Intensivprojekt Reifferscheid Intensivprojekt ... - Der Sommerberg
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<strong>Intensivprojekt</strong><br />
<strong>Reifferscheid</strong><br />
Lothar Mönch<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Studierende,<br />
bevor ich beginne, möchte ich mich für ihr<br />
zahlreiches Interesse bedanken und für die<br />
Einladung der Veranstalter. Mein Name ist<br />
Lothar Mönch, ich bin als Regionalleiter in<br />
der Jugend- und Behindertenhilfe "<strong>Der</strong><br />
<strong>Sommerberg</strong>" – einer Betriebsgesellschaft<br />
der Arbeiterwohlfahrt - tätig und in dieser<br />
Funktion zuständig für den Aufbau und die<br />
Begleitung unseres stationären <strong>Intensivprojekt</strong>es<br />
für Jungen in <strong>Reifferscheid</strong> in der<br />
Eifel.<br />
Wir sind von den Veranstaltern gebeten<br />
worden, exemplarisch anhand einer der<br />
hier vorgestellten Fälle unsere Antwort auf<br />
den Hilfebedarf von „besonders Schwierigen“<br />
darzustellen. Um das möglichst authentisch<br />
zu tun, werden wir uns auf einen<br />
realen Fallverlauf aus unserem <strong>Intensivprojekt</strong><br />
in <strong>Reifferscheid</strong> beziehen, der aber<br />
zumindest in der symptomatischen Beschreibung<br />
sehr viele Parallelen zu Max<br />
aufweist.<br />
Zunächst werde ich Ihnen aber kurz und<br />
stichpunktartig einige konzeptionelle und<br />
strukturelle Aspekte unseres Projektansatzes<br />
aufzeigen, um auf diesem Hintergrund<br />
deutlich machen zu können, welche zumindest<br />
erste Antwort wir auf den besonderen<br />
Hilfebedarf der Jugendlichen geben.<br />
Anschließend sollte noch Zeit bleiben für<br />
Ihre Fragen, insbesondere die der Studenten<br />
und die Stellungnahme von concepton<br />
in Person von Dr. Walter Stienen,<br />
die uns in unserer Arbeit begleiteten und<br />
unterstützten.<br />
<strong>Intensivprojekt</strong> <strong>Reifferscheid</strong><br />
Die Entwicklung unserer Intensivgruppe in<br />
<strong>Reifferscheid</strong> ist unsere Antwort auf die<br />
Frage: „Was tun mit den besonders<br />
Schwierigen?“ und die damit verbundene<br />
Diskussion um die geschlossene Unterbringung.<br />
Das Konzept resultiert aber auch<br />
aus der logischen Weiterentwicklung unseres<br />
Kooperationsprojektes eXtreme.<br />
Ausgangspunkte<br />
Max und andere Krisen- und Grenzfälle<br />
zeichnen sich dadurch aus, dass sie Erwachsene<br />
an ihre Grenzen und auch professionelle<br />
Pädagogen handlungsunfähig<br />
machen. eXtreme gibt durch die Analyse<br />
der Interventions- und Interaktionsebene<br />
von Jugendlichen und Erwachsenen klare<br />
Handlungsanweisungen für den pädagogischen<br />
Alltag.<br />
Ein weiterer Ausgangspunkt sind die individuellen<br />
kreativen Betreuungssettings, die<br />
wir in der flexiblen Betreuung auf den<br />
besonderen Hilfebedarf in schwierigen<br />
Einzelfällen abgestimmt haben. Nicht zuletzt<br />
fließen unsere Erfahrungen aus der<br />
therapeutisch-pädagogischen Arbeit im<br />
Rahmen der Fürsorgeerziehung in Haus<br />
<strong>Sommerberg</strong> in das Projekt mit ein.<br />
Projektidee<br />
Wenn man fragt, was brauchen diese<br />
schwierigen Fälle oder die eben skizzierten<br />
bösen Buben, hört man Altbekanntes:<br />
reizarme Umgebung, eng strukturierter<br />
Rahmen und Forderungen nach Geschlossenheit.<br />
Insellösungen wie bei dem eben<br />
zitierten Robinson Crusoe, abgeschottet<br />
von verstörenden Einflüssen.<br />
Auf jeden Fall braucht es eine zeitweise<br />
Herausnahme aus dem familiären und<br />
sozialen Spannungsfeld und ein Unterbrechen<br />
der eskalierenden Interaktionen zwischen<br />
Erwachsenen und Jugendlichen.<br />
Wir haben uns für unser Projekt einen<br />
pädagogischen Schon- und Schutzraum<br />
ähnlich wie ein Schiff im Wald gewünscht.<br />
Aber das ist natürlich nicht so einfach zu<br />
finden, vielleicht bauen wir das ja noch.<br />
27
<strong>Intensivprojekt</strong> <strong>Reifferscheid</strong><br />
Erst einmal haben wir uns für ein Haus im<br />
Wald entschieden, auf einem abgeschiedenen<br />
Natur- und Waldgelände in der Eifel,<br />
wo wir für Max und sechs weitere Jungen<br />
in Ruhe und Gelassenheit wieder den<br />
Boden einziehen können, auf dem Erziehung<br />
erst wieder möglich wird.<br />
<strong>Der</strong> Rahmen<br />
Die intensive Betreuung und Behandlung<br />
der Jugendlichen wird umgesetzt von<br />
einem Team bestehend aus Heilpädagogen,<br />
Sozialpädagogen, Erzieher und Erziehungshelfer<br />
mit unterschiedlichen<br />
Kompetenzen und handlungsbezogenen<br />
Fähigkeiten z.B. im sport- und erlebnispädagogischen<br />
Bereich sowie im handwerklichen<br />
und hauswirtschaftlichen Bereich.<br />
Doppeldienste, hausinterne Beschulung,<br />
Unterbringung in Einzelzimmern mit robuster<br />
Einrichtung, ausreichender Bewegungsraum<br />
mit reichhaltigem Sport- und<br />
Kreativmaterial sind weitere Eckpunkte.<br />
Das Gelände bietet vielfältige Möglichkeiten<br />
an natur- und abenteuerpädagogischen<br />
Aktivitäten. Das weckt Neugierde und bei<br />
den Jungen den Entdecker- und Spieltrieb<br />
und auch Max kann so im wahrsten Sinne<br />
des Wortes wieder geerdet werden.<br />
Ich möchte Ihnen im Folgenden ein paar<br />
Grundannahmen oder auch Entwicklungsleitlinien<br />
vorstellen, die wir für wesentlich<br />
halten, wenn man sich auf den Weg macht<br />
von der Regelpädagogik zur Intensivpädagogik<br />
oder wenn man mehr Unausweichlichkeit<br />
für die Jugendlichen erreichen<br />
möchte, wie wir das vorhin gehört haben.<br />
Paradigmenwechsel<br />
Wenn wir in der Intensivpädagogik Erfolge<br />
erzielen wollen, müssen wir an uns selbst<br />
ansetzen und uns von eingeschliffenen<br />
Denk- und Handlungsmustern verabschieden.<br />
Wir müssen die oft falsch verstandene<br />
partnerschaftliche Beziehungsarbeit in eine<br />
asymmetrische, professionelle Arbeitsbeziehung<br />
mit Respekt und Autorität überführen.<br />
Wir erwarten z.B. von Max, dass er die<br />
28<br />
Pädagogen in der Gruppe siezt und mit<br />
Herr und Frau anredet. Klar ist auch, dass<br />
das Verstehen und darüber Reden alleine<br />
nicht weiterhilft, sondern dass wir klare<br />
Handlungsmodelle brauchen, Handlungsanweisungen<br />
für den Alltag, wie mit dem<br />
einzelnen Jugendlichen, bezogen auf seine<br />
speziellen Probleme, seine speziellen<br />
Ressourcen und Stärken umzugehen ist.<br />
Wir sollten also den Fokus von den<br />
Schwierigkeiten der Kinder auf die Schwierigkeiten<br />
von uns Erwachsenen im Umgang<br />
mit diesen Kindern lenken. Das heißt wir<br />
sollten wissen, wann unser jetzt schon so<br />
oft zitierter Max austickt, was ihn dazu<br />
veranlasst, welche auslösenden Reize<br />
usw. in der Gruppe entstehen können und<br />
wie wir dann mit ihm umgehen. Dass wir<br />
ihn vielleicht von der Gruppe trennen und<br />
ihn erst mal im Gelände auspowern lassen.<br />
Um individuell auf die Einzelnen reagieren<br />
und agieren zu können, muss auch der<br />
Gruppenrahmen immer individuell gedacht<br />
sein, das heißt aus der Erziehungs- und<br />
Behandlungsplanung des einzelnen Jugendlichen<br />
bestimmt sich der Gruppenrahmen.<br />
Konzeptionelle Aspekte<br />
Erziehen als geplantes Handeln<br />
Kernstück unseres Projektes ist die Erziehungs-<br />
und Behandlungsplanung als Voraussetzung<br />
für geplantes Handeln.<br />
Im Vorfeld der Aufnahme erstellen wir für<br />
alle Jungen - auch im Fall Max - eine Ersteinschätzung<br />
mit Anweisungen für die<br />
Erzieher, wie sie dem Jungen im Alltag und<br />
in Krisen begegnen sollen.<br />
Sie sehen hier Aussagen zu den Problembereichen,<br />
zur Biographie und zum Familiensystem<br />
und erste Empfehlungen für die<br />
Erzieher, was sie Umgang mit Max tun<br />
bzw. lassen sollten.<br />
Unser Maximilian, so haben wir ihn hier<br />
genannt, ist allerdings schon drei Jahre<br />
älter, aber die Auffälligkeiten sind ähnliche,<br />
insbesondere die Verstrickung ins Dro-
genmilieu und die Gefahr in die Kriminalität<br />
abzurutschen. <strong>Der</strong> Junge ist Sohn russlanddeutscher<br />
Aussiedler, die Eltern sind<br />
taubstumm. Insgesamt ist die Akte noch<br />
recht dünn, zumindest die Information die<br />
wir vorgestellt bekommen haben, aber die<br />
Entwicklung scheint dramatisch. <strong>Der</strong> Junge<br />
ist durch Haschisch-Dealen in der Schule<br />
aufgefallen, was die Schule dann zum<br />
Rausschmiss veranlasst hat. Das Jugendamt<br />
sieht eine hohe Dringlichkeit in diesem<br />
Krisenfall. <strong>Der</strong> Junge soll auf jeden Fall aus<br />
dem bisherigen Umfeld so schnell wie<br />
möglich raus. Die Mutter möchte ebenfalls<br />
die Fremdunterbringung ihres Sohnes; der<br />
Großvater kann nach anfänglichen Bedenken<br />
nach einem Besuch in der Gruppe zur<br />
Mitarbeit gewonnen werden.<br />
Wenn wir überlegen, mit welchem Kopf der<br />
Junge in die Gruppe kommt, dann sicherlich<br />
nicht so wie wir uns das wünschen,<br />
dass er dort eine Chance für sich erkennt,<br />
sondern vermutlich eher so, dass er die<br />
Unterbringung als Bestrafung für sein<br />
Fehlverhalten ansieht. Das kann ihn in den<br />
ersten Wochen daran hindern, sich auf<br />
unsere Angebote einzulassen.<br />
Vermutlich wird er versuchen zu entweichen<br />
und in Machtkämpfe mit den Pädagogen<br />
zu gehen. Er sucht und braucht Action.<br />
Das heißt für die Erzieher, ihn einzubinden<br />
in geplante spannungsreiche Aktionen, die<br />
Drogenproblematik zu thematisieren, Entspannungstechniken<br />
einzuüben und –<br />
obwohl er noch keine 16 ist - die ein oder<br />
andere Zigarette zu dulden. Die Kontakte<br />
mit den Eltern und Großeltern dürfen in der<br />
ersten Zeit nicht in Köln stattfinden, sondern<br />
nur bei uns in der Eifel.<br />
Dem Jungen müssen Ersatzangebote<br />
gemacht werden, die an seinen Stärken<br />
anknüpfen, um ihm das Hierbleiben in der<br />
Gruppe zu erleichtern. Möglicherweise<br />
müssen auch individuelle Vereinbarungen<br />
bezogenen auf den Gruppenrahmen mit<br />
ihm getroffen werden. Das Ganze also<br />
nicht überstrapazieren, ihn versuchen<br />
einzubinden, zu begeistern und auszuhalten.<br />
<strong>Intensivprojekt</strong> <strong>Reifferscheid</strong><br />
Die Biografie, die genaue Problembeschreibung<br />
des Jugendlichen, sein Hilfeund<br />
Behandlungsbedarf sind offene Fragestellungen<br />
und Aufgabe für die erste Zeit.<br />
Verhaltensbeobachtungen und Tagesdokumentation<br />
sind ebenso Grundlage unsere<br />
Erziehungs- und Behandlungsplanung<br />
wie die zusätzliche Diagnostik bei einem<br />
Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie.<br />
Ein weiterer wichtiger Punkt in der Ersteinschätzung<br />
vor der Aufnahme ist ein individueller<br />
Krisen- und Notfallplan, auch unter<br />
Einbeziehung von Mutter und Großvater,<br />
Facharzt und Polizei.<br />
Wenn wir davon ausgehen, dass der Junge<br />
in der ersten Zeit entweichen wird, dann<br />
müssen wir auch Jugendamt und Familie<br />
mit im Boot haben, weil sie möglicherweise<br />
sonst irritiert reagieren und sagen: “Jetzt<br />
habt ihr Max in einer Intensivgruppe untergebracht<br />
und zwei Stunden später ist der<br />
Junge schon wieder in Köln.“<br />
Das heißt, wir haben keinen geschlossenen<br />
Rahmen, wir machen es eng, aber wer<br />
es darauf anlegt zu entweichen, dem wird<br />
das gelingen. Die Entweichungen werden<br />
bei Max nicht bestraft, wir werden ihn<br />
abholen, filzen und ein Drogenscreening<br />
veranlassen.<br />
Strukturierter Alltag<br />
Ein weiterer konzeptioneller Schwerpunkt<br />
unserer Arbeit besteht darin, die Behandlungs-<br />
und Erziehungsplanung, von der ich<br />
eben sprach in einen hochstrukturierten<br />
Alltag zu übersetzen. Das heißt in einen<br />
sehr individuellen und verbindlichen Tagesund<br />
Wochenplan. Aus Zeitgründen kann<br />
ich das nicht so ausführlich darstellen, ich<br />
lade Sie aber gerne ein, sich das später im<br />
Foyer auf den Stellwänden anzuschauen<br />
und von unseren Mitarbeitern erläutern zu<br />
lassen.<br />
Hier sehen Sie Jugendliche aus der Gruppe<br />
beim so genannten Hallo-Wach-<br />
Training, das beginnt werktags um 6.45<br />
Uhr, d.h. um halb Sieben ist Wecken,<br />
danach ist Duschen und Frühstück ange-<br />
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<strong>Intensivprojekt</strong> <strong>Reifferscheid</strong><br />
sagt. Max hat in der Anfangszeit nur zwei<br />
Stunden Schule, mehr hält er nicht durch,<br />
also bis 10.00 Uhr, dann ist Pause. Bis<br />
zum Mittagessen stehen dann für Max<br />
gemeinsam mit unserem Handwerker<br />
Arbeiten am Haus und im Gelände an.<br />
Danach haben wir Mittagszeit mit Silentium.<br />
Während des Silentiums ist die Teamübergabe.<br />
Nachmittags wird das<br />
Förderprogramm mit Arbeiten auf dem<br />
anfangs recht verwilderten Gelände fortgesetzt<br />
und durch Spiel- und Sportangebote<br />
ergänzt. Nach dem Abendessen findet<br />
dann die Tagesreflexion mit der gemeinsamen<br />
Bewertung der individuellen Ziele<br />
und Aufgaben statt.<br />
Rechte und Pflichten<br />
In <strong>Reifferscheid</strong> werden die Jugendlichen<br />
mit einem individuell abgestuften Modell<br />
von Rechten und Pflichten konfrontiert.<br />
Dies beginnt mit einem Aufnahmeritual,<br />
verbunden mit einer Anstrengung, um in<br />
die Gruppe zu kommen.<br />
Max hat sich für das Mountainbike entschieden<br />
und ist zusammen mit einem<br />
Pädagogen von Bad Münstereifel aus<br />
angereist, während die Mutter und der<br />
Großvater die Reisetasche gebracht haben<br />
und die Aufnahmeformalitäten erledigt<br />
haben.<br />
Mehr als in eine Reisetasche passt,<br />
braucht Max erst mal nicht, da wir Konsumgüter<br />
und Statussymbole wie Handys<br />
und Stereoanlagen drastisch reduzieren.<br />
Vom einfach ausgestatten Aufnahmezimmer<br />
kann er sich in den nächsten Wochen<br />
und Monaten in die besser ausgestatten<br />
Zimmer in der ersten Etage hocharbeiten.<br />
Für Max haben wir von Beginn an ein<br />
regelmäßiges Drogenscreening als Kontrolle<br />
und vertrauensbildende Maßnahme<br />
vereinbart.<br />
Am Anfang hat Max keinen Ausgang vom<br />
Gelände, sondern ist einbezogen in begleitete<br />
Außenaktivitäten. Daran wird deutlich,<br />
dass wir die oft übersteigerte<br />
Autonomie der Jungen deutlich eingrenzen.<br />
Sie können sich vorstellen, dass das nicht<br />
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ohne Konflikte und zum Teil heftigen Auseinandersetzungen<br />
abgeht.<br />
Ganzheitlicher Ansatz<br />
Auf unserem Gelände in <strong>Reifferscheid</strong><br />
möchten wir, soweit möglich, einen ganzheitlichen<br />
Ansatz von Leben, Lernen und<br />
Arbeiten umsetzen, d.h. nur die Rosinen<br />
herauszupicken oder sich nur das zu nehmen<br />
was man gerade braucht, funktioniert<br />
für Max in der Gruppe nicht mehr.<br />
Wer essen will, der muss auch einkaufen,<br />
kochen und spülen helfen, so wie das in<br />
jeder Gemeinschaft normal ist. Oder wer<br />
am Abend fernsehen will oder in die Welt<br />
chatten will, der muss mindestens in der<br />
Tagesbewertung von eins bis zehn im<br />
Durchschnitt liegen.<br />
Das heißt wir haben im Alltag klare Wechselwirkungen<br />
von Bedürfnisbefriedigung<br />
und Leistung eingebaut und versuchen den<br />
Jugendlichen das Verursacherprinzip erlebbar<br />
zu machen. Wer eine Scheibe einwirft<br />
- wir haben auf Panzerglas und<br />
ähnliche technische Ausstattungen verzichtet<br />
- der muss auch helfen, eine neue<br />
Scheibe einzusetzen.<br />
Fördern und Fordern<br />
Weitere Inhalte sind die gezielte körperund<br />
bewegungsorientierte Förderung und<br />
Forderung der Jugendlichen.<br />
Den jugendlichen Tatendrang von dem<br />
Herr Prof. Buchkremer eben sprach, greifen<br />
wir auf mit Rodungsarbeiten auf dem<br />
Gelände und dem Wiederherstellen eines<br />
Bolzplatzes. Negative Kicks werden durch<br />
sport- und abenteuerpädagogische Aktivitäten<br />
ersetzt. Aber auch Bastel- und Holzarbeiten<br />
zur Adventszeit sind mit diesen<br />
Jungen durchaus möglich. Sie erlernen<br />
dabei den Umgang mit Werkzeug und<br />
Material, lernen aber auch, dass sie durch<br />
ihren Einsatz Erfolg haben und Ergebnisse<br />
vorweisen können.<br />
Hausinterne Beschulung<br />
In Kooperation mit der privaten Schule für<br />
Erziehungshilfe des Hermann-Josef-
Hauses in Kall-Urft führen wir den hausinternen<br />
Einzel- und Kleingruppenunterricht<br />
durch. Die Schule klärt für alle Jungen den<br />
sonderpädagogischen Förderbedarf und<br />
stellt einen individuellen schulischen Förderplan<br />
auf, den wir eng mit unserer Behandlungsplanung<br />
abstimmen.<br />
Die Kooperation mit dem Sonderpädagogen<br />
der Schule klappt hervorragend. Wir<br />
können durch die individuelle Kombination<br />
von schulischem Lernen und handwerklichem<br />
Begreifen gezielt auf den Förderbedarf<br />
der Einzelnen eingehen und die<br />
Anforderungen langsam aber stetig steigern.<br />
Max konnte nach den Sommerferien nur<br />
zwei Stunden täglich beschult werden. Ab<br />
Herbst gelang ihm das schon über den<br />
gesamten Vormittag.<br />
Mitwirkung und Beteiligung<br />
Möglicherweise wirkt die Vorstellung unseres<br />
<strong>Intensivprojekt</strong>es auf Sie rigide und<br />
fremdbestimmend. Zumindest in der ersten<br />
Zeit ist der Aufenthalt in der Gruppe mit<br />
starken Einschränkungen für die Jugendlichen<br />
verbunden. Aber uns ist daran gelegen,<br />
die Jugendlichen von Anfang an mit<br />
einzubeziehen.<br />
Auf der linken Seite der Grafik sehen Sie<br />
auf dem Bewertungsbogen die von der<br />
Behandlungsplanung abgeleiteten Erziehungs-<br />
oder Verhaltensziele, die den Jungen<br />
zunehmend transparent gemacht<br />
werden. In der abendlichen Reflektionsrunde<br />
erfolgt die Bewertung des Tages mittels<br />
Punktesystems. Durch die gemeinsame<br />
Bewertung gelingt die schrittweise Offenlegung<br />
individueller Probleme und Stärken in<br />
der Gruppe. Für die wöchentliche Belohnung<br />
bei Erreichen des gesteckten Ziels<br />
suchen die Jungen sich ihre kleinen Verstärker<br />
selbst aus. Beliebt sind natürlich<br />
Schwimmen, Kino oder ein BigMac.<br />
Phasensystem<br />
Das Punktesystem ist auch Grundlage für<br />
den Auf- oder Abstieg im individuellen<br />
Phasen- oder Stufensystem. Max hat z.B.<br />
<strong>Intensivprojekt</strong> <strong>Reifferscheid</strong><br />
mittlerweile ein größeres Zimmer und<br />
durfte seine Stereoanlage von zu Hause<br />
mitbringen.<br />
In der ersten Phase des Ankommens und<br />
Abkoppelns geht es noch nicht um das<br />
Erreichen von hoch gesteckten Zielen,<br />
sondern es geht erst mal um loslassen und<br />
einlassen, dableiben und auf Seiten der<br />
Pädagogen um annehmen, halten und<br />
aushalten.<br />
Auf den Stellwänden im Foyer haben wir<br />
die folgenden Phasen der Neuorientierung,<br />
Stabilisierung, Öffnung und Ablösung für<br />
Sie im Überblick dargestellt.<br />
Wir sind mit dem Projekt in <strong>Reifferscheid</strong><br />
angetreten um weiteren Eskalationen in<br />
schwierigen Fällen entgegenzutreten. Dazu<br />
brauchen wir die Kooperation und konstruktive<br />
Auseinandersetzung mit allen<br />
Beteiligten, insbesondere den sorgeberechtigten<br />
Eltern und dem Jugendamt.<br />
Wir wollen die Handlungsfähigkeit der<br />
Erwachsenen wieder herstellen, wir wollen<br />
erste Verhaltensänderungen bei den Jugendlichen<br />
erreichen, um schrittweise<br />
wieder zu einer Normalisierung der Interaktion<br />
zwischen Kind und Erwachsenen zu<br />
gelangen.<br />
Das Schaubild gibt Ihnen noch mal einen<br />
Überblick, wie wir mit dem <strong>Intensivprojekt</strong><br />
<strong>Reifferscheid</strong> dazu beitragen können, die<br />
oben genannten Ziele zu erreichen.<br />
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
Dipl. Päd. Lothar Mönch ist Regionalleiter<br />
der Jugend- und Behindertenhilfe<br />
"<strong>Der</strong> <strong>Sommerberg</strong>“<br />
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