2011 - Volkshochschule Bremerhaven
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VHS, Ella Kappenberg Saal, Lloydstraße 15, <strong>Bremerhaven</strong><br />
© www.peterrigaud.com © johanna weber<br />
© Jonas Maron<br />
Donnerstag, 10. Februar <strong>2011</strong>, 19:30 Uhr<br />
Peter Wawerzinek liest aus:<br />
Rabenliebe<br />
Verlag Galiani Berlin, 2010<br />
vorgestellt von Prof. Dr. Dr. h. c. Josef Stockemer<br />
„ ‚Die gerettete Zunge‘ singt“, schreibt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ anlässlich der Verleihung des Klagenfurter Ingeborg-<br />
Bachmann-Preises und des Publikumspreises an Peter Wawerzinek.<br />
Zehn Jahre war es still gewesen um den widerborstigen Bohéme-Dichter aus dem Prenzlauer Berg. Zurückgezogen an der Ostsee<br />
wagte er es, das Trauma seines Lebens literarisch zu bearbeiten. Seine Mutter hatte ihn und seine Schwester in den Fünfzigerjahren<br />
allein und unversorgt in der Wohnung zurückgelassen, als sie in den Westen floh. Von den Nachbarn gerettet, jedoch sofort voneinander<br />
getrennt, beginnt das Leben in verschiedenen DDR-Kinderheimen, begleitet von scheiternden Adoptionsversuchen. „Der<br />
Schrei nach der Mutter – eine Provokation und ein literarisches Ereignis“, so „Die Zeit“.<br />
Peter Wawerzinek wurde unter dem Namen Peter Runkel 1954 in Rostock geboren. Er wuchs in verschiedenen Heimen und bei<br />
verschiedenen Pflegefamilien auf. Seit 1988 freier Schriftsteller, Regisseur, Hörspielautor und Sänger. Veröffentlichungen: „Moppel<br />
Schappiks Tätowierungen“ (1991), „Das Kind das ich war“ (1994), „Das Desinteresse“ (2010), Berliner Kritikerpreis für Literatur<br />
(1991), Hörspielpreis der Berliner Akademie der Künste (1993), Bachmann-Preis und Publikumspreis 2010.<br />
Donnerstag, 17. Februar <strong>2011</strong>, 19:30 Uhr<br />
Casino der Sparkasse <strong>Bremerhaven</strong> (Etage 1.2),<br />
Bgm.-Smidt-Str. 24-30 – Eingang Mittelstraße, <strong>Bremerhaven</strong><br />
Kathrin Schmidt liest aus:<br />
Du stirbst nicht<br />
Kiepenheuer & Witsch, 2009<br />
vorgestellt von Dr. Heinz Weber<br />
Donnerstag, 24. Februar <strong>2011</strong>, 19:30 Uhr<br />
VHS, Ella Kappenberg Saal, Lloydstraße 15, <strong>Bremerhaven</strong><br />
Klaus Modick liest aus:<br />
Krumme Touren<br />
Eichborn Verlag, 2010<br />
vorgestellt von Gundula Ott-von Bonin<br />
Montag, 14. Februar <strong>2011</strong>, 19:30 Uhr<br />
VHS, Ella Kappenberg Saal, Lloydstraße 15, <strong>Bremerhaven</strong><br />
Joachim Gauck liest aus:<br />
Winter im Sommer, Frühling im Herbst<br />
Siedler Verlag, 2009<br />
vorgestellt von Dr. Hans Dieter Heimendahl<br />
Wer verstehen will, was für eine Gesellschaft die DDR war und wie man in der Diktatur den aufrechten Gang lernt, der muss die<br />
Lebenserinnerungen von Joachim Gauck lesen. „Winter im Sommer, Frühling im Herbst“ ragt auch durch seine sprachliche Kraft und<br />
den Reichtum an Erlebtem aus der Erinnerungsliteratur zur friedlichen Revolution heraus. Das Buch ist zeitgeschichtliches Dokument,<br />
ein Plädoyer für Aufarbeitung und Versöhnung und vor allem eine Hommage an die Freiheit und die Sehnsucht danach.<br />
Die Erfahrung mit der Willkür in der Diktatur prägt Joachim Gauck sehr früh. 1951 wird der Vater „abgeholt“. Dass er von einem<br />
sowjetischen Militärtribunal wegen angeblicher Spionage und „antisowjetischer Hetze“ zu zweimal 25 Jahren Haft verurteilt und<br />
ins südliche Sibirien deportiert wurde und dass er lebt, erfährt die Familie erst nach Stalins Tod 1953. 1955 darf der Vater zurückkehren.<br />
Gaucks Erinnerungen wurden 2010 mit dem „Geschwister-Scholl-Preis“ ausgezeichnet.<br />
Joachim Gauck, geboren 1940 in Rostock, studierte Theologie und war viele Jahre als evangelischer Pfarrer tätig. Schon in seiner<br />
Jugendzeit trat der spätere Mitbegründer des Neuen Forums in Opposition zum Sozialismus und zur Diktatur der DDR. Von 1990 bis<br />
2000 war er der erste Bundesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit. Seit 2003 ist er Vorsitzender des Vereins „Gegen<br />
Vergessen – Für Demokratie“. 2010 machte Joachim Gauck erneut Furore, dieses Mal als rot-grüner Kandidat für das Amt des<br />
Bundespräsidenten.<br />
„Du stirbst nicht“ ist die Geschichte von Helene Wesendahl, die nach einer Hirnblutung im Krankenhaus erwacht. Die Frau hat weder<br />
Orientierung noch Sprache und kämpft sich dennoch zurück ins Leben. Die Ohnmacht, die Helene als Patientin empfindet, und die<br />
Entmündigung, die sie erlebt, gehören ebenso zu den eindrucksvollen Szenen dieses Entwicklungsromans wie die prekäre Liebesgeschichte<br />
der Protagonistin mit ihrem Mann. Das Buch schildert eindringlich, wie die Erzählerin sich langsam ihre Sprache wieder<br />
aneignet und damit nicht zuletzt die ganze Welt. Je nach Bewusstseinszustand und Sprachfertigkeit Helenes variiert<br />
das Satztempo, woraus sich vom Verstummen über Stakkato bis zu rhythmischer Dynamik ein facettenreiches Klangbild des Romans<br />
ergibt. „Du stirbst nicht“ ist über weite Strecken Kathrin Schmidts eigene Geschichte – „ein großer Roman über Krankheit, Sprache<br />
und Identität,“ so die Zeitschrift „Literaturen“.<br />
Kathrin Schmidt, geboren 1958 in Gotha, arbeitete als Diplompsychologin, Redakteurin und Sozialwissenschaftlerin. Sie lebt in Berlin<br />
und erhielt zahlreiche Preise, darunter den Anna-Seghers-Preis (1988), den Leonce-und-Lena-Preis (1993), den Förderpreis des<br />
Heimito-von-Doderer-Preises (1998), den Deutschen Kritikerpreis (2001), den Droste-Preis der Stadt Meersburg (2003) und den<br />
Deutschen Buchpreis für „Du stirbst nicht“ (2009).<br />
Montag, 21. Februar <strong>2011</strong>, 19:30 Uhr<br />
VHS, Ella Kappenberg Saal, Lloydstraße 15, <strong>Bremerhaven</strong><br />
Patrick Hofmann liest aus:<br />
Die letzte Sau<br />
Schöffling & Co. Verlag, 2010<br />
vorgestellt von Linda Blöchl<br />
„Die letzte Sau“ soll im Jahr 1992 in einem dem Braunkohle-Abbau zum Opfer fallenden Dorf im Süden Leipzigs geschlachtet<br />
werden. Doch als bei der Familie Schlegel, den letzten Bewohnern des Dorfes, statt des Schlachters eine Schlachterin erscheint, wird<br />
die Familienfeier zur großen Selbstbeschau.<br />
Patrick Hofmann ist mit seinem Debüt ein Roman gelungen, der komisch und derb zugleich, dabei keinesfalls nostalgisch, eine ganz<br />
eigene Lebenswelt beschreibt. Eine Welt der Äcker hinterm Haus, der Geräusche des Tagebaus, der familiären Enge und der<br />
Gerüche in der Waschküche, in der die Innereien im Kessel kochen. Dabei bleibt es ein hoch aktueller, politischer Roman über drei<br />
Generationen in der Braunkohle in einer Region, die wie keine zweite deutsche im ausgehenden 20. Jahrhundert gleichzeitig von<br />
gesellschaftlichen, ideologischen, industriellen und landschaftlichen Umwälzungen geprägt wurde.<br />
Patrick Hofmann wurde 1971 in Borna geboren. Das Abitur absolviert er noch in der DDR, den Zivildienst schon in der BRD. Er<br />
studiert Philosophie, Germanistik und Geschichte in Berlin, Leipzig, Moskau und Straßburg und promoviert über Husserl. Nach<br />
siebenjährigem Aufenthalt in Athen veröffentlicht er 2008 „Drei Erzählungen“. Mit „Die letzte Sau“ legt er seinen Debütroman vor, für<br />
den er den Robert-Walser-Preis 2010 erhält.<br />
Klaus Modick ist von seinem Erzähltemperament eher episch veranlagt. So wundert es nicht, dass es von ihm eine Vielzahl von<br />
Romanen gibt, die Erzählungen aber die Ausnahme bilden. Nun hat der in Oldenburg lebende Schriftsteller einen neuen Band vorgelegt:<br />
20 Erzählungen aus 20 Jahren. Es sind sehr unterschiedliche Texte, zumeist humoristisch-satirisch. „Die Toten vom Watt“ ragt<br />
hervor, Text und Tonfall erinnern an Theodor Storm. In den weiteren Erzählungen variiert Klaus Modick das Thema der Erinnerung:<br />
an Kindheitsmuster, an erste Lieben, an prägende Musik, an unverhofftes Glück und frühes Leid. Die erste Fahrt an die Nordsee,<br />
Tanzstunden mit peinlichem Angstschweiß und die Begeisterung für die Musik dieser Jahre: für die Beatles, Bob Dylan und Neil<br />
Young. Modick, der früher selbst in einer Band Gitarre gespielt hat, bekennt in einem Interview: „Das Buch ist gewissermaßen der<br />
Soundtrack meines Lebens“.<br />
Klaus Modick, 1951 in Oldenburg geboren, 1980 Promotion in Literaturwissenschaft, seit 1984 freier Schriftsteller, zahlreiche Romane<br />
u. a. „Das Grau der Karolinen“ (1986), „Die Schrift vom Speicher“ (1991), „Der Flügel“ (1994), „September Song“ (2002), „Der kretische<br />
Gast“ (2003), „Bestseller“ (2006), „Die Schatten der Ideen“ (2008), wurde für sein umfangreiches Werk u. a. mit dem Bettinavon-Arnim-Preis<br />
und dem Nicolas-Born-Preis ausgezeichnet. Als literarischer Übersetzer hat Modick zahlreiche englische und amerikanische<br />
Werke ins Deutsche übertragen u. a. Robert Louis Stevenson, Charles Simmons und John O’Hara.<br />
Montag, 28. Februar <strong>2011</strong>, 19:30 Uhr<br />
VHS, Ella Kappenberg Saal, Lloydstraße 15, <strong>Bremerhaven</strong><br />
Marlene Streeruwitz liest aus:<br />
Kreuzungen<br />
Fischer Verlag, 2010<br />
vorgestellt von Ulrich Mokrusch<br />
„Kreuzungen“ erzählt die Geschichte über einen egomanischen und narzisstischen Angehörigen der internationalen Finanzwelt, der<br />
im Verlauf der Handlung immer tiefer in einen Strudel aus Macht und Regression, Einsamkeit und Rausch gerät. Drei Wochen nach<br />
der Wahl von Nicolas Sarkozy zum französischen Präsidenten im Mai 2007 begann Marlene Streeruwitz diesen neuen Typus des<br />
mächtigen Mannes zu erforschen. Der Roman entlarvt durch sein sprachliches Spiel mit Karikaturen, Klischees und Stereotypen die<br />
bislang noch unbehelligt agierende privilegierte Männerwelt im Patriarchat. Streeruwitz erzählt ihren Roman über den Zerfall tradierter<br />
moralischer Werte in kurzen, jegliche grammatische Konventionen ignorierenden, oft abrupt endenden Sätzen, die das Fragmentarische<br />
dieser Lebenswelt widerspiegeln sollen. Die für ihren feministischen Ansatz bekannte Autorin geht dabei mit psychologischem<br />
Einfühlungsvermögen in rasantem Tempo über die Beschreibung von Oberflächen, Anomalien und Fetischismen hinaus und verwebt<br />
sie zu einem Netz sich spiegelnder Motive. „…in der Summe handelt es sich um einen aufregenden, ganz und gar außergewöhnlichen<br />
Roman“, so die „Frankfurter Rundschau“.<br />
Marlene Streeruwitz, geboren in Baden bei Wien, arbeitete als Journalistin und Freie Texterin. Literarische Veröffentlichungen seit<br />
1986. Sie lebt als freie Autorin und Regisseurin in Wien und Berlin und erhielt zahlreiche Preise, darunter den Hermann-Hesse-Preis<br />
(2001), den Literaturpreis der Stadt Wien (2001), den Walter-Hasenclever-Literaturpreis (2002), den Peter-Rosegger-Preis (2008)<br />
und den Droste-Preis der Stadt Meersburg (2009).<br />
© Susanne Schleyer<br />
© Susanne Schleyer<br />
© Hartmuth Schröder