Prospekthaftung auch ohne Prospekt (PDF, 211 KB) - VEM ...
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Going Public<br />
<strong><strong>Prospekt</strong>haftung</strong> <strong>auch</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Prospekt</strong><br />
Listing im Entry Standard auf Exposé-Basis als möglicher Fallstrick<br />
Von Dr. Michael Rimbeck LL.M., Rechtsanwalt, Holme Roberts & Owen<br />
Germany LLP, und Andreas Grosjean, Rechtsanwalt, <strong>VEM</strong> Aktienbank AG<br />
Der Freiverkehr an den deutschen Börsen, insbesondere<br />
die Qualitätsfenster Entry Standard der Frankfurter Wertpapierbörse<br />
und M:access der Börse München, verzeichnen<br />
seit ihrer Gründung ernormen Zuwachs. Die Unternehmen<br />
entscheiden sich dabei bewusst gegen die von mittelständisch<br />
organisierten Gesellschaften als überreguliert<br />
wahrgenommenen Transparenzerfordernisse, die mit einer<br />
Zulassung in regulierte Märkte (derzeit noch in amtlichen<br />
und geregelten Markt unterteilt) verbunden sind. Vereinfacht<br />
wird die Einbeziehung in den Freiverkehr durch die<br />
Börsenregularien, die die Notwendigkeit von „Einstiegs“-<br />
Handelsplätzen, wie es sie z.B. in London (AIM) gibt,<br />
dadurch anerkennen, dass sie die Handelsaufnahme auf<br />
Basis lediglich einer Kurzbeschreibung des Unternehmens<br />
(Exposé), d.h. <strong>ohne</strong> einen von der BaFin gebilligten Wertpapierprospekt,<br />
ermöglichen.<br />
Vom Exposé zum Wertpapierprospekt<br />
Nach dem geltenden Wertpapierprospektgesetz (WpPG)<br />
gilt, dass ein Anbieter für Wertpapiere, die im Inland<br />
öffentlich angeboten werden, einen <strong>Prospekt</strong> veröffentlichen<br />
muss. Dies kann dazu führen, dass trotz der<br />
generellen Möglichkeit einer Handelsaufnahme im<br />
Freiverkehr auf Exposé-Basis und dem damit einhergehenden<br />
kosten- und zeitschonenden Zugang zum<br />
Kapitalmarkt den Emittenten eine Pflicht zur Erstellung<br />
eines Wertpapierprospektes trifft. Eine derartige <strong>Prospekt</strong>pflicht<br />
besteht insbesondere dann, wenn (<strong>auch</strong> nach<br />
erfolgter Handelsaufnahme) die Aktien des Emittenten in<br />
einer Weise beworben werden, die die Voraussetzungen<br />
für das Vorliegen eines öffentlichen Angebotes erfüllt.<br />
„Übersehen“ kann teuer werden<br />
Ist der Kapitalmarktzugang erst einmal hergestellt, kann<br />
im Tagesgeschäft – vor allem bei mittelständisch organisierten<br />
Emittenten – eine unbedachte Kommunikation<br />
mit der Öffentlichkeit stattfinden, die aus juristischer<br />
Sicht bereits als ein öffentliches Angebot zu werten sein<br />
könnte. In diesem Fall bietet das für die Handelsaufnahme<br />
genügende und nicht zur Veröffentlichung gelangende<br />
Exposé keine ausreichende Grundlage, um den<br />
Emittenten und seinen Vorstand vor Inanspruchnahme<br />
zu schützen. Das Fehlen eines Wertpapierprospektes<br />
trotz <strong>Prospekt</strong>pflicht zieht zum einen eine verschuldens-<br />
34 GoingPublic „Kapitalmarktrecht 2007“<br />
Dr. Michael Rimbeck Andreas Grosjean<br />
unabhängige Haftung gegenüber Anlegern sowie zum<br />
anderen eine mögliche Verfolgung durch die BaFin aufgrund<br />
eines Ordnungswidrigkeitenverstoßes nach sich.<br />
Haftung nach § 13a VerkProspG<br />
§ 13 a Verkaufsprospektgesetz (VerkProspG) regelt die<br />
Haftung für den Fall, dass ein <strong>Prospekt</strong> trotz bestehender<br />
<strong>Prospekt</strong>pflicht nicht veröffentlicht wurde. Dabei ist zu<br />
beachten, dass eine Heilung des Verstoßes gegen die<br />
<strong>Prospekt</strong>pflicht oder ein Wegfall des Anspruchs durch<br />
eine spätere <strong>Prospekt</strong>erstellung nicht herbeigeführt<br />
werden kann. Anspruchsberechtigt ist jeder Käufer der<br />
Aktie, sofern der Aktienkauf vor Veröffentlichung eines<br />
<strong>Prospekt</strong>s und innerhalb von 6 Monaten nach Auslösen<br />
eines öffentlichen Angebotes (z.B. durch eine „missglückte“<br />
Presseerklärung) getätigt wurde. Auf ein Verschulden<br />
des Emittenten und möglichen Drittanbieters kommt es<br />
nicht an. Es handelt sich um eine echte Garantiehaftung.<br />
Ausnahmslose Haftung des Emittenten?<br />
Der Anspruch richtet sich gegen den Emittenten und<br />
jeden Dritten, der die Aktien öffentlich anbietet (z. B. die<br />
emissionsbegleitende Bank). Denn das Gesetz sieht in<br />
§ 13a Abs. 1 Satz 1 VerkProspG zwingend eine Haftung<br />
des „Emittenten und des Anbieters als Gesamtschuldner“<br />
vor. Bietet der Emittent indes seine Aktien gar nicht<br />
öffentlich an, sondern tappt ein Dritter in den Fallstrick,
ein öffentliches Angebot durch gezielte oder unbedachte<br />
Kommunikation auszulösen, haftet trotzdem gemäß dem<br />
Wortlaut der Vorschrift <strong>auch</strong> der Emittent. Veranlasst der<br />
Emittent das Handeln des Dritten nicht, so erscheint<br />
diese Rechtsfolge unbillig und müsste durch entsprechende<br />
Auslegung der Norm angepasst werden. Eine<br />
gerichtliche Entscheidung hierzu ist bisher nicht<br />
ergangen.<br />
Rückabwicklung von Aktienkäufen und<br />
Schadensersatz<br />
Der Anleger, der bei dem Aktienkauf keine Kenntnis von<br />
der <strong>Prospekt</strong>pflicht hatte, kann grundsätzlich, wenn kein<br />
<strong>Prospekt</strong> erstellt wurde (oder ein einst erstellter <strong>Prospekt</strong><br />
ungültig geworden ist), vom Emittenten und dem<br />
Anbieter als Gesamtschuldner die Rücknahme der Aktien<br />
gegen Erstattung des vom Anleger gezahlten Kaufpreises<br />
sowie der üblichen Transaktionskosten verlangen. Diesen<br />
Anspruch haben <strong>auch</strong> Käufer der Aktie, die diese<br />
zwischenzeitlich weiterveräußert haben (allerdings<br />
unter Abzug des von ihnen erzielten Verkaufspreises).<br />
Verjährung<br />
Die Ansprüche verjähren in einem Jahr seit dem Zeitpunkt,<br />
zu dem der Aktienkäufer Kenntnis von der Veröffentlichungspflicht<br />
erlangt hat (subjektive Verjährung),<br />
spätestens jedoch in drei Jahren seit dem Abschluss des<br />
Aktienkaufs (objektive Verjährung).<br />
Fazit:<br />
Den Zugang zum Kapitalmarkt über eine prospektfreie<br />
Handelsaufnahme zu erhalten, erscheint sehr verlockend.<br />
Setzt man sich jedoch mit den Einschränkungen und<br />
potentiellen Risiken auseinander, die <strong>ohne</strong> gültigen <strong>Prospekt</strong><br />
mit einer aktiven Anlegeransprache und Investor<br />
Relations verbunden sind, so ist der Weg zur Erstellung<br />
eines Wertpapierprospektes schnell gefunden.<br />
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