20.04.2013 Aufrufe

vor einer umstellung auf humaninsulin müssen patienten einwilligen

vor einer umstellung auf humaninsulin müssen patienten einwilligen

vor einer umstellung auf humaninsulin müssen patienten einwilligen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

VOR EINER UMSTELLUNG AUF HUMANINSULIN MÜSSEN<br />

PATIENTEN EINWILLIGEN<br />

„Der Arzt und das Recht“ von Prof. Christian Dierks<br />

Mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in der vergangenen Woche wurden die<br />

Arzneimittelrichtlinien geändert. Nun sind <strong>auf</strong> Beschluss des Gemeinsamen<br />

Bundesausschusses kurzwirksame Insulinanaloga für Patienten mit Diabetes Typ 2 nicht mehr<br />

zu Lasten der GKV verordnungsfähig. Was bei der Umstellung von Patienten zu beachten ist<br />

und welche Ausnahmen es gibt, beschreibt die heutige Rechtskolumne.<br />

Über die Haftungsrisiken <strong>einer</strong> Umstellung <strong>auf</strong> Humaninsulin hat die „Ärzte Zeitung“ bereits<br />

berichtet. Bei der Umstellung <strong>müssen</strong> Niedergelassene <strong>auf</strong> eine gründliche Aufklärung der<br />

Diabetiker achten und diese auch dokumentieren.<br />

Der Ausschluß der Verordnung von Insulinanaloga zu Lasten der GKV ist die Regel, von der<br />

es aber auch Ausnahmen gibt. Nach Paragraph 31 Absatz 1 Satz 4 SGB V können auch<br />

ausgeschlossene Arzneimittel in begründeten Einzelfällen verordnet werden. In den<br />

Erläuterungen des GBA zur Änderung der Arzneimittelrichtlinien werden drei solcher Gründe<br />

angeführt:<br />

1. Patienten mit Allergie gegen Humaninsulin<br />

2. Patienten, bei denen trotz Intensivierung der Therapie eine stabile adäquate<br />

Stoffwechsellage mit Humaninsulin nicht erreichbar ist, dies aber mit kurzwirksamen<br />

Insulinanaloga nachweislich gelingt, und<br />

3. Patienten, bei denen <strong>auf</strong>grund unverhältnismäßig hoher Humaninsulindosen eine<br />

Therapie mit kurzwirksamen Insulinanaloga im Einzelfall wirtschaftlicher ist.<br />

▪ Patienten, die erstmals mit Insulin zu therapieren sind, sind <strong>auf</strong> Humaninsulin<br />

einzustellen.<br />

Bei Patienten, die bislang mit kurzwirksamen Insulinanaloga behandelt wurden, ist zu<br />

überprüfen, ob medizinische Gründe, wie zum Beispiel die drei oben genannten, eine<br />

Fortführung der Therapie notwendig machen. Ist dies nicht der Fall, sollte dem<br />

Patienten eine Umstellung <strong>auf</strong> Humaninsulin <strong>vor</strong>geschlagen werden. Dazu ist die<br />

Einwilligung des Patienten erforderlich. Lehnt er ab, muß der Patient die verordneten<br />

Insulinanaloga komplett bezahlen.<br />

▪ Vor der Einwilligung ist der Patient <strong>auf</strong> jeden Fall über die Risiken der Umstellung<br />

und eine mögliche Einschränkung der Fahrtauglichkeit zu informieren. Hinweis: Nach<br />

Anlage 4 Nr. 5 der Fahrerlaubnisverordnung sind Patienten während der Umstellung<br />

<strong>einer</strong> Insulintherapie nur bedingt oder gar nicht fahrtauglich.


Ist auch unter Intensivierung der Therapie mit Humaninsulin die Stoffwechsellage<br />

nicht adäquat und stabil, kann der Patient <strong>auf</strong> kurzwirksame Insulinanaloga ein- oder<br />

wieder eingestellt werden. Nach den Erläuterungen des GBA sollten jedoch zu<strong>vor</strong> die<br />

Einhaltung des Therapieschemas durch den Patienten, die Lebensführung sowie<br />

Injektionsstellen und –technik überprüft werden. Zur maximalen Dauer der<br />

Überprüfung gibt es keine zeitlichen Vorgaben. Nach der Umstellung <strong>auf</strong><br />

Insulinanaloga ist die Stoffwechsellage dann „nachwollziehbar über einen Zeitraum<br />

von sechs Monaten zu dokumentieren“. Selbstverständlich ist die Verordnung<br />

während dieser Zeit <strong>auf</strong> Kassenrezept <strong>vor</strong>zunehmen.<br />

Wenn Arzt oder Patient bekannt ist, daß die Therapie mit Humaninsulin unzureichend<br />

ist, aber die vom GBA geforderten Nachweise hierfür fehlen – etwa weil der Patient<br />

nach <strong>einer</strong> Umstellung <strong>auf</strong> Insulinanaloga den Arzt gewechselt hat - , ist es wohl nicht<br />

vertretbar, den Patienten zu gefährden und den Arzt Haftungsrisiken auszusetzen. Die<br />

gemeinsame schriftliche Erklärung von Arzt und Patient bezüglich der bisherigen<br />

Erfahrungen unter der Therapie sollte ausreichend sein, um <strong>einer</strong>seits die Versorgung<br />

des Patienten zu sichern und andererseits den Arzt <strong>vor</strong> Regreßrisiken zu bewahren.<br />

Patienten, die ohne medizinischen Grund die Versorgung mit kurzwirksamen<br />

Insulinanaloga wünschen, <strong>müssen</strong> dieses Arzneimittel künftig <strong>auf</strong> Privatrezept<br />

verordnet erhalten und vollständig selbst bezahlen. Patienten, die den Ausschluß der<br />

Arzneimittel für rechtswidrig halten, können bezüglich dieser Privatverordnungen die<br />

Krankenkassen <strong>auf</strong> Kostenerstattung verklagen. Voraussetzung ist allerdings, daß im<br />

Einzelfall nicht doch ein medizinischer Grund für die Verordnung <strong>vor</strong>liegt, weil der<br />

Patient ja in diesem Fall einen Anspruch <strong>auf</strong> die Verordnung zu Lasten der GKV hätte.<br />

Wer dem Patienten ein Kassenrezept über Humaninsulin ausstellt und <strong>vor</strong>schlägt, der<br />

Apotheker möge gegen Zahlung des Differenzbetrages ein kurzwirksames Analogon<br />

aushändigen, stiftet zum Betrug an.<br />

Der Verordnungsausschluß wird möglicherweise nicht sehr lange anhalten. Das<br />

Bundesministerium für Gesundheit hat dem GBA <strong>auf</strong>gegeben, nach Abschluß der<br />

Nutzenbewertung der kurzwirksamen Insulinanaloga in der Indikation Diabetes Typ 1<br />

zu überprüfen, ob nicht doch eine Festbetragsbildung möglich ist. Tritt eine solche<br />

Festbetragsregelung in Kraft, wären Patienten, die sich dies wünschen, erneut<br />

umzustellen.<br />

F A Z I T<br />

Der Verordnungsausschluß kurzwirksamer Insulinanaloga gilt nicht für Patienten, bei denen<br />

in medizinisch begründeten Einzelfällen die Verordnung notwendig ist. Um das eigene<br />

Haftungsrisiko zu minimieren, sollten Vertragsärzte <strong>vor</strong> <strong>einer</strong> Umstellung ihre Patienten<br />

<strong>auf</strong>klären und die Aufklärung auch genau dokumentieren.<br />

(Entnommen aus ÄRZTE ZEITUNG –WIRTSCHAFT- Nr. 176 vom 04. Oktober 2006, Seite 17)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!