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RECHTSEXTREMISMUS die „Weißen“ durch Vermischung der Rassen beseitigen zu wollen. So heißt es in einem Artikel mit der Überschrift „Das Weltsystem der jüdischen Lobby steht auf der Kippe!“ auf der Homepage des deutsch-englischen rechtsextremistischen „National Journal“: „Die Lobby hat, getrieben vom Hass auf die Arier, Millionenmassen von Moslems nach Europa gelockt, um das Weiße Europa, voran die Deutschen, abzuschaffen.“ (Homepage des „National Journal“, 28. Oktober 2011) Vor dem Hintergrund eines in der Öffentlichkeit vorherrschenden Grundkonsenses gegen Antisemitismus und angesichts der Wachsamkeit der Strafverfolgungsbehörden wird offener Antisemitismus von deutschen Rechtsextremisten nur teilweise propagiert. Insbesondere im neonazistischen Spektrum und hier vor allem von rechtsextremistischen Musikbands werden unverhohlen antisemitische Texte verbreitet. Auf dem Tonträger „Demo“ fordert der Interpret „Ingo Hettmann“ in dem Lied mit dem Titel „Wir lassen uns nicht von Juden regieren“ die Vernichtung der Juden: 51 „Vom Osten kamen sie einst her, Verstunken, Verlaust (…) Einmal Jud´ sein – immer Jud´ (…) Der Jude ist uns wohl bekannt, Ein Völkermör- der, Rassenschänder, Als Kinderschreck für alle Länder (…) Er schächtet Tiere, schächtet Menschen (…) Es wird die Welt erst dann genesen, wenn wir sie vom Jud’ erlösen.“ (Interpret „Ingo Hettmann“, „CD Demo“, Lied „Wir lassen uns nicht von Juden regieren“) In Chatrooms, Diskussionsforen, Weblogs und in sozialen Netz- werken nutzen Rechtsextremisten die Anonymität des Internets zu offen antisemitischen Ausfällen. Auch in elektronischen Gästebüchern und offenen Infoseiten werden derartige volksverhet- zende Parolen platziert. 51 Die CD wurde durch die BPjM indiziert (Liste B); vgl. Bundesanzeiger Nr. 16 vom 28. Januar 2011. Offener Antisemitismus 121

122 Antisemitismus durch Andeutungen RECHTSEXTREMISMUS Mehrheitlich vermeiden Rechtsextremisten allerdings einen offe­ nen Antisemitismus und greifen stattdessen auf Andeutungen zurück, bei denen die Intention erkennbar, aber strafrechtlich meist nicht relevant ist. Derartige Anspielungen werden von Rechtsextremisten verstanden und sind geeignet, latent vorhandene antisemitische Einstellungen zu bedienen. Sie tragen darüber hinaus zur Tradierung antisemitischer Stereotype bei. Im rechtsextremistischen Diskurs dienen Codewörter wie „Wall Street“, „US­Ostküste“, „Hochfinanz“ oder „Hintergrundmächte“ als Synonyme für „die Juden“. Der NPD­Landesverband Rheinland­Pfalz formulierte in seinem Wahlprogramm zur Landtagswahl (27. März 2011) z.B.: „In Wirklichkeit existiert neben den USA kein anderer Staat auf dieser Welt, der nach dem II. Weltkrieg in so viele Kriege und kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt war. Dabei treten bestimmte Kreise der US-Ostküste immer wieder als Initiatoren solcher Kriege auf.“ (Landtagswahlprogramm der NPD Rheinland-Pfalz 2011, S. 16) Die „internationale Hochfinanz“ wird häufig in Bezug zum jüdischen Bankhaus Rothschild gesetzt. So heißt es in der NPD­Parteizeitung „Deutsche Stimme“, Zweck eines „klandestinen Besuchs“ des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) im Novem­ ber 2010 in Berlin – er wird „als einer der verlängerten Arme Rothschilds“ bezeichnet – sei die „Übergabe eines Ukas [Dekret] an Bundeskanzlerin Merkel“ gewesen. Der Ukas sei „auf Weisung der allerhöchsten Ebene“ ergangen und verbiete es der deutschen Regierung, Überschüsse zugunsten des „bundesdeutschen Wohlergehens zu verwerten“. 52 Eine weitere gängige Variante des angedeuteten Antisemitismus ist das demonstrative Hervorheben der tatsächlichen oder ver­ meintlichen jüdischen Herkunft einer als mächtig oder negativ dargestellten Person. Auf diese Weise werden antisemitische 52 „Deutsche Stimme“ Nr. 2/2011, Februar 2011, S. 7.

122<br />

Antisemitismus durch<br />

Andeutungen<br />

RECHTSEXTREMISMUS<br />

Mehrheitlich vermeiden Rechtsextremisten allerdings einen offe­<br />

nen Antisemitismus und greifen statt<strong>des</strong>sen auf Andeutungen<br />

zurück, bei denen die Intention erkennbar, aber strafrechtlich<br />

meist nicht relevant ist. Derartige Anspielungen werden von<br />

Rechtsextremisten verstanden und sind geeignet, latent vorhandene<br />

antisemitische Einstellungen zu bedienen. Sie tragen<br />

darüber hinaus zur Tradierung antisemitischer Stereotype bei.<br />

Im rechtsextremistischen Diskurs dienen Codewörter wie „Wall<br />

Street“, „US­Ostküste“, „Hochfinanz“ oder „Hintergrundmächte“<br />

als Synonyme für „die Juden“.<br />

Der NPD­Lan<strong>des</strong>verband Rheinland­Pfalz formulierte in seinem<br />

Wahlprogramm zur Landtagswahl (27. März <strong>2011</strong>) z.B.:<br />

„In Wirklichkeit existiert neben den USA kein anderer Staat auf<br />

dieser Welt, der nach dem II. Weltkrieg in so viele Kriege und kriegerische<br />

Auseinandersetzungen verwickelt war. Dabei treten bestimmte<br />

Kreise der US-Ostküste immer wieder als Initiatoren solcher Kriege<br />

auf.“<br />

(Landtagswahlprogramm der NPD Rheinland-Pfalz <strong>2011</strong>, S. 16)<br />

Die „internationale Hochfinanz“ wird häufig in Bezug zum jüdischen<br />

Bankhaus Rothschild gesetzt. So heißt es in der NPD­Parteizeitung<br />

„Deutsche Stimme“, Zweck eines „klan<strong>des</strong>tinen Besuchs“<br />

<strong>des</strong> Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) im Novem­<br />

ber 2010 in Berlin – er wird „als einer der verlängerten Arme<br />

Rothschilds“ bezeichnet – sei die „Übergabe eines Ukas [Dekret]<br />

an Bun<strong>des</strong>kanzlerin Merkel“ gewesen. Der Ukas sei „auf Weisung<br />

der allerhöchsten Ebene“ ergangen und verbiete es der deutschen<br />

Regierung, Überschüsse zugunsten <strong>des</strong> „bun<strong>des</strong>deutschen Wohlergehens<br />

zu verwerten“. 52<br />

Eine weitere gängige Variante <strong>des</strong> angedeuteten Antisemitismus<br />

ist das demonstrative Hervorheben der tatsächlichen oder ver­<br />

meintlichen jüdischen Herkunft einer als mächtig oder negativ<br />

dargestellten Person. Auf diese Weise werden antisemitische<br />

52 „Deutsche Stimme“ Nr. 2/<strong>2011</strong>, Februar <strong>2011</strong>, S. 7.

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