Die fortlaufende Konditionsbeurteilung - Vetion.de

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13.04.2013 Aufrufe

Herdenmanagement Die fortlaufende Konditionsbeurteilung Unverzichtbarer Bestandteil der Fütterungsüberwachung beim Milchvieh R. Mansfeld, W. Heuwieser, M. Metzner, M. Schäfers, München und Berlin Der im Rahmen der Integrierten Tierärztlichen Bestandsbetreuung (ITB) routinemäßig durchgeführte sog. „Monatliche Futtercheck” umfasst die Auswertung der Milchleistungsdaten und das Body Condition Scoring sowie Sichtkontrollen im Stall. In der letzten Ausgabe wurde die Auswertung der Milchleistungsdaten beschrieben. In diesem Beitrag geht es nun um die Beurteilung der Körperkondition bei Milchkühen (engl. Body Condition Scoring). Mit dieser zahlenmäßigen Erfassung der Körperreserven steht dem Milchviehhalter ein wertvolles Hilfsmittel für das Herdenmanagement zur Verfügung, mit dem die Leistungsgerechtheit der Fütterung in Abhängigkeit vom Laktationsstadium beurteilt werden kann. Im Folgenden wird die Erfassung des Körperkonditionsindex bei Holstein- und bei Fleckviehkühen erläutert. Abb. 1: Für die Konditionsbeurteilung wichtige Körperbereiche (nach Heuwieser u. Bergmann 1996, Zeichnung: Steffen); 1 = Dornfortsätze der Lendenwirbel; 2 = Verbindungslinie zwischen Dornund Querfortsätzen der Lendenwirbel; 3 = Enden der Querfortsätze („kurze Rippen“); 4 = Übergang von den Querfortsätzen zur Hungergrube auf der rechten Seite; 5 = Hüfthöcker und Sitzbeinhöcker; 6 = Bereich zwischen Hüfthöcker und Sitzbeinhöcker; 7 = Bereich zwischen beiden Hüfthöckern; 8 = Beckenausgangsgrube 180 milchpraxis, 38. Jg. (4) 2000 Wie wird die Kondition beurteilt? Ein großer Vorteil des Body Condition Scoring (BCS) ist es, dass keine zusätzliche technische Ausrüstung erforderlich ist. Mehr als ein gutes Auge und etwas Übung sind nicht erforderlich. Zur Feststellung der Körperkondition bei schwarzbunten Kühen wird der Rücken und der hintere Bereich der Kuh von hinten rechts mit dem Auge visuell und mit der Hand durch Betasten beurteilt („Sehen und Fühlen”). Damit schätzen wir den Umfang an Fett- und Muskelgewebe ab, der die verschiedenen Knochen bedeckt. Im Einzelnen werden die Lende mit der darunter liegenden Hungergrube, das Becken (Beckenknochen und Bereiche zwischen diesen) und der Schwanzansatz mit der Beckenausgangsgrube beurteilt. In Abbildung 1 sind die Körperstellen, die zur Bewertung der Körperkondition dienen, veranschaulicht. Wie ist die jeweilige Kondition einzuordnen? Die Skala reicht von 1 bis 5. Ein Konditionsindex (BCS) von 1 ist gleichbedeutend mit einer hochgradigen Unterernährung; ein BCS von 5 dagegen entspricht einer hochgradigen Verfettung. Zur feineren Abstufung wird die Skala in Viertelpunktschritte unterteilt. Als Hilfsmittel für die Be- Abb. 2: Konditionsbestimmungstafel nach Edmo

Her<strong>de</strong>nmanagement<br />

<strong>Die</strong> <strong>fortlaufen<strong>de</strong></strong><br />

<strong>Konditionsbeurteilung</strong><br />

Unverzichtbarer Bestandteil <strong>de</strong>r<br />

Fütterungsüberwachung beim<br />

Milchvieh<br />

R. Mansfeld, W. Heuwieser, M. Metzner, M. Schäfers,<br />

München und Berlin<br />

Der im Rahmen <strong>de</strong>r Integrierten Tierärztlichen Bestandsbetreuung (ITB)<br />

routinemäßig durchgeführte sog. „Monatliche Futtercheck” umfasst die<br />

Auswertung <strong>de</strong>r Milchleistungsdaten und das Body Condition Scoring<br />

sowie Sichtkontrollen im Stall. In <strong>de</strong>r letzten Ausgabe wur<strong>de</strong> die Auswertung <strong>de</strong>r<br />

Milchleistungsdaten beschrieben. In diesem Beitrag geht es nun um die Beurteilung<br />

<strong>de</strong>r Körperkondition bei Milchkühen (engl. Body Condition Scoring). Mit<br />

dieser zahlenmäßigen Erfassung <strong>de</strong>r Körperreserven steht <strong>de</strong>m Milchviehhalter<br />

ein wertvolles Hilfsmittel für das Her<strong>de</strong>nmanagement zur Verfügung, mit <strong>de</strong>m<br />

die Leistungsgerechtheit <strong>de</strong>r Fütterung in Abhängigkeit vom Laktationsstadium<br />

beurteilt wer<strong>de</strong>n kann. Im Folgen<strong>de</strong>n wird die Erfassung <strong>de</strong>s Körperkonditionsin<strong>de</strong>x<br />

bei Holstein- und bei Fleckviehkühen erläutert.<br />

Abb. 1: Für die <strong>Konditionsbeurteilung</strong><br />

wichtige Körperbereiche (nach Heuwieser<br />

u. Bergmann 1996, Zeichnung: Steffen);<br />

1 = Dornfortsätze <strong>de</strong>r Len<strong>de</strong>nwirbel;<br />

2 = Verbindungslinie zwischen Dornund<br />

Querfortsätzen <strong>de</strong>r Len<strong>de</strong>nwirbel; 3<br />

= En<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Querfortsätze („kurze Rippen“);<br />

4 = Übergang von <strong>de</strong>n Querfortsätzen<br />

zur Hungergrube auf <strong>de</strong>r<br />

rechten Seite; 5 = Hüfthöcker und Sitzbeinhöcker;<br />

6 = Bereich zwischen Hüfthöcker<br />

und Sitzbeinhöcker; 7 = Bereich<br />

zwischen bei<strong>de</strong>n Hüfthöckern; 8 =<br />

Beckenausgangsgrube<br />

180<br />

milchpraxis, 38. Jg. (4) 2000<br />

Wie wird die Kondition<br />

beurteilt?<br />

Ein großer Vorteil <strong>de</strong>s Body Condition<br />

Scoring (BCS) ist es, dass keine zusätzliche<br />

technische Ausrüstung erfor<strong>de</strong>rlich ist.<br />

Mehr als ein gutes Auge und etwas Übung<br />

sind nicht erfor<strong>de</strong>rlich. Zur Feststellung <strong>de</strong>r<br />

Körperkondition bei schwarzbunten Kühen<br />

wird <strong>de</strong>r Rücken und <strong>de</strong>r hintere Bereich<br />

<strong>de</strong>r Kuh von hinten rechts mit <strong>de</strong>m Auge visuell<br />

und mit <strong>de</strong>r Hand durch Betasten beurteilt<br />

(„Sehen und Fühlen”). Damit schätzen<br />

wir <strong>de</strong>n Umfang an Fett- und Muskelgewebe<br />

ab, <strong>de</strong>r die verschie<strong>de</strong>nen Knochen<br />

be<strong>de</strong>ckt. Im Einzelnen wer<strong>de</strong>n die<br />

Len<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>r darunter liegen<strong>de</strong>n Hungergrube,<br />

das Becken (Beckenknochen und<br />

Bereiche zwischen diesen) und <strong>de</strong>r<br />

Schwanzansatz mit <strong>de</strong>r Beckenausgangsgrube<br />

beurteilt. In Abbildung 1 sind die Körperstellen,<br />

die zur Bewertung <strong>de</strong>r Körperkondition<br />

dienen, veranschaulicht.<br />

Wie ist die jeweilige Kondition<br />

einzuordnen?<br />

<strong>Die</strong> Skala reicht von 1 bis 5. Ein Konditionsin<strong>de</strong>x<br />

(BCS) von 1 ist gleichbe<strong>de</strong>utend<br />

mit einer hochgradigen Unterernährung;<br />

ein BCS von 5 dagegen entspricht einer<br />

hochgradigen Verfettung. Zur feineren Abstufung<br />

wird die Skala in Viertelpunktschritte<br />

unterteilt. Als Hilfsmittel für die Be-<br />

Abb. 2: Konditionsbestimmungstafel nach Edmo


Wie und wo wird die Körperkondition durch „Sehen und Fühlen” beurteilt? Richtige „Griffe”, um die<br />

Fettauflage z. B. an <strong>de</strong>n Sitzbeinhöckern und an <strong>de</strong>n Wirbelfortsätzen <strong>de</strong>r Len<strong>de</strong> durch „Fühlen” zu<br />

beurteilen (Fotos: Heuwieser)<br />

nson et al. (1989)<br />

Abb. 3: Bereiche an <strong>de</strong>r Hand, die als Vergleichsmaßstab<br />

für <strong>de</strong>n Eindruck bei <strong>de</strong>r<br />

Palpation von Knochenpunkten herangezogen<br />

wer<strong>de</strong>n können (nach Metzner<br />

et al. 1993)<br />

milchpraxis, 38. Jg. (4) 2000 181


182<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

milchpraxis, 38. Jg. (4) 2000<br />

urteilung können ein Schema zur Körperkonditionsbeurteilung<br />

(Abb. 2) sowie auch<br />

die eigene Hand genutzt wer<strong>de</strong>n (Abb. 3).<br />

Nach<strong>de</strong>m alle 8 Körperregionen benotet<br />

wur<strong>de</strong>n, wird <strong>de</strong>r Durchschnitt gebil<strong>de</strong>t und<br />

als Gesamtnote für je<strong>de</strong>s Tier aufgeschrieben.<br />

Körperkondition 1 (Abb. 4)<br />

<strong>Die</strong> Knochen <strong>de</strong>s Rückens, <strong>de</strong>r Len<strong>de</strong><br />

und <strong>de</strong>s Steißes stehen <strong>de</strong>utlich hervor. <strong>Die</strong><br />

Wirbelfortsätze und Beckenknochen (Sitzbein-<br />

und Hüfthöcker) haben keinerlei<br />

Fleischauflage und sind klar und „kantig” zu<br />

erkennen. Zwischen Hüft- und Sitzbeinhöckern<br />

besteht eine <strong>de</strong>utliche Mul<strong>de</strong>. <strong>Die</strong><br />

Tiere zeigen eine extreme Hohlschwanzbildung.<br />

Der Gesamteindruck ist „Haut und<br />

Knochen”.<br />

Körperkondition 2 (Abb. 5)<br />

<strong>Die</strong> Knochen <strong>de</strong>s Rückens, <strong>de</strong>r Len<strong>de</strong><br />

und <strong>de</strong>s Steißes können mit <strong>de</strong>r Hand gefühlt<br />

wer<strong>de</strong>n, stehen aber nicht so <strong>de</strong>utlich<br />

hervor. <strong>Die</strong> einzelnen Wirbelfortsätze können<br />

ebenfalls durch Betasten noch leicht<br />

unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, „stechen aber nicht<br />

mehr ins Auge”. Hüft- und Sitzbeinhöcker<br />

sind noch <strong>de</strong>utlich erkennbar, die Mul<strong>de</strong><br />

zwischen diesen ist jedoch weniger stark<br />

ausgeprägt als beim BCS 1. <strong>Die</strong> Kühe sind<br />

noch hohlschwänzig, die Knochen und das<br />

breite Beckenband jedoch von etwas<br />

„Fleisch” be<strong>de</strong>ckt.<br />

Körperkondition 3 (Abb. 6)<br />

<strong>Die</strong> Wirbelsäule erscheint als abgerun<strong>de</strong>ter<br />

Kamm; die Fläche über <strong>de</strong>n Wirbelfortsätzen<br />

ist durch Fett- und Muskelgewebe<br />

ausgeebnet. <strong>Die</strong> Wirbel und Wirbelfortsätze<br />

sind visuell nicht mehr voneinan<strong>de</strong>r<br />

abzugrenzen, können mit leichtem<br />

Druck jedoch noch sicher gefühlt wer<strong>de</strong>n.<br />

Hüft- und Sitzbeinhöcker sind abgerun<strong>de</strong>t<br />

und weich. <strong>Die</strong> Fläche zwischen Hüft- und<br />

Sitzbeinhöckern ist eben. <strong>Die</strong> Knochen und<br />

Bän<strong>de</strong>r im Bereich <strong>de</strong>s Schwanzansatzes<br />

erscheinen abgerun<strong>de</strong>t und ausgeformt,<br />

<strong>de</strong>utliche Anzeichen von Fetteinlagerungen<br />

sind jedoch noch nicht erkennbar.<br />

Körperkondition 4 (Abb. 7)<br />

Wirbel und Wirbelfortsätze sind nur noch<br />

beim Betasten durch erheblichen Druck<br />

voneinan<strong>de</strong>r abzugrenzen. <strong>Die</strong> gesamte<br />

Len<strong>de</strong>n- und Steißregion wird durch die<br />

Fettauflagerungen zu einer ebenen Fläche.<br />

<strong>Die</strong> Beckenhöcker sind stark „unterpolstert”;<br />

die Fläche zwischen ihnen ist ebenfalls<br />

ausgeebnet. Im Bereich <strong>de</strong>s Schwanzansatzes<br />

sind Fetteinlagerungen (beginnen<strong>de</strong><br />

Faltenbildung) <strong>de</strong>utlich erkennbar.<br />

Körperkondition 5 (Abb. 8)<br />

<strong>Die</strong> Wirbel, Wirbelfortsätze, Hüft- und<br />

Sitzbeinhöcker sind we<strong>de</strong>r erkennbar noch


fühlbar. Fettfalten und Fett<strong>de</strong>pots unter <strong>de</strong>r<br />

Haut sind offensichtlich. Der Schwanzansatz<br />

ist im Fett <strong>de</strong>s Beckens „eingegraben”.<br />

Was ist an<strong>de</strong>rs beim<br />

Fleckvieh?<br />

<br />

Auch beim traditionell als Zweinutzungsrasse<br />

ausgerichteten Fleckvieh hat<br />

es in <strong>de</strong>n letzten Jahren erhebliche Steigerungen<br />

in <strong>de</strong>r Milchleistung gegeben. Damit<br />

kommt <strong>de</strong>r leistungsorientierten Fütterung<br />

größere Be<strong>de</strong>utung zu als bisher.<br />

<strong>Die</strong> Einschätzung <strong>de</strong>r Körperkondition<br />

wird jedoch beim Fleckvieh durch die stärkere<br />

Bemuskelung beeinflusst. <strong>Die</strong>s gilt<br />

beson<strong>de</strong>rs für die Benotung <strong>de</strong>r Dorn- und<br />

Querfortsätze. Hier lässt die kräftige Len<strong>de</strong>nmuskulatur<br />

die Knochenstrukturen nur<br />

schwach hervortreten. <strong>Die</strong> Beurteilung <strong>de</strong>r<br />

Fettauflage wird dadurch ungenau. Das<br />

Auslassen dieser Punkte im Schema<br />

scheint jedoch nur dann sinnvoll, wenn<br />

ausschließlich mit Fleckvieh gearbeitet<br />

wird.<br />

Es gibt bisher noch keine wissenschaftlich<br />

gesicherten Richtwerte für anzustreben<strong>de</strong><br />

Konditionsnoten im Verlauf <strong>de</strong>r Laktation.<br />

<strong>Die</strong> Anwendung <strong>de</strong>s Systems in einer<br />

Vielzahl von Betrieben zeigte, dass die<br />

Noten im Mittel um etwa 0,5 Punkte höher<br />

liegen als beim Schwarzbunten Rind. Es<br />

konnte auch gezeigt wer<strong>de</strong>n, dass mastige<br />

Tiere nach <strong>de</strong>m Abkalben mehr Fett mobilisieren<br />

als weniger stark ernährte Kühe<br />

und damit höhere Fett-Eiweiß-Quotienten<br />

verbun<strong>de</strong>n waren. Das entspricht <strong>de</strong>n Vorgängen<br />

bei Holstein-Kühen. In einigen Fällen<br />

beson<strong>de</strong>rs verfetteter Tiere schien die<br />

5-Punkte-Skala nach oben nicht auszureichen.<br />

Für die Einschätzung <strong>de</strong>s Fütterungsmanagements<br />

und die zu ziehen<strong>de</strong>n<br />

Konsequenzen scheint dies jedoch von<br />

untergeordneter Be<strong>de</strong>utung.<br />

Warum ist die<br />

<strong>Konditionsbeurteilung</strong><br />

so wichtig?<br />

(Fotos: Elanco)<br />

Zu Beginn <strong>de</strong>r Laktation steigt die<br />

Milchleistung schneller an als die Futteraufnahme.<br />

Dadurch verbraucht eine Kuh<br />

mit guter Leistung zunächst mehr Energie<br />

für die Milchproduktion als sie mit <strong>de</strong>m Futter<br />

aufnehmen kann. <strong>Die</strong> Energiebilanz ist<br />

negativ und muss aus <strong>de</strong>n Körperreserven<br />

ausgeglichen wer<strong>de</strong>n.<br />

Selbst unter hervorragen<strong>de</strong>n Managementbedingungen<br />

gleicht die mit <strong>de</strong>m Futter<br />

aufgenommene Energie die Milchproduktion<br />

erst nach einigen Wochen, bei<br />

Hochleistungskühen sogar erst nach 8 bis<br />

10 Wochen aus. Deshalb ist es wichtig,<br />

dass gewisse Körperreserven (BCS ><br />

3.25) vorhan<strong>de</strong>n sind, um diese vorübergehen<strong>de</strong><br />

Energieunterversorgung aufzufangen.<br />

Bei Holstein-Kühen, <strong>de</strong>ren Körperkondition<br />

im ersten Laktationsmonat unter<br />

2.5 fällt, sind Milchleistung und Fruchtbarkeit<br />

<strong>de</strong>utlich herabgesetzt.<br />

Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite nehmen sehr fette<br />

Kühe weniger Futter auf. <strong>Die</strong> Differenz<br />

zwischen aufgenommener und verbrauchter<br />

Energie ist beson<strong>de</strong>rs groß. Deshalb<br />

kommt es bei verfetteten Tieren (BCS ><br />

4.0 [Holsteins]) zu einer starken Beanspruchung<br />

<strong>de</strong>r Körperreserven und einer<br />

schnellen Abnahme <strong>de</strong>r Körperkondition<br />

zu Beginn <strong>de</strong>r Laktation.<br />

Eine solche extreme und schnelle Erschöpfung<br />

<strong>de</strong>r Körperreserven ist sehr<br />

häufig mit Stoffwechsel- (Ketose) und<br />

Fruchtbarkeitsstörungen (Umrin<strong>de</strong>rn,<br />

Eierstockzysten, Gebärmutterentzündungen)<br />

sowie Lahmheiten verbun<strong>de</strong>n. Deshalb<br />

ist es wichtig, ein vernünftiges Gleichgewicht<br />

zwischen <strong>de</strong>n verfügbaren Körperreserven,<br />

<strong>de</strong>r Trockenmasseaufnahme<br />

und <strong>de</strong>r Abnahme <strong>de</strong>r Körperkondition zu<br />

erreichen.<br />

Her<strong>de</strong>nmanagement<br />

Tab. 1: Normalwerte <strong>de</strong>r Körperkondition<br />

1<br />

Leistungsgruppe „I<strong>de</strong>aler „Normal-<br />

Kühe<br />

Wert” bereich”<br />

Frisch abgekalbt 3.50 3.25–3.75<br />

Frühe Laktation 3.00 2.50–3.25<br />

Mittlere Laktation 3.25 2.75–3.25<br />

Späte Laktation 3.50 3.00–3.50<br />

Trockenstehend<br />

Färsen<br />

3.50 3.25–3.75<br />

beim Besamen 3.00 2.75–3.25<br />

beim Abkalben 3.50 3.25–3.75<br />

1 Holstein-Kühe<br />

Wie kann das Body Condition<br />

Scoring für das Her<strong>de</strong>nmanagement<br />

genutzt wer<strong>de</strong>n?<br />

Um die Situation in einer Her<strong>de</strong> möglichst<br />

genau zu erfassen ist es nötig, die<br />

Körperkondition min<strong>de</strong>stens viermal<br />

während <strong>de</strong>s Laktationszyklus zu beurteilen.<br />

Folgen<strong>de</strong> Laktationsstadien sind<br />

wichtig:<br />

– frühe Laktation (bis 90 Tage in Milch)<br />

– mittlere Laktation (90 bis 180 Tage in<br />

Milch)<br />

– späte Laktation (180 Tage bis zum<br />

Trockenstellen) und<br />

– während <strong>de</strong>s Trockenstehens.<br />

Sehr einfach ist es, einmal pro Monat<br />

im Rahmen <strong>de</strong>s Futterchecks die Kondition<br />

aller Tiere zu beurteilen und auszuwerten.<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse <strong>de</strong>r Körperkonditionsbeurteilung<br />

aller Kühe wer<strong>de</strong>n in eine<br />

übersichtliche Tabelle (Abb. 9) eingetragen<br />

und durch Gegenüberstellung von<br />

BCS und Laktationstag grafisch ausgewertet<br />

(Abb. 10). Eine rechnerische Auswertung<br />

durch Berechnung von BCS-Mittelwerten<br />

für verschie<strong>de</strong>ne Leistungsgruppen<br />

ist ebenfalls möglich. <strong>Die</strong> anzustreben<strong>de</strong>n<br />

BCS-Werte („Normalbereiche”)<br />

sind in Tabelle 1 dargestellt.<br />

Wie soll die Körperkondition<br />

nach <strong>de</strong>m Abkalben<br />

verlaufen?<br />

<strong>Die</strong> Körperkondition soll zum Zeitpunkt<br />

<strong>de</strong>s Trockenstellens 3.25 bis 3.75 (Fleckvieh<br />

+ 0.5) betragen. Sie soll während <strong>de</strong>s<br />

Trockenstehens möglichst konstant bleiben.<br />

Nach 30 bis 40 Tagen in Milch wird<br />

ein Tiefststand erreicht; anschließend<br />

bleibt die Kondition für einige Zeit konstant<br />

und steigt nach 80 bis 90 Tagen in<br />

Milch wie<strong>de</strong>r an. Für eine einzelne gesun<strong>de</strong><br />

Kuh sollte die Konditionsdifferenz im<br />

Verlauf eines Reproduktionszyklus nicht<br />

mehr als 1.0 Punkte betragen. Im Durchschnitt<br />

soll die Körperkondition bei frischlaktieren<strong>de</strong>n<br />

Kühen nicht mehr als 0.5<br />

milchpraxis, 38. Jg. (4) 2000 183


Her<strong>de</strong>nmanagement<br />

Punkte abnehmen. Weniger als 10 % <strong>de</strong>r<br />

Kühe sollen eine Körperkondition von weniger<br />

als 2.5 (Holsteins) haben.<br />

<strong>Die</strong> Mühe wird belohnt<br />

Mit <strong>de</strong>r <strong>fortlaufen<strong>de</strong></strong>n Beurteilung <strong>de</strong>r<br />

Körperkondition hat <strong>de</strong>r Milchviehhalter<br />

ein Werkzeug in <strong>de</strong>r Hand, das die Gesundheit<br />

<strong>de</strong>r Her<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r gegebenen<br />

Leistung und <strong>de</strong>r gefütterten Ration wi<strong>de</strong>rspiegelt.<br />

Er ist in <strong>de</strong>r Lage, rechtzeitig<br />

die Situationen zu erkennen, die mit<br />

großer Wahrscheinlichkeit zu äußerlich<br />

nicht sofort erkennbaren Erkrankungen<br />

und Fruchtbarkeitsstörungen führen. <strong>Die</strong>s<br />

gibt die Möglichkeit, mit geringem Aufwand<br />

unnötige Verluste zu vermei<strong>de</strong>n.<br />

Das Beurteilungssystem ist mit geringen<br />

184<br />

Abgekalbt Früh<br />

Laktationsstand<br />

Mittel Spät Trocken<br />

Kuh-Nr. BCS Kuh-Nr. BCS Kuh-Nr. BCS Kuh-Nr. BCS Kuh-Nr. BCS<br />

Ziel 3.5 Ziel 3.0 Ziel 3.25 Ziel 3.5 Ziel 3.5<br />

Abb. 9: Beispiel für eine Tabelle zur Eintragung und Auswertung <strong>de</strong>r Konditionsnoten<br />

Abb. 10: Grafische Auswertung <strong>de</strong>r <strong>Konditionsbeurteilung</strong> durch Gegenüberstellung<br />

von Konditionsin<strong>de</strong>x und Laktationstag. Beispiel einer Momentaufnahme einer Her<strong>de</strong><br />

mit gehäuft überkonditionierten Tieren in fortgeschrittener Laktation<br />

milchpraxis, 38. Jg. (4) 2000<br />

Einschränkungen und rassespezifischen<br />

Sollwerten auf Fleckvieh-Kühe übertragbar.<br />

Wichtig ist, dass die Beurteilung <strong>de</strong>r<br />

Körperkondition regelmäßig durchgeführt<br />

und in Abhängigkeit vom Laktationsstadium<br />

bestands- o<strong>de</strong>r gruppenweise ausgewertet<br />

wird. Wichtig ist auch, die übrigen<br />

Komponenten <strong>de</strong>s „monatlichen Futterchecks”<br />

(Leistungsanalysen und Stallkontrollen)<br />

zu berücksichtigen, um bei Abweichungen<br />

in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m<br />

ITB-Tierarzt besser, das heißt gezielter<br />

und schneller reagieren zu können. MP<br />

Anschrift <strong>de</strong>r Autoren:<br />

Prof. Dr. Rolf Mansfeld, Gynäkologische und Ambulatorische<br />

Tierklinik, Ludwig-Maximilians-Universität<br />

München, Königinstr. 12, 80539 München; Prof. Dr.<br />

Wolfgang Heuwieser, Tierklinik für Fortpflanzung, Königsweg<br />

63, 14163 Berlin; Dr. Moritz Metzner, II. Medizinische<br />

Tierklinik, Wilhelmshof 29, 85764 Oberschleißheim

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