dashackersyndrom100

WDR 3 open: pop drei, 15.04.2013
Das Hacker-Syndrom
vorbereitet waren. So überhaupt nicht. Das es diese intensiven
Verbindungen gibt zu diesen Menschen. Ich mach keine
Unterscheidung zwischen Online- und Offline kennen. Das ist Unfug.
Das ist ähm... Viele Leute machen das noch, wenn sie irgendwas
von reallife erzählen. Das ist genauso echt. Das ist nicht falsch oder
virtuell. Es sind echte Menschen am anderen Ende der Leitung. Und
das ist ganz wichtig. Ich hab die Menschen gekannt. Punkt. Ich hab
sie halt nur nie getroffen.
Sprecherin Stephan hat seitdem kein Zeitgefühl mehr. Manchmal schlägt er sein
Leben im eigenen Blog nach.
Stephan Du mußt dir vorstellen, ich hab irgendwie nur noch vor dem Rechner
gesessen. Nur noch funktioniert und durch die Heldenverehrung, die
uns dar gebracht worden ist, die ich auch schonmal geschildert habe,
kommst Du in den Druck rein, immer mehr zu leisten. Was nicht
funktioniert. Nicht ohne Beeinträchtigung. Dazu halt immer mehr
schlimme Bilder sehen. Wie Menschen sterben, wie sie gefoltert
werden. Bilder von Lazaretten in Kanalisationen. Toten Menschen,
toten Kindern, Raketeneinschlägen. Weggesniperten Leuten auf der
Straße. Und Du hast keine Zeit es zu verarbeiten. Dann sterben
Freunde von Dir, um die Du nicht trauern kannst, weil Du keine Zeit
dafür hast.
Das sieht so aus, dass Du Dein eigenes Leben aufgegeben hast und
nur noch ein fremdes Leben, nämlich das der Maschine, die diese
Dinge tut, lebst. Eigene Bedürfnisse nicht mehr erfüllst. So gar nicht
mehr. Mit niemandem drüber redest. Weil Du bist ja der Held und der
Held hat keine Probleme. Und das alles hat halt in dieser Feedback
Schleife zu einer ganz krassen Depression geführt.
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2012
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