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Methodologie I. Planung und Ablauf von Forschung

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<strong>Methodologie</strong><br />

<strong>Methodologie</strong>: Lehre <strong>von</strong> wissenschaftlichen Methoden<br />

Methoden: planmäßiges <strong>und</strong> folgerichtiges Verfahren;<br />

Vorgehensweise;<br />

I. <strong>Planung</strong> <strong>und</strong> <strong>Ablauf</strong> <strong>von</strong> <strong>Forschung</strong><br />

Aufbau eines <strong>Forschung</strong>santrages:<br />

1. Allgemeine Angaben<br />

2. Stand der <strong>Forschung</strong>; eigene Vorarbeiten;<br />

3. Ziele <strong>und</strong> Arbeitsprogramm<br />

3.1. Ziele<br />

3.2. Arbeitsprogramm ( Hälfte des gesamten Antrages; Eingehende<br />

Darstellung der Methoden)<br />

4. beantragte Mittel<br />

Die 3 Hauptstufen des <strong>Forschung</strong>sprozesses:<br />

Die Lösung<br />

Das Material<br />

Das Problem<br />

5 Einzelschritte der Problemstufe:<br />

Projektdesign<br />

Analyseebenen<br />

Fragestellungen<br />

<strong>Forschung</strong>sstand<br />

<strong>Forschung</strong>sanstoß<br />

Ad. <strong>Forschung</strong>sanstoß: Themensuche; Problem soll politisch-praktisch<br />

interessant <strong>und</strong> theoretisch-relevant sein;<br />

Ad. <strong>Forschung</strong>sstand: früher schon wissenschaftlich untersucht worden? Lässt<br />

sich Problem überhaupt in einen wissenschaftlichen Bezugsrahmen<br />

übersetzen? Kann die Frage mit den vorhandenen Methoden beantwortet<br />

werden? Literaturanalyse;<br />

Ad Formulierung <strong>von</strong> Fragestellung: Konzeptionalisierung; Konzentration auf<br />

das Wesentliche; Arbeitshypothesen erstellen; Ab- <strong>und</strong> Eingrenzung des<br />

Themas;<br />

1


Ad Die Auswahl der Analyseebenen:<br />

„Methoden sind die konkreten Verfahren der Informationsgewinnung<br />

(Datenerhebung) durch Dokumentenanalyse, Befragung, Beobachtung,<br />

Experiment <strong>und</strong> Simulation oder der Informationsauswertung (Datenanalyse)<br />

durch die Nutzung der hermeneutischen Methode, der historischen Methode,<br />

der juristischen Methode oder der statistischen Methode.“<br />

= spezifische wissenschaftliche Herangehensweisen an den<br />

<strong>Forschung</strong>sgegenstand<br />

1. Ebene der Originalität:<br />

- Primärerhebung<br />

- Sek<strong>und</strong>ärerhebung (Daten liegen schon vor,<br />

Glaubhaftigkeit?)<br />

2. Ebene der Reichweite:<br />

- Vergleichende Analyse (befasst sich mit gr. Zahl <strong>von</strong> Fällen)<br />

- Fallstudie (befasst sich mit dem Einzelfall/singulären Ereignis)<br />

3. Zeitebene:<br />

- Diachrone Analyse (Langzeitebene; zu verschiedenen<br />

Zeitpunkten werden an denselben oder verschiedenen<br />

Untersuchungsobjekten Beobachtungen vorgenommen)<br />

- Synchrone Analyse (Querschnittsanalyse)<br />

4. Auswahlebene:<br />

- Vollerhebung (Summe aller Analyseeinheiten entsprechen<br />

der Gr<strong>und</strong>gesamtheit; Ausfälle können Ergebnis verzehren)<br />

- Auswahl (repräsentative Stichproben)<br />

5. Aggregationsebene: „ökologischer Fehlschluss“ möglich<br />

- Individualdaten<br />

- Aggregatdaten (Zusammenfassung <strong>von</strong> Individualdaten über<br />

Merkmale <strong>von</strong> individuellen Objekten (Personen, Ereignisse)<br />

auf lokaler, regionaler oder internationaler Ebene)<br />

(Ökologischer Fehlschluss: Stellt man einen Zusammenhang zwischen Merkmalen<br />

auf der Aggregatebene fest, kann man nicht ohne weiteres schließen, dass der<br />

Zusammenhang zwischen diesen Merkmalen auch auf der Individualebene besteht.<br />

Das gilt auch umgekehrt: Hat man einen Zusammenhang zwischen zwei Variablen<br />

auf der Individualebene festgesellt, dann muss auf der Aggregatebene der<br />

Zusammenhang nicht auch beobachtbar sein.<br />

Bsp.: wenn in Wahlkreisen mit hohem Arbeiteranteil die Republikaner hohe<br />

Stimmanteile bekommen, darf man daraus noch lange nicht schließen, dass es die<br />

Arbeiter sind, die Republikaner wählen.<br />

Bsp.: wenn man aus Individualdaten weiß, dass sozial Schwache eher Republikaner<br />

wählen, dass bedeutet dies nicht, dass in Wahlkreisen mit einem hohen Anteil an<br />

sozial Schwachen ein hoher Stimmanteil für Republikaner zu erwarten ist. )<br />

2


6. Akteur/System-Ebene:<br />

- Akteur (Einzelpersönlichkeiten, kollektive<br />

Einzelpersönlichkeiten wie Regierungen, Beratergremien,<br />

supranationale Organisationen, multinationale Konzerne,…)<br />

- System (geht da<strong>von</strong> aus, dass die Struktur des Systems das<br />

Handeln determiniert <strong>und</strong> nicht die einzelnen Akteure)<br />

7. Realitätsebene:<br />

- Feldstudie (es wird nur beobachtet <strong>und</strong> registriert)<br />

- experimentelle Studie (alle Faktoren <strong>und</strong> Variablen werden<br />

streng kontrolliert)<br />

ad. Projektdesign: gebündelter <strong>und</strong> gestraffter Inhalt zu <strong>Planung</strong> <strong>und</strong> <strong>Ablauf</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Forschung</strong>; übersichtlich;<br />

4 Einzelschritte der Materialstufe:<br />

Die 2.Hauptstufe zum Material umfasst die eigentliche Durchführung der<br />

<strong>Forschung</strong>. = Feldphase<br />

(1. + 3. Hauptstufe bestehen im wesentlichen aus Berichtsformulierung)<br />

Datenauswertung<br />

Datenerhebung<br />

Operationalisierung<br />

Methodenauswahl<br />

Ad. Methodenauswahl: siehe nächste Einheit<br />

Ad. Operationalisierung: messbar, objektivierbar machen;<br />

Ad. Datenerhebung: eigentliche Kern der empirischen <strong>Forschung</strong>; siehe<br />

spätere Einheit;<br />

Ad. Datenauswertung: siehe spätere Einheit;<br />

3 Einzelschritte der Lösungsstufe:<br />

Rezeption<br />

Publikation<br />

Formulierung des Berichts<br />

3


II. Methoden der Datenerhebung – Überblick<br />

Theorien sind Gefüge <strong>von</strong> Aussagen, die<br />

- eine bestimmte Perspektive festlegen, in der ein Gegenstandsbereich<br />

betrachtet wird.<br />

- eine Gr<strong>und</strong>menge an Begriffen zur Beschreibung dieses Gegenstands<br />

bereitstellen;<br />

- eine Reihe <strong>von</strong> überprüften <strong>und</strong> anschließend als zutreffend angesehenen<br />

Aussagen über dessen Beschaffenheit beinhalten.<br />

<strong>Forschung</strong>sansätze sind Verbindungen <strong>von</strong> Theorie <strong>und</strong> Methoden. Es gibt eine<br />

„natürliche“ Verbindung zwischen Theorie <strong>und</strong> Methode: Die Theorie legt fest, was im<br />

einzelnen untersucht werden muss, <strong>und</strong> die ausgewählten Untersuchungsgegenstände<br />

bestimmen dann ihrerseits die konkret anzuwendenden Methoden.<br />

Methoden sind die konkreten Verfahren der Informationsgewinnung<br />

(Datenerhebung) durch Dokumentenanalyse, Befragung, Beobachtung, Experiment<br />

<strong>und</strong> Simulation oder der Informationsauswertung (Datenanalyse) durch die Nutzung<br />

der hermeneutischen Methode, der historischen Methode, der juristischen Methode<br />

oder der statistischen Methode.<br />

Methoden der Datenerhebung:<br />

Daten <strong>und</strong> Methoden:<br />

Daten erzeugt man, indem man die –angeleitet <strong>von</strong> der forschungsleitend benutzten<br />

Theorie – getätigten Beobachtungen aufzeichnet. Daten sind somit nichts<br />

„Gegebenes“ sondern etwas „Erzeugtes“.<br />

Methoden der empirischen <strong>Forschung</strong>: Folie 3<br />

- Dokumenten- <strong>und</strong> Inhaltsanalyse: Man untersucht Produkte<br />

menschlicher Tätigkeit, wie Bauten, Werkzeuge, Kleidung, Waffen, Texte,<br />

Ton- <strong>und</strong> Bildaufzeichnungen u.a.m. Da Dokumente durch den analytischen<br />

Zugriff des Forschers nicht verändert werden (auf ihn nicht „reagieren“)<br />

werden die Methoden der Dokumentenanalyse auch „nicht-reaktive Methoden“<br />

genannt.<br />

Die Analyse <strong>von</strong> Texten wird „Inhaltsanalyse“ genannt. Das zentrale<br />

Arbeitsinstrument ist der „Analyseleitfaden“ (Liste <strong>von</strong> Fragen) bzw. das<br />

„inhaltsanalytische Kategorienschema“ (Reihe <strong>von</strong> Begriffen/Kategorien).<br />

Codierung = Zuordnung <strong>von</strong> Textpassagen zu inhaltsanalytischen Kategorien;<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Codierung erkennt man bereits, ob bestimmte Kategorien in den<br />

analysierten Texten besonders häufig oder besonders selten vorkommen.<br />

4


- Befragung: Man untersucht aktuelles menschliches Verhalten<br />

in natürlichen Situationen („Feld“) indem man Gespräche führt. .Wesentliches<br />

Instrument der Informationsgewinnung ist dabei ein Fragebogen bzw.<br />

Interviewleitfaden, der die zu beantwortenden Fragen enthält. Die tatsächlich<br />

gestellten Fragen sind nichts anderes als ein „Mittel zum Zweck“: Sie sollen<br />

den Befragten dazu anhalten, genau jene Informationen preiszugeben, die<br />

man <strong>von</strong> ihm erlangen will. Bei der Ausarbeitung des Fragebogens muss<br />

neben der Formulierung auch die Reihenfolge der Fragen bedacht werden.<br />

Man unterscheidet zwischen Expertenbefragung (Menschen wissen über<br />

befragten Gegenstandsbereich besonders gut Bescheid) <strong>und</strong> Umfrage<br />

(persönliche Meinungen, Wertungen, Wissensbestände oder Erinnerungen<br />

stellen die gesuchte Information dar).<br />

Befragungstechniken:<br />

- Vollstrukturiertes Interview<br />

- Halbstrukturiertes Interview (Leitfaden)<br />

- Realkontaktbefragung (Interviews werden verdeckt<br />

durchgeführt)<br />

- Gruppeninterview (strukturelle Zusammenhänge zwischen<br />

Wissensbeständen, Wertvorstellungen, Gefühlen, etc… sind<br />

deutlicher)<br />

- Gruppendiskussion (thematisch gelenkte Diskussion)<br />

- Schriftliche Befragung<br />

- Beobachtung: Man untersucht aktuelles menschliches Verhalten in<br />

natürlichen Situationen („Feld“) indem man offenes Verhalten beobachtet.<br />

Man unterscheidet zwischen alltäglicher Beobachtung (spontan, <strong>und</strong> ohne<br />

Reflexion der Vorannahmen <strong>und</strong> Vorurteile) <strong>und</strong> wissenschaftlicher<br />

Beobachtung (reflektierte <strong>und</strong> methodische Einbeziehung <strong>und</strong> Kontrolle des<br />

Wissens <strong>und</strong> Vorgehens).<br />

1. Beobachten als Methode des kontrollierten Verstehens der<br />

Bedeutung <strong>von</strong> sozialen Verhaltensweisen.<br />

2. Beobachten als Methode der Beschreibung <strong>von</strong> sozialen<br />

Verhaltensweisen zum Zweck des Theorie- <strong>und</strong> Hypothesentests.<br />

Beobachtung steht am Anfang der Sozialforschung; Überschneidungen mit<br />

Sozialreportagen;<br />

Zentrales Arbeitsinstrument bei der Benutzung <strong>von</strong> Beobachtungsmethoden<br />

ist der Beobachtungsleitfaden (lenkt durch konkrete Anweisungen die<br />

Aufmerksamkeit auf relevante Sachverhalte) bzw. das Beobachtungsschema<br />

(bietet die Möglichkeit durch Ankreuzen vorgegebener Kategorien die<br />

getätigten Beobachtungen festzuhalten).<br />

Beobachtungsmethoden:<br />

- Offene vs. verdeckte Beobachtung (offen = das Bewusstsein<br />

das man beobachtet kann zur Veränderung des Verhaltens<br />

führen ; verdeckte = wie bei Realkontaktbefragung)<br />

- teilnehmende vs. nicht-teilnehmende Beobachtung<br />

- strukturierte vs. unstrukturierte Beobachtung<br />

- Feld vs. Labor<br />

- (Fremd- vs. Selbstbeobachtung)<br />

5


Contra: - Ethische Bedenken (verdeckte Beobachtung, insbesondere<br />

bei Experimenten)<br />

- Gr<strong>und</strong>gesamtheit, Stichprobe <strong>und</strong> Stichprobenziehung häufig<br />

unklar<br />

- Reaktive Effekte<br />

- Zugang zum sozialen Feld<br />

- Selektive Wahrnehmung<br />

- Interpretation des Beobachteten<br />

- „going native“<br />

Pro: - Probleme können bei strukturierter Beobachtung <strong>und</strong><br />

intensiver Schulung der Beobachter abgemildert werden<br />

- Beobachtung ist nicht auf Selbstauskünfte der<br />

Untersuchungsobjekte angewiesen, sondern erfasst soziales<br />

Verhalten direkt<br />

- Experiment: Man untersucht aktuelles menschliches Verhalten in<br />

bestimmten Situationen („Labor“). Durch Experimente lassen sich<br />

Vermutungen über Zusammenhänge zwischen Ursachen uns Wirkungen<br />

(„kausale Hypothesen“) auf ihre Übereinstimmung mit den Tatsachen prüfen.<br />

Arbeitsinstrument: Versuchsplan bzw. Versuchsanordnung<br />

Experimentelle Methoden:<br />

- Ex-post-facto Experiment (auch Quasi-Experiment) (Man<br />

betrachtet inhaltsanalytische Inhalte vergangener politischer<br />

Wirklichkeit <strong>und</strong> prüft, ob sich im verfügbaren<br />

zeitgeschichtlichen Dokumentenmaterial solche Bereiche<br />

politischer Wirklichkeit finden lassen, die einander bis auf die<br />

vermuteten Ursachen bzw. Folgen ähnlich sind)<br />

- Laborexperiment (Forscher führt bewusst Situationen herbei,<br />

in denen er durch kontrolliertes Bewirken bestimme<br />

Sachverhalte <strong>und</strong> Beobachtung der Folgen solcher Eingriffe<br />

kausale Hypothesen prüfen will)<br />

- Feldexperiment (Hier führt nicht der Forscher selbst jene<br />

Situationen herbei, in denen er kausale Hypothesen prüfen<br />

will, sondern er nutzt solche Situationen aus, die sich <strong>von</strong><br />

selbst ergeben)<br />

- Simulation: Durch die Simulationsmethode werden politische<br />

Prozesse <strong>und</strong> Strukturen auf verschiedenste Weise „nachgebildet“. Sie dienen<br />

dazu, die Prozesse <strong>und</strong> Strukturen besser zu verstehen <strong>und</strong> mit ihnen zu<br />

experimentieren.<br />

Die wesentlichen Varianten der Simulationsmethode sind Planspiele <strong>und</strong><br />

Computersimulation.<br />

6


III. Befragung 2<br />

Frageformulierung <strong>und</strong> Fragebogenkonstruktion<br />

Fragen zur Messung <strong>von</strong> Merkmalen:<br />

Skalen: - nominal<br />

- ordinal<br />

- Intervallskalenniveau<br />

- Ratioskalenniveau<br />

Erfassung <strong>von</strong> Merkmalen 1:<br />

- manifest (direkt oder indirekt beobachtbar) Geschlecht<br />

- latent (weder direkt noch indirekt beobachtbar) Ideologie<br />

Manifeste Merkmale sind mit Fragen direkt messbar, latente<br />

Merkmale sind ihrer Natur nach nicht direkt messbar. Man<br />

versucht mit Fragen, solche manifeste Merkmale zu messen, aus<br />

denen auf die Ausprägung des zu messenden latenten Merkmals<br />

geschlossen werden kann.<br />

Erfassung <strong>von</strong> Merkmalen 2:<br />

- Eigenschaften (Alter, Schulbildung, Familienstand;)<br />

- Überzeugungen (was man für „wahr“ oder „falsch“ hält;<br />

Wissensfragen, Einschätzungen;)<br />

- Verhalten (Bericht einer befragten Person über ihr Verhalten;<br />

„Haben sie gestern Ferngesehen?“)<br />

- Einstellungen oder Merkmale (wertend, was man für gut oder<br />

schlecht hält)<br />

Erfassung <strong>von</strong> Merkmalen 3:<br />

- Rückerinnerungsfragen (Erfassung <strong>von</strong> Verhalten das schon<br />

einige Zeit zurückliegt; „Welche Partei haben sie bei der Wahl<br />

X gewählt?“; Erinnerungsverzerrungen möglich;)<br />

- Hypothetische Fragen (Sonntagsfragen „Wen würden Sie<br />

wählen?“; direkter Schluss auf ein entsprechendes Verhalten<br />

problematisch)<br />

- Frage nach dem Gr<strong>und</strong> („Und warum haben Sie Partei X<br />

gewählt?“)<br />

Filterfragen: Zur Herausfilterung bestimmter Gruppen (z.B.: berufstätig/ nicht<br />

berufstätig, Wähler/Nichtwähler)<br />

Fragen aus „taktischen“ Gründen: Zur Vermeidung <strong>von</strong> Irritation, Frustration<br />

(z.B.: Wohlstandsindikatoren)<br />

Kontrollfragen für „willkürliches Ankreuzen“:<br />

- „unsinnige Fragen“ (z.B.: Sympathiewerte nicht existenter<br />

Politiker)<br />

- Antwortkombinationen<br />

7


- Fragewiederholungen an anderer Stelle<br />

Kontrollfragen für „Zustimmungstendenz“:<br />

- Tendenz zu „Ja-Sager“<br />

- Tendenz zu Extremkategorie<br />

- Tendenz zu Mittelkategorie<br />

Kontrollfragen für „sozial erwünschte“ Antworten:<br />

- kulturelle soziale Erwünschtheit (normgerechtes Verhalten)<br />

- situationale soziale Erwünschtheit (etwa gegenüber dem<br />

Interviewer)<br />

Frageformulierung:<br />

- offene vs. geschlossene Frage<br />

> offen formuliert (Antwortkategorien nicht<br />

vorgegeben)<br />

> geschlossen formuliert (Antwortkategorien<br />

vorgegeben)<br />

> halboffene Fragen (geschlossene Frage gefolgt<br />

<strong>von</strong> offener)<br />

Geschlossene Fragen setze voraus, dass die möglichen<br />

Antworten bekannt sind; offene Fragen sind der aufwendig<br />

(Kategorienschema), bieten sich aber an, wenn die<br />

möglichen Antworten prinzipiell bekannt sind, jedoch extrem<br />

zahlreich;<br />

- eindimensional (in der Frage muss genau ein Sachverhalt<br />

angesprochen werden)<br />

- keine mehrdeutigen Formulierungen<br />

- einfach<br />

- keine möglichst unbekannten Ausdrücke<br />

- keine doppelten Negationen<br />

- kurze Fragen stellen<br />

- möglichst konkrete Frageformulierungen (was ist mit „sehr<br />

oft“ gemeint?, etc…)<br />

- „Härte“ der Fragen berücksichtigen<br />

- keine suggestiven Formulierungen<br />

- stereotype Formulierungen vermeiden (Ausdrücke, die stark<br />

positiv oder negativ besetzt sind)<br />

- bei „heiklen“ Fragen auf Formulierung achten (möglichst<br />

allgemein gehaltene Antworten vorgeben)<br />

Antwortvorgaben;<br />

- „offene“ oder „ungleich breite“ Klassen vermeiden<br />

- einseitig oder zweiseitig ? (Vorteil zweiseitig:<br />

Antwortverzerrung durch Zustimmungstendenzen<br />

ausgeschlossen)<br />

- „weiß nicht“, „keine Meinung“? (wegen zu geringer<br />

Entscheidungsfreudigkeit vs. Aussuchen einer Antwort ohne<br />

entsprechende Meinung)<br />

- Mittelkategorie vorgeben?<br />

8


- Problem der „Interpretation“ durch Befragte (Bsp.: -5 bis +5<br />

vs. 0 bis 10)<br />

- Ranking (genannten „Dinge“ bekommen Rangordnung;<br />

relative Wichtigkeit) vs. Rating (jedes „Ding“ wird anhand<br />

einer Skala eingeschätzt, absolute Wichtigkeit)<br />

- Mehrfachantworten zulassen? (Problem der Ungewissheit der<br />

Gegenkategorie, individuell bestimmt)<br />

- Anzahl der Antwortvorgaben (Faustregel: max. 7)<br />

- Primacy- <strong>und</strong> Recencyeffekte vermeiden (die ersten <strong>und</strong><br />

letzten Antwortmöglichkeiten werden –unabhängig vom Inhalt<br />

– vermehrt ausgewählt)<br />

Fragebogenkonstruktion:<br />

- Einleitungsfragen<br />

- Versuchen Gesprächssituation herzustellen<br />

- „Trichterung“ (<strong>von</strong> allgemeineren Fragen zu immer<br />

spezielleren Fragen kommen bzw. umgekehrt)<br />

- demografische Angaben am Ende des Interviews<br />

- Abschlussfragen (Infos zur Befragungssituation)<br />

- Pretest<br />

- Halo-Effekte vermeiden (dass Fragen auf die jeweils hinter<br />

ihnen platzierten Fragen „ausstrahlen“ können<br />

9


IV. <strong>Forschung</strong>sartefakte<br />

<strong>Forschung</strong>sartefakte entstehen wenn durch Mängel an dem <strong>Forschung</strong>sprozess die<br />

letztlich erhaltenen Ergebnisaussagen keine adäquate Beantwortung der<br />

ursprünglichen <strong>Forschung</strong>sfrage zulassen.<br />

Es handelt sich dabei also um methodisch induzierte „Kunstprodukte“, wobei der<br />

Untersuchungsgegenstand so erfasst <strong>und</strong> dargestellt wird, dass zutreffende<br />

Prognosen <strong>und</strong> erfolgreiches soziales Handeln nicht möglich sind.<br />

Erhebungsartefakte:<br />

Halo-Effekt: Auswirkung einzelner Teile <strong>von</strong> vorgelegtem Material auf die<br />

Interpretation (<strong>und</strong> damit die Beantwortung) anderer Teile.<br />

Response sets: Antwortmuster, die relativ unabhängig vom spezifischen Inhalt<br />

bevorzugt werden; Ja-Sager-Tendenz, Mittelkategorie,<br />

Extremkategorien;<br />

Social desirability: soziale Erwünschtheit; die Wahl fällt auf sozial wünschenswerter<br />

Eigenschaften, Einstellungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen;<br />

Versuchsleiter-Effekt: meist unbewusste Beeinflussungen der Untersuchten<br />

durch den Untersucher;<br />

Protokollfehler: bei der Protokollierung der Erhebungssituation <strong>und</strong> Registrierung<br />

bestimmter Ergebnisse treten Fehler häufig auf<br />

Sozial-demographische Effekte: Alter, Geschlecht, soziale Herkunft, Sprache,<br />

Hautfarbe etc. spielen in der Erhebungssituation eine nicht zu<br />

unterschätzende Rolle.<br />

Auch ist die Erreichbarkeit (<strong>und</strong> damit die Berücksichtigung in<br />

der Stichprobe) <strong>von</strong> Personen in ländlichen Gegenden, nichtberufstätigen<br />

Frauen, Verheirateten <strong>und</strong> älteren Menschen<br />

größer als <strong>von</strong> anderen.<br />

Bspw. sind die Interviewverweigerer, Ja-Sager,… je nach<br />

ethnischer Gruppe <strong>und</strong> sozialer Schicht verschieden verteilt<br />

Self-destroying bzw. self-fulfilling prophecy (sich selbst zerstörende bzw. erfüllende<br />

Vorhersage): Prognosen haben unabhängig <strong>von</strong> ihrer Richtigkeit<br />

zu dem Zeitpunkt, an dem sie aufgestellt werden, soziale<br />

Konsequenzen, die ggf. mit dem Prognosebereich interferieren.<br />

Auswertungsartefakte:<br />

Unvollständige Information: nur gewisser Teil <strong>von</strong> erhobenen Datenmaterial zur<br />

Auswertung herangezogen; aus der Wirkung der Forscher-<br />

Erwartung ergibt sich, dass eher solche Strukturen<br />

aufgenommen werden, die ins Konzept passen.<br />

10


Korrelations-Interpretation: statistischer Zusammenhang zweier oder mehrere<br />

Variablen werden kausal interpretiert.<br />

(Signifnikanztest):<br />

Ebenen:<br />

Konkrete empirische <strong>Forschung</strong>sarbeiten: selbst gravierende inhaltliche<br />

Widersprüche werden kaum bemerkt; wenn die Ergebnisse mit<br />

scheinbar objektiven Methoden erbracht werden.<br />

Methodischen Ebene: der Stellenwert des methodischen Instrumentariums im<br />

<strong>Forschung</strong>sprozess wird falsch eingeschätzt; woraus sich<br />

sinnvolle Konzepte (Signifikanz, Korrelation,..) ergeben<br />

Methologische Ebene: methodische Konzepte haben darin die Aufgabe,<br />

bestimmte Handlungen <strong>und</strong> Erfahrungen interindividuelle<br />

nacherfahrbar zu machen, sowie bestimmte Aspekte zu<br />

optimieren.<br />

Der <strong>Forschung</strong>sprozess, <strong>von</strong> der Fragestellung über Datenerhebung <strong>und</strong><br />

Datenauswertung bis hin zur Ergebnisaussage stellt eine Sequenz <strong>von</strong><br />

Entscheidungen dar.<br />

11


V. Auswertung <strong>von</strong> Daten<br />

Skalierungsverfahren sind Verfahren, die verschiedene Dimensionen qualitativ<br />

erfassen <strong>und</strong> anhand <strong>von</strong> Skalen quantitativ messen <strong>und</strong> darstellen sollen. Das<br />

empirisch gewonnene Material wird so aufbereitet, dass es mathematisch <strong>und</strong><br />

rechentechnisch verarbeitete werden kann.<br />

Dimensionen sind qualitative Bereiche bzw. Verursachungsaspekte eines sozialen<br />

Phänomens.<br />

Skalen sind Messinstrumente mit denen die (relative) Größe zahlenmäßig bestimmt<br />

werden kann. Gemessen werde nicht die konkreten Phänomene an sich, sondern<br />

deren wissenschaftlich begriffliche Eigenschaft.<br />

Messen soll heißen, dass einer Dimension – entsprechend dem ausgewählten<br />

Verfahren – Zahlen zugeordnet werden.<br />

Der Index ist eine Maßzahl in der Sozialstatistik, die das relative Verhältnis mehrer<br />

Zahlen zueinander angibt.<br />

Indikatoren sind Anzeiger, durch die wir Informationen über Attitüden,<br />

Verhaltenserwartungen oder tatsächliches Verhalten der zu untersuchenden<br />

Personen oder Gruppen erhalten wollen.<br />

Subjektive Indikatoren = Attitüden, Verhaltenserwartungen,…<br />

Objektive Indikatoren = beobachtetes Verhalten<br />

Gültigkeit ist das Maß für die Brauchbarkeit <strong>von</strong> <strong>Forschung</strong>smethoden, d.h. erheben<br />

diese auch tatsächlich das, was mit ihnen festgestellt werden soll?<br />

Expert validity, known groups, predictive validity, construct validity;<br />

Verlässlichkeit dient zur Beurteilung der Brauchbarkeit des wissenschaftlichen<br />

Instrumentes, das bei wiederholtem Messen immer gleiche Resultate bringen soll.<br />

Verlässlichkeit bedeutet die Stabilität der Messwerte.<br />

Retest, split-half-Verfahren;<br />

Skalen können entweder durch die Untersuchungsperson selbst skalenmäßig<br />

eingestuft werden oder bei der Analyse der Daten durch den Forscher eingestuft.<br />

Skalentypen:<br />

Nominal-Skalen: Die Zahlenwerte machen keine quantitative Aussage, sondern<br />

dienen der Bezeichnung sich gegenseitig ausschließender Kategorien.<br />

- Bestimmung <strong>von</strong> Gleichheit <strong>und</strong> Ungleichheit<br />

Ordinal-Skalen: Es werden numerische Aussagen gemacht über die Abfolge <strong>von</strong><br />

Tatbeständen bzw. über die Abfolge der Stärke der gemessenen Eigenschaften. Die<br />

zahlenmäßigen Abstände entsprechen jedoch nicht den Abständen der Stärke der<br />

gemessenen Eigenschaft.<br />

- zusätzlich Bestimmung einer Rangfolge<br />

Intervall-Skalen: Die numerischen Werte der einzelnen Abstände werden in der<br />

Rangfolge angegeben, d.h. die Abstände zwischen den Zahlenwerten sind gleich<br />

12


den Abständen der Stärke der Eigenschaft. Die Verhältnisse der Werte sind jedoch<br />

nicht gleich den Verhältnissen der Stärke der Eigenschaften.<br />

- zusätzlich Intervalle gleich, allerdings willkürlich festgelegter<br />

Nullpunkt<br />

Relations- bzw. Ratio-Skalen (mit absolutem Nullpunkt) bieten die Möglichkeit,<br />

Abstandswerte quantitativ in Beziehung zu setzen, d.h. die Relationen zwischen den<br />

Zahlen entsprechen den Relationen in der Stärke der Eigenschaften.<br />

- zusätzlich: Bestimmung gleicher Verhältnisse <strong>und</strong> absoluter<br />

Nullpunkt<br />

Rangordnungsskalen werden insbesondere verwendet zur Messung subjektiver<br />

Einschätzungen, Bewertungen <strong>von</strong> Objekten durch Versuchspersonen oder auch<br />

durch Experten.<br />

Mit zunehmender Menge der zu vergleichenden Gegenstände wird die Zuordnung<br />

schwieriger, dann verwendet man den Paarvergleich. Dieser basiert auf dem „Gesetz<br />

der vergleichenden Urteile“. Hier wird der Versuchsperson jedes Mal nur ein Paar<br />

zum Vergleich, d.h. jeweils nur zwei Objekte gleichzeitig zur Beurteilung vorgelegt.<br />

Die Methode des Polaritätsprofils ist ein Assoziationsverfahren <strong>und</strong> als eine<br />

„Bedeutungsanalyse <strong>von</strong> Begriffen <strong>und</strong> Vorstellungen“ verstehen werden. Mit Hilfe<br />

des Polaritätsprofils lassen sich Einstellungen <strong>und</strong> Stereotypen erforschen.<br />

Verfahren der gleich erscheinenden Abstände nach Thurstone: es werden<br />

verschiedenen Statements zu einem Untersuchungsgegenstand gemacht <strong>und</strong><br />

Experten zum bewerten vorgelegt. Der Mittelwert der Einordnung bildet den<br />

Skalenwert eines Statements.<br />

Verfahren der summierten Einschätzungen nach Likert<br />

Skalogrammm-Analyse nach Guttmann: es soll eine homogene Skala erschafft<br />

werden, die ermöglichen sollte, dass Personen mit gleichen Attitüden bzw.<br />

Verhaltensweisen auch ein gleiches Antwortmodell haben.<br />

Häufigkeitsauszählung<br />

- einfachste Form der Datenauswertung<br />

- Fragestellung: Wie häufig kommen die Ausprägungen einer<br />

einzigen kategorialen Variablen in der Stichprobe oder in der<br />

Population vor?<br />

- Vorgehensweise: Die Rohdatenmatrix wird nach den<br />

Kategorien der betreffenden Variablen sortiert<br />

- Anschließend werden die Häufigkeiten ausgezählt<br />

Prozente versus Prozentpunkte<br />

- Relative Häufigkeit: Häufigkeit bezogen auf Basis (16/28)<br />

- Prozente: relative Häufigkeit x 100<br />

13


- Prozentpunkte: Differenz zwischen zwei Prozentsätzen<br />

Bsp: ÖVP-Anteil: NRW 1999 27 %, NRW 2002 43 % der<br />

gültigen Stimmen;<br />

= Verbesserung um 16 Prozentpunkte<br />

= Entspricht einer Zunahme um (16/27)*100 = 59<br />

Prozent<br />

Graphische Darstellungen<br />

- dienen in erster Linie dazu, das Ergebnis <strong>von</strong> Tabellenanalysen zu<br />

veranschaulichen<br />

- beziehen sich in ihrer gebräuchlichsten Form auf die Ausprägungen<br />

(Kategorien) einer einzigen Variablen<br />

- können sich auf absolute oder relative (Prozentwerte) Häufigkeiten<br />

beziehen<br />

- relative Häufigkeiten sind meist aussagekräftiger<br />

- unter praktisch allen Umständen dreidimensionale Darstellungen<br />

vermeiden<br />

Balken- <strong>und</strong> Säulendiagramme<br />

- sind äquivalent (Unterschied nur in der Leserichtung des<br />

Diagramms)<br />

- können für nominal- <strong>und</strong> ordinalskalierte Daten verwendet werden<br />

- bei ordinalen Variablen muss die Reihenfolge der Kategorien in der<br />

Grafik erhalten bleiben<br />

Missbrauch grafischer Darstellungen<br />

- Grafiken sollen der Veranschaulichung, nicht der<br />

Manipulation dienen<br />

- Keine Histogramme/Polygonzüge für nominal- <strong>und</strong><br />

ordinalskalierte Daten<br />

- Maßstab so wählen, dass Unterschiede erkennbar sind, aber<br />

nicht übertrieben werden<br />

- Unterbrechungen in Zeitreihen kennzeichnen<br />

- bei vergleichbaren Grafiken identischen Maßstab wählen<br />

- y-Achse muss bei Null beginnen. Ansonsten Unterbrechung<br />

der Achse markieren.<br />

14


VI. Hermeneutik <strong>und</strong> interpretative Verfahren<br />

1. Vorverständnis: In jeder Fragstellung drückt sich ein bestimmtes Vorverständnis<br />

des zu untersuchenden Zusammenhanges aus. Die Fragestellung <strong>und</strong><br />

das darin eingeschlossene Vorverständnis sind die Voraussetzung dafür,<br />

dass überhaupt interpretiert werden kann. Entscheidend ist freilich, sich<br />

sein eigenes Vorwissen (seine eigenen Vor-Urteile) bewusst zu machen.<br />

2. Überprüfung der Fragestellung: Die ursprüngliche Fragestellung <strong>und</strong> das darin<br />

sich ausdrückende Vorverständnis müssen am Text (<strong>und</strong> am Kontext)<br />

immer wieder überprüft werden.<br />

3. Text- <strong>und</strong> Quellenkritik: Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Analyse<br />

(nicht nur) historischer Texte ist die Text- <strong>und</strong> Quellenkritik.<br />

4. Semantik (Lehre <strong>von</strong> Bedeutungen): Notwendige Momente der interpretativen<br />

Erschließung sind die semantische Analyse einzelner Begriffe oder<br />

Textpassagen <strong>und</strong> die Berücksichtigung etymologischer Aspekte.<br />

5. Kontext: Politische (auch politikwissenschaftliche) Texte sind nicht nur<br />

textimmanent zu interpretieren, sondern stets auch in einem breiteren<br />

Kontext zu sehen.<br />

6. Wechselseitige Erklärung: Umgekehrt können auch textimmanente<br />

Informationen zur Klärung textübergreifender Zusammenhänge<br />

beitragen; daher kann man prinzipiell <strong>von</strong> einem Verhältnis<br />

wechselseitiger Erklärungen textimmanenter <strong>und</strong> textübergreifender<br />

Zusammenhänge sprechen.<br />

7. Syntax: Für die Ermittlung eines Argumentationszusammenhanges eines Textes<br />

haben die syntaktischen Mittel, die Sätze oder Satzteile miteinander<br />

verbinden, große Bedeutungen.<br />

8. Gliederungsschema: Die gedankliche Gliederung muss übersichtlich<br />

herausgearbeitet werden: Hauptthesen, Begründungen, Erläuterungen,<br />

Beispiel, Nebengedanken, Exkurse usf. sind durch Interpretation<br />

<strong>von</strong>einander abzuheben <strong>und</strong> nach Möglichkeit in einem differenzierten<br />

Gliederungsschema zusammenfassen.<br />

9. Widerspruchsfreiheit: Soweit es sich um einen Argumentationszusammenhang<br />

handelt, ist der Gesichtspunkt der inneren Widerspruchsfreiheit ein<br />

entscheidender Auslegungsaspekt. Der Interpret muss die<br />

Begründungen, Folgerungen, Herleitungen des Autors nicht nur<br />

mitvollziehen, sondern kritisch überprüfen.<br />

10. Hermeneutischer Zirkel: Interpretation bewegt sich ständig im hermeneutischen<br />

Zirkel: Die einzelne Aussage <strong>und</strong> ihre sprachlichen Elemente werden im<br />

Gang der Interpretation immer wieder im Zusammenhang größerer<br />

Aussagenzusammenhänge ausgelegt. Zugleich gilt aber auch: der<br />

jeweils umfassendere Zusammenhang kann nicht ohne seine einzelnen<br />

15


Elemente verstanden werden. – wir drehen uns im Kreis, gewinnen in<br />

dieser Kreisbewegung aber stetig an Wissen.<br />

11. Ideologiekritik: Eine konsequente Textinterpretation muss immer auch die<br />

ideologiekritische Frage stellen. Einzubeziehen ist dabei auch Wirkung<br />

eines Textes – Aufnahme, Umdeutung oder Ablehnung durch bestimmte<br />

Rezipienten – oder auch Nachfolge- oder Gegenschriften. Positive oder<br />

negative Reaktionen können wiederum selbst ideologisch sein.<br />

16


VII. Begriffe – Aussage – Erklärungen<br />

Wissen lässt sich einteilen in 3 Kategorien:<br />

- Tatsachenwissen besteht aus empirisch wahren Existenz- <strong>und</strong><br />

Allaussagen mit geeigneter raum-zeitlicher Abgrenzung<br />

- Zusammenhangswissen besteht aus empirisch wahren korrelativen<br />

Aussagen („Wenn/Dann-Aussagen“, „Zusammenhangsaussagen“)<br />

- Erklärungswissen besteht aus sehr komplexen Aussagengefügen, die<br />

ihrerseits aus Tatsachen- <strong>und</strong> korrelativen bzw. kausalen<br />

Zusammenhangsaussagen aufgebaut sind.<br />

Deduktiv-Normologische (DN) Erklärungen<br />

Ein zu erklärender Sachverhalt (Explanandum) wird danach durch eine erklärende<br />

Prämissenmenge (Explanas) logisch begründet, wobei bestimmte<br />

Adäquatheitsbedingungen erfüllt sein müssen.<br />

Eine Erklärungsaussage ist genau dann wahr, wenn sowohl Explanandum-Aussage<br />

als auch alle Explanans-Aussagen mit den Tatsachen übereinstimmen <strong>und</strong> das<br />

gesamte Gefüge der Erklärungsaussage logisch konsistent ist.<br />

Praktische benutzte Erklärungen müssen nur so gut formuliert werden, dass sie in<br />

einer konkreten Kommunikationssituation ihren Zweck erfüllen. Sofern bestimmte<br />

Bestandteile der Erklärung – etwa: Begriffe in ihrer genauen Bedeutung,<br />

Wenn/Dann-Aussagen, Annahmen über Randbedingungen – als jedem<br />

Kommunikationspartner bekannt vorausgesetzt werden können, entlastet es die<br />

Kommunikation ungemein <strong>und</strong> ist sehr vorteilhaft, diese Bestandteile einer Erklärung<br />

nicht ausdrücklich zu formulieren, sondern sie nur anzudeuten <strong>und</strong> auf sie zu<br />

verweisen. Praktisch benutzte Erklärungen sind darum so gut wie immer<br />

„unvollkommene“ Erklärungen, bei denen die Explanandum- <strong>und</strong> Explananas-<br />

Aussagen weder präzis noch vollständig formuliert werden.<br />

„Unvollkommene“ Erklärungen Folie 49<br />

genetische Erklärungen sind Erklärungen des Zustandekommens <strong>von</strong> Tatsachen <strong>und</strong><br />

Zusammenhängen<br />

historische Erklärungen sind Erklärungen geschichtlicher Sachverhalte<br />

Erklärungen durch Erzählen<br />

Erklären durch Erzählen muss sich natürlich so vollziehen, dass der<br />

Kommunikationspartner gute Chancen hat, zielsicher die zur<br />

Vervollständigung der unvollkommenen „Erklärungsatome“<br />

nötigen Kontexte aufzufinden.<br />

17


Prognosen<br />

Anfangsbedingungen Wenn/Dann-Aussagn Explanandum<br />

* umgeben <strong>von</strong> Randbedingungen, unter denen die Wenn/Dann-Aussagen wahr sind<br />

Wenn man nun das „Explanandum“ nicht länger als einen zur Erklärung anstehenden<br />

Sachverhalt auffasst, sondern einfach einen Sachverhalt, den man mit anderen<br />

Sachverhalten in Beziehung setzen will, lässt sich in dieser Struktur eine Erklärung<br />

der logischen Struktur einer Prognose erkennen.<br />

Prognosen sind gewissermaßen „in die Zukunft gerichtete genetische Erklärungen“,<br />

können allerdings „self-fulfiling prophecy“ bzw. „self-destroying prophecy“ wirken.<br />

Folien 34-49<br />

18


VIII. Theorie <strong>und</strong> Methode in der Politikwissenschaft<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der Politikwissenschaft setzen sich aus verschiedenen Bausteinen<br />

zusammen: - Metatheorien<br />

- Theorieansätze<br />

- Methodenorientierungen<br />

- Untersuchungsanordnungen<br />

- <strong>Forschung</strong>stechniken<br />

Mit diesen Kernelementen thematisieren wir den Begründungs- <strong>und</strong> Zielhorizont <strong>von</strong><br />

Theorien <strong>und</strong> Methoden.<br />

Methoden dienen als Instrument um empirische Informationen zu gewinnen <strong>und</strong> auf<br />

deren Gr<strong>und</strong>lage wissenschaftliche Erkenntnisse zu erzeugen.<br />

Theorien fungieren als verallgemeinernde Aussagenform in der wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse ausgedrückt werden. Bezugsgr<strong>und</strong>lage <strong>von</strong> Theorien sind einzelne<br />

Erfahrungen.<br />

Metatheorien werden auch als Wissenschaftstheorien bezeichnet. Im Unterschied<br />

zu Erfahrungstheorien stellen Metatheorien kein Ergebnis, sondern das F<strong>und</strong>ament<br />

der Wissenschaft dar, indem sie deren Erkenntnisprämissen <strong>und</strong> Leitbilder<br />

begründen. Metatheorien liegen als Gr<strong>und</strong>annahmen dem <strong>Forschung</strong>sprozess<br />

zugr<strong>und</strong>e.<br />

3-Schulen Gliederung:<br />

„Freiburger Schule“: normativ-ontologisch (Wesensmerkmale des Seins)<br />

(überzeitlichen ethischen Gr<strong>und</strong>lagen<br />

gesellschaftlichen Seins)<br />

verstehend<br />

„Frankfurter Schule“: historisch – dialektische (eher linke Seite, gegen<br />

Klassengesellschaft)<br />

(materialistische Entwicklungsprinzipien<br />

gesellschaftlichen Seins)<br />

verstehend<br />

„Mannheimer Schule“: empirisch – analytisch (neutrale politische Mitte)<br />

erklärend<br />

19


„Verstehende“ <strong>und</strong> „Erklärende“ Positionen unterscheiden sich in drei zentralen<br />

Gesichtspunkten, nämlich erstens ihrem theoretischen Erkenntnisinteresse, dem<br />

Werturteilsproblem <strong>und</strong> dem Erkenntnisanspruch.<br />

„Verstehende“ Positionen<br />

Die verstehenden Ansätze sind darauf angelegt, gesellschaftliche Abläufe <strong>und</strong><br />

Zustände zu interpretieren. sinnverstehende Erkenntnisanliegen<br />

Aus empirischen Informationen auf den inneren Sinngehalt eines gesellschaftlichen<br />

Phänomens zu schließen, der sich hinter den äußerlich erkennbaren Merkmalen<br />

dieses Phänomens verbirgt.<br />

Allgemeine Leitbegriffe: Herrschaft, Legitimität, Demokratie;<br />

Gemeinsam ist verstehenden Theoriebildungen das praktische Erkenntnisinteresse,<br />

aus der Sinndeutung politischer Wirklichkeit Werte zu formulieren, die für die<br />

Gestaltung eines in seiner Gesamtheit idealen Gemeinwesens handlungsleitend<br />

sind.<br />

Trennung zwischen Werturteilen <strong>und</strong> Tatsachenaussagen wird abgelehnt <strong>und</strong> nicht<br />

möglich, weil auch in der gesellschaftlichen Wirklichkeit Sollen <strong>und</strong> Sein untrennbar<br />

ineinander verwoben seien. Zum anderen sei die Trennung gar nicht wünschenswert,<br />

da eine der wissenschaftlichen Hauptaufgaben in dem Aufzeigen gesellschaftlicher<br />

Werte bestehe.<br />

Die „verstehenden“ Positionen teilen eine gemeinsame Auffassung über das<br />

Verhältnis zwischen Wirklichkeit <strong>und</strong> Erkenntnis. Dahinter steht die Frage, in welcher<br />

Weise unser Wissen über die gesellschaftliche Wirklichkeit als wahr bezeichnet<br />

werden kann. die Art unseres Wissens hängt <strong>von</strong> der Beschaffenheit der<br />

Wirklichkeit ab; Deshalb müssen wir uns über die Beschaffenheit im Klaren sein, um<br />

beurteilen zu können, welches Wissen überhaupt möglich ist.<br />

Zweck- <strong>und</strong> Sinnbezüge bilden daher den objektiven Wesenskern gesellschaftlicher<br />

Erfahrungsbereiche.<br />

Sinnerkenntnis durch Hermeneutik möglich! Hermeneutik rationalisiert die<br />

unbewussten Verfahren, mit denen Alltagserfahrungen gewonnen werden, <strong>und</strong><br />

bewahrt somit den erforderlichen lebenspraktischen Bezug. Ziel hermeneutischverstehender<br />

Wahrheitsfindung ist es, die Übereinstimmung der subjektiven<br />

Erkenntnis mit dem objektiven Sinngehalt sozialer Realität zu erreichen.<br />

„Erklärende“ Positionen<br />

Wissenschaftliche Erklärungen zielen darauf ab, gesellschaftliche Abläufe <strong>und</strong><br />

Zustände anhand ihrer äußerlich erkennbaren Merkmale zu Gesetzes- oder<br />

Regelaussagen zu verallgemeinern. Die theoretische Leistung besteht also weniger<br />

in einem Abstrahieren hintergründiger Sinnzusammenhänge, sondern in einer<br />

Generalisierung beobachtbarer Merkmalskombinationen. Die geschieht in Form <strong>von</strong><br />

Wenn-Dann oder Je-Desto-Hypothesen.<br />

Das Erkenntnisinteresse derartiger Regelaussagen ist an Prognosen <strong>und</strong> praktischer<br />

Problemlösung orientiert.<br />

20


„Erklärende“ Positionen gehen <strong>von</strong> dem Gebot der Trennung zwischen Werturteilen<br />

<strong>und</strong> Tatsachenaussagen aus. Werte sind kein Ergebnis wissenschaftlicher Analyse.<br />

„Erklärende“ Positionen gehen <strong>von</strong> einem heuristischen Standpunkt aus. Demnach<br />

ist alles, was wir über die Wirklichkeit wissen, <strong>von</strong> unseren subjektiven<br />

Wahrnehmungsvoraussetzungen <strong>und</strong> nicht <strong>von</strong> den Objekten unserer Erkenntnis<br />

abhängig. Insofern gibt es kein Wissen, das wie bei der Hermeneutik unabhängig<br />

vom Standpunkt des Betrachters besteht. Eindeutige Entscheidungen darüber, ob<br />

unser Wissen die Wirklichkeit so abbildet, wie sie unabhängig vom Betrachter<br />

tatsächlich ist, seien damit logisch unmöglich. Zur Feststellung der Gültigkeit<br />

wissenschaftlicher Aussagen ist allein die Prüfung anhand allgemein<br />

nachvollziehbarer Verfahren maßgeblich (Inter-Subjektivitäts-Bedingung).<br />

Wissenschaftlich wahrheitsfähig sind folglich nur die beobachtbaren <strong>und</strong> messbaren<br />

Merkmale sozialer Realität.<br />

„Erklärende Positionen“ fragen nicht nach dem Sinn des Phänomens, sondern<br />

danach, durch welche Merkmale (bspw. logische Schlussfolgerung, empirische<br />

Prüfbarkeit wissenschaftlicher Aussagen,…) eine Sache hinreichend beschrieben<br />

werden kann.<br />

ZUSAMMENFASSEND kann man sagen, dass „verstehende“ Positionen da<strong>von</strong><br />

ausgehen, dass die Beschaffenheit gesellschaftlicher Phänomene durch spezifische<br />

Sinngehalte charakterisiert ist, die nur durch Interpretation zu verstehen sind. Es<br />

resultieren in der Regel normative Positionen. Zudem werden die<br />

Gesellschaftswissenschaften als praktische Gestaltungswissenschaft, die stets in ein<br />

konkretes soziales Umfeld eingeb<strong>und</strong>en ist, betrachtet.<br />

Der Anspruch, gesellschaftliche Sollenspostulate wissenschaftlich zu begründen, ist<br />

mit „erklärenden“ Positionen unvereinbar. Sie trennen strikt zwischen<br />

wissenschaftlicher Erkenntnis <strong>und</strong> deren gesellschaftlichen<br />

Verwertungsmöglichkeiten. Das Ideal der Objektivität <strong>von</strong> Erkenntnisinhalten wird<br />

deshalb durch die Forderung nach Inter-Subjektivität <strong>von</strong> Prüfungsverfahren ersetzt.<br />

Wissenschaft kann nicht mehr als vorfindbare Realitäten mit wissenschaftlichen<br />

Begriffen zu „erklären“. Ob man mit diesen Erklärungen den Sinnbezug realer<br />

Phänomene „versteht“, ist eine philosophische <strong>und</strong> damit metawissenschaftliche<br />

Frage.<br />

Siehe Seite 344 Bürklin/Welzel<br />

21


IX. Politikwissenschaftliche<br />

<strong>Forschung</strong>sansätze/Theorieansätze<br />

Theorieansätze sind auf den Untersuchungsgegenstand bezogene<br />

Betrachtungsperspektiven, durch die Methodik <strong>und</strong> Theoriebildung in eine bestimmte<br />

Richtung gelenkt werden. Theorieansätze liegen also vermittelnd zwischen den ihnen<br />

vorgeordneten <strong>und</strong> den ihnen nachgeordneten Methoden.<br />

- historische genetische Ansätze<br />

- institutionelle Ansätze<br />

- (neoinstitutionelle Ansätze: Institution wird intermediär)<br />

- behavioralistischer Ansatz<br />

- polit-ökonomischer Ansatz<br />

- struktur-funktionaler Ansatz (Ausbalancierung <strong>von</strong><br />

Systemfunktion)<br />

ad. historische genetische Ansätze: verstehender Ansatz; Fortwirkung historische<br />

Entwicklung in der Gegenwart; Historische genetische Ansätze gehen <strong>von</strong> der<br />

Prämisse aus, dass gegenwärtige politische Phänomene erst aus ihrer Entstehung<br />

<strong>und</strong> Entwicklung zu verstehen sind. Sie sind daher geeignet, die geschichtlichen<br />

Gr<strong>und</strong>lagen aktueller Politik herauszuarbeiten. Von politikwissenschaftlichem Nutzen<br />

sind historisch-genetische Ansätze vor allem, wenn sie die Wirkung historischer<br />

Entwicklungen in der politischen Gegenwart aufzeigen. Bspw. sozialgeschichtliche<br />

Studien, die politische Veränderungen in den Kontext gr<strong>und</strong>legender<br />

gesellschaftlicher Entwicklungslinien stellen,…<br />

Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Ideengeschichte zu verweisen. Sie ist ein<br />

unverzichtbares Instrument, um die ideellen Wurzeln heutiger Parteiideologien oder<br />

anderer Ausprägungen politischer Kultur aufzuzeigen. Schließlich nimmt die<br />

Geschichte als Reservoir <strong>von</strong> Vergleichsfällen einen zentralen Stellenwert für die<br />

Politikwissenschaft. Sie leistet einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der<br />

Entstehungsgründe heutiger politischer Ordnung.<br />

Ad. institutionelle Ansätze: verstehender Ansatz; verhaltensstabilisierende Wirkung<br />

institutioneller Regelungen; Selbstverständnis = zeitkritische Ordnungswissenschaft;<br />

meist Überschneidungen mit staatsrechtlichen Fragestellungen zu verzeichne; Als<br />

zentrale Prämisse setzen institutionelle Ansätze voraus, dass öffentliche<br />

Entscheidungsprozesse im modernen Staat gr<strong>und</strong>sätzlich im Rahmen institutioneller<br />

Regelungen erfolgen. Diese <strong>von</strong> gesellschaftlichen Konfliktlagen isolierte<br />

Betrachtungsweise geriet unter dem Einfluss des Behavioralismus in Kritik. Daraus<br />

folgt eine Erweiterung institutioneller Ansätze in der Weise, dass nunmehr die Rolle<br />

politischer Institutionen bei der Vermittlung zwischen gesellschaftlichern Konfliktlagen<br />

<strong>und</strong> staatlichen Handlungen untersucht wurde. neoinstitutionelle Ansätze:<br />

Institution wird intermediär; vor allem in der Politikfeldforschung <strong>und</strong> der<br />

Korporatismusforschung als fruchtbar erwiesen; Beim Neoinstitutionalismus werden<br />

Institutionen als vermittelndes Element zwischen gesellschaftlichen Bedingungen<br />

<strong>und</strong> politischen Handlungen begriffen.<br />

22


Ad. behavioralistischer Ansatz: methologischer Ansatz; Folie 50; Abkehr vom<br />

institutionellen Ansatz <strong>und</strong> seinem normativen Wissenschaftsverständnis. Vertreten<br />

die metatheoretische Prämisse des „erklärenden“. Eine dominierende Stellung nimmt<br />

der Behavioralismus in der Wählerverhaltens- <strong>und</strong> der politischen Kulturforschung<br />

ein. Der behavioralistischer Ansatz untersucht die sozialpsychologischen<br />

Voraussetzungen der Politik. Indem Zusammenhang haben sie die gesellschaftliche<br />

Verteilung individueller Wert- <strong>und</strong> Einstellungsmerkmale als Funktionsgr<strong>und</strong>lage<br />

politischer Systeme erkannt. Zur Erklärung politischer Prozesse ziehen sie weniger<br />

institutionelle Mechanismen als vielmehr individuelle Einstellungsmerkmale <strong>von</strong><br />

Machteliten heran. Der Behavioralismus hat die Politikwissenschaft um eine<br />

empirisch quantifizierende <strong>Methodologie</strong> bereichert.<br />

Ad. Ökonomische Theorie der Politik: erklärender Ansatz; rationale Auswahl zw.<br />

Handlungsalternativen; Polit-ökonomische Ansätze sind u.a. aus der Einsicht<br />

entstanden, dass ökonomische Prozesse angesichts der Verflechtung zwischen<br />

privaten Wirtschaftsunternehmen, gesellschaftlichen Interessenorganisationen <strong>und</strong><br />

staatlichen Institutionen nicht mehr ohne Berücksichtigung politischer<br />

Entscheidungen erklärt werden können. Aus der Sicht dieses Ansatzes ist es<br />

erforderlich, die Logik politischen Handelns mittels ökonomischer Verhaltensmodelle<br />

zu rekonstruieren. Ähnlich den behavioralistischen Ansätzen ist auch hier der<br />

methodologische Individualismus die bestimmende Perspektive, allerdings gilt als<br />

zentrales Prinzip die rationale Auswahl zwischen Handlungsalternativen. Rationalchoice<br />

Ansätze setzen voraus, dass Individuen in ihren Handlungen einer<br />

interessenbedingten Präferenzordnung <strong>von</strong> Sollzuständen folgen; Präferenzen sind<br />

beeinflusst <strong>von</strong> Anreize (Gratifikationen) <strong>und</strong> Kosten (Restriktionen); Zielpräferenz =<br />

günstigste Verhältnis aus zu erwartenden Kosten <strong>und</strong> Nutzen; Rational-Choice<br />

Ansätze haben sich zur Erklärung politischer Entscheidungsprozesse bewährt,<br />

sofern diese sich als Standardsituationen darstellen lassen.<br />

Ad. struktur-funktionaler Ansatz: erklärender Ansatz; Ausbalancierung <strong>von</strong><br />

Systemfunktion; steht in enger Verbindung zur Systemtheorie; Gr<strong>und</strong>sätzlich geht<br />

der Strukturfunktionalismus <strong>von</strong> Erkenntnisprämissen aus, die im Widerspruch zum<br />

methodologischen Individualismus stehen. So impliziert der Strukturfunktionalismus,<br />

dass gesellschaftliche Phänomene angesichts ihrer organisierten Komplexität<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich Systemcharakter tragen. Systemcharakter heißt, dass sich<br />

gesellschaftliche Einheiten a.) aus interdependenten Teilsystemen zusammensetzen,<br />

die b.) <strong>von</strong> ihrer Umwelt abgegrenzt sind, mit ihr aber c.) dennoch in Wechselwirkung<br />

stehen. Systeme zwingen individuelles Handeln durch Rollenzuweisungen in eine<br />

systemeigene Funktionslogik. Strukturen gelten in diesem Verständnis als normierte<br />

Handlungsmuster. Das politische System wird dabei als Regelkreis gedacht, in<br />

welchem gesellschaftliche Inputs (Funktionen: Interessenartikulierung,<br />

Interessenaggregierung <strong>und</strong> Kommunikation) in Form <strong>von</strong> Unterstützungen <strong>und</strong><br />

Forderungen in das politische System einfließen, um dort in staatliche Outputs<br />

(Funktionen: Regelfindung, Regeldurchsetzung <strong>und</strong> Regelkontrolle) an die<br />

Gesellschaft umgewandelt zu werden. Die Stabilisierungsleistung besteht hier in der<br />

Ausbalancierung der verschiedenen Systemfunktionen.<br />

Strukturfunktionale Ansätze haben sich einerseits als Orientierungsrahmen für<br />

politische Systemvergleiche bewährt <strong>und</strong> das Verständnis für Mechanismen<br />

verbessert.<br />

23


Generell besteht aber das Problem struktur-funktionaler Ansätze in dem hohen<br />

Abstraktionsniveau ihrer Begriffe. Dadurch ist es schwierig, systemtheoretische<br />

Hypothesen empirisch zu prüfen.<br />

Neuere Ansätze: Mehr-Ebenen Modelle: Integration <strong>von</strong> individueller <strong>und</strong><br />

struktureller Theorie; vor allem zieht das Modell darauf ab, beim Mikro-Makro<br />

Problem eine Lösung zu finden.<br />

Methodologische Gr<strong>und</strong>lagen:<br />

Die unterschiedlichen Gr<strong>und</strong>auffassungen zwischen „verstehenden“ <strong>und</strong><br />

„erklärenden“ Positionen setzen sich bin in den Bereich der Methodenorientierung<br />

fort. Während „verstehende“ Positionen die Überlegenheit qualitativer Methoden<br />

postulieren, gehen „erklärende“ Positionen <strong>von</strong> der Überlegenheit quantitativer<br />

Methoden aus. Als quantitativ sind alle Verfahren zu kennzeichnen, die mit<br />

statistischen Messmodellen arbeiten; alle nicht-quantitativen Verfahren sind<br />

qualitative zu kennzeichnen. Die Neigung <strong>von</strong> Forschern, entweder qualitative oder<br />

quantitative Methoden zu verwenden, bezeichnen wir als Methodenorientierung.<br />

Hinsichtlich der qualitativen Begriffstypen unterscheiden wir „nominale“ <strong>und</strong><br />

„ordinale“ Begriffe. (Nominal sind Begriffe, wenn sie Ausprägungen eines<br />

empirischen Merkmals angeben, die sich wechselseitig ausschließen <strong>und</strong> dabei nicht<br />

mehr als die Existenz <strong>von</strong> Gleichheit oder Ungleichheit ausdrücken; Ordinale Begriffe<br />

bilden Merkmalsausprägungen ab, deren Beziehungen eine Rangordnung darstellt;)<br />

Qualitativ orientierte Politikwissenschaftler untersuchen vorwiegend nicht-metrisch<br />

strukturierte Wirklichkeitsmerkmale. Das dazu erforderliche empirische<br />

Informationsmaterial wird in der Regel aus Textdokumenten gewonnen.<br />

Quantitativ orientierte Politikwissenschaftler untersuchen dagegen metrisch<br />

abbildbare Wirklichkeitsmerkmale. Das empirische Informationsmaterial liegt zumeist<br />

in Form <strong>von</strong> Datensätzen vor.<br />

Qualitative Verfahren sind weniger standardisiert <strong>und</strong> haben damit die nötige<br />

Flexibilität zur Bearbeitung neuer <strong>Forschung</strong>sprobleme. Demgegenüber weisen<br />

quantitative Verfahren einen Grad an Standardisierung auf, der sie besonders zur<br />

strengen Prüfung präziser Hypothesen befähigt. Um die unterschiedlichen Vorzüge<br />

miteinander verbinden zu können, sind kombinierte Verfahren, wie z.B.: die<br />

Ethnomethodologie oder die hermeneutisch-klassifikatorische Inhaltsanalyse<br />

entwickelt worden.<br />

Induktion <strong>und</strong> Deduktion<br />

Induktion <strong>und</strong> Deduktion bezeichnen verschiedene logische Schlussformen.<br />

Induktion bedeutet, einzelne Beobachtungen zu theoretischen Hypothesen oder<br />

Theorien zu verallgemeinern. Deduktion heißt hingegen, aus Theorien oder<br />

theoretischen Hypothesen konkrete Sachverhalte oder Aussagen anzuleiten.<br />

24


Induktion besitzt explorativen (suchenden) Zugang, der durch Beantwortung <strong>von</strong><br />

<strong>Forschung</strong>sfragen zur Theoriebildung gelangt.<br />

Bei einer Deduktion handelt es sich um einen konfirmatorischen (prüfenden) Zugang,<br />

der durch Test alternativer Hypothesen zur Theoriefortbildung beiträgt.<br />

Es ist naheliegend eine induktive Untersuchungsanordnung zu wählen, wenn zu dem<br />

interessierenden <strong>Forschung</strong>sproblem keine geeigneten Theorien vorliegen. Eine<br />

deduktive Untersuchungsanordnung ist vorzuziehen, wenn entsprechende Theorien<br />

vorhanden sind.<br />

<strong>Forschung</strong>stechniken<br />

Jede Methode gliedert sich in mind. 2 Arbeitsschritte: die Erhebung <strong>und</strong> die Analyse<br />

<strong>von</strong> empirischen Informationen;<br />

In Erhebungstechniken werden empirische Informationen durch die Auswertung<br />

untersuchungsrelevanter Textdokumente <strong>und</strong> amtlicher Statistiken, sowie durch<br />

Befragung, Beobachtung oder Experiment gewonnen.<br />

Generell sind an Erhebungstechniken zumindest zwei zentrale Anforderungen zu<br />

stellen, nämlich Reliabilität (Verlässlichkeit) <strong>und</strong> Validität (Gültigkeit) der erhobenen<br />

Informationen. Innerhalb der empirischen Analysetechniken ist gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

zwischen inhaltsanalytischen Interpretationsverfahren (qualitativ) <strong>und</strong> statistischen<br />

Rechenverfahren (quantitativ) zu unterscheiden.<br />

Durch hermeneutische Interpretationsverfahren wird dabei versucht, den Sinn des<br />

Textinhaltes in bezug zur historisch-politischen Situation zu entschlüsseln.<br />

Vergleich als allgemeine Methode<br />

Der Vergleich gilt als eine Ersatzmethode, da es in der Politikwissenschaft kaum<br />

praktizierte Möglichkeiten gibt, kontrollierende Experimente durchzuführen. Man<br />

kennzeichnet den Vergleich deshalb auch als Quasi-Experiment.<br />

Vergleiche entsprechen einem experimentellen Design insofern, als möglichst viele<br />

Fälle unter möglichst ähnlichen Randbedingungen verglichen werden, um allgemeine<br />

Merkmalszusammenhänge zu ermitteln.<br />

Siehe Seite 344 Bürklin/Welzel<br />

25

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