Umwelt- und Nachhaltigkeitsbericht der Stadt Walldorf
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„Die „armen Untertanen“<br />
haben ein Recht auf sattsam<br />
Nahrung <strong>und</strong> Unterhalt.<br />
Aber dasselbe Recht<br />
steht „<strong>der</strong> lieben Posterität“<br />
(den Nachkommen)<br />
zu.“<br />
Hans Carl von Carlowitz<br />
for<strong>der</strong>te vor 300 Jahren:<br />
8<br />
Nachdenkliches<br />
Gegen den Raubbau am Wald setzt Carlowitz die eiserne Regel: „Daß man mit dem Holtz<br />
pfleglich umgehe.“ Der Mensch müsse in dem „grossen Welt-Buche <strong>der</strong> Natur studiren“. Er<br />
müsse erforschen, wie „die Natur spielet“, <strong>und</strong> dann „mit ihr agiren“ <strong>und</strong> nicht wi<strong>der</strong> sie.<br />
Der Begriff „pfleglich“ ist laut Carlowitz ein „uralter Holtz-Terminus“, <strong>der</strong> „in hiesigen Landen<br />
gebräuchlich“ sei. Holz sei so wichtig wie das tägliche Brot. Man müsse es „mit Behutsamkeit“<br />
nutzen, so dass „eine Gleichheit zwischen An- <strong>und</strong> Zuwachs <strong>und</strong> dem Abtrieb des Holtzes erfolget“<br />
<strong>und</strong> die Nutzung „immerwährend“, „continuirlich“ <strong>und</strong> „perpetuirlich“ stattfinden könne.<br />
„Daßwegen sollten wir unsere oeconomie also <strong>und</strong> dahin einrichten, daß wir keinen Mangel<br />
daran leiden, <strong>und</strong> wo es abgetrieben ist, dahin trachten, wie an dessen Stelle junges wie<strong>der</strong><br />
wachsen möge.“ O<strong>der</strong> in einem volkstümlichen Vergleich: „Man soll keine alten Klei<strong>der</strong> wegwerffen,<br />
bis man neue hat.“<br />
In seinem Buch plädiert Carlowitz für ein ganzes Bündel von Maßnahmen: Eine (mo<strong>der</strong>n ausgedrückt)<br />
Effizienzrevolution, zum Beispiel durch die Verbesserung <strong>der</strong> Wärmedämmung beim<br />
Hausbau <strong>und</strong> die Verwendung von energiesparenden Schmelzöfen <strong>und</strong> Küchenherden, die<br />
planmäßige Aufforstung durch Säen <strong>und</strong> Pflanzen <strong>und</strong> nicht zuletzt die Suche nach „Surrogata“<br />
(Ersatzstoffen) für das Holz. Carlowitz empfiehlt die Nutzung von Torf. (Zwanzig Jahre später<br />
wird Johann Gottfried Borlach beim Aufbau des sächsischen Salinenwesens an Saale <strong>und</strong><br />
Unstrut zum ersten Mal Steinkohle für das Salzsieden verwenden <strong>und</strong> den Einstieg in das<br />
Zeitalter <strong>der</strong> fossilen Brennstoffe einleiten.) (Zitate aus: Ulrich Grober: Der Erfin<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Nachhaltigkeit in: DIE ZEIT Nr. 48/25.11.1999, S. 98)<br />
Soweit es die Waldwirtschaft betrifft, hat sich das Konzept des Herrn von Carlowitz in<br />
Deutschland bekanntlich durchgesetzt. Weitergehende Gedanken, wie die Steigerung <strong>der</strong><br />
Energieeffizienz, kommen immer mehr zum Tragen. Wärmedämmung von Häusern wird bei<br />
steigenden Energiekosten mehr <strong>und</strong> mehr zu einem Muss für den kostenbewussten<br />
Hausbesitzer. Was die Ersatzstoffe für Brennholz betrifft, hatte Carlowitz ebenfalls Erfolg.<br />
Da er den Begriff <strong>der</strong> erneuerbaren Energien noch nicht kannte, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Treibhauseffekt erst<br />
durch die Industrialisierung, also nach seinem Tod, entstand, konnte er noch guten Gewissens<br />
die Verbrennung von Torf zu Heizungszwecken empfehlen. Torf hat als Alternative ausgedient,<br />
aber auch unsere mo<strong>der</strong>nen Ersatzstoffe Kohle, Öl <strong>und</strong> Gas für Heizung, Kernenergie für<br />
Strom, bieten keine Basis für eine nachhaltige Entwicklung <strong>und</strong> sei es nur deshalb, weil die<br />
Rohstoffe endlich sind.<br />
Senecas Plädoyer für ein bescheidenes Leben hat schon seine Zeitgenossen kaum erreicht, um<br />
wieviel weniger können wir uns in Zeiten des Massenkonsums davon angesprochen fühlen.<br />
Umso mehr bleibt die Suche nach nachhaltigen Lebens- <strong>und</strong> Wirtschaftsformen sozusagen ein<br />
„Dauerauftrag“. An<strong>der</strong>s als von Carlowitz gedacht, bekommen seine Gedanken heute eine<br />
neue Gültigkeit: Der Mensch muss in dem „grossen Welt-Buche <strong>der</strong> Natur studiren“. Er muss<br />
erforschen, wie „die Natur spielet“, <strong>und</strong> dann „mit ihr agiren“ <strong>und</strong> nicht wi<strong>der</strong> sie. Die „armen<br />
Untertanen“ haben ein Recht auf „sattsam Nahrung <strong>und</strong> Unterhalt“. Aber dasselbe Recht steht<br />
„<strong>der</strong> lieben Posterität“ (den Nachkommen) zu.<br />
“ Energieeffizienz,<br />
Wärmedämmung <strong>und</strong><br />
Ersatzenergien<br />
”