1. Nachdenkliches <strong>und</strong> Zukunftsfähiges
Nachdenkliches Seneca, römischer Philosoph (4 v. Chr. – 65 n. Chr.) „Wie wenig braucht doch <strong>der</strong> Mensch wirklich notwendig zu seinem Unterhalt! Und das kann einem einigermaßen tugendhaften Menschen doch nicht fehlen! ... Der Körper braucht ja nur wenig. Er möchte nicht frieren, möchte durch Nahrungsmittel Hunger <strong>und</strong> Durst stillen können, alle sonstigen Bedürfnisse dienen nur den Lastern, nicht den Bedürfnissen. Muss man denn das ganze Weltmeer durchwühlen, Tiere schlachten, nur um sich den Magen vollzuschlagen, Austern von unbekannten Gestaden entlegenster Meere herbeiholen! ... Wie bedauernswert sind doch alle, <strong>der</strong>en Gaumen nur noch auf die erlesensten Gerichte anspricht; erlesen aber nicht durch vorzüglichen Wohlgeschmack o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Gaumenkitzel, son<strong>der</strong>n weil sie selten <strong>und</strong> schwer zu beschaffen sind. Da es aber im übrigen jedem freisteht, zur Vernunft zurückzukehren, warum dann so viel Aufwand im Dienste des Magens, so viel Handelsgeschäfte, solcher Raubbau an den Wäl<strong>der</strong>n, solches Durchsuchen <strong>der</strong> Meerestiefen? Überallhin hat die Natur Nahrungsmittel verteilt; doch daran gehen sie wie Blinde vorbei, durchstreifen lieber alle Regionen, überqueren die Meere <strong>und</strong> reizen ihren Hunger, den sie leicht stillen könnten ...“ (aus Seneca, Trostschrift an Helvia (seine Mutter)) Auch wenn uns mancher Gedanke Senecas im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert fremd vorkommen dürfte, ein Teil seiner Botschaft würde heute lauten: Iss Früchte <strong>der</strong> Saison aus <strong>der</strong> Region, <strong>und</strong> zwar für die Nachhaltigkeit, etwa <strong>der</strong> Meere, <strong>und</strong> für den Klimaschutz, wegen <strong>der</strong> Transportenergie. Hans Carl von Carlowitz (1645 – 1714) „Der Begriff <strong>der</strong> Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus <strong>der</strong> Forstwirtschaft <strong>und</strong> wurde erstmals um 1700 vom Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz in <strong>der</strong> Silberstadt Freiberg in Sachsen „erf<strong>und</strong>en“. Der neue Begriff <strong>der</strong> Nachhaltigkeit entstand nicht etwa, weil <strong>der</strong> Forstmann alleine Sorge um den sächsischen Wald hatte, son<strong>der</strong>n weil er den Wald als notwendige Gr<strong>und</strong>lage für das Überleben sah: Holz war ein Rohstoff, ohne den Bergbau nicht zu betreiben war. Immerhin fanden im sächsischen Montanrevier 10.000 Bergknappen Arbeit <strong>und</strong> Brot. Die rasche Ausdehnung des Silberbergbaus führte zu einem steigenden Bedarf an Holz <strong>und</strong> so zu einer Abnahme des Baumbestandes, solange nicht gleichzeitig für Nachwuchs gesorgt wurde. Das Phänomen war bereits aus früheren Zeiten bekannt (s. Seneca), in denen <strong>der</strong> Bau riesiger Schiffsflotten, <strong>der</strong> Silberbergbau o<strong>der</strong> auch die Verwüstungen in Kriegen zum Verlust großer Waldgebiete geführt hatte. Carlowitz kritisiert das auf kurzfristigen Gewinn, auf „Geld lösen“, ausgerichtete Denken seiner Zeit. Ein Kornfeld bringe jährlichen Nutzen, auf das Holz des Waldes dagegen müsse man Jahrzehnte warten. Trotzdem sei die fortschreitende Umwandlung von Waldflächen zu Äckern <strong>und</strong> Wiesen ein Irrweg. Die „armen Untertanen" hätten ein Recht auf „sattsam Nahrung <strong>und</strong> Unterhalt“. Aber dasselbe Recht stehe „<strong>der</strong> lieben Posterität“ (den Nachkommen) zu. In klaren Umrissen wird schon das Dreieck <strong>der</strong> Nachhaltigkeit sichtbar: Die Ökonomie hat <strong>der</strong> „Wohlfahrt“ des Gemeinwesens zu dienen. Sie ist zu einem schonenden Umgang mit <strong>der</strong> „gütigen Natur“ verpflichtet <strong>und</strong> an die Verantwortung für künftige Generationen geb<strong>und</strong>en. Der gemeine Mann würde die jungen Bäume nicht schonen, weil er spüre, dass er <strong>der</strong>en Holz nicht mehr selbst genießen könne. Er gehe verschwen<strong>der</strong>isch damit um, weil er meine, es werde nicht alle. Zwar könne man aus dem Verkauf von Holz in kurzer Zeit „ziemlich viel Geld heben“. Aber wenn die Wäl<strong>der</strong> erst einmal ruiniert seien, „so bleiben auch die Einkünfte daraus auf unendliche Jahre zurücke ... so daß unter dem scheinbaren Profit ein unersetzlicher Schade liegt“. „Warum solcher Raubbau an den Wäl<strong>der</strong>n, solches Durchsuchen <strong>der</strong> Meerestiefen?“ 7