Dirigentin oder Dirigenten - Schweizer Blasmusikverband
Dirigentin oder Dirigenten - Schweizer Blasmusikverband
Dirigentin oder Dirigenten - Schweizer Blasmusikverband
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Probebeginns wichtig. Der Dirigent soll sich<br />
bewusst überlegen, ob das Festigen und<br />
Bilden von Ritualen im Vordergrund steht.<br />
Jedoch plädiert Stecher auch für Abwechslung.<br />
Neues soll an den Anfang gestellt<br />
werden. Es ist ihm wichtig, dass keine Monotonie<br />
entsteht und der Dirigent möglichst<br />
bald zur Sache kommt. Durch das Neue soll<br />
das aktive Hinhören gefordert werden. So<br />
zum Beispiel soll es ein Tonleiterspiel zu Beginn<br />
geben, welches dieses aktive Hinhören<br />
fördert.<br />
Stecher gibt folgende generellen Entscheidungen<br />
am Anfang der Probe zu bedenken:<br />
- verbaler <strong>oder</strong> non-verbaler Probebeginn;<br />
- gemeinsames Einspielen <strong>oder</strong> selbstständiges,<br />
freies Aufwärmen;<br />
- pädagogische Literatur <strong>oder</strong> den Probehauptteil<br />
an den Anfang stellen.<br />
Die <strong>Schweizer</strong> Zeitschrift für Blasmusik<br />
Zum gemeinsamen Einspielen sagt der Referent:<br />
Jene, die bereits zu Hause üben, haben<br />
dies nicht nötig (Unterforderung) und jene,<br />
die nicht üben, denen bringt die pädagogische<br />
Literatur nichts!<br />
«Das Ändern der Spielart des<br />
Orchesters setzt die Kooperation<br />
zwischen Dirigent und Orchester<br />
voraus!» Simon Rattle<br />
«Gras wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht».<br />
Allgemeine Tipps zum Probebeginn:<br />
- kein negatives Feedback zum Probebeginn;<br />
- gerechtes Fordern von Anfang an;<br />
- dem Orchester und sich entgegenkommen;<br />
- «die Didaktik an der Türklinke überträgt<br />
sich auf die Übedisziplin»;<br />
- das Aussergewöhnliche wagen (ab und zu<br />
etwas tun, was man noch nie getan hat, z.B.<br />
Orchester in einer Reihe aufstellen <strong>oder</strong><br />
niemand sitzt neben einer Registerkollegin<br />
<strong>oder</strong> einem Registerkollegen).<br />
«Die Verführbarkeit zur menschlichen Passivität<br />
ist gross; dies gilt für Musiker und Dirigent.»<br />
6-2007 unisono 5<br />
Im Probehauptteil, so Stecher, gibt es eine<br />
grosse Liste von Punkten, die in einem guten<br />
Verhältnis zueinander und gut ausbalanciert<br />
vorbereitet und bewusst angewandt werden<br />
sollten. Er meint damit die Ausgewogenheit<br />
der Gegensätze wie Spiel-Phasen vs. Sprech-<br />
Phasen; Detailarbeit vs. Durchspiel; Arbeit an<br />
den Stärken vs. Arbeit an den Schwächen<br />
(Mut zur Arbeit an den Schwächen, auch<br />
wenn es die eigenen Schwächen sind); Verbissenheit<br />
vs. Gelassenheit; positives Verstärken<br />
vs. pauschalem Lob («Wenn ich nicht<br />
weiss, was ich sagen soll, dann sage ich<br />
nichts!»); Energieeinsatz vs. Effi zienz; usw.<br />
Qualität des Sprechens<br />
Am Nachmittag machte Michael Stecher die<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer darauf aufmerksam,<br />
welche Macht Sprachgewohnheiten<br />
haben können. Er unterscheidet drei Ebenen<br />
des Sprachgebrauchs:<br />
1. Der Weg zum effektiven Sprechen (wie werden<br />
Proben durch Sprechen ineffektiv?)<br />
2. Die Dramaturgie des Sprechens erhöhen<br />
(im Zusammenspiel mit der Körperdramaturgie)<br />
3. Mit bewusstem Sprechen Konfl ikte lösen<br />
(Vermeidung der Vergrösserung der Konfl<br />
ikte)<br />
Effektives Sprechen kommt dann zustande,<br />
wenn die <strong>Dirigentin</strong> <strong>oder</strong> der Dirigent seine<br />
Äusserungen nicht wiederholt. Ansonsten<br />
entstehen bei den Musikanten unerwünschte<br />
Gewohnheiten: Es wird ja sowieso wiederholt.<br />
Ausserdem ist es wichtig, keine Gespräche<br />
in der Bereitschaftsstellung zu führen.<br />
Sonst wird die gewünschte Symbolik, der<br />
Spielbeginn, falsch vermittelt.<br />
Die Dramaturgie des Sprechens kann beispielsweise<br />
durch die Anwendung der rhetorischen<br />
Mittel erreicht werden (Arbeit mit der<br />
Pause). Wichtig ist auch eine ständig neutrale<br />
Formulierung. Dazu gehören auch keine übertriebenen<br />
Höfl ichkeiten; die <strong>Dirigenten</strong>tätigkeit<br />
soll präzis und fordernd sein. Wichtig bei<br />
der Lösung von Konfl ikten ist die bewusste<br />
Unterscheidung zwischen Einzel- und Gruppenkonfl<br />
ikten. Ein Einzelkonfl ikt soll nicht vor<br />
dem Orchester, sondern unter vier Augen gelöst<br />
werden. Dazu gehört aber ein gewisses<br />
Mass an Toleranz und Einfühlvermögen. Das<br />
heisst, es ist ein aktives Zuhören verlangt und<br />
das Erkennen, wer denn nun eigentlich das<br />
Problem hat. Wichtig in solchen Situationen ist<br />
die Anwendung von Ich-Botschaften anstelle<br />
von Du-Botschaften.<br />
Zum Abschluss des Workshops bildeten<br />
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Adhoc-Orchester,<br />
welches von Teilnehmern des<br />
zurzeit laufenden <strong>Dirigenten</strong>kurses Mittelstufe<br />
dirigiert wurde. Tipps und Tricks konnten<br />
so direkt und mit Hilfe Michael Stechers in<br />
die Praxis umgesetzt werden. ■