21 02 2011_Fixierung und andere freiheitseinschraenkende ...
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ZOLLERNALB KLINIKUM gGmbH<br />
Krankenhaus Albstadt<br />
Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Tübingen<br />
Materialienmappe<br />
zu<br />
Haftungsfragen bei<br />
Freiheitsentziehenden Maßnahmen,<br />
<strong>Fixierung</strong>en & Sedierungen<br />
zusammengestellt von<br />
Ute Coulmann<br />
Rechtsanwältin & Dozentin<br />
Samuel-Friedrich-Sauter-Straße 7<br />
75038 Oberderdingen-Flehingen<br />
Tel. 07258 930864<br />
Fax.: 07258 930865<br />
Ute_Coulmann@yahoo.de<br />
Veranstaltung der<br />
Innerbetrieblichen Fortbildung (IBF) Zollernalb-Klinikum gGmbH:<br />
“<strong>Fixierung</strong> <strong>und</strong> <strong>andere</strong> freiheitseinschränkende Maßnahmen“<br />
KH Albstadt, <strong>21</strong>.<strong>02</strong>.<strong>2011</strong><br />
Die Zusammenstellung dieser Mappe unterliegt dem Schutz des Urheberrechts. Sie darf nur im Zusammenhang mit einer<br />
vorher autorisierten Veranstaltung ganz oder teilweise vervielfältigt werden.<br />
Die ausdrücklich als Muster gekennzeichneten Texte dürfen in Krankenhäusern, Kliniken oder <strong>andere</strong>n Einrichtungen mit<br />
gemeinnütziger Trägerschaft verwendet werden, sofern der Copyrightvermerk nicht entfernt wird <strong>und</strong> die Nutzung<br />
unentgeltlich bleibt.
Materialien zum Rechtsverständnis: Wichtige Gesetzestexte<br />
Aus dem Gr<strong>und</strong>gesetz:<br />
Artikel 104 [Rechtsgarantien bei Freiheitsentziehung]<br />
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Gr<strong>und</strong> eines förmlichen Gesetzes <strong>und</strong> nur unter Beachtung<br />
der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch<br />
noch körperlich mißhandelt werden.<br />
(2) Über die Zulässigkeit <strong>und</strong> Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden.<br />
Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine<br />
richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit<br />
niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das<br />
Nähere ist gesetzlich zu regeln.<br />
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am<br />
Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen,<br />
ihn zu vernehmen <strong>und</strong> ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich<br />
entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung<br />
anzuordnen.<br />
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer<br />
Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines<br />
Vertrauens zu benachrichtigen.<br />
aus dem Strafgesetzbuch:<br />
§ 15 Vorsätzliches <strong>und</strong> fahrlässiges Handeln.<br />
Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit<br />
Strafe bedroht.<br />
§ 25 Täterschaft <strong>und</strong> Teilnahme<br />
(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen <strong>andere</strong>n begeht.<br />
(2) Begehen mehrere die Tat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).<br />
§ 26 Anstiftung<br />
Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen <strong>andere</strong>n zu dessen vorsätzliche<br />
begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.<br />
§ 27 Beihilfe<br />
(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem <strong>andere</strong>n zu dessen vorsätzlich begangener<br />
rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.<br />
(2) Die Straf für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs.<br />
1 zu mildern.<br />
§ 29 Selbständige Strafbarkeit des Beteiligten<br />
Jeder Beteiligte wird ohne Rücksicht auf die Schuld des <strong>andere</strong>n nach seiner Schuld bestraft.<br />
© der Zusammenstellung Ute Coulmann<br />
Stand: August 2010<br />
2
3<br />
§ 32 StGB Notwehr<br />
(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.<br />
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff<br />
von sich oder einem <strong>andere</strong>n abzuwenden.<br />
§ 34 StGB Rechtfertigender Notstand<br />
Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre,<br />
Eigentum oder ein <strong>andere</strong>s Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem <strong>andere</strong>n<br />
abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen,<br />
namentlich der betroffenen Rechtsgüter <strong>und</strong> des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte<br />
Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein<br />
angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.<br />
§ 228 StGB Einwilligung<br />
Wer eine Körperverletzung mit Einwilligung der verletzten Person vornimmt, handelt nur dann<br />
rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.<br />
§ 239 StGB Freiheitsberaubung<br />
(1) Wer einen Menschen einsperrt oder auf <strong>andere</strong> Weise der Freiheit beraubt, wird mit Freiheitsstrafe<br />
bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.<br />
(2) Der Versuch ist strafbar.<br />
(3) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter<br />
1. das Opfer länger als eine Woche der Freiheit beraubt oder<br />
2. durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung eine schwere Ges<strong>und</strong>heitsschädigung<br />
des Opfers verursacht.<br />
(4) Verursacht der Täter durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung den Tod des<br />
Opfers, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.<br />
(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 3 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf<br />
Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 4 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn<br />
Jahren zu erkennen.<br />
aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch:<br />
§ 1357 BGB Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs<br />
(1) Jeder Ehegatte ist berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie<br />
mit Wirkung auch für den <strong>andere</strong>n Ehegatten zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden beide<br />
Ehegatten berechtigt <strong>und</strong> verpflichtet, es sei denn, daß sich aus den Umständen etwas <strong>andere</strong>s ergibt.<br />
(2) Ein Ehegatte kann die Berechtigung des <strong>andere</strong>n Ehegatten, Geschäfte mit Wirkung für ihn zu<br />
besorgen, beschränken oder ausschließen; besteht für die Beschränkung oder Ausschließung kein<br />
ausreichender Gr<strong>und</strong>, so hat das Vorm<strong>und</strong>schaftsgericht sie auf Antrag aufzuheben. Dritten gegenüber<br />
wirkt die Beschränkung oder Ausschließung nur nach Maßgabe des § 1412.<br />
(3) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben.<br />
§ 1631b Mit Freiheitsentziehung verb<strong>und</strong>ene Unterbringung<br />
Eine Unterbringung des Kindes, die mit Freiheitsentziehung verb<strong>und</strong>en ist, ist nur mit Genehmigung<br />
des Familiengerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit<br />
dem Aufschub Gefahr verb<strong>und</strong>en ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. Das Gericht hat<br />
die Genehmigung zurückzunehmen, wenn das Wohl des Kindes die Unterbringung nicht mehr<br />
erfordert.<br />
© der Zusammenstellung Ute Coulmann<br />
Stand: August 2010
§ 1901 BGB Pflichten des Betreuers<br />
(1) Die Betreuung umfaßt alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des<br />
Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen.<br />
(2) Der Betreuer hat die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl<br />
entspricht. Zum Wohl des Betreuten gehört auch die Möglichkeit, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein<br />
Leben nach seinen eigenen Wünschen <strong>und</strong> Vorstellungen zu gestalten.<br />
(3) Der Betreuer hat Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht<br />
zuwiderläuft <strong>und</strong> dem Betreuer zuzumuten ist. Dies gilt auch für Wünsche, die der Betreute vor der<br />
Bestellung des Betreuers geäußert hat, es sei denn, daß er an diesen Wünschen erkennbar nicht<br />
festhalten will. Ehe der Betreuer wichtige Angelegenheiten erledigt, bespricht er sie mit dem<br />
Betreuten, sofern dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft.<br />
(4) Innerhalb seines Aufgabenkreises hat der Betreuer dazu beizutragen, daß Möglichkeiten genutzt<br />
werden, die Krankheit oder Behinderung des Betreuten zu beseitigen, zu bessern, ihre<br />
Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern.<br />
Wird die Betreuung berufsmäßig geführt, hat der Betreuer in geeigneten Fällen zu Beginn der<br />
Betreuung einen Betreuungsplan zu erstellen. In dem Betreuungsplan sind die Ziele der Betreuung <strong>und</strong><br />
die zu ihrer Erreichung zu ergreifenden Maßnahmen darzustellen.<br />
§ 1901c BGB Schriftliche Betreuungswünsche, Vorsorgevollmacht<br />
Wer ein Schriftstück besitzt, in dem jemand für den Fall seiner Betreuung Vorschläge zur Auswahl<br />
des Betreuers oder Wünsche zur Wahrnehmung der Betreuung geäußert hat, hat es unverzüglich an<br />
das Betreuungsgericht abzuliefern, nachdem er von der Einleitung eines Verfahrens über die<br />
Bestellung eines Betreuers Kenntnis erlangt hat. Ebenso hat der Besitzer das Betreuungsgericht über<br />
Schriftstücke, in denen der Betroffene eine <strong>andere</strong> Person mit der Wahrnehmung seiner<br />
Angelegenheiten bevollmächtigt hat, zu unterrichten. Das Betreuungsgericht kann die Vorlage einer<br />
Abschrift verlangen.<br />
§ 1904 BGB Genehmigung des Betreuungsgerichts bei ärztlichen Maßnahmen<br />
(1) Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Ges<strong>und</strong>heitszustands, eine<br />
Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn<br />
die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Gr<strong>und</strong> der Maßnahme stirbt oder einen schweren<br />
<strong>und</strong> länger dauernden ges<strong>und</strong>heitlichen Schaden erleidet. Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme<br />
nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verb<strong>und</strong>en ist.<br />
(2) Die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des<br />
Ges<strong>und</strong>heitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des<br />
Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist <strong>und</strong> die begründete Gefahr<br />
besteht, dass der Betreute auf Gr<strong>und</strong> des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt oder<br />
einen schweren <strong>und</strong> länger dauernden ges<strong>und</strong>heitlichen Schaden erleidet.<br />
(3) Die Genehmigung nach den Absätzen 1 <strong>und</strong> 2 ist zu erteilen, wenn die Einwilligung, die<br />
Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betreuten entspricht.<br />
(4) Eine Genehmigung nach den Absätzen 1 <strong>und</strong> 2 ist nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer <strong>und</strong><br />
behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der<br />
Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901a festgestellten Willen des Betreuten entspricht.<br />
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für einen Bevollmächtigten. Er kann in eine der in Absatz 1 Satz 1<br />
oder Absatz 2 genannten Maßnahmen nur einwilligen, nicht einwilligen oder die Einwilligung<br />
widerrufen, wenn die Vollmacht diese Maßnahmen ausdrücklich umfasst <strong>und</strong> schriftlich erteilt ist.<br />
© der Zusammenstellung Ute Coulmann<br />
Stand: August 2010<br />
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5<br />
§ 1906 BGB Genehmigung des Betreuungsgerichts bei der Unterbringung<br />
(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verb<strong>und</strong>en ist,<br />
ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil<br />
1. auf Gr<strong>und</strong> einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des<br />
Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Schaden zufügt, oder<br />
2. eine Untersuchung des Ges<strong>und</strong>heitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher<br />
Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann<br />
<strong>und</strong> der Betreute auf Gr<strong>und</strong> einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen<br />
Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser<br />
Einsicht handeln kann.<br />
(2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ohne die<br />
Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verb<strong>und</strong>en ist; die<br />
Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen.<br />
(3) Der Betreuer hat die Unterbringung zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat die<br />
Beendigung der Unterbringung dem Betreuungsgericht anzuzeigen.<br />
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem<br />
Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische<br />
Vorrichtungen, Medikamente oder auf <strong>andere</strong> Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig<br />
die Freiheit entzogen werden soll.<br />
(5) Die Unterbringung durch einen Bevollmächtigten <strong>und</strong> die Einwilligung eines Bevollmächtigten in<br />
Maßnahmen nach Absatz 4 setzt voraus, dass die Vollmacht schriftlich erteilt ist <strong>und</strong> die in den<br />
Absätzen 1 <strong>und</strong> 4 genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 4<br />
entsprechend.<br />
§ 1908i BGB [Anwendbarkeit <strong>andere</strong>r Vorschriften]<br />
(1) Im übrigen sind auf die Betreuung § 1632 Abs. 1 bis 3, §§ 1784, 1787 Abs. 1, § 1791a Abs. 3 Satz<br />
1 zweiter Halbsatz <strong>und</strong> Satz 2, §§ 1792, 1795 bis 1797 Abs. 1 Satz 2, §§ 1798, 1799, 18<strong>02</strong> Abs. 1 Satz<br />
1, Abs. 2 <strong>und</strong> 3, §§ 1803, 1805 bis 18<strong>21</strong>, 1822 Nr. 1 bis 4, 6 bis 13, §§ 1823 bis 1825, 1828 bis 1831,<br />
1833 bis 1836e, 1837 Abs. 1 bis 3, §§ 1839 bis 1841, 1843, 1845, 1846, 1857a, 1888, 1890, 1892 bis<br />
1894 sinngemäß anzuwenden.(...)<br />
(redaktionelle Unterstreichungen, im Gesetzestext normal gesetzt)<br />
§ 1846 BGB [Einstweilige Maßregeln]<br />
Ist ein Vorm<strong>und</strong> noch nicht bestellt oder ist der Vorm<strong>und</strong> an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert,<br />
so hat das Vorm<strong>und</strong>schaftsgericht die im Interesse des Betroffenen erforderlichen Maßregeln zu<br />
treffen.<br />
§ 1837 BGB [Aufsicht des Vorm<strong>und</strong>schaftsgerichts]<br />
(1) Das Vorm<strong>und</strong>schaftsgericht berät die Vormünder. Es wirkt dabei mit, sie in ihre Aufgaben<br />
einzuführen.<br />
(2) Das Vorm<strong>und</strong>schaftsgericht hat über die gesamte Tätigkeit des Vorm<strong>und</strong>es <strong>und</strong> des<br />
Gegenvorm<strong>und</strong>es die Aufsicht zu führen <strong>und</strong> gegen Pflichtwidrigkeiten durch geeignete Gebote <strong>und</strong><br />
Verbote einzuschreiten. Es kann dem Vorm<strong>und</strong> <strong>und</strong> dem Gegenvorm<strong>und</strong> aufgeben, eine Versicherung<br />
gegen Schäden, die sie dem Mündel zufügen können, einzugehen.<br />
(3) Das Vorm<strong>und</strong>schaftsgericht kann den Vorm<strong>und</strong> <strong>und</strong> den Gegenvorm<strong>und</strong> zur Befolgung seiner<br />
Anordnungen durch Festsetzung von Zwangsgeld anhalten. Gegen das Jugendamt oder eine Verein<br />
wird kein Zwangsgeld festgesetzt.<br />
© der Zusammenstellung Ute Coulmann<br />
Stand: August 2010
B<strong>und</strong>esgerichtshof zur Pflicht des Trägers eines Pflegewohnheims, die<br />
körperliche Unversehrtheit der Heimbewohner zu schützen / Urteil des III.<br />
Zivilsenats vom 28.4.2005 - III ZR 399/04 -<br />
Nr. 68/2005<br />
Der III. Zivilsenat des B<strong>und</strong>esgerichtshofs hat folgenden Fall entschieden:<br />
Die klagende Allgemeine Ortskrankenkasse Berlin machte gegen die beklagte<br />
Trägerin eines Altenpflegewohnheims einen kraft Gesetzes (§ 116 SGB X)<br />
übergegangenen Schadensersatzanspruch einer bei einem Unfall verletzten<br />
Heimbewohnerin geltend. Die Klägerin ist gesetzlicher Krankenversicherer einer im<br />
Jahre 1912 geborenen Rentnerin, die seit 1997 in einem von der Beklagten<br />
betriebenen Pflegewohnheim lebt. In den Jahren 1994 bis 1998 hatte die Versicherte<br />
sich bei drei Stürzen jeweils erhebliche Verletzungen zugezogen. Ausweislich des<br />
von der Klägerin vorgelegten Pflegegutachtens ist sie hochgradig sehbehindert,<br />
zeitweise desorientiert <strong>und</strong> verwirrt; ihr Gang ist sehr unsicher. Sie ist der Pflegestufe<br />
III zugeordnet. Am 27. Juni 2001 wurde sie in der Zeit der Mittagsruhe in ihrem<br />
Zimmer vor ihrem Bett liegend aufgef<strong>und</strong>en. Sie hatte sich eine<br />
Oberschenkelhalsfraktur zugezogen, derentwegen sie stationär <strong>und</strong> anschließend<br />
ambulant behandelt werden mußte.<br />
Die Klägerin war der Auffassung, daß der Unfall auf eine Pflichtverletzung der<br />
Beklagten zurückzuführen ist. Sie lastete der Beklagten insbesondere an, diese habe<br />
es versäumt, die sturzgefährdete Bewohnerin in ihrem Bett zu fixieren, zumindest die<br />
Bettgitter hochzufahren. Außerdem hätte die Beklagte der Bewohnerin<br />
Hüftschutzhosen (Protektorhosen) anlegen müssen, durch die die Gefahr eines<br />
Knochenbruchs bei einem Sturz gemindert worden wäre.<br />
Das Landgericht hat der auf Ersatz der von der Klägerin getragenen<br />
Heilbehandlungskosten gerichteten Klage im wesentlichen stattgegeben; das<br />
Kammergericht in Berlin hat sie abgewiesen <strong>und</strong> die Revision zur Klärung der Frage<br />
zugelassen, unter welchen Voraussetzungen ein Pflegeheim für Verletzungen<br />
einzustehen hat, die sich ein Heimbewohner während des Heimaufenthaltes zuzieht.<br />
Der III. Zivilsenat hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.<br />
Zwar erwuchsen der beklagten Heimträgerin aus den jeweiligen Heimverträgen<br />
Obhutspflichten zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der ihr anvertrauten<br />
Heimbewohner. Ebenso bestand eine inhaltsgleiche allgemeine<br />
Verkehrssicherungspflicht zum Schutz der Bewohner vor Schädigungen, die diesen<br />
wegen Krankheit oder einer sonstigen körperlichen oder geistigen Einschränkung<br />
durch sie selbst oder durch die Einrichtung <strong>und</strong> bauliche Gestaltung des Altenheims<br />
drohten. Diese Pflichten sind allerdings begrenzt auf die in Pflegeheimen üblichen<br />
Maßnahmen, die mit einem vernünftigen finanziellen <strong>und</strong> personellen Aufwand<br />
realisierbar sind. Maßstab müssen das Erforderliche <strong>und</strong> das für die Heimbewohner<br />
<strong>und</strong> das Pflegepersonal Zumutbare sein, wobei insbesondere auch die Würde <strong>und</strong> die<br />
Selbständigkeit der Bewohner zu wahren sind.<br />
© der Zusammenstellung Ute Coulmann<br />
Stand: August 2010<br />
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Im vorliegenden Fall war der Unfallhergang im einzelnen nicht mehr aufklärbar. Das<br />
Berufungsgericht hatte es mit Recht abgelehnt, der Klägerin Beweiserleichterungen<br />
im Sinne einer Beweislastumkehr zugute kommen zu lassen. Allein aus dem<br />
Umstand, daß die Heimbewohnerin im Bereich des Pflegeheims der Beklagten<br />
gestürzt war <strong>und</strong> sich dabei verletzt hatte, konnte nicht auf eine schuldhafte<br />
Pflichtverletzung des Pflegepersonals der Beklagten geschlossen werden.<br />
Darlegungs- <strong>und</strong> beweispflichtig war vielmehr insoweit die Klägerin als<br />
Anspruchstellerin. Nach den Besonderheiten des Falles bestand für das<br />
Pflegepersonal insbesondere kein hinreichender Anlaß, die Bewohnerin im Bett zu<br />
fixieren, mindestens aber die Bettgitter hochzufahren. In rechtsfehlerfreier<br />
tatrichterlicher Würdigung hatte das Berufungsgericht eine schuldhafte<br />
Pflichtverletzung auch nicht darin erblickt, daß die Mitarbeiter der Beklagten es<br />
unterlassen hatten, der Bewohnerin Hüftschutzhosen (Protektorhosen) anzulegen,<br />
durch die die Gefahr eines Knochenbruchs bei einem Sturz gemindert worden wäre.<br />
Die Klägerin hatte weder konkret vorgetragen, noch unter Beweis gestellt, mit<br />
welchem Grad an Wahrscheinlichkeit Verletzungen, wie sie die Bewohnerin erlitten<br />
hatte, durch das Tragen dieser Schutzvorrichtung zu verhindern gewesen wären.<br />
Urteil vom 28. April 2005 - III ZR 399/04<br />
LG Berlin - 28 O 336/<strong>02</strong> ./. KG Berlin - 12 U 107/03<br />
Karlsruhe, den 28. April 2005<br />
Urteil vom 14. Juli 2005 – III ZR 391/04 -<br />
LG Dresden – 14 O 3013/03 ./. OLG Dresden 7 U 753/04<br />
Karlsruhe, den 14. Juli 2005<br />
Nr. 106/2005<br />
B<strong>und</strong>esgerichtshof zur Pflicht des Trägers eines Pflegeheims, die körperliche<br />
Unversehrtheit der Heimbewohner zu schützen<br />
Der III. Zivilsenat des B<strong>und</strong>esgerichtshofs hat folgenden Fall entschieden:<br />
Die klagende Allgemeine Ortskrankenkasse Sachsen machte gegen den beklagten<br />
Träger eines Pflegeheims einen kraft Gesetzes (§ 116 SGB X) übergegangenen<br />
Schadensersatzanspruch einer bei einem Unfall schwer verletzten Heimbewohnerin<br />
geltend. Die im Jahr 1915 geborene Geschädigte lebte seit März 1997 im Heim des<br />
Beklagten. Sie erhielt Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nach der<br />
Pflegestufe II. Im Januar <strong>und</strong> Februar 2000 wurde sie vom Nachtdienst des Heimes<br />
dreimal nach einem Sturz in ihrem Zimmer aufgef<strong>und</strong>en. Diese Stürze blieben ohne<br />
erkennbare Folgen. Das Angebot des Pflegepersonals, während der Nachtzeit das<br />
Bettgitter hochzuziehen, lehnte sie ab. Sie machte zwar häufig von der Möglichkeit<br />
Gebrauch, die in ihrem Zimmer befindliche Klingel zu betätigen, um Hilfe zu erhalten.<br />
Sie war aber bemüht, bestimmte Dinge – wie etwa den Toilettengang – selbständig zu<br />
erledigen. Um die Gefährdung infolge nächtlichen Aufstehens zu kompensieren,<br />
stellte das Pflegepersonal einen Toilettenstuhl an das Bett der Bewohnerin <strong>und</strong> ließ<br />
das Licht im Bad an. Am 9. März 2000 erlitt die Bewohnerin bei einem Sturz gegen<br />
22.30 Uhr unter <strong>andere</strong>m Frakturen des Halswirbelkörpers C1/C2 mit Lähmung aller<br />
vier Extremitäten. Sie befand sich bis zu ihrem Tod am 7. Juni 2000 in<br />
© der Zusammenstellung Ute Coulmann<br />
Stand: August 2010<br />
7
8<br />
Krankenhausbehandlung. Die Klägerin war der Auffassung, das Personal des<br />
Beklagten hätte den Sturz vermeiden müssen. Als mögliche Maßnahmen der<br />
Sturzprophylaxe seien neben einer Überwachung eine Sensormatratze, ein<br />
Lichtschrankensystem, Verstellungen des Bettes, Veränderungen des Bodenbelags<br />
oder Hüftschutzhosen in Betracht gekommen. Notfalls hätte das Pflegepersonal auch<br />
Entscheidungen gegen den Willen der Geschädigten treffen müssen. Der Beklagte<br />
hat sich im wesentlichen damit verteidigt, die Geschädigte habe das angebotene<br />
Hochziehen von Bettgittern abgelehnt; der von der im Jahr 2000 eingetretenen<br />
Situation unterrichtete Arzt habe die Medikation geändert <strong>und</strong> weitere Maßnahmen<br />
nicht für erforderlich gehalten.<br />
Das Landgericht hat die auf Zahlung von r<strong>und</strong> 86.000 € gerichtete Klage abgewiesen,<br />
das Berufungsgericht hat sie dem Gr<strong>und</strong>e nach für gerechtfertigt erklärt. Der III.<br />
Zivilsenat des B<strong>und</strong>esgerichtshofs hat bereits mit Urteil vom 28. April 2005 (III ZR<br />
399/04; vgl. Mitteilung der Pressestelle Nr. 68/2005) entschieden, den Träger eines<br />
Pflegeheims treffe - begrenzt auf die in Pflegeheimen üblichen Maßnahmen, die mit<br />
einem vernünftigen finanziellen <strong>und</strong> personellen Aufwand realisierbar seien – eine<br />
Obhutspflicht zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der ihm anvertrauten<br />
Heimbewohner, deren Würde <strong>und</strong> Selbständigkeit zu wahren seien. Im vorliegenden<br />
Fall hat der III. Zivilsenat das Berufungsurteil aufgehoben <strong>und</strong> die Sache zur neuen<br />
Verhandlung <strong>und</strong> Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Er hat in<br />
den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts keine hinreichende Gr<strong>und</strong>lage<br />
für den Vorwurf gegen den Träger des Heims gesehen, mit der Bewohnerin sei die<br />
Sturzgefährdung nicht intensiv genug besprochen <strong>und</strong> nicht eindringlich – unter<br />
Einschaltung eines Arztes, der Heimleitung, des Neffen oder <strong>andere</strong>r<br />
Vertrauenspersonen – darauf hingewirkt worden, das Einverständnis zum Hochziehen<br />
von Bettgittern in der Nachtzeit zu erteilen, <strong>und</strong> das Vorm<strong>und</strong>schaftsgericht habe bei<br />
einem Scheitern dieser Bemühungen von der Situation unterrichtet werden müssen.<br />
Das Berufungsgericht muß daher im weiteren Verfahren prüfen, ob der beklagte<br />
Heimträger Pflichten verletzt hat, die sich aus dem allgemein anerkannten Stand<br />
medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse ergeben.<br />
Urteil vom 14. Juli 2005 – III ZR 391/04 -<br />
LG Dresden – 14 O 3013/03 ./. OLG Dresden 7 U 753/04<br />
Karlsruhe, den 14. Juli 2005<br />
Quelle: http://www.b<strong>und</strong>esgerichtshof.de/<br />
© der Zusammenstellung Ute Coulmann<br />
Stand: August 2010
Strafrecht Gr<strong>und</strong>lagen:<br />
1. Tatbestand: Entspricht das Geschehen einer Beschreibung im Gesetz?<br />
Beispiel:<br />
ja nein<br />
weiter mit 2. = Geschehen ist keine Straftat<br />
2. Rechtfertigungsgr<strong>und</strong><br />
Gibt es einen Umstand, der der Beschreibung eines Rechtfertigungsgr<strong>und</strong>es entspricht?<br />
Bespiel:<br />
nein ja<br />
weiter mit 3. = das Geschehen ist kein Unrecht<br />
3. Entschuldigungsgr<strong>und</strong><br />
Gibt es Umstände, die es nicht zulassen, die Tat dem Täter persönlich vorzuwerfen?<br />
Beispiel:<br />
nein ja<br />
weiter mit 4. = keine Schuld<br />
4. Strafausschließungsgründe<br />
Gibt es Umstände, die eine Strafbarkeit ausschließen?<br />
z. B. Verjährung, bei manchen Delikten: fehlender Strafantrag<br />
nein ja<br />
weiter mit 5 = keine Strafe<br />
5. Strafverfolgungshindernisse<br />
Gibt es Umstände, die einer Vollstreckung eines Urteils berechtigterweise im Wege<br />
stehen?<br />
z. B.<br />
nein ja<br />
weiter mit 6. = Strafe wird nicht vollstreckt<br />
6. Strafe<br />
Hauptstrafen: Freiheitsentziehung oder Geldstrafe<br />
Nebenstrafen (bei bestimmten Delikten oder Täterguppen möglich):<br />
Berufsverbot, Führerscheinentzug, Sicherungsverwahrung u.a.<br />
Bei geringeren Delikten <strong>und</strong> erstmaliger Auffälligkeit kann eine Strafe zur Bewährung<br />
ausgesetzt werden.<br />
© der Zusammenstellung Ute Coulmann<br />
Stand: August 2010<br />
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