögliche Fehlerbearbeitungsprozesse aus.
62 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
wie zu Erfordernissen zur Datenspeicherung sehr wichtig <strong>für</strong> die Gestaltung einer nut-<br />
zerfreundlichen, ergonomischen und sicheren Anwendung sein.<br />
Diskutieren Sie Ihre Anwendungsfallbeschreibung sowohl mit <strong>den</strong> fachlich zuständigen<br />
Prozess- als auch mit <strong>den</strong> IT-Experten Ihrer Verwaltung und halten Sie alle offenen Fra-<br />
gen fest.<br />
Zum Abschluss der Anwendungsfallbeschreibung dürfen keine offenen Fragen mehr vor-<br />
Vorlage<br />
han<strong>den</strong> sein!<br />
Anwendungsfallbeschreibung Seite 1/4<br />
© b.i.t.consult GmbH Seeheim 2010<br />
1. Name Anwendungsfall Einkommenserklärung abgeben<br />
2. Nummer Anwendungsfall XXX<br />
3. Referenzierte Dokumente Zum Beispiel:<br />
4. Kurzbeschreibung und<br />
Kun<strong>den</strong>nutzen<br />
Anwendungsfalldiagramm<br />
Prozesslandkarte<br />
Prozessmodell<br />
Maskenflussmodell<br />
Maskenentwurf<br />
Was soll mit dem Anwendungsfall erreicht wer<strong>den</strong>?<br />
Zum Beispiel: Eltern, die ihre Kinder in der Kita angemeldet haben geben online über das<br />
Bürgerportal eine Selbstauskunft zu ihrem erwarteten Einkommen ab, damit die Kommune<br />
<strong>den</strong> Elternbeitrag festsetzen kann. Der Kunde erspart sich die schriftliche / postalische Mitteilung<br />
5. Akteure Welche Akteure (Anwender und Systeme/Anwendungen)<br />
sind an dem Anwendungsfall beteiligt?<br />
5.1 Anwender: zum Beispiel: Bürger (Eltern)<br />
5.2 Anwendung: Bürgerportal / Online Bürgerservice Elternbeiträge<br />
6. Auslöser Wie, bzw. durch was wird der Anwendungsfall ausgelöst?<br />
Zum Beispiel: Der Anwender hat sich mit seiner Kennung am Bürgerservice angemeldet und<br />
ruft die Seite „Einkommenserklärung Elternbeiträge“ auf<br />
7. Vorbedingungen Was muss bereits vorher geschehen, bearbeitet oder<br />
durchgeführt wor<strong>den</strong> sein, damit der Anwendungsfall eintreten<br />
kann?<br />
• Die Kita-Anmeldung des Kindes muss der Kommune vorliegen<br />
• Die Eltern haben eine Zugangskennung zum Bürgerservice Elternbeiträge erhalten
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 63<br />
Vorlage<br />
Anwendungsfallbeschreibung Seite 2/4<br />
© b.i.t.consult GmbH Seeheim 2010<br />
8. Ergebnisse und<br />
Nachbedingungen<br />
8.1 Ergebnisse:<br />
Welche Nachbedingungen müssen erfüllt sein?<br />
• die Einkommensdaten der Eltern wur<strong>den</strong> über das Portal an das Jugendamt übermittelt<br />
8.2 Nachbedingungen:<br />
• der Anwender hat sich ordnungsgemäß am System abgemeldet und die Session beendet<br />
• die Eltern haben eine Empfangsbestätigung erhalten<br />
9. Benutzte Anwen-<br />
dungsfälle<br />
Welche anderen Anwendungsfälle wer<strong>den</strong> von diesem Anwendungs-<br />
fall benutzt?<br />
• Anwendungsfall: „Systemanmeldung / Nutzerkennung prüfen“; Anwendungsfall Nummer: XXX<br />
• Anwendungsfall: „Empfangsbestätigung versen<strong>den</strong>“; Anwendungsfall Nummer: YYY<br />
10. Ablaufbeschreibung<br />
10.1 Basisablauf („Happy Day-Szenario“)<br />
Schritt Akteur Aktivität / Funktion Bemerkung<br />
1 Eltern Web-Seite „Kita-Elternbeiträge“ aufrufen<br />
2 Web-Portal Web-Seite Elternbeiträge anzeigen<br />
3 Eltern Service-Seite „Elterneinkommen erklären<br />
aufrufen“<br />
4 Web-Portal Service Seite „Elterneinkommen erklären“<br />
anzeigen<br />
5 Eltern Am System anmel<strong>den</strong>; Nutzer-<br />
Kennung eingeben<br />
6 Web-Portal Nutzerkennung prüfen, Formular „Elterneinkommen“<br />
anzeigen<br />
7 Eltern Stammdaten prüfen<br />
Kun<strong>den</strong>information<br />
Rechtsgrundlagen<br />
anzeigen<br />
8 Eltern E-Mail Adresse prüfen bzw. erfassen Alternativ: schriftl. Bestätigung<br />
anfordern<br />
9 Einkommensdaten erfassen
64 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
10 Eltern Erfasste Daten bestätigen<br />
Vorlage<br />
Anwendungsfallbeschreibung Seite 3/4<br />
© b.i.t.consult GmbH Seeheim 2010<br />
11 Eltern Daten absen<strong>den</strong><br />
12 Web-Portal Daten speichern<br />
13 Web-Portal Bearbeitungsprotokoll erstellen<br />
14 Web-Portal Empfangsbestätigung versen<strong>den</strong> Mail/postalisch?<br />
15 Web-Portal Daten an Fachanwendung übergeben<br />
16 Fachanwendung<br />
Elternbeiträge<br />
10.2 Ausnahmen und Varianten<br />
Einkommensdaten speichern Benachrichtigung SB<br />
generieren<br />
5.A Eltern Neue Nutzerkennung anfordern<br />
6.A Web-Portal Nutzerkennung ungültig, Zugang verweigern<br />
6.B Web-Portal Anforderung „Neue Nutzerkennung anbieten“<br />
14.A Web-Portal Empfangsbestätigung per E-Mail versen<strong>den</strong><br />
14.B Web-Portal Versand einer postalischen Empfangsbestätigung<br />
anstoßen<br />
11. Sonstige funktionale<br />
Anforderungen<br />
Zum Beispiel:<br />
Welche sonstigen funktionalen Anforderungen bestehen die <strong>für</strong><br />
<strong>den</strong> gesamten Anwendungsfall?<br />
• Die gesamte Anwendung und die Anwendungsdialoge mit <strong>den</strong> Nutzern müssen sehr einfach<br />
und übersichtlich gestaltet sein<br />
• Alle Funktionen und Datenfelder müssen mit „Hilfe-Menüs“ hinterlegt sein („mouse over“)<br />
Die Seite muss dem CD / CI der Kommune entsprechen<br />
12. sonstige technische<br />
Anforderungen<br />
Welche sonstigen technischen, das heißt nicht funktionalen Anforderungen,<br />
gelten zu diesem Anwendungsfall?
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 65<br />
Vorlage<br />
Anwendungsfallbeschreibung Seite 4/4<br />
© b.i.t.consult GmbH Seeheim 2010<br />
Zum Beispiel:<br />
• Die Übermittlung der Einkommensdaten muss über eine gesicherte Verbindung (z.B.: SSL-<br />
Verschlüsselung) erfolgen<br />
Der Seitenaufbau darf nicht länger als 3 Sekun<strong>den</strong> dauern<br />
13. Datenspeicherung Wer<strong>den</strong> aufgrund oder im Verlauf dieses Anwendungsfalls Da-<br />
ten gespeichert? Welche und wie viele?<br />
• e-Mail-Adresse der Eltern<br />
• Einkommensdaten der Eltern<br />
o Bruttoeinkommen per anno Eltern 1 (numerisch, 6 stellen)<br />
o Bruttoeinkommen per anno Eltern 2 (numerisch, 6 stellen)<br />
Alternativ:<br />
o Auswahlmenü mit Einkommensgruppierung Eltern 1 bzw. 2<br />
• Bearbeitungsprotokoll (log-Datei)<br />
14. Nutzungshäufigkeit Wie häufig wird der Anwendungsfall eintreten?<br />
• Es wer<strong>den</strong> maximal 6000 Nutzer und Nutzungen per anno erwartet<br />
15. Priorität Welche Umsetzungspriorität hat der Anwendungsfall?<br />
A/B/C/D Bemerkungen<br />
16. Offene Fragen Gibt es offene Punkte und Fragen im Zusammenhang mit der<br />
Anwendungsfallbeschreibung?<br />
Dieser Abschnitt darf bei Freigabe des Dokuments keine Inhalte mehr haben.<br />
Abbildung 32: Vorlage Anwendungsfallbeschreibung<br />
2.5.3 Fachkonzept Eingangsbearbeitung<br />
Im Sinne einer effizienten elektronischen Vorgangsbearbeitung müssen grundsätzlich alle Ein-<br />
gangskanäle (und Ausgangskanäle), möglichst ohne Medienbruch, in IT-Anwendungssysteme<br />
zur E-Vorgangsbearbeitung integriert wer<strong>den</strong>. Während die bereits im Bereich der „elektroni-<br />
schen Medien“ angesiedelten Eingangskanäle: Bürgerportal, Fax und E-Mail mit ihren Varian-<br />
ten DE-Mail bzw. E-Postbrief ohne Medienbruch in die Vorgangsbearbeitung integriert wer<strong>den</strong><br />
können, können unvermeidliche Medienbrüche im Bereich der Posteingangsbearbeitung nur<br />
durch eine Digitalisierung papiergebun<strong>den</strong>er Eingangsdokumente „geheilt“ wer<strong>den</strong>. Im Fach-<br />
konzept Eingangsbearbeitung geht es um die Zusammenstellung jener Fachinformationen, die
66 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
zur Planung von Prozessen, technischer Infrastruktur und Personaleinsatz im Bereich der<br />
Digitalisierung von Eingangsdokumenten (Scan-Verfahren, Prozess) benötigt wer<strong>den</strong>.<br />
Da die Digitalisierung von Eingangsdokumenten im Bereich der Kommunalverwaltung immer<br />
noch eine Ausnahmeerscheinung darstellt, möchten wir zunächst eine kurze Einführung in das<br />
Thema „Scannen“ voranstellen:<br />
Aufgabe des Scanprozesses ist primär die Umwandlung von Papierdokumenten in ein<br />
digitales Abbild, das die Grundlage <strong>für</strong> alle weiteren Arbeitsschritte ist. Bei <strong>den</strong> Scan-<br />
nern wird in Arbeitsplatz-, Abteilungs- und Produktionsscanner sowie Großformatscan-<br />
ner unterschie<strong>den</strong>. Aktuelle Scanner sollten folgende Mindestanforderungen erfüllen:<br />
Doppelseitiges Scannen bis 300 dpi 21 in Farbe und SW in einem Durchgang.<br />
Automatischer Dokumenteneinzug<br />
Unterstützung von ISIS 22 und TWAIN<br />
Anschluss über USB, FireWire oder Ethernet (Netzwerkscanner)<br />
Doppelseiteneinzugskontrolle (über Ultraschall)<br />
Abteilungs- und Produktionsscanner unterstützen in der Regel Dokumentgrößen bis DIN A3<br />
und sind in der Lage, sowohl das Schwarz-Weiß, wie auch das Farbbild gleichzeitig zu erfas-<br />
sen. Neben im Scanner ablaufen<strong>den</strong> Bildverbesserungsverfahren (Geraderücken, Ränder<br />
beschnei<strong>den</strong>, Helligkeitskorrektur, automatische Ausrichtung, usw.) unterschei<strong>den</strong> sich die<br />
Geräte hauptsächlich in Geschwindigkeit und Tageskapazität. Im Standard wer<strong>den</strong> die Doku-<br />
mente oben aus einem Anlagefach am Scanner gezogen und in einem Fach darunter wieder<br />
abgelegt (umgekehrt wie beim Laserdrucker). Diese Verarbeitung kann bei einigen Dokumen-<br />
ten zu Problemen führen, z.B. sehr kleine Dokumente, sehr lange Dokumente, altes brüchiges<br />
Papier (Altakten), Pappvorlagen (Karteikarten). Für solche Zwecke sind Scanner verfügbar,<br />
die das Papier vorne einziehen, gerade durch <strong>den</strong> Scanner führen und hinter dem Scanner<br />
ablegen. Für Formate über DIN A3 sind spezielle Großformatscanner erforderlich. Zu beach-<br />
ten ist, dass die erzeugten Bilddateien z.T. ein erhebliches Datenvolumen erreichen können;<br />
dies belastet unter Umstän<strong>den</strong> Speicherkapazitäten und Bandbreiten bei der Übermittlung der<br />
Dokumente.<br />
Das Datenvolumen wird dabei maßgeblich von der gewählten Bildauflösung (dpi-Rate), <strong>den</strong><br />
Farbinformationen und dem Ausgabedateiformat beeinflusst. Es ist also jeweils abzuwägen<br />
welche „Bildqualität“ ausreichend ist.<br />
Beim „ersetzen<strong>den</strong> Scannen“. wer<strong>den</strong> die Originaldokumente nach dem Scannen ver-<br />
nichtet. Falls Rechtsunsicherheit über die Anerkennung gescannter Dokumente besteht,<br />
müssen die Originale weiterhin aufbewahrt wer<strong>den</strong>.<br />
Wer<strong>den</strong> die Dokumente bereits direkt nach der Anlieferung, zum Beispiel in der Poststel-<br />
le oder bei einem Scan-Dienstleister digitalisiert, spricht man vom „Frühen Scannen“.<br />
Für bestimmte Dokumente, in der Regel aus dem Bereich des Sozialgesetzbuches, wird<br />
eine qualifizierte elektronische Signatur gefordert.<br />
21 dpi = „dots per inch“; Maßeinheit <strong>für</strong> die Punktdichte bei Bildreproduktionen.<br />
22 Bei ISIS bzw. TWAIN handelt es sich um technologische Standards zum Austausch von Daten zwischen Bildeinga-<br />
begeräten.
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 67<br />
Wer<strong>den</strong> die Dokumente nach der internen Zustellung im Fachbereich, am Arbeitsplatz<br />
des Sachbearbeiters oder nach der papiergestützten Sachbearbeitung gescannt, spricht<br />
man vom „Späten Scannen“. Das „späte Scannen“ ist in der Regel die weniger effiziente<br />
Vorgehensweise, lässt sich aber nicht immer vermei<strong>den</strong>.<br />
Ein Scanprozess ist in der Regel in vier Teilprozesse gegliedert: die Arbeitsvorbereitung,<br />
die Digitalisierung, die Indizierung und die Nachbereitung. In der Arbeitsvorbereitung<br />
wer<strong>den</strong> die zu scannen<strong>den</strong> Dokumente nach „Themen“ sortiert und <strong>für</strong> das Scannen vor-<br />
bereitet. Zunächst wer<strong>den</strong> die Dokumente entklammert, aufgeschnitten oder sonst nach<br />
Vorgabe vorbereitet. Der Anfang jedes neuen Dokuments mit einem Barcodeaufkleber<br />
oder durch ein Trennblatt gekennzeichnet. Dies ist erforderlich, da eine automatische<br />
Dokumententrennung sicher funktioniert. Es folgt die Ablage der Schriftstücke in sachli-<br />
chen Stapeln. Hinter <strong>den</strong> Stapeln liegen Beschreibungen der Scansoftware, wie die Do-<br />
kumente zu verarbeiten sind. Zu jedem Stapel wird ein Laufzettel erstellt, der dokumen-<br />
tiert, wer welche Tätigkeiten im Prozess erledigt hat. Beim Digitalisieren der Dokumente<br />
wer<strong>den</strong> die einzelnen Scanstapel mit der da<strong>für</strong> erstellten Scanklasse verarbeitet, d.h. die<br />
vorbereiteten Scanstapel wer<strong>den</strong> in <strong>den</strong> Scanner eingelegt und zunächst digitalisiert, es<br />
erfolgt die Barcodeerkennung und die Dokumententrennung. Dieser Teilprozess endet<br />
mit einer ersten Qualitätskontrolle und der elektronischen Signatur der Dateien. Im<br />
nächsten Teilprozess, der Indizierung, erfolgt die Klassifizierung der Dokumente und die<br />
Gewinnung von Inhaltsinformationen zum Dokument. Dies erfolgt entweder automatisiert<br />
oder manuell. Nach der abschließen<strong>den</strong> Qualitätssicherung wer<strong>den</strong> die indizierten Bild-<br />
dokumente zur weiteren Verarbeitung bereitgestellt. Die Dokumente wer<strong>den</strong> mit <strong>den</strong> In-<br />
dexinformationen an das DMS- / Workflowmanagementsystem übergeben. Wie die Da-<br />
ten übergeben wer<strong>den</strong> müssen hängt vom Dokumenten- bzw. vom Workflow- Manage-<br />
mentsystem ab. In der Nachbereitung wer<strong>den</strong> die Dokumente nach <strong>den</strong> Kategorien:<br />
„Vernichten“ (mit einer Karenzzeit von bis zu 6 Wochen), „Einlagern“ und „Weiterleiten“<br />
sortiert und verarbeitet. Die Vernichtung erfolgt verzögert, damit bei Fehlern im Prozess<br />
noch Korrekturen bzw. ein Nachscannen möglich sind.<br />
Entschei<strong>den</strong>d <strong>für</strong> die Wertschöpfung des Scanprozesses und Prozessoptimierungseffekte<br />
in der nachgelagerten Vorgangsbearbeitung ist der Automationsgrad im Scanverfahren<br />
und die sorgfältige Indizierung der Eingangsdokumente, damit diese möglichst ohne<br />
Umwege zu dem <strong>für</strong> ihre Bearbeitung zuständigen Mitarbeiter gelangen.<br />
Bei der Indizierung der digitalisierten Eingangsdokumente wer<strong>den</strong> diese mit sogenannten<br />
Metadaten, zum Beispiel einem Aktenzeichen versehen. Die Metadaten ermöglichen in<br />
Verbindung mit entsprechen<strong>den</strong> Verzeichnisdiensten eine maschinelle Zuordnung („Mat-<br />
ching“) des Dokuments zum Vorgang und zum Bearbeiter. Anhand der Metadaten kön-<br />
nen die Dokumente also ohne manuelle Eingriffe in <strong>den</strong> elektronischen Posteingang des<br />
Bearbeiters übergeben wer<strong>den</strong>.<br />
Die Indizierung kann, abhängig von der Typologie und Struktur der Eingangsdokumente<br />
und der Wirtschaftlichkeit des Technologieeinsatzes manuell oder maschinell erfolgen.<br />
Darüber hinaus können Dokumenteninhalte und Daten maschinell ausgelesen und zur<br />
elektronischen Weiterverarbeitung in Vorgangsbearbeitungssystemen oder sonstigen
68 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Fachanwendungen bereitgestellt wer<strong>den</strong>. Dies vermeidet manuellen Erfassungsauf-<br />
wand in <strong>den</strong> nachgelagerten Prozessen.<br />
Die zur maschinellen Indizierung eingesetzten Programme basieren auf <strong>den</strong> sogenann-<br />
ten OCR 23 bzw. ICR 24 Technologien, die in Verbindung mit Validierungskatalogen, z.B.<br />
<strong>für</strong> Geschäftszeichen, eingesetzt wer<strong>den</strong>.<br />
Die zum Scannen eingesetzte Hardware und Software weist eine große Bandbreite bei<br />
<strong>den</strong> Funktionen und <strong>den</strong> Investitions- bzw. Lizenzkosten auf. Deshalb ist es sinnvoll,<br />
erwartete Bearbeitungsmengen und Leistungsanforderungen im Rahmen der Fachkon-<br />
zeption zur Eingangsbearbeitung zu ermitteln und eine Wirtschaftlichkeitsanalyse zu<br />
erstellen.<br />
Insgesamt stellt sich bei allen Scan-Projekten die Frage: „Selbst machen oder verge-<br />
ben?“.<br />
Kriterien, die <strong>für</strong> eigenes Scannen sprechen:<br />
Zeitkritischer Prozess, Post soll direkt in <strong>den</strong> Prozess gescannt wer<strong>den</strong><br />
Datenschutz verbietet externe Vergabe<br />
Auslastung vorhan<strong>den</strong>er Infrastruktur<br />
Kriterien, die <strong>für</strong> externes Scannen sprechen:<br />
Volumen ist mit eigenen Kräften in einem gegebenen Zeitrahmen nicht zu schaffen<br />
(Archivierung Altakten, Projektstart mit umfangreichen Scanaktivitäten)<br />
fehlendes Know/How oder fehlende Technik<br />
Zeitunkritisch, geringe Auswirkungen auf interne Geschäftsprozesse<br />
Preis bzw. Kosten<br />
Zur Erstellung des Fachkonzepts sind zwei Arbeitsschritte erforderlich:<br />
1. Ist-Aufnahme der relevanten Prozessdokumente<br />
2. Analyse der relevanten Prozessdokumente<br />
Grundlage <strong>für</strong> die Ist-Aufnahme der relevanten Prozessdokumente ist Ihre Prozessfunktions-<br />
tabelle. In der Spalte Daten und Dokumente wur<strong>den</strong> bereits die Input- und Outputdokumente<br />
erfasst. Für <strong>den</strong> Scanprozess sind hier die Eingangsdokumente relevant, die in Papierform<br />
ankommen. Für diese Dokumente ist eine Dokumentenanalyse erforderlich, um die fachlichen<br />
Anforderungen an <strong>den</strong> Scanablauf zu beschreiben. Die Analyse dient zum einen der Auswahl<br />
der richtigen Technik wie Scanner und Software, zum anderen zur Festlegung der Tätigkeiten<br />
vor, während und nach dem Scannen. In der folgen<strong>den</strong> Abbildung 33 fin<strong>den</strong> Sie eine Vorlage<br />
zur Durchführung und Dokumentation Ihrer Dokumentenanalyse. Die Vorlage enthält bereits<br />
Beispielinformationen, die veranschaulichen, welche Inhalte als Ergebnis der Dokumenten-<br />
analyse gewünscht wer<strong>den</strong>.<br />
23 OCR = Optical Charakter Recognition; optische (Schrift-)Zeichenerkennung.<br />
24 ICR = Intelligent Character Recognition; optisches Verfahren zur Entzifferung von handschriftlichen Zeichen oder<br />
Erkennung fehlerhafter Schreibweisen (Worterkennung, IWR) durch Mustervergleiche.
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 69<br />
Bearbeitungshinweise:<br />
Übertragen Sie alle papiergebun<strong>den</strong>en Eingangsdokumente (Eingangskanäle: Poststelle<br />
und Bürgerdienste) aus dem <strong>Soll</strong>-Modell in die Vorlage<br />
Erstellen Sie die Dokumentenbeschreibung<br />
Stellen Sie fest, ob das Eingangsdokument vertrauliche Daten enthält und deshalb „ge-<br />
schlossen“ zugestellt wer<strong>den</strong> muss. Dokumente dieses Typs sollten „spät“, d.h. vom zu-<br />
ständigen Bearbeiter bzw. Empfänger persönlich gescannt wer<strong>den</strong>. Grundsätzlich muss<br />
allerdings ein Vermerk „vertraulich/persönlich“ im Adressfeld enthalten sein, um solche<br />
Posteingänge sichtbar zu kennzeichnen. Die Nennung des Empfängernamens im Ad-<br />
ressfeld begründet rechtlich keine geschlossene Zustellung!<br />
Ermitteln Sie durch die Sichtung einer Dokumentenstichprobe die Anforderungen zur Ar-<br />
beitsvorbereitung<br />
Legen Sie mit Blick auf die erforderliche Bildqualität, Bandbreite, Dokumentenladezeiten<br />
und Speicherkapazität die Anforderungen an die Digitalisierung der Dokumente fest<br />
Analysieren Sie anhand welcher Metadaten und Kriterien die Klassifizierung der Ein-<br />
gangsdokumente und ihre Zuordnung zu Vorgängen und Bearbeitern erfolgt bzw. zu-<br />
künftig erfolgen soll (Indizierung) und prüfen Sie, welche Inhaltsdaten aus Dokumenten<br />
extrahiert wer<strong>den</strong> können.<br />
Ermitteln Sie gesetzliche Aufbewahrungsfristen zu jedem Eingangsdokument<br />
Legen Sie die Anforderungen zur Dokumentennachbereitung fest
70 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
nein PZU<br />
PZU Text / Vordruck 1 8000 A5 farbiges<br />
Papier<br />
X<br />
graustufe<br />
nscan<br />
8bit<br />
AZ, Datum<br />
Empfänger Name Nein<br />
gegen Daten aus<br />
Fachverfahren JA Nein<br />
200 JEPEG<br />
scannen nein VK-OWI<br />
Vorgangsakte 30 3500 A4 normal X sichten<br />
(Bildbestnadteil<br />
e),<br />
entheften,<br />
entklammern,<br />
Haftnotizen<br />
entfernen und<br />
separat<br />
Vorgang Typ<br />
Fremd-AZ<br />
Eigenes AZ Nein Nein nein Nein<br />
SW-<br />
Scan<br />
oder<br />
graustufe<br />
nscan<br />
8-bit<br />
nein KWF<br />
Rechnung Text / strukturiert 2 15000 A4 normal X<br />
graustufe<br />
nscan<br />
8bit<br />
nein VK-OWI<br />
Anschreiben Text / formlos 1 2500 A4 normal X<br />
SW-<br />
Scan<br />
8-bit<br />
200 PDF/A Typ Vorgang<br />
Name,<br />
Vorname,<br />
Adresse<br />
AZ Nein Nein nein Nein<br />
200 PDF/A Absender<br />
RE-Nr<br />
RE-Positionen<br />
Auftragsnr.<br />
RE-Beträge<br />
Skonto J/N<br />
Summe Netto gegen Daten aus<br />
RE-Betrag<br />
Summe Brutto Fachverfahren nein Nein<br />
200 PDF/A<br />
Fahrerfoto Bild 1 2500 A6-A5 Photopapier<br />
X aufkleben A4<br />
nein, an<br />
Dokument<br />
anhängen VK-OWI<br />
Farbscan<br />
16bit<br />
AZ,<br />
KFZ-Kennz.<br />
Datum Nein<br />
gegen KFZ-<br />
Melderegister JA Ja<br />
Selbsteinschätzung<br />
Text / Vordruck 1 6000 A4 normal X keine nein KITA-<br />
Beiträge<br />
SW-<br />
Scan<br />
8-bit<br />
Einkommensnachweise<br />
nein KITA-Beiträge<br />
diverse 2 3500 A4 und A5 normal X keine nein KITA-<br />
Beiträge<br />
SW-<br />
Scan<br />
8-bit<br />
offen<br />
Dokument-<br />
Papier- Papier-<br />
Dokumenten- Dokumenten- Zuordnung<br />
Bezeichnung Strukturierung Zahl Stück/Jahr Format Merkmale Vorbereitung Trennung Scan-Stapel Scan-Typ<br />
Wohngeldantrag Text / Vordruck 4 1500 A3 gefaltet normal X vor <strong>den</strong> Antrag und Wohngeld SWscannen<br />
in der anlagen<br />
Scan<br />
Faltung einzelne<br />
8-bit<br />
auftrenen Dokumente<br />
Vermieter- Text / Vordruck 1 1500 A4 normal X keine nein Wohngeld SWbescheinigung<br />
Scan<br />
8-bit<br />
Barcode Vordruck<br />
GZ bei Wiederholungsanträgen<br />
Nein Nein<br />
Barcode Vordruck<br />
GZ bei Wiederholungsanträgen<br />
Stammdaten Antrag<br />
gegen<br />
Einwohnermeldea<br />
uskunft<br />
Abbildung 33: Muster Fachkonzept Eingangsbearbeitung<br />
Einkommenserklärung<br />
Eltern<br />
Text / Vordruck 2 6000 A4 normal X keine<br />
SW-<br />
Scan<br />
8-bit<br />
Nein<br />
200 bitmap Barcode Vordruck<br />
Name,<br />
Stammdaten<br />
Vorname,<br />
Antragsteller gegen Daten aus<br />
Adresse<br />
Einkommensdaten Fachverfahren Nein<br />
200 JEPEG Typ Vorgang<br />
nein<br />
Name,<br />
Vorname,<br />
Adresse Nein Nein<br />
JA<br />
200 PDF/A Barcode Vordruck<br />
nein<br />
Name,<br />
Stammdaten<br />
Vorname,<br />
Antragsteller gegen Daten aus<br />
Adresse<br />
Einkommensdaten Fachverfahren<br />
Nein<br />
300 TIF<br />
200 GIF<br />
nein<br />
Ja<br />
Dokumenten-<br />
Typ &<br />
Ø<br />
Seiten-<br />
Verkehrsmenge<br />
geschlossen<br />
dpi Format<br />
200 PDF/A<br />
Indizierung<br />
Metadaten<br />
Extraktion<br />
Inhaltsdaten<br />
Mindest-<br />
Auflösung<br />
Ausgab<br />
e-<br />
Plausibilitätsprüfung<br />
Daten Urkunde Aufbewahrung<br />
nein<br />
Aufbewahrungs-<br />
Frist<br />
Dokumentenbeschreibung Zustellung Anforderung ArbeitsvorbereitungAnforderungen Digitalisierung Anforderungen Nachbereitung<br />
Muster Dokumentenanalyse<br />
© d-<strong>NRW</strong> / b.i.t.consult, 2010
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 71<br />
2.5.4 Fachkonzept Dokumentenmanagement<br />
Die Einführung elektronischer Vorgänge und Akten in Verwaltungsverfahren bietet erwiesener-<br />
maßen viele Vorteile und Chancen zur Optimierung der Geschäftsprozesse. Als Oberbegriff <strong>für</strong><br />
Optimierungsansätze in diesem Bereich hatte sich schon früh der Begriff der „elektronischen<br />
Vorgangsbearbeitung“ in Verbindung mit dem DOMEA-Fachkonzept 25 etabliert.<br />
Die Funktionskomponente „Dokumentenmanagement“ ist lediglich eine von mehreren funktio-<br />
nalen Komponenten der elektronischen Vorgangsbearbeitung. Zu einem ganzheitlichen Kon-<br />
zept der E-Vorgangsbearbeitung gehören darüber hinaus die Funktionskomponenten: Scan-<br />
nen, Input- bzw. Outputmanagement, Workflowmanagement sowie eine Middleware-<br />
Komponente zur Integration und Steuerung von Service-Aufrufen (E-Service Bus) aus Fachver-<br />
fahren oder sonstigen E-Government-Basiskomponenten 26 . Es existiert zurzeit keine allgemein<br />
anerkannte Definition davon, was ein „Dokumentenmanagementsystem“ (DMS) ist und was es<br />
genau leisten muss. Stattdessen existiert eine große Zahl von Produkten und „Lösungen“, die<br />
sich in ihrem Funktionsumfang, ihrer Leistungsfähigkeit und ihren technischen Merkmalen, zum<br />
Beispiel im Hinblick auf ihre Integrationsfähigkeit, ganz erheblich unterschei<strong>den</strong>. Eine der Kom-<br />
plexität des Themas angemessene Darstellung des Sachverhalts würde <strong>den</strong> Rahmen dieses<br />
<strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong>s bei weitem sprengen. Darüber hinaus gehört die Frage, ob und welches DMS<br />
die IT-Infrastruktur der Kommune ergänzen soll, in <strong>den</strong> Bereich der IT-strategischen Entschei-<br />
dungen, da ein DMS als „Querschnittsanwendung“ grundsätzlich immer mit Blick auf die Ge-<br />
samtverwaltung, d.h. mit Blick auf die Anforderungen aller Kernprozesse und die „Passfähig-<br />
keit“ des DMS innerhalb der bereits vorhan<strong>den</strong>en IT-Anwendungslandschaft getroffen wer<strong>den</strong><br />
sollte.<br />
Dies „reduziert“ die Frage nach <strong>den</strong> fachlichen Anforderungen an DMS zunächst einmal darauf,<br />
die bereits umfänglich dokumentierten, allgemeinen Anforderungskataloge zu DMS 27 zur Hand<br />
zu nehmen und im Hinblick auf die eigenen Erfordernisse anzupassen und zu priorisieren.<br />
Aus der Perspektive eines Geschäftsprozesses stellt sich in der Praxis immer wieder die Frage:<br />
„Benötigt der Prozess ein Dokumentenmanagementsystem?“ Da der <strong>Einsatz</strong> eines DMS Li-<br />
zenzkosten verursacht und in der Regel auch Einführungs- und Integrationsaufwand nach sich<br />
zieht, ist die Beantwortung dieser Frage sehr „praxisrelevant“. Das Fachkonzept Dokumenten-<br />
management dient vor allem zur Beantwortung dieser Frage, nicht zur Auswahl und Beschaf-<br />
fung eines DMS. In der folgen<strong>den</strong> Abbildung 34 fin<strong>den</strong> Sie eine kurze Checkliste, die Ihnen<br />
helfen soll festzustellen, ob:<br />
A. der Geschäftsprozess überhaupt ein „professionelles“ DM-System benötigt und<br />
B. die möglicherweise genutzte Fachanwendung bereits DM-Kernfunktionalitäten anbietet<br />
25 DOMEA steht <strong>für</strong>: „Dokumentenmanagement und elektronische Archivierung im IT-gestützten Geschäftsgang“. Die<br />
Bundesregierung hat im Regierungsprogramm „Vernetzte und transparente Verwaltung“ beschlossen, ein neues<br />
Konzept zu erarbeiten, das <strong>den</strong> organisatorischen Rahmen <strong>für</strong> die elektronische Verwaltungsarbeit definiert (Organi-<br />
sationskonzept Elektronische Verwaltungsarbeit). Dieses Konzept soll 2011 veröffentlicht wer<strong>den</strong> und das DOMEA-<br />
Konzept ablösen. Für weiterführende Informationen siehe: http://www.verwaltung-innovativ.de/nn_685148/DE/<br />
Organisation/domea__konzept/ domea__konzept__node.html?__nnn=true<br />
26 Vgl. Abbildung 21<br />
27 Der DOMEA Anforderungskatalog kann hier heruntergela<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>: http://www.verwaltung-innovativ.de/nn_1006118/<br />
SharedDocs/Publikationen/DE/domea__konzept__anforderungskatalog __excel__tabelle.html?__nnn=true
72 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
5 Steht innerhalb der Fachanwendung ein leistungsfähiger Dokumentenviewer zur Verfügung?<br />
Können Eingangs- und Ergebnisdokumente ausreichend mit einem "unifizieren<strong>den</strong>" Namen (z.B.:<br />
6 AZ+Dokumentenname) versehen wer<strong>den</strong>?<br />
Wird die Suche nach Dokumenten oder Dokumenteninhalten durch die Fachanwendung<br />
7 unterstützt?<br />
8 Können Metadaten zu Dokumenten in der Form eines Barcode ausgedruckt wer<strong>den</strong>?<br />
Anzeigen von Dokumenten: Seitenzahl, Rotieren, Zoomen, Blättern,<br />
Scrollen, Thumb Nails<br />
Bearbeiten von Dokumenten: Textmarker, Unterstreichen, Stempel,<br />
Anmerkungen, Notizzettel, Lassofunktion, OCR-Textwandlung<br />
Bestehen besondere Anforderungen an eine revisionssichere Dokumentation aller<br />
9 Bearbeitungsschritte im Verwaltungsablauf?<br />
B Fragen zur DM-Eignung von Fachanwendungen Ja Nein<br />
Können Ergebnis- und Ausgangsdokumente in der Fachanwendung elektronisch gespeichert<br />
1 wer<strong>den</strong>?<br />
2 Können digitalisierte Eingangsdokumente in der Fachanwendung gespeichert wer<strong>den</strong>?<br />
Kann die Ablagestruktur in der Fachanwendung entsprechend <strong>den</strong> Anfordewrungen einer E-Akte<br />
3 nach verschie<strong>den</strong>en Hierarchiestufen gegliedert wer<strong>den</strong>? zum Beispiel: Akten, Vorgänge, Mappen usw.<br />
Können mehrseitige TIF oder PDF/A-Dokumente gespeichert, angezeigt und bei Bedarf<br />
4 ausgedruckt wer<strong>den</strong>?<br />
Bearbeitungsprotokolle gehören zu <strong>den</strong> Standardfunktionen von DMS,<br />
aber auch viele Fachverfahren können revisionssicher protokollieren<br />
Wird ausser <strong>den</strong> Primärdaten aus <strong>den</strong> Eingangsdokumenten das Dokument selbst <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
2 weiteren Bearbeitungs- und Entscheidungsprozess benötigt?<br />
3 Müssen Eingangsdokumente an verschie<strong>den</strong>e Bearbeiter weitergeleitet wer<strong>den</strong>?<br />
4 Wer<strong>den</strong> die Dokumente durch <strong>den</strong> oder die Bearbeiter verändert, ergänzt oder kommentiert?<br />
5 Sind im Verfahrensablauf Stellungnahmen oder Gutachten vorgesehen?<br />
6 Müssen (interne) Eingangsdokumente Mitzeichnungs- und Freigabeverfahren durchlaufen? zum Beispiel: Urlaubsantrag, oder Bestellungen…<br />
7 Müssen Ergebnisdokumente Mitzeichnungs- oder Freigabeverfahren durchlaufen?<br />
8 Sind im Verfahrensablauf häufig Akteneinsichten durch externe oder interne Stellen vorgesehen?<br />
Das Dokument, z.B. "Antrag" dient also lediglich als Datenquelle und zur<br />
Dokumentation der Antragstellung bzw. des "Kun<strong>den</strong>auftrags". In<br />
diesem Falle könnten die DM-Funktionen auch durch ein einfaches<br />
Ablage-/File-System erfüllt wer<strong>den</strong>!<br />
Abbildung 34: Checkliste Anforderung und Eignung DM<br />
1 Hat der Prozess mehrere Bearbeiterrollen innerhalb der Verwaltung?<br />
Die Zahl der Prozessrollen allein ist kein hinreichendes Kriterium <strong>für</strong><br />
DMS-Bedarf!<br />
© d-<strong>NRW</strong> / b.i.t.consult, 2011<br />
A Fragen zur Klassifizierung der Prozessanforderungen an DM Ja Nein Bemerkungen<br />
Checkliste zum Fachkonzept Dokumentenmanagement
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 73<br />
Bearbeitungshinweise<br />
Wer<strong>den</strong> die Fragen im Abschnitt A der Checkliste in Bezug auf <strong>den</strong> gegebenen Prozess<br />
mit „Nein“ beantwortet, benötigt der Prozess mit großer Wahrscheinlichkeit kein DMS,<br />
sondern lediglich ein Dokumentenablagesystem („File-System“).<br />
Wer<strong>den</strong> die Fragen im Abschnitt B der Checkliste in Bezug auf die Prozess unterstützen-<br />
de Fachanwendung überwiegend mit „JA“ beantwortet, sollten Sie prüfen, ob sich die<br />
Einführung bzw. Integration eines DMS mit der Fachanwendung lohnt. Die Fachanwen-<br />
dung verfügt bereits über wesentliche Kernfunktionen eines DMS.<br />
2.5.5 Fachkonzept elektronischer Workflow<br />
Die Modellierung elektronischer Arbeitsflüsse („Workflows“) ist immer dann erforderlich, wenn<br />
Geschäftsprozesse automatisiert oder maschinell gesteuert wer<strong>den</strong> sollen. Die grafische Dar-<br />
stellung der Arbeitsflüsse erleichtert dabei das Verständnis <strong>für</strong> die technische Umsetzung der<br />
fachlichen Anforderungen und Abläufe <strong>für</strong> Beteiligte, die selbst nicht programmieren können.<br />
Dazu müssen <strong>Soll</strong>-Modelle zu maschinell ausführbaren Workflowmodellen weiterentwickelt<br />
wer<strong>den</strong>. Dies geschieht durch eine Detaillierung oder „Verfeinerung“ des <strong>Soll</strong>-Modells. Dabei<br />
wer<strong>den</strong> die Fachprozess- „Aktivitäten“ in „Arbeitsschritte“ zergliedert. Die Arbeitsschritte können<br />
dabei <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong> drei Klassen zugeordnet wer<strong>den</strong>:<br />
Manuelle Arbeitsschritte erfolgen ohne IT-Unterstützung (z.B.: „ein Gespräch führen“).<br />
Diese Arbeitsschritte sind <strong>für</strong> maschinell ausführbare Workflows nicht relevant und kön-<br />
nen im Weiteren „ausgeblendet“ wer<strong>den</strong>. Manuelle Arbeitsschritte (Ist), die automatisier-<br />
bar sind (<strong>Soll</strong>), zum Beispiel „Brief kuvertieren“, müssen auch als solche klassifiziert wer-<br />
<strong>den</strong>!<br />
Teilmanuelle, bzw. teilmaschinelle Arbeitsschritte erfolgen mit IT-Unterstützung. Hier fin-<br />
det eine Mensch-/Maschine-Interaktion statt. (z.B.: „Daten erfassen“). Der Anwendungs-<br />
dialog muss gestaltet wer<strong>den</strong>, indem die Bearbeitungsmaske des Anwenders (z.B.: Da-<br />
tenfelder und Bearbeitungsfunktionen) beschrieben und die zwischen Mensch und Ma-<br />
schine ausgetauschten Nachrichten, d.h. der Nachrichtenfluss und seine Informationsob-<br />
jekte spezifiziert wer<strong>den</strong>.<br />
Die maschinellen Arbeitsschritte wer<strong>den</strong> „automatisch“ durch eine „Prozessmaschine“<br />
ausgeführt. Diese maschinellen Arbeitsschritte können wiederum in zwei Gruppen einge-<br />
teilt wer<strong>den</strong>: die „Daten- oder Informationsobjekt transformierende“ und „Prozess steu-<br />
ernde“ Arbeitsschritte.<br />
Die transformieren<strong>den</strong> Arbeitsschritte wer<strong>den</strong> durch eigens zu erstellende Programmab-<br />
läufe oder gegebenenfalls durch <strong>den</strong> Aufruf geeigneter IT-Services ausgeführt. Diese<br />
Transformationen sind wertschöpfende Arbeitsschritte, wie etwa: „Leistungsanspruch be-<br />
rechnen“, „Dokumentenvorlage hochla<strong>den</strong> und Stammdaten einfügen“ usw.<br />
Neben <strong>den</strong> „Transformationen“ benötigt die maschinelle Prozessausführung auch „steu-<br />
ernde Arbeitsschritte“. Diese wer<strong>den</strong> im Fachmodell durch die „Entscheidungen“ und<br />
„Entscheidungsregeln“ repräsentiert. Die steuern<strong>den</strong> Arbeitsschritte beschreiben, anhand<br />
welcher Kriterien und Parameter die Prozessmaschine zwischen alternativen Prozess-<br />
fortsetzungen „auswählt“.
74 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Es existieren keine verbindlichen Standards <strong>für</strong> die Modellierung von Workflows. Die Vorge-<br />
hensweise bei der Übersetzung eines Fachprozessmodells in einen maschinell ausführbaren<br />
Workflow hängt davon ab, welche Notationsmethode(-n) und welche SW-Werkzeuge <strong>für</strong> die<br />
technische Umsetzung verwendet wer<strong>den</strong>. Sie erfordert „Expertenwissen“. Andererseits stellt<br />
in der Prozessmodellierung der Übergang von „fachlichen“ zu „technisch ausführbaren“ Pro-<br />
zessmodellen in der Praxis immer wieder eine „Bruchstelle“ dar, weil Anforderungen der<br />
Fachseiten gar nicht, oder nur unvollständig oder nicht mit ausreichender Klarheit im Pro-<br />
zessmodell beschrieben wur<strong>den</strong>.<br />
Verfeinerung des Prozessmodells<br />
Fachprozess-<br />
Ebene<br />
Workflow-<br />
Ebene<br />
Manueller<br />
Arbeitsschritt<br />
Geschäftsprozess<br />
Teilprozess Teilprozess Teilprozess<br />
Aktivitätengruppe<br />
Aktivität<br />
Arbeitsschritt<br />
Dialog<br />
Teil-<br />
Maschineller<br />
Arbeitsschritt<br />
Aktivitätengruppe<br />
Aktivität<br />
Arbeitsschritt<br />
Trans-<br />
Formation<br />
Aktivitätengruppe<br />
Aktivität<br />
Arbeitsschritt<br />
Maschineller<br />
Arbeitsschritt<br />
Steuerung<br />
Klassifikation<br />
Spezifikation<br />
Abbildung 35: Detaillierung: von der Fachprozess- zur Workflow-Ebene<br />
Der <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> kann eine intensive Beschäftigung mit <strong>für</strong> die Prozessautomation geschaf-<br />
fenen Werkzeugen und Metho<strong>den</strong> nicht ersetzen, er möchte aber dazu beitragen, die Model-<br />
lierung von „technisch ausführbaren“ Workflows durch die Fachseite und mit <strong>den</strong> Mitteln der<br />
Fachmodellierung noch besser vorzubereiten, um typische Schwachstellen zu beseitigen und<br />
Projektrisiken zu vermindern. Zur Definition eines ausführbaren Workflows gehören neben der<br />
Logik des Kontrollflusses u.a. eine definierte Rollenstruktur, Anwenderdialoge sowie eine Be-<br />
schreibung der Informationsobjekte, ihrer Datenstrukturen und <strong>den</strong> Datentransformationen. Im<br />
Folgen<strong>den</strong> erfahren Sie anhand des in Abbildung 36 dargestellten Beispiels, wie aus dem<br />
Fachprozessmodell „Bestellung“ 28 mit Mitteln der fachlichen Modellierung ein Workflowmodell<br />
entsteht, welches die <strong>für</strong> die technische Umsetzung, d.h. die Programmierung eines maschi-<br />
28 Das Modell wurde aus didaktischen Grün<strong>den</strong> vereinfacht:. Es handelt sich um ein „Happy Day-Szenario“.
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 75<br />
nell ausführbaren Workflows, erforderlichen Fachinformationen enthält. Der Beispielprozess<br />
enthält acht Aktivitäten. Von diesen soll die Aktivität fünf „Mittelverfügbarkeit prüfen“ automa-<br />
tisch, alle anderen sollen semiautomatisch durchgeführt wer<strong>den</strong>, d.h. sie erfordern einen An-<br />
wenderdialog. Insgesamt soll der Bestellprozess also durchgängig durch eine Workflowanwen-<br />
dung unterstützt wer<strong>den</strong>. Das Fachmodell enthält bereits Informationen, welche Rollen und<br />
welche Informationsobjekte im Prozess vorkommen.<br />
Abbildung 36: Fachprozessmodell "Bestellung"
76 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Bearbeitungshinweise<br />
Erstellen Sie zunächst ein separates Rollenmodell zum Fachprozessmodell. Das Rol-<br />
lenmodell zu unserem Beispielprozess ist in der Abbildung 37 dargestellt. Aus dem Rol-<br />
lenmodell geht hervor, dass die Rolle Besteller zugleich die Rechte der Rolle Bedarfs-<br />
träger hat (aber nicht umgekehrt!). Die Rollenbeschreibung enthält eine kurze Charakte-<br />
risierung der Aufgabe und der Aktivitäten der Rolle im Prozess.<br />
Referenzieren Sie nun die Prozessrollen auf Stellen und Stelleninhaber in ihrer Organi-<br />
sation. In der darauf folgen<strong>den</strong> Abbildung 38 ist dargestellt, welchen Personen in wel-<br />
chen Organisationseinheiten eine bestimmte Rolle und die damit verbun<strong>den</strong>en Nutzer-<br />
Rechte in der geplanten Workflowanwendung zugewiesen wur<strong>den</strong>.<br />
Erstellen Sie nun eine Übersicht der Geschäfts- bzw. Informationsobjekte, die im Pro-<br />
zessablauf entstehen oder bearbeitet wer<strong>den</strong> (Input- und Output- Objekte). In der<br />
nächsten Abbildung 40 ist das „Dokumentenmodell“ zum Fachprozess Bestellung dar-<br />
gestellt. Das Modell enthält alle „Dokumente“ (Synonyme: Geschäftsobjekt, Informati-<br />
onsobjekt) des Prozesses und zeigt zusätzlich, wie sie sich aufeinander beziehen: zu<br />
einem „Auftrag“ gehören zum Beispiel die „Subdokumente“ bzw. Informationsobjekte<br />
„Bestellung“ und „Vormerkung Obligo“. Das „Dokumentenmodell“ ist also in diesem Sin-<br />
ne bereits eine grobe Strukturskizze des im Rahmen der technischen Umsetzung zu<br />
erstellen<strong>den</strong> Datenmodells.<br />
Um die Datenmodellierung weiter mit „fachlichem Input“ vorzubereiten, empfehlen wir<br />
Ihnen, nun zu jedem Informationsobjekt („Dokument“) eine detaillierte, fachliche Be-<br />
schreibung in tabellarischer Form zu erstellen. Eine Vorlage dazu fin<strong>den</strong> Sie in der Ab-<br />
bildung 41.<br />
Das Fachprozessmodell (Abbildung 36) enthält bereits eine Klassifikation der Aktivitäten<br />
nach <strong>den</strong> Kategorien „manuell“, „semiautomatisch“ und „automatisch“. Die Klassifizie-<br />
rung wird jeweils rechts unten zu jeder Aktivität als Bildsymbol angezeigt. Diese Klassi-<br />
fizierung ist aber <strong>für</strong> ein detailliertes, fachliches Workflowmodell noch nicht hinreichend<br />
detailliert. Nehmen Sie diese Detaillierung mit Hilfe der bereits im Kapitel A vorgestellten<br />
Prozessfunktionstabelle (Abbildung 13) vor und tragen Sie zu jeder Aktivität die dort er-<br />
wünschten IT-Bearbeitungsfunktionen ein. Diese entsprechen der Darstellungsebene<br />
der Arbeitsschritte im Workflowmodell. In der Abbildung 41 fin<strong>den</strong> Sie eine <strong>für</strong> unseren<br />
Beispielprozess ausgefüllte Prozessfunktionstabelle.
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 77<br />
Abbildung 37: Rollenmodell und Beschreibung zum „Bestellprozess“<br />
Abbildung 38: Referenzierung von Rolle und Organisation<br />
Abbildung 39: Dokumentenmodell „Bestellprozess“
78 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Vorlage Beschreibung Informationsobjekt<br />
© d-<strong>NRW</strong> / b.i.t.consult, 2011<br />
Informationsobjekt Name: Auftrag<br />
Attribut Datentyp Mussfeld? Einschränkungen fachliche Beschreibung<br />
Das Datum an dem der Auftrag erstellt wurde<br />
Auftragsdatum Datum JA<br />
(Systemzeit)<br />
Ersteller Text JA maximal 12 Zeichen Kürzel des Erstellernamens<br />
Auftragsnummer Text JA maximal 30 Zeichen<br />
die Auftragsnummer entspricht der<br />
Vormerknummer zum Obligo im HKR-System<br />
Lieferant Name Text JA maximal 30 Zeichen Firmenname aus Lieferantenverzeichnis<br />
Lieferant Strasse Text JA maximal 30 Zeichen Adresse aus Lieferantenverzeichnis<br />
Lieferant Hausnummer alfanummerisch JA maximal 4 Stellen Adresse aus Lieferantenverzeichnis<br />
Lieferant PLZ ganze Zahlen JA maximal 5 Zeichen Adresse aus Lieferantenverzeichnis<br />
Lieferant Ort Text JA maximal 30 Zeichen Adresse aus Lieferantenverzeichnis<br />
Position Name Text JA maximal 30 Zeichen<br />
Position Stückzahl positive Dezimalzahl JA maximal eine Dezimalstelle<br />
… … … … …<br />
Abbildung 40: Vorlage „Beschreibung Informationsobjekt“
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 79<br />
A B E F G J<br />
© d-<strong>NRW</strong> / b.i.t.consult, 2011<br />
K L M N O P<br />
Aktivitätenflussdiagramm Bearbeiter Daten und Dokumente IT-Bearbeitungsfunktionen<br />
Anwendung / Komponente<br />
TP-Nr TP-Name Akt-Nr. Aktivität-Name Rolle-Name Input Output Beschreibung<br />
Hochla<strong>den</strong> eines E-Formulars<br />
"Bedarfsmeldung"<br />
die Daten (Name/OE) des Nutzers sind<br />
vorausgefüllt<br />
Erzeugnung einer Prozessinstanz<br />
"Bestellung", Vergabe einer Vorgangs-<br />
ID durch System<br />
IST SOLL Name Hersteller<br />
Bestellung<br />
Bedarfsmeldung<br />
Beschreibung<br />
Funktionen: bearbeiten, speichern,<br />
1 durchführen 1.1 erstellen Bedarfsträger Bedarf Bedarfsmeldung löschen, drucken, weiterleiten<br />
Hochla<strong>den</strong>/Anzeige der<br />
Bedarfsmeldung<br />
Funktionen: Auswahlmenue<br />
Prüfvermerk mit "Bestellung möglich"<br />
oder "Ergänzung angefragt",<br />
kommentieren, weiterleiten,<br />
in einem zweiten Fenster kann der<br />
Bearbeiter <strong>den</strong> Warenkatalog<br />
hochla<strong>den</strong> um nach bedarfsgerechten<br />
X Workflow Bestellung Eigenentwicklung<br />
Bedarfsmeldung<br />
Vermerk Waren zu suchen und Warenmerkmale<br />
Workflow Bestellung Eigenentwicklung<br />
1.2 prüfen Besteller Bedarfsmeldung<br />
Bedarfsmeldung<br />
Prüfergebnis zu vergleichen X Warenkatalogsystem Shopsys GMBH<br />
mit Prüfvermerk:<br />
Hochla<strong>den</strong>/Anzeige der<br />
Bedarfsmeldung<br />
"Ergänzung ergänzte Bedarfsmeldung<br />
1.3 ergänzen Bedarfsträger angefragt" Bedarfsmeldung Funktionen: wie Akt. Nr. 1.1<br />
Suche des Lieferanten im<br />
Lieferantenverzeichnis (Kreditoren-<br />
DB/HKR-System)<br />
Übernahme der Stammdaten<br />
"Lieferant" aus Lieferantenverzeichnis<br />
in das Informationsobjekt (IO)<br />
X Workflow Bestellung Eigenentwicklung<br />
Bestellung mit: "Bestellung"<br />
Daten Lieferant Suche der Warenpositionen im<br />
aus Lieferanten- elektronsichen Warenkatalog<br />
verzeichnis; Übernahme der Stammdaten zu<br />
Bedarfsmeldung Daten zu Bestellpositionen (Waren) aus<br />
mit Prüfvermerk Bestellpositionen; Warenkatalog in das IO "Bestellung"<br />
"Bestellung Einzel- und Funktionen: bearbeiten, speichern,<br />
Workflow Bestellung Eigenentwicklung<br />
Bestellung<br />
möglich" Gesamtkosten löschen, drucken, weiterleiten,<br />
HKR-System HKR-GmbH<br />
1.4 erfassen Besteller<br />
aus Warenkatalog kommentieren<br />
Warenkatalogsystem Shopsys GmbH<br />
1.5<br />
1.6<br />
1.7<br />
1.8<br />
Mittelverfügbarkeit<br />
prüfen SB Haushalt<br />
Mitteilung<br />
Budgetüberschreit<br />
ung erstellen SB Haushalt<br />
Vorkontierung<br />
erfassen SB Haushalt<br />
Bestellung<br />
auslösen Besteller<br />
Beispiel: Prozessfunktionstabelle "Bestellprozess"<br />
Bestellung,<br />
Kosten,<br />
Kostenstelle,<br />
Kostenträger;<br />
IST verfügbare<br />
Mittel laut KLR<br />
negatives<br />
Prüfungsergebnis<br />
verfügbare Mittel<br />
positives<br />
Prüfungsergebnis<br />
verfügbare Mittel<br />
Bestellung mit<br />
Vormerknummer<br />
Prüfungsergebnis<br />
verfügbare Mittel<br />
negative Mitteilung<br />
an Bedarfsträger<br />
Vorkontierung<br />
Obligo im HKR-<br />
System;<br />
Übergabe der<br />
Vormerknummer<br />
aus HKR an<br />
Informationsobjekt<br />
Bestellung<br />
Anschreiben und<br />
Auftrag<br />
Hochla<strong>den</strong> des IO Bestellung,<br />
Sichtkontrolle durch SB HH,<br />
falls erforderlich Kosten-stelle/-träger<br />
erfassen<br />
Verfügbare Mittel zu Kostenstelle /träger<br />
anzeigen und mit Prüfungsdatum<br />
im IO Bestellung speichern<br />
Auswahlmenue Prüfvermerk mit: "Mittel<br />
Verfügbar" und "Mittel erschöpft"<br />
falls Prüfergebnis "negativ",<br />
automatisches hochla<strong>den</strong> des E-Forms<br />
"Negativmitteilung"<br />
Übernahme des Prüfergebnisses<br />
inklusive Metadaten in das E-Form<br />
Funktionen: Kommentar einfügen,<br />
speichern, drucken, weiterleiten<br />
Falls Prüfergebnis "positiv"<br />
automatisches hochla<strong>den</strong> der HKR-<br />
System Bearbeitungsmaske zur<br />
Erfassung der Vorkontierung. Das HKR-<br />
System vergibt automatisch eine ID zur<br />
Vorkontierung ("Vormerknummer")<br />
manuelle oder automatische<br />
Übernahme der Vormerknummer in<br />
das IO-Bestellung<br />
Funktionen: Vorkontierung erfassen,<br />
speichern, bearbeiten;<br />
Vormerknummer importieren,<br />
Bestellung speichern, drucken,<br />
weiterleiten<br />
Auswahlmenue: "Bestellung<br />
freigegeben" (muss!)<br />
Anzeige/Hochla<strong>den</strong> der freigegebenen<br />
Bestellung,<br />
Hochla<strong>den</strong> der Dokumentenvorlage<br />
"Auftrag/Bestellung", automatische<br />
Übernahme aller relevanten Daten aus<br />
IO Bestellung in Dokumentenvorlage<br />
"Auftrag/Bestellung"<br />
Funktionen: Vorlage öffnen, Daten<br />
importieren, Dokument signieren,<br />
Dokument speichern, PDF/Agenerieren,<br />
PDF/A speichern,<br />
Dokument drucken, Dokument als Mail-<br />
Anhang versen<strong>den</strong><br />
Hochla<strong>den</strong> der Dokumentenvorlage<br />
"Anschreiben/Bestell-Auftrag"<br />
Funktionen: Vorlage öffnen,<br />
Adressdaten Lieferant importieren,<br />
Einfügen von Textbausteinen,<br />
manuelles Ergänzen von<br />
Textbausteinen, Dokument signieren,<br />
Dokument speichern, PDF/Agenerieren,<br />
PDF/A speichern,<br />
Dokument drucken, Dokument als Mail-<br />
Anhang versen<strong>den</strong><br />
Abbildung 41: Prozessfunktionstabelle „Bestellprozess“<br />
Workflow Bestellung<br />
HKR-System<br />
Workflow Bestellung<br />
HKR-System<br />
Workflow Bestellung<br />
HKR-System<br />
Workflow Bestellung<br />
Outputmanagement<br />
System<br />
Eigenentwicklung<br />
HKR-GmbH<br />
Eigenentwicklung<br />
HKR-GmbH<br />
Eigenentwicklung<br />
HKR-GmbH<br />
Eigenentwicklung<br />
Eigenentwicklung
80 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Modellierungshinweise zum Workflowmodell<br />
Nachdem Sie die oben genannten fünf vorbereiten<strong>den</strong> Arbeitsschritte erledigt haben, können<br />
Sie mit der grafischen Modellierung des Workflows beginnen. Den in der Prozessfunktionsta-<br />
belle (Abbildung 41) zu unserem Beispielprozess skizzierten Workflow fin<strong>den</strong> Sie in der Abbil-<br />
dungen 42 als grafisches Modell.<br />
Legen Sie <strong>für</strong> jede Rolle und das Workflowmanagementsystem (WFMS) jeweils einen<br />
Pool an. Die oberen Pools wer<strong>den</strong> <strong>den</strong> Rollen, der untere dem WFMS zugeordnet.<br />
Nur die Aktivitäten, die dem Pool des WFMS zugeordnet wer<strong>den</strong>, sind maschinell aus-<br />
führbar, die Aktivitäten in <strong>den</strong> Pools der Rollen wer<strong>den</strong> von <strong>den</strong> Systembenutzern ab-<br />
gearbeitet, sie stellen Mensch-Maschine Interaktionen dar.<br />
Beginnen Sie nun damit, die Aktivitäten und Bearbeitungsfunktionen aus der Prozess-<br />
funktionstabelle als „Flussdiagramm“ über alle Pools zu modellieren.<br />
Modellieren Sie <strong>den</strong> „Dialog“ zwischen Mensch und Maschine jeweils mit zwei simulta-<br />
nen Arbeitsschritten: eine Aktivität im Pool des Bearbeiters repräsentiert seine Tätigkeit<br />
und eine simultane Aktivtät im Pool des WFMS repräsentiert die Funktion der Maschine.<br />
Der Dialog („sen<strong>den</strong> und empfangen“) kann nun als Nachrichtenfluss zwischen <strong>den</strong> si-<br />
multanen Aktivitäten dargestellt wer<strong>den</strong>. Tragen Sie die dabei ausgetauschten Informa-<br />
tionsobjekte im Nachrichtenfluss ein. Die im Dialog von der Maschine bereitgestellten<br />
Bearbeitungsmasken oder Vorlagen wer<strong>den</strong> grafisch als „E-Dokument“ symbolisiert, die<br />
vom Menschen erfassten Daten als „Datenobjekt“. Diese Informationsobjekte können<br />
nun anhand der Vorlage „Beschreibung Informationsobjekt“ (siehe Abbildung 40) weiter<br />
spezifiziert wer<strong>den</strong>.<br />
Eine Besonderheit besteht in der Modellierung von „Prozessverzweigungen“ und „Prozess-<br />
schleifen“. Maschinen können nur eindeutige Informationen verarbeiten. Dies bedeutet, dass<br />
„Oder-Gateways“ nicht zulässig sind und in eindeutige „Und“- bzw. „Entweder Oder“-Gateways<br />
aufgelöst wer<strong>den</strong> müssen. Das Fachmodell (Abbildung 36) enthält eine Prozessschleife (Akti-<br />
vität 3); die Schleife kann nur beendet wer<strong>den</strong>, wenn am zweiten XOR-Gateway „Rückfrage“<br />
die Information „Nein“ vorliegt. Dieses Problem kann dadurch gelöst wer<strong>den</strong>, dass der Bestel-<br />
ler bei der Aktivität 2 „Bedarfsmeldung prüfen“ durch eine Eingabe <strong>den</strong> „Zustand“ der einge-<br />
gangenen Bedarfsmeldung klassifiziert. Dies wurde in der Prozessfunktionstabelle (Abbildung<br />
41) durch die IT-Bearbeitungsfunktion „Auswahlmenü Prüfvermerk“ dokumentiert.<br />
Die vom WFMS <strong>für</strong> die Prozessdurchführung benötigten ITServices wur<strong>den</strong> unterhalb des <strong>für</strong><br />
die WFMS-Aktivitäten reservierten Pools in dem blau gefärbten Bereich „ITServices“ darge-<br />
stellt.
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 81<br />
Abbildung 42: Workflowdiagramm „Bestellprozess“ (1 / 2)
82 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
Abbildung 42: Workflowdiagramm "Bestellprozess" (2 / 2)<br />
2.5.6 Fachkonzept Schnittstellen<br />
Bei der Entwicklung elektronischer Geschäftsabläufe ist die Integration von kommunalen<br />
Fachanwendungen in maschinell ausführbare Workflows von herausragender Bedeutung.<br />
Dies kann technisch durch die Entwicklung von Schnittstellen oder sogenannten „Web-<br />
Services“ erfolgen. Zur Spezifikation der fachlichen Anforderungen an eine Schnittstelle sind<br />
mindestens die in der folgen<strong>den</strong> „Vorlage Schnittstellenbeschreibung“ enthaltenen Informatio-<br />
nen erforderlich. Die Abbildung 43 zeigt die im Projekt „<strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong>“ durch Mitarbeiter der<br />
Stadt Bochum erarbeitete Beschreibung einer Schnittstelle zur Abfrage von Daten zum ALG2-<br />
Leistungsbezug im Zusammenhang mit der Festsetzung von KiTa-Elternbeiträgen.<br />
Bearbeitungshinweise<br />
Damit keine datenschutzrechtlichen Bestimmungen verletzt wer<strong>den</strong>, sollten Sie in jedem<br />
Falle recherchieren, auf welcher gesetzlichen Grundlage der Austausch bzw. die Erhe-<br />
bung von Daten durchgeführt wer<strong>den</strong> soll. Zu klären ist, ob das Einverständnis des Da-<br />
teneigentümers dazu erforderlich ist.
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 83<br />
1 Name der Schnittstelle:<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
Rechtsgrundlage und Vorschriften <strong>für</strong><br />
die Erhebung der Daten (Datenschutz)<br />
Ist das Einverständnis des Dateneigentümers nach dem Gesetz über<br />
informationelle Selbstbestimmung erforderlich?<br />
Welche Informationen wer<strong>den</strong><br />
zurückerwartet?<br />
Was soll geschehen, wenn die<br />
Informationen nicht verfügbar sind?<br />
Abbildung 43: Vorlage Schnittstellenbeschreibung<br />
*<br />
*Die Datenabfrage soll generell nur mit Zustimmung des<br />
Dateneigentümers erfolgen<br />
Falls JA; Wie wird das Einverständnis Im Rahmen der jährlichen rückwirken<strong>den</strong> Einkommensüberprüfung der Beitragspflichtigen wird auf die Möglichkeit der<br />
Einverständniserklärung zur Datenabfrage hingewiesen und das entsprechende Formular beigefügt.<br />
erklärt?<br />
Der Vordruck ist vom Bezieher an das Jugendamt zurückzusen<strong>den</strong>. Die Erklärung wird zur Beitragsakte genommen.<br />
Dem Transferleistungsträger soll die Zustimmung nicht übermittelt wer<strong>den</strong>. Hier ist es ausreichend, dass durch das Jugendamt<br />
erklärt wird, dass die Zustimmung vorliegt. (Es ist geplant zukünftig die Zustimmung zur Datenabfrage auch über eine<br />
Web-Schnittstelle im Rahmen einer Portal-Lösung "Elternbeiträge" zu ermöglichen).<br />
Worin liegt der Nutzen der Schnittstelle <strong>für</strong> <strong>den</strong> Prozess "Elternbeiträge" festsetzen?<br />
Die Eltern sind nach <strong>den</strong> o.g. Vorschriften verpflichtet ihr Einkommen zu erklären (Dies gilt auch <strong>für</strong><br />
Transferleistungsempfänger.<br />
Diese sind bisher nicht grundsätzlich von der Zahlung von Elternbeiträgen befreit sondern müssen ihr Einkommen durch<br />
Vorlegen<br />
der Leistungsbescheide nachweisen). Dem wird aber nicht immer ohne mehrmalige Aufforderung nachgekommen. Der Grund<br />
hier<strong>für</strong><br />
dürfte darin liegen, dass die entsprechen<strong>den</strong> Leistungsbescheide <strong>für</strong> das zurückliegende Beitragsjahr <strong>den</strong> Beitragspflichtigen nicht<br />
mehr vorliegen so dass diese nicht ohne Weiteres beigebracht wer<strong>den</strong> können. Den erfolglosen mehrmaligen Aufforderungen zur<br />
Einkommenserklärung folgt i. d. R. die Festsetzung des Höchstbetrages mit Mahnverfahren und schließlich der Beitreibung der<br />
ausstehen<strong>den</strong> Beiträge. Hierdurch wird ein erheblicher aber überflüssiger Verwaltungsaufwand der Stadtverwaltung generiert.<br />
Der Datenabruf der Leistungsbescheid-Daten stellt in diesem Fall eine einfache und schnelle Lösung <strong>für</strong> Beitragspflichtige<br />
Transferleitstungsbezieher da, ihrer MItwirklungspflicht nachzukommen.<br />
Sonstige Anforderungen an die<br />
Schnittstelle<br />
Vorlage Schnittstellenbeschreibung<br />
© d-<strong>NRW</strong> / b.i.t.consult, 2011<br />
Dabenabfrage "Bezug von Arbeitslosengeld II"<br />
GTK, SGB VIII, SBG XII und KiBiz <strong>NRW</strong> i.V.m § 90 Abs. 1 SGB VIII und § 23 Abs.1 KiBiz <strong>NRW</strong> i.V.m § 4 der Satzung über die<br />
Erhebung von Elternbeiträgen <strong>für</strong> die Inanspruchnahme der im Stadtgebiet bestehen<strong>den</strong> Tageseinrichtungen <strong>für</strong> Kinder und<br />
der Inanspruchnahme der Kindertagespflege (Elternbeitragssatzung), erlassen aufgrund der §§ 7 und 41 der Gemeindeordnung<br />
<strong>für</strong> das Land Nordrhein-Westfalen (GO <strong>NRW</strong>) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.07.1994 (GV <strong>NRW</strong> S.666/ SGV<br />
<strong>NRW</strong> 2023) und der §§ 2, 4 und 6 des Kommunalabgabengesetzes <strong>für</strong> das Land Nordrhein-Westfalen (KAG <strong>NRW</strong>) vom<br />
21.10.1969 (GV <strong>NRW</strong> S. 712/ SGV <strong>NRW</strong> 610)<br />
Welche Informationen wer<strong>den</strong> an die Information 1<br />
Schnittstelle übergeben? (eindeutig)<br />
optional: Aktenzeichen<br />
Information 2<br />
Name<br />
Information 3<br />
Vorname<br />
Information 4<br />
Geburtsdatum<br />
Information 5 Information 6<br />
Adresse (Straße, Aktenzeichen<br />
der Einzelfall-Akte der<br />
Hausnummer, Akte<br />
Arge zum ALG II<br />
Postleitzahl) Elternbeiträge<br />
Information 1<br />
(eindeutig) Information 2 Information 3 Information 4 Information 5 Information 6<br />
Aktenzeichen Akte Name Vorname Adresse (Straße, Höhe der Höhe und<br />
Elternbeiträge<br />
Hausnummer, monatlichen Zusammen-<br />
Postleitzahl) Hilfe<br />
setzung des<br />
angerechneten<br />
Einkommens<br />
Information 7<br />
Alternativ: Gesamter Bescheid als Datenstruktur/PDF übermitteln<br />
Alternativ: lediglich ALG-Bezug und Bewilligungszeitraum ausgeben (Konsequenz <strong>für</strong> Prozess:<br />
Bewilligungszeitraum<br />
Beitragsbefreiung über Satzung regeln)<br />
Meldung über Fehlanzeige ausgeben<br />
Weitere Anforderungen an die Schnittstelle:<br />
- Mindestanforderung ist die Zusendung der Bescheiddaten, z.B. die benötigten Bescheide als PDF - durch eine zentrale Stelle<br />
der Transferleistungsträger. (Eine Einzelanforderung bei dem jeweils <strong>für</strong> <strong>den</strong> Einzelfall zuständigen Sachbearbeiter generiert<br />
auf<br />
bei<strong>den</strong> Seiten zuviel Aufwand und ist damit in der Umsetzung nicht erfolgversprechend.)<br />
Diese Variante wäre eine asynchrone Schnittstelle, bei der der Sachbearbeiter Elternbeiträge <strong>den</strong> Vorgang zurückstellen muss,<br />
bis die Antwort durch <strong>den</strong> Transferleistungsträger erfolgt ist. (=höhere Prozessdurchlaufzeit). Im Prinzip wäre auch eine<br />
Sammelanfrage (Stapelverarbeitung) zu einem bestimmten Stichtag des Jahres möglich.<br />
- Optimallösung wäre ein "echter" Fachservice, der als Web-Schnittstelle umgesetzt ist.<br />
Die Datenabfrage kann in diesem Fall durch Berechtigte direkt aus dem Bearbeitungsprozess Online erfolgen, die Antwort<br />
erfolgt<br />
unmittelbar über einen Prozess, der auf Seite des Transferleistungsträgeres automatisiert abläuft. Hierbei handelt es sich um<br />
eine<br />
synchrone Lösung, die sicher auch von anderen Behör<strong>den</strong> genutzt wer<strong>den</strong> kann (Gerichte , Polizei etc.) und die Sachbearbeitung
84 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
2.5.7 Fachkonzept Ausgangsbearbeitung<br />
Unter dem Begriff der Ausgangsbearbeitung („Outputmanagement“) fassen wir mehr als ledig-<br />
lich <strong>den</strong> Druck und die Verteilung bzw. <strong>den</strong> Versand von Ausgangsdokumenten der Ge-<br />
schäftsprozesse an ihre Adressaten zusammen. Auch wenn der Versand von gedrucktem<br />
Papier ohne Zweifel auch zukünftig einen hohen Stellenwert im Bereich der Ausgangsbearbei-<br />
tung haben wird, müssen auch heute schon weitere Ausgangskanäle, wie etwa: Fax, E-Mail,<br />
DE-Mail / E-Postbrief und E-Government Portale sowie die parallele Übergabe der Ausgangs-<br />
dokumente in Dokumentenmanagement- oder Archivsysteme in eine ganzheitliche Konzeption<br />
der Dokumentenlogistik einbezogen wer<strong>den</strong>. Die Implementierung eines Outputmanagement<br />
bietet erhebliche Kosteneinsparpotenziale. Die aus dem Druckbereich bekannten „klassi-<br />
schen“ Kostenbetrachtungen, wie etwa TCO („Total Cost of Ownership“ 29 ) oder CPP („Costs<br />
per Page“ 30 ) wer<strong>den</strong> dabei dem Sachverhalt allerdings bei weitem nicht gerecht, besteht doch<br />
der Löwenanteil an <strong>den</strong> Kosten bei der Betrachtung der Dokumentenausgangsbearbeitung<br />
aus Arbeitskosten der Mitarbeiter. Optimierungsansätze setzen schon im Bereich der Doku-<br />
mentenerstellung an und bestehen grundsätzlich in folgen<strong>den</strong> Strategien:<br />
A. Der Verlagerung dezentraler Druckvorgänge („Lokaldruck am Arbeitsplatz“) in zentrale<br />
Drucksysteme bzw. Verfahren (Optimierung Printmedien und Prozesse)<br />
B. Der konsequenten Ausstattung von Rücklaufdokumenten mit geeigneten Metadaten,<br />
z.B. durch das Aufbringen eines Barcode, damit diese bei der Digitalisierung im Postein-<br />
gang möglichst maschinell dem zuständigen Bearbeiter zugeordnet und elektronisch zu-<br />
gestellt wer<strong>den</strong> können (Optimierung Printmedien und Prozesse)<br />
C. Der Verlagerung hausinterner Zustellungsvorgänge in das Medium E-Mail oder<br />
Workflowmanagementsystem (Migration von Print zu E-Medien)<br />
D. Der Verlagerung eines möglichst großen Anteils der klassischen Postausgänge an ex-<br />
terne Adressaten in <strong>den</strong> Segmenten G2C, G2B, G2G in elektronische Medien (siehe o-<br />
ben) (Migration von Print zu E-Medien)<br />
Die Verfolgung und Umsetzung der oben genannten grundsätzlichen Optimierungsansätze<br />
muss durch ein Bündel organisatorischer, technologischer und kommunikativer Maßnahmen<br />
geschehen. Um konkrete Optimierungsansätze, zum Beispiel <strong>für</strong> einen bestimmten Ge-<br />
schäftsprozess sichtbar zu machen, <strong>den</strong> „richtigen Maßnahmen Mix“ zur Einführung eines<br />
prozessorientierten Outputmanagements zu fin<strong>den</strong>, ist es zunächst erforderlich, eine Be-<br />
standsaufnahme der Ausgangsdokumente und Medien vorzunehmen und dabei wichtige Do-<br />
kumenten- Merkmale und Strukturen zu erfassen. Die folgende Vorlage (siehe Abbildung 44)<br />
unterstützt Sie bei der Erfassung der relevanten Daten und Informationen. Eine konkrete<br />
Maßnahmenplanung ist ohne detaillierte Analyse der technologischen Voraussetzungen und<br />
Rahmenbedingungen nicht machbar, dies ist allerdings nicht Gegenstand dieses Praxisleitfa-<br />
<strong>den</strong>s.<br />
29 „TCO“ ist ein Kostenrechnungsverfahren bei Investitionsgütern, bei dem nicht nur die Anschaffungskosten, sondern<br />
auch alle mit der Anschaffung und Nutzung verbun<strong>den</strong>en Folgekosten berücksichtigt wer<strong>den</strong>.<br />
30 „(Druck-) Kosten pro Seite“.
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 85<br />
Bearbeitungshinweise<br />
Es ist sehr wichtig, alle Ausgangsdokumententypen eines Geschäftsprozesses in die<br />
Analyse einzubeziehen<br />
In Spalte 4 „Dateiformat“ ist das Ursprungsformat des Dokuments in der erstellen<strong>den</strong> An-<br />
wendung gefragt. Es kann sich dabei um ein „Rohdatenformat“, z.B. ASCII 31 , oder<br />
CSV 32 -Dateien oder XML 33 -strukturierte Dateien oder aber bereits „vordefinierte“ fertige<br />
Dokumente mit entsprechen<strong>den</strong> Layout und CD 34 -Informationen handeln, die zum Bei-<br />
spiel als Word oder als PDF-Datei vom Quellsystem bereitgestellt wer<strong>den</strong>.<br />
Die Spalten 5 und 6 beziehen sich auf die dem Dokument, bzw. der Ausgangsdatei vom<br />
erstellen<strong>den</strong> System mitgegebenen Metadaten, etwa: Ersteller, Aktenzeichen, Adressat,<br />
Dokumententyp usw., die <strong>für</strong> eine weitere Steuerung der Outputmanagementprozesse<br />
und der Dokumentenlogistik sehr wichtig sind.<br />
Spalte 7 „persönliche Zustellung“ ist besonders <strong>für</strong> Verwaltungsdokumente wichtig. Wenn<br />
hier ein JA erscheint, bedeutet dies, dass ein Zustellnachweis erforderlich ist. Dies<br />
schließt bestimmte postalische Versandarten und bestimmte E-Ausgangsmedien <strong>für</strong> die-<br />
se Dokumente aus.<br />
Spalte 8 „Beilagen“ bezieht sich zum Beispiel auf Zahlscheine/Überweisungsvordrucke,<br />
Prospekte und sonstige Beilagen einer Sendung, die besondere Anforderungen an das<br />
Druckverfahren, die Konfektionierung und Kuvertierung einer Sendung stellen können<br />
Spalte 9 „Rücklaufdokument“: typische Rücklaufdokumente sind zum Beispiel Anhö-<br />
rungsbögen, Postzustellungsurkun<strong>den</strong>, aber auch Formulardownloads, die vom Kun<strong>den</strong><br />
gedruckt, ausgefüllt und dann an die Kommune verschickt wer<strong>den</strong>. Um eine effiziente<br />
Eingangsbearbeitung zu ermöglichen, sollten solche Dokumente und Vorlagen grund-<br />
sätzlich mit barcodierten Metadaten versehen wer<strong>den</strong>, die eine maschinelle Verarbei-<br />
tung, Sortierung und elektronische Zustellung des „Rückläufers“ unterstützen.<br />
Mengenangaben: die Mengenangabe „Individualdruck“ in Spalte 14 bezieht sich auf die<br />
Angabe zur Jahresoutputmenge in Spalte 11.<br />
Angaben zu Adressaten (Spalten 15-20): die genaue Erfassung der Adressatenstruktur<br />
eines Dokumententyps würde <strong>den</strong> Rahmen einer „Tabelle“ leider sprengen; Insofern<br />
können Sie hier lediglich eine grobe Segmentierung der Zielgruppe und eine Erfassung<br />
der Mehrfachadressaten (Spalte 19 und 20) vornehmen. Es lohnt sich aber an dieser<br />
Stelle sehr genau darüber nachzu<strong>den</strong>ken, ob und wie welche Adressatengruppen über<br />
elektronische Medien erreicht wer<strong>den</strong> können und welche technischen, organisatori-<br />
schen und kommunikativen Voraussetzungen dazu geschaffen wer<strong>den</strong> müssten. Dazu<br />
31 ASCII = American Standard Code for Information Interchange. Der Zeichensatz entspricht weitgehend der Tastatur<br />
einer Schreibmaschine, enthält aber nur sehr wenige Text-Formatierungsinformationen.<br />
32 CSV = Comma-separated Values; einfaches Dateiformat zur Darstellung von Texten oder Tabelleninhalten.So können<br />
zum Beispiel Excel-Tabellen als CSV-Datei gespeichert und weiterverarbeitet wer<strong>den</strong>.<br />
33 XML = Extensible Markup Language; ist eine sogenannte „Auszeichnungssprache“ zur Darstellung hierarchisch<br />
strukturierter Daten. Dabei wer<strong>den</strong> die dargestellten Datenobjekte in menschenlesbarer Form beschrieben<br />
(„ausgezeichnet“).<br />
34 CD = Corporate Design.
86 2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong><br />
kann es erforderlich sein, ein wesentlich detaillierteres „Profil“ von Zielgruppen mit<br />
Migrationspotenzial und eine genaue Übersicht aller Kontaktsituationen zu diesen Ziel-<br />
gruppen zu erstellen, um einzuschätzen, ob hier Chancen bestehen, diese Adressaten<br />
<strong>für</strong> die Nutzung der im Vergleich zu Print-basierten Medien wesentlich kostengünstige-<br />
ren elektronischer Kommunikationskanäle zu gewinnen.<br />
Erfassung der Ist-Situation bei <strong>den</strong> Ausgangsmedien / Kanälen: Vermerken Sie in <strong>den</strong><br />
Spalten 21/22, ob das Ausgangsdokument entweder in Papierform (Sp. 21) oder in e-<br />
lektronischer Form (Sp. 22) archiviert wer<strong>den</strong> muss. Schätzen Sie zusätzlich <strong>den</strong> Anteil<br />
(%) der in <strong>den</strong> Spalten 23-31 genannten sonstigen Ausgangsmedien an der Gesamt-<br />
menge in Spalte 11. Erweitern Sie die Tabelle ggfs. um einen Block „Ausgangsmedien<br />
Anteil <strong>Soll</strong>“, um Ziele <strong>für</strong> das zukünftige Outputmanagement zu definieren und zu doku-<br />
mentieren<br />
Werten Sie die Ergebnisse ihrer Bestandsaufnahme aus, indem Sie die Relevanz der<br />
oben unter <strong>den</strong> „grundsätzliche Optimierungsansätzen“ genannten Punkte A bis D <strong>für</strong><br />
„Ihren“ Prozess bestimmen.
2. <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> 87<br />
Vorlage Outputanalyse<br />
© d-<strong>NRW</strong> / b.i.t.consult, 2011<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31<br />
Name Geschäftsprozess:<br />
Druckvarianten Adressaten Ausgangskanal: Anteil IST in %<br />
Portal<br />
Zustellserver VPS<br />
E-Postbrief<br />
DE-Mail<br />
E-Mail<br />
FAX<br />
Boten<br />
Hauspost<br />
Post<br />
DMS / E-Ablage<br />
Mehrfachkontakten?<br />
Name<br />
Meta-<br />
Beilagen<br />
davon Zyklus davon<br />
Ausgangs- Papier Datei daten?<br />
zur Rücklauf- Menge MassenMassenIndividual- Nr. Dokument Format Format (J/N) Metadaten Typ Sendung? Dokument? pro jahr druckdruckdruck G2C G2B G2G intern Bemerkung<br />
Aktenz.<br />
Mehrfachtäter,<br />
1 Bußgeldbescheid A4 Word JA Kassenz. tw. Zahlschein PZU, tw. Nein 60000 40000 wöchentlich 20000 X X JA FuhrparkUN 100 100<br />
Aktenz.<br />
Mehrfachtäter,<br />
2 Anhörungsbogen A4 Word JA Kassenz. nein Zahlschein JA JA 45000 30000 wöchentlich 15000 X X JA FuhrparkUN 100 100<br />
Nachforderung<br />
3 Unterlagen A4 Word JA AZ nein nein nein nein 5000 5000 X X X Nein 100 98 2<br />
4<br />
persönl.<br />
Barcode?<br />
Empfänger mit<br />
Ablage / Akte / Archiv<br />
Zustellung?<br />
Abbildung 44: Vorlage Outputanalyse
88 3. Hinweise zum Veränderungsmanagement<br />
3. Hinweise zum Veränderungsmanagement<br />
E-Government und Prozessoptimierungsprojekte führen zwangsläufig zu Veränderungen in<br />
der Ablauf- und Aufbauorganisation der Verwaltung. Jede Organisation reagiert auf Verände-<br />
rungen zunächst mit Beharrungsvermögen oder gar Widerstand. Dies ist zunächst nichts ne-<br />
gatives, wer<strong>den</strong> Organisationen doch mit dem Ziel geschaffen „stabil“ zu sein und selbst unter<br />
widrigen Umstän<strong>den</strong> zu „funktionieren“. Dies bedeutet: Organisationen verfügen über eine<br />
inhärente Fähigkeit zur Selbststabilisierung durch Standardisierung, Regeln und Routinen und<br />
durch die „Kultivierung“ von Gewohnheiten und Ritualen. Veränderungen in der Organisation<br />
entstehen deshalb in der Regel nicht aus innerem Antrieb, sondern nur durch Veränderungs-<br />
druck von außen. Veränderungen „stören“ <strong>den</strong> gewohnten Ablauf, wer<strong>den</strong> sie persistent, kann<br />
dies zu Konflikten und Auseinandersetzungen zwischen <strong>den</strong> Beteiligten und Betroffenen füh-<br />
ren. Dabei wer<strong>den</strong> die „Mechanismen“ zur Stabilisierung und zur Veränderung durch formelle<br />
und informelle Kommunikationsprozesse vermittelt und wirksam. Daraus folgt, dass Verände-<br />
rung in der Organisation nur durch erfolgreiche Kommunikation und gezielte Interventionen<br />
erreicht wer<strong>den</strong> können. Die Erfolgschancen steigen, wenn sich Kommunikation und Interven-<br />
tion dabei an wieder erkennbaren Mustern orientieren, die an Vertrautes anschließen.<br />
Die folgen<strong>den</strong> „Hinweise“ zum Veränderungsmanagement orientieren sich an mittlerweile all-<br />
gemein anerkannten Metho<strong>den</strong> und Vorgehensmodellen aus dem Umfeld der systemischen<br />
Organisationsberatung. Zielsetzung dabei ist es, die bisher vorgestellten, eher auf die analyti-<br />
sche Klärung fachlicher und technologischer Sachverhalte ausgerichteten Metho<strong>den</strong>, in einen<br />
übergeordneten Rahmen zur Planung und Gestaltung von Veränderungsprojekten einzuord-<br />
nen. Die praktische Erfahrung zeigt, dass die Bedeutung einer sorgfältigen Vorbereitung und<br />
die Beherrschung von Metho<strong>den</strong> und Techniken zur Steuerung von Veränderungsprojekten in<br />
der öffentlichen Verwaltung nicht hoch genug eingeschätzt wer<strong>den</strong> kann.<br />
3.1 Rahmenbedingungen und Grundsätze<br />
Veränderungsprojekte im Kommunen müssen die spezifischen Rahmenbedingungen und das<br />
soziokulturelle Umfeld der kommunalen Verwaltung berücksichtigen:<br />
Veränderungsvorhaben benötigen eine sichtbare Unterstützung durch Politik und Ver-<br />
waltungsführung. Projektzielsetzungen müssen deshalb anschlussfähig sein an die ü-<br />
bergeordneten, standort- und finanzpolitischen Ziele der Kommune.<br />
Der demografische Wandel in der Gesellschaft, aber auch in der Mitarbeiterschaft der<br />
Verwaltung, erzwingen einerseits eine „Rationalisierung“ der Verwaltungsabläufe und<br />
eröffnen zugleich ein Handlungsfenster <strong>für</strong> eine sozialverträgliche Gestaltung des Wan-<br />
dels.<br />
Veränderungsprozesse bringen nicht nur Vorteile, sie verursachen auch Aufwand und<br />
Kosten. Dieser Sachverhalt darf in der Kommunikation von Projektzielen und Nutzen<br />
nicht verschwiegen wer<strong>den</strong>. Der Projektnutzen muss nachvollziehbar nachgewiesen<br />
und überzeugend kommuniziert wer<strong>den</strong>.<br />
In Veränderungsprozessen sollten die Interessen der Organisation und nicht die Interes-<br />
sen der Mitarbeiter im Mittelpunkt stehen. Es kann <strong>für</strong> eine Institution, die im öffentlichen<br />
Auftrag handelt und mit Mitteln der öffentlichen Hand finanziert wird, nicht darum gehen,
3. Hinweise zum Veränderungsmanagement 89<br />
eine „gerechte“ Organisation zum Wohle ihrer Mitarbeiter zu schaffen; stattdessen sollte<br />
eine möglichst effektive und effiziente Organisation der Aufgabenwahrnehmung Ziel sein.<br />
Insofern darf „Partizipation“ der Mitarbeiter in Veränderungsprozessen nicht mit „Basis-<br />
demokratie“ verwechselt wer<strong>den</strong>. Veränderungsprozesse zielen auf die Umgestaltung<br />
von Arbeitssituationen, Arbeitsmitteln und Arbeitsbedingungen. Sie orientieren sich am<br />
Kontext und nicht am Subjekt der Verwaltungsarbeit. Vor diesem Hintergrund bedeutet<br />
„Partizipation“ die Chance und die Aufforderung an die Mitarbeiter das Neue aktiv und<br />
konstruktiv mit zu gestalten, sie verfolgt nicht das Ziel, subjektive Motivationsprobleme zu<br />
lösen.<br />
Im Hinblick auf die „Veränderungsbereitschaft“ betroffener Mitarbeiter darf angenommen<br />
wer<strong>den</strong>, dass in der kommunalen Verwaltung, wie in anderen Organisationen auch, das<br />
Gesetz der Gaußschen Normalverteilung gilt. Dies bedeutet: etwa 15% der Betroffenen<br />
sind grundsätzlich aufgeschlossen <strong>für</strong> Veränderungen, etwa 70% der Betroffenen verhal-<br />
ten sich neutral und abwartend und etwa 15% verhalten sich grundsätzlich ablehnend<br />
gegenüber Veränderungen. Schenken Sie der Gruppe der Ablehnen<strong>den</strong> nicht zu viel<br />
Aufmerksamkeit. Fokussieren Sie ihre Anstrengungen und Ressourcen darauf, die<br />
Gruppen der aufgeschlossenen und neutralen Mitarbeiter <strong>für</strong> <strong>den</strong> Veränderungsprozess<br />
zu gewinnen und zu befähigen. Nur die Gruppe der „Neutralen“ kann überhaupt gewon-<br />
nen wer<strong>den</strong>. Die Mitglieder der Gruppe der „Aufgeschlossenen“ wer<strong>den</strong> schon aufgrund<br />
ihrer persönlichen Prädisposition die Rolle von „Multiplikatoren“ im Veränderungsprozess<br />
annehmen. Die „Gaußsche Normalverteilung“ gilt übrigens <strong>für</strong> alle Phasen des Verände-<br />
rungsprozesses, deshalb sollten Sie nicht überrascht sein, wenn nach dem Projektab-<br />
schluss wiederum ein bestimmter Prozentsatz der Beteiligten, das erreichte Ergebnis<br />
„kritisch“ beurteilt.<br />
Die Ankündigung von anstehen<strong>den</strong> Veränderungsprozessen löst nicht selten Sorgen und<br />
Ängste bei <strong>den</strong> betroffenen Mitarbeitern aus. Dies fördert die Entstehung von Konflikten<br />
und teilweise heftigen emotionalen Reaktionen. Führungskräfte, die es gewohnt sind in<br />
„stabiler Umgebung“ und in der Tradition des „kooperativen Führungsstils“ zu arbeiten,<br />
geraten in dieser Situation sehr schnell in Rollenkonflikte zwischen <strong>den</strong> Extremen „Ko-<br />
operation“ und „Konfrontation“. Es kann deshalb sehr hilfreich und „entlastend“ sein,<br />
wenn zumindest in der Startphase des Veränderungsprojekts die Rolle des „Change<br />
Agents“ bzw. Initiators der Veränderung von einem Außenstehen<strong>den</strong> wahrgenommen<br />
wird.<br />
3.2 Das Phasenmodell der Veränderung<br />
Das in Abbildung 45 dargestellte „Drei Phasen Modell der Veränderung“ stammt aus der sozi-<br />
alpsychologischen Forschung zu Veränderungsprozessen in sozialen Gruppen. Es wurde von<br />
Kurt Lewin bereits in <strong>den</strong> vierziger Jahren des 20ten Jahrhunderts entwickelt und hat sich als<br />
einfaches Schema zur Strukturierung gruppendynamischer Veränderungsprozesse durchge-<br />
setzt.
90 3. Hinweise zum Veränderungsmanagement<br />
einfrieren<br />
Abbildung 45: „Drei-Phasen-Modell“ der Veränderung<br />
Die drei Phasen: „Auftauen“, „Verändern“ und „Einfrieren“ bil<strong>den</strong> einen Rahmen zur Planung<br />
und Durchführung von Veränderungsprozessen in Organisationen. In der folgen<strong>den</strong> Abbildung<br />
46 wer<strong>den</strong> die Aufgaben und Arbeitsschwerpunkte in <strong>den</strong> drei Phasen in allgemeingültiger<br />
Form skizziert. Wir haben dabei die bei<strong>den</strong> Handlungsebenen „Changemanagement“ und<br />
„Projektmanagement“ unterschie<strong>den</strong>, um die in unserem <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> behandelten Aufga-<br />
ben und Fragestellungen besser in <strong>den</strong> Projekt-Designrahmen des Veränderungsmanage-<br />
ments einordnen zu können. Dies bedeutet aber nicht, dass wir der Auffassung Vorschub leis-<br />
ten möchten, es handele sich hier um zwei getrennte Handlungsfelder oder Bereiche! Selbst-<br />
verständlich müssen in der Praxis die Ziele und Aufgaben des Veränderungsmanagements<br />
mit <strong>den</strong>en des „operativen“ Projektmanagements eng verzahnt und synchronisiert wer<strong>den</strong>. Die<br />
praktische Erfahrung zeigt, dass sehr viele Projekte eben daran scheitern, dass dies nicht in<br />
ausreichendem Maße geschieht. Umgekehrt macht der Sachverhalt deutlich, dass ein erhebli-<br />
cher Qualifikationsbedarf zu Metho<strong>den</strong> und Führungskompetenzen in Veränderungsprojekten<br />
besteht, da „klassische“ Projektmanagementmethodiken dazu tendieren, ein eher „technokra-<br />
tisches“ Verständnis zum Management von Projekten und Projektrisiken zu propagieren, wel-<br />
ches die sogenannten „weichen“ Faktoren entweder ganz ausblendet, als „Kommunikations-<br />
probleme“ verniedlicht oder schlicht in die Verantwortung der „Führung“ „wegdelegiert“, um<br />
sich sogleich auf das Terrain des „Projektmanagements“ zurück zu ziehen. Als ein wesentli-<br />
cher Erfolgsfaktor hat sich ein mit dem „Projektmanagement“ eng verzahntes „Changemana-<br />
gement“ durch da<strong>für</strong> qualifizierte Mitarbeiter oder ggf. externe Berater erwiesen.<br />
Eine umfassende Darstellung der Metho<strong>den</strong> und Techniken in allen Phasen des Verände-<br />
rungsprozesses würde <strong>den</strong> Rahmen dieses <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong>s sprengen, deshalb sei an dieser<br />
Stelle auf die umfangreiche Fachliteratur zum Thema „Change Management“ verwiesen. 35<br />
35 Zum Beispiel: Schäfer, Frank: Kommunales Change Management, Berlin 2011oder Namokel, Herbert / Dieter Rös-<br />
ner: Change Management. Lexikon, Düsseldorf 2010.<br />
Neue Struktur<br />
Alte Struktur<br />
Veränderungs-<br />
Management<br />
verändern<br />
auftauen
3. Hinweise zum Veränderungsmanagement 91<br />
Change-<br />
Management<br />
Projekt-<br />
Management<br />
Abbildung 46: Inhalte und Aufgaben im "Drei Phasen Modell"<br />
3.3 Prozessorientiertes Veränderungsmanagement<br />
Im Unterschied zu „breit angelegten“, auf die Veränderung der gesamten Organisation zielen-<br />
<strong>den</strong> Veränderungsprojekten, lag dem Vorgehen im Kontext unseres Projektes eine andere<br />
Strategie zugrunde, die wir „prozessorientierte Veränderung“ genannt haben und aus verschie-<br />
<strong>den</strong>en Grün<strong>den</strong> gerne zur Nachahmung empfehlen möchten. Die Vorteile dieser Vorgehens-<br />
weise liegen unseres Erachtens auf der Hand:<br />
Prozessorientierte Veränderungsprojekte sind „politisch“ leichter durchzusetzen, die ge-<br />
plante Veränderung ist begrenzt und löst somit weniger Vorbehalte, Widerstände und<br />
Ängste aus.<br />
In jeder Kommune existieren „notlei<strong>den</strong>de“ Aufgabenbereiche, die aufgrund äußerer oder<br />
interner Faktoren dringend einer Reformierung und Optimierung bedürfen.<br />
Im Rahmen der Studie Effizientes E-Government wur<strong>den</strong> bereits ca. 200 bis 300 kommu-<br />
nale Kernprozesse mit E-Government Potenzial und Standardisierungspotenzial i<strong>den</strong>tifi-<br />
ziert, deren Optimierung mit großer Wahrscheinlichkeit zu „zählbaren“ Erfolgen führen<br />
wird.<br />
„Auftauen“ „Verändern“ „Einfrieren“<br />
• Kontaktaufbau zu Führungskräften • Implementierung des<br />
und Mitarbeitern Change-Projektteams im Fachbereich<br />
• Einbeziehung der Personalvertretung • Vereinbarungen zur Projektstruktur,<br />
• Strategieworkshops: gemeinsames Kommunikation und Dokumentation<br />
Verständnis zu Auslöser und Zielen • Implementierung von<br />
• Qualifikationsmaßnahmen FüKr Schnittstellenzirkeln und KVP-Teams<br />
zu Grundlagen und Methodik • Zielvereinbarungen zu Maßnahmen<br />
• Erste Mitarbeiterworkshops zur<br />
Umsetzung<br />
Information und Einbindung • Begleitung der Maßnahmen-<br />
• Erste Situationsanalyse und Umsetzung durch Coaching und<br />
Sensibilisierung<br />
„Training on the Job“<br />
• Überprüfung von Lernerfolg • Überprüfung der erwarteten<br />
bei Methodik und<br />
Verhaltensänderungen<br />
Führungskompetenzen<br />
und Zielvereinbarungen<br />
• Implementierung des Projektteams<br />
IST-Analyse und <strong>Soll</strong>konzeption<br />
• Erarbeitung des <strong>Soll</strong>-Konzepts<br />
• Diskussion des <strong>Soll</strong>konzepts<br />
in Mitarbeiterworkshops<br />
• Beschluss Stufenkonzept Umsetzung<br />
• Feinkonzeption der ersten<br />
Umsetzungsstufe(-n)<br />
• Schaffung der i-technischen<br />
Voraussetzungen<br />
• Pilotierung und AW-Test Technik<br />
• Einführung <strong>Soll</strong>prozess und Technik<br />
• kontinuierliche Verbesserung<br />
der <strong>Soll</strong>-Arbeitsabläufe<br />
• Change Request Management<br />
• Pflege der Prozessdokumentation<br />
Ein in einem überschaubaren Zeitrahmen und erfolgreich abgeschlossenes Verände-<br />
rungsprojekt im Bereich eines Kerngeschäftsprozesses zeigt auf, dass „Veränderung<br />
machbar“ ist und positive Ergebnisse erzielt wer<strong>den</strong> können.<br />
• Qualifikationsmaßnahmen zur<br />
Vertiefung von Metho<strong>den</strong>- und<br />
Führungskompetenzen<br />
• Coaching und Moderation zur<br />
Anwendung der<br />
Steuerungsinstrumente<br />
• Projektabschluss<br />
• Abschluss von Dienstvereinbarungen<br />
und Dienstanweisungen<br />
zum <strong>Soll</strong>prozess<br />
• Publikation der Projektergebnisse<br />
• Monitoring der<br />
Prozessdurchführung im<br />
Rahmen des GPM<br />
Die im Rahmen der prozessorientierten Veränderung gewonnenen Erfahrungen können<br />
als Blaupause <strong>für</strong> die Veränderung und Optimierung weiterer Kernprozesse dienen.<br />
Die im <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong> behandelten Themen sind aus der Sicht des Veränderungsmanage-<br />
ments samt und sonders der Projektphase „Auftauen“ zuzuordnen. Deshalb möchten wir im
92 3. Hinweise zum Veränderungsmanagement<br />
Folgen<strong>den</strong> auf praxisrelevante Aspekte zum prozessorientierten Veränderungsmanagement in<br />
dieser Phase eingehen:<br />
Der ausgewählte Prozess sollte ausreichendes Optimierungspotenzial bieten<br />
Nutzen Sie dazu unsere „Checkliste Prozessoptimierung“ und die Ergebnisse der Studie<br />
„Effizientes E-Government“<br />
Bereits beim Kontaktaufbau zu <strong>den</strong> prozessverantwortlichen Führungskräften des Fach-<br />
bereichs sollte ein gemeinsames Verständnis zu Auslösern, Zielen und Optimierungs-<br />
ansätzen des Veränderungsprojekts erzielt wer<strong>den</strong> („KO-Kriterium“)<br />
Nutzen Sie das standardisierte <strong>Soll</strong>-Modell des Prozesses aus der Prozessbibliothek als<br />
„Checkliste“ bzw. Diskussionsgrundlage, um eine erste Einschätzung zur IST-Situation<br />
des in Frage kommen<strong>den</strong> Prozesses und über die Einschätzung und das Urteilsvermö-<br />
gen der Führungskräfte dazu zu erhalten.<br />
Beteiligen Sie frühzeitig ihre IT-Experten, um zu erfahren, ob der geplante Optimie-<br />
rungsansatz mit vorhan<strong>den</strong>en technischen Mitteln umsetzbar, oder ob eine Investition<br />
erforderlich ist.<br />
Stellen Sie frühzeitig fest, inwieweit die Personalvertretung zu informieren oder zu betei-<br />
ligen ist und leiten Sie entsprechende Maßnahmen ein.<br />
Beziehen Sie die Führungskräfte und ausgewählte Fachkräfte in die Durchführung des<br />
<strong>Soll</strong>-Ist-Vergleichs ein (Workshop). Geben Sie dabei <strong>den</strong> erforderlichen theoretischen<br />
und methodischen Input, um die Mitarbeiter und Führungskräfte über die zur Optimie-<br />
rung in Betracht kommen<strong>den</strong> Technologien und Organisationsprinzipien und ihre Zu-<br />
sammenhänge zu informieren. Nutzen Sie dabei die „Leitfragen zum <strong>Soll</strong>-Ist-Vergleich<br />
Organisation“ (siehe Abbildung 16) als Checkliste und Moderationsleitfa<strong>den</strong>.<br />
Entwickeln Sie, entsprechend zu der Anzahl der ermittelten Optimierungsansätze ein<br />
schlüssiges Stufenkonzept nach dem Prinzip der „kleinen Pyrami<strong>den</strong>“.<br />
Wenn sich dabei alternative Umsetzungspfade ergeben, lassen Sie <strong>den</strong> Fachbereich<br />
darüber entschei<strong>den</strong>, wie die Umsetzungsstufen zu priorisieren sind. Wenn nicht, erläu-<br />
tern Sie überzeugend, warum es nur einen Umsetzungspfad gibt.<br />
Entwickeln Sie zügig das technische und organisatorische Umsetzungskonzept (Fein-<br />
konzept) zur ersten Umsetzungsstufe.<br />
Fordern Sie parallel dazu die Ausarbeitung des Changemanagement-Konzepts zur Pilo-<br />
tierung und Einführung des <strong>Soll</strong>-Prozesses durch Führungskräfte und ausgewählte Mit-<br />
arbeiter des Fachbereichs ein. Unterstützen Sie dabei bei Bedarf durch fachliche und<br />
methodische Inputs.<br />
E-Government und IT-getriebene Prozessoptimierungsprojekte führen zu erheblichen<br />
Veränderungen der IT-Unterstützung der Prozesse und damit zu einer veränderten Ar-<br />
beitsumgebung <strong>für</strong> die Mitarbeiter. Dies führt in der Regel dazu, dass zum Teil über vie-<br />
le Jahre eingeübte Arbeitsroutinen wegfallen oder stark verändert wer<strong>den</strong> müssen, da-<br />
mit die erwünschte Produktivitätssteigerung eintritt. Die Mitarbeiter wer<strong>den</strong> zwar im Zu-<br />
ge der Produktivsetzung neuer Anwendungen in der Nutzung der neuen IT-Anwendung
3. Hinweise zum Veränderungsmanagement 93<br />
geschult, aber in der Regel mit der Anpassung ihrer Arbeitsroutinen auf der „Mikro-<br />
Ebene“ alleine gelassen.<br />
Darüber hinaus dürfen Sie keineswegs voraussetzen, dass alle Mitarbeiter über eine aus-<br />
reichende Medien- und IT-Anwenderkompetenz verfügen, um <strong>den</strong> erforderlichen Trans-<br />
fer dramatisch erweiterter IT-Funktionen in der Arbeitsumgebung auf die Entwicklung<br />
angemessener Arbeitsroutinen ohne Hilfestellung, ausreichende praktische Einübung<br />
und ohne Transferkontrolle am Arbeitsplatz zu leisten.<br />
Es wäre auch nicht Ziel führend, die Entwicklung angemessener Nutzungsroutinen dem<br />
Zufall, bzw. der Kreativität und der IT-Kompetenz der Mitarbeiter zu überlassen, da sich<br />
alsbald zahlreiche individuelle Abweichungen in der Arbeitsweise einschleichen wür<strong>den</strong>.<br />
Diesem Sachverhalt sollten Sie, zum Beispiel durch geeignete Testverfahren zur Feststel-<br />
lung der aktuell vorhan<strong>den</strong>en Anwenderkompetenz und durch entsprechend ausgestalte-<br />
te Qualifizierungsmaßnahmen, Training on the Job und Qualitätszirkel der Mitarbeiter zur<br />
„kontinuierlichen Verbesserung“ der Arbeitsroutinen im Rahmen des Veränderungsma-<br />
nagements Rechnung tragen.<br />
Wir empfehlen Ihnen einen „Maßnahmenplan Veränderungsmanagement“ zu erstellen, der das<br />
„Stufenkonzept“ (siehe Kapitel C. Stufenkonzept) zur Umsetzung der geplanten Lösung er-<br />
gänzt und aus dem klar hervorgeht, welche Projekt begleiten<strong>den</strong> Aktivitäten im Veränderungs-<br />
management in welcher Umsetzungsstufe durchgeführt wer<strong>den</strong>. Der Maßnahmenplan zum<br />
Veränderungsmanagement enthält die vier Handlungsebenen: „Kommunikation“, „Qualifizie-<br />
rung“, „Einbindung“ und „Vereinbarung“. Berücksichtigen Sie bei ihrer Planung, dass alle Hand-<br />
lungsebenen in jeder Phase des Veränderungsprozesses und in jeder Umsetzungsstufe ihres<br />
<strong>Soll</strong>konzepts mit Inhalt zu füllen sind, um ein schlüssiges und nachhaltiges Konzept zum Ver-<br />
änderungsmanagement zu erstellen! Nutzen Sie zur Entwicklung ihrer „Change-Konzeption“<br />
das in der folgen<strong>den</strong> Abbildung dargestellte Planungsschema:<br />
Maßnahmeplan<br />
Veränderungsmanagement<br />
Initialisierung Umsetzung<br />
Stufe 1<br />
Handlungsebene Maßnahmen<br />
Kommunikation<br />
Qualifizierung<br />
Einbindung<br />
Vereinbarung<br />
Umsetzung<br />
Stufe 2<br />
Abbildung 47: Planungsschema Veränderungsmanagement<br />
Umsetzung<br />
Stufe x<br />
Wir wünschen Ihnen nun viel Erfolg bei der Anwendung des <strong>Praxisleitfa<strong>den</strong></strong>s in ihrer Kommune!<br />
Harald Schumacher Dezember 2010<br />
Gunter Rückziegel<br />
b.i.t.consult GmbH<br />
Seeheim