Vorlesung 1
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Vorlesung 1
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VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
<strong>Vorlesung</strong> 1<br />
Einteilung des bürgerlichen Rechts (ABGB §14):<br />
• 1. Teil: Personenrecht §15-284 inklusive FamilienR<br />
• 2. Teil: Sachenrecht §285-1341 (dingliche SachenRe=SachR und persönliche Sachen-<br />
Re=SchuldR)<br />
• 3. Teil: Gemeinschaftliche Bestimmungen §1342-1502<br />
Das ABGB ist die Grundlage für alle Rechtsgeschäfte und spielt oft mit den Vorschriften von HGB<br />
(Sonderregeln für Kaufleute) und dem KSchG (Sonderregeln für Verbraucher) zusammen.<br />
Einteilung des österr. Rechts in Privatrecht und Öffentliches Recht:<br />
• Öffentliches Recht (ius publicum): Ordnet vor allem die Rechtsverhältnisse öffentlicher Gemeinwesen,<br />
Gebietskörperschaften (Bund, Länder), Kammern etc. und klärt die Rechtswegzuständigkeit.<br />
Regelt auch das Verhältnis der verschiedenen öffentlich-rechtlichen Körperschaften zu ihren<br />
Mitgliedern (z.B. Wahlrecht oder Steuerrecht).<br />
• Privatrecht (ius privatum): Einteilung s. oben<br />
Rechtsdurchsetzung in der Rechtsordnung<br />
Privatrecht Öffentliches Recht<br />
Gerichte Verwaltungsbehörden<br />
Unabhängige Richter: weisungsungebunden, Abhängige Verwaltungsorgane: weisungsgebun-<br />
unabsetzbar, unversetzbar<br />
den, absetzbar, versetzbar<br />
Urteil oder Beschluss Bescheid<br />
Justiz (Gerichtsbarkeit) und Verwaltung sind in allen Instanzen getrennt. Ausnahmen: insbesondere<br />
VwGH und VfGH.<br />
Die Rechtsordnung umfasst:<br />
• Das objektive Recht (die „RO“): öffentliches Recht und Privatrecht (Allg. PrivatR = bürgerliches<br />
Recht und SonderprivatR)<br />
• Subjektive Rechte: Aus dem Recht im objektiven Sinn werden die Befugnisse der einzelnen<br />
Rechtssubjekte abgeleitet. Das Recht im subjektiven Sinn ist die von der RO an den Einzelnen<br />
„verliehene“ rechtliche Befugnis. Man unterscheidet subjektive öffentliche Rechte (z.B. Wahlrecht)<br />
und subjektive Privatrechte (z.B. Eigentum, ForderungsR).<br />
Verfassung als rechtliche Grundordnung<br />
• Verfassung im formellen Sinn ist ein besonderes Gesetzgebungsverfahren mit erschwerter Abänderbarkeit<br />
(qualifizierte Mehrheit): Zweidrittelmehrheit im NR und Hälfte der Mitglieder müssen<br />
anwesend sein, ausdrückliche Bezeichnung.<br />
• Verfassung im materiellen Sinn (typische Inhalte): Staatsform, Verteilung der Staatsfunktionen<br />
(Parlament, Regierung, Gerichte usw.), Grundrechte, Gewaltenteilung<br />
• Die Verfassung stellt das rechtliche und organisatorische Fundament entwickelter Staaten dar.<br />
• Sie regelt Staatsform, Regierungsform, Struktur des Staatsverbandes, Staatszwecke und –ziele,<br />
die Verantwortlichkeit und Bestellung der Staatsorgane sowie das Verhältnis der Staatsfunktionen<br />
zueinander.<br />
Stufenbau der Rechtsordnung: Baugesetze Verfassung einfache Gesetze Verordnungen <br />
Urteile / Bescheide / Verträge Zwangsvollstreckung / Exekution<br />
Zusammenhang: Entstehungs-, Bedingungs- und Derogations-Zusammenhang<br />
Baugesetze: Leitende Grundsätze des Verfassungsrechts, ihre Änderung bedeutet eine Gesamtänderung<br />
der Bundesverfassung und verlangt eine obligatorische Volksabstimmung. Dazu zählen das<br />
bundesstaatliche, demokratische, republikanische und rechtsstaatliche Prinzip, mitunter auch die Gewaltentrennung<br />
und das liberale Prinzip.<br />
Das EU-Recht befindet sich in der Grafik zwischen den Baugesetzen und den (einfachen) Verfassungsgesetzen.<br />
Aufbau des EU-Rechts<br />
• Primäres GemeinschaftsR (EU-VerfassungsR): Besteht aus GründungsVn (Vertrag von Rom<br />
oder Maastricht-Vertrag), spätere vertragliche Änderungen und Ergänzungen sowie den Beitritts-<br />
Ve (z.B. Österreich 1994). Funktion: Verfassung der EU.<br />
1 Martin Gächter | www.gaechter.cc
VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
• Sekundäres GemeinschaftsR: Verordnungen (schaffen für jeden EU-Bürger unmittelbar geltendes/anwendbares<br />
Recht), Richtlinien (enthalten an die EU-Mitgliedsstaaten gerichtete verbindliche<br />
Vorgaben).<br />
Zum Begriff des Rechtsstaates: Bürger haben auch Rechte gegen den Staat, insbesondere Grund-<br />
und Freiheitsrechte. Staat darf Gewalt nur in rechtlicher Form ausüben (Legalitätsprinzip), Gewaltentrennung,<br />
Verwaltungs- und Verfassungsgerichtsbarkeit, Unabhängigkeit usw.<br />
<strong>Vorlesung</strong> 2<br />
Natürliche Person / Mensch als Rechtsperson<br />
• Der Mensch ist primärer Adressat des Rechts, seine Rechtsstellung (Rechtsfähigkeit) erlangt er<br />
durch die Rechtsordnung<br />
• §16 ABGB: Jeder Mensch besitzt heute volle Rechtspersönlichkeit<br />
• Rechtsfähigkeit haben heute natürliche und juristische Personen (§26), grundsätzliche Gleichstellung.<br />
Bei juristischen Personen auch Teil-Rechtsfähigkeit (z.B. bis 2002 die Universitäten).<br />
• Die Rechtsfähigkeit betrifft: Privatrechtliche und öffentlichrechtliche Rechtsstellung (z.B. Wahlrecht).<br />
• Beginn mit vollendeter Geburt, Vorwirkungen: Nasciturus (§22) – Rechte, aber keine Pflichten<br />
möglich.<br />
• Rechtsvermutung: widerlegbare, einfache Rechtsvermutung (praesumtio iuris, Gegenbeweis ist<br />
möglich, z.B. Todeserklärung) und unwiderlegbare Rechtsvermutung (praesumtio iuris ac de iure,<br />
Gegenbeweis nicht möglich).<br />
• Ende mit (Hirn-)Tod, Nachwirkungen: postmortale Persönlichkeitsrechte, UrhG. Der Leichnam<br />
wird als Sache angesehen, aber keine wie alle anderen (Pietät und Schutz der Totenruhe §190<br />
StGB). Privatrechte reichen über Tod hinaus: Nachlass, Erbrecht, postmortale Persönlichkeitsrechte<br />
(z.B. Ehre), Urheberrechte (70 Jahre), Patentschutz (PatG).<br />
• Todeserklärung: Verschollenheit. Wirkung: Bestellung eines Kurators, Todeserklärung begründet<br />
(widerlegbare) Vermutung des Todes (§19 TEG).<br />
Rechtsfähigkeit (Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein)<br />
Aus der Rechtsfähigkeit entsteht die Handlungsfähigkeit (=Fähigkeit, durch eigenes Handeln Rechte<br />
und Pflichten zu erwerben).<br />
• Geschäftsfähigkeit: sich durch eigenes rechtsgeschäftliches Handeln zu berechtigen und zu<br />
verpflichten.<br />
• Zivilrechtliche Deliktsfähigkeit: für eigenes rechtswidriges Verhalten einstehen zu müssen.<br />
Geschäftsfähigkeit (§21, §151 ABGB) und Deliktsfähigkeit (§153, §1310)<br />
Kinder (bis 7 Jahre)<br />
Unmündige Minderjährige<br />
(7-14<br />
Jahre)<br />
Mündige Minderjährige<br />
(14-18 Jahre)<br />
Geschäftsfähigkeit: Kinder sind grundsätzlich geschäftsunfähig, sie können<br />
sich weder selbständig berechtigen und erst recht nicht verpflichten. Ausnahme<br />
nach §151: Geschäfte, die von Minderjährigen üblicherweise geschlossen werden<br />
(z.B. Busfahrkarte) und eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Le-<br />
bens betreffen.<br />
Geschäftsfähigkeit: Unmündige Minderjährige können sich schon selbständig<br />
berechtigen, aber immer noch nicht allein verpflichten. Voraussetzung zur gültigen<br />
Verpflichtung ist die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nach §151<br />
und §865. Ausnahmen: wiederum kleine alltägliche Geschäfte, aber erweiterter<br />
Geschäftskreis.<br />
Geschäftsfähigkeit: Können sich selbständig berechtigen, aber auch noch<br />
nicht (selbständig) verpflichten (Zustimmung des gesetzlichen Vertreters oder<br />
des Gerichts notwendig). Wichtige Ausnahmen:<br />
• zur „freien Verfügung“ überlassene Sachen (z.B. Taschengeld)<br />
• Einkommen aus eigenem Erwerb, soweit nicht die Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse<br />
gefährdet wird und<br />
• Verträge über Dienstleistungen mit Ausnahme von Ausbildungsverträgen.<br />
Bei Vortäuschung der Volljährigkeit haftet der Minderjährige für den Vertrauensschaden,<br />
der Vertrag kommt aber nicht zustande.<br />
Deliktsfähigkeit: Mit Mündigkeit wird eine Person nach den schadenersatzrechtlichen<br />
Bestimmungen verschuldensfähig (voll deliktsfähig). Im ZivilR ist<br />
aber – anders als im StrafR – eine Unterschreitung der Deliktsfähigkeitsgrenze<br />
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VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
Volljährigkeit (ab<br />
18 Jahren)<br />
durch §1310 möglich; Billigkeitshaftung. (Strafrecht: Absolutgrenze bei 14 Jahren).<br />
Geschäftsfähigkeit: Eigenberechtige Personen. Mit dem vollendeten 18. Lebensjahr<br />
erlischt die elterliche Obsorge, wechselseitige Unterhaltspflichten bleiben<br />
bestehen (§140-143). Ein verheiratetes minderjähriges Kind steht hinsichtlich<br />
seiner persönlichen Verhältnisse einem Volljährigen gleich, solange die Ehe<br />
dauert.<br />
Deliktsfähigkeit: bei psychisch Kranken, geistig Behinderten oder vorübergehender<br />
Sinnesverwirrung besteht Deliktsunfähigkeit.<br />
Gestaffelte Zustimmung (§154 ABGB)<br />
Jeder Elternteil ist für sich allein berechtigt und verpflichtet, das Kind zu vertreten. Seine Vertretungshandlung<br />
ist selbst dann rechtswirksam, wenn der andere Elternteil mit ihr nicht einverstanden ist.<br />
Ausnahmen: z.B. Ein-/Austritt in eine Religionsgemeinschaft. Vertretungshandlungen betreffend Vermögensangelegenheiten:<br />
Zustimmung beider Elternteile und der Genehmigung des Gerichts nötig<br />
(z.B. Veräußerung von Liegenschaften).<br />
Ausdifferenzierung der Rechtspersönlichkeit<br />
Natürliche Person Juristische Person<br />
• §22 Nasciturus<br />
• Nachlass, Sammelvermögen<br />
• §16 Natürliche Person<br />
• Verein<br />
• Ges. bürgerlichen Rechts (§1175 f)<br />
• Kapitalgesellschaften: Genossenschaft,<br />
• Stille Gesellschaft, Erwerbsgesellsch.<br />
GmbH, AG<br />
• OEG, KEG, OHG, KG, EWIV<br />
• Fonds, Stiftung<br />
Juristische Person (§26 ABGB): Grundsätzliche Gleichstellung mit NatP. Sie besitzen volle Rechts-<br />
und Handlungsfähigkeit, Geschäfts- und Deliktsfähigkeit. Dies dient der zweckdienlichen Rechts- und<br />
Interessensverfolgung.<br />
Kriterien für juristische Personen:<br />
• Fähigkeit zu selbständiger Interessensverfolgung<br />
• Vorhandensein von Organen<br />
• Trennungsprinzip bei der (Schulden)Haftung: Juristische Personen und natürliche Personen, die<br />
ihr angehören oder für sie handeln, sind zweierlei und daher auch in Bezug auf Rechte und Pflichten<br />
zu trennen.<br />
Arten juristischer Personen:<br />
• JurP des PrivatR: Entstehen durch Vertrag oder einseitige Willenserklärung, z.B. Verein, GmbH,<br />
AG, Stiftung<br />
• Personenverbände: Haben Mitglieder (NatP oder JurP), Willensbildung nach Mehrheitsprinzip,<br />
z.B. Verein, GmbH, AG, politische Parteien<br />
• JurP des öffentlR: Beruhen auf Gesetz, z.B. Bund, Länder, Gemeinden, Kammern, öffentliche<br />
Fonds<br />
• Vermögensmassen: Haben keine Mitglieder, nur Begünstigte und Organe, über Verwendung/Tätigkeit<br />
entscheidet z.B. der Stifterwille/Wille des Fondsgründers. Z.B. Privatstiftungen,<br />
Fonds.<br />
Organtypen jur. Personen: Organbestellung erfolgt typisch von unten nach oben.<br />
• Leistungsorgan: Geschäftsführung und Vertretung, z.B. Vereinsvorstand, Geschäftsführer, Vorstand<br />
• Kontrollorgan: z.B. Rechnungsprüfer eines Vereins, Aufsichtsrat einer GmbH, AG oder Genossenschaft<br />
• Basisorgan: Ihm gehören sämtliche Mitglieder / Gesellschafter / Aktionäre an, z.B. Mitgliederversammlung<br />
des Vereins, Generalversammlung etc.<br />
Beispiele:<br />
• GmbH: JurP und Vollkaufmann, keine Haftung der Gesellschafter für Gesellschaftsschulden.<br />
• Offene Handelsgesellschaft: Ist selbst keine jurP, keine Organe (aber vertragliche Kompetenzverteilung<br />
möglich), unbeschränkte persönliche Haftung aller Gesellschafter.<br />
3 Martin Gächter | www.gaechter.cc
VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
• Kommanditgesellschaft (KG): Wie OHG, aber anders ausgestaltet: Unterschiedliche Gesellschaftertypen<br />
und Haftung: Komplementäre haften unbeschränkt und persönlich (Vollhafter),<br />
Kommanditisten haften beschränkt auf ihre Einlage (Geldgeber). Sonderform der KG:<br />
GmbH&CoKG: Geschöpf der Vertragsfreiheit, GmbH ist einzige (und damit persönlich haftende)<br />
Komplementärin.<br />
Deliktsfähigkeit jur. Personen: für satzungsmäßige Organe und andere wichtige Personen, deren<br />
sie sich bedient (seit Mitte 60er-Jahre)<br />
<strong>Vorlesung</strong> 3<br />
Persönlichkeitsschutz / Angeborene Rechte<br />
• §16: „Jeder Mensch hat angeborne, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte und ist daher<br />
als eine Person zu betrachten.“ Generalklausel iS eines allgemeinen Persönlichkeitsschutzes,<br />
Schöpfung des Naturrechts.<br />
• §26 stellt jurP natürlichen gleich: Soweit sinnvoll, wird auch jurP Persönlichkeitsschutz gewährt.<br />
• Persönlichkeitsrechte sind absolute Rechte (sie wirken gegen jedermann).<br />
• Privatrechtlich: § 16,17,43, 1325 ff und §77 f UrhG (Recht am eigenen Bild, an der eigenen Stimme).<br />
• Verfassungsrechtlich: Grund- und Freiheitsrechte (z.B. Briefgeheimnis, Versammlungs-, Vereinsfreiheit,<br />
Glaubens- und Gewissensfreiheit)<br />
• Strafrechtlich: StGB, z.B. Leib und Leben (§75 f), Freiheit (§99 f), Ehre (§111f), Privatsphäre und<br />
Berufsgeheimnis (§118 f).<br />
Anerkannte (private) Persönlichkeitsrechte:<br />
• Leben, Gesundheit, Erwerbsfähigkeit (§1325-1327 ABGB)<br />
• Freiheit und geschlechtliche Selbstbestimmung (§1328-1329)<br />
• Namensrecht (§43)<br />
• Ehre, wirtschaftliches Fortkommen, Kreditfähigkeit (§1330), eigenes Bild und Stimme (§78 UrhG)<br />
• Urheber- und Erfinderschutz: UrhG, PatG<br />
• Persönliche Privatsphäre, Geheimbereich<br />
• Ärztliche Schutzpflichten: Aufklärungspflicht, Verschwiegenheitspflicht<br />
• Einen würdigen Tod, PatientenpersönlichkeitsRe im KH<br />
• Achtung religiösen Empfindens<br />
Sachwalterschaft<br />
Früher: Beschränkte und volle Entmündigung, heute Sachwalterschaft. Ziel: flexiblere rechtliche Lösungen.<br />
Der geschützte Personenkreis umfasst Personen mit psychischer Krankheit oder geistiger<br />
Behinderung, die alle oder einzelne Angelegenheit nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst<br />
zu besorgen vermögen. Die Sachwalterschaft ist unzulässig, wenn die betroffene Person durch andere<br />
Hilfe unterstützt werden kann (z.B. Familienmitglieder).<br />
Umfang und Wirkungen der Sachwalterschaft<br />
• Je nach Behinderung: Personenfürsorge, Vermögensverwaltung<br />
• Sachwalter übernimmt „gesetzliche Vertretung“: wie bei Minderjährigen, Sachwalterbestellung<br />
durch Gericht<br />
• Sachwalterschaft bewirkt die Beschränkung der Geschäftsfähigkeit: Für Verfügungen und Verpflichtungen<br />
muss die Zustimmung des Sachwalters vorliegen.<br />
Unterbringungsgesetz (UbG) - § 1,4,8 und 13 f<br />
• Ziele: Schutz der Persönlichkeitsrechte psychisch Kranker, Verstärkung eines kompensatorischen<br />
Rechtsschutzes untergebrauchter Kranker, Zurückdrängen von Zwang, stärkere Kontrolle der<br />
ärztlichen Tätigkeit.<br />
• Geltungsbereich: Gilt für alle Krankenanstalten und Abteilungen der Psychiatrie, in denen Personen<br />
Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit unterworfen sind. Schutz der Persönlichkeitsrechte.<br />
• Alten- und Pflegeheime: Interessensvertretung in diesem Bereich durch Sachwalterschaft, Patientenanwaltschaft<br />
und Heimanwaltschaft (noch nicht eingeführt).<br />
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VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
<strong>Vorlesung</strong> 4<br />
Vertragsfreiheit – Privatautonomie<br />
Privatautonomie nennt man das Prinzip der Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch den Einzelnen<br />
nach seinem Willen. Hauptsitz ist das Schuldrecht (nicht Sachenrecht Typenzwang). Wichtigstes<br />
Gestaltungsmittel ist der Vertrag: Selbstverpflichtung der Parteien (besteht aus zwei Verpflichtungserklärungen).<br />
4 Freiheiten:<br />
• Abschlussfreiheit (Ausnahme: Kontrahierungszwang)<br />
• Gestaltungs- oder Inhaltsfreiheit (Schuldrecht)<br />
• Formfreiheit (Ausnahme: z.B. §1346 Abs. 2 Bürgschaft)<br />
• Endigungsfreiheit<br />
Kontrahierungs- oder Abschlusszwang<br />
Verpflichtung, einen Vertrag bestimmten Inhalts abschließen zu müssen. Er besteht für Unternehmen<br />
mit monopolähnlicher Stellung, die Einzelne mit lebenswichtigen Gütern versorgen (z.B. öffentlicher<br />
Verkehr) auf Grund gesetzlicher Anordnung oder der Rechtssprechung (z.B. Versorgung durch kommunale<br />
Betriebe). Kein Kontrahierungszwang besteht z.B. für Kinos, Gaststätten etc.<br />
Das Rechtsgeschäft: Private Willenserklärung, gerichtet auf Rechtswirkung, die willensgemäß eintritt,<br />
wenn sie rechtmäßig ist (z.B. Kaufvertrag, Testament etc.). Ein RG ist ein Abstraktum, im wirklichen<br />
Rechtsleben existieren nur Realtypen (z.B. Kauf).<br />
Ausdrückliche und schlüssige Willenserklärung: Willenserklärung = Willensäußerung mit rechtsgeschäftlichem<br />
Kundgebungszweck (wörtlich oder stillschweigend).<br />
Einteilung der Rechtsgeschäfte<br />
Nach ihrer Entstehung: Einseitige Rechtsgeschäfte (wirksam durch Abgabe der Willenserklärung,<br />
z.B. Testament, oder durch Zugang, z.B. Kündigung), zweiseitige RG (z.B. KaufV) oder mehrseitige<br />
RG (z.B. Gesellschaftsvertrag).<br />
Nach ihren Wirkungen: Personenrechtliche (z.B. namensrechtliche Erklärungen), Familienrechtliche<br />
(z.B. Verlöbnis, Eheschließung), Erbrechtliche (z.B. Testament, Erbvertrag), Sachenrechtliche (z.B.<br />
Pfandbestellung), Schuldrechtliche (z.B. Kaufvertrag, Tausch, Werkvertrag)<br />
Vertragsschluss: Allgemeine Voraussetzungen<br />
• Geschäftsfähigkeit der vertragsschließenden Parteien (§865)<br />
• Korrespondierende Willenserklärungen (§869)<br />
• Fehlen von Willensmängeln (§870 f): Irrtum, Zwang, Täuschung<br />
• Möglichkeit des Vertragsinhalts (§878)<br />
• Erlaubtheit des Vertragsinhalts (§879)<br />
• Einhaltung von Formvorschriften (§883 f)<br />
Vertragsschluss: §861 f ABGB<br />
• Vertrag entsteht aus zwei korrespondierenden Willenserklärungen: Antrag und Annahme<br />
• Antrag-/Angebotssteller schlägt vor, einen Vertrag bestimmten Inhalts zu schließen, und Anerkärter<br />
nimmt den gemachten Vorschlag vollinhaltlich an.<br />
• Bereits für vertragliche Vorverhandlungen besteht eine (Verschuldens)Haftung (culpa in contrahendo).<br />
Erfordernisse einer gültigen Offerte<br />
• Inhaltliche Bestimmtheit (Bestimmbarkeit): z.B. müssen beim Kauf Kaufpreis und Kaufgegenstand<br />
bestimmt werden.<br />
• Endgültiger Bindungswille (des Antragstellers) muss zum Ausdruck kommen: Er fehlt z.B. beim<br />
Zeitungsinserat und bei Waren im Schaufenster (bloße Einladung zur Offerte).<br />
Offerte: Dauer der Antragsbindung<br />
• Befristet: Enthält den Tag des letztmöglichen Zugangs der Annahme<br />
• Unbefristet: Keine genaue Zeitbestimmung für Zugang, Dauer der Antragsbindung unsicher.<br />
• Unter Anwesenden: Entsteht sofort, andernfalls erlischt Offerte. Telefonische Offerte gilt als „anwesend“.<br />
• Unter Abwesenden: Gesamtfrist: Beförderung + angem. Überlegungsfrist + „Postlauf“ retour.<br />
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VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
Empfangsbedürftigkeit und Zugang<br />
• Antrag und Annahme sind jeweils einseitige, empfangsdürftige Willenserklärungen (Empfangsbedürftigkeit:<br />
Willenserklärung wirkt erst mit Zugang beim Vertragspartner)<br />
• Zugang von Willenserklärungen: Diese muss in den Machtbereich des Vertragspartners gelangen,<br />
wobei nur die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestehen muss, z.B. Briefträger legt Brief in Briefkasten.<br />
Aber: Zugang ≠ Kenntnisnahme.<br />
Antragsbindung<br />
• Mit Zugang der Offerte entsteht Antragsbindung Willenserlärung wird wirksam.<br />
• Konsequenzen: Antragsteller kann Offerte nicht mehr zurückziehen, aber auch nicht mehr inhaltlich<br />
abändern.<br />
• Mit Zugang der Offerte erlangt der Geschäftspartner das einseitige Gestaltungsrecht, den Vertrag<br />
zustande zu bringen oder nicht.<br />
• Mit Zugang der Annahmeerklärung kommt Vertrag (ohne weiteres Zutun des Offertstellers) zustande:<br />
Es entstehen gegenseitige vertragliche Rechte und Pflichten.<br />
Sonderfälle des Vertragsschluss<br />
• Freibleibend – Offerte/FO: Keine gesetzliche Regelung. Zweck: Einschränkung oder Ausschluss<br />
der Bindungswirkung des Antrags. FO ist eigentliche keine Offerte, sondern bloß eine Einladung<br />
zur Antragstellung.<br />
• Klausel „Preise freibleibend“: Vertrag wird (nicht wie bei FO) unbedingt geschlossen, beide Parteien<br />
sind daran gebunden. Preise können nachträglich aber einseitig geändert werden (z.B. Waren<br />
mit häufigen Preisschwankungen).<br />
<strong>Vorlesung</strong> 5<br />
Sachenrecht: Recht der Sachgüterzuordnung an Rechtssubjekte<br />
Es dient der Klarheit und Erkennbarkeit, wem welches Sachenrecht in welchem Umfang zusteht.<br />
Die Sachenrechts-Prinzipen dienen diesem Ziel:<br />
• Dingliche Natur: unmittelbare Sachherrschaft („an der Sache haftend“)<br />
• Absolute Wirkung: von allen zu respektieren, daher gegen jedermann durchsetzbar<br />
• Typenzwang oder numerus clausus: Anzahl und Art der Sachenrechte sind beschränkt und zwingend<br />
vorgegeben<br />
• Publizität: Erkennbarkeit der Sachzuordnung, z.B. PfandR, Übergabe<br />
• Priorität: Prior tempore potior iure – die ältere Rechtsposition ist die stärkere.<br />
• Spezialität: Sachenrechte bestehen nur an bestimmten Sachen (objektbestimmt) und sind auch<br />
inhaltlich genau zu bestimmen (betragsbestimmt).<br />
Aufgaben des Sachenrechts<br />
Die Sachgüterzuordnung erfolgt auf doppelte Weise: Faktisch/tatsächlich durch Besitz (Sach- und<br />
Rechtsbesitz), rechtlich durch dingliche Sachenrechte (Eigentum, Pfandrecht etc.). Geschützt werden:<br />
• Erworbener Besitz durch erlaubte Selbsthilfe sowie gerichtlichen Besitzschutz<br />
• Die dinglichen Sachenrechte durch die petitorischen Klagen<br />
Gegenüberstellung Sachenrecht Schuldrecht<br />
Rechtsbeziehung Person zu Sache Person zu Person<br />
Recht auf Eigenes Verhalten Fremdes Verhalten<br />
Recht gegen Unbestimmten Personenkreis bzw. Nur gegen bestimmte Personen /<br />
alle<br />
Dafür nur Recht auf: - Allgemeines, negatives Verhalten<br />
(Nichteingreifen, Nichthindern)<br />
- absolute Wirkung<br />
- Da alle angehend: von jedermann<br />
verletzbar<br />
einzelne<br />
- spezielles, meist<br />
- positives Verhalten<br />
- relative Wirkung<br />
- Grundsätzlich nur vom Vertragspartner<br />
verletzbar<br />
- Vertrauensschutz - Treu & Glauben<br />
- Publizität<br />
- Formfreiheit<br />
- Typenzwang<br />
- Vertragsfreiheit<br />
- Ius cogens - Ius dispositivum<br />
Aufgabe Sachgüterzuordnung Interessensfeinabstimmung<br />
Zusammenwirken beider Bereiche im Rahmen der Lehre von Titel und Modus<br />
Rechtssicherheit und Gerechtigkeit.<br />
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VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
Eigentum, Besitz, Innehabung<br />
• Eigentum: rechtliche Herrschaft über eine Sache, dingliches Vollrecht<br />
• Sachbesitz: Besitz an körperlichen Sachen (bewegliche und unbewegliche): Tatsächliche Macht<br />
einer Person über eine Sache (corpus) und Wille, die Sache als die seinige zu behalten (animus)<br />
• Rechtsbesitz: Besitz an unkörperlichen Sachen, Rechten (§311), erstreckt (Sach-)Besitzschutz<br />
auch auf obligatorische Rechtsbeziehungen, wenn diese mit Sachinhabung verbunden sind (z.B.<br />
Miete). Rechtsbesitzer ist, wer nach äußeren Erscheinung ein Recht als das seinige ausübt.<br />
• Innehabung: Tatsächliche Macht über eine Sache, ohne den Willen dieselbe für sich haben zu<br />
wollen – kein Besitzschutz!<br />
Besitzfunktionen: Besitzschutz – Gründe<br />
• Besitz verhindert / schützt vor verbotener Eigenmacht<br />
• Besitz vermittelt die Besitzprivilegien (Rechtsscheinwirkung, Redlichkeitsvermutung, Legitimationswirkung)<br />
• Beweiserleichterung (auch im streitigen Verfahren, sog. Petitoirum), Besitzer hat günstigere (beweisfreie)<br />
Beklagtenrolle<br />
Besitzschutz durch Selbsthilfe oder Gericht<br />
• Voraussetzung in beiden Fällen eine eigenmächtige Besitzverletzung<br />
• Erlaubte Selbsthilfe (§19 und §344): Wenn richterliche Hilfe zu spät käme, kann der Gestörte der<br />
Gewalt mit angemessener Gewalt begegnen (Besitzwehr: Verteidigung, Besitzkehr: Wiederverschaffen<br />
schon entzogenen Besitzes).<br />
• Gerichtlicher Besitzschutz: Besitzstörung. Ziel des Verfahrens ist die möglichst rasche Beseitigung<br />
der Störung der äußeren Ordnung und Unterlassung gleichartiger Störungen in Zukunft.<br />
Possessorium und Petitorium<br />
• Petitorium: Zivilprozess, normales ordentliches, streitiges Verfahren, es geht um Rechtsfragen<br />
• Possessorium: Besitzstörungsverfahren, es geht um die Tatsache des Besitzes, um die Wiederherstellung<br />
des letzten ruhigen Besitzstandes und Unterlassung künftiger Störungen<br />
• Wer im Possessorium unterliegt, kann nachträglich sein Recht zum Besitz im Petitorium erklären.<br />
<strong>Vorlesung</strong> 6<br />
Die Lehre von „Titel und Modus“ (§ 380)<br />
• Titel: Rechtsgrund, rechtlicher Erwerbungsgrund (causa)<br />
• Modus: taugliche Erwerb(ung)sart (z.B. für Eigentumserwerb §426)<br />
• Ohne Titel und ohne rechtliche Erwerbungsart kann kein Eigentum erlangt werden (§380).<br />
• Der bloße Titel gibt noch kein Eigentum.<br />
• Eigentum und dinglichen Rechte können nur durch Übergabe/Übernahme erlangt werden (§425).<br />
• Aufgabe des Modus ist die nötige Publizität<br />
• Durchführung dieser Lehre bei unbeweglichen Sachen (Liegenschaftserwerb – Grundbuch) und<br />
bei beweglichen Sachen durch Übergabe (§426f).<br />
• Für bewegliche Sachen: körperliche Übergabe (§426 / PfandR §451), symbolische Übergabe<br />
(§427 / PfandR §452) oder Übergabe durch Erklärung (§428)<br />
• Für unbewegliche Sachen (§431): außerbücherliche/körperliche Übertragung (z.B. Schlüsselübergabe),<br />
Eigentum wird aber grundsätzlich nur durch bücherliche Übergabe (Grundbuch) erlangt<br />
(Ausnahmen: Erbgang, Enteignung).<br />
Übergabe durch Erklärung (§428)<br />
1. Besitzkonstitut (constitutm possesorium / Besitzauftrag): Bisheriger Besitzer (und Eigentümer)<br />
wird zum bloßen Inhaber: Besitzverhältnisse bleiben nach außen hin gleich (z.B. KaufV und in der<br />
Folge LeihV): Verkäufer (z.B. Entlehner) und Käufer (z.B. Verleiher).<br />
2. Übergabe kurzer Hand (traditio brevi manu / Besitzauflassung): Bisheriger Inhaber wird Besitzer<br />
und idF Eigentümer: Leihvertrag und idF KaufV (Verleiher späterer Verkäufer, Entlehner <br />
späterer Käufer). Eigentumsübergabe durch Erklärung, real erfolgt hier keine körperliche Übergabe<br />
mehr.<br />
3. Besitzanweisung<br />
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VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
Rechtsgeschäftliche Übertragung von Rechtspositionen<br />
• Bei Sachen: bewegliche (Übergabsformen der §426f) und unbewegliche (Eintragung ins Grundbuch,<br />
Ausnahmen §434,435)<br />
• Bei Forderungen und Rechten: Zession<br />
• Bei Orderpapieren (z.B. Wechsel): Indossament<br />
• Bei Schulden/Pflichten: Schuldübernahme<br />
• Übertragung von Rechten und Pflichten: Vertragsübernahme (Zustimmung aller notwendig)<br />
• Daneben zahlreiche gesetzliche Übertragungsnormen für Rechte und Pflichten, z.B. § 1409<br />
RO schützt Eigentum umfassend<br />
• ÖffentlR: VölkerR, Verfassungs- und VerwaltungsR, StrafR<br />
• PrivatR: Notwehr (§19,§344), ET-Klagen (Entziehungsklage §366f, Freiheitsklage §523, Immissionsschutzklage<br />
§364f, Publizianische Klage §372f), spezielle Klagen (Besitzstörungsklage, Exszindierungsklage<br />
§37 EO), schuldrechtliche und deliktische Klagen (z.B. Räumungsklage aus<br />
MietV)<br />
Schranken des (Privat)Eigentums<br />
• Einschränkung durch §364: Rechte eines Dritten und öffentliches Wohl<br />
• Im Privatrecht: z.B. privates Nachbarrecht<br />
• Im öffentlichen Recht: z.B. Enteignung, Flächenwidmung<br />
• Durch subjektive öffentl. Rechte: öffentl. Nachbarschutz, z.B. Bauordnungen<br />
• Schranken nach oben und unten: z.B. BauO, Luftfahrt, Starkstromleitungen<br />
• Seitliche Schranken: Immissionen §364<br />
• Grundverkehr: Landwirtschaftlich genutzter Grund kann nicht frei verkauft werden. Unterliegt dem<br />
jeweiligen LandesgrundverkehrsG: Bewilligung der Grundverkehrsbehörde nötig (Verhindern von<br />
Spekulation).<br />
• Enteignung (§365): formelle Enteignung (rechtsförmlicher Entzug z.B. des Eigentums) und materielle<br />
Enteignung (Eigentum bleibt zwar formal bestehen, jedoch inhaltliche Aushöhlung, z.B.<br />
durch Bauverbot). Zwecke: z.B. für Eisenbahn- und Straßenbau<br />
Privates Nachbarrecht (§364 Abs 2 f)<br />
Tatbestand – Voraussetzungen Rechtsfolge: Klage auf…<br />
Unmittelbare Zuleitung ist „unter allen Umstän- - Unterlassung, Beseitigung, Wiederherstellung<br />
den unzulässig“<br />
- Schadenersatz nur bei Verschulden<br />
Immissionen: mittelbare Einwirkungen (Abwäs- - Unterlassung, Beseitigung, Wiederherstellung<br />
ser, Rauch, Gase, Wärme, Gerüche, Geräusche,<br />
Strahlung,…)<br />
- Ortsüblichkeit überschritten<br />
- Ortsübliche Benutzung des Nachbargrundstücks<br />
wesentlich beeinträchtigt<br />
- Schadenersatz nur bei Verschulden<br />
Immissionen aus (individuell) behördliche ge- - Ausgleichsanspruch ohne Verschulden<br />
nehmigter Anlage<br />
- Aber kein Unterlassungsanspruch!<br />
Angrabung / Vertiefung - Unterlassung, Beseitigung, Wiederherstellung<br />
- Schadenersatz bei Verschulden<br />
<strong>Vorlesung</strong> 7<br />
Rechtssubjekte und Rechtsobjekte: Sachen<br />
• Rechtssubjekte: Träger von Rechten und Pflichten<br />
• Rechtsobjekte: Gegenstand/Bezugspunkt dinglicher und obligatorischer Rechte und Pflichten<br />
Sachbegriff (§285 ABGB)<br />
• §285: Alles, was von der Person unterschieden ist, und zum Gebrauche der Menschen dient, wird<br />
im rechtlichen Sinne eine Sache genannt.<br />
• Der weite Sachbegriff des ABGB umfasst:<br />
- körperliche Sachen, welche in die Sinne fallen §292, iSv sinnlicher Wahrnehmbarkeit, z.B.<br />
Strom, Häuser, Tiere und<br />
- unkörperliche Sachen (diejenigen, welche nur durch menschliche Begriffe bestehen, z.B.<br />
Recht zu jagen, andere Rechte, Dienstleistungen, Energien).<br />
8 Martin Gächter | www.gaechter.cc
VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
- Bedeutung der Unterscheidung: Die dinglichen Sachenrechte (z.B. Eigentum, PfandR, Servituten)<br />
beziehen sich nach §307 nur auf körperliche Sachen. Nur für sie gelten die Besitz-<br />
und ET-Übertragungsregeln und Rechte/Forderungen. Nach §311 ist aber Rechtsbesitz an allen<br />
(auch obligatorischen) Rechten möglich.<br />
• Bewegliche und unbewegliche Sachen (§293):<br />
- Bewegliche Sachen: Welche ohne Verletzung ihrer Substanz von einer Stelle zur anderen<br />
versetzt werden können.<br />
- Unbewegliche Sachen: Im entgegengesetzten Falle sind sie unbeweglich.<br />
- Bedeutung der Unterscheidung: Liegenschaften und ihr Zugehör sind unbewegliche Sachen,<br />
auch das Baurecht, Bergwerksberechtigungen und Hypotheken.<br />
• Freistehende Sachen: Allen Mitgliedern des Staates zur Zueignung überlassen (§381f). Titel:<br />
angeborne Freiheit, sie in Besitz zu nehmen. Modus: Zueignung/Bemächtigung. Einschränkung<br />
durch pol. Gesetze (z.B. Tierschutz).<br />
• Öffentliches Gut: §287 gestattet den Gebrauch von Landstraßen, Strömen, Flüssen, Seehäfen<br />
und dem Meeresufer.<br />
• Staatsvermögen dient der finanziellen Bedeckung der Staatsbedürfnisse, z.B. Steuern, Zölle,<br />
Bundesforste.<br />
• Verbrauchbare und unverbrauchbare Sachen: Bestimmte Vertragstypen setzen unverbrauchbare<br />
Sachen voraus (Leihe, Miete, Pacht; anders z.B. Darlehen oder Kauf).<br />
• Gefahrtragung bei Stück- und Gattungsschuld: Risiko der zufälligen Verschlechterung oder<br />
des zufälligen Untergangs des Leistungsgegenstands<br />
Leistungsgefahr<br />
Wer trägt Nachteil, wenn nicht<br />
wie vereinbart erfüllt werden<br />
Preisgefahr<br />
Wer trägt den wirtschaftlichen<br />
Nachteil?<br />
Stückschuld<br />
(unvertretbare Sachen)<br />
kann?<br />
Gläubiger Schuldner<br />
Gattungsschuld<br />
Schuldner (Gattung geht nicht Schuldner<br />
(vertretbare Sachen) unter/genus non perit)<br />
• Veräußerungs- und Belastungsverbot: Nach §363c kann für Sachen oder dingliche Rechte<br />
begründet werden. Verpflichtet nur den ersten Eigentümer, nicht aber seine Erben oder sonstige<br />
Rechtsnachfolger. Es verhindert jede vertragliche oder exekutive Überragung oder Belastung der<br />
Sache und ist ein höchstpersönliches Recht.<br />
• Gesamtsache (universitas rerum): Ein Inbegriff von mehreren besonderen Sachen, die als eine<br />
Sache angesehen und mit einem gemeinschaftlichen Namen bezeichnet werden zu pflegen, wird<br />
als ein Ganzes betrachtet (z.B. Unternehmen, Bibliothek).<br />
• Sacheinteilung der § 291 f ABGB<br />
Sach-Gesichtspunkte Bedeutung<br />
Öffentliche – Private Staat ↔ Privat<br />
Körperliche – Unkörperliche Dingliche Rechte und Übertragung<br />
Bewegliche – Unbewegliche Eigentums- und Gutglaubenserwerb<br />
Herrenlose – nicht herrenlose Aneignung<br />
Verbrauchbare – unverbrauchbare Gebrauchsüberlassung: Miete, Darlehen, Leihe<br />
Vertretbare – unvertretbare Stück- und Gattungsschuld und Gefahrtragung<br />
Schätzbare – unschätzbare Schadenersatz (§305)<br />
Verkehrsfähige – verkehrsbeschränkte Schusswaffen, Medikamente, Grundverk.<br />
Teilbare – unteilbare §843<br />
Haupt- und Nebensachen Bestandteil oder Zubehör<br />
• Maschinenparagraph<br />
- Spezialbestimmung für Eigentumsvorbehalt an Maschinen: Firma kauf Maschine, Bank zahlt<br />
Kredit direkt an Verkäufer, dieser tritt dafür seine Ansprüche nach §297a an Bank ab, insbesondere<br />
auch seinen ETV.<br />
- „Normaler“ ETV (ohne Anmerkung) greift nämlich gegenüber Hypothekargläubigern nicht.<br />
• Zugehör: Rechtliche Zusammengehörigkeit von Sachen<br />
1) Zubehör: Ohne körperlichen, aber mit wirtschaftlichem Zusammenhang<br />
Konsequenzen: Zubehör teilt grundsätzlich das rechtliche Schicksal der Hauptsache (z.B.<br />
keine gesonderte Exekution/Pfändung).<br />
2) Bestandteile: Mit körperlichem Zusammenhang<br />
Unselbständige Bestandteile: sonder- Selbständige Bestandteile: sonderrechtsfähig<br />
rechtsunfähig (kein gesonderter Besitz) (gesonderter Besitz, ETV möglich)<br />
9 Martin Gächter | www.gaechter.cc
VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
Dingliche Sicherheit<br />
• Dingliche Sicherheiten wirken neben der persönlichen Haftung (z.B. Eigentumsvorbehalt oder<br />
PfandR). Das ist rechtzeitig schon im Rahmen der Vertragsverhandlungen zu überlegen.<br />
• Die rechtlichen und wirtschaftlichen Vorteile für den Gläubiger:<br />
- Schuldner kann Sache (z.B. Kfz) nur mehr mit Zustimmung des Gläubigers veräußern, darüber<br />
verfügen<br />
- Dingliche Rechte gewähren Vorrang: Priorität<br />
- Schutz bei Exekution und Insolvenz<br />
- Gläubiger kann Sache vor Schaden schützen: Faustpfand - Devastation<br />
Eigentumsvorbehalt<br />
Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer beim Kreditkauf (§1063), dass die verkaufte und übergebene<br />
bewegliche Sache trotz Übergabe bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises<br />
(=aufschiebende Bedingung) im Eigentum des Verkäufers verbleibt.<br />
• Von der Rechtssprechung entwickelt, ist gesetzlich anerkannt, aber nicht geregelt.<br />
• Verkäufer ist (funktional) nicht mehr (voller) Eigentümer, Käufer ist es noch nicht<br />
• Vorbehaltskäufer erwirbt aber ein dingliches Anwartschaftsrecht auf das Eigentum am Vorbehaltsgut.<br />
Er ist schon Rechtsbesitzer (er hat ein Gebrauchsrecht), aber nur Sachinhaber.<br />
Funktionen des Eigentumsvorbehalts<br />
• Primär sichert er den Verkäufer gegen den Käufer (und dessen Gläubiger), aber auch den Käufer<br />
gegen den Verkäufer (und dessen Gläubiger).<br />
• Die Gefahr (Nachteil des zufälligen Untergangs) am Vorbehaltsgut geht mit Übergabe auf den<br />
Käufer über.<br />
• Käufer hat ein dingliches Nutzungsrecht und ein dingliches Anwartschaftsrecht auf das Eigentum<br />
am Vorbehaltsgut<br />
• Sache ist nur noch formell im Vermögen des Verkäufers. Daher wird auch der Käufer durch dingliche<br />
Klagen geschützt (bei Konkurs des Verkäufers).<br />
• Vorbehaltskäufer besitzt als Rechtsbesitzer Besitzschutz<br />
Formen des Eigentumsvorbehalts<br />
1) Einfacher ETV<br />
2) Offenweitergeleiteter ETV<br />
- Sonderform des einfachen ETV bei erlaubter Weiterveräußerung unter der Bedingung, dass<br />
der Käufer den bestehenden ETV offen weitergibt<br />
3) Verlängerter EV: Für Verarbeitung oder Weiterveräußerung<br />
- Verarbeitungsklausel: Verkäufer erwirbt an Stelle der Sicherheit durch das Vorbehaltsgut<br />
kraft Verarbeitungsklausel mit Verarbeitung des Vorbehaltsguts Miteigentum am Endprodukt.<br />
- Vorausabtretungsklausel: Veräußert der Käufer die Waren, tritt er damit die Kaufpreisforderung<br />
an den Lieferanten ab.<br />
- Erlösklausel: Veräußert der Käufer die Waren, so geht an Stelle der Ware der eingehende<br />
Erlös ins Eigentum des Lieferanten über.<br />
Kauf auf Borg – Kreditkauf (§1063)<br />
Wird die Sache dem Käufer von dem Verkäufer, ohne das Kaufgeld zu erhalten, übergeben, so ist die<br />
Sache auf Borg verkauft, und das Eigentum derselben geht gleich auf den Käufer über.<br />
<strong>Vorlesung</strong> 8<br />
Gutglaubenserwerb (§367): z.B. Autokauf vom Gebrauchtwarenhändler, später stellt sich heraus,<br />
dass das Auto gestohlen war. Müssen Sie es herausgeben?<br />
• Grundsatz: Man erwirbt nicht Eigentum, wenn nicht der Veräußerer Eigentümer oder zumindest<br />
verfügungsberechtigt war. §366 (Eigentumsklage) und §367 (Gutglaubenserwerb).<br />
• §367 ABGB schützt aber als originäre Erwerbsart den gutgläubigen (redlichen), entgeltlichen Erwerb<br />
beweglicher Sachen im Falle von drei Herkunftsmöglichkeiten:<br />
- aus öffentlicher Versteigerung<br />
- vom befugten Geschäftsmann<br />
- von einer Vertrauensperson des Eigentümers<br />
10 Martin Gächter | www.gaechter.cc
VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
Doppelverkauf (§430 und §440 ABGB)<br />
Beispiel: Teppichkauf beim Antiquitätenhändler: Sie zahlen, nehmen ihn aber nicht mit. Händler verkauft<br />
Teppich ein zweites Mal – wer erwirbt Eigentum?<br />
• Für den Eigentum-Erwerb entscheidet nicht die Priorität des schuldrechtlichen Titels (= 1. KaufV),<br />
sondern die Priorität des sachenrechtlichen Modus.<br />
- §430 – Bewegliche Sachen: Frühere Übergabe entscheidend.<br />
- §440 – Liegenschaften: früheres Grundbuch-Gesuch entscheidend. Sucht der Zweitkäufer<br />
früher um Einverleibung an, wird er Eigentümer. Erstkäufer kann nur vom Verkäufer (Schaden)Ersatz<br />
wegen Nichterfüllung fordern. Diese Regelung gilt auch dann, wenn der Zweitkäufer<br />
vom ersten Kauf wusste. Nur bei Verleitung zum Vertragsbruch durch den Zweitkäufer und<br />
bei arglistigem Zusammenwirken von Verkäufer und Zweitkäufer kann der Erstkäufer die ihm<br />
verkaufte Liegenschaft als Naturalersatz herausverlangen.<br />
• Der, dem die Sache zuerst übergeben / der zuerst verbüchert wurde, erwirbt Eigentum; auch bei<br />
(bloßer) Kenntnis des 1. Verkaufs.<br />
• Der Doppel-Verkäufer haftet dem verletzten Teil aber für die (idR schuldhafte) Nichterfüllung.<br />
Baurecht (BauRG)<br />
Definition (§1 BauRG): Dingliches, veräußerliches und vererbliches Recht, auf oder unter der Bodenfläche<br />
eines fremden Grundstücks ein Bauwerk zu haben. Seit 1990 kann jeder Liegenschaftseigentümer<br />
ein BauR einräumen, früher nur die öffentliche Hand und Kirchen (daher geringere Bedeutung).<br />
Zweck<br />
• Eigentümer kann Liegenschaft verwerten, ohne Grundeigentum aufzugeben<br />
• Rares Bauland kann günstig vergeben und genutzt werden<br />
• Bauberechtigter erspart sich Kaufpreis und zahlt nur BauR-Zins<br />
Rechtliche Ausgestaltung<br />
• BauR ist unbewegliche Sache<br />
• Errichtetes Bauwerk gilt als Zugehör des BauR<br />
• Eigentümer des Bauwerks ist der Bauberechtigte<br />
• Das BauR entsteht durch Verbücherung im C-Blatt der belasteten Liegenschaft<br />
• BauR wir idR entgeltlich vergeben: Bezahlung eines Bauzinses, Wertsicherung nunmehr zulässig<br />
• Dauer (§3 Abs 1): Nicht weniger als 10 und nicht mehr als 100 Jahre Eigentum auf Zeit<br />
• Nach Erlöschen: Bauwerk fällt wieder an Grundstückseigentümer zurück. Ohne andere Vereinbarung<br />
erhält Bauberechtigter eine Entschädigung von ¼ des vorhandenen Bauwerts. Liegenschaftseigentum<br />
lebt wieder voll auf.<br />
• Ein Gebäude kann also in drei Rechtsformen errichtet werden, nämlich als:<br />
- Superficies (§297 ABGB): Bauwerk muss in der Absicht aufgeführt werden, dass es stets<br />
darauf bleiben soll. Gebäude = unbewegliche Sache.<br />
- Superädifikat (§ 435 ↔ §297 ABGB): Bauwerk auf fremdem Grund, in der Absicht aufgeführt,<br />
dass es nicht stets darauf bleiben soll. Superädifikat = bewegliche Sache.<br />
- BauR; BauRG 1912<br />
Haftungen<br />
• Persönliche Haftung: Schuldner haftet mit seinem ganzen (auch künftigen) Vermögen.<br />
• Sachhaftung: Für eine Schuld / Forderung haftet nur eine (bewegliche oder unbewegliche) Sache,<br />
nicht das ganze Vermögen. Das österr. Privatrecht kennt keine reine Sachhaftung, vielmehr<br />
haftet neben der Sache immer auch der Schuldner weiter persönlich.<br />
• Beschränkte Haftung: Schuldner muss hier für Verbindlichkeiten nur mit einem Teil seines Vermögens<br />
aufkommen. Wir unterscheiden:<br />
- System der Exekutionsbeschränkung: sog. „cum-viribus“-Haftung: Gläubiger kann nicht in<br />
das ganze Vermögen des Schuldners, sondern nur in eine bestimmte Vermögensmasse Exekution<br />
führen.<br />
- System der Betragsbeschränkung: sog. „pro-viribus“-Haftung: Schuldner haftet mit dem<br />
ganzen Vermögen, aber nur bis zu einem bestimmten Betrag.<br />
• Angeld (§908): Was bei Abschließung eines Vertrages im Voraus gegeben wird, ist nur als Zeichen<br />
der Abschließung (Sicherstellung für die Erfüllung) zu betrachten. Wird der Vertrag durch<br />
Schuld einer Partei nicht erfüllt, so kann die schuldlose Partei entweder das empfangene Angeld<br />
behalten oder den doppelten Betrag des von ihr gegebenen Angeldes zurückfordern. Schuldlose<br />
Partei muss sich aber nicht mit dem Angeldverfall begnügen, sondern kann auf Vertragserfüllung<br />
bestehen oder bei Verschulden Schadenersatz verlangen. Angeld ≠ Anzahlung:<br />
• Reugeld – Storno (§909-911): Reugeld = Entgelt für Einräumung eines vertraglichen Rücktrittsrechts.<br />
Reugeld wird statt der Vertragserfüllung entrichtet (Wahlrecht). Dieses vertragliche Rück-<br />
11 Martin Gächter | www.gaechter.cc
VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
trittsrecht ist von den Voraussetzungen des gesetzlichen Rücktrittsrechts unabhängig. Auch bei<br />
verschuldeter Nichterfüllung eines Vertrags ist Reugeld zu bezahlen. Storno/Stornierung ist idR<br />
Reugeldvereinbarung (z.B. bei Reiseverträgen).<br />
Konventionalstrafe §1336<br />
Die Konventionalstrafe wird vom Schuldner dem Gläubiger für den Fall des entweder gar nicht oder<br />
nicht auf gehörige Art oder zu spät erfüllten Vertrags versprochen, und zwar als bestimmter<br />
Geldbetrag anstatt des zu vergütenden Nachteils, sog. pauschalierter Schadenersatz.<br />
Die Entrichtung der KvStr befreit den Schuldner grundsätzlich aber nicht von der Vertragserfüllung.<br />
Die KvStr kann höher sein als der eingetretene Schaden, der Schadensnachweis ist keine Voraussetzung<br />
für den Anspruch nach §1336.<br />
Die KvStr setzt grundsätzlich Verschulden voraus, Verschuldensfreiheit kann aber vereinbart werden.<br />
Mitverschulden (§ 1304) des Geschädigten mindert die KvStr. Der §1336 sieht ein richterliches<br />
Mäßigungsrecht vor, wenn sie vom Schuldner als übermäßig erwiesen wird (=Beweislast). Ist der<br />
eingetretene Schaden größer als die vereinbarte KvStr, kann nur die KvStr gefordert werden.<br />
Wertsicherung: Zweck: Der vereinbarte innere Geldwert soll auch für die Zukunft gesichert werden.<br />
Gegen Kaufkraftverlust (Inflation) werden WS-Klauseln in Verträge aufgenommen, da das Gesetz<br />
dafür keine Vorsorge trifft. Damit wird das Inflationsrisiko vom Gläubiger auf den Schuldner verlagert.<br />
Üblich sind heute Indexklauseln (z.B. CPI). WS-Klauseln müssen bestimmt oder doch bestimmbar<br />
vereinbart werden.<br />
Schwellwertklausel<br />
Definition: Nichtberücksichtigung von Indexschwankungen bis zu einer bestimmten Höhe (z.B. bis<br />
5%). z.B. bei Leibrente, Miete etc.<br />
<strong>Vorlesung</strong> 9<br />
Grundbuch: Öffentliches Buch, in das die dinglichen und verdinglichbaren Rechte an Liegenschaften<br />
eingetragen werden.<br />
• Verzeichnet alle Liegenschaften (Ausnahme: öffentliches Gut), ein Grundbuchsauszug kostet 8 €<br />
• Funktion: Rechtssicherheit stellt als öffentliches Buch den Liegenschaftsverkehr rechtlich klar<br />
und sichert ihn ab, ermöglicht Hypothekarkredit.<br />
• Grundbuchs-Eintragung = Intabulation = Verbücherung:<br />
- Modus für Liegenschaften: rechtlich dieselbe Wirkung wie Übergabe für bewegliche Sachen<br />
- Publizität: bewirkt Erkennbarkeit dinglicher Rechtspositionen<br />
• Sonderregister: Schiffsreg., Firmenbuch, Grenzkataster (Vermessungsamt)<br />
Aufbau des Grundbuchs<br />
• Für jede Katastralgemeinde, die nicht mit der politischen Gemeinde übereinstimmt, wird vom zuständigen<br />
Bezirksgericht ein Grundbuch geführt.<br />
• Ein Grundbuch besteht aus:<br />
- Hauptbuch: Im Hauptbuch wird für jeden GB-Körper als rechtlicher Grundeinheit des GB eine<br />
eigene GB-Einlage mit eigener Einlagezahl angelegt (ein GB-Körper kann aus mehreren<br />
Grundstücken bzw. Liegenschaften, dieses aus mehreren Parzellen bestehen).<br />
- Urkundensammlung: Sammlung der Originale oder beglaubigten Urkundenabschriften, auf<br />
Grund derer bücherliche Eintragungen erfolgen; Verweis vom Hauptbuch aus, in dem nur<br />
Kurzeintragungen erfolgen.<br />
• Aufbau der GB-Einlage / Realfoliensystem: Aufschrift: KG, EZ, BezG<br />
- A- oder Gutsbestandblatt: charakteriesiert Liegenschaft<br />
- B- oder Eigentumsblatt: weist ET-Verhältnisse aus<br />
- C- oder Lastenblatt: Enthält Lasten, Verfügungsbeschränkungen<br />
• Hilfsverzeichnisse und –einrichtungen: Dem Auffinden von GB-Einlagen dienen auch im EDV-<br />
Grundbuch:<br />
- Hilfsverzeichnisse: Anschriften, Personen-, Grundstücksverzeichnis<br />
- Grenzkataster (Lagepläne)<br />
• Arten bücherlicher Eintragungen (§8 GBG):<br />
- Einverleibungen / Intabulationen (§31f): unbedingte Erwerbung, Übertragung, Beschränkung<br />
oder Löschung (=bücherliche Rechte)<br />
- Vormerkungen (§35f): Es erfolgt nur eine bedingte Einverleibung, diese braucht eine nachfolgende<br />
Rechtfertigung.<br />
12 Martin Gächter | www.gaechter.cc
VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
- Anmerkungen (§52f): dient der Begründung bestimmter Rechtswirkungen (z.B. Streitanhängigkeit,<br />
Anmerkung der RO)<br />
- Ersichtlichmachungen: öffentlichrechtliche Beschränkungen (z.B. Naturschutzgebiet), persönliche<br />
Beschränkungen des Eigentümers (z.B. Minderjährigkeit)<br />
• Bücherliche (verbücherbare) Rechte: Ins Grundbuch können nur eingetragen werden:<br />
- dingliche Rechte und Lasten<br />
- verbücherbare (verdinglichbare) obligatorische Rechte, nämlich WiederkaufsR, VorkausR,<br />
BestandsR, Veräußerungs- und Belastungsverbot<br />
Grundbuch-Prinzipien<br />
• Antragsprinzip (§76f): Eintragungen erfolgen grundsätzlich nur auf Ansuchen, nicht von Amts<br />
wegen.<br />
• Legalitätsprinzip (§94): Richter muss (beschränkt auf Aktenlage) die gesetzlichen Voraussetzungen<br />
der begehrten Eintragung prüfen.<br />
• Eintragungsgrundsatz (§4): Die Erwerbung, Übertragung, Beschränkung und Aufhebung der<br />
bücherlichen (§9) Rechte wird nur durch ihre Eintragung in das Hauptbuch erwirkt. Die GB-<br />
Eintragung ist Erwerbsart/Modus und setzt einen gültigen Titel voraus.<br />
Ausnahmen: Enteignung, Zwangsversteigerung Erbgang, Fusion juristischer Personen<br />
• Publizitätsgrundsatz (§7): Öffentlichkeit des GB, formelle Publizität. Jedermann kann das GB<br />
einsehen und Abschnitte oder Auszüge daraus erheben.<br />
• Vertrauensgrundsatz / Öffentlicher Glaube des GB: materielle Publizität, das GB genießt öffentlichen<br />
Glauben und schützt Erwerber. Geschützt wird, wer im Vertrauen auf das Buch (Richtigkeit,<br />
Vollständigkeit) erwirbt, Voraussetzung ist aber, dass ein Erwerber in das GB Einsicht genommen<br />
hat und auch sonst die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit nicht kennt.<br />
Daher: Grundsätzlich kann nur vom bücherlichen Vormann erworben werden.<br />
• Prioritätsprinzip (§29): Vorrang des früher eingetragenen Rechts, Rang einer Eintragung wird<br />
durch den Zeitpunkt des Einlangens des Gesuchs bestimmt.<br />
• Spezialitätsgrundsatz (§10f): Dingliche Rechte sind nur an best. Einzelsachen möglich und inhaltlich<br />
zu präzisieren (z.B. keine Generalhypotheken).<br />
Anmerkung der Rangordnung<br />
Sicherungsproblem für Käufer (fürchtet, VK könnte noch anderweitig verfügen) und Verkäufer (fürchtet,<br />
Käufer könnte nicht oder nur säumig zahlen).<br />
Lösung bringt Anmerkung der Rangordnung und Rangordnungsbescheid (§53f), wodurch ein sicherer<br />
gegenseitiger Leistungsaustausch Zug um Zug auch beim Liegenschaftskauf möglich wird.<br />
• Liegenschafts-Eigentümer kann bücherliche Anmerkung verlangen für beabsichtigte Veräußerung<br />
oder Verpfändung.<br />
• § 56: Bei Ausnutzung des RangO-Bescheids kommt der begehrten Einragung der angemerkte<br />
Rang zu; also nicht der des (später) einlangenden Intabulationsgesuchs (Eintragung auch bei Übertragung<br />
an Dritte oder bei Konkurs des Verkäufers Schutz des Käufers).<br />
<strong>Vorlesung</strong> 10<br />
Stellvertretungen (§1002f ABGB)<br />
Rechtswirksames rechtsgeschäftliches Handeln für andere (z.B. Stellvertretung für einen Kaufvertragsabschluss).<br />
Unterschied: bloß tatsächliches Handeln für andere.<br />
• Vertretungsmacht bedeutet rechtliches Handeln-Können (nicht müssen) für andere, hier: den<br />
Vertretenen.<br />
• Betrifft das Außenverhältnis zu Dritten<br />
• Begründung der Vertretungsmacht durch Rechtsgeschäft (Vollmacht), Statuten / Gesellschaftsvertrag,<br />
Gesetz (z.B. Eltern) oder Richter (z.B. Sachwalter).<br />
Arten<br />
• Indirekte Stellvertretung: Handeln im eigenen Namen, wenn auch auf fremde Rechnung. Kein<br />
Offenlegen der Vertretungsmacht: keine unmittelbaren Rechtsfolgen beim Vertretenen, der Vertreter<br />
wird aus dem Rechtsgeschäft selber berechtigt und verpflichtet und muss die Rechtsolfgen auf<br />
den Vertretenen übertragen. Fall der Ermächtigung. Beispiele: Kommissionsgeschäft, Liegenschaftserwerb<br />
durch Strohmann.<br />
• Direkte / offene Stellvertretung: Rechtsordnung gestattet rechtlich wirksames handeln für andere<br />
(insbes. Verpflichtungen) nur unter bestimmten Voraussetzungen:<br />
13 Martin Gächter | www.gaechter.cc
VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
1. Vorliegen von Vertretungsmacht: z.B. Vollmacht: Handeln in fremdem Namen und auf fremde<br />
Rechnung. Vertretungsmacht muss stets von dem stammen, der vertreten werden soll; mittelbare<br />
Selbstverpflichtung.<br />
2. Offenlegung(sgrundsatz): erkennbares Handeln in fremdem Namen für einen anderen, Vertreter<br />
muss sich als solcher zu erkennen geben.<br />
1. Die Vollmacht: rechtliches Handeln-Können<br />
Einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Machtgebers gerichtet an den Stellvertreter/Machthaber<br />
(Innenvollmacht) oder an Dritte/Öffentlichkeit (Außenvollmacht). Sie wird mit Zugang<br />
wirksam und wird rechtsgeschäftlich eingeräumt. Grundsätzlich formfrei.<br />
Die Vollmacht wirkt im Außenverhältnis (Verhältnis zum Dritten) und beinhaltet ein rechtliches Können<br />
(anders: Auftrag und Ermächtigung). Die Vollmachtserteilung erfolgt entweder ausdrücklich oder<br />
schlüssig/stillschweigend (§863 ABGB).<br />
2. Ermächtigung: rechtliches Handeln-Dürfen<br />
• Ermächtigte werden durch einseitige WE berechtigt in eigenem namen, aber auf fremde Rechnung<br />
zu handeln.<br />
• Keine Zustimmung des Ermächtigten nötig.<br />
• Betrifft Innenverhältnis indirekte Stellvertretung.<br />
3. Auftrag: rechtliches Handeln-Sollen iSv Müssen<br />
• Vertrag (zweiseitiges RG); verpflichtet Beauftragten zu rechtsgeschäftlichem Handeln auf Rechnung<br />
des Auftraggebers<br />
• Betrifft aber nur Innenverhältnis<br />
• BevollmächtigungsV: Diktion des ABGB (§1002): Verbindung von Auftrag und Vollmacht (in einem<br />
einheitlichen Vertrag)<br />
Abgrenzung der Stellvertretung<br />
• Bote: Übermittelt eine fremde Willenserklärung, ist bloßes Übermittlungsinstrument (Werkzeug).<br />
Stellvertreter muss wenigstens beschränkt geschäftsfähig sein, der Bote nicht.<br />
• Treuhänder: Handelt in eigenem Namen, aus eigenem Recht heraus; freilich gebunden durch<br />
Treuhandabrede, also fremdes Interesse von Treugeber.Unterschied zur direkten Stellvertretung:<br />
TH handelt in eigenem Namen.<br />
• Vermittler: Leistet bloß Vorarbeiten zum Abschluss von Rechtsgeschäften, schließt aber nicht<br />
selber ab (z.B. Immobilienmakler).<br />
• Vertreter ohne Vertretungsmacht: sog. Falsus procurator, kurz: falsus, verschiedene Möglichkeiten:<br />
Rechtsfolgen nach ABGB: Falsus muss Rechtsgeschäft gegen sich gelten lassen, wenn<br />
Vertragspartner das will.<br />
Duldungs- oder Anscheinvollmacht<br />
Gesetzliche Fälle stillschweigend erteilter Vollmacht (§1029-1031) werden über den geregelten Bereich<br />
hinaus angewandt:<br />
• Vertretener duldet ein Verhalten und erweckt dadurch dne Anschein, die Vollmacht gehe von ihm<br />
aus.<br />
• Art äußerer Tatbestand einer Vollmachtserteilung, der Vertretene widerspricht nicht. Dann wird<br />
das Vertreter-Verhalten dem Vertretenen zugerechnet.<br />
• Unbedingte Voraussetzung: Anscheinswirkung muss auf den Vertretenen selbst zurückgehen<br />
(und nicht auf den Vertreter).<br />
Unternehmensbezogene Geschäfte<br />
Hier handelt jemand offenkundig für einen anderen, z.B. ein bestimmtes Unternehmen oder ein Hausverwalter<br />
für eine Miteigentums-Gesellschaft. Haftet der Kontrahierende selbst oder das dahinter stehende<br />
Unternehmen, wenn nicht (ausdrücklich) offengelegt wurde, für wen der Vertreter abschließt?<br />
• Rechtssprechung: Vertrauensprinzip verlangt nicht immer strenge Offenlegung, so bei Offenkundigkeit.<br />
• Bei Täuschung: Haftung des Kontrahierenden<br />
• Völliger Verzicht auf Offenlegung: v.a. beim Barkauf, z.B. Einkauf für Freundin, trotzdem unmittelbare<br />
Vertretungswirkung.<br />
• Ein Geschäft in fremdem Namen liegt auch vor, wenn die Stellvertretungsabsicht aus den Umständen<br />
klar hervortritt.<br />
14 Martin Gächter | www.gaechter.cc
VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
Insichgeschäft: Selbstkontrahieren<br />
Hier schließt eine Person (als Vertreter) mit sich selbst einen Vertrag, indem sie in 2 Rollen auftritt.<br />
Person vertritt sich selbst und ist zugleich Vertreter eines anderen. Dies widerspricht eigentlich dem<br />
Wesen des Vertrags (Gefahr der Interessenkollision). Deshalb nur zulässig, wenn der Machtgeber<br />
zustimmt / genehmigt oder die Interessen des Vertretenen dadurch nicht gefährdet werden (z.B. Eltern<br />
beschenken eigene Kinder).<br />
Unselbständige Hilfspersonen des Kaufmanns<br />
1. Prokura (§48f HGB): Handelsrechtliche Generalvollmacht<br />
Ermächtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen,<br />
die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt, nicht aber zur Veräußerung und Belastung<br />
von Grundstücken (nur mit besonderer Vollmacht – Immobiliarklausel). Eine Beschränkung des<br />
Umfangs der Prokura ist Dritten gegenüber unwirksam.<br />
• Kann nur ein Vollkaufmann erteilen<br />
• Ist ins Firmenbuch einzutragen und ist jederzeit widerruflich<br />
• (vom Träger) nicht übertragbar, erlischt nicht mit Tod des Geschäftsinhabers<br />
2. Handlungsvollmacht (§54f HGB)<br />
Unterschiede zur Prokura: Umfasst nur Geschäfte, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes<br />
gewöhnlich mit sich bringt. Keine Generalvollmacht, sondern gesetzlich beschränkte Vertretungsmacht.<br />
Besondere Ermächtigung für RG nach §54 Abs 2 HGB nötig.<br />
• Beschränkungen wirken gegen Dritte nur, wenn diese sie kannten oder kennen mussten (daher:<br />
Eintragung ins Firmenbuch)<br />
• Nicht übertragbar und jederzeit widerruflich<br />
• Bei Zeichnung: Hinweis auf Vollmachtsverhältnis nötig (i.V.)<br />
Selbständige Hilfspersonen des Kaufmanns<br />
1. Der Handelsvertreter<br />
§3 HVertrG: Befugnisse des Handelsvertreters, z.B. Annahme von Zahlungen<br />
• §5 HVertrG: Handelsvertreter hat Interessen des Unternehmers mit der Sorgfalt eines ordentlichen<br />
Kaufmanns wahrzunehmen und den Unternehmer unverzüglich von Geschäftsabschlüssen<br />
zu verständigen<br />
• Weitere wichtige Regelungen: §6-26 HVertrG<br />
2. Handelsmäkler: Neues Maklerrecht<br />
• Definition §1: Makler ist, wer auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung (Maklervertrag) für<br />
einen Auftraggeber Geschäfte mit einem Dritten vermittelt, ohne ständig damit vertraut zu sein.<br />
• Der Maklervertrag ist ein Vertrag eigener Art (sui generis)<br />
• Befugnisse des Maklers: Ohne ausdrückliche Vereinbarung ist der Makler nicht befugt, für den<br />
Auftraggeber das vermittelte Geschäft zu schließen oder Zahlungen vom Dritten entgegenzunehmen.<br />
• Alleinvermittlungsauftrag (§14): Auftraggeber verpflichten sich, für zu vermittelndes Geschäft keinen<br />
anderen Makler in Anspruch zu nehmen (befristet).<br />
• Rechte und Pflichten des Maklers: §3, §4<br />
<strong>Vorlesung</strong> 11<br />
Sein und Sollen<br />
Der Seinsbereich soll rechtlich geleitet / geführt und schließlich beurteilt werden. Das rechtliche Ergebnis<br />
zielt idR auf eine Änderung von Seinszuständen. Bsp.: Menschliches (Fehl-)Verhalten<br />
(=Seinsbereich) wird rechtlich mit dem Ziel beurteilt / korrigiert (=Sollensbereich), eine Änderung im<br />
Seinsbereich herbeizuführen. SEIN: Explikative, erklärende = Kausalwissenschaften. SOLLEN: Normative<br />
Disziplinen = Normwissenschaften.<br />
Rechtsanwendung – Subsumtion<br />
Um einen Fall rechtlich entscheiden zu können, ist neben Tatbestand und Rechtsfolge ein weiterer<br />
Begriff zu erklären: Der Sachverhalt ist das, was sich tatsächlich in der Außenwelt zugetragen hat. Er<br />
wird gerichtlich festgestellt.<br />
Subsumtionsvorgang: Der konkrete Sachverhalt wird einem „geeigneten“ Rechtssatz, genauer dessen<br />
Tatbestand, unterstellt und die in diesem Rechtssatz bloß abstrakt formulierte Rechtsfolge wird<br />
15 Martin Gächter | www.gaechter.cc
VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
auf den konkreten Sachverhalt übertragen. Richterliche Entscheidung (Urteil: freie richterliche Beweiswürdigung<br />
§272 ZPO).<br />
Juristischer Syllogismus: Obersatz (=anzuwendende Rechtsnormen) Untersatz (Sachverhalt) <br />
Schlusssatz (wird bei Übereinstimmung von Ober- und Untersatz vom Rechtsanwender ermittelt =<br />
Urteil).<br />
Gesetzesauslegung (§6 ABGB): Was bedeutet der Text sprachlich (Wort-, Grammatik-, Allgemein<br />
logische Interpretation)? Welchen rechtlichen Sinn hat der Text (historische, systematische, teleologische<br />
Interpretation)? Analogie und natürliche Rechtsgrundsätze §7 (Gesetzesanalogie, Rechtsanalogie).<br />
Vertragsauslegung und Willenserklärungen: §914, 915, 863;<br />
Haftungsausschluss im AGB: z.B. Elektrizitätsunternehmen ist verpflichtet, Strom zu liefern. OGH:<br />
Vereinbarungen über die Beschränkung oder den Ausschluss der Haftung sind nach der Übung des<br />
redlichen Verkehrs (§914) auszulegen.<br />
Rechtsquellen des Privatrechts<br />
• Rechts-Entstehungs und Rechts-Erkenntnisquellen<br />
• Generelle und individuelle Rechtsquellen (Gesetze/VO bzw. Verträge/Urteile)<br />
• Rechts-Entstehungsquellen sind insbes. Gesetzesrecht (§8-9) und Gewohnheitsrecht (§10), heute<br />
auch Richterrecht (trotz §12)<br />
• Rechts-Erkenntnisquellen sind Hilfsmittel um das geltende Recht in Erfahrung zu bringen.<br />
<strong>Vorlesung</strong> 12<br />
Verstoß gegen §879 – Nichtigkeit<br />
• Absolute Nichtigkeit: Jedermann kann sich auf Nichtigkeit berufen, kann zeitlich unbegrenzt geltend<br />
gemacht werden, Rückforderung des Geleisteten aber nur innerhalb von 30 Jahren<br />
• Relative Nichtigkeit: Nur schutzwürdiger Teil kann sich berufen; Gestaltungsrecht<br />
• Teilnichtigkeit: Unzulässiger Teil wird aus Vertrag herausgelöst; Rest bleibt gültig<br />
• Unterschied: Aufhebbarkeit / Anfechtbarkeit: Rechtsgeschäft ist bis zur richterlichen Ungültigkeitserklärung<br />
gültig (z.B. Wucher, Irrtum)<br />
Formen der Rechtswidrigkeit<br />
• Schikaneverbot: vornehmliche Schädigung anderer (§ 1295 Abs 2)<br />
• Rechtsmissbrauch: eigener Vorteil im Übermaß gesucht, jedoch ohne (konkrete) Schädigungsabsicht<br />
(§1305)<br />
• Sittenwidrigkeit: allgemein verpöntes rechtswidriger Verhalten (§879 Abs 2)<br />
Gerichtsorganisation<br />
§1 JN: Die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen wird durch ordentliche Gerichte ausgeübt<br />
(Erkenntnis- und Vollstreckungsgewalt).<br />
Bezirksgerichte Landesgerichte Oberlandesgerichte Oberster Gerichtshof<br />
Gerichtliche Rechtsdurchsetzung<br />
Kaufvertrag zwischen Käufer und Verkäufer – VK liefert – Käufer zahlt nicht – Klage – Zivilprozess –<br />
Urteil – Exekution<br />
• Materielles Recht – Verfahrensrecht ( formelles Recht)<br />
• VerfahrensR = öffentliches Recht<br />
• Gewaltentrennung und Gerichtsbarkeit<br />
• Gerichtstypen und Instanzenzug<br />
• Gerichtsbarkeit ist in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache<br />
• (Gerichtliche) Zuständigkeit<br />
Verfahrensgrundsätze (Ziel: Verfahrensgerechtigkeit)<br />
• Forderungen des Verfassungsrechts: Rechtliches Gehör, Unabhängigkeit der Gerichte, Recht<br />
auf gesetzlichen Richter, Recht auf ein Verfahren in angemessener Frist, Öffentlichkeit (Volk- und<br />
Parteiöffentlichkeit), Mündlichkeit<br />
• Einfachgesetzliche Verfahrensmaximen: Dispositions- und Offizialmaxime (Prozessbetrieb),<br />
Verhandlungsgrundsatz (Beibringung des Prozessmaterials, Tatsachen, Beweise), Untersuchungsgrundsatz<br />
(materielle Wahrheitssuche – öffentliches Interesse), Unmittelbarkeit (verhandelnder<br />
= entscheidender Richter), Prozessökonomie, Parteiengleichheit, Freies Vorbringen<br />
16 Martin Gächter | www.gaechter.cc
VO Barta – Zusammenfassung SS 2005<br />
Verfahrensarten außerhalb des Zivilprozesses<br />
• Außerstreitverfahren: weitgehend formloses und ungeregeltes Verfahren, z.B. Verlassenschaftsverfahren,<br />
Vormundschaftsangelegenheiten, Adoption etc.<br />
• Exekutionsverfahren (EO)<br />
• Konkurs- und Ausgleichsverfahren inkl. Vorverfahren; Krida-, Insolvenzverfahren<br />
Der Zivilprozess<br />
• Selbsthilfeverbot und Justizgewähr- oder Rechtspflegeanspruch (§19, 344 ABGB)<br />
• Verfahrenshilfe: Recht auf ein faires Verfahren, Verfahrenshilfe ist zu bewilligen, wenn die Partei<br />
außer Stande ist, die Kosten eines Verfahrens ohne Beeinträchtigung ihres Unterhalts zu bestreiten.<br />
Die Rechtsverfolgung darf aber nicht offenbar mutwillig oder aussichtslos sein (auch für juristische<br />
Personen möglich).<br />
• Verfahrensgrundsätze (s.o.)<br />
• Funktion: Dient der Durchsetzung des materiellen Privatrechts<br />
• Verfahrensgesetz: ZPO<br />
Zivilprozess – Verfahrensablauf<br />
• Einleitung durch Klage<br />
• Einlangen bei Gericht = Gerichtshängigkeit (der Streitsache)<br />
• Überprüfung der Klage in der GA: Zurückstellung zur Verbesserung, Zurückweisung oder Zustellung<br />
an Beklagten = Streitanhängigkeit<br />
• Ladung zur ersten Tagsatzung<br />
• Beweisverfahren – Beweisbeschluss: Beweismittel (Urkunden, Zeugen, Sachverständige etc.)<br />
• Schluss der mündlichen Streitverhandlung: Parteien können keine neuen Tatsachen und Beweismittel<br />
mehr vorbringen. Nur die 1. Instanz ist Tatsacheninstanz!<br />
• Mündliche Urteilsverkündung: Urteil ergeht aber meist schriftlich Urteilszustellung + Frist zur<br />
Erhebung von Rechtsmitteln + allenfalls: Eintritt der Rechtskraft<br />
Zivilprozess – Rechtsmittelverfahren<br />
• Rechtsmittel = Begehren einer Partei auf Überprüfung einer gerichtlichen Verfahrenshandlung<br />
• Arten von Rechtsmittel: Berufung, Revision, Rekurs (gg. Beschlüsse der 1. Instanz), Revisionsrekurs<br />
(gg. 2. Instanz)<br />
• Rechtsmittel-Fristen (Berufung/Revision 4 Wochen, Rekurs 2 Wochen)<br />
• Wirkung: RM hat aufschiebende Wirkung<br />
Klagsarten oder –typen<br />
• Leistungsklagen: Zielen auf positives Tun, Dulden oder Ungerlassen des Beklagten, es ergeht ein<br />
Leistungsbefehl (z.B. Sach- oder Geldleistung, Abgabe einer Willenserklärung)<br />
• Feststellungsklagen: Wollen das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechts oder Rechtsverhältnisses<br />
oder der Echtheit einer Urkunde feststellen – Voraussetzung: rechtliches Interesse<br />
• (Rechts-)Gestaltungsklagen: Richten sich auf Begründung, Abänderung oder Aufhebung eines<br />
Rechts oder Rechtsverhältnisses<br />
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